Inhalt

VG München, Urteil v. 12.12.2022 – M 26a K 21.3455
Titel:

Corona-Pandemie, Verbot des gewerblichen Angebots von Freizeitaktivitäten, Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den Betrieb eines Kinderkarussells (verneint), Kein atypischer Einzelfall, Schießen an Schießbude keine Sportausübung

Normenketten:
BayIfSMV § 11 Abs. 1 S. 2 12.
BayIfSMV § 28 Abs. 2 12.
VwGO (doppelt) analog § 113 Abs. 1 S. 4
VwGO § 43
Schlagworte:
Corona-Pandemie, Verbot des gewerblichen Angebots von Freizeitaktivitäten, Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den Betrieb eines Kinderkarussells (verneint), Kein atypischer Einzelfall, Schießen an Schießbude keine Sportausübung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40503

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger, Betreiber eines Schaustellerbetriebes, begehrt die nachträgliche Feststellung, dass er während der Corona-Pandemie im Frühjahr 2021 berechtigt war, sein Kinderkarussell und seine Schießbude auf dem Festplatz in B. ... zu betreiben.
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§ 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) vom 5. März 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 171), die zuletzt durch Verordnung vom 19. Mai 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 351) geändert worden war, lautete:
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§ 11 Freizeiteinrichtungen
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(1) (…) Freizeitaktivitäten dürfen gewerblich weder unter freiem Himmel noch in geschlossenen Räumen angeboten werden.
(…)
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Die F. … GmbH & Co. KG betrieb in der Zeit vom … Mai 2021 bis … Juni 2021 einen Biergarten auf dem Festgelände in B. ...
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Mit Allgemeinverfügung des Landratsamtes Rosenheim vom 31. Mai 2021 „Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG); Lockerungen der Beschränkungen der 12. BayIfSMV aufgrund des stabilen Unterschreitens der 7-Tage-Inzidenz von 50 im Kreisgebiet“ (im Folgenden Allgemeinverfügung) wurden in verschiedenen Bereichen Lockerungen nach § 27 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 der 12. BayIfSMV umgesetzt. Im Bereich der gewerblichen Freizeitangebote wurde dabei abweichend von § 11 Abs. 3, 4 und 5 der 12. BayIfSMV der Betrieb von Seilbahnen, die Fluss- und Seenschifffahrt im Ausflugsverkehr, touristische Bahnverkehre und Reisebusverkehre, Stadt-, Gäste-, Berg-, Kultur- und Naturführungen im Freien und die Öffnung der Außenbereiche medizinischer Thermen zugelassen. Die Bestimmungen des § 11 der 12. BayIfSMV blieben im Übrigen unberührt.
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Am … Mai 2021 beantragte der Kläger für seinen Schaustellerbetrieb die Erteilung einer infektionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung zum Betrieb seines Kinderkarussells auf dem Festplatz in B. ... ab dem … Juni 2021. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 31. Mai 2021 abgelehnt (Ziffer 1). Für den Fall der Aufnahme des Betriebs wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht (Ziffer 2). Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass die Erteilung der Ausnahmegenehmigung infektionsschutzrechtlich trotz sinkender Fallzahlen nicht vertretbar sei. Ein atypischer Einzelfall liege nicht vor, vielmehr sei möglicherweise von einer erhöhten infektionsschutzrechtlichen Gefahrenlage im Vergleich zu isoliert platzierten Freizeitbetrieben auszugehen. Der Betrieb von Freizeiteinrichtungen im unmittelbaren Umfeld des angrenzenden Biergartenbetriebes würde einen unerwünschten Volksfestcharakter hervorrufen, der den Hygienebestimmungen des Biergartenbetriebes zuwiderlaufe. Insbesondere würde es zu einer unerwünschten Durchmischung der Gäste kommen. Der Entscheidungsspielraum der Kreisverwaltungsbehörde sei nicht eröffnet, hilfsweise sei der Antrag im pflichtgemäßen Ermessen abzulehnen.
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Bei einer Kontrolle am … Juni 2021 wurde festgestellt, dass das Kinderkarussell aufgebaut, aber nicht in Betrieb war und die Schießbude betrieben wurde.
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Mit weiterem Bescheid vom 2. Juni 2021 wurde der Kläger verpflichtet, den Betrieb der Schießbude einzustellen (Ziffer 1) und ihm wurde untersagt, weitere Schaustellerbetriebe oder sonstige gewerbliche Freizeitangebote während der Dauer des Biergartenbetriebes auf oder in der Nähe des Festplatzes in B. ... zu betreiben (Ziffer 2). Bei Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 oder 2 wurde die Einstellung des Betriebes im Wege des unmittelbaren Zwangs angedroht (Ziffer 3). Zur Begründung wurde angeführt, dass das Anbieten gewerblicher Freizeitaktivitäten nach § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV im Innen - und Außenbereich unzulässig sei. Der Betrieb der Schießbude stelle keine Form der privilegierten Sportausübung nach § 10 Abs. 1 der 12. BayIfSMV dar. Unter dem Begriff der Sportausübung seien vom Verordnungsgeber eine Vielzahl menschlicher Aktivitäten aufgelistet worden, die keinem zwingend notwendigen Zweck dienen würden und damit in der Abwägung gegenüber sozial dringenderen Bedürfnissen der Bevölkerung zurücktreten müssten. Die Sportausübung werde aufgrund des ihr zugrundeliegenden gesundheitlichen Aspekts bevorzugt behandelt. An diesem gesundheitlichen Aspekt fehle es bei dem Betrieb der Schießbude.
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Mit Schreiben vom 29. Juni 2021 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte Klage erheben und beantragte zuletzt,
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1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2021 bis 6. Juni 2021 eine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb seines Kinderkarussells auf dem Festplatz in B. ... zu erteilen und
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2. festzustellen, dass der Kläger berechtigt war, auch ohne Ausnahmegenehmigung seine Schießbude auf dem Festplatz in B. ... vom 28. Mai 2021 bis 6. Juni 2021 zu betreiben.
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Zur Begründung wurde vorgebracht, dass das Anbieten gewerblicher Freizeitaktivitäten im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV untersagt gewesen sei. Gemäß § 28 Abs. 2 der 12. BayIfSMV habe die Kreisverwaltungsbehörde die Möglichkeit gehabt, im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Der Kläger sei der Auffassung, dass dem Betrieb des Kinderkarussells eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen war. Er habe mit Beantragung der Genehmigung ein Hygienekonzept vorgelegt. Die Öffnung des Kinderkarussells verändere nicht den Charakter der bereits genehmigten Außengastronomie hin zu einem Volksfest. Es würden keine zusätzlichen Kunden außer den bereits vorhandenen Besuchern angezogen werden, bzw. läge die Anzahl derer im vernachlässigbaren Rahmen. Es bestünden erhebliche Unterschiede zu den herkömmlichen Volksfesten, da viele typische Attraktionen fehlten. Die Masken- und Testpflicht sowie die Zugangskontrollen ließen ohnehin keine Volksfeststimmung aufkommen. Ein Biergarten und in räumlicher Nähe verschiedene Stände und ein Kinderkarussell stellten kein typisches Volksfest dar. Das Kinderkarussell sei eingezäunt und die Besucheranzahl werde genau kontrolliert. Hinsichtlich der Schießbude sei der Kläger der Auffassung, dass er keine Ausnahmegenehmigung zu deren Betrieb benötige, da es sich um eine zulässige Sportausübung im Freien handele. In § 10 der 12. BayIfSMV finde sich weder eine Legaldefinition des Begriffs Sport noch das Erfordernis eines gesundheitlichen Aspekts oder einer anstrengenden körperlichen Aktivität. Der Betrieb von Minigolfanlagen beispielsweise sei seit Wochen als Sportausübung zulässig. Dabei seien die Anforderungen an den gesundheitlichen Aspekt oder die erforderliche anstrengende körperliche Aktivität nicht erfüllt. Schießen sei eine anerkannte Individualsportart, die Koordination im Einklang von Körper und Geist erfordere. Die im Betrieb des Klägers verwendeten Gewehre seien nicht harmlos, der Schießwagen unterliege als sogenannte ortsveränderliche Schießstätte strengen Bestimmungen. Die Vorgaben nach § 27 WaffG gelten sowohl für den Schießstand des Klägers als auch für die Schießanlagen von Schützenvereinen. Auch Amateure im Schießsport und in nahezu allen anderen Sportarten übten diese immer in ihrer Freizeit aus, so dass der vom Beklagten angeführte Freizeitcharakter an der Schießbude für die Beurteilung keine tragende Rolle spiele. Auch die Annahme des Kriteriums der körperlichen Ertüchtigung bzw. einer anstrengenden körperlichen Aktivität als Grundvoraussetzung für die Sportausübung gehe fehl, da viele Sportarten den Geselligkeitsaspekt verkörperten, ohne die Anerkennung als Sportausübung zu verlieren. Die Nähe zum Biergarten reiche als belastbares Kriterium der damit verbundenen Einordnung des Schießstandes als reine Freizeiteinrichtung nicht aus, da auch Minigolfanlagen und Schießstätten sich oftmals neben Gaststätten und Biergärten befänden. Die Schießbude sei im Freien. Dort gebe es nach dem vom Robert-Koch-Institut (RKI) entwickelten Konzept „ControlCOVID - Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021“ unter Einhaltung der AHA-Regeln nur eine limitierte Evidenz zu Übertragungen. Dieses Risiko erhöhe sich dann, wenn eine größere Personengruppe ohne Beachtung der gebotenen Distanz beieinanderstehe. Eine solche Situation liege bei Nutzung der Schießbude jedoch fern bzw. könne durch einfache Anforderungen an den Betrieb, die mildere, gleichwirksame Mittel darstellten, ausgeschlossen werden. Die Schließung der Schießbude verletze den Kläger in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung könne nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit beurteilt werden. Vielmehr seien auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und die öffentlichen Interessen. Im Landkreis Rosenheim seien die Infektionszahlen im Zeitraum vom 21. Mai 2021 bis einschließlich 6. Juni 2021 deutlich rückläufig gewesen. Am 31. Mai 2021 habe das Landratsamt Rosenheim das Unterschreiten des 7-Tages-Inzidenzwertes von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner im Gebiet des Landkreises Rosenheim bekannt gegeben. Als Rechtsfolge ergaben sich Erleichterungen hinsichtlich der Regelungen zur Sportausübung in § 10 Abs. 1 der 12. BayIfSMV. Am 2. Juni 2021 habe das Landratsamt das Unterschreiten des 7-Tages-Inzidenzwertes von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner bekannt gegeben, da der Wert zu diesem Zeitpunkt seit fünf aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten gewesen sei. Am 3. Juni 2021 sei die Inzidenz seit sechs Tagen unter 35 gewesen, so dass an den verbleibenden Tagen der Betrieb des Kinderkarussells im Rahmen der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung und der Betrieb der Schießbude nach § 10 der 12. BayIfSMV nach Abwägung der Interessen zu genehmigen bzw. als Sportausübung ohne Ausnahmegenehmigung zu erlauben gewesen wäre. Am 9. Juni 2021 habe das Landratsamt Rosenheim eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Rosenheim „Lockerung der Beschränkung der 12. BayIfSMV aufgrund des stabilen Unterschreitens der 7 Tage-Inzidenz von 50 im Kreisgebiet“ vom 31.05.2021 mit Ausnahme der Ziffer 1 Satz 1 aufgehoben wurde. Vor dem Hintergrund des Art.12 Grundgesetz bestehe ein Genehmigungsanspruch des Klägers, soweit sich der beantragte Betrieb aus infektionsschutzrechtlicher Sicht als vertretbar erweise, was vorliegend zu bejahen sei. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern vom Betrieb des Kinderkarussells größere Infektionsgefahren ausgehen sollten als von dem geplanten temporären Biergarten oder den Imbissständen. Zum streitigen Zeitpunkt seien im Landkreis Traunstein die Freizeitparks Ruhpolding und Marquartstein geöffnet gewesen. Ferner habe es Lockerungen für andere gewerbliche Freizeiteinrichtungen gegeben. Es überzeuge nicht, dass die Infektionsgefahr durch die angeblich steigende Besucherzahl erhöht werde. Bei der Teststation auf dem Gelände seien die Besucher deutlich enger und länger zusammengestanden, als dies aufgrund des Hygienekonzepts jemals beim Schießen an der Schießbude oder dem Kinderkarussell der Fall gewesen wäre. Diese Erwägungen seien bei der Ausübung des Ermessens nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt worden. Der Kläger habe ein Feststellungsinteresse, da er sich die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegen den Beklagten vorbehalte. 2020 habe er an 17 Tagen einen Umsatz von 9.800,00 EUR erzielen können. Für die beantragten sechs Betriebstage wären daher ca. 3.500,00 EUR zu erzielen gewesen. Für den Schießstand sei seit der Schließung für 4,5 Betriebstage ein Umsatz von mindestens 3.200,00 EUR zu erwarten gewesen. Die Bescheide verletzten den Kläger zudem in seinen Grundrechten der freien Berufsausübung, des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs und verstießen gegen den Gleichheitssatz. Es sei zudem ein Rehabilitationsinteresse gegeben, da im Bescheid angegeben wurde, dass der Kläger mit voller Absicht die Schießbude widerrechtlich betrieben habe, obwohl er seiner Anzeigepflicht nachgekommen sei. Die Unsicherheit der Rechtslage zeige sich dadurch, dass von einer Untersagung vor Ort am 1. Juni 2021 abgesehen worden sei. Des Weiteren sei Wiederholungsgefahr gegeben, da der Kläger als Schaustellerbetrieb weitere Aktivitäten plane und nicht absehbar sei, wie sich das Infektionsgeschehen entwickle.
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Mit Schreiben vom 19. Juli 2021 beantragte der Beklagte,
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die Klage abzuweisen.
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Es mangele am besonderen Feststellungsinteresse, so dass die Anträge bereits unzulässig seien. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Umstände unverändert seien. Auch ein Rehabilitationsinteresse sei nicht gegeben, da medial über die Schließung nur geringfügig, ausschließlich positiv und nur in den lokalen Medien berichtet worden sei. Da sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt habe, stelle die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses kein berechtigtes Interesse dar. Zudem liege kein tiefgreifender Grundrechtseingriff vor. Das faktische Berufsverbot habe sich direkt aus der 12. BayIfSMV und nicht aus den Verwaltungsakten des Beklagten ergeben. Die Klage sei zudem unbegründet, da die Verwaltungsakte des Beklagten rechtmäßig seien. Das Betriebsverbot für das Kinderkarussell sei für die Parteien unstreitig. Auch der Betrieb der Schießbude sei entgegen den Ausführungen des Klägers ebenfalls infektionsschutzrechtlich unzulässig und stelle keine Ausübung von Sport im Sinne des § 10 der 12. BayIfSMV dar, sondern sei vielmehr ein gewerbliches Freizeitangebot. Die Verordnung sei insofern auslegungsbedürftig. Nach dem Wortlaut des § 11 der 12. BayIfSMV sei die Intention des Verordnungsgebers, mittels eines möglichst weitreichenden Verbots von verschiedenen Freizeitaktivitäten eine zwischenmenschliche Kontaktreduzierung zu erwirken. Demgegenüber sei aus dem Wortlaut des § 10 der 12. BayIfSMV erkennbar, dass der privilegierte Anwendungsbereich bewusst eng gefasst wurde. Die besondere Bedeutung von Sport ergebe sich im Wesentlichen aus dem zugrundeliegenden gesundheitlichen Aspekt. Im vorliegenden Fall überwiege der Freizeitcharakter. Ein sportlicher Wettkampf finde nicht statt, es würden gegen ein geringes Entgelt kleinere Warengewinne in Aussicht gestellt. Eine körperliche Anstrengung sei nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu einem Schützenverein sei Ziel bei Besuchern der Schießbude ein kurzfristiges, einmaliges und meist spontanes Freizeitvergnügen ohne jeglichen sportlichen Anspruch. Die waffenrechtliche Anzeige sei infektionsschutzrechtlich gegenstandslos. Hinsichtlich der Bewertung von Minigolfplätzen sei das Landratsamt an die explizit kommunizierte Rechtsauffassung des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege gebunden. Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Bewerbung mit dem Bruder des Klägers als „Pfingstfest in B. ...“ werde in der Gesamtschau deutlich, dass ein unzulässiges „Ersatzvolksfest“ angestrebt worden sei. Hinsichtlich der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei bereits der Tatbestand nicht erfüllt gewesen, da die Erteilung der Genehmigung infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar gewesen sei. Der Anwendungsbereich sei nur in atypischen Fällen eröffnet. Schaustellerbetriebe seien jedoch von der Regelung des § 11 der 12. BayIfSMV eindeutig umfasst und auch von den inzidenzabhängigen Öffnungsschritten, die der Kreisverwaltungsbehörde mittels Allgemeinverfügung ermöglicht wurden, offenbar bewusst ausgenommen. Eine infektionsschutzrechtlich positiv abweichende Atypik liege im konkreten Einzelfall nicht vor, da weder eine geringe Infektionsgefahr im Vergleich zu anderen Schaustellerbetrieben noch eine besonders erhebliche Beeinträchtigung des Klägers durch die restriktive Rechtslage ersichtlich sei. Es sei aufgrund des räumlich-funktionellen Zusammenhangs mit dem angrenzenden Biergarten vielmehr von einer Atypik im negativen Sinn aufgrund einer erhöhten Infektionsgefahr auszugehen. Die Ablehnung des Antrags sei im pflichtgemäßen Ermessen erfolgt und sei verhältnismäßig.
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Am 12. Dezember 2022 fand die mündliche Verhandlung statt, in der der Kläger den in der Klageschrift vom 29. Juni 2021 hilfsweise gestellten Feststellungsantrag, dass er berechtigt war, die Schießbude auf dem Festplatz in B. ... mit einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung zu betreiben, zurückgenommen hat.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
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2. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg, sie ist zulässig, aber unbegründet.
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2.1 Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1) als Fortsetzungsfeststellungsklage in doppelter Analogie zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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2.1.1 Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
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2.1.1.1 Bei der vom Kläger erhobenen Klage handelt es sich um eine Fortsetzungsfeststellungklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in doppelter Analogie, da der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet war, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2021 bis 6. Juni 2021 eine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb seines Kinderkarussells auf dem Festplatz in B. ... zu erteilen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist die statthafte Klageart, weil § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog auch auf die Fälle anzuwenden ist, in denen sich ein streitiger Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. BVerwGE 81, 226, NJW 1989, 2486 m.w. Nachw.). Das gilt entsprechend auch, wenn um den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gestritten wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die für die Anfechtungsklage getroffene Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage nach § 113 Abs. 5 VwGO entsprechend anzuwenden (BVerwG, U.v. 15.12.1993 - 6 C 20/92, juris Rn. 19, Schoch/Schneider/Riese, 42. EL Februar 2022, VwGO § 113 Rn. 98, BeckOK VwGO/Decker, 63. Ed. 1.10.2022, VwGO § 113 Rn. 100). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch seine Bevollmächtigte erklären ließ, eine Feststellungsklage erheben zu wollen, da der Klageantrag den Voraussetzungen einer zulässigen Fortsetzungsfeststellungsklage entspricht.
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2.1.1.2 Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt vor. Für das Feststellungsinteresse genügt grundsätzlich jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen (st. Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 20 m.w.N.). Dabei ist es Sache der Klagepartei, die Umstände darzulegen, aus denen sich ein Feststellungsinteresse ergibt (BVerwGE 53, 134 (137); Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 110).
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Es besteht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen eines tiefgreifenden Eingriffs in ein Grundrecht des Klägers. Die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, kann erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 - 1 C 2/95 -, juris Rn. 21 m.w.N.). Bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen ist im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ein Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse über die Fälle hinaus, in denen ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen, auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch das in Rede stehende hoheitliche Handeln sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Trägt ein Kläger substantiiert erhebliche Grundrechtsverletzungen vor, darf verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz nicht von der weiteren Voraussetzung abhängig gemacht werden, dass an ihm ein Exempel statuiert oder sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabgesetzt wurde (BVerwG B. v. 30.4.1999 - 1 B 36.99, BeckRS 1999, 31353198).
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Vorliegend ist durch die Versagung der Erteilung der Ausnahmegenehmigung für den Betrieb des Kinderkarussells ein entsprechender tiefgreifender Grundrechtseingriff gegeben. Durch die Versagung der Genehmigung wurde in das Recht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen, da dieser in der Zeit vom 1. Juni bis 6. Juni 2021 das Karussell nicht betreiben und in dieser Zeitspanne Rechtsschutz in der Hauptsache typischerweise nicht erlangt werden konnte (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 6.10.2022 - 20 N 20.783 - juris Rn. 21). Dabei geht die Argumentation des Beklagten fehl, dass die Grundrechtsverletzung bereits durch die Regelungen der 12. BayIfSMV erfolgt ist, da der Kläger gerade die Feststellung begehrt, dass trotz dieser Regelungen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung möglich gewesen wäre. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung muss daher diese Möglichkeit ebenso in Betracht gezogen werden, so dass der Grundrechtseingriff gerade durch die Versagung der Genehmigung entstehen würde.
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2.1.2 Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung für den Betrieb des Kinderkarussells hatte.
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2.1.2.1 Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV durften Freizeitaktivitäten gewerblich weder unter freiem Himmel noch in geschlossenen Räumen angeboten werden. Bei dem Kinderkarussell des Klägers handelt es sich unstreitig um eine entsprechende Freizeitaktivität, die der Kläger gewerblich anbietet, weil er nach eigenen Angaben damit Einnahmen generiert.
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2.1.2.2 Nach § 28 Abs. 2 der 12. BayIfSMV können im Einzelfall auf Antrag Ausnahmegenehmigungen von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erteilt werden, soweit dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist und Bundesrecht nicht entgegensteht. Die begehrte Ausnahmegenehmigung steht im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch auf Erteilung besteht nur dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und zudem eine Ermessensreduzierung auf null vorliegt.
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Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 der 12. BayIfSMV setzt tatbestandlich voraus, dass dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist eine enge Auslegung des Tatbestandes erforderlich, um die mit den Regelungen der 12. BayIfSMV verfolgten Ziele einer effektiven Pandemiebekämpfung nicht zu gefährden (zur gebotenen engen Auslegung einer ähnlichen Ausnahmevorschrift vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2020 - 20 CE 20.725 - juris Rn. 8; B.v. 4.2.2021 - 20CS 21.109 - juris Rn. 31; B.v. 4.3.2021 - 20 CE 21.550 - juris Rn. 16). Die Ausnahmevorschrift ist daher auf atypische Fälle zu beschränken, insbesondere auf Fälle, die derart vom Regelfall abweichen, dass sie der Verordnungsgeber nicht im Blick hatte, und bei denen die strikte Anwendung des Regelungsregimes zu unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffen führen würde (vgl. VG München, B.v. 3.2.2021 - M 26b E 21.407 - bisher unveröffentlicht; VG Regensburg, B.v. 24.2.2021, RO 5 E 21.170, BeckRS 2021, 3401 Rn. 30; VG Würzburg, B.v. 14.4.2021 - W 8 E 21.510, juris Rn. 30).
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Für die Beurteilung der Atypik des Sachverhaltes im Hinblick auf die Verbotsnorm des § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV ist entscheidend, welche Sachverhalte die Verbotsnorm nach dem Willen des Verordnungsgebers typischerweise und regelhaft erfasst hat.
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Hinsichtlich der Begründung der in der 12. BayIfSMV fortgeführten Maßnahmen (um eine solche handelt es sich bei § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV) wird auf die Begründung zur 11. BayIfSMV (BayMBl. 2020 Nr. 738) sowie auf die Begründungen der Verordnungen zur Änderung der 11. BayIfSMV verwiesen. Die Begründung zur 11. BayIfSMV (BayMBl. 2020 Nr. 738) verweist wiederum hinsichtlich der einschlägigen Verbotsnorm auf die Begründung zur 9. BayIfSMV vom 30. November 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 684), welche mithin hier einschlägig ist. Diese führt zum Hintergrund der getroffenen Beschränkungen im Kultur-, Gastronomie- und Freizeitbereich aus:
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„Um ein noch weiterreichendes Herunterfahren des öffentlichen Lebens zu vermeiden und Schulen und Kindertagesstätten so lange wie möglich offen zu halten, sind Kontakte vor allem im Kultur- und Freizeitbereich und in der Gastronomie deutlich zu reduzieren. Die Maßnahmen betreffen Gastronomiebetriebe, Dienstleistungsbetriebe für körpernahe Dienstleistungen, die kulturellen Einrichtungen, die außerschulische Bildung, die Freizeiteinrichtungen und auch den Amateursport besonders, weil es sich hierbei um kontaktintensive Bereiche handelt. Hier kann das Infektionsgeschehen nach den bisherigen Erkenntnissen durch eine Verminderung der persönlichen Kontakte effektiv begrenzt werden. Eine Erstreckung auf andere Bereiche wäre mit noch schwereren Folgen verbunden, auch in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Anteil der betroffenen Bereiche am Infektionsgeschehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt genau und im Einzelnen sicher feststellen lässt. Wie bereits dargestellt, ist die Ermittlung der Umstände einer Infektion ohnehin nur schwer möglich. Da nur durch eine generelle Reduzierung von persönlichen Kontakten das Infektionsgeschehen beherrscht werden kann, ist entscheidend, dass in der Gesamtschau der beschlossenen Einschränkungen diese angestrebte Wirkung erreicht werden kann und diese im Hinblick auf die Belastung nicht außer Verhältnis steht.“
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Die 12. BayIfSMV enthält ein System meist inzidenzabhängiger differenzierter Regelungen, welche die Öffnung verschiedener Lebensbereiche an die Unterschreitung eines bestimmten 7-Tage-Inzidenzwerts knüpft. Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV waren allerdings weiterhin nicht inzidenzabhängig ausgestaltet. Nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 und 5 der 12. BayIfSMV war den Kreisverwaltungsbehörden bei einer 7-Tage-Inzidenz von nicht über 50 im Freizeitbereich nur in bestimmten Bereichen die Möglichkeit eröffnet, ab dem 21. Mai 2021 weitergehende erleichternde Abweichungen zuzulassen, die Bereiche des § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV waren davon nicht erfasst.
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2.1.2.3 Ausgehend von diesen Erwägungen liegt bei dem Kinderkarussell auf dem Festplatz in B. ... angrenzend zum Biergartenbetrieb der F. … GmbH kein atypischer Einzelfall vor, der eine Ausnahmegenehmigung im Ermessenswege ermöglichen würde. Der Verordnungsgeber hat - wie oben dargelegt - im Rahmen eines differenzierten Lockerungssystems bewusst darauf verzichtet, den vom Kläger angestrebten Betrieb eines Kinderkarussells allgemein zu ermöglichen. Einschränkungen in den Bereichen Kultur, Gastronomie und im Freizeitbereich sollten dazu beitragen, dass Einschränkungen in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel den Schulen, nicht erforderlich wurden. Aus der Lockerungssystematik des Verordnungsgebers ist daher zu schließen, dass er den Bereich des Angebots der gewerblichen Freizeitaktivitäten weiterhin untersagen wollte, um in anderen Bereichen Lockerungen rechtfertigen zu können, ohne den Erfolg des Schutzkonzepts - die Kontrolle der Inzidenzen - zu gefährden. In Anbetracht der Tatsache, dass das Karussell des Klägers auf dem Volksfestplatz in unmittelbarer Nähe zum Biergartenbetrieb der F. … GmbH zu einem Zeitpunkt betrieben werden sollte, zu dem im Normalfall das Pfingstvolksfest stattgefunden hätte, handelt es sich um einen Sachverhalt, der infektionsschutzrechtlich keine Atypik in Hinblick auf die untersagten Sachverhalte darstellt. Denn Zeitpunkt und Ort des geplanten Betriebes führen in der Gesamtschau dazu, dass das infektionsschutzrechtliche Risiko anders zu bewerten ist, als wenn das Karussell zu einem anderen Zeitpunkt oder an einem anderen Ort errichtet werden hätte sollen. Die Nähe zum Biergartenbetrieb hätte zu einer hohen Anzahl potentieller Kunden geführt. Durch die Errichtung des Kinderkarussells wäre die Attraktivität des Besuchs der Festwiese nochmals erhöht worden, da in der Zusammenschau von Biergartenbetrieb und Karussell der Charakter des Volksfestes, das eigentlich zu diesem Zeitpunkt stattgefunden hätte, aufgegriffen worden wäre, so dass zumindest die Tendenz hin zu einer öffentlichen Festivität bestand, die ebenfalls nach § 5 Satz 1 der 12. BayIfSMV verboten war. Das Gesamtangebot hätte - vor allem unter Berücksichtigung der Einschränkungen der vorhergehenden Monate - zu einem höheren Besucherstrom geführt, als die Anordnung von Biergarten, Karussell und Schießbude an verschiedenen Orten. Auch bei Berücksichtigung des Hygienekonzeptes des Klägers wäre damit eine Situation entstanden, die zu einer Vielzahl von Kontakten hätte führen können, da das Konzept nur im unmittelbaren Umgriff des Karussells Geltung hatte und die Wechselwirkungen zwischen Biergartenbetrieb und Karussellbetrieb keine Berücksichtigung fanden. Denn auch wenn das Karussell nur eine bestimmte Anzahl von Personen gleichzeitig hätten benutzen dürfen, so hätte dies bei einer Vielzahl von potentiellen Kunden aus dem Biergartenbetrieb dazu geführt, dass diese vor der Absperrung des Karussells hätten warten müssen und somit Kontakte hätten stattfinden können, die vom Verordnungsgeber im Freizeitbereich gerade verhindert werden sollten.
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Auch die Tatsache, dass für andere Schaustellerbetriebe wie das Riesenrad in Prien eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, führt nicht zu einer anderen Bewertung, da der Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Die besonderen Umstände von Ort und Zeitpunkt des vom Kläger beantragten Betriebes liegen im Falle des Riesenrades nicht vor, dieses stand vielmehr ohne Anbindung zu weiteren Anziehungspunkten wie dem Biergartenbetrieb im Falle des Klägers.
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Zudem steht auch die Beurteilung der Kammer zur infektionsschutzrechtlichen Vertretbarkeit von Schaustellerbetrieben in räumlicher Nähe zu einem mobilen Biergarten in der von der Klägervertreterin zitierten Entscheidung (VG München, B. v. 18.08.2020, M 26a E 20.3727, bislang unveröffentlicht), dieser Wertung nicht entgegen. Denn nach § 11 Abs. 1 der 6. BayIfSMV war der Betrieb von Freizeitparks und vergleichbaren ortsfesten Freizeiteinrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der 12. BayIfSMV waren diese jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2021 ebenso wie das Angebot von gewerblichen Freizeitaktivitäten verboten und unterfielen auch nicht der bereits genannten Lockerungssystematik, so dass Willen und Intention des Verordnungsgebers, die, wie dargelegt, für die Beurteilung der Atypik des Einzelfalls entscheidend sind, für die beiden zu beurteilenden Sachverhalte nicht vergleichbar sind.
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2.2 Hinsichtlich des Antrags zu 2) ist die Klage als Feststellungsklage nach § 43 VwGO teilweise zulässig, aber - soweit sie zulässig ist - unbegründet.
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2.2.1 Für den Zeitraum 28. Mai 2021 bis 1. Juni 2021 ist die Klage unzulässig, im Übrigen ist sie zulässig.
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2.2.1.1 Die Klage ist statthaft, denn der Frage, ob der Kläger ohne Ausnahmegenehmigung seine Schießbude auf dem Festplatz in B. ... vom 28. Mai 2021 bis 6. Juni 2021 betreiben durfte, liegt ein konkretes feststellungsfähiges, auf die Vergangenheit bezogenes Rechtsverhältnis zu Grunde, das zwischen den Parteien streitig ist. Es liegt hier ein bestimmter Sachverhalt - die näher umrissene wirtschaftliche Betätigung des Klägers - vor, aus dem sich aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen bestimmte rechtliche Beziehungen zwischen dem Kläger als Normadressat und dem Beklagten als Normanwender ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 13.06 - juris Rn. 21; U.v.. 30.11.2011 - 6 C 20.10 - juris Rn. 12). Der Streit betrifft die sich aus bestimmten Normen der 12. BayIfSMV ergebenden Rechtsbeziehungen. Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage steht nicht entgegen, da die Klage erst nach Erledigung des Untersagungsbescheides erhoben wurde. Da der Kläger seine Schießbude nur bis 6. Juni 2021 betreiben wollte, hatte der Verwaltungsakt seine Regelungswirkung ab diesem Zeitpunkt verloren und war gem. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam, da er sich auf andere Weise erledigt hat, bevor er in Bestandskraft erwachsen ist. Da in jedem Fall die Voraussetzungen einer speziellen Feststellungsklage, bei der es um die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes geht, der sich vor Eintritt der Bestandskraft vorprozessual erledigt hat, letztlich dem § 43 VwGO zu entnehmen sind(BVerwG, U.v. 14. Juli 1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203-211, juris Rn. 22), ist für das Erfordernis der Subsidiarität zur Vermeidung der Umgehung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Gestaltungsklage kein Raum.
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2.2.1.2 Für den Zeitraum 2. Juni 2021 bis 6. Juni 2021 ist die Klage zulässig, insbesondere liegt das erforderliche besondere Feststellungsinteresse des Klägers nach § 43 Abs. 1 VwGO vor.
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Bei - wie hier - auf vergangene Rechtsverhältnisse bezogenen Feststellungsklagen wird ein besonderes, qualifiziertes Feststellungsinteresse gefordert. Es muss entweder die Gefahr der Wiederholung, ein Rehabilitierungsinteresse, ein schwerwiegender Grundrechtseingriff oder die Präjudizwirkung für einen angestrebten Staatshaftungsprozess vorliegen (BayVGH, U. v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1006, BeckRS 2016, 119326, Leitsatz). Es kann insoweit auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die von der Fortsetzungsfeststellungsklage her bekannt sind (BeckOK VwGO/Möstl, 62. Ed. 1.7.2022, VwGO § 43 Rn. 24). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, also der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein (BVerwG, B.v. 30.4.1999 - 1 B 36.99 - juris Rn. 5).
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Es besteht ein Feststellungsinteresse wegen eines tiefgreifenden Eingriffs in ein Grundrecht des Klägers (zu den näheren Voraussetzungen vgl. oben unter 2.1.1.2). Vorliegend ist durch die Untersagung des Betriebs der Schießbude durch den Bescheid vom 2. Juni 2021 ein entsprechender tiefgreifender Grundrechtseingriff gegeben. Durch die Anordnung der Schließung wurde in das Recht des Klägers aus Art.12 Abs. 1 GG eingegriffen, da dieser in der Zeit vom 2. Juni bis 6. Juni 2021 die Schießbude nicht betreiben konnte. Auch hier geht die Argumentation des Beklagten fehl, dass die Grundrechtsverletzung bereits durch die Regelungen der 12. BayIfSMV erfolgt ist, da der Kläger gerade die Feststellung begehrt, dass diese Regelungen die vom Beklagten ausgesprochene Untersagung nicht tragen. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung muss daher diese Möglichkeit ebenso in Betracht gezogen werden, so dass der Grundrechtseingriff gerade durch die Untersagungsverfügung des Beklagten entstehen würde.
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2.2.1.3 Soweit sich die Klage auf den Zeitraum 28. Mai 2021 bis 1. Juni 2021 bezieht, fehlt es jedoch am besonderen Feststellungsinteresse des Klägers. Denn im Zeitraum vom 28. Mai 2021 bis zur Untersagung am 2. Juni 2021 hat der Kläger die Schießbude betrieben, so dass insoweit ein tiefgreifender Grundrechtseingriff weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist. In dieser Situation, in der er der von ihm begehrten wirtschaftlichen Betätigung nachgegangen ist, besteht kein Bedürfnis an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage (BayVGH, U. v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1006 -, juris RN. 33).
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2.2.2 Die Klage ist jedoch auch hinsichtlich des Antrages zu 2) unbegründet, da der Kläger nicht berechtigt war, seine Schießbude ohne Ausnahmegenehmigung zu betreiben, da dies nach § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV als gewerbliche Freizeitaktivität untersagt war.
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Beim Betrieb der Schießbude handelt es sich um eine gewerbliche Freizeiteinrichtung und nicht um die Ausübung von Sport, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 der 12. BayIfSMV als kontaktfreier Sport in Gruppen von bis zu 10 Personen und nach Ziffer 5 der Allgemeinverfügung als kontaktfreier Sport unbegrenzt zulässig war, sofern in geeigneter Weise Kontaktdaten erhoben wurden und die Bestimmungen des Rahmenhygienekonzepts Sport der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Sport und Integration und für Gesundheit und Pflege eingehalten wurden.
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Nach § 15a Abs. 1 Waffengesetz - WaffG - liegt sportliches Schießen und damit die Ausübung von Sport nur dann vor, wenn nach festen Regeln einer genehmigten Sportordnung geschossen wird. Dies ist im Falle der Schießbude des Klägers nicht der Fall, weil eine genehmigte Sportordnung hierfür nicht vorliegt und grundsätzlich auch nicht vorliegen kann. Die Genehmigung von Sportordnungen ohne gleichzeitige Anerkennung als Verband nach § 15 Abs. 1 WaffG erfolgt nur, wenn unter anderem die Vorgaben des § 15 Abs. 1 Nr. 4a WaffG erfüllt sind, d.h., dass auf eine sachgerechte Ausbildung hingewirkt wird. Diese Voraussetzung ist bei der Schießbude des Klägers nicht erfüllt, da dort keine Ausbildung stattfindet.
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Dass der Kläger für den Betrieb der Schießbude eine Erlaubnis nach § 27 WaffG benötigt, steht dem nicht entgegen. Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist auch für eine ortsveränderliche Anlage zum Zwecke des Schießens zur Belustigung in Abgrenzung zum Zwecke des Schießsports eine solche Erlaubnis erforderlich. Beim Schießen auf Jahrmärkten oder ähnlichen Veranstaltungen handelt es sich um Schießen zur Belustigung (Gade, 3. Aufl. 2022, WaffG § 27 Rn. 6). Würde es sich dabei auch um Schießsport handeln, hätte es der Differenzierung in § 27 Abs. 1 Satz 1 zwischen Schießsport und dem Schießen mit Schusswaffen zur Belustigung nicht bedurft.
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Der Kläger betreibt diese Freizeiteinrichtung auch gewerblich, da er damit - wie er selbst vorgetragen hat - in der Vergangenheit Einkünfte erzielt hat und im streitgegenständlichen Zeitraum erzielen wollte.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Klage zurückgenommen wurde, im Übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.