Inhalt

VGH München, Urteil v. 12.12.2022 – 9 N 19.600
Titel:

Unwirksame Festsetzung eines Bebauungsplans - Verpflichtung zur Vorlage schalltechnischer Berechnungen

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 8, § 9
Leitsätze:
Die Festsetzung in einem Bebauungsplan, im Baugenehmigungsverfahren stets eine schalltechnische Berechnung vorlegen zu müssen, ist mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Als ein für die planerische Abwägung wesentliches Instrument zur Bewältigung des planbedingten Lärmkonflikts führt sie zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. (Rn. 14 – 18)
Ein Mangel, der einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaftet, führt nur dann nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit, wenn - erstens - die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung iSd § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB bewirken können und - zweitens - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Änderung eines Bebauungsplans, Typenzwang, Ermächtigungsgrundlage für Festsetzung über im Baugenehmigungsverfahren vorzulegende Unterlagen (verneint), Gesamtunwirksamkeit, schalltechnische Berechnung, Konflikt zwischen gastronomischer Nutzung und Wohnen
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 09.01.2024 – 4 BN 9.23
Fundstellen:
BeckRS 2022, 40289
KommJur 2023, 106
LSK 2022, 40289

Tenor

I. Die am 18. Juli 2018 bekannt gemachte 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 für das Gebiet zwischen K. …straße, H. …platz, M. …straße, H1. …-Straße, P. …straße, S. …platz und R. …ufer der Gemarkung F. … der Antragsgegnerin ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Antragsteller wendet sich gegen die 2. Änderung des einfachen Bebauungsplans Nr. 001 für das Gebiet zwischen K. …straße, H. …platz, M. …straße, H1. …-Straße, P. …straße, S. …platz und R. …ufer der Gemarkung F. … der Antragsgegnerin.
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Der 14,4 ha große Geltungsbereich der streitgegenständlichen Satzung liegt in der Altstadt von F. … Er ist mit dem des Bebauungsplans Nr. 001, bekanntgemacht am 19. Februar 1988, sowie seiner 1. Änderung, bekannt gemacht am 8. Februar 1997, jeweils identisch. Sowohl mit dem ursprünglichen Plan als auch mit der ersten Änderungssatzung wurden je ein Mischgebiet festgesetzt, in welchem Vergnügungsstätten nicht zulässig sein sollen. Darüber hinaus setzte der Bebauungsplan Nr. 001 im Textteil für den im zeichnerischen Teil festgesetzten Teilbereich A fest, dass dort näher bezeichnete Schank- und Speisewirtschaften nicht zulässig sein sollen, jedoch bestehende Betriebe Bestandsschutz genießen und Erweiterungen unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden können. Unter anderem durfte durch Erweiterungsvorhaben die Wohnruhe im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht gestört werden. In den mit B bezeichneten Teilbereichen des Plangebiets sollten die betreffenden Betriebe unter im Einzelnen genannten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig sein. Mit der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 001, wurden die genannten Zulässigkeitsbeschränkungen beibehalten und zudem auf Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche oder sportliche Zwecke, die i.V.m. einer gaststättenähnlichen Nutzung betrieben werden, übertragen.
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Die hier angegriffene 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 wurde am 28. Juni 2018 vom Stadtrat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen, am 16. Juli 2018 durch den Oberbürgermeister ausgefertigt und am 18 Juli 2018 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekanntgemacht. Sie hat erneut die Festsetzung eines Mischgebiets, jedoch ohne Untergliederung in Teilbereiche, zum Gegenstand. Spielhallen, Wettbüros und weitere Vergnügungsstätten sollen darin unzulässig sein. Zudem enthält der Änderungsplan im Textteil unter der Überschrift „Textliche Festsetzungen“ neben diesen Bestimmungen zur Art der baulichen Nutzung die folgende Regelung zum „Immissionsschutz“: „Bei Neueinrichtungen und Erweiterungen von oder Nutzungsänderungen in Schank- und Speisewirtschaften ist in allen bauaufsichtlichen Verfahren in einer beizufügenden schalltechnischen Berechnung die Einhaltung der geltenden Immissionsrichtwerte aus der TA Lärm nachzuweisen. Auf die Beachtung der Summenwirkung aller gleichzeitig einwirkenden gewerblichen Anlagen bei der Berechnung gemäß TA Lärm wird hingewiesen. Die Nachweispflicht gilt auch für gaststättenähnliche Nutzungen i.V.m. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.“
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Der Antragsteller ist Eigentümer des im Plangebiet liegenden Grundstücks FlNr. … Gemarkung F. … (G. …straße ..), welches nach dem Bebauungsplan Nr. 001 in der Fassung seiner 1. Änderung dem Teilbereich A zugehörig ist. Er stellte am 19. März 2019 einen Normenkontrollantrag. Die 2. Änderungssatzung sei abwägungsfehlerhaft, weil der durch die Vorgängerregelungen vermittelte Nachbarschutz bzw. die entsprechende Rechtsposition des Antragstellers nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die Erforderlichkeit der Satzung werde mit den Interessen gastronomischer Betriebe begründet und die Anwohner würden auf den Schutz nach der TA Lärm verwiesen, obwohl nicht nachvollziehbar sei, dass Schank- und Speisewirtschaften ohne die Änderung des Bebauungsplans die Schließung drohe.
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Der Antragsteller hat beantragt,
die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 für das Gebiet zwischen K. …straße, H. …platz, M. …straße, H1. …-Straße, P. …straße, S. …platz und R. …ufer der Gemarkung F. … für nichtig zu erklären.
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Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
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Die 2. Änderung des Bebauungsplans sei erforderlich. Ihr liege eine positive Planungskonzeption zugrunde. Ziel sei die Herstellung einer gleichberechtigten Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe im Mischgebiet. Dabei werde der Erhalt der derzeitigen gastronomischen Betriebe angestrebt, ohne den Schutz der Wohnbevölkerung außer Acht zu lassen. Der ursprüngliche Bebauungsplan entfalte keine Ewigkeitswirkung; es bestehe kein Anspruch auf Fortbestand der ursprünglichen Planung. Vertrauensschutzgesichtspunkte seien im Rahmen der Abwägung wegen gewichtiger anderer Belange überwindbar. Die Antragsgegnerin habe insbesondere sowohl den Bestand der Schank- und Speisewirtschaften als auch den Immissionsschutz berücksichtigt. Die Orientierungswerte nach der DIN 18005 Beiblatt 1 würden durch die Planänderung nicht berührt. Nach der eingeholten gutachterlichen Stellungnahme könne Konfliktsituationen durch Lärm bei der Vorhabenzulassung begegnet werden.
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Am 9. Dezember 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin stellten jeweils die schriftlich angekündigten Anträge.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Planaufstellungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
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I. Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist zulässig. Er wurde innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Der Antragsteller ist insbesondere antragsbefugt, weil er Eigentümer eines im Plangebiet liegenden Grundstücks ist und sich gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die sein Grundstück unmittelbar betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 - 4 BN 17.17 - juris Rn. 5 m.w.N.).
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II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die am 18. Juli 2018 bekanntgemachte 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
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Die angegriffene 2. Änderungssatzung, mit der die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 i.d.F. seiner 1. Änderung vollständig ersetzt werden (vgl. Söfker/Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand April 2022, § 1 Rn. 254a f.; vgl. auch BVerwG, B.v. 27.3.2019 - 4 BN 28/18 - juris Rn. 5 m.w.N.) ist mit der Folge ihrer Gesamtunwirksamkeit materiell fehlerhaft, weil es für deren textliche Festsetzung „Immissionsschutz“ keine Rechtsgrundlage gibt. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller durch unwirksamkeitsbegründende Mängel subjektiv-rechtlich betroffen ist (vgl. BayVGH, U.v. 9.6.2021 - 15 N 20.1412 - juris Rn. 58 m.w.N.). Ob die erhobenen Einwendungen des Antragstellers ebenfalls durchgreifend wären oder noch weitere, zur Unwirksamkeit des Änderungsplans führende Fehler vorliegen, bedarf angesichts dessen keiner Erörterung.
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1. Für die textliche Festsetzung „Immissionsschutz“, die für Neuerrichtungen und Erweiterungen von oder Nutzungsänderungen in Schank- und Speisewirtschaften sowie „gaststättenähnliche Nutzungen“ zur Vorlage eines Nachweises der Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm in Form einer schalltechnischen Berechnung in „allen bauaufsichtlichen Verfahren“ verpflichtet, fehlt es an der nach Bauplanungsrecht erforderlichen Rechts- bzw. Ermächtigungsgrundlage.
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Für bauplanungsrechtliche Festsetzungen besteht ein Typenzwang. Durch den Bebauungsplan bestimmt der Plangeber Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf er gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Solche finden sich in § 9 BauGB, in Art. 81 BayBO sowie in den Vorschriften der in Ergänzung zu § 9 BauGB und auf Basis von § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort sind die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten mittels Bebauungsplans jeweils abschließend geregelt. Ein darüberhinausgehendes Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall des § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB - nicht zu. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB i.V.m. den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigt, sind der planenden Gemeinde daher verboten und von vornherein unwirksam. Die §§ 214, 215 BauGB finden auf diesbezügliche Mängel keine Anwendung (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 14.3.2022 - 9 N 19.1989 - juris Rn. 19 m.w.N.; U.v. 17.10.2017 - 15 N 17.574 - juris Rn. 18).
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Die textliche Festsetzung „Immissionsschutz“ ist danach ungültig. Die Antragsgegnerin ist weder aufgrund der Ermächtigung zum Erlass örtlicher Bauvorschriften nach Art. 81 BayBO berechtigt, Vorschriften über im Baugenehmigungsverfahren vorzulegende Unterlagen zu erlassen, noch ist ersichtlich, dass es sich bei der betreffenden Festsetzung nur um eine deklaratorische Regelung einer ohnehin gegebenen landesgesetzlichen Pflicht handelt (vgl. Art. 64, Art. 80 Abs. 4 BayBO i.V.m. § 1 Abs. 1 und 4 BauVorlV). Gleichermaßen ist auch eine Ermächtigung nach § 9 BauGB, §§ 1 ff. BauNVO nicht gegeben (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.7.2020 - 15 NE 20.1222 - juris Rn. 19 m.w.N. unter Hinweis auf BayVGH, U.v. 8.7.2004 - 1 N 01.590 - juris Rn. 42; U.v. 4.8.2015 - 15 N 12.2124 - juris Rn. 17 m.w.N.; U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 30 m.w.N.; U.v. 28.7.2016 - 1 N 13.2678 - juris Rn. 38 m.w.N.).
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§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil mit der Verpflichtung, im Baugenehmigungsverfahren eine schalltechnische Berechnung beizubringen, keine baulichen oder technischen Vorkehrungen i.S.d. Vorschrift festgesetzt werden, die, wie beispielsweise bei der Festsetzung einer Lärmschutzwand oder von Schallschutzfenstern, für sich geeignet wären, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - juris Rn. 19 m.w.N; BayVGH, U.v. 14.3.2022 - 9 N 19.1989 - juris Rn. 24 m.w.N.; U.v. 28.7.2016 - 1 N 13.2678 - juris Rn. 39; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9 Rn. 206, 208; Spannowsky in BeckOK BauGB, Stand Mai 2022, § 9 Rn. 113; Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 9 Rn. 190; Stüer, Der Bebauungsplan, 2. Aufl. 2001, Rn. 219).
18
§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB, wonach in besonderen Fällen im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig sind, kommt als gesetzliche Grundlage ebenfalls nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass selbstständige inhaltliche Festsetzungsmöglichkeiten durch § 9 Abs. 2 BauGB nicht eröffnet werden (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 9 Rn. 168 m.w.N.) und hier auch kein besonderer Fall ersichtlich ist, soll die Norm - schon dem Wortlaut nach - die Möglichkeit eröffnen, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Vorhabens mit dem Eintritt einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung zu verknüpfen. Darum geht es bei der vorliegenden Nachweisverpflichtung aber nicht, weil die Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen nicht in Abstimmung mit bestimmten Maßnahmen oder sonstigen Vorgängen gesteuert und auch nicht zeitlich oder nach (sonstigen) Kriterien abgestuft verwirklicht werden soll (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2022 - 9 N 19.1989 - juris Rn. 25).
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2. Der aufgezeigte materielle Mangel führt zur Gesamtunwirksamkeit der angegriffenen Bebauungsplanänderung.
20
Ob der Mangel einzelner Festsetzungen zur Unwirksamkeit weiterer Bestimmungen eines Bebauungsplans führt, bestimmt sich nach den in der Rechtsprechung zum Verhältnis von Teil- und Gesamtunwirksamkeit entwickelten Maßstäben. Ein Mangel, der einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaftet, führt nur dann nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit, wenn - erstens - die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und - zweitens - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, U.v. 25.1.2022 - 4 CN 5.20 - juris Rn. 16 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 30.10.2019 - 4 B 37.18 - juris Rn. 6; U.v. 14.9.2017 - 4 CN 6.16 - juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 32).
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Der erkennende Senat kann dahinstehen lassen, ob die übrigen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleiben. Die zweite Voraussetzung, dass nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, sie wären unverändert auch ohne diesen erlassen worden, lässt sich bei der vorliegenden Fallkonstellation jedenfalls nicht positiv beantworten.
22
Wie sich aus den Planaufstellungsakten ergibt, hat die Antragsgegnerin die Anordnung einer Nachweispflicht durch sachverständige Berechnung hinsichtlich der Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm für ein Mischgebiet als wesentliches Instrument der Vermeidung bzw. Bewältigung eines planbedingten Lärmkonflikts mit der Wohnnutzung angesehen. Nach dem in der Planbegründung dargelegten Zweck (s. Seiten 13, 18 und 21 f.) wollte sie mit der Festsetzung erreichen, dass neue gastronomische Bauvorhaben ausnahmslos nur dann zugelassen werden, wenn es aufgrund ihres Betriebs nicht zu mit der Mischgebietsfestsetzung unvereinbaren Lärmüberschreitungen kommen kann. Insbesondere sollte durch die Festsetzung auch in Gebieten mit hoher Vorbelastung, wie im Zentrum der G. …straße, für die die Antragsgegnerin von einer annähernden Ausschöpfung der Mischgebietswerte und kaum bestehenden Möglichkeiten weiterer Verdichtung ausging, die Einhaltung der Mischgebietswerte in jedem Fall gewährleistet sein. In der Planbegründung wird in diesem Zusammenhang auf die „gutachterliche Stellungnahme“ des Ingenieurbüros … … vom 22. November 2017 verwiesen, nach der „mögliche Konfliktsituationen durch Lärmimmissionen bereits im Planungsstadium erkannt und soweit dies hier möglich ist, Festsetzungen getroffen werden.“ Es sei danach in der vorliegenden Situation grundsätzlich möglich, Lärmkonflikte zu lösen. Die gutachterliche Stellungnahme bestätige, dass die Einhaltung der „vom Bebauungsplan festgesetzten Lärmrichtwerte für ein Mischgebiet“ durch die Vorlage des erforderlichen gutachterlichen Nachweises in den jeweiligen Genehmigungsverfahren sichergestellt sei (s. Planbegründung, S. 22). Die Antragsgegnerin hat überdies auch im Rahmen der Abwägung der Einwendungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Lärmbetroffenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass die festgesetzte Nachweispflicht, wie die gutachterliche Stellungnahme bestätige, der Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm und einem umfassenderen Anwohnerschutz diene (s. Ordner 3 der Aufstellungsakte, Bl. 136, 139, 144 f., 150 ff., 166 f., 180 f., 188 f., 194, 196 f., 202 f., 208). Der Aufnahme der Festsetzung „Immissionsschutz“ in den streitgegenständlichen Änderungsplan hat die Antragsgegnerin somit ungeachtet des Umstands, dass hiermit nach ihrem Dafürhalten keine (unzulässige) Konfliktverlagerung verbunden sei, weil bereits durch die Festsetzung der Gebietsart die Höhe der Orientierungswerte aus der DIN 18005 vorgegeben und der erforderliche Anwohnerschutz gewährleistet sei (vgl. Planbegründung, S. 22 und Einzelabwägung, Ordner 3, Bl. 196 f.), erhebliche Bedeutung dafür beigemessen, Konflikten zwischen gastronomischer Nutzung und dem Wohnen auf der Ebene der Planumsetzung umfassend begegnen zu können. Dies bestätigten im Übrigen die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung, indem sie ebenfalls die Bedeutung der Festsetzung für die Konfliktbewältigung betonten. Auch vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin ursprünglich weitreichende Beschränkungen für die Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften im Plangebiet für erforderlich hielt, nicht zuletzt, um Wohnnutzungen vor (unzumutbaren Lärm-) Beeinträchtigungen zu schützen (s. Begründung zum Bebauungsplan Nr. 001, S. 2 und Begründung zur 1. Änderung, S. 3; vgl. auch BayVGH, U.v. 25.11.2015 - 22 BV 13.1686 - juris Rn. 61), fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass der Stadtrat der Antragsgegnerin die streitgegenständliche Bebauungsplanänderung auch ohne die unwirksame Festsetzung in der gleichen Weise beschlossen hätte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Nummer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.