Titel:
Normenkontrollantrag gegen eine außer Kraft getretene Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten
Normenketten:
VwGO § 47, § 144 Abs. 6
BayJG Art. 33 Abs. 3 Nr. 1
BJagdG § 22 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Außer Kraft getretene Normen können nur dann Gegenstand der Normenkontrolle sein, wenn die aufgehobene Rechtsvorschrift noch Rechtswirkungen dergestalt zu äußern vermag, dass in der Vergangenheit liegende Sachverhalte noch nach dieser Vorschrift zu entscheiden sind, oder die Rechtsnorm nach der Stellung des Normenkontrollantrags außer Kraft tritt und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Vorschrift hat (hier verneint). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. An einem schutzwürdigen Interesse an einer Sachentscheidung trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm fehlt es, wenn bereits eine Nachfolgeregelung erlassen worden ist. In diesem Fall ist die Feststellung der Ungültigkeit der außer Kraft getretenen Rechtsvorschrift für den Antragsteller nutzlos, weil der Erlass der Rechtsvorschrift nicht (mehr) abgewendet werden kann. Er bedarf der Feststellung auch nicht, weil die nunmehr erlassene Rechtsvorschrift angegriffen werden kann und muss. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Rechtswidrigkeit einer außer Kraft getretenen Norm besteht, wenn die begehrte Feststellung präjudizielle Wirkung für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens und damit für in Aussicht genommene Entschädigungsansprüche haben kann. Das Präjudizinteresse muss der Antragsteller von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss er aufzeigen‚ was er konkret anstrebt‚ welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen er im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung‚ einen Schadensersatzprozess führen zu wollen‚ genügt hierfür nicht. (Rn. 39 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO, der auch für die Zurückverweisung nach § 133 Abs. 6 VwGO gilt, erfasst nur die entscheidungstragende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts einschließlich der davon mitumfassten logischen Voraussetzungen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nach Stellung eines Normenkontrollantrags außer Kraft getretene Schonzeitaufhebungsverordnung (Kein) berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Verordnung, Realisierung der Wiederholungsgefahr, Präjudizinteresse
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40265
Tenor
1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die am 21. Februar 2014 im Oberbayerischen Amtsblatt bekannt gemachte, zum 22. Februar 2014 in Kraft getretene und am 21. Februar 2019 außer Kraft getretene Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014.
2
Der streitgegenständlichen Verordnung gingen zunächst Einzelverwaltungsakte zur Schonzeitverkürzung für zahlreiche Gebiete in Oberbayern - allerdings nicht im Sanierungsgebiet Eschenlaine - und anschließend (zum Zwecke der Vereinheitlichung der Regelungen) drei Rechtsverordnungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und identischer Zielsetzung voraus. Es handelte sich um folgende Verordnungen:
3
1. Verordnung über die Aufhebung der Schonzeit für Schalenwild im Regierungsbezirk Oberbayern vom 27. Januar 2000 mit Geltung vom 15. Februar 2000 bis zum 1. August 2002.
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2. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2003 mit Geltung vom 8. März 2003 bis zum 1. August 2008.
5
3. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013.
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Die angefochtene Verordnung vom 14. Februar 2014 hat auszugsweise folgenden Inhalt:
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In den in § 2 bezeichneten Gebieten darf die Jagd im Rahmen der geltenden Abschussplanung abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten wie folgt ausgeübt werden:
Hirsche Klasse III vom 1. Februar bis 31. Juli
Kälber vom 1. Februar bis 31. März
Schmaltiere vom 1. April bis 31. Mai
Gamswild vom 16. Dezember bis 31. Januar
Böcke, Jährlinge und weibliches Gamswild bis zwei Jahre vom 1. Februar bis 31. Juli
Kitze vom 1. Februar bis 31. März
Böcke vom 16. Oktober bis 30. April
Kitze vom 16. Januar bis 31. März
Schmalrehe vom 16. Januar bis 31. Januar und vom 1. April bis 30. April
Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar
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(1) Die in § 1 geregelte Schonzeitaufhebung gilt für die in den Verordnungskarten (Maßstab 1:25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiete:
5. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:
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(2) Diese Gebiete sind als gerasterte Flächen in 5 Kartenblättern, Maßstab 1:200.000, und, abgegrenzt durch rote Linien, in 25 Karten, Maßstab 1:25.000, jeweils ausgefertigt durch die Regierung von Oberbayern, eingetragen. Die Karten im Maßstab 1:200.000 werden als Bestandteil dieser Verordnung (Anlage Blatt 1 - 5) veröffentlicht und dienen zur Orientierung über die Lage der Gebiete im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Karten im Maßstab 1:25.000 werden als Bestandteil der Verordnung bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrt und sind während der Dienststunden (Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr) allgemein zugänglich. Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.
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Diese Verordnung tritt am 22. Februar 2014 in Kraft; sie tritt am 21. Februar 2019 außer Kraft.
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Der Vater der Antragstellerin war Inhaber des Eigenjagdreviers „Eschenlohe-Wengwies“, das in den Gemarkungen Ohlstadt und Eschenlohe (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft Werdenfels-Ost zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha in dessen Miteigentum standen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des Osterfeuerbergs, die nach Süden exponierten Hänge von Hirschberg und Sattmannsberg und den Nord-Westhang des Simmetsbergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der Eschenlaine. Der Vater der Antragstellerin war in diesem Eigenjagdrevier auch Jagdausübungsberechtigter.
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Das Eigenjagdrevier grenzt mit seiner Ostseite zu einem Viertel an das Staatsjagdrevier Isarwinkel an, in dem die Beigeladene Maßnahmen zur Schutzwaldsanierung betreibt, und zu drei Vierteln an das Eigenjagdrevier Ohlstadt IV, dessen Fläche einen von Norden nach Süden sich verjüngenden Keil zwischen dem Eigenjagdrevier und dem Staatsjagdrevier bildet.
13
Am 15. Dezember 2009 hatte der Vater der Antragstellerin bereits gegen die Verordnung vom 9. Dezember 2008 einen Antrag nach § 47 VwGO gestellt (Az.: 19 N 09.3102); einen diesen Normenkontrollantrag ablehnenden Beschluss des Senats vom 7. Oktober 2010 (19 N 09.3102) hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1.11) aufgehoben; die Sache wurde an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (nach Zurückverweisung: Az. 19 N 12.206). Nach Ablauf der Geltung dieser Verordnung am 14. Dezember 2013 ist für dieses Verfahren - mit Blick auf den hiesigen (gegen die Verordnung vom 14. Februar 2014 gerichteten) Normenkontrollantrag - mit Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (B.v. 17.8.2015 - 19 N 12.206; das Verfahren wurde zwischenzeitlich auf Antrag der Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 8.2.2018 unter dem Az. 19 N 18.497 wieder aufgenommen und der Normenkontrollantrag mit Senatsurteil vom 16.9.2022 abgelehnt).
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Im Verfahren zum Erlass der Verordnung vom 14. Februar 2014 erhob der Vater der Antragstellerin am 16. November 2013 schriftliche Einwendungen, die seinem Vortrag im Verfahren 19 N 09.3102/12.206 entsprechen. Eine inhaltliche Befassung und Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Vaters der Antragstellerin ist in den Unterlagen über das Verordnungsverfahren nicht feststellbar.
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Auch im hiesigen Normenkontrollverfahren hat der Vater der Antragstellerin zunächst auf seine Ausführungen im Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Demzufolge sei es auf seinen - teilweise auch außerhalb seines Eigenjagdreviers liegenden - Miteigentumsflächen und in seinem Eigenjagdbezirk zu einer Vielzahl nachteiliger Veränderungen gekommen, die auf die Rechtsverordnungen zurückzuführen seien. Hauptwildarten im Eigenjagdrevier sind nach seinen Ausführungen das Rotwild und das Gamswild. Es gebe auch größere Vorkommen an Auerwild und Birkwild. Außerdem seien Schnee- bzw. Felsenhuhn, Schneehase, Steinadler und verschiedene Arten von Nachtgreifvögeln heimisch. Es sei zu Änderungen im Wildbestand und dessen Wanderungsverhalten, in der Waldstruktur und -qualität sowie im von ihm zu leistenden Jagdaufwand gekommen. In den Randbereichen des Eigenjagdreviers hin zu den Sanierungsflächen der Rechtsverordnung sei seit Jahren eine Erhöhung des Wildbestands festzustellen, die auf die gezielte Vergrämung durch eine teilweise fast ganzjährige Bejagung der betroffenen Tierarten zurückzuführen sei. Das vergrämte Wild könne nur in das Eigenjagdrevier des Antragstellers fliehen. Die örtlichen Gegebenheiten stünden faktisch jeder anderen Fluchtrichtung entgegen. Durch den erhöhten Wildbestand sei ein erhöhter Verbiss festzustellen. Trotz aus seiner Sicht erfüllter behördlicher Abschusspläne habe die Meldung von Wildschadensfällen zugenommen. Einher gehe ein erhöhter Aufwand für die Waldpflege. Der steigende Jagddruck führe zu einem zunehmenden Verbiss. Bei richtiger Bejagung und Fütterung des Wildes in den Wintermonaten könne schädigender Verbiss auch ohne großflächige Hetz- oder Vergrämungsjagden weitgehend vermieden werden. Die auf der Grundlage der Verordnung betriebene Vergrämung löse Stress bei den Tieren aus und führe zu erhöhten Verbissraten. Dieser Entwicklung könne im Rahmen der geltenden Abschusspläne im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht ausreichend begegnet werden, was zu einer behördlichen Erhöhung der Abschussvorgaben und einem erhöhten Jagdausübungsaufwand führe. Die Wildbestände zeichneten sich durch eine erhöhte Nervosität und in der Folge schwierige Bejagbarkeit aus. Die angegriffene Rechtsverordnung zwinge den Antragsteller zu einer Intensivierung der Waldbewirtschaftung. Ab einer Höhenlage von 800 bis 1000 Höhenmetern sei für Privateigentümer eine extensive Bewirtschaftung vorzugswürdig. Ein wirtschaftlich handelnder Forstwirt sei im Hochgebirge im Rahmen einer extensiven Bewirtschaftung von Waldflächen auf einen bestimmten Wildbestand angewiesen, weil nur dieser Wildbestand durch Verbiss eine ebenso natürliche wie erforderliche Auslichtung des Baumbestands sicherstelle. Die Vergrämung und die daraus resultierende Dezimierung des Bestands bewirke einen zu geringen Wildbestand und verursache eine Fehlentwicklung des Waldes; es wachse verstärkt „falsches“, buschartiges und nicht verwertbares Krummholz auf. Gleichzeitig steige das Erosions- und Hochwasserrisiko. Wegen der zunehmenden Verbuschung und der einhergehenden zunehmenden Beschattung des Waldbodens gehe der Grasbewuchs zurück. Die Erneuerung der Humusabdeckung werde verringert und im Niederschlagsfall komme es zu einer erhöhten Bodenabschwemmung und Erosion. Eine geschlossene Grasdecke stelle in lichten Hochgebirgswäldern ein ernstzunehmendes Erosionshindernis dar. Der Wald als solcher sei für den Wasserrückhalt dagegen bedeutungslos. Die Veränderung des Pflanzenbestandes verändere die Lebensräume besonders geschützter Tierarten, wie etwa des Auerwilds. Als plumper Flieger bedürfe der Auerhahn eines lichten Baumbestands. Bei übermäßigem Bewuchs könne er ein Herannahen seiner Fressfeinde nicht mehr sicher und frühzeitig erkennen. Dicht bewaldete Bereiche seien für Auerhühner als Lebensraum ungeeignet, denn sie böten weder Nahrung noch Deckung. Wegen des Zuwachsens der mittleren und höheren Waldlagen weiche das Auerwild zunehmend in die höheren und höchsten Gebirgsregionen aus. Auerwild stehe artenschutzrechtlich als gefährdete Art auf der roten Liste und sein Erhalt sei von landeskultureller Bedeutung. Das Eigenjagdrevier des Antragstellers und Teilflächen im Sanierungsgebiet südlich des Heimgartens mit der Bezeichnung Eschenlaine seien als Vogelschutzgebiet und FFH-Flächen kartiert. Die kartierten Flächen verlören durch die verfolgten Zielsetzungen der Verordnung an Werthaltigkeit und Vitalität bzw. würden gezielt geschädigt und zerstört. Im Eigenjagdrevier des Antragstellers befänden sich Aufzucht- und Beutereviere von Adlern mit Baum- und Felshorsten. Durch den zunehmenden Bewuchs verliere der Adler Jagdraum und müsse zunehmend in höchste, noch nicht ganz zugewachsene Höhenlagen ausweichen. Mit dem reduzierten Wildbestand werde dem Adler, der für die Aufzucht eines Jungtieres durchschnittlich ca. 50 bis 60 Gamskitze benötige, die Nahrungsgrundlage entzogen. Nach der Rechtsauffassung des Antragstellers seien die Voraussetzungen für den Erlass der Rechtsverordnung nicht gegeben. In der Verordnung werde nicht konkretisiert, auf welche besonderen Gründe sie gestützt werde. Begrifflichkeiten wie Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiet erlaubten keinen ausreichenden Rückschluss auf den Verordnungszweck. Die Unterscheidung zwischen Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten sei nicht nachvollziehbar. Wildschäden könnten den Erlass nicht rechtfertigen, denn sie müssten übermäßig vorliegen. Belege hierfür gebe es nicht. Die Verordnung diene auch nicht der Landeskultur, denn diese bestehe nicht lediglich im Schutzwald. Hierzu gehörten auch hochgebirgstypische Biotopflächen und extensiv bewirtschaftete Bergwälder. Eine dokumentierte Beteiligung der zuständigen Naturschutzverwaltung habe nicht stattgefunden, obwohl die Rechtsverordnung vielfach Biotopflächen berühre und insoweit die Frage des Erfordernisses behördlicher Gestattung aufzuwerfen sei. Artenschutzrechtlich seien die verfahrensgegenständliche Schonzeitaufhebung und die Schutzwaldsanierung im Hinblick auf die Folgewirkungen für gefährdete Arten zu untersuchen und in ihrer Verträglichkeit abzuschätzen. Derartige Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Auch die Wasserwirtschaftsverwaltung sei am Verfahren nicht beteiligt worden. Bei nur 11 ha tatsächlicher Sanierungsfläche umfasse das Verordnungsgebiet 256 ha, also eine 20-fache Fläche. Durch die Verordnung werde das Eigentum des Antragstellers geschädigt und es werde ein erhöhter Aufwand für die Jagdausübung und die Bedienung von Wildschadenersatzansprüchen verursacht. Die Verordnung verstoße gegen die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie. Mit der Verordnung werde im Widerspruch zu grundgesetzlichen Wertungen dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Während des Winterhalbjahres halte sich das Schalenwild bevorzugt in den wärmebegünstigten Lagen im Wald auf, um zu überwintern. Gamswild sei im Winter auf steilen, südexponierten Lagen mit Grasmatten, vereinzelten Fichten- und Latschenfeldern orientiert. Aus eben diesen natürlichen Aufenthaltsbereichen solle das Wild vertrieben werden. Ihm würden keine Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme in Wildruhezonen in den Wintereinstandsgebieten zur Verfügung gestellt. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Die Behauptung, die Rechtsverordnung diene nur der Vergrämung, nicht aber der Dezimierung des Wildes, sei eine Irreführung. Die Regelungen seien weder geeignet noch erforderlich und gegenüber den Belangen und Rechtspositionen des Antragstellers nicht verhältnismäßig.
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In der Antragsbegründung vom 12. August 2016 konkretisierte und vertiefte der Vater der Antragstellerin sein Vorbringen. Der Antragsgegner habe von seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht in einer der Verordnungsermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Im Antrag der Beigeladenen vom 18. Oktober 2013 werde kein besonderer Grund zum Erlass der Rechtsverordnung genannt und ein solcher liege auch nicht vor. Auch der Begriff der Landeskultur setze eine Ausnahmesituation landesspezifischer Art voraus und die Verordnung stelle keine Verbindung zur erfolgreichen Umsetzung des Schutzwaldsanierungsprogramms für den bayerischen Alpenraum her. Die Begriffe eines Sanierungsgebietes oder Gefährdungsgebietes seien nicht hinreichend bestimmt und die Gebiete seien in den zur Verordnung gehörenden Karten nicht ausgewiesen. Die Tabellen der Fachstellen für Schutzwaldmanagement bezögen sich stets auf Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiete und nicht auf Sanierungsflächen. Die Regelungen der angefochtenen Verordnung seien auch wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam. In der Verordnung würden die Begriffe Gebiete und Flächen widersprüchlich verwendet und der in den Karten verwendete Maßstab von 1:25.000 stelle die Grenzen nicht hinreichend dar. Für einzelne Geltungsbereiche gebe es unterschiedliche Darstellungen in den Karten 1:200.000 und 1:25.000. In der freien Landschaft könne der normale Normadressat den Geltungsbereich mittels der Karten nicht zuverlässig bestimmen.
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Die angegriffene Rechtsverordnung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung, soweit sie zu Schädigungen am Eigentum des Antragstellers, zu erhöhtem Aufwand für die Jagdausübung und erhöhten Wildschadensansprüchen führe. Das Jagdausübungsrecht unterfalle dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Eigentumsflächen und das Eigenjagdrevier des Antragstellers würden insbesondere durch die Verordnungsflächen in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach beeinträchtigt. Die Verordnung verstoße gegen Europarecht in Gestalt der Vogelschutzrichtlinie sowie gegen die entsprechenden bundesrechtlichen Umsetzungsnormen. Ebenso verstoße sie gegen die europarechtlichen sowie die bundesrechtlichen Bestimmungen zum Artenschutz betreffend den Adler und das Auerwild. Im Zuge des Verordnungsverfahrens seien keine speziellen artenschutzrechtlichen Prüfungen und keine FFH-Verträglichkeitsvorprüfungen oder gar Verträglichkeitsuntersuchungen unternommen worden. Die Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern Miesbach und Garmisch-Partenkirchen seien vom Verordnungsgeber schlicht ignoriert worden. Die Schonzeitaufhebung führe artenschutzrechtlich zu einer nachhaltigen Lebensraumverschlechterung für den Bestand der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn). Die mit der Rechtsverordnung angestrebte geringere Wilddichte führe zu einer „Verlaubholzung“ des Bergwaldes und dadurch zu einer Lebensraumverschlechterung.
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Entgegen den grundgesetzlichen Wertungen aus Art. 20a GG werde dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Schalenwild halte sich während des Winterhalbjahres bevorzugt in wärmebegünstigten Lagen des Waldes auf. Aus eben diesen Bereichen solle das Wild vertrieben werden, obwohl es in den Wintermonaten nicht fliehen könne und an anderen Standorten schlechtere Überlebenschancen habe. Durch die Verordnung solle das Wild aus großen Flächen vergrämt werden, ohne jedoch Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme eingeräumt zu bekommen. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere in den Wintermonaten und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Neben der dadurch verursachten natürlichen Dezimierung werde der Wildbestand in Nachbarreviere abgedrängt, in denen er zur Vermeidung erhöhten Verbisses weiter dezimiert werden müsse. Die vorgenommene Beschreibung der letalen Vergrämung als nicht der Dezimierung des Wildes dienend sei eine Irreführung. Die Verkürzung von Schonzeiten für Schalenwild sei zur Erreichung eines gesetzmäßigen Zweckes weder geeignet noch erforderlich oder verhältnismäßig. Nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten müssten derzeit rund 12.800 ha Schutzwald saniert werden, davon 4.800 ha vordringlich. Aus welchen Gründen eine Schonzeitaufhebung auf knapp der dreifachen Fläche erforderlich sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine durchgängige Winterbejagung des Rotwilds sei tierschutzwidrig, weil sie mittelbar auch trächtige Tiere betreffe und den Ernährungsgewohnheiten dieser Tierart widerspreche. Nachdem nur 3 Prozent des Gesamtabschusses während der Schonzeitverkürzung erbracht würden, stünden die Nachteile in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg. Dies sei sowohl dem Verordnungsgeber als auch der Beigeladenen positiv bekannt gewesen. Entsprechende Überlegungen würden auch für das Rehwild gelten. Das Gamswild werde im Zuge des Verordnungsvollzugs aus seinen bevorzugten Wintereinstandsgebieten vertrieben. Die Bejagung dieser Wildart in den Wintermonaten verstoße gegen den Tierschutz und verfolge jagdrechtswidrige Zielsetzungen. Die seit dem Jahr 1999 im Verordnungsgebiet andauernde Bejagung habe beim Gamswild zu einem ungesunden Altersaufbau der Bestände geführt. Es gebe fast keine alten Gamsgeißen oder Gamsböcke mehr. Durch den Abschuss werde unverhältnismäßig in die Jugendklasse eingegriffen. Folge dieser Ausrottungsstrategie sei, dass in zahlreichen Gebieten, in denen vor 10 Jahren noch Gamswild vorgekommen sei, heute quasi keines mehr vorkomme. Das Gamswild versuche, den Niedergang durch eine verbesserte Reproduktion aufzuhalten. Deshalb nähmen bereits zwei- und dreijährige Gamsgeißen an der Brunft teil. Die Schonzeitaufhebung sei ungeeignet, zur Sanierung der Gebiete beizutragen. Die Gebiete würden seit dem Jahr 1999 ganzjährig bejagt, ohne dass sich ein sichtbarer Erfolg eingestellt habe.
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Die Antragstellerseite beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten von Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008 für ungültig zu erklären, hilfsweise sie hinsichtlich der Einbeziehung des Sanierungsgebiets südlich des Heimgarten mit der Bezeichnung „SG 16 Eschenlaine“, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, für ungültig zu erklären.
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Der Normenkontrollantrag ist durch den Senat in seiner damaligen Besetzung mit Urteil vom 11. Dezember 2017 abgelehnt worden (Az.: 19 N 14.1022). Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerseite hin mit Beschluss vom 17. Juli 2019 aufgehoben (Az.: 3 BN 2/18) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (nach Zurückverweisung Az. 19 N 19.1625).
21
Nachdem der Vater der Antragstellerin am 24. September 2019 verstorben war, wurde gegenüber dem Senat mit Schriftsätzen vom 9. und 31. Januar 2020 mitgeteilt, dass seine Gesamtrechtsnachfolgerin (eine seiner Töchter) an seiner statt in den laufenden gerichtlichen Prozess als Antragstellerin eintrete.
22
Die Antragstellerin beantragt nunmehr:
Es wird festgestellt, dass die Rechtsverordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14.2.2014, in Kraft getreten am 22.2.2014, ungültig war.
23
Nach der Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht lässt die Antragstellerseite vortragen, dass das Außerkrafttreten der Norm allein den zulässig gestellten Normenkontrollantrag nicht ohne weiteres zu einem unzulässigen Antrag werden lasse, wenn die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbestehe, nämlich, dass der Antragsteller durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung möglicherweise in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Rechtsschutzfunktion des § 47 VwGO gegenüber Verordnungen wie der vorliegenden würde erheblich beeinträchtigt, wenn die Umstellung des Antrags auf Feststellung, dass die Verordnung ungültig war, nach Außerkrafttreten der Satzung ausgeschlossen wäre. Dieses Ergebnis folge unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, ohne dass es einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedürfe. Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags entfalle aber dann, wenn der Antragsteller kein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe, dass die Satzung ungültig gewesen sei. Der Vater der Antragstellerin habe im Normenkontrollverfahren schon bislang konkret zu den ihn, seine Rechtsposition sowie den Forst- und Jagdbetrieb beeinträchtigenden und schädigenden Auswirkungen der angegriffenen Verordnung vorgetragen. Er sei an der Einleitung eines Zivilprozesses zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegenwärtig wegen des vorrangig zu beschreitenden Rechtsweges des Primärrechtsschutzes vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit gehindert. Er beabsichtige aber, ihm entstandene Schäden im Forst- und Jagdbetrieb - etwa durch den vorgetragenen, erhöhten Aufwand für die Behebung von Verbissschäden und die Bejagung des vergrämten Wildes sowie die Auslichtung des verbuschenden Hochgebirgswaldes - durch Einleitung eines Zivilprozesses zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gerichtshängig zu machen. Die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen sei vorliegend nicht offensichtlich ausgeschlossen. Zwar setze ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung ein Verschulden voraus. Die mögliche Amtspflichtverletzung bestehe in dem Verhalten der Regierung von Oberbayern als Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung des Antragsgegners in dem Verfahren zum Erlass der angegriffenen Verordnung. Darüber habe bislang kein Kollegialgericht entschieden. Dies könne aber letztlich im Detail dahinstehen, da neben den verschuldensabhängigen Amtshaftungsansprüchen auch noch verschuldensunabhängige Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht kämen, die neben den Amtshaftungsanspruch treten könnten. Die Antragstellerin habe auch deshalb ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Rechtsverordnung ungültig gewesen sei, weil Wiederholungsgefahr bestehe. Der Antragsgegner habe bereits - unbeeindruckt von den bisherigen Normenkontrollverfahren sowie insbesondere den in deren Verlauf ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts - am 22. Februar 2019 eine vergleichbare neue Rechtsverordnung erlassen, gegen die form- und fristgerecht ein Normenkontrollantrag gestellt worden sei. Da zu erwarten sei, dass der Antragsgegner bei einem Erfolg der Antragstellerin, d.h. bei der Feststellung, dass die angegriffene Rechtsverordnung unwirksam sei bzw. gewesen sei, ihr zukünftiges Verhalten danach richten und von dem Erlass vergleichbarer Verordnungsinhalte absehen würde, stelle sich die Inanspruchnahme des Gerichts für die subjektive Rechtsstellung der Antragstellerin nicht als nutzlos dar. Die Rechtsverordnung des Antragsgegners sei im Sinne der Normenkontrollanträge in der Fassung der Antragstellung vom 12. August 2016 unwirksam. Es werde insoweit vollumfänglich auf den bisher schon gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof erfolgten Sach- und Rechtsvortrag verwiesen. Darüber hinaus hat sich die Antragstellerin zur Begründung ihres Anliegens und der gestellten Anträge vollumfassend auf die schriftsätzlichen Vorträge in den Parallelverfahren 19 N 18.497, 19 N 20.232, 19 NE 21.2993 und 19 N 19.1368 bezogen.
24
Der Antragsgegner beantragt,
25
Er verteidigt die Verordnung und tritt dem Vorbringen der Antragstellerseite im Einzelnen entgegen.
26
Die mit Beschluss vom 24. Februar 2016 beigeladenen Bayerischen Staatsforsten haben keinen eigenen Antrag gestellt.
27
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der (neuerlichen) Sitzungsniederschrift vom 14. September 2022 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der von den Beteiligten umfangreich vorgelegten Unterlagen und Karten.
Entscheidungsgründe
28
Der Normenkontrollantrag ist mit dem nunmehr von der Antragstellerin verfolgten Feststellungsbegehren, dass die angegriffene Verordnung ungültig war, unzulässig (1.). Selbst wenn man von einer Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ausgehen würde, wäre dieser unbegründet (2.).
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1. Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ist mangels berechtigtem Interesse an der Feststellung nach Außerkrafttreten der Verordnung entfallen (1.1). Dieser Feststellung steht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2019 (Az. 3 BN 2/18) nicht entgegen (1.2).
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1.1 Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ist nach Außerkrafttreten der angegriffenen Verordnung entfallen, da die Antragstellerin kein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, dass die angegriffene Verordnung ungültig war.
31
Den Antrag nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann (insbesondere) jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Norm geht folglich von dem Regelfall der noch geltenden Rechtsvorschrift aus (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 8).
32
Außer Kraft getretene Normen können nur dann Gegenstand der Normenkontrolle sein, wenn die aufgehobene Rechtsvorschrift noch Rechtswirkungen zu äußern vermag (weil in der Vergangenheit liegende Sachverhalte noch nach dieser Vorschrift zu entscheiden sind; vgl. BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 8) oder die Rechtsnorm nach der Stellung des Normenkontrollantrags außer Kraft tritt und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Vorschrift hat (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 11; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre; a.A. D. Hahn, JuS 1983, 678/679: Normenkontrollantrag gegen außer Kraft getretene Norm ausnahmslos unzulässig).
33
Vorliegend hat die Antragstellerseite den Normenkontrollantrag zwar vor dem Außerkrafttreten der streitgegenständlichen Verordnung gestellt. Sie hat aber kein berechtigtes Interesse an dem nunmehr verfolgten Antrag auf Feststellung, dass die während des Normenkontrollverfahrens am 21. Februar 2019 außer Kraft getretene Schonzeitaufhebungsverordnung des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 unwirksam war. Sie kann das notwendige Feststellungsinteresse (wie von ihr geltend gemacht) weder auf eine konkret bestehende Wiederholungsgefahr stützen (1.1.1) noch kommt ein solches unter dem Gesichtspunkt eines Präjudizinteresses in Betracht (1.1.2).
34
1.1.1 Die Antragstellerin kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht auf eine konkret bestehende Wiederholungsgefahr stützen.
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Zwar kommt ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm (grundsätzlich) in Betracht, wenn (unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen) der Erlass vergleichbarer Verordnungen in absehbarer Zeit hinreichend wahrscheinlich erscheint (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2/14 - NVwZ 2016, 689/691 Rn. 19; U.v. 2.11.2017 - 7 C 26/15 - juris Rn. 18 zur Wiederholungsgefahr bei erledigtem Verwaltungsakt; a.A. Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 47 Rn. 72, weil Rechtswirkungen nicht mehr von den aufgehobenen, sondern erst von den eventuellen künftigen Vorschriften ausgehen würden). Das gilt jedoch nicht, wenn sich die Wiederholungsgefahr bereits realisiert hat und eine Nachfolgeregelung bereits erlassen worden ist. Die Wiederholungsgefahr begründet deshalb ein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil die gerichtliche Feststellung den Beteiligten Richtschnur für ihr künftiges Verhalten bieten soll. Sie ist folglich von der Erwartung getragen, dass eine Behörde von dem Erlass der erwarteten Norm Abstand nehmen wird, wenn das Gericht feststellt, dass die außer Kraft getretene Rechtsvorschrift ungültig gewesen ist. Diese Lenkungswirkung kann ein feststellendes Urteil nicht mehr entfalten, wenn die erwartete Rechtsvorschrift bereits erlassen ist. In diesem Fall ist die Feststellung der Ungültigkeit der außer Kraft getretenen Rechtsvorschrift für den Antragsteller nutzlos, weil der Erlass der Rechtsvorschrift nicht (mehr) abgewendet werden kann. Er bedarf der Feststellung auch nicht, weil die nunmehr erlassene Rechtsvorschrift angegriffen werden kann und muss, um die Rechte des von der Norm Betroffenen wahrzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.1984 - 3 C 20.83 - BeckRS 1984, 31268432; U.v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 - juris Rn. 18; B.v. 31.1.2019 - 8 B 10.18 - juris Rn. 9; OLG LSA, U.v. 24.11.2010 - 3 L 91/10 - juris Rn. 23; HessVGH, U.v. 11.3.2021 - 23 C 3095/19 - juris Rn. 31 jeweils zur Wiederholungsgefahr bei erledigtem Verwaltungsakt).
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So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hat am 22. Februar 2019 eine („mehr oder weniger inhaltsgleich[e]“, vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 4.11.2019) neuerliche Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern erlassen. Wenn die Antragstellerseite im Schriftsatz vom 4. November 2019 ausführt, die Wiederholungsgefahr sei durch die Folgeverordnungen, die mehr oder weniger inhaltsgleich die angegriffene Verordnung fortgeschrieben hätten und es sich dabei um den klassischen Fall von Kettenverordnungen handle, belegt, wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass auch sie davon ausgeht, dass sich die Wiederholungsgefahr nach außer Kraft treten der streitgegenständlichen Verordnung realisiert hat (vgl. auch Schriftsatz vom 31.1.2020: „Der Antragsgegner hat bereits - unbeeindruckt von den bisherigen Normenkontrollverfahren sowie insbesondere den in deren Verlauf ergangenen Entscheidungen des BVerwG - am 22.2.2019 eine vergleichbare neue Rechtsverordnung erlassen (…).“).
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Unbeschadet der unterschiedlichen Antragsgegenstände und Sachverhalte ist es bei dem vorliegenden Normenkontrollverfahren betreffend die Schonzeitaufhebungsverordnung vom 14. Februar 2014 sowie dem Normenkontrollverfahren betreffend die nachfolgende Schonzeitaufhebungsverordnung vom 22. Februar 20219 (19 N 20.232) um zahlreiche Rechts- und Tatsachenfragen gegangen, die im Wesentlichen gleich liegen. Ein Vortrag der Antragstellerseite, welche Fragen sich allein im hiesigen Verfahren betreffend die streitgegenständliche Verordnung (und nicht im Verfahren betreffend die aktuelle Schonzeitaufhebungsverordnung, Az. 19 N 20.232) stellen, ist nicht erfolgt. Vielmehr hat die Antragstellerin im hiesigen Verfahren und im Verfahren 19 N 20.232 mit Schriftsätzen vom 19. August 2022 auf die schriftsätzlichen Vorträge im jeweils anderen Verfahren verwiesen. Im Senatsurteil vom 16. September 2022 im Verfahren 19 N 20.232 betreffend die aktuelle Schonzeitaufhebungsverordnung ist eine umfassende Klärung herbeigeführt und sind die von der Antragstellerseite aufgeworfenen Fragen umfassend und abschließend behandelt worden, sodass jedenfalls im Hinblick darauf ein Klärungsbedarf wegen der von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen nicht mehr besteht.
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1.1.2 Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kommt auch unter dem Gesichtspunkt eines Präjudizinteresses nicht in Betracht.
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Ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht zwar jedenfalls, wenn die begehrte Feststellung präjudizielle Wirkung für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens und damit für in Aussicht genommene Entschädigungsansprüche haben kann (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 11; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre). Bei dieser Prüfung ist nicht in eine eingehende Untersuchung der Begründetheit der vom Antragsteller beabsichtigten Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche einzutreten; dies ist Sache des mit der etwaigen Klage angerufenen Zivilgerichts (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 12; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre). Ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung besteht nur dann nicht, wenn sie der Vorbereitung einer Klage dient, die offensichtlich aussichtslos ist (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 12; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre). Nur wenn auf der Hand liegt, dass eine nachfolgende Klage unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt aussichtlos ist, fehlt für die begehrte Feststellung das berechtigte Interesse (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 12).
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Das Präjudizinteresse muss der Antragsteller aber von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss er aufzeigen‚ was er konkret anstrebt‚ welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen er im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung‚ einen Schadensersatzprozess führen zu wollen‚ genügt hierfür nicht (z.B. BayVGH‚ B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; B.v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW‚ U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N.). Außerdem muss dargelegt werden‚ gegen wen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsklage erhoben werden soll (VGH BW‚ U. v. 21.1.1997 - 5 S 3206/95 - VBlBW 1997‚ 264). Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden‚ insbesondere bedarf es regelmäßig nicht der Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss das Vorbringen zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen‚ dass ein Amtshaftungs- bzw. Entschädigungsprozess tatsächlich angestrebt wird und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine (konkrete) nachvollziehbare Schadensdarlegung, die Grundlage für einen Amtshaftungsprozess sein soll, sowie eine jedenfalls annähernde Angabe der Schadenshöhe (BayVGH‚ B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; B.v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris; B.v. 13.6.2014 - 15 ZB 14.510 - juris; B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 23.1.2003 - 13 A 4859/00 - Rn. 33 <abrufbar unter https://www.justiz.nrw.de/ nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2003/13_A_4859_00…23.html>; OVG NW‚ B.v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 22 ff.; U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N; OVG MV‚ B.v. 27.5.2010 - 2 L 351/06 - ZfB 2010‚ 144 Rn. 7; OVG BW, U.v. 5.6.2018 - 6 S 2670/17 - BeckRS 2018, 57693 Rn. 35; Wolff in Sodan/Ziekow‚ 5. Aufl. 2018, VwGO‚ § 113 Rn. 277 ff.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 116). Die bloße unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess durchführen zu wollen, genügt insoweit nicht (NdsOVG, B.v. 29.8.2007 - 10 LA 31/06 - juris Rn. 6; Decker in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 113 Rn. 87.3).
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An derartigen substantiierten Angaben für einen beabsichtigten Schadensersatzprozess fehlt es vorliegend. Es ist nicht erkennbar, ob der Antragstellerin aufgrund der vermeintlichen Wirkungen der Schonzeitaufhebungsverordnung überhaupt ein (kausaler) Schaden entstanden ist und wenn ja, in welcher Höhe. Soweit die Antragstellerseite ausführt, es sei beabsichtigt, entstandene Schäden im Forst- und Jagdbetrieb - etwa „durch den vorgetragenen, erhöhten Aufwand für die Behebung von Verbissschäden und die Bejagung des vergrämten Wildes sowie die Auslichtung des verbuschenden Hochgebirgswaldes“ - durch Einleitung eines Zivilprozesses zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gerichtshängig zu machen, fehlt es insoweit an der konkreten Bezifferung des Schadens und der eingesetzten Mittel sowie an einer Darlegung, inwiefern insoweit der Nachweis der Kausalität geführt werden soll. Dies ist schon deshalb erforderlich, weil der behauptete Schaden im Geltungszeitraum der (mittlerweile außer Kraft getretenen) streitgegenständlichen Verordnung eingetreten sein muss und keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich sind, dass eine nachträgliche Feststellung eines (kausalen) Schadens möglich ist. Insoweit ist anzuführen, dass bereits im (letztlich aufgehobenen) Senatsurteil vom 11. Dezember 2017 ausgeführt worden ist, dass die Antragstellerseite den zusätzlichen Jagdausübungsaufwand weder in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt noch nachgewiesen hat. Auch in der Folge ist keine entsprechende Darlegung bzw. kein Nachweis erfolgt. Folglich fehlt es an belastbaren Angaben zur Schadenshöhe.
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1.2 Der Senat ist nicht aufgrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2019 (Az. 3 BN 2/18 - juris), mit dem die Sache an den Verwaltungsgerichtshof gem. § 133 Abs. 6 VwGO zurückverwiesen worden ist, gehalten, von einer Zulässigkeit des Normenkontrollantrags auszugehen
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Nach § 144 Abs. 6 VwGO (der auch für die Zurückverweisung nach § 133 Abs. 6 VwGO gilt) hat das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO erfasst jedoch nur die entscheidungstragende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts einschließlich der davon mitumfassten logischen Voraussetzungen (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2000 - 8 B 154.00 - juris Rn. 2; U.v. 3.8.2016 - 4 C 3.15 - juris Rn. 17; B.v. 28.1.2021 - 8 B 31/20 - juris Rn. 3; B.v. 23.11.2020 - 6 B 33.20 - juris Rn. 7; U.v. 29.4.2022 - 5 CN 2/21 - juris Rn. 8).
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Im Beschluss vom 17. Juli 2019 (Az. 3 BN 2/18 - juris) ist das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 11. Dezember 2017 (19 N 14.1022) mit seinen Erwägungen, ob sich die angegriffene Rechtsverordnung tatsächlich und ggf. wie erheblich auf die Wildbestands- und Verbiss-Situation im Eigenrevier des Antragstellers auswirkt, die prozessualen Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt hat und deshalb verfahrensfehlerhaft vom Fehlen der Antragsbefugnis ausgegangen ist. Tatsachen, die eine Beeinträchtigung eigener Rechte zumindest möglich erscheinen ließen, habe der Antragsteller vorgetragen. Darauf, dass Waldeigentümern im Lichte von Art. 14 Abs. 1 GG ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor Wildschäden - und damit auch vor zunehmendem Wildverbiss - zukomme, habe der Senat im Beschluss vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1.11 - juris Rn. 4) bereits hingewiesen. Entsprechendes gelte dafür, dass die vom Antragsteller geltend gemachte Wildwanderung nicht lediglich entfernt („theoretisch“), sondern angesichts der Nähe seines Eigenjagdreviers zum Verordnungsgebiet Eschenlaine ernstlich möglich sei. Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die mit der angegriffenen Rechtsverordnung geregelte Verkürzung der Schonzeiten unmittelbar keine Änderung der Abschusszahlen mit sich bringe, ändere hieran nichts. Eine Beeinträchtigung von Rechten des Antragstellers sei unabhängig hiervon möglich, namentlich durch einen erhöhten Verbiss durch die während der Schonzeit im angrenzenden Sanierungsgebiet vertriebenen Tiere. Zum anderen sei auch eine mittelbare Wirkung der Rechtsverordnung auf die für das Eigenjagdrevier festgesetzten Abschusszahlen nicht ausgeschlossen. Die Darstellung des Antragstellers, der durch die „Vergrämung“ im angrenzenden Sanierungsgebiet erhöhte Wildbestand fließe in die Winterfeststellung des Ist-Bestands ein und führe so mittelbar auch zur Festsetzung höherer Abschusspläne für sein Eigenjagdrevier, sei plausibel und durch die Erwägungen im angegriffenen Urteil nicht widerlegt. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof die Verfahrensvorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO insoweit fehlerhaft angewendet, als er die Berufung auf einen erhöhten Pflanzenverbiss als rechtsmissbräuchlich bewertet habe. Dem Antragsteller sei nicht verwehrt, mögliche Beeinträchtigungen seines Eigentums geltend zu machen. Ob es dem Antragsteller mit seinem Normenkontrollantrag tatsächlich um die Beseitigung genau dieser Rechtsverletzungen gehe, sei dabei nicht entscheidend. Er dürfe die Verletzung seiner Rechte unabhängig davon rügen, welche Zielsetzung er verfolge.
45
Eine (umfassende) Feststellung der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags lässt sich dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2019 (Az. 3 BN 2/18 - juris) nicht entnehmen, insbesondere nicht aus dem Satz in Rn. 23, „diese [die hilfsweisen Ausführungen zur Unbegründetheit des Normenkontrollantrags im Senatsurteil vom 11.12.2017] sind nicht geeignet, den Umstand zu heilen, dass der Verwaltungsgerichtshof den Antrag rechtsfehlerhaft als unzulässig abgelehnt hat“. Aus dem Beschlussgründen wird hinreichend deutlich, dass das Bundesverwaltungsgericht die zur Verneinung der Antragsbefugnis angeführte Begründung des Verwaltungsgerichtshofs beanstandet, jedoch nicht die (umfassende) Zulässigkeit des Normenkontrollantrags angenommen hat, zumal sich in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts keine Ausführungen zu dem Umstand finden lassen, dass die streitgegenständliche Verordnung am 21. Februar 2019 (und damit noch vor Erlass des die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückweisenden Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts) außer Kraft getreten ist. Wäre vom Bundesverwaltungsgericht eine umfassende Zulässigkeit des Normenkontrollantrags angenommen worden, hätte dieses sowohl den Umstand des Außerkrafttretens der Rechtsvorschrift erwähnt als auch sich zur Frage eines ggf. erforderlichen berechtigten Interesses an der Feststellung der Ungültigkeit der Rechtsvorschrift verhalten.
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2. Selbst wenn man von einem berechtigten Feststellungsinteresse der Antragstellerin ausgehen würde, wäre der Normenkontrollantrag unbegründet. Insoweit kann auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 16. September 2022 im Verfahren 19 N 20.232 verwiesen werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladene nicht durch Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
48
4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.