Inhalt

VGH München, Urteil v. 16.09.2022 – 19 N 18.497
Titel:

Normenkontrollverfahren gegen jagdrechtliche Verordnung

Normenketten:
VwGO § 47
BJagdG § 22 Abs. 1 S. 3
BayJG Art. 33 Abs. 3 Nr. 1
Leitsätze:
1. Außer Kraft getretene Normen können nur dann Gegenstand der Normenkontrolle sein, wenn die aufgehobene Rechtsvorschrift noch Rechtswirkungen zu äußern vermag oder die Rechtsnorm nach der Stellung des Normenkontrollantrags außer Kraft tritt und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Vorschrift hat. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich nicht auf eine konkret bestehende Wiederholungsgefahr stützen, wenn sich die Wiederholungsgefahr bereits realisiert hat und eine Nachfolgeregelung bereits erlassen worden ist. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für ein berechtigtes Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines Präjudizinteresses muss der Antragsteller aufzeigen‚ was er konkret anstrebt‚ welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen er im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung‚ einen Schadensersatzprozess führen zu wollen‚ genügt hierfür nicht. Außerdem muss dargelegt werden‚ gegen wen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsklage erhoben werden soll. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Bindung an einen nach § 133 Abs. 6 VwGO zurückweisenden Beschluss entfällt insbesondere, soweit sich nach dessen Erlass die Sach- und Rechtslage in auch intertemporal entscheidungserheblicher Weise geändert hat. Dies ist der Fall, wenn eine (verfahrensrechtliche) Rechtsnorm, die Gegenstand der bindenden rechtlichen Beurteilung ist, inhaltlich geändert wird, außer Kraft tritt, oder sich der entscheidungserhebliche Streitstoff ändert. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nach Stellung eines Normenkontrollantrags außer Kraft getretene Schonzeitaufhebungsverordnung (Kein) berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Verordnung, Realisierung der Wiederholungsgefahr, Präjudizinteresse, Normenkontrollantrag, Norm, Außerkrafttreten, berechtigtes Feststellungsinteresse, Wiederholungsgefahr, zurückverweisender Beschluss, Bindungswirkung, Wegfall, jagdrechtliche Verordnung, Schonzeitaufhebungsverordnung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40264

Tenor

1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die am 30. Dezember 2008 im Oberbayerischen Amtsblatt bekannt gemachte, zum 15. Dezember 2008 in Kraft getretene und am 14. Dezember 2013 außer Kraft getretene Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008.
2
Der streitgegenständlichen Verordnung gingen zunächst Einzelverwaltungsakte zur Schonzeitverkürzung für zahlreiche Gebiete in Oberbayern - allerdings nicht im Sanierungsgebiet Eschenlaine - und anschließend (zum Zwecke der Vereinheitlichung der Regelungen) zwei Rechtsverordnungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und identischer Zielsetzung voraus. Es handelte sich um folgende Verordnungen:
3
1. Verordnung über die Aufhebung der Schonzeit für Schalenwild im Regierungsbezirk Oberbayern vom 27. Januar 2000 mit Geltung vom 15. Februar 2000 bis zum 1. August 2002.
4
2. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2003 mit Geltung vom 8. März 2003 bis zum 1. August 2008.
5
Die angefochtene Verordnung vom 9. Dezember 2008 hat auszugsweise folgenden Inhalt:
§ 1
6
In den in § 2 bezeichneten Gebieten darf die Jagd im Rahmen der geltenden Abschussplanung abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten wie folgt ausgeübt werden:
Rotwild:
Hirsche Klasse III vom 1. Februar bis 31. Juli
Kälber vom 1. Februar bis 31. März
Schmaltiere vom 1. April bis 31. Mai
Gamswild:
Gamswild vom 16. Dezember bis 31. Januar
Böcke, Jährlinge und weibliches Gamswild bis zwei Jahre
vom 1. Februar bis 31. Juli
Kitze vom 1. Februar bis 31. März
Rehwild:
Böcke vom 16. Oktober bis 30. April
Kitze vom 16. Januar bis 31. März
Schmalrehe vom 16. Januar bis 31. Januar und vom 20
1. April bis 30. April
Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar
§ 2
7
(1) Die in § 1 geregelte Schonzeitaufhebung gilt für die in den Verordnungskarten (Maßstab 1 : 25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungs- bzw. Gefährdungsgebiete:
1. Im Amtsbereich des Amts für Landwirtschaft und Forsten Miesbach
Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:
Deiningbach
Eschenlaine
Fahrenberg (…)
8
(2) Diese Gebiete sind als gerasterte Flächen in fünf Kartenblättern, Maßstab 1 : 200.000 und, abgegrenzt durch rote Linien, in 26 Karten, Maßstab 1 : 25.000, jeweils ausgefertigt durch die Regierung von Oberbayern, eingetragen. Die Karten im Maßstab 1 : 200.000 werden als Bestandteil dieser Verordnung (Anlage, Blatt 1 - 5) veröffentlicht und dienen zur Orientierung über die Lage der Gebiete im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Karten im Maßstab 1 : 25.000 werden als Bestandteil der Verordnung bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrt und sind während der Dienststunden (Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr) allgemein zugänglich. Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) und Ämtern für Landwirtschaft und Forsten hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden. In Zweifelsfällen über den genauen Geltungsbereich der Verordnung sind die archivmäßig verwahrten Karten, Maßstab 1 : 25.000 (Innenseite der roten Linien), maßgebend.
§ 3
9
Diese Verordnung tritt am 15. Dezember 2008 in Kraft; sie tritt am 14. Dezember 2013 außer Kraft.
10
Der Vater der Antragstellerin war Inhaber des Eigenjagdreviers „Eschenlohe-Wengwies“, das in den Gemarkungen Ohlstadt und Eschenlohe (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft Werdenfels-Ost zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha in dessen Miteigentum standen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des Osterfeuerbergs, die nach Süden exponierten Hänge von Hirschberg und Sattmannsberg und den Nord-Westhang des Simmetsbergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der Eschenlaine. Der Vater der Antragstellerin war in diesem Eigenjagdrevier auch Jagdausübungsberechtigter.
11
Das Eigenjagdrevier grenzt mit seiner Ostseite zu einem Viertel an das Staatsjagdrevier Isarwinkel an, in dem die Beigeladene Maßnahmen zur Schutzwaldsanierung betreibt, und zu drei Vierteln an das Eigenjagdrevier Ohlstadt IV, dessen Fläche einen von Norden nach Süden sich verjüngenden Keil zwischen dem Eigenjagdrevier und dem Staatsjagdrevier bildet.
12
Am 15. Dezember 2009 hat der Vater der Antragstellerin, gegen die Verordnung vom 9. Dezember 2008 einen Antrag nach § 47 VwGO gestellt (Az.: 19 N 09.3102).
13
Mit seinem am 15. Dezember 2009 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollantrag machte der Vater der Antragstellerin, der vor Erlass der Verordnung keine Einwendungen erhoben hatte, - bezogen auf seine Miteigentumsflächen und den Eigenjagdbezirk - eine Vielzahl von ihm als nachteilig empfundener Veränderungen geltend, welche er auf die durch die Rechtsverordnung geregelte Verkürzung der gesetzlichen Schonzeiten für Rotwild, Gamswild und Rehwild zurückführte. So sei im Bereich seines Eigenjagdreviers zu den Sanierungsflächen seit Jahren eine Erhöhung des Wildbestandes festzustellen, die auf die gezielte Vergrämung der betroffenen Tierarten aus dem Geltungsbereich der Verordnung zurückzuführen sei. Aufgrund des erhöhten Wildbestandes sei ein verstärkter Verbiss auf den Waldflächen festzustellen. Auch die Meldung von Wildschäden habe trotz erfüllter Abschusspläne zugenommen. Diese Entwicklung bedinge eine weitere Erhöhung der behördlichen Abschussvorgaben und des Jagdausübungsaufwandes. Infolge der Vergrämung sei ein verändertes Tierverhalten und eine schwierigere Bejagdbarkeit festzustellen. Gleichzeitig sei er zu einer Intensivierung der Waldbewirtschaftung gezwungen. Die im Hochgebirge bislang praktizierte - extensive - Bewirtschaftung der Waldflächen sei auf einen bestimmten Wildbestand angewiesen, der durch Verbiss eine ebenso natürliche wie erforderliche Auslichtung des Baumbestandes sicherstelle. Ohne Wild wachse auch auf den Nachbarflächen der Verordnungsgebiete verstärkt falsches, buschartiges und deshalb nicht bringbares Krummholz auf. Waldstruktur und -qualität würden dadurch nachtteilig verändert. Infolge der Vergrämung des Wildes aus den Verordnungsgebieten steige im Ergebnis dort wie auch für angrenzende Bereiche das Erosions- und Hochwasserrisiko. Stehe auf den betroffenen Hochgebirgsflächen kein Wild mehr, so nehme die Verbuschung extrem zu und die Erneuerung der Humusabdeckung werde dadurch verringert, was im Niederschlagsfalle zu einer erhöhten Abschwemmung und damit zu Erosion führe, weil es an einer geschlossenen Grasdecke fehle. Infolge der Verbuschung und Verdichtung des Pflanzenbestandes würden ferner auch die Lebensräume besonders geschützter Tierarten, wie etwa des Auerwildes und des Adlers, geschmälert. Durch die gezielte Verwaldung verlören Biotopflächen an Werthaltigkeit und Vitalität. Die Verordnung der Regierung von Oberbayern sei deshalb ungültig, zumindest aber teilweise ungültig, soweit sie im Nahbereich seines Eigenjagdreviers ein Sanierungsgebiet mit der Bezeichnung „SG TÖL 15 Eschenlaine“ festlege. Aufgrund der geschilderten Auswirkungen auf das Grundeigentum und das Jagdausübungsrecht sei er gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, auch wenn er durch die Rechtsverordnung nicht unmittelbar räumlich betroffen werde. Die Rechtsverordnung sei von der zugrunde gelegten Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Besondere Gründe für eine Schonzeitverkürzung, wie etwa die Vermeidung übermäßiger Wildschäden oder die Wahrung der Landeskultur durch Schutz des Bergwaldes, lägen nicht vor. Jedenfalls hinsichtlich des Sanierungsgebietes „SG 15 TÖL Eschenlaine“ seien keine besonderen Gründe im Sinne des Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG gegeben. Im Rahmen des Verordnungserlasses habe keine Beteiligung der Naturschutz- und Wasserwirtschaftsverwaltung stattgefunden. Des Weiteren verstoße die Rechtsverordnung auch gegen höherrangiges Recht, insbesondere Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 1 BV. Weitere Verstöße ergäben sich aus dem Europarecht, namentlich der Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG und der FFH-RL 92/43/EWG, sowie dem Tierschutz aus Art. 20 a GG. Auch den Schutzvorgaben und Wertungen des Art. 141 Abs. 1 Satz 3 BV trage die Verordnung nicht Rechnung. Soweit die Verordnung das Sanierungsgebiet „SG TÖL 15 Eschenlaine“ zum Gegenstand habe, fehle es auch an der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
14
Der Vater der Antragstellerin hat zunächst beantragt, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008, bekannt gemacht im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 25 vom 30. Dezember 2008, in Kraft gesetzt zum 15. Dezember 2008, für ungültig zu erklären, hilfsweise, für ungültig zu erklären, soweit sie die Einbeziehung des Sanierungsgebiets mit der aktenkundigen Bezeichnung „SG TÖL 15 Eschenlaine“, Landkreis Bad Tölz - Wolfratshausen zum Gegenstand hat.
15
Der Antragsgegner hat zunächst beantragt, den Normenkontrollantrag abzulehnen. Er hat die Verordnung verteidigt und ist dem Vorbringen der Antragstellerseite im Einzelnen entgegengetreten.
16
Der Normenkontrollantrag ist durch den Senat in seiner damaligen Besetzung mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 abgelehnt worden (Az.: 19 N 09.3102). Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Vaters der Antragstellerin hin mit Beschluss vom 29. Dezember 2011 aufgehoben (Az.: 3 BN 1/11) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (nach Zurückverweisung Az. 19 N 12.206).
17
Nach Ablauf der Geltung der streitgegenständlichen Verordnung am 14. Dezember 2013 ist für hiesiges Verfahren - mit Blick auf den gegen die Verordnung vom 14. Februar 2014 gerichteten Normenkontrollantrag - mit Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (B.v. 17.8.2015 - 19 N 12.206). Es ist auf Antrag der Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 8. Februar 2018 unter dem Az. 19 N 18.497 wieder aufgenommen worden.
18
Nachdem der Vater der Antragstellerin am 24. September 2019 verstorben war, wurde gegenüber dem Senat mit Schriftsätzen vom 9. und 31. Januar 2020 mitgeteilt, dass seine Gesamtrechtsnachfolgerin (eine seiner Töchter) an seiner statt in den laufenden gerichtlichen Prozess als Antragstellerin eintrete.
19
Die Antragstellerin beantragt nunmehr:
20
Es wird festgestellt, dass die Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9.12.2008, in Kraft getreten am 15.12.2008, ungültig war.
21
Zur Begründung lässt die Antragstellerseite insbesondere vortragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit des mit dem aufgenommenen Normenkontrollantrag verfolgten Rechtsschutzbegehrens vor Eintritt des erledigenden Ereignisses bejaht habe, bedürfe dies keiner erneuten Feststellung im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage. Die Antragstellerseite habe auch ein besonderes Feststellungsinteresse. Das Außerkrafttreten der Norm allein lasse den zulässig gestellten Normenkontrollantrag nicht ohne weiteres zu einem unzulässigen Antrag werden, wenn die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbestehe, nämlich, dass der Antragsteller durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung möglicherweise in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Rechtsschutzfunktion des § 47 VwGO gegenüber Verordnungen wie der vorliegenden würde erheblich beeinträchtigt, wenn die Umstellung des Antrags auf Feststellung, dass die Verordnung ungültig war, nach Außerkrafttreten der Satzung ausgeschlossen wäre. Dieses Ergebnis folge unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, ohne dass es einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedürfe. Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags entfalle aber dann, wenn der Antragsteller kein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe, dass die Satzung ungültig gewesen sei. Der Vater der Antragstellerin habe im Normenkontrollverfahren schon bislang konkret zu der ihn, seine Rechtsposition sowie den Forst- und Jagdbetrieb beeinträchtigenden und schädigenden Auswirkungen der angegriffenen Verordnung vorgetragen. Er sei an der Einleitung eines Zivilprozesses zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegenwärtig wegen des vorrangig zu beschreitenden Rechtsweges des Primärrechtsschutzes vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit gehindert. Er beabsichtige aber, ihm entstandene Schäden im Forst- und Jagdbetrieb - etwa durch den vorgetragenen, erhöhten Aufwand für die Behebung von Verbissschäden und die Bejagung des vergrämten Wildes sowie die Auslichtung des verbuschenden Hochgebirgswaldes - durch Einleitung eines Zivilprozesses zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gerichtshängig zu machen. Die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen sei vorliegend nicht offensichtlich ausgeschlossen. Zwar setze ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung ein Verschulden voraus. Die mögliche Amtspflichtverletzung bestehe in dem Verhalten der Regierung von Oberbayern als Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung des Antragsgegners in dem Verfahren zum Erlass der angegriffenen Verordnung. Darüber habe bislang kein Kollegialgericht entschieden. Dies könne aber letztlich im Detail dahinstehen, da neben den verschuldensabhängigen Amtshaftungsansprüchen auch noch verschuldensunabhängige Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht kämen, die neben den Amtshaftungsanspruch treten könnten. Die Antragstellerin habe auch deshalb ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Rechtsverordnung ungültig gewesen sei, weil Wiederholungsgefahr bestehe. Der Antragsgegner habe bereits - unbeeindruckt von den bisherigen Normenkontrollverfahren sowie insbesondere den in deren Verlauf ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts - weitere vergleichbare neue Rechtsverordnungen erlassen, gegen die form- und fristgerecht ein Normenkontrollantrag gestellt worden seien. Da zu erwarten sei, dass der Antragsgegner bei einem Erfolg der Antragstellerin, d.h. bei der Feststellung, dass die angegriffene Rechtsverordnung unwirksam sei bzw. gewesen sei, ihr zukünftiges Verhalten danach richten und von dem Erlass vergleichbarer Verordnungsinhalte absehen würde, stelle sich die Inanspruchnahme des Gerichts für die subjektive Rechtsstellung der Antragstellerin nicht als nutzlos dar. Die Rechtsverordnung des Antragsgegners sei im Sinne der Normenkontrollanträge in der Fassung der Antragstellung vom 31. März 2010 unwirksam. Es werde insoweit vollumfänglich auf den bisher schon gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof erfolgten Sach- und Rechtsvortrag verwiesen. Darüber hinaus hat sich die Antragstellerin zur Begründung ihres Anliegens und der gestellten Anträge vollumfassend auf die schriftsätzlichen Vorträge in den Parallelverfahren 19 N 19.1625, 19 N 20.232, 19 NE 21.2993 und 19 N 19.1368 bezogen.
22
Der Antragsgegner beantragt nunmehr,
den Antrag abzulehnen.
23
Er verteidigt die Verordnung und tritt dem Vorbringen der Antragstellerseite im Einzelnen entgegen.
24
Die mit Beschluss vom 5. Dezember 2019 beigeladenen Bayerischen Staatsforsten haben keinen eigenen Antrag gestellt.
25
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der (neuerlichen) Sitzungsniederschrift vom 14. September 2022 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der von den Beteiligten umfangreich vorgelegten Unterlagen und Karten.

Entscheidungsgründe

26
Der Normenkontrollantrag ist mit dem nunmehr von der Antragstellerin verfolgten Feststellungsbegehren, dass die angegriffene Verordnung ungültig war, unzulässig (1.). Selbst wenn man von einer Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ausgehen würde, wäre dieser unbegründet (2.).
27
1. Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ist mangels berechtigtem Interesse an der begehrten Feststellung nach Außerkrafttreten der Verordnung entfallen (1.1). Dieser Feststellung steht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (Az. 3 BN 1/11) nicht entgegen (1.2).
28
1.1 Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ist nach Außerkrafttreten der angegriffenen Verordnung entfallen, da die Antragstellerin kein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, dass die angegriffene Verordnung ungültig war.
29
Den Antrag nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann (insbesondere) jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Norm geht folglich von dem Regelfall der noch geltenden Rechtsvorschrift aus (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 8).
30
Außer Kraft getretene Normen können nur dann Gegenstand der Normenkontrolle sein, wenn die aufgehobene Rechtsvorschrift noch Rechtswirkungen zu äußern vermag (weil in der Vergangenheit liegende Sachverhalte noch nach dieser Vorschrift zu entscheiden sind; vgl. BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 8) oder die Rechtsnorm nach der Stellung des Normenkontrollantrags außer Kraft tritt und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Vorschrift hat (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 11; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre; a.A. D. Hahn, JuS 1983, 678/679: Normenkontrollantrag gegen außer Kraft getretene Norm ausnahmslos unzulässig).
31
Vorliegend hat die Antragstellerseite den Normenkontrollantrag zwar vor dem Außerkrafttreten der streitgegenständlichen Verordnung gestellt. Sie hat aber kein berechtigtes Interesse an dem nunmehr verfolgten Antrag auf Feststellung, dass die während des Normenkontrollverfahrens am 14. Februar 2013 außer Kraft getretene Schonzeitaufhebungsverordnung des Antragsgegners vom 9. Dezember 2008 unwirksam war. Sie kann das notwendige Feststellungsinteresse (wie von ihr geltend gemacht) weder auf eine konkret bestehende Wiederholungsgefahr stützen (1.1.1) noch kommt ein solches unter dem Gesichtspunkt eines Präjudizinteresses in Betracht (1.1.2).
32
1.1.1 Die Antragstellerin kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht auf eine konkret bestehende Wiederholungsgefahr stützen.
33
Zwar kommt ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm (grundsätzlich) in Betracht, wenn (unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen) der Erlass vergleichbarer Verordnungen in absehbarer Zeit hinreichend wahrscheinlich erscheint (BVerwG, U.v. 11.11.2015 - 8 CN 2/14 - NVwZ 2016, 689/691 Rn. 19; U.v. 2.11.2017 - 7 C 26/15 - juris Rn. 18 zur Wiederholungsgefahr bei erledigtem Verwaltungsakt; a.A. Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 47 Rn. 72, weil Rechtswirkungen nicht mehr von den aufgehobenen, sondern erst von den eventuellen künftigen Vorschriften ausgehen würden). Das gilt jedoch nicht, wenn sich die Wiederholungsgefahr bereits realisiert hat und eine Nachfolgeregelung bereits erlassen worden ist. Die Wiederholungsgefahr begründet deshalb ein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil die gerichtliche Feststellung den Beteiligten Richtschnur für ihr künftiges Verhalten bieten soll. Sie ist folglich von der Erwartung getragen, dass eine Behörde von dem Erlass der erwarteten Norm Abstand nehmen wird, wenn das Gericht feststellt, dass die außer Kraft getretene Rechtsvorschrift ungültig gewesen ist. Diese Lenkungswirkung kann ein feststellendes Urteil nicht mehr entfalten, wenn die erwartete Rechtsvorschrift bereits erlassen ist. In diesem Fall ist die Feststellung der Ungültigkeit der außer Kraft getretenen Rechtsvorschrift für den Antragsteller nutzlos, weil der Erlass der Rechtsvorschrift nicht (mehr) abgewendet werden kann. Er bedarf der Feststellung auch nicht, weil die nunmehr erlassene Rechtsvorschrift angegriffen werden kann und muss, um die Rechte des von der Norm Betroffenen wahrzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.1984 - 3 C 20.83 - BeckRS 1984, 31268432; U.v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 - juris Rn. 18; B.v. 31.1.2019 - 8 B 10.18 - juris Rn. 9; OLG LSA, U.v. 24.11.2010 - 3 L 91/10 - juris Rn. 23; HessVGH, U.v. 11.3.2021 - 23 C 3095/19 - juris Rn. 31 jeweils zur Wiederholungsgefahr bei erledigtem Verwaltungsakt).
34
So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hat am 14. Februar 2014 und am 22. Februar 2019 („mehr oder weniger inhaltsgleich[e]“, vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 4.11.2019) neuerliche Verordnungen über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern erlassen. Wenn die Antragstellerseite im Schriftsatz vom 4. November 2019 ausführt, die Wiederholungsgefahr sei durch die Folgeverordnungen, die mehr oder weniger inhaltsgleich die angegriffene Verordnung fortgeschrieben hätten und es sich dabei um den klassischen Fall von Kettenverordnungen handle, belegt, wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass auch sie davon ausgeht, dass sich die Wiederholungsgefahr nach außer Kraft treten der streitgegenständlichen Verordnung realisiert hat (vgl. auch Schriftsatz vom 31.1.2020: „Der Antragsgegner hat bereits - unbeeindruckt von den bisherigen Normenkontrollverfahren sowie insbesondere den in deren Verlauf ergangenen Entscheidungen des BVerwG - am 22.2.2019 eine vergleichbare neue Rechtsverordnung erlassen (…).“).
35
Unbeschadet der unterschiedlichen Antragsgegenstände und Sachverhalte ist es bei dem vorliegenden Normenkontrollverfahren sowie den Normenkontrollverfahren betreffend die nachfolgenden Schonzeitaufhebungsverordnungen um zahlreiche Rechts- und Tatsachenfragen gegangen, die im Wesentlichen gleich liegen. Ein Vortrag der Antragstellerseite, welche Fragen sich allein im hiesigen Verfahren betreffend die streitgegenständliche Verordnung (und nicht im Verfahren betreffend die aktuelle Schonzeitaufhebungsverordnung, Az. 19 N 20.232) stellen, ist nicht erfolgt. Vielmehr hat die Antragstellerin im hiesigen Verfahren und im Verfahren 19 N 20.232 mit Schriftsätzen vom 19. August 2022 auf die schriftsätzlichen Vorträge in den jeweils anderen Verfahren verwiesen. Im Senatsurteil vom 16. September 2022 im Verfahren 19 N 20.232 betreffend die aktuelle Schonzeitaufhebungsverordnung ist eine umfassende Klärung herbeigeführt und sind die von der Antragstellerseite aufgeworfenen Fragen umfassend und abschließend behandelt worden, sodass jedenfalls im Hinblick darauf ein Klärungsbedarf wegen der von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen nicht mehr besteht.
36
1.1.2 Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kommt auch unter dem Gesichtspunkt eines Präjudizinteresses nicht in Betracht.
37
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht zwar jedenfalls, wenn die begehrte Feststellung präjudizielle Wirkung für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens und damit für in Aussicht genommene Entschädigungsansprüche haben kann (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 11; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre). Bei dieser Prüfung ist nicht in eine eingehende Untersuchung der Begründetheit der vom Antragsteller beabsichtigten Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche einzutreten; dies ist Sache des mit der etwaigen Klage angerufenen Zivilgerichts (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 12; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre). Ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung besteht nur dann nicht, wenn sie der Vorbereitung einer Klage dient, die offensichtlich aussichtslos ist (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 12; B.v. 26.5.2005 - 4 BN 22/05 - juris Rn. 5 jeweils zu einer Veränderungssperre). Nur wenn auf der Hand liegt, dass eine nachfolgende Klage unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt aussichtlos ist, fehlt für die begehrte Feststellung das berechtigte Interesse (BVerwG, B.v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 - juris Rn. 12).
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Das Präjudizinteresse muss der Antragsteller aber von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss er aufzeigen‚ was er konkret anstrebt‚ welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen er im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung‚ einen Schadensersatzprozess führen zu wollen‚ genügt hierfür nicht (z.B. BayVGH‚ B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; B.v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW‚ U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N.). Außerdem muss dargelegt werden‚ gegen wen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsklage erhoben werden soll (VGH BW‚ U. v. 21.1.1997 - 5 S 3206/95 - VBlBW 1997‚ 264). Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden‚ insbesondere bedarf es regelmäßig nicht der Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss das Vorbringen zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen‚ dass ein Amtshaftungs- bzw. Entschädigungsprozess tatsächlich angestrebt wird und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine (konkrete) nachvollziehbare Schadensdarlegung, die Grundlage für einen Amtshaftungsprozess sein soll, sowie eine jedenfalls annähernde Angabe der Schadenshöhe (BayVGH‚ B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; B.v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris; B.v. 13.6.2014 - 15 ZB 14.510 - juris; B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 23.1.2003 - 13 A 4859/00 - Rn. 33 <abrufbar unter https://www.justiz.nrw.de/ nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2003/13_A_4859_00…23.html>; OVG NW‚ B.v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 22 ff.; U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N; OVG MV‚ B.v. 27.5.2010 - 2 L 351/06 - ZfB 2010‚ 144 Rn. 7; OVG BW, U.v. 5.6.2018 - 6 S 2670/17 - BeckRS 2018, 57693 Rn. 35; Wolff in Sodan/Ziekow‚ 5. Aufl. 2018, VwGO‚ § 113 Rn. 277 ff.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 116). Die bloße unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess durchführen zu wollen, genügt insoweit nicht (NdsOVG, B.v. 29.8.2007 - 10 LA 31/06 - juris Rn. 6; Decker in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 113 Rn. 87.3).
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An derartigen substantiierten Angaben für einen beabsichtigten Schadensersatzprozess fehlt es vorliegend. Es ist nicht erkennbar, ob der Antragstellerin aufgrund der vermeintlichen Wirkungen der Schonzeitaufhebungsverordnung überhaupt ein (kausaler) Schaden entstanden ist und wenn ja, in welcher Höhe. Soweit die Antragstellerseite ausführt, es sei beabsichtigt, entstandene Schäden im Forst- und Jagdbetrieb - etwa „durch den vorgetragenen, erhöhten Aufwand für die Behebung von Verbissschäden und die Bejagung des vergrämten Wildes sowie die Auslichtung des verbuschenden Hochgebirgswaldes“ - durch Einleitung eines Zivilprozesses zum Zwecke der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gerichtshängig zu machen, fehlt es insoweit an der konkreten Bezifferung des Schadens und der eingesetzten Mittel sowie an einer Darlegung, inwiefern insoweit der Nachweis der Kausalität geführt werden soll. Dies ist schon deshalb erforderlich, weil der behauptete Schaden im Geltungszeitraum der (mittlerweile außer Kraft getretenen) streitgegenständlichen Verordnung eingetreten sein muss und keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich sind, dass eine nachträgliche Feststellung eines (kausalen) Schadens möglich ist. Insoweit ist anzuführen, dass bereits im (letztlich aufgehobenen) Senatsurteil vom 11. Dezember 2017 ausgeführt worden ist, dass die Antragstellerseite den zusätzlichen Jagdausübungsaufwand weder in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt noch nachgewiesen hat. Auch in der Folge ist keine entsprechende Darlegung bzw. kein Nachweis erfolgt. Folglich fehlt es an belastbaren Angaben zur Schadenshöhe.
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1.2 Der Senat ist nicht aufgrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (Az. 3 BN 1/11 - juris), mit dem die Sache an den Verwaltungsgerichtshof gem. § 133 Abs. 6 VwGO zurückverwiesen worden ist, gehalten, von einer Zulässigkeit des Normenkontrollantrags auszugehen.
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Nach § 144 Abs. 6 VwGO (der auch für die Zurückverweisung nach § 133 Abs. 6 VwGO gilt) hat das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO erfasst jedoch nur die entscheidungstragende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts einschließlich der davon mitumfassten logischen Voraussetzungen (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2000 - 8 B 154.00 - juris Rn. 2; U.v. 3.8.2016 - 4 C 3.15 - juris Rn. 17; B.v. 28.1.2021 - 8 B 31/20 - juris Rn. 3; B.v. 23.11.2020 - 6 B 33.20 - juris Rn. 7; U.v. 29.4.2022 - 5 CN 2/21 - juris Rn. 8). Die Bindung an einen nach § 133 Abs. 6 VwGO zurückweisenden Beschluss entfällt insbesondere, soweit sich nach dessen Erlass die Sach- und Rechtslage in auch intertemporal entscheidungserheblicher Weise geändert hat. Dies ist der Fall, wenn eine (verfahrensrechtliche) Rechtsnorm, die Gegenstand der bindenden rechtlichen Beurteilung ist, inhaltlich geändert wird, außer Kraft tritt, oder sich der entscheidungserhebliche Streitstoff ändert (BVerwG, B.v. 23.11.2020 - 6 B 33.20 - juris Rn. 7; U.v. 29.4.2021 - 4 C 5.19 - juris Rn. 8; U.v. 29.04.2022 - 5 CN 2/21 - juris Rn. 9).
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Im Beschluss vom 29. Dezember 2011 ist das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 7. Oktober 2010 (19 N 09.3102) mit seiner Argumentation betreffend topographische Hindernisse, die eine zur Beeinträchtigung des Antragstellers führende Wildwanderung ausschlössen, die prozessualen Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt habe und deshalb verfahrensfehlerhaft vom Fehlen der Antragsbefugnis ausgegangen sei. Der Antragsteller, dessen Waldflächen nicht im Geltungsbereich der Verordnung liegen, habe eine mittelbare Betroffenheit in seinen geschützten Interessen nach Art. 14 Abs. 1 GG hinreichend substantiiert dargetan, indem er plausibel vorgetragen habe, dass aufgrund der räumlichen Nähe seiner Waldflächen zu Gebieten, die von der Verordnung erfasst werden, nachteilige Auswirkungen für sein Waldeigentum nicht auszuschließen seien. Der vom Verwaltungsgerichtshof eingewendete Höhenzug stelle wegen der Umgebungsverhältnisse kein wesentliches Hindernis für die vom Antragsteller dargelegte, durch Abschüsse auf der Grundlage der Verordnung ausgelöste Wildwanderung dar.
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Unabhängig davon, dass das Bundesverwaltungsgericht eine (grundsätzlich bindende) Feststellung einer (umfassenden) Zulässigkeit des Normenkontrollantrags in dem Beschluss vom 29. Dezember 2011 nicht getroffen hat (der den Beschluss abschließende Satz in Rn. 6 <„Da sonstige Einwände gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags nicht ersichtlich sind, muss es dem Verwaltungsgerichtshof überlassen bleiben, das angegriffene Landesrecht auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen.“> ist Teil der Begründung der Ausübung des Ermessens, von der Zurückverweisungsmöglichkeit des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch zu machen, und stellt nach Auffassung des Senats keine entscheidungstragende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts dar) würde diese Annahme keine Bindungswirkung mehr entfalten, da die streitgegenständliche Verordnung am 14. Dezember 2013 außer Kraft getreten ist und sich der der entscheidungserhebliche Streitstoff dadurch grundlegend verändert hat.
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2. Selbst wenn man von einem berechtigten Feststellungsinteresse der Antragstellerin ausgehen würde, wäre der Normenkontrollantrag unbegründet. Insoweit kann auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 16. September 2022 im Verfahren 19 N 20.232 verwiesen werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladene nicht durch Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.