Inhalt

VGH München, Urteil v. 19.12.2022 – 11 B 20.1762
Titel:

Voraussetzungen des Anspruchs eines Anliegers auf Anbringung eines Parkverbots gegenüber der Grundstückszufahrt

Normenkette:
StVO § 12 Abs. 3 Nr. 3, § 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 9 S. 1
Leitsätze:
1. Die Ermächtigung zu einer straßenverkehrsrechtlichen Anordnung gem. § 45 Abs. 1 S. 1 iVm Abs. 9 S. 1 StVO dient auch den privaten Interessen des Straßenanliegers an einer ungehinderten Nutzung seiner Grundstücksein- und -ausfahrt. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anordnung eines Parkverbots aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs liegen vor, wenn es sich im Bereich der Grundstückszufahrt des Straßenanliegers um eine "schmale Fahrbahn" iSd § 12 Abs. 3 Nr. 3 Hs. 2 StVO handelt und somit bereits kraft dieser Regelung ein Parkverbot für die der Zufahrt gegenüberliegende Straßenseite besteht, dieses normativ angeordnete Parkverbot aber nicht hinreichend erkennbar wäre oder aber von den Verkehrsteilnehmern nicht hinreichend beachtet würde oder wenn unabhängig davon sonstige Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs für ein durch straßenverkehrsbehördliche Ermessensentscheidung anzuordnendes Parkverbot sprechen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Begriff der "schmalen Fahrbahn" liegt ein wertendes Element zugrunde, das je nach der konkreten Situation zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Davon ausgehend, dass § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bezweckt, für die Berechtigten in zumutbarer Weise eine bestimmungsgemäße Nutzung der Grundstückszufahrt sicherzustellen, ist eine Fahrbahn dann "schmal" iSd § 12 Abs. 3 Nr. 3 Hs. 2 StVO, wenn der Berechtigte bei einem Parken von Fahrzeugen auf der seiner Grundstückszufahrt gegenüberliegenden Straßenseite daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert wird, in das Grundstück ein- oder von dort auszufahren. Die Fahrbahn darf durch ein gegenüber der Ein- und Ausfahrt parkendes Fahrzeug nicht so versperrt werden, dass der Berechtigte nur mit Hilfe von schwierigem Rangieren ein- oder ausfahren kann. Es kommt folglich darauf an, ob ein durchschnittlicher Kraftfahrer die Grundstücksein- und -ausfahrt regelmäßig ohne Hinzuziehung eines Einweisers noch unter mäßigem Rangieren benutzen kann. Da die Zahl zumutbarer Rangiervorgänge von der Übersichtlichkeit der Straße, auf die die Grundstückszufahrt führt, und ihrer Verkehrsfunktion und -bedeutung abhängt, kann eine feste Höchstgrenze zumutbarer Rangiervorgänge nicht festgelegt werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Als Orientierungswert kann davon ausgegangen werden, dass eine Fahrbahnbreite von mindestens 5,50 m nicht "schmal" ist, wobei dieser Wert nicht absolut zu setzen ist. Darüber hinaus sind auch der Wendekreis und die Länge des betreffenden Fahrzeugs sowie zusätzlich zu berücksichtigen, inwieweit bereits auf dem Grundstück selbst zum Einbiegen auf die Fahrbahn angesetzt werden kann. Daneben sind die weiteren örtlichen Verhältnisse von Bedeutung, die sich auf die Leichtigkeit und Sicherheit der Nutzung einer Grundstückszufahrt auswirken und für den Betroffenen, der sein Fahrzeug gegenüber einer Grundstückszufahrt parken will, erkennbar sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung eines eingeschränkten Haltverbots bzw. einer Grenzmarkierung gegenüber einer Grundstückszufahrt, schmale Fahrbahn (verneint), Parkverbot, Grundstückszufahrt, Straßenanlieger, Anspruch auf straßenverkehrsrechtliche Anordnung, schmale Fahrbahn, Rangiervorgänge
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 17.04.2019 – W 6 K 18.810
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40259

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Anordnung eines eingeschränkten Haltverbots, hilfsweise einer Grenzmarkierung vor seinem Anwesen.
2
Der Kläger ist Eigentümer eines an der Talseite der M. Straße liegenden Grundstücks in M. Die Straße, die etwa 35 Anwesen erschließt, steigt über einen Hang hinweg an und endet in einem unbebauten Waldstück als Sackgasse. Vor dem klägerischen Anwesen ist sie nach den Angaben in der digitalen Flurkarte 7 m breit, wovon 1,40 m auf einen Gehweg entfallen. An der Talseite der M. Straße ist durchgehend ein eingeschränktes Haltverbot (Verkehrszeichen 286 der Anlage 2 zur StVO) angeordnet. An der Bergseite ist seit 1999 zwischen den Anwesen Nr. 9 und Nr. 13 auf einer Länge von ca. 15 m ein eingeschränktes Haltverbot angeordnet, um die Sicht der bergabwärts Fahrenden zu verbessern und eine Ausweichstelle für den Begegnungsverkehr zu schaffen. Seit 2005 ist die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt.
3
Mit Schreiben vom 18. April und 19. Juli 2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Einrichtung einer Sperrfläche, eines eingeschränkten Haltverbots o.ä. gegenüber seiner Grundstückseinfahrt sowie der seines Nachbarn, weil ein Ein- und Ausfahren auch nach mehrmaligen Lenkmanövern nicht möglich sei bzw. äußerst schwierige Fahrmanöver mit häufigen Richtungswechseln und zentimetergenauem Lenken erfordere, wenn gegenüber der Einfahrt Fahrzeuge abgestellt seien. Vor der Einfahrt verbleibe eine Durchfahrtsbreite von nur 2,95 bis 3,00 m je nach Fahrzeugbreite, Spiegel mit eingerechnet.
4
Anlässlich einer Ortseinsicht am 16. Mai 2017 wurde mit Vertretern der Beklagten und der Verkehrspolizei auch ein Ein- und Ausfahrversuch bei gegenüber geparkten Fahrzeugen unternommen. Dabei berührte der Vertreter der Beklagten nach polizeilicher Darstellung mit dem Fahrzeug das nicht ganz geöffnete Hoftor, ohne dass ein Geräusch wahrnehmbar war oder ein Schaden entstand. Nach den Feststellungen der Beklagten sind bei dem Fahrversuch die engen Verhältnisse zwar spürbar, insbesondere die Ausfahrt (rückwärts) dennoch ohne weiteres möglich gewesen.
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Unter Bezugnahme auf den Fahrversuch lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 7. August 2017 die Anordnung eines Haltverbots vor der Grundstücksausfahrt des Klägers ab. Darüber hinaus führte sie aus, die am Straßenrand vorhandenen Parkmöglichkeiten würden nur von Anwohnern genutzt; ein gebietsfremder Parksuchverkehr finde nicht statt. Sie befürchte, die Anordnung des begehrten Haltverbots werde dazu führen, dass die parkenden Fahrzeuge an andere (un-)geeignete Orte verdrängt und Folgeanträge gestellt würden.
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Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 9. August 2017. Nachdem ihn die Beklagte mit Schreiben vom 20. November 2017 auf die in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sowie die einschlägige Rechtsprechung und Rechtsbehelfe hingewiesen hatte, ließ der Kläger am 19. Juni 2018 durch seinen Bevollmächtigten Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg erheben und die Aufhebung des Bescheids vom 7. August 2017 sowie die Anordnung eines eingeschränkten Haltverbots und dessen Beschilderung mit Zeichen 286 Anlage 2 zu § 41 StVO auf der bergseitigen Fahrbahnhälfte vor seinem Anwesen beantragen, hilfsweise die Anordnung einer Grenzmarkierung und deren Beschilderung mit Zeichen 299 Anlage 2 zu § 41 StVO. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ausfahrt aus dem klägerischen Grundstück werde rechts von der nachbarlichen Grenzmauer und links von einem gemeindlichen Laternenpfahl begrenzt. Die M. Straße messe an dieser Stelle 4,90 m und werde durch eine hohe Böschung am gegenüberliegenden Fahrbahnrand begrenzt. Andere, teils ortsfremde Verkehrsteilnehmer nutzten den dortigen Fahrstreifen ständig zum Parken ihrer Kraftfahrzeuge, so dass der Kläger und seine Ehefrau äußerst große Probleme beim Rein- und Rausfahren hätten. Dies gelinge nur zeitaufwendig unter siebenfachem Zurücksetzen, Einschlagen und Umlenken, was den Fall des Klägers von den durch den Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fälle unterscheide. Die Situation habe sich auch nicht durch eine Verbreiterung der Ausfahrt verbessern lassen. Eigentlich dürften andere Verkehrsteilnehmer gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO gar nicht direkt gegenüber der Ausfahrt parken. Sie seien sich aber der Schwierigkeiten offenbar nicht bewusst und parkten bei schlechtem Wetter oder zur Erleichterung des Ausstiegs für den Beifahrer großzügig auf der Straße. Bei dem Fahrversuch eines Vertreters der Beklagten habe dieser den Zaun der Einfahrt touchiert. Wenn es schon mit dem dabei verwendeten Kleinfahrzeug nicht gelinge, unfallfrei einzufahren, dürfte klar sein, wie schwierig dies mit dem Kombi-Fahrzeug des Klägers sei. Es könne nicht argumentiert werden, der rechtswidrige Zustand sei deswegen zu belassen, damit er nicht an einem anderen Ort eintrete. Dem Kläger habe einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die Weigerung der Beklagten beruhe auf sachfremden Erwägungen.
7
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 17. April 2019 mit der Begründung ab, der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte verkehrsrechtliche Anordnung und die Anbringung entsprechender Verkehrszeichen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Vorschriften nicht erfüllt seien, erübrigten sich Ermessenserwägungen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Ein- oder Ausfahrt auf das klägerische Grundstück nicht möglich oder in unzumutbarer Weise durch parkende Fahrzeuge auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite eingeschränkt gewesen wäre. Das Gericht habe aufgrund des rechtlich anzulegenden Maßstabs nicht die Überzeugung gewinnen können, dass auf der der Grundstückseinfahrt des Klägers gegenüberliegenden Fahrbahnseite ein gesetzliches Parkverbot gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bestehe, das durch die begehrten Verkehrszeichen gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 StVO zwingend zu kennzeichnen wäre. Dabei habe es sich aufgrund des Vortrags der Beteiligten, der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgelegten Lichtbilder, der Aufzeichnungen der Ehefrau des Klägers und der Stellungnahme des polizeilichen Sachbearbeiters Verkehr einen hinreichenden Eindruck von der Örtlichkeit und den individuellen Gegebenheiten verschaffen können, sodass die Einnahme eines Augenscheins nicht erforderlich gewesen sei. Auf die unter (bedingten) Beweis gestellte Frage, ob bei Nutzung der klägerischen Ein- und Ausfahrt ein mehr als dreimaliges Rangieren erforderlich sei, komme es nicht mehr entscheidungserheblich an, da die Häufigkeit des Rangierens nicht als starre Grenze dergestalt zu sehen sei, dass bei deren Überschreitung quasi automatisch die Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung festzustellen wäre. Dies ergebe sich aus den konkreten örtlichen Verhältnissen und daraus, dass bei einem auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkenden Fahrzeug noch ein Verkehrsraum auf öffentlichem Grund von mindestens 4,50 m zur Verfügung stehe. Der Gehweg dürfe überfahren werden, wenn ein Grundstück nur auf diese Weise mit Fahrzeugen erreichbar sei. Der Kläger habe die Fahrbahnbreite von 7 m in der mündlichen Verhandlung bestritten, ohne dies jedoch näher zu substantiieren. Zur Überzeugung des Gerichts sei von den sich aus der digitalen Flurkarte ergebenden Maßen auszugehen. Das Lichtbild auf Bl. 3 d.A. zeige einen vom Kläger angelegten Meterstab der - ausgehend von einem geparkten Fahrzeug bis zur Gehsteigbegrenzung - ca. 3,20 m anzeige. Dem sei noch die Gehsteigbreite von 1,40 m sowie der Raum hinzuzurechnen, den das parkende Fahrzeug auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite einnehme (bis maximal 2,50 m ohne Berücksichtigung eventueller Abstände zur Böschung). Davon ausgehend, dass die maximale Breite eines Pkw gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 5 StVZO 2,50 m betragen dürfe, stünden somit noch mindestens 3,10 m restliche Fahrbahnbreite sowie 1,40 m Gehweg zur Verfügung, somit ein Verkehrsraum auf öffentlichem Grund von 4,50 m. Da die üblichen Fahrzeugbreiten die maximal zulässigen Fahrzeugbreiten regelmäßig nicht erreichten, werde der verfügbare Rangierraum in der Regel tatsächlich noch etwas größer sein. Der Einwand, Fahrzeuge würden im Böschungsbereich gelegentlich nicht hinreichend platzsparend geparkt, könne deshalb bei Zugrundelegung der maximalen Fahrzeugbreite vernachlässigt werden; zumal auch die vorgelegten Lichtbilder der Beteiligten keinen Hinweis darauf gäben, dass eine Parkweise entgegen § 12 Abs. 6 StVO zumindest in einer gewissen Häufung erfolge. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass überbreite Fahrzeuge im Bereich des klägerischen Anwesens parkten. Zwar sei es nachvollziehbar schwierig, mit dem 4,70 m langen Fahrzeug des Klägers aus der Grundstücksausfahrt (rückwärts) auszufahren, wenn es zuvor mittig auf dem Grundstück positioniert und gerade auf die M. Straße zurückgestoßen werde. Hierbei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Toreinfahrt nach Angaben des Klägers 3,70 m betrage und ihm damit mehr Platz als bei Garagen und Toreinfahrt in üblicher Breite (bis maximal 3 m) zur Verfügung stehe. Auch die Lichtbilder zeigten, dass auf seinem Grundstück noch Rangierraum in mindestens dieser Breite sowie auch in der Tiefe (bis zu seiner Garage) zur Verfügung stehe, sodass es auch bei Berücksichtigung der auf dem Gehweg stehenden Laterne möglich sei, das 1,853 m breite Fahrzeug vor der Ausfahrt so zu positionieren und einzulenken, dass ein schräges Ausfahren möglich sei. Dabei wirke sich günstig aus, dass der Vorbau bei diesem Fahrzeug vor dem vorderen Radstand nur kurz sei. Gleiches gelte auch bei der Ein- oder Ausfahrt vorwärts unter Ausnutzung des vorhandenen öffentlichen Verkehrs- und des Rangierraums auf dem Grundstück. Dass die Ein- und Ausfahrt ohne unzumutbare Erschwernis möglich sei, zeige auch die am 16. Mai 2017 durchgeführte Ortseinsicht. Hieran ändere der Umstand, dass der Beklagtenvertreter mit dem Pkw die rechte Begrenzung des Hofs berührt habe, nichts. Dessen Angaben seien nachvollziehbar und plausibel und widersprächen auch nicht den Angaben des Klägers zu dem damaligen Vorfall. Aus den vorhandenen Lichtbildern sei ersichtlich, dass das mit Holzlatten versehene Hoftor nach innen zu öffnen sei und - etwa im Falle einer nicht ausreichenden Arretierung - etwas in den Ein- bzw. Ausfahrtsbereich hineinstehen könne. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Ein- und Ausfahrt auch mit dem etwas längeren und breiteren Fahrzeug des Klägers für einen durchschnittlich geübten und erfahrenen Fahrzeugführer ohne unzumutbare Erschwernis möglich sei. Das Gegenteil ergebe sich auch nicht aus den Aufzeichnungen der Ehefrau des Klägers mit 56 „Vorgängen“ in einem Zeitraum von ca. zwei Jahren. In der Mehrzahl der Vorgänge werde ausgeführt, dass die Ein- oder Ausfahrt „erschwert“, aber möglich gewesen sei. Soweit dargestellt werde, dass sie nicht möglich gewesen sei, sei dies widersprüchlich. Denn an anderen Tagen solle die Ein- und Ausfahrt selbst dann möglich gewesen sein, wenn ein Fahrzeug sehr weit vom Fahrbahnrand rechts entfernt geparkt habe. Vor diesem Hintergrund hätte es diesbezüglich einer plausiblen Darlegung bedurft. Außerdem ließen die Aufzeichnungen teilweise nicht erkennen, inwieweit ein Parkvorgang eine Behinderung verursacht habe bzw. wie oft habe rangiert werden müssen. Nicht aussagekräftig seien die Vorgänge, bei denen zum „Ablauf“ nichts angegeben worden sei und aus denen sich gar nicht ergebe, ob man ein- oder ausgefahren sei. Die Aufzeichnungen vermittelten den Eindruck, sie hielten lediglich fest, dass Fahrzeuge gegenüber abgestellt worden seien. Inwieweit hierdurch die Ein- oder Ausfahrt erschwert worden sei, ergebe sich hieraus nicht. Soweit für die Müllabfuhr kein Durchkommen gewesen oder eine Holzlieferung mit Anhänger erfolgt sei, fehle ein Bezug zur Frage der unzumutbaren Beschränkung der Ein- oder Ausfahrt. Die Häufigkeit der Rangiervorgänge werde lediglich für einen einzigen Tag genannt. Da die Aufzeichnungen überwiegend Vorgänge an Nachmittagen oder Abenden betroffen hätten, sei zu vermuten, dass vor allem die Ehefrau des Klägers, die am Nachmittag die schulpflichtigen Kinder versorge, Schwierigkeiten beim Ein- und Ausfahren mit dem Familienfahrzeug habe. Ungeachtet der Frage, inwieweit sich der Kläger dies zu eigen machen könne, sei angesichts der dargestellten örtlichen Verhältnisse und der Feststellungen anlässlich des Ortstermins durch den Beklagtenvertreter und den Polizeibeamten und deren Expertise in der Regel kein mehr als dreimaliges Rangieren erforderlich. Im Übrigen wäre angesichts der konkreten örtlichen Verhältnisse selbst dann keine unzumutbare Erschwernis und eine daraus resultierende Gefahrenlage anzunehmen. Die Schilderung eines Vorfalls am zweiten Weihnachtsfeiertag 2017 bestätige, dass eine Gefahrenlage für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Sinne einer Behinderung des fließenden Verkehrs nicht bestehe. Dies stütze die polizeiliche Angabe, dass es sich bei der M. Straße um eine unbedeutende Nebenstraße mit fast ausschließlichem Ziel- und Quellverkehr in einer Tempo 30-Zone handle. Vorliegend seien auch länger währende Rangiervorgänge unter Sicherheitsaspekten als problemlos anzusehen. Dies sei bei der Frage der Häufigkeit von Rangiervorgängen und deren Zumutbarkeit mit zu berücksichtigen. Auch ließen die Aufzeichnungen der Ehefrau nicht erkennen, inwieweit sie auf eine jederzeit ungehinderte (schnelle) Zu- und Abfahrt angewiesen sei. Der angegebene Schichtdienst des Klägers sei nicht näher präzisiert worden. Es existiere ein weiteres Fahrzeug in der Familie, das offenbar vom Kläger selbst genutzt werde. Diesbezüglich werde eine unzumutbare Einschränkung der Ein- und Ausfahrt bereits nicht geltend gemacht.
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Mit Beschluss vom 31. Juli 2020 ließ der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), weil der Kläger dargetan hatte, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Straße einschließlich des Gehwegs vor seiner Grundstückszufahrt nicht 7 m, sondern zumindest an einer Stelle nur etwa 6,37 m breit ist und die Torbreite nicht 3,70 m, sondern 3,15 m beträgt.
9
Mit Schreiben vom 3. September 2020 begründete der Bevollmächtigte des Klägers die Berufung unter Bezugnahme auf den Vortrag im Zulassungsverfahren damit, dass sich aus den fälschlich zugrunde gelegten Maßen von Toreinfahrt und Straßenkörper ergebe, dass dieser bei gegenüber geparkten Fahrzeugen nicht ausreichend sei, um das Fahrzeug aus der Hofeinfahrt herauszufahren. Ebenso werde erkennbar, dass ein Einschlagen im Bereich der Hofeinfahrt zur Schaffung einer günstigen Ausfahrtsposition nicht möglich sei. Abgesehen davon wäre ein solches Manöver beim Einfahren gar nicht möglich. Ferner habe das Gericht das Anstoßen eines Behördenvertreters an der Einfriedung als Versehen bagatellisiert, obwohl dieser für den Ausfahrtest ein dem Klägerfahrzeug nicht vergleichbares Kleinfahrzeug mit geringerem Wendekreis benutzt habe. Die gerichtlichen Ausführungen zur schmalen Straße im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO gingen schon aufgrund der zugrunde gelegten falschen Messungen fehl. Da es sich bei der M. Straße in Höhe der Ausfahrt des Klägers um eine solche schmale Straße handle, bleibe kein Raum für die durch die Behörde und das Gericht vorgenommene Abwägung zwischen den Interessen des Klägers und den parkplatzsuchenden Verkehrsteilnehmern. Sie dürften nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO dort ohnehin nicht parken. Es bedürfe somit eines beschilderten eingeschränkten Haltverbots oder einer Sperrfläche gegenüber der Hofeinfahrt, um dem Kläger und seiner Familie die Ein- und Ausfahrt dauerhaft zu ermöglichen, die bei gegenüber geparkten Fahrzeugen nur unter unzumutbarem Rangieren, bisweilen überhaupt nicht möglich sei. Das Ein- und Ausfahren sei allenfalls nach mehrmaligen Lenkmanövern mit häufigem Richtungswechsel, zentimetergenauem Umlenken und ggf. Hinzuziehen einer Hilfsperson möglich.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 17. April 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, gegenüber dem Grundstück des Klägers auf der bergseitigen Fahrbahnhälfte ein durchgehendes eingeschränktes Haltverbot anzuordnen und dies durch entsprechende Verkehrszeichen zu beschildern, hilfsweise an dieser Stelle eine Grenzmarkierung gemäß Zeichen 299 (Anlage 2 zu § 41 StVO) aufzutragen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
14
Entgegen der Auffassung des Klägers sei das Erstgericht nicht von falschen Messungen ausgegangen, sodass auch die beantragte Inaugenscheinnahme nicht erforderlich gewesen sei. Schon anhand der vorgelegten Lichtbilder habe sich das Verwaltungsgericht einen ausreichenden Eindruck von der Breite der Zufahrtsstraße machen können. Zu keinem anderen Ergebnis könne es aufgrund der nunmehr vorgelegten Lichtbilder bzw. Videoaufnahmen kommen. Die örtlichen Gegebenheiten hätten sich seit dem Verfahren der ersten Instanz nicht verändert. Aus den Lichtbildern ergebe sich eindeutig, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO nicht vorlägen. Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass nur dann ein Verbot im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO vorliege, wenn die Ein- und Ausfahrt nicht mehr möglich sei. Sei sie jedoch wie vorliegend lediglich erschwert, müsse eine „schmale“ Straße vorliegen. Dies sei hier nicht der Fall. Dem Kläger stünden richtigerweise mindestens 4,50 m auf öffentlichem Verkehrsgrund zur Verfügung, was völlig ausreiche. Es könnten auch keine Zweifel an der Richtigkeit der digitalen Flurkarte bestehen. Im Gegensatz dazu habe der Kläger seine Messangaben immer wieder korrigiert, sodass nicht von der Richtigkeit dieser Angaben ausgegangen werden könne. Ein durchschnittlicher Fahrzeugführer sei - auch mit dem Fahrzeugmodell des Klägers - durchaus in der Lage, die Zu- und Ausfahrt des Grundstücks zu nutzen, auch wenn auf der gegenüberliegenden Seite ein Fahrzeug geparkt sei. Auch der Kläger sei in der Vergangenheit dazu in der Lage gewesen. Allein der Vortrag, dass hierzu mehrere Züge notwendig seien, könne die Entscheidung des Erstgerichts nicht erschüttern. Es dürfe hier auch nicht unberücksichtigt gelassen werden, dass dem Kläger ausweislich aller Lichtbilder noch ein Rangierraum auf dem eigenen Grundstück zur Verfügung stehe.
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Am 15. Juni 2021 nahm die Beklagte einen weiteren Fahrversuch mit einem Dienstfahrzeug vom Typ Citroën C4 vor.
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Mit Schreiben vom 5. Juli 2021 ließ der Kläger dazu mitteilen, dass der Fahrzeugtyp C4 40 cm kürzer sei als sein Fahrzeug vom Typ C5. Der gegenüber der Ausfahrt an der Böschung geparkte Toyota entspreche von seiner Größe auch nicht dem Durchschnitt der dort geparkten Fahrzeuge. Vor diesem Hintergrund fehle es den gegnerischen Videos an Beweiswert. Abgesehen davon werde auch auf den Videos deutlich, dass schon mit dem wesentlich kleineren Fahrzeug Millimeterarbeit notwendig sei, um aus dem Grundstück zu gelangen.
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Der vom Senat beauftragte Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 28. Juni 2022 auf der Basis simulierter Fahrvorgänge zu dem Ergebnis, dass mit dem Fahrzeug des Klägers für die Einfahrt in das Grundstück ein Rechtsbogen in Vorwärtsfahrt, Anhalten vor dem linken Torpfosten, kurze Fahrt nach hinten im Linksbogen sowie ein Rechtsbogen in Vorwärtsfahrt und zum Ausfahren ein Linksbogen in Rückwärtsfahrt, Anhalten vor dem geparkten Fahrzeug gegenüber sowie ein vorwärts gerichteter Rechtsbogen erforderlich seien.
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Der Kläger ließ mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. August 2022 dazu vortragen, in der computermodellierten Anfahrt sei die Ein- und Ausfahrt in zwei Ansätzen rein rechnerisch nur deshalb möglich, weil der Computer eine Ideallinie im Zentimeterbereich berechnen könne. In der Praxis sei dies ohne Zuhilfenahme einer zweiten Person nicht möglich. Die wenigen Zentimeter Abstand von der Karosserie zum Tor/Pfosten seien aus der Perspektive eines im Wagen sitzenden Fahrers nicht erkennbar. Hinzu komme der Daueralarm der Sensoren, welche bereits nicht mehr „piepsen“ würden, sondern bei minimalem Abstand zum Hindernis einen Dauerwarnton abgäben. Darüber hinaus funktioniere die Ausfahrt in der Theorie nur dann, wenn bereits beim ersten Zurückstoßen der haargenau für den weiteren Vorgang erforderliche Winkel in einer äußerst knappen Passage zum Tor angefahren werde. Auch dies könne der Computer richtig berechnen, in der Praxis sei dies jedoch kaum durchführbar. Schließlich sei zu beachten, dass die Befestigung am gegenüberliegenden Bankett immer mehr verschlissen werde, mit der Folge, dass Fahrzeuge gar nicht mehr so nah an der Böschung geparkt würden, wie das der Sachverständige zugrunde gelegt habe. Letztendlich bestätige das Sachverständigengutachten, dass ein Ein- und Ausfahren mit wenigen Ansätzen nur über eine maschinell errechnete Ideallinie möglich sei und widerlege das einfache Ein- und Ausfahren, wie es die Gegenseite behaupte. Die Testfahrt mit dem Kompaktwagen habe durch das Touchieren des Tors unter Beweis gestellt, dass diese Ideallinie nicht praxistauglich sei.
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In der mündlichen Verhandlung erläuterte der Sachverständige sein Gutachten.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 17. April 2019 hat weder mit ihrem Haupt- noch mit ihrem Hilfsantrag Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Anordnung eines eingeschränkten Haltverbots („Parkverbot“) oder einer Grenzmarkierung gegenüber seiner Grundstückszufahrt hat und der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 7. August 2017 ihn somit nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) verletzt.
22
1. Rechtsgrundlage für die vom Kläger angestrebte straßenverkehrsrechtliche Anordnung ist § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vom 6. März 2013 (BGBl I S. 367), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2021 (BGBl I S. 3091) i.V.m. Anlage 2 zu § 41 StVO. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Bei einem Parkverbot durch Zeichen 286 der Anlage 2 zu § 41 StVO (lfd. Nr. 63) handelt es sich um eine den Verkehr beschränkende Maßnahme im Sinne dieser Regelung. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.
23
Diese Ermächtigung dient auch den privaten Interessen des Straßenanliegers an einer ungehinderten Nutzung seiner Grundstücksein- und -ausfahrt (BVerwG, U.v. 24.1.2019 - 3 C 7.17 - BVerwGE 164, 253 Rn. 12 m.w.N.). Die Zugänglichkeit und damit die Möglichkeit der bestimmungsgemäßen Benutzung einer Grundstücksein- und -ausfahrt gehört zu dem durch die Straßenverkehrs-Ordnung geregelten und in Bezug auf Sicherheit und Ordnung geschützten öffentlichen Straßenverkehr. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ist das Parken unzulässig vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber. Mit dieser Regelung erkennt das Straßenverkehrsrecht ausdrücklich das individuelle Interesse des Straßenanliegers an der Zugänglichkeit seiner Grundstücksein- und -ausfahrt als verkehrsrechtlich schutzwürdig an. Der Straßenanlieger hat einen Anspruch darauf, dass die Straßenverkehrsbehörde bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens seine Belange berücksichtigt (BVerwG, a.a.O. Rn. 12).
24
Eine entsprechende Ermessensentscheidung ist der Straßenverkehrsbehörde jedoch erst dann eröffnet, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, also Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs im Sinne dieser Bestimmung vorliegen (BVerwG, a.a.O. Rn. 13). Derartige Gründe für die Anordnung eines Parkverbots liegen vor, wenn es sich im Bereich der Grundstückszufahrt des Klägers um eine „schmale Fahrbahn“ im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO handelt und somit bereits kraft dieser Regelung ein Parkverbot für die der Zufahrt gegenüberliegende Straßenseite besteht, dieses normativ angeordnete Parkverbot aber nicht hinreichend erkennbar wäre oder aber von den Verkehrsteilnehmern nicht hinreichend beachtet würde oder wenn unabhängig davon sonstige Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs für ein durch straßenverkehrsbehördliche Ermessensentscheidung anzuordnendes Parkverbot streiten würden (BVerwG, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.).
25
a. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO sind das Interesse des Grundstückseigentümers und weiterer Berechtigter (u.a. Mieter, Kunden eines Gewerbetreibenden) an der Nutzung der Grundstückszufahrt mit dem Interesse der anderen Verkehrsteilnehmer zu einem Ausgleich zu bringen, die der Grundstückszufahrt gegenüberliegende Straßenseite als Parkmöglichkeit zu nutzen. Damit liegt dem Begriff der „schmalen Fahrbahn“ ein wertendes Element zugrunde, das je nach der konkreten Situation zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann (BVerwG, a.a.O. Rn. 25). Davon ausgehend, dass § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bezweckt, für die Berechtigten in zumutbarer Weise eine bestimmungsgemäße Nutzung der Grundstückszufahrt sicherzustellen, ist eine Fahrbahn dann „schmal“ im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO, wenn der Berechtigte bei einem Parken von Fahrzeugen auf der seiner Grundstückszufahrt gegenüberliegenden Straßenseite daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert wird, in das Grundstück ein- oder von dort auszufahren (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 26). Die Fahrbahn darf durch ein gegenüber der Ein- und Ausfahrt parkendes Fahrzeug nicht so versperrt werden, dass der Berechtigte nur mit Hilfe von schwierigem Rangieren ein- oder ausfahren kann (Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 12 StVO Rn. 47). Es kommt folglich darauf an, ob ein durchschnittlicher Kraftfahrer die Grundstücksein- und -ausfahrt regelmäßig ohne Hinzuziehung eines Einweisers noch unter mäßigem Rangieren benutzen kann (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 27, 36 f.). Da die Zahl zumutbarer Rangiervorgänge von der Übersichtlichkeit der Straße, auf die die Grundstückszufahrt führt, und ihrer Verkehrsfunktion und -bedeutung abhängt, kann eine feste Höchstgrenze zumutbarer Rangiervorgänge nicht festgelegt werden (BVerwG, a.a.O. Rn. 35).
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Als Orientierungswert kann davon ausgegangen werden, dass eine Fahrbahnbreite von mindestens 5,50 m nicht „schmal“ ist (BVerwG, a.a.O. Rn. 28). Das folgt daraus, dass erst ab einer Fahrbahnbreite von 5,50 m ein reibungsloser Begegnungsverkehr möglich ist und ein Kraftfahrzeug bei dem zum Ausfahren aus dem Grundstück erforderlichen Einbiegen auf die Fahrbahn und ebenso beim Einfahren von der Fahrbahn in das Grundstück regelmäßig den halben Wendekreis benötigt, der bei einem Pkw meistens bei etwa 11 m liegt (BVerwG, a.a.O. Rn. 28 f.; Heß, a.a.O. Rn. 47). Der Orientierungswert von 5,50 m ist allerdings nicht absolut zu setzen. Darüber hinaus sind auch der Wendekreis und die Länge des betreffenden Fahrzeugs sowie zusätzlich u.a. zu berücksichtigen, inwieweit bereits auf dem Grundstück selbst zum Einbiegen auf die Fahrbahn angesetzt werden kann (BVerwG, a.a.O. Rn. 30; Heß, a.a.O. Rn. 47). Daneben sind die weiteren örtlichen Verhältnisse von Bedeutung, die sich auf die Leichtigkeit und Sicherheit der Nutzung einer Grundstückszufahrt auswirken und für den Betroffenen, der sein Fahrzeug gegenüber einer Grundstückszufahrt parken will, erkennbar sind (BVerwG, a.a.O. Rn. 31). Dies trifft u.a. auf die für das Ein- und Ausfahren nutzbare Fläche eines vor der Grundstückszufahrt verlaufenden Gehwegs zu (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 32 ff.).
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b. Zwar ist die Fahrbahn vor der Grundstückszufahrt des Klägers weniger breit als 5,50 m, sodass grundsätzlich eine schmale Fahrbahn im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO in Betracht zu ziehen ist. Auch wenn das Verwaltungsgericht auf der Basis der digitalen Flurkarte eine Fahrbahnbreite von 5,60 m angenommen hat, die - wovon mittlerweile auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - tatsächlich nur ca. 4,89 m beträgt, geht der Senat aufgrund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere auch der zusätzlichen Gehwegbreite von 1,40 m, davon aus, dass gegenüber dem Grundstück des Klägers kein gesetzliches Parkverbot besteht. Das Sachverständigengutachten hat unter Zugrundelegung der vom Kläger durch Lichtbilder und Videos belegten tatsächlichen Abmessungen der Straße ergeben, dass die Zufahrt zu seinem Grundstück auch bei gegenüber geparktem Fahrzeug unter Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Raums in der Regel in zwei Zügen möglich ist und die Nutzung der Zufahrt damit nicht in erheblichem Maße bzw. unzumutbar erschwert ist. Das Ein- und Ausfahren mag aufgrund der beengten Verhältnisse, der Hanglage, des Straßenzustands und der konkreten Position des gegenüber geparkten Fahrzeugs im Einzelfall durchaus schwierig sein. Nach Anhörung des Sachverständigen ist der Senat allerdings davon überzeugt, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer dazu trotz allem regelmäßig noch in der Lage ist und die Schwelle der Unzumutbarkeit hier noch nicht regelmäßig überschritten wird. Bei der seinem Gutachten zugrundeliegenden Computersimulation handelt es sich um eine in der Praxis erprobte Methode, die sich z.B. beim Bau von Tiefgaragen als realitätstauglich erwiesen hat. Dort haben Fahrversuche bestätigt, dass die reale Zufahrt zu einem Parkplatz möglich ist, wenn sich der Fahrer an der errechneten Fahrlinie orientiert. Zudem hat der Sachverständige bei seiner Computersimulation berücksichtigt, dass ein Fahrer eine rein rechnerisch mögliche Ein- bzw. Ausfahrt in das bzw. aus dem klägerischen Grundstück, die hier in einem Zug möglich gewesen wäre, in der Realität möglicherweise nicht ohne weiteres ausführen kann, wenn er die räumlichen Gegebenheiten dazu voll ausnützen müsste, und deshalb für die Einfahrt von vornherein einen zusätzlichen Rangiervorgang vorgesehen. Wie das Verwaltungsgericht näher ausgeführt hat, ergeben sich auch aus den Aufzeichnungen des Klägers keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Zufahrt regelmäßig unzumutbar erschwert ist.
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Die Nutzung der Grundstückszufahrt wäre auch dann nicht unzumutbar, wenn der Kläger mehrmals rangieren müsste, etwa weil er das Fahrzeug nicht auf Anhieb ideal positionieren kann und/oder mehr Sicherheitsabstand als vom Sachverständigen veranschlagt zu einem gegenüber geparkten Fahrzeug und/oder den Torbegrenzungen einhalten möchte. Das Verwaltungsgericht hat insofern zutreffend in Rechnung gestellt, dass vorliegend auch länger währende Rangiervorgänge unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung der Straße und der Verkehrssicherheit unproblematisch sind. Die Geschwindigkeit ist auf 30 km/h beschränkt. Der Straßenverlauf, die vielen Grundstückszufahrten, die geringe Straßenbreite und der Begegnungsverkehr (§ 3 Abs. 1 Satz 5 StVO) erlauben ohnehin keine hohen Geschwindigkeiten. Weiter darf - auch wenn es insoweit auf den durchschnittlichen Kraftfahrer ankommt - berücksichtigt werden, dass der Kläger durch jahrelang wiederholte Ein- und Ausparkvorgänge eine gewisse Übung erworben hat, die die Nutzung der konkreten Grundstückszufahrt mit einem bestimmten Fahrzeug erleichtert (vgl. BVerwG, U.v. 24.1.2019 a.a.O. Rn. 45). Entgegen seiner Ansicht spielt es keine Rolle, dass ein Beklagtenvertreter bei einem Fahrversuch den Zaun berührt hat (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 45), weil ein vermeidbarer Fahrfehler nicht belegt, dass die Nutzung der Zufahrt unzumutbar ist. Da für Fahrzeuge ohne Einparkhilfe keine strengeren Maßstäbe gelten können als für Fahrzeuge mit einem solchen System, ist das dichte Heranfahren an stehende Hindernisse auch nicht deshalb unzumutbar, weil die Einparkhilfe dann einen Dauerwarnton abgibt, was bei vielen Fahrzeugen ab einem Abstand von 30 cm der Fall ist. Vielmehr ist dem Fahrzeugnutzer zuzumuten, den ihm dann noch verbleibenden Abstand zu bestimmen und - so weit als bei sehr langsamer Fahrt möglich - ausnutzen. Schließlich ist die Nutzung der Zufahrt bei gegenüber geparkten Fahrzeugen nicht unmöglich oder unzumutbar, wenn sie gelegentlich durch ein rücksichtslos, unter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO parkendes Fahrzeug versperrt wird. Auch die Anbringung eines Verkehrszeichens könnte dies nicht zuverlässig verhindern, zumal Haltverbote erfahrungsgemäß gelegentlich missachtet werden.
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2. Da die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO nicht vorliegen und ein sonstiges Parkverbot nicht ersichtlich ist, hat der Kläger auch nicht den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Anbringung einer ein bestehendes Parkverbot bezeichnenden Grenzmarkierung gemäß Zeichen 299 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (lfd. Nr. 73 Spalte 3; vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2005 - 11 CS 05.1329 - juris Rn. 33, 37 f.).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.