Inhalt

VGH München, Beschluss v. 20.12.2022 – 1 NE 22.1938
Titel:

Eilantrag eines Landwirts gegen Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1, Abs. 6
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 7, § 13b
Leitsätze:
1. In einem Bebauungsplan gemäß § 13b BauGB können allgemeine Wohngebiete ausgewiesen werden; allerdings müssen über § 1 Abs. 5 BauNVO die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 5 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausgeschlossen werden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Einschätzung, dass eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 15% entsprechend einem Dorfgebiet aufgrund der Situationsgebundenheit der landwirtschaftlichen Betriebe in der Nähe zu bereits bestehender Wohnbebauung und der Lage des Plangebiets im Übergangsbereich zum Außenbereich zumutbar sei, ist als solche nicht zu beanstanden. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag gegen Bebauungsplan, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im beschleunigten Verfahren, Heranrückende Wohnbebauung, Umfang der schalltechnischen Untersuchung, Bebauungsplan, beschleunigtes Verfahren, heranrückende Wohnbebauung, Landwirt, Abwägung, Geruchsbelästigung, Geruchsgutachten
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40250

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 12.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan „Am S. … Weg, Nr. .“, den die Antragsgegnerin am 24. Januar 2022 als Satzung beschlossen und am 9. August 2022 bekanntgemacht hat (nachfolgend: Bebauungsplan). Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellt.
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Das in Ortsrandlage liegende rd. 0,4 ha große Planungsgebiet grenzt im Norden an den S. … Weg an und im Süden und Westen an landwirtschaftliche Flächen. Im Osten und Norden ist es durch Wohnbebauung geprägt. In der näheren Umgebung befinden sich drei aktive Hofstellen mit Schweinemast- und zucht, Pferdehaltung und Rinderhaltung sowie zwei weitere Hofstellen mit genehmigter Milchviehhaltung, auf denen derzeit keine Tierhaltung besteht. Der Bebauungsplan ersetzt im Osten teilweise die Ortsabrundungssatzung „E. …bach westlich der B. … Straße“. Soweit der Bereich der Ortsabrundungssatzung betroffen ist, in dem bereits ein Gebäude errichtet ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nach der Ortsabrundungssatzung bzw. nach § 34 BauGB. Der Bebauungsplan weist ein allgemeines Wohngebiet mit insgesamt 3 Bauplätzen für 6 Wohneinheiten aus und setzt das Maß der baulichen Nutzung sowie die zur Erschließung erforderlichen öffentlichen Verkehrsflächen fest. Schank- und Speisewirtschaften sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 BauNVO sind nach der textlichen Festsetzung A.2.1.1 ausgeschlossen. Nicht zulässig sind auch die Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO. In den Hinweisen unter Ziff. B.16 wird angeführt, dass mit Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen durch naheliegende landwirtschaftlich genutzte Flächen, auch vor 6:00 Uhr und während der Erntezeit auch nach 22:00 Uhr zu rechnen ist.
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Ziel des Bebauungsplans ist es, aufgrund der hohen Nachfrage nach Eigenheimbebauung die bestehenden Wohnbauflächen am westlichen Siedlungsrand im Ortsteil E. …bach zu erweitern und die Schaffung von Wohnflächen, insbesondere für Ortsansässige und Familien, städtebaulich zu ordnen und zu steuern. Mit der Planung soll eine maßvolle Ergänzung des Siedlungsbereichs unter Beachtung ortsspezifischer Gegebenheiten erreicht werden.
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Der Antragsteller ist Eigentümer der im Außenbereich nach § 35 BauGB gelegenen Grundstücke FlNr. 540, 553 und 545, jeweils Gemarkung E. …bach. Er betreibt einen einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb mit zwei Hofstellen auf den Grundstücken FlNr. 540 (Schweinemast- und zucht) und FlNr. 553 (Pferdehaltung). Auf der Hofstelle FlNr. 553 sind in einem landwirtschaftlichen Gebäude, in dem sich in einem Teilbereich im Erdgeschoss ein Pferdestall mit Pferdeboxen befindet, drei Wohneinheiten eingebaut. Im Zusammenhang mit der geplanten Entwicklung seines Betriebs hat der Antragsteller beim Landratsamt verschiedene baurechtliche Anträge gestellt, insbesondere zur Bestandserweiterung, zu Nutzungsänderungen und zum Neubau eines Zuchtschweinestalls auf dem Grundstück FlNr. 545. Auch soll die Zahl der Pensionspferde erhöht werden. Dazu legte er ein Gutachten des Ingenieurbüros M. … vom 25. Januar 2021 über eine immissionsschutzfachliche Gesamtbetrachtung seiner Vorhaben sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 26. März 2021 vor, wonach für die Erweiterung aller drei Vorhaben auf den Grundstücken FlNrn. 540, 554 und 545 für das Plangebiet Immissionswerte zwischen 11 und 26% und für das östlich des Planungsgebiets bestehende Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. 155/2 Werte bis zu 16% der Geruchsstundenhäufigkeit/Jahr erreicht werden. Der Antragsteller hat hinsichtlich aller beantragter Bauvorhaben Untätigkeitsklagen zum Verwaltungsgericht München erhoben (M 11 K 22.354, M 11 K 22.356, M 11 K 22.357 und M 11 K 22.358), über die noch nicht entschieden worden ist. Den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Zuchtschweinestalls auf dem Grundstück FlNr. 545 hat das Landratsamt mit Bescheid vom 15. November 2022 abgelehnt.
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Die Antragsgegnerin gab im Bebauungsplanverfahren zur Ermittlung der Geruchsbelastung für die Bauleitplanung eine Immissionsprognose bei der M. … … … (Germany) GmbH (nachfolgend MTS) in Auftrag. Das Gutachten gelangt in der Fassung vom 29. Oktober 2021 zu dem Ergebnis, dass im Planungsbereich die Immissionswerte für den IST-Zustand auf den Hofstellen des Antragstellers zwischen 10,7 und 13,4% und für verschiedene Erweiterungsmöglichkeiten bei maximal 15,1% liegen. Für die Erhöhung des Tierbestands blieb die beabsichtigte Errichtung eines Zuchtschweinestalls auf dem Grundstück FlNr. 545 unberücksichtigt, da der Standort neben der ungeklärten Größe und Lage des geplanten Stalls aufgrund des mit der Schweinehaltung verbundenen Ammoniakeintrags für die in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Baumschulflächen nicht in Frage komme. Daneben wurde auf verfügbare Alternativgrundstücke, insbesondere die westlich an die Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. 540 angrenzende FlNr. 539, verwiesen und darauf, dass ein An- und Ausbau des bestehenden Schaf-/Schweinehaltungsbetriebs auf der FlNr. 540 eine sinnvollere und effizientere Bewirtschaftung ermögliche als ein zusätzlicher, weiter entfernt liegender Standort, der ein Ansatz für eine Splittersiedlung im Außenbereich werden könne. Gemäß den Vorgaben der Landes- und Regionalplanung solle der Fokus auf die Erweiterung der bestehenden Betriebe gelegt werden.
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Am 30. August 2022 stellte der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan. Mit dem am gleichen Tag eingereichten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beantragt er,
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den Bebauungsplan „Am S. … Weg, Nr. .“, bekanntgemacht durch Aushang am 9. August 2022, vorläufig außer Kraft zu setzen.
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten. Der Bebauungsplan sei voraussichtlich rechtswidrig. Im Hinblick auf den hohen Wohnungsdruck sei jederzeit damit zu rechnen, dass die Antragsgegnerin die Erschließung vorantreibe und die Voraussetzungen für Genehmigungsverfahren bzw. Genehmigungsfreistellungsverfahren schaffe. Durch die dann zu erwartende Verwirklichung der geplanten Wohnbauvorhaben könnten Vorwirkungen entstehen, die mit Blick auf etwaige noch erforderliche Nachermittlungen und Bewertungen zur geplanten Betriebserweiterung in den anhängigen Gerichtsverfahren unzumutbar erscheinen würden. Da jederzeit mit der Erteilung von Baugenehmigungen zu rechnen sei, sei es nicht zumutbar, zur Vermeidung vollendeter Tatsachen gegebenenfalls eine Vielzahl von Anträgen nach § 80 Abs. 5 bzw. § 123 VwGO stellen zu müssen. Zudem habe die Antragsgegnerin nunmehr mit Beschluss vom 12. September 2022 einen neuen Aufstellungsbeschluss sowie eine Veränderungssperre für einen Bereich nördlich des S. … Wegs gefasst, wobei bislang keine Grundzüge der Planung bekannt seien. Er sei aufgrund des unmittelbaren Näheverhältnisses seiner Hofstellen zu dem geplanten Baugebebiet, der mit Bau- bzw. Vorbescheidsanträgen konkretisierten Planungsabsichten und des Ergebnisses des eingeholten Gutachtens des Büros M. … vom 25. Januar 2021, wonach er durch eine heranrückende Wohnbebauung in seinem landwirtschaftlichen Betrieb eingeschränkt würde, antragsbefugt. Die Antragsgegnerin habe den Bebauungsplan zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellt. Für die Flächen des Plangebiets, die sich im Geltungsbereich der Ortsabrundungssatzung „E. …bach westlich der B. … Straße“ befänden, sei der Außenbereichscharakter entfallen. Darüber hinaus seien auch fehlerhaft nicht störende Handwerksbetriebe zugelassen. Im Hinblick auf die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets fehle es an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Auslöser der Planung sei der Bauwunsch privater Grundstückseigentümer gewesen. Bei der Planung handle es sich um einen sogenannten Etikettenschwindel. Die allgemeine Nutzung des allgemeinen Wohngebiets sei auf Wohnnutzung und nicht störende, der Versorgung des Gebiets dienende Läden sowie Handwerksbetriebe begrenzt. Aus der Entstehungsgeschichte und der Begründung des Bebauungsplans ergebe sich, dass nur eine Nutzung im Sinn eines reinen Wohngebiets beabsichtigt sei. Die Festsetzung als allgemeines Wohngebiet sei nur vorgeschoben und führe dazu, im Bereich zulässiger Geruchsimmissionswerte zu bleiben. Denn soweit in den vorliegenden Geruchsgutachten die maßgebenden Richtwerte nur eingehalten würden, weil es sich um Immissionsorte handle, für die Übergangswerte gebildet werden dürften, sei dies nur bei Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets möglich, nicht aber für den Übergang eines reinen Wohngebiets zum Außenbereich. Der Bebauungsplan leide auch an einem Ermittlungs- und Bewertungsdefizit und sei abwägungsfehlerhaft. Die tatsächlichen Grundlagen für eine Geruchsprognose seien nicht vollständig und richtig aufgeklärt, insbesondere sei der Umfang der konkreten Erweiterungsabsichten auf den Grundstücken FlNrn. 540, 545 und 553 mit dem Argument, die Errichtung eines Zuchtschweinebetriebs auf dem Grundstück FlNr. 545 sei nicht erwünscht, fehlerhaft in die Geruchsprognose des Büros MTS eingestellt und die Erkenntnisse und Ergebnisse des Geruchsgutachtens des Büros M. … ignoriert worden. Auch die Bewertung des IST-Zustands anhand des legalisierten, tatsächlich aber so nicht ausgeführten Betriebs, und die Beschränkung der Erweiterungsabsichten auf eine maßvolle und angemessene Entwicklung sei fehlerhaft. Dem Gutachten des Büro MTS lägen hinsichtlich der Erweiterungsabsichten niedrigere Tierzahlen zugrunde, als tatsächlich beantragt worden seien. Tatsächlich lägen in Bezug auf die Erweiterung des Pferdebestands zwei Erweiterungsanträge vor. Spätestens mit der Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16. August 2021 hätte die Aufstockung auf 18 Pferde geruchstechnisch berücksichtigt werden müssen. Für die geplante Erweiterung der Pferdehaltung auf 18 Pferde sei auch in Kombination mit der Erweiterung der Schweinehaltung und der Errichtung des Zuchtschweinestalls die erforderliche Futtergrundlage vorhanden. Der Zugewinn von weiteren Futterflächen sei geplant. Dazu legte er seine (bislang erfolglosen) Bemühungen um den Erhalt weiterer landwirtschaftlicher Flächen vor. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gehe ausweislich der Stellungnahme vom 21. Juli 2021 von einer Privilegierung aus. Abwägungsfehlerhaft sei auch, dass die Antragsgegnerin trotz der in dem Gutachten des Büros MTS festgestellten Überschreitung der Richtwerte der GIRL unverändert an der Planung festhalte. Diese Fehleinschätzung wiege im Hinblick auf die räumliche Nähe zum Pferdehaltungsbetrieb auf dem Grundstück FlNr. 553 schwer. Die Antragsgegnerin ignoriere auch, dass die vorhandene Bebauung nördlich und südlich des S. … Wegs nach Umsetzung des Bebauungsplans nicht mehr den Abschluss der Wohnbebauung am Ortsrand zum Außenbereich darstelle, sondern sich in Mitten von Wohnbebauung befinde mit der Folge, dass hierfür dann Geruchsrichtwerte für ein allgemeines (bzw. reines) Wohngebiet ohne Bildung von Zwischenwerten angesetzt werden müssten, die durch den bestehenden Betrieb bzw. seiner Erweiterungen überschritten würden. Abwägungsfehlerhaft sei zudem die Auffassung der Antragsgegnerin, dass sich bei Umsetzung aller Erweiterungsvorhaben an der bestehenden Bebauung auf dem Grundstück FlNr. 155/2 eine Überschreitung der zulässigen Geruchsrichtwerte ergäbe und die Vorhaben bereits aus diesem Grunde nicht zugelassen werden könnten, da es sich um ein Grundstück im Außenbereich handle, in dem eine Geruchsjahreshäufigkeit von 20% zulässig sei. Die Antragsgegnerin, die emissionsmindernde Maßnahmen empfehle, gehe selbst von Nachteilen aus, die sich durch die heranrückende Wohnbebauung für den landwirtschaftlichen Betrieb und die Erweiterungsabsichten ergeben könnten. Auch die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung seien unwirksam, da es an dem erforderlichen Summenmaß fehle. Dem Bebauungsplan, der insbesondere zur Erschließung des Bauraums auf dem Grundstück FlNr. 551 keine Festsetzung treffe, fehle es an einem ausreichenden Erschließungskonzept.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Wahl des vereinfachten Verfahrens sei nicht zu beanstanden. Es würden nur Flächen umfasst, die dem Außenbereich zuzuordnen seien. Soweit Flächen in den Umgriff des Bebauungsplans einbezogen worden seien, die nach der Ortsabrundungssatzung bebaubar seien, sei dieser Bereich über die Festsetzung A.1.2 von den Regelungen des Bebauungsplans ausgenommen. Auch die Zulassung von „nicht störenden Handwerksbetrieben“ führe nicht zum Ausschluss des vereinfachten Verfahrens. Der Bebauungsplan habe weder erhebliche Umweltauswirkungen noch sei die Festsetzung von allgemeinen Wohngebieten im vereinfachten Verfahren unzulässig, sofern die nach § 4 Abs. 3 BauNVO möglichen Ausnahmen ausgeschlossen seien. Handwerksbetriebe könnten zudem selbst in einem reinen Wohngebiet zugelassen werden. Ein Handwerksbetrieb, der ansonsten eine Umweltprüfung auslösen würde, sei hier aufgrund der Ausweisung von drei Bauräumen mit Grundflächen von 150 - 180 m² nicht möglich. Der Bebauungsplan sei städtebaulich erforderlich. Unabhängig davon, dass sich aus einer Verletzung des Gebotes der Erforderlichkeit keine schweren Nachteile für den Antragsteller ergeben würden, könne schon aus grundsätzlichen Erwägungen bei der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets nicht von einem Etikettenschwindel ausgegangen werden, wenn tatsächlich ein „reines Wohngebiet“ entstehen würde, da beide Wohngebiete dem Wohnen dienen würden. Vorliegend sei ein Gebiet festgesetzt worden, dass vorwiegend dem Wohnen dienen solle, da in der Feinsteuerung nicht nur Wohngebäude zugelassen worden seien, sondern auch der Versorgung dienende Läden sowie nicht störende Handwerksbetriebe. Der Bebauungsplan leide auch nicht an Abwägungsfehlern. Das erforderliche Abwägungsmaterial sei ermittelt und bewertet worden. Unklare oder unverbindliche Erweiterungsabsichten seien für die Abwägung nicht erheblich. Die Erweiterungsabsichten auf dem Grundstück FlNr. 545 seien nach den vorliegenden Gutachten hinsichtlich der damit einhergehenden (geruchlichen) Auswirkungen für den Bebauungsplan - unabhängig von der Frage der Genehmigungsfähigkeit des Zuchtschweinestalls - nicht relevant. Auch die Erweiterungsabsichten auf dem Grundstück FlNr. 553 seien mangels ausreichender Futtergrundlagen und hofnaher Koppelflächen nicht umsetzbar. Die Absicht, in der nächsten Zeit „weitere Futterflächen hinzuzugewinnen“, reiche nicht aus. Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung seien nicht zu beanstanden. Festgesetzt sei eine bauraumbezogene Grundfläche, zu der auch diejenigen baulichen Anlagen zählten, die gemäß der Festsetzung 4.3 die Bauraumgrenze überschreiten dürften. Dabei handle es sich um Anlagen, die nur im Zusammenhang mit der Hauptanlage errichtet werden könnten und mit dieser baulich verbunden seien. Mit dem Erschließungskonzept könne aufgrund der vorhandenen Eigentumsverhältnisse die Erschließung in zweiter Reihe gesichert werden. Mit Erschließungsmaßnahmen sei noch nicht begonnen worden, eine Ausnutzung der Baurechte sei derzeit (noch) nicht möglich. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass der von dem Antragsteller genannte (neue) Aufstellungsbeschluss ausweislich der Homepage der Gemeinde einen bereits bebauten Bereich im Ortsteil E. …bach betreffe und eine diesbezügliche Beeinträchtigung des Betriebs des Antragstellers bzw. seiner Erweiterungsabsichten auszuschließen sei.
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Die Antragsgegnerin hat neben dem streitgegenständlichen Bebauungsplan die Bebauungspläne „Am B..feld“ und „Am W. … Weg“ beschlossen, die Gegenstand der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Normenkontrollverfahren 1 N 22.1308 und 1 N 22.1209 bzw. Normenkontrolleilverfahren 1 NE 22.1604 und 1 NE 22.1605 sind.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Normaufstellungsakten sowie auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren 1 N 22.1934 verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO bleibt ohne Erfolg.
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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Der Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks ist antragsbefugt, wenn er eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen kann. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.2020 - 4 BN 23.12 - juris Rn. 4; B.v. 17.7.2019 - 3 BN 2.18 - NVwZ-RR 2019, 1027; B.v. 22.8.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ 2000, 1413). Zu den abwägungserheblichen Belangen zählt auch das Interesse eines Landwirts, mögliche Einschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebs durch eine heranrückende Wohnbebauung zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - ZfBR 2014, 37; BayVGH, B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 23), wobei auch ein hinreichend konkretisiertes Interesse an einer Betriebsentwicklung in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 - 4 BN 44.98 - NVwZ-RR 1999, 423; BayVGH, U.v. 10.5.2016 - 9 N 14.2674 - BayVBl 2017, 413). Aufgrund der Nähe seiner Betriebsstellen zur künftigen Wohnbebauung, aufgrund der mit den gestellten Vorbescheids- bzw. Bauanträgen konkretisierten und in Richtung des Plangebiets orientierten Erweiterungsabsichten sowie des eingeholten Gutachtens des Büros M. … vom 25. Januar 2021 ist der Antragssteller unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten über dessen Aussagekraft in abwägungsrelevanten Belangen betroffen. Er hat hinreichend substantiiert dargelegt, dass diese Belange von der Antragsgegnerin möglicherweise falsch behandelt worden sind.
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2. Der Antrag ist unbegründet.
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Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. § 47 Abs. 6 VwGO stellt an die Aussetzung einer Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (vgl. BVerwG, B.v. 18.5.1998 - 4 VR 2.98 - NVwZ 1998, 1065). Prüfungsmaßstab bei einem Bebauungsplan sind die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages in der Hauptsache. Erweist sich, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 - BauR 2015, 968). Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, B.v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 - juris Rn. 4).
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Gemessen an diesen Maßstäben hat der Normenkontrollantrag nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg.
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2.1 Die vorgetragenen Gründe zeigen nicht auf, dass der Bebauungsplan formell rechtswidrig ist. Der Erlass des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren gemäß § 13b BauGB begegnet nach summarischer Prüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Die Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich erfüllt. Das Bebauungsplangebiet schließt an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinn des § 13b BauGB an. Soweit der Bebauungsplan auch Flächen miteinbezieht, die (bereits) nach der Ortsabrundungssatzung bebaubar sind, handelt es sich nicht mehr um Außenbereichsflächen. Eine gegebenenfalls aus städtebaulichen Gründen erforderliche Arrondierung wäre damit grundsätzlich auf § 13a BauGB zu stützen (vgl. VGH BW, U.v. 10.6.2021 - 8 S 949/19 - BauR 2021, 1767 zu den Anforderungen an eine kombinierte Anwendung von § 13a BauGB und § 13b BauGB). Vorliegend sind diese Flächen ausweislich der Festsetzung A.1.2 von den Regelungen des Bebauungsplans ausgenommen, die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben richtet sich daher nach den Festsetzungen der Ortsabrundungssatzung „E. …bach westlich der B. … Straße“ bzw. nach § 34 BauGB. Der Regelungsbereich des Bebauungsplans beschränkt sich daher auf die dem Außenbereich zuzuordnenden Flächen.
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Der Antragsteller zieht weiter die Tatbestandsvoraussetzung der „Wohnnutzung“ in Zweifel. § 13b BauGB ermöglicht die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens nur zu dem Zweck, die „Zulässigkeit von Wohnnutzungen“ zu begründen. Nach mittlerweile gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung können in einem Bebauungsplan gemäß § 13b BauGB allgemeine Wohngebiete ausgewiesen werden; allerdings müssen - wie hier - über § 1 Abs. 5 BauNVO die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 5 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausgeschlossen werden. Denn diese Nutzungen können auch im weitesten Wortsinnverständnis nicht vom Tatbestandsmerkmal „Wohnnutzungen“ als gedeckt angesehen werden (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2022 - 15 N 21.2929 - juris Rn. 13; VGH BW, U.v. 11.5.2022 - 3 S 3180/19 - BauR 2022, 1442; OVG NW, U.v. 10.2.2022 - 7 D 260/20.NE - BauR 2022, 732; OVG SH, B.v. 24.11.2020 - 1 MR 10/20 - juris Rn. 40; SächsOVG, B.v. 18.6.2020 - 1 B 232/20 - juris Rn. 42; OVG RhPf, U.v. 7.6.2018 - 1 C 11757/17 - juris Rn. 30). Grundsätzlich zulässig können allerdings Nutzungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauNVO sein (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2018 - 2 NE 17.2528 - juris Rn. 25). Im streitgegenständlichen Bebauungsplan steht die Wohnnutzung im Vordergrund. Denn der Bebauungsplan hat vorliegend alle nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausgeschlossen.
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2.2 Es fehlt nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit für die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
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Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 - 4 BN 2.17 - juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 - BVerwGE 153, 16; U.v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137). Dabei gilt das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit für jede einzelne Festsetzung des Bebauungsplans (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239; U.v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - DVBl 2001, 377).
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Nach diesen Maßstäben liegt ein Verstoß gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit der Bauleitplanung nicht vor. Dem Plan liegt in seiner Gesamtheit eine nachvollziehbare städtebauliche Konzeption zugrunde. Städtebauliches Ziel des Bebauungsplans ist die Schaffung von Wohnraum, einer Versorgungsinfrastruktur sowie die Fortentwicklung eines vorhandenen Ortsteils (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 und 4 BauGB). Es ist nicht erkennbar, dass mit der Planung keine städtebaulichen, sondern anderweitige Ziele verfolgt worden wären.
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Auch die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets entbehrt nicht der städtebaulichen Rechtfertigung. Es handelt sich nicht um einen Fall des unzulässigen Etikettenschwindels. Dieser liegt vor, wenn eine dem Baugebietstyp entsprechende Nutzungsstruktur tatsächlich gar nicht angestrebt wird, sondern vorgeschoben ist, um das (eigentliche) Planungsziel zu verdecken (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 - 4 CN 5.01 - BauR 2002, 1348; OVG NW, U.v. 9.6.2022 - 7 D 49/17.NE - BauR 2022, 1303).
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Bei der Entscheidung für einen Baugebietstyp muss sich die Gemeinde daran orientieren, welche bauliche Nutzungen in dem Gebiet zulässig sein sollen und nach Maßgabe der übrigen Festsetzungen auch zugelassen werden können. Unzulässig ist es, einen bestimmten Gebietstyp nur deshalb zu wählen, um andere Immissionsschutzmaßstäbe anwenden oder sonstige vorteilhafte Möglichkeiten des gewählten Baugebietstyps ausnutzen zu können. Ob dies der Fall ist oder nicht, richtet sich nach dem wahren Willen der Gemeinde, so wie er aus dem Planungsvorgang und dem Planungsergebnis zutage tritt. Die Antragsgegnerin hat das neue Baugebiet vorrangig zur Erfüllung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung ausgewiesen (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB). Das Planungsziel, das auch in der Begründung des Bebauungsplans deutlich zum Ausdruck kommt, sowie die Beschränkung auf wohngebietstypische Einzel- und Doppelhäuser, stehen der Ausweisung eines allgemeinen Wohngebiets, das nach § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen dient, nicht entgegen. Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets nur vorgeschoben ist, um im Bereich der zulässigen Geruchsimmissionswerte zu bleiben. Denn die Antragsgegnerin hat mit der Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets differenziert und ausweislich der textlichen Festsetzungen A.2.1.1 und A.2.1.2 die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden sowie nicht störende Handwerksbetriebe und damit in substantiellem Umfang Nutzungen zugelassen, die in einem reinen Wohngebiet gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO nicht allgemein zulässig wären. Durch die Zuordnung wohnaffiner Nutzungen unterscheidet sich das allgemeine Wohngebiet von einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO, das ausschließlich dem Wohnen dient. Es ist auch nicht ausgeschlossen, in dem Plangebiet die festgesetzten Nutzungen zu verwirklichen, insbesondere auch durch eine gemischte Nutzung der Gebäude.
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2.3 Die Planung leidet nicht unter beachtlichen Abwägungsmängeln.
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Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB). Denn die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 - 4 B 71.17 - ZfBR 2018, 601). Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537; B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573; U.v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301).
29
Daran gemessen liegt der von dem Antragsteller gerügte Ermittlungs- und Bewertungsfehler, insbesondere die Unrichtigkeit der Annahmen in den von der Antragsgegnerin eingeholten Geruchsgutachten, nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht vor.
30
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Interesse des Antragstellers an der landwirtschaftlichen Nutzung der beiden Grundstücke einschließlich des konkretisierten Interesses an einer Betriebsentwicklung (auch auf dem Grundstück FlNr. 545) sowie des Interesses, vor den Nachteilen eines Heranrückens einer schutzbedürftigen, geruchsempfindlichen Wohnbebauung verschont zu bleiben, zu berücksichtigen. Diese Interessen müssen ein gewisses Gewicht haben und zudem schutzwürdig sein (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - ZfBR 2014, 377; B.v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 - NVwZ-RR 2001, 82; B.v. 10.11.1998 - 4 BN 44.98 - NVwZ-RR 1999, 423).
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Die Einschätzung, dass eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 15% entsprechend einem Dorfgebiet aufgrund der Situationsgebundenheit der landwirtschaftlichen Betriebe in der Nähe zu bereits bestehender Wohnbebauung und der Lage des Plangebiets im Übergangsbereich zum Außenbereich zumutbar sei, ist als solche nicht zu beanstanden und wird auch vom Antragsteller nicht in Frage gestellt. Ausweislich der Niederschriften über die Gemeinderatssitzungen der Antragsgegnerin vom 5. Juli 2021 und 24. Januar 2022 wurde dabei berücksichtigt, dass die gewachsenen Strukturen des Ortsteils E. …bach in diesem Bereich einen dörflichen Charakter haben, der sich sowohl aus aktiven als auch aus ehemaligen Hofstellen sowie aus den an den Ortsteil angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen ergibt. Bei den Werten der GIRL, die zur Bewertung von Geruchsbelästigungen in der Bauleitplanung herangezogen werden können (vgl. BVerwG, B.v. 7.5.2007 - 4 B 5.07- BauR 2007, 1454), handelt es sich um Orientierungswerte, die im Rahmen der Abwägung in begründeten Einzelfällen - etwa im Übergangsbereich zum Außenbereich oder bei einer Planung in der Nähe emittierender Betriebe - überschritten werden können (vgl. BVerwG, B.v. 28.9.1993 - 4 B 151.93 - NVwZ-RR 1994, 139). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass derjenige, der in die Nähe eines landwirtschaftlichen Betriebs zieht, selbstverständlich die Vorbelastung in seine Entscheidung für den neuen Wohnort einzustellen hat. Seine Schutzwürdigkeit ist entsprechend verringert, sodass ihm ein Anspruch auf die sonst einzuhaltenden Immissionsrichtwerte nicht einschränkungslos zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187). Mit dem Ansatz der zumutbaren Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 15% für das Plangebiet wird das situationsbedingte Schutzniveau des festgesetzten Baugebiets zutreffend beschrieben und vertretbar bewertet (vgl. OVG NW, B.v. 8.2.2017 - 10 B 1176/16.NE - juris Rn. 25). Die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats, die einen vom eingeschalteten Gutachter prognostizierten Geruchsimmissionswert von 10,7 bis 13,4% im IST-Zustand und maximal 15,1% für Erweiterungen des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers für zumutbar erachtet, ist trotz der Überschreitung nicht zu beanstanden. Denn die Antragsgegnerin hat erkannt, dass es sich lediglich um eine Erhöhung des Orientierungswerts um 0,1% und damit um eine geringfügige Erhöhung handelt. Darüber hinaus betrifft der erhöhte Wert nur das auf dem Grundstück FlNr. 551 vorgesehene östliche Baufenster in einer Höhe von 1,5 m. Insoweit wurde die Baugrenze verkleinert und auf den nördlichen Teilbereich beschränkt, sodass sich der erhöhte Wert auf der Baugrenze befindet (vgl. Niederschriften der Gemeinderatssitzungen vom 5. Juli 2021 und 24. Januar 2022). Zur Kompensation der Geruchsbelastungen von mehr als 15% der Jahresgeruchsstunden kann gegebenenfalls auch auf das Mittel der architektonischen Selbsthilfe zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, B.v. 28.9.1993 - 4 B 151.93 - NVwZ-RR 1994, 139; BayVGH, B.v. 23.2.2021 - 15 CS 21.403 - juris Rn. 91). Auch das hat die Antragsgegnerin erkannt und in ihre Abwägungsentscheidung aufgenommen. Im Hinblick auf die geringfügige Überschreitung dieses Wertes bei einem Baufenster liegen (noch) gesunde Wohnverhältnisse vor.
32
Auch die Ermittlung und Bewertung der tatsächlichen Grundlagen für die Geruchsprognose sind nicht zu beanstanden. Nach der Immissionsprognose der MTS - zuletzt mit Gutachten vom 29. Oktober 2021 - liegen die Immissionswerte im Planungsbereich für den IST-Zustand auf den Hofstellen des Antragstellers zwischen 10,7 und 13,4%. Dabei wurde für das Grundstück FlNr. 540 eine Tierhaltung zur zeitweisen Nutzung für Schweinemast bzw. Mastlämmer von 360 Mastschweinen, 320 Mutterschafen, 224 Mastlämmer und Jungschafen und maximal 146 Ferkel berücksichtigt sowie für die Pferdehaltung auf dem Grundstück FlNr. 553 insgesamt 6 Pferde. Insoweit ist nur auf die genehmigte Nutzung abzustellen. Für verschiedene Erweiterungsmöglichkeiten liegen die Immissionswerte bei maximal 15,1%. Der Untersuchung liegt u.a. nach der umfangreichsten Erweiterungsmöglichkeit (Erweiterung C) eine Erhöhung des Tierbestands - Erhöhung der Anzahl der Mastschweine auf 456 Stück und zusätzlich eine Erhöhung des Tierbestands von bis zu einem Drittel der vom Antragsteller geplanten Errichtung eines Zuchtschweinestalls auf dem Grundstück FlNr. 545 (2 Eber, 33 Sauen, 231 Ferkel und 10 Jungsauen) - zugrunde. Für die Pferdehaltung auf dem Grundstück FlNr. 553 wurde die Zahl der Pferde auf 8 erhöht.
33
Die beabsichtigte Errichtung eines Zuchtschweinestalls auf dem Grundstück FlNr. 545 ist schon deshalb nicht entscheidend, weil das nördlich gelegene Plangebiet von einer möglichen Geruchsfahne eines Aussiedlungsstandorts nur unwesentlich betroffen ist (vgl. Abb. 23 des Gutachtens M. … vom 25. Januar 2021). Die auf dem Grundstück FlNr. 553 beabsichtigte Erhöhung des Pferdebestands auf 20 bis 22 Pferde ist nicht zu berücksichtigen. Das Landratsamt als zuständige Baugenehmigungsbehörde hat mit Schreiben vom 28. April 2021 den Antrag des Antragstellers auf Aufstockung des Pferdebestands, insbesondere um weitere 14 Pferde, als nicht für genehmigungsfähig erachtet (vgl. Niederschrift der Gemeinderatssitzung vom 5. Juli 2021). Insoweit lässt sich zwar der Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 17. Januar 2022 entnehmen, dass der Ausbau der Pensionspferdehaltung auf 16 bis 18 Pensionspferden nach neueren Erkenntnissen eine dienende Funktion für den Betrieb habe, da der Antragsteller noch extra 4,4 ha Futterflächen zugekauft und weitere 1,5 ha langfristig zugepachtet habe, um die geplante Tierhaltung realisieren zu können und die bewirtschaftete Fläche für die geplante Schweine- und Pensionstierhaltung für die überwiegend eigene Futtergrundlage ausreiche. Unabhängig davon, dass es nicht Aufgabe des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist, rechtliche Bewertungen abzugeben, sondern aufgrund ihrer Sachkenntnis tatsächliche Feststellungen zu treffen, war die Gemeinde im Normaufstellungsverfahren nicht gehalten, weitere Nachforschungen über die Geeignetheit der Futterflächen für die beabsichtigte Erweiterung zu betreiben und eine Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde vorweg zu nehmen. Eine ausreichende Futtergrundlage ist aufgrund der vorliegenden abweichenden Zahlen nicht offensichtlich gegeben. Unklare Erweiterungsabsichten muss die Gemeinde vernünftigerweise nicht in ihre Planungen einstellen (vgl. BVerwG, B.v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 - BauR 2001, 83). Es kommt daher nicht mehr auf mögliche Auswirkungen der ursprünglich geplanten Dungstätte an. Hinzu kommt, dass ungeachtet der mit Bescheid des Landratsamts vom 5. August 2016 genehmigten weiteren drei Wohnungen die Vergrößerung des Betriebs unter Beibehaltung der zwischenzeitlich vermieteten Wohnungen ungewiss ist. Zu der Vereinbarkeit der Wohnungen mit einer Erweiterung hat der Antragsteller nichts dargelegt.
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Soweit der Antragsteller einen Ermittlungs- bzw. Bewertungsfehler darin sieht, dass die vorhandene Bebauung nördlich und südlich des S. … Wegs nach Umsetzung des Bebauungsplans nicht mehr den Abschluss der Wohnbebauung am Ortsrand darstellt mit der Folge, dass hierfür künftig Geruchsrichtwerte mindestens für ein allgemeines Wohngebiet ohne Bildung von Zwischenwerten angesetzt werden müssten, übersieht er, dass für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, vor allem der Charakter der Umgebung heranzuziehen ist. Bei der Bestimmung der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen sind etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen, die eine schutzbedürfte Nutzung an einem Standort vorfindet, der - wie hier - durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 m.w.N
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Soweit der Antragsteller moniert, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Hinweis auf mögliche emissionsmindernde Maßnahmen im Hinblick auf eine verträgliche Form der Erweiterung die Nachteile einer heranrückenden Wohnbebauung erkenne, ohne sie fehlerfrei in die Abwägungsentscheidung aufzunehmen, übersieht er, dass seine (immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige) (Hof-)Anlage, soweit sie von einer Vorbelastung profitieren möchte, seinerseits so zu errichten und zu betreiben ist, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187).
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2.4 Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung genügen den gesetzlichen Anforderungen.
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Gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ist im Bebauungsplan bei einer Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen festzusetzen. Dabei muss die zulässige Grundfläche für alle Anlagen, die bei der Ermittlung der Grundfläche mitzurechnen sind, festgesetzt werden. Das ist hier der Fall. Der Bebauungsplan setzt jeweils eine bauraumbezogene Grundfläche von 150 m² bzw. 180 m² fest. Soweit nach der Festsetzung A.4.1 Außentreppen, Vordächer, Balkone, Terrassen und Terrassenüberdachungen außerhalb des Bauraums zugelassen sind, handelt es sich um bauliche Anlagen, die im Zusammenhang mit der Hauptanlage errichtet werden und - soweit sie mit dieser baulich verbunden sind - als Bestandteile der „Hauptanlage“ anzusehen und bei der bauraumbezogenen Grundfläche mitzurechnen sind (vgl. BayVGH, U.v. 7.9.2021 - 1 N 18.870 - juris Rn. 41 m.w.N.). Die Kritik des Antragstellers zu der Festsetzung betrifft die hinreichende Bestimmtheit der Festsetzung und trifft aus den vorgenannten Gründen nicht zu.
38
2.5 Es bedurfte auch keines Erschließungskonzepts im Hinblick auf das Grundstück FlNr. 551. Die Antragsgegnerin durfte angesichts der Eigentumsverhältnisse die Sicherstellung der Erschließung des südlich gelegenen Bauraums dem Baugenehmigungsverfahren überlassen. Eine Baugenehmigung kann (auch bei Identität der Eigentümer der Grundstücke) nur erteilt werden, wenn die Erschließung rechtlich gesichert ist. Hierauf wird auch in dem Hinweis Nr. B.27 Bezug genommen. Einer zwingenden Festsetzung einer mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten belasteten Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB bedurfte es daher nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nummern 1.5 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
40
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).