Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 16.11.2022 – AN 2 E 22.02063
Titel:

Anordnungen eines Universitätspräsidenten betreffend die Arbeitszeit von wissenschaftlichem Lehrstuhlpersonal

Normenketten:
ArbZG § 22
BayPVG § 75 Abs. 4 S. 1 Nr. 1
TV-L § 7, § 8
GG Art. 5 Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Der Dienstherr kann einem Beamten weitere Aufgaben übertragen, soweit hiergegen nicht im Einzelfall besondere sachliche oder persönliche Gründe sprechen, worunter auch die Übertragung von Arbeitgeberbefugnissen durch den Präsidenten einer Universität  auf einen Lehrstuhlinhaber fällt. Der Präsident kann im Gegenzug delegierte Aufgaben im Rahmen seines Organisationsermessens wieder an sich ziehen, sofern er nicht willkürlich handelt, also ein sachlicher Grund hierfür vorliegt, etwa wenn ein rechtswidriger Zustand bezüglich der Mitbestimmungsrechte des Personalrats hinsichtlich der Arbeitszeit der Lehrstuhlmitarbeiter vorliegt. (Rn. 65 – 66) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Art. 75 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BayPVG ist die Verteilung der Arbeitszeit des wissenschaftlichen Personals mitbestimmungspflichtig, wenn diese Verteilung Arbeitszeiten in der Nacht, an Sonn- und Feiertagen sowie an Samstagen nach 13:00 Uhr beinhaltet und deswegen Zeitzuschläge auslöst. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
3. In dem rechtswidrigen Zustand aufgrund ausgebliebener Mitbestimmung des Personalrats hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit des wissenschaftlichen Personals an einem Lehrstuhl liegt ein sachlicher Grund, der es dem Präsidenten der Universität im Rahmen seines Organisationsermessens erlaubt, die Anordnung von Überstunden und Mehrarbeit durch den Lehrstuhlinhaber von seiner Zustimmung abhängig zu machen. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit eines Lehrstuhlinhabers dergestalt, dass dieser nicht ohne Zustimmung des Universtitätspräsidenten und vorheriger Einbindung des Personalrats Überstunden und Mehrarbeit sowie Forschungstätigkeiten seiner Mitarbeiter im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen anordnen kann, ist gerechtfertigt. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Arbeitgeberbefugnisse an einer Universität, Organisationsermessen des Präsidenten, Wissenschaftsfreiheit eines Universitätsprofessors, Mitbestimmungsrechte des Personalrats
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40160

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller greift Anordnungen des Präsidenten der …Universität … betreffend die Arbeitszeit des an seinem Lehrstuhl beschäftigten wissenschaftlichen Personals an.
2
Der Antragsteller ist Inhaber des Lehrstuhls für …) an der …Universität … (im Folgenden: …). Es handelt sich hierbei um einen … Lehrstuhl, der sich mit … befasst. Vor allem erforscht der … Unter dem 27. April 2020 wurde der Antragsteller vom Kanzler der … angeschrieben und auf Vorwürfe seitens des Personalrats zu den Arbeitsbedingungen am … hingewiesen mit der Bitte um Stellungnahme.
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Hierauf teilte der Antragsteller mit E-Mail vom 20. Mai 2020 mit, dass am … keine interne Arbeitszeitregelung für wissenschaftliches Personal existiere und die Tätigkeit als SEM-Operateur absolut freiwillig erfolge.
4
Mit Schreiben des Präsidenten der … vom 28. Juli 2020 wurde der Antragsteller erneut mit verschiedenen Fragestellungen des Personalrats zu den Arbeitsbedingungen an seinem Lehrstuhl konfrontiert und um detaillierte Stellungnahme gebeten. Insbesondere teilte der Präsident der … mit, dass vorgebracht werde, der Antragsteller habe an seinem Lehrstuhl Regelarbeitszeiten angeordnet, die die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß TV-L erheblich überschritten, sowie dass von ihm allgemeine Arbeitszeitregelungen getroffen worden seien, die von dem an der … praktizierten Modell der Gleitzeit abwichen, ohne dass insoweit die erforderliche Mitbestimmung des Personalrats (Art. 75 Abs. 4 Nr. 1 BayPVG, § 1 Abs. 2 Rahmen-DV Arbeitszeit) stattgefunden hätte. Der Präsident der FAU wies weiter darauf hin, dass unabhängig von der Frage der Erfassung der Arbeitszeiten für wissenschaftliches Personal die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten seien und derartige Maßnahmen ausschließlich mit Zustimmung des Personalrats getroffen werden dürften (Art. 70 BayPVG). Arbeiten am Lehrstuhl seien nur innerhalb der tarifvertraglich zulässigen Arbeitszeiten anzuordnen. Sofern der Arbeitsorganisation zufolge die Tätigkeit als „…“ Überstunden, Nachtarbeit und Sonntagsarbeit erfordere, sei hierfür der tarifvertragliche Ausgleich nach § 8 TV-L zu gewähren.
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Darüber hinaus ordnete der Präsident mit demselben Schreiben vom 28. Juli 2020 mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres an, dass Überstunden und Mehrarbeit nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung angeordnet werden dürften und die Tätigkeit der sogenannten „…“ auf die tarifvertraglich zulässigen Arbeitszeiten zu begrenzen sei.
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Hierzu nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 9. August 2020 im Wesentlichen wie folgt Stellung: Die Behauptung, dass er Regelarbeitszeiten angeordnet habe, welche die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten erheblich überschritten, stimme nicht. Am Lehrstuhl gebe es keine allgemeinen Arbeitszeitregelungen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, es gebe keine Kontrolle der Arbeitszeit. Diese könnten ihre Arbeitszeit frei einteilen und Mehrarbeit, die an einzelnen Tagen (selbstbestimmt) anfalle, an anderen Tagen frei kompensieren. … (im Folgenden: …)-Untersuchungen würden zu „normalen Arbeitszeiten“ durch Technikerinnen durchgeführt. Zusätzlich würden (auf eigenen Wunsch) Postdocs und Promovierende als „…“ ausgebildet. Es herrsche rege Nachfrage nach dieser Ausbildung, da die Aufgabe als „…“ wesentliche Vorteile mit sich bringe - speziell werde dadurch ein direkter Zugang und selbständiges Arbeiten am … ermöglicht. Die einzige Regel sei, dass die „…“ sich verpflichteten, …-Untersuchungen auch für Kollegen und Kolleginnen ohne direkten Zugang zum REM durchzuführen (dies in Stunden, wenn das Gerät nicht durch Technikerinnen belegt sei). Es gebe keine Dienstanweisungen zur Leistung von Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit. Naturgemäß und wie weithin in der naturwissenschaftlichen Forschung üblich gebe es bei Forschenden Perioden, in welchen Promovierende oder PostDocs auch außerhalb von normalen Bürozeiten arbeiteten (im Labor oder zu Hause). Dies sei einerseits bedingt durch die Natur der experimentgesteuerten Forschung (das Experiment verlange es, nicht die Person) und andererseits durch die Randbedingungen der Forschung (viele Langzeitexperimente bedingten regelmäßige Kontrollen, Verfügbarkeit der Geräte). Auch bei Forschungsaufenthalten an Großgeräten könne die Arbeit nicht durch den „Normtag“ getaktet werden.
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Mit Schreiben des Präsidenten der … vom 14. August 2020 teilte dieser daraufhin insbesondere mit, ungeachtet der Vorteile und des Privilegs, das mit der Ausbildung zum … verbunden sein möge, sei der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, seinen Betriebsablauf so zu organisieren, dass Arbeiten innerhalb der tarifvertraglich zulässigen Arbeitszeit ausgeübt werden könnten. Die derzeitige Organisation am … schließe aus, dass Postdocs und Promovierende Untersuchungen am … innerhalb der üblichen Arbeitszeiten durchführten, da diese „normalen Arbeitszeiten“ regelmäßig von Technikerinnen ausgeschöpft seien. Somit bestehe faktisch das Erfordernis, Dienstzeiten der am … ausgebildeten Postdocs und Promovierenden exakt vorab zu planen und in die Abendstunden oder auf Sonn- und Feiertage zu verlegen. Auch wenn es aus Sicht des Lehrstuhls keine anderweitige Möglichkeit zur lehrstuhlinternen Organisation der Arbeitsabläufe geben möge, könne der Lehrstuhl nicht eigenständig darüber entscheiden, von dem an der … geltenden Modell der Gleitzeit abzuweichen und Arbeitszeiten der Beschäftigten regelmäßig auf die Abendstunden oder auf Sonn- und Feiertage zu verlegen. Für derartige Entscheidungen müsse zwingend der Personalrat der … eingeschaltet werden und es sei eine Dienstvereinbarung über die Arbeitszeiten der Beschäftigten am … zu treffen. Im Übrigen sei eine konkludente Anordnung von Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit am … zu bejahen. Von einer Anordnung sei bereits dann auszugehen, wenn eine bestimmte zugewiesene Arbeit nicht innerhalb der normalen Arbeitszeiten zu leisten sei. Schließlich erfolgte der Hinweis, dass die im Schreiben vom 28. Juli 2020 erfolgte Anordnung aufgehoben werden könne, sobald eine Vereinbarung mit dem Personalrat bzgl. der Organisation der Nutzungszeiten des … geschlossen worden und sichergestellt sei, dass Überstunden sowie Nacht- und Sonntagsarbeit der Beschäftigten am … dokumentiert und vergütet würden.
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Mit E-Mail vom 28. Oktober 2020 teilte der Antragsteller dem Präsidenten der … mit, dass er zwischenzeitlich einen Vorschlag des Personalrats für eine Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit am … zwischen der Leitung des Lehrstuhls und dem Personalrat der … erhalten habe. Die Vorlage sei im Grunde eine Regelung, die für technische Mitarbeiter und Verwaltungspersonal gemacht und gedacht sei. Der Personalrat wolle dies auch auf wissenschaftliche Mitarbeiter anwenden. Dies sei für diese inakzeptabel. Dies sei keine Angelegenheit, die zwischen einem Lehrstuhl und dem Personalrat gelöst werden könne, sondern bedürfe einer universitätsweiten, wenn nicht sogar landesweiten Regelung.
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Mit Schreiben vom 1. Februar 2021 wurde gegen den Antragsteller ein Disziplinarverfahren seitens der … eingeleitet. Dem Antragsteller wurde insoweit zur Last gelegt, gegen arbeitsschutzrechtliche Vorschriften und die dienstliche Weisung vom 28. Juli 2020 verstoßen zu haben. Der Personalabteilung seien Unterlagen vorgelegt worden, die die Arbeit von … am … im Zeitraum vom 27. Juli 2020 bis 11. Oktober 2020 in den Nachtstunden sowie an Samstagen und an Sonntagen belegten. Darüber hinaus sei die Personalabteilung von Beschäftigten darüber informiert worden, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsgruppe des Antragstellers sowohl vor dem 28. Juli 2020 als auch in der Folgezeit regelmäßig in den Nachtstunden sowie an Samstagen und Sonntagen Dienstaufgaben am … erbringen würden.
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Mit weiterem Schreiben des Präsidenten der … vom 1. Februar 2021 wurde mit sofortiger Wirkung der Dienstbetrieb am … im Zeitraum von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr sowie an allen Samstagen, Sonn- und Feiertagen untersagt. Es wurde darauf hingewiesen, dass über die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme nach Verhandlung einer Dienstvereinbarung über die Arbeitszeiten der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu zu entscheiden sein werde.
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Mit E-Mail vom 20. Februar 2021 teilte der Antragsteller insbesondere mit, die Dienstvereinbarung in der jetzigen Form sei für ihn doch ein schwerer Eingriff in die Abläufe eines … Lehrstuhls (sie behandele Forscher wie Techniker). Er habe seine Bedenken und Einwände dazu bereits in zwei E-Mails (28. Oktober 2020 und 15. Dezember 2020) dargelegt. Hierauf habe er leider keine Antwort bekommen.
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Mit E-Mails vom 17. Februar 2021, 18. Februar 2021 und 17. März 2021 erfolgten Anfragen von Mitarbeitern des … im Hinblick auf die Anordnung vom 1. Februar 2021, insbesondere dahingehend, ob mit Blick auf Langzeitversuche bzw. die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch außerhalb der Rahmenarbeitszeiten gearbeitet werden könne.
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Diese Anfragen wurden im Wesentlichen und sinngemäß dahingehend beantwortet, dass Wochenendarbeit und Nachtarbeit eine Dienstvereinbarung zwischen … und Personalrat erforderten, ein Entwurf einer solchen Dienstvereinbarung bereits vorliege, dieser aber vom Antragsteller noch nicht unterschrieben worden sei.
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Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17. Mai 2021 ließ der Antragsteller beantragen, die Anordnung vom 28. Juli 2020 aufzuheben. Die Anordnung sei rechtlich nicht zulässig (wurde weiter ausgeführt). Auch könne die Aufhebung der im Schreiben vom 28. Juli 2020 erfolgten Anordnung nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine Vereinbarung mit dem Personalrat bzgl. der Organisation der Nutzungszeiten des … geschlossen werde und sichergestellt sei, dass Überstunden sowie Nacht- und Sonntagsarbeit der Beschäftigten am … dokumentiert und vergütet würden. Der Abschluss einer Dienstvereinbarung sei nicht geboten. Darüber hinaus bestünden Bedenken, inwieweit eine derartige Vereinbarung überhaupt wirksam durch einen einzelnen Lehrstuhl abgeschlossen werden könne.
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Hierauf teilte der Präsident der … mit Schreiben vom 21. Juni 2021 im Wesentlichen mit, es gehe nicht um Ausnahmefälle, bei denen am Wochenende gearbeitet werde, sondern um systematische Arbeit an Wochenenden. Dem Personalrat sowie der Personalabteilung lägen Informationen vor, dass die gesamte Arbeitsgruppe des Antragstellers regelmäßig am Wochenende arbeite, und zwar unabhängig von Langzeitversuchen. Daraus resultiere auch die unterschiedliche Behandlung zu anderen Lehrstühlen, die keine Dienstpläne für das Wochenende aufstellten und Überstunden nur dann ermöglichten bzw. anordneten, wenn es wissenschaftlich sinnvoll und erforderlich sei. Selbstverständlich sei dadurch die Wissenschaftsfreiheit des Antragstellers nicht angetastet worden und werde es auch nicht. Das Tarifrecht betreffe im Übrigen nur die Mitarbeiter/innen des …, den Antragsteller als Beamten aber nicht. Insbesondere finde dadurch auch keine erhebliche Einschränkung der Forschungstätigkeit am … statt. Es werde keine Veranlassung gesehen, die Anordnung vom 28. Juli 2020 zurückzunehmen. Der Abschluss einer Dienstvereinbarung sei sehr wohl geboten. Mit der … sei dem Antragsteller in … von der Universitätsleitung die Pflicht übertragen worden, die Arbeitszeit in dessen Verantwortungsbereich unter Mitbestimmung des Personalrats zu regeln.
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Unter dem 21. Juni 2021 erfolgte eine Beschwerde vom Wissenschaftlerteam des … über die strengen Regelungen der Wochenend- und Tagesarbeitszeit, die laut Aktenlage nicht beantwortet worden ist.
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Mit E-Mail vom 8. Juli 2021 erwiderte der Antragsteller auf das Schreiben des Präsidenten der … vom 21. Juni 2021 und stellte insbesondere dar, dass die vorgebrachten Vorwürfe teils unzutreffend bzw. die vorgeschlagenen Lösungen nicht praktikabel seien.
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Unter dem 23. Juli 2021 teilte die Landesanwaltschaft Bayern mit, dass sie einer Übernahme des Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller nicht zustimme, da sie im vorliegenden Fall die Befugnisse des Dienstvorgesetzten für ausreichend halte (Art. 35 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 31 ZustV).
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Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. Oktober 2021, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, hat der Antragsteller Klage erhoben und zugleich zwei Eilanträge stellen lassen.
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Mit Beschluss vom 19. Mai 2022 hat das Gericht nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen beide Eilverfahren eingestellt, nachdem die Anordnungen vom 28. Juli 2020 und 1. Februar 2021 mit Schreiben des Präsidenten der … vom 15. Dezember 2021 aufgehoben worden waren.
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Über die Klage wurde bislang nicht entschieden.
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Mit streitgegenständlichem Schreiben der … vom 5. September 2022 erfolgte seitens des Präsidenten der … gegenüber dem Antragssteller die Anordnung, dass:
1. Überstunden und Mehrarbeit der wissenschaftlichen Beschäftigten am … nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Präsidenten der … angeordnet werden dürfen sowie
2. der Dienstbetrieb am … im Zeitraum von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr sowie an allen Samstagen, Sonn- und Feiertagen grundsätzlich untersagt ist.
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Es wurde darauf hingewiesen, dass der Kanzler der … mit Schreiben vom 4. August 2022 um Stellungnahme zu den vom Personalrat der … vorgetragenen Vorwürfen bezüglich der Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte gebeten habe. Dieser Bitte sei bis heute nicht nachgekommen worden, so dass man sich gezwungen sehe, erneut Anordnungen zur Arbeitszeit für wissenschaftliche Beschäftigte am … zu treffen. Dies geschehe auch aufgrund der neuerlichen massiven Beschwerden von Mitarbeitenden über die Arbeitszeiten und -bedingungen am Lehrstuhl, die diesem Schreiben zur Information beigefügt seien. Ferner seien die bereits am 28. Juli 2020 und 1. Februar 2021 ausgesprochenen Anordnungen zur gesetzeskonformen Ausgestaltung der Arbeitszeit für wissenschaftlich Beschäftigte am … mit Schreiben vom 15. Dezember 2021 unter der Annahme aufgehoben worden, dass die zwischen dem Personalrat der … und dem Lehrstuhl des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt bereits in Verhandlungen befindliche Dienstvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit am … zeitnah abgeschlossen werden würde. Dieser Vertrauensvorschuss sei jedoch ungenutzt geblieben, die seit Februar 2022 ausverhandelte Dienstvereinbarung sei bis heute nicht unterzeichnet worden. Eine freiwillige Erbringung von Überstunden durch Mitarbeitende kenne das geltende Arbeitsrecht nicht. Jede von einem Vorgesetzten gebilligte Überstunde gelte in diesem Sinne als angeordnet. Die Anordnung trete am 26. September 2022 in Kraft. Es bestünde somit die ausreichende Möglichkeit, aktuell laufende Experimente ordnungsgemäß abzuschließen und für potentiell notwendig werdende Überstunden eine entsprechende Zustimmung zu beantragen. Sollte sich der Antragsteller noch dafür entscheiden, der ausverhandelten Dienstvereinbarung zuzustimmen, ersetze diese die Anordnung ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens. Alternativ könnte dem Personalrat ein Gegenvorschlag unterbreitet werden, der bei Zustimmung durch den Personalrat ebenfalls die Anordnung ersetzen könne. Für den Fall des Vorliegens dringender dienstlicher Gründe, insbesondere, wenn Forschungsarbeiten kontinuierlich durchgeführt werden müssten oder wenn Arbeitsergebnisse ohne Arbeit in diesen Zeiten misslingen würden (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 15 ArbZG), könnten Überstunden nach Ziff. 1 und Arbeit in den in Ziff. 2 genannten Zeiträumen ausschließlich mit ausdrücklicher Zustimmung des Präsidenten und nach vorheriger Absprache mit dem Personalrat erbracht werden.
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Der streitgegenständlichen Anordnung vom 5. September 2022 beigefügt war ein Gesprächsprotokoll vom 5. August 2022 sowie eine Liste der Nutzer/innen des … am … im Zeitraum 29. Oktober 2021 bis 29. Juli 2022.
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Gegen die im Schreiben vom 5. September 2022 erfolgten Anordnungen wurde mit Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 20. September 2022 Widerspruch erhoben. Mit Bescheid vom 5. Oktober 2022 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20. September 2022 hat der Antragsteller gegen die im Schreiben vom 5. September 2022 erfolgten Anordnungen Eilanträge gem. § 123 VwGO stellen lassen.
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Zur Begründung lässt er im Wesentlichen und sinngemäß vortragen, nachdem die … im Schriftsatz vom 12. November 2021 vorgetragen habe, die Verwaltung des gesamten Hochschulpersonals obliege der Universität als Staatsbehörde und insofern die streitgegenständlichen Anordnungen eine Dienstanweisung an ihn als Beamten des Freistaats betreffend seiner Aufgabe, das Hochschulpersonal zu führen bzw. sein Direktionsrecht gesetzeskonform auszuüben, beinhalteten, seien die gestellten Eilanträge erfolgt, da es sich bei entsprechenden dienstlichen Anordnungen um keine Verwaltungsakte handele, weil sie nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet seien.
28
Die Notwendigkeit der (erneuten) Anordnungen könne nicht mit Beschwerden von Mitarbeitern über die Arbeitszeiten und Bedingungen am … begründet werden. Bezüglich der nunmehr aufgehobenen Anordnungen vom 28. Juli 2020 und 1. Februar 2021 seien ihm weder die Personen mitgeteilt worden, die sich beschwert hätten, noch seien die Beschwerden inhaltlich konkretisiert worden. Mithin dürfe zu seinen Lasten nicht einfach unterstellt werden, dass Beschwerden vorgelegen hätten. Die nunmehr aufgrund des Gesprächsprotokolls vom 5. August 2022 belegten Beschwerden seien zum einen unsubstantiiert und darüber hinaus nicht zutreffend. Zudem werde die Geltung der streitgegenständlichen Anordnungen in Abhängigkeit zum Abschluss einer Dienstvereinbarung gemacht. Hierin liege ein Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit. Bis heute habe er keine nachvollziehbare Begründung erhalten, warum allein sein Lehrstuhl eine Dienstvereinbarung abzuschließen habe, nicht jedoch auch andere Lehrstühle an der … Der Antragsteller beantragt wörtlich,
im Wege des § 123 VwGO festzustellen, dass
1. der Antragssteller vorläufig nicht verpflichtet ist, der mit Schreiben der … Universität … vom 05.09.2022 erfolgten dienstlichen Anordnung, wonach Überstunden und Mehrarbeit der wissenschaftlichen Beschäftigten am Lehrstuhl für …) nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Präsidenten der … Universität … angeordnet werden dürfen, Folge zu leisten;
2. vorläufig der Dienstbetrieb am Lehrstuhl für …) im Zeitraum von 20.00 Uhr sowie an allen Samstagen, Sonn- und Feiertagen nicht untersagt ist.
29
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
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Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Die gesetzlichen Arbeitsschutzbestimmungen beanspruchten auch im Wissenschaftsbetriebe Geltung, auch hier seien insbesondere Ruhepausen, Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten einzuhalten. Anders als vom Antragsteller dargestellt könne in Fällen, in denen Forschungsarbeiten kontinuierlich durchgeführt werden müssten bzw. Forschungsergebnisse andernfalls misslingen würden, unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 15 ArbZG auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden. Jedoch sei hierfür die vorherige Genehmigung durch den Personalrat zwingend erforderlich. Nach § 7 Abs. 7 und 8 TV-L seien Arbeiten in den betroffenen Zeiten immer als Überstunden zu qualifizieren. Obwohl das Bayerische Personalvertretungsgesetz dem Personalrat ein derartiges Mitbestimmungsrecht nicht explizit einräume, habe das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Dezember 2001, bestätigt durch Beschluss vom 30. Juni 2005, entschieden, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG auch auf die Entscheidung erstrecke, ob und in welchem Umfang Überstunden angeordnet würden. Ein entsprechender Antrag an den Personalrat der … sei vom Antragsteller zu keinem Zeitpunkt gestellt worden. Sowohl die Nutzerlisten als auch aktuelle Beschwerden wissenschaftlicher Mitarbeiter/innen (Gesprächsprotokoll … vom 18.07.2022) belegten substantiiert, dass am Lehrstuhl des Antragstellers insbesondere auch an Wochenenden ohne Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zu Überstunden bzw. Sonn- und Feiertagsarbeit gearbeitet werde. Die streitgegenständlichen Anordnungen gäben im Wesentlichen nur das geltende Recht in Bezug auf die Arbeitszeiten des nach TV-L beschäftigten wissenschaftlichen Personals wieder. Auch die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit entbinde den Antragsteller keineswegs von der Einhaltung der gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften gegenüber seinen Beschäftigten. Die Annahme, der Lehrstuhl des Antragstellers sei der einzige mit einer Dienstvereinbarung zu Arbeitszeiten, gehe fehl. Die … arbeite gerade mit Nachdruck an einer allgemeinen Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit für das wissenschaftliche sowie das wissenschaftsstützende Personal, habe aber aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 (C 55/19) zur Arbeitszeiterfassung die Entscheidung des Gesetzgebers abzuwarten. Unabhängig davon verfügten etliche Lehrstühle an der … bereits über Dienstvereinbarungen zur Arbeitszeit. Ein Anordnungsgrund sei mangels besonderer Dringlichkeit nicht ersichtlich.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 11. Oktober 2022 erwidert der Antragsteller hierauf im Wesentlichen wie folgt:
„Die im Schreiben der … vom 5. September 2022 getroffenen Anordnungen seien rechtswidrig. In formeller Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass ihm das Schreiben des Kanzlers der … vom 4. August 2020 (gemeint wohl 2022) nicht zugegangen sei. Darüber hinaus seien die getroffenen Anordnungen materiell-rechtlich fehlerhaft. Es lägen weder die mit den Anordnungen geltend gemachten neuerlichen massiven Beschwerden von Mitarbeitern über die Arbeitszeiten und -bedingungen am … vor noch seien die Arbeitszeiten und -bedingungen nicht rechtskonform. Hinsichtlich angeblicher neuerlicher massiver Beschwerden von Mitarbeitern über die Arbeitszeiten und -bedingungen am … liege diesbezüglich nur das Gesprächsprotokoll vom 5. August 2022 sowie das Gesprächsprotokoll vom 18. Juli 2022 vor. Bis dahin seien die angeblichen Beschwerden weder durch die Personalverwaltung noch seitens der Personalvertretung substantiiert dargelegt. Die in den beiden Gesprächsprotokollen erhobenen Vorwürfe seien nicht zutreffend und die Personen, die die Vorwürfe erheben würden, nicht glaubhaft. Die getroffenen Anordnungen könnten folglich nicht mit erhobenen Beschwerden vom am … Tätigen begründet werden. Zudem seien die seit mehr als 15 Jahren am … bestehenden Arbeitszeitregelungen rechtlich zulässig. Für das wissenschaftliche Personal existiere keine interne Arbeitszeitregelung, sondern lediglich die Absprache, dass die wochentägliche Regelarbeitszeit am Lehrstuhl von Montag bis Freitag zwischen 8:00 Uhr und 20:00 erbracht und darüber hinaus erbrachte Mehrtätigkeit durch Freizeit kompensiert werde. Die Forschungsarbeit des … stelle eine dienstliche Notwendigkeit i.S.v. § 6 Abs. 5 des TV-L dar, insbesondere im Fall sogenannter Langzeitversuche, die einer laufenden Betreuung auch an Wochenenden und Feiertragen bedürften, um wissenschaftlich verwertbare Ergebnisse aus den Versuchen zu erhalten. Auch die Arbeit der sogenannten „…“ für die Betreuung des … und die Beschränkung dieser auf eine geringe Anzahl für einen fehler- und ausfallarmen Betrieb des … stelle eine dienstliche Notwendigkeit dar. In der Vergangenheit häufig vorkommende Ausfälle hätten durch diese Maßnahme auf ein Minimum reduziert werden und Beeinträchtigungen der Forschungsarbeit am … verhindern können. Zudem sei der Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 15 ArbZG eröffnet. An einem Lehrstuhl wie dem … sei einerseits bei Dauerversuchen eine ausschließliche Betreuung an Werktagen nicht möglich, weshalb die Arbeiten nicht nur an Werktagen vorgenommen werden könnten. Des Weiteren könne ein Verbot der Tätigkeit an Sonn- und Feiertagen zu einem Misslingen von Arbeitsergebnissen führen. Ein konkret durchgeführter Dauerversuch sei in diesem Fall hinsichtlich seiner Ergebnisse nicht verwertbar, soweit keine kontinuierliche Betreuung erfolge. Im Rahmen der Forschungsarbeit durchzuführende Dauerversuche könnten darüber hinaus gar nicht erst stattfinden, was insbesondere zu einer Gefährdung von Abschlussarbeiten (in Bachelor- und Masterstudiengängen), Promotionsvorhaben sowie sonstiger wissenschaftlicher Projekte führen könne. Des Weiteren sehe § 10 Abs. 1 Nr. 15 Alt. 3 ArbZG ausdrücklich vor, dass eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen zulässig sei, soweit Forschungsarbeiten kontinuierlich durchgeführt werden müssten. Der hier zu behandelnde Fall von Dauerversuchen im Rahmen der Forschung werde somit vom konkreten Wortlaut der Ausnahmeregelung erfasst. Das eben Gesagte gelte auch für erfolgte Nachtarbeit, die nach den Regelungen des ArbZG sowie des Tarifvertrags nicht grundsätzlich unzulässig sei. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung wöchentlicher Höchstarbeitszeiten beachtet worden sei. Gemäß den tarifvertraglichen Sonderregelungen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei ein Zeitraum für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von einem Jahr zugrunde zu legen. Ausgleichszeiten kämen mithin innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr in Betracht.“
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In Bezug auf eine mögliche Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats der … werde in der E-Mail vom 29. Juli 2022 angeführt, dass die Nutzungszeiten des REM regelmäßig am Wochenende oder an Feiertagen lägen. Hierzu werde auf die Liste der Nutzer/innen des … am … im Zeitraum vom 29. Oktober 2021 bis 29. Juli 2022 verwiesen. Es gehe somit ausschließlich um die Tätigkeit der sogenannten … Es sei fraglich, inwieweit es sich bei der internen Abstimmung zwischen den … um einen faktisch eingeführten Dienstplan für wissenschaftliche Mitarbeiter handele, welcher der Mitbestimmung des Personalrats bedürfe.
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Des Weiteren existierten an der … neben dem … andere Lehrstühle, deren Forschungstätigkeit ebenfalls außerhalb der werktäglichen Kernarbeitszeit und an Wochenenden sowie Feiertagen stattfinde. Es stelle mithin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, wenn allein vom Antragsteller als Inhaber des … die Mitbestimmung des Personalrats eingefordert werde, dies jedoch bei anderen von der Forschungstätigkeit vergleichbaren Lehrstühlen an der … nicht der Fall sei. Diese Ungleichbehandlung könne insbesondere nicht damit begründet werden, dass Beschwerden von am … tätigen wissenschaftlichen Mitarbeitern vorlägen. Wie bereits dargestellt, lägen insoweit gerade keine belastbaren Tatsachen vor. Sofern es um die Einhaltung gesetzeskonformer Arbeitszeiten gehe, erfordere insofern der Gleichheitssatz eine universitätsübergreifende Regelung. Mithin könnten die streitgegenständlichen Anordnungen nicht auf eine Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats am … gestützt werden.
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Des Weiteren verstießen die streitgegenständlichen Anordnungen gegen tarifvertragliche Regelungen. Nach den in § 40 TV-L enthaltenen Sonderregelungen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei insbesondere § 3 TV-L um einen Absatz 8 Satz 1 zu ergänzen, wonach der Arbeitgeber bei der Wahrnehmung des Direktionsrechts die Grundrechte der Wissenschaftsfreiheit und der Kunstfreiheit sowie das Grundrecht der Gewissensfreiheit zu beachten habe. In Folge der Anordnung könnten laufende Versuche, die eine Tätigkeit außerhalb der wochentäglichen Regelarbeitszeit erforderten (insbesondere Langzeitversuche), nicht ohne Weiteres weitergeführt werden. Ebenso sei die Fortsetzung wissenschaftlicher Tätigkeit nicht ohne Weiteres möglich, sofern für diese nunmehr Versuche, welche eine Tätigkeit außerhalb der wochentäglichen Regelarbeitszeit erforderten, unmittelbar anstünden. Schließlich sei auch die Fortsetzung von Kooperationsverträgen, für welche entsprechende Versuche mit Tätigkeiten außerhalb der wochentäglichen Regelarbeitszeit notwendig seien, nicht ohne Weiteres möglich. Faktisch werde mit den Anordnungen folglich die Forschungstätigkeit am … massiv eingeschränkt. Die erfolgten Anordnungen seien mithin einem Forschungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt gleichzusetzen. Mit diesem massiven Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit werde sich in dem Schreiben vom 5. September 2022 überhaupt nicht auseinandergesetzt. Es werde hier lediglich eine Karenzzeit bis zum 26. September 2022 eingeräumt.
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Schließlich seien die streitgegenständlichen Anordnungen unverhältnismäßig. Diese verfolgten den Zweck, dass der Antragsteller mit dem Personalrat der … eine Dienstvereinbarung schließe in Bezug auf die Arbeitszeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter. Es bestünden aus den bereits genannten Gründen erhebliche Zweifel daran, dass im vorliegenden Fall Mitbestimmungsrechte verletzt würden, was somit die Legitimität des verfolgten Zweckes ebenfalls in Frage stelle. Auch sei zu berücksichtigen, dass nunmehr eine Dienstvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter am … insgesamt gefordert werde. Die bislang geltend gemachten Mitbestimmungsrechte hätten sich lediglich auf die Tätigkeit der sogenannten … beschränkt. Die im Schreiben vom 5. September 2022 erfolgten Anordnungen seien das Mittel für den oben genannten Zweck. Es bestünden bereits Zweifel, inwieweit dieses Mittel tarifvertraglich zulässig sei. Auch sei fraglich, inwieweit das BayPVG andere Mittel zur Verfügung stelle, um den Abschluss einer Dienstvereinbarung zu erreichen. Darüber hinaus möge dieses Mittel zwar geeignet sein, um den eben genannten Zweck zu erreichen, es sei jedoch nicht erforderlich. Wie oben dargestellt, begrenze sich die Diskussion auf die Arbeitszeiten der sogenannten … Insofern wären als ebenso geeignetes, jedoch milderes Mittel Anordnungen ausreichend gewesen, die sich allein auf die Tätigkeit der … beziehen, wie beispielsweise deren Tätigkeit auf die wochentägliche Regelarbeitszeit zu begrenzen. Schließlich seien die erfolgten Anordnungen als zur Zweckerreichung eingesetzte Mittel unangemessen. Sie stellten einen massiven Eingriff in die Forschungstätigkeit am … dar. Insbesondere seien sie nicht auf die Tätigkeit der … begrenzt, sondern bezögen sich auf sämtliche am … ausgeführte Forschungstätigkeiten, unabhängig davon, inwieweit diese Arbeiten am … erfordern. Die wissenschaftliche Tätigkeit von Studenten für deren Bachelor- und Masterarbeiten, von Doktoranden sowie sogenannten Postdocs werde be- bzw. verhindert. Besonders problematisch stellten sich die Einschränkungen der Forschungstätigkeit am … für die dort wissenschaftlich Tätigen dar, die für ihre Forschungstätigkeiten nur einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung hätten, wie Doktoranden und Stipendiaten.
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Hinsichtlich des darüber hinaus erforderlichen Anordnungsgrundes überwiege das Interesse des Antragsstellers, die streitgegenständlichen Anordnung vorläufig nicht befolgen zu müssen, bei weitem die Interessen der Antragsgegnerseite. Die vorherigen, zwischenzeitlich aufgehobenen Anordnungen vom 28. Juli 2020 und 1. Februar 2021 hätten dazu geführt, dass bereits seit längerer Zeit angelaufene Langzeitversuche abgebrochen und damit einhergehende Forschungstätigkeiten unterbrochen hätten werden müssen. Überdurchschnittlich viele wissenschaftliche Mitarbeiter am … hätten diesen verlassen, während die erfolgten Anordnungen noch andauerten, insbesondere mehr oder weniger der Großteil des wissenschaftlichen Mittelbaus am … Auch seien die für Forschungskooperationen notwendigen Langzeitversuche nicht durchführbar gewesen, weshalb die Fortführung dieser Kooperationen gefährdet gewesen sei. Ausnahmen zu den erfolgten Anordnungen seien weder von der Hochschulleitung verfügt worden noch habe es eine entsprechende Zustimmung des Personalrats gegeben. Es sei mithin zu befürchten, dass durch die neuerlichen Anordnungen identische Auswirkungen eintreten bzw. sich weiter verstärken würden. Derzeit hätten für mindestens sieben Doktoranden Langzeitversuche bereits begonnen bzw. stünden diese unmittelbar bevor. Darüber hinaus werde aktuell mit Versuchen geforscht, die eine Tätigkeit neben den wochentäglichen Regelarbeitszeiten zwingend erforderten. Des Weiteren sei zu befürchten, dass die Forschungskooperationen beendet würden, wenn erneut die vertraglich zugesicherten Versuchsergebnisse nicht zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden könnten. In diesem Zusammenhang bestehe zudem die Gefahr des Verlustes von Fördergeldern. Die bereits erfolgten und nunmehr zu befürchtenden Auswirkungen für die Forschungstätigkeit an sich führten überdies zu einem erheblichen Reputationsverlust des … Dem gegenüber stehe auf Seiten des Antragsgegners das Interesse, auf Beschwerden von Mitarbeitern über die Arbeitszeiten und Bedingungen am … zu reagieren, sowie eine Verletzung der Mitbestimmung des Personalrats der … zu beseitigen. Die Beschwerden von Mitarbeitern seien nicht belastbar dargelegt. Darüber hinaus werde zur Beseitigung der Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats nunmehr eine Dienstvereinbarung gefordert, welche sich nicht auf eine Regelung der Arbeitszeiten der … beschränke.
37
Zu diesen Ausführungen des Antragstellers teilt die … im Wesentlichen und sinngemäß mit, dass dem Antragsteller bzgl. der Proteste einiger Mitarbeiter im Hinblick auf die Anordnung vom 1. Februar 2021 umgehend per E-Mail vom 18. Februar 2021 ein gangbarer Weg aufgezeigt worden sei, um gerade das Gelingen von Langzeitversuchen sicherzustellen bzw. die familiäre Situation von Mitarbeitenden an seinem Lehrstuhl angemessen zu berücksichtigen. Die Personalabteilung habe weiterhin Beschwerden von Mitarbeitern über unzumutbare Arbeitsbedingungen erreicht. Ein Großteil habe in diesem Zusammenhang um eine vertrauliche Behandlung der Aussagen gebeten. Dieser Bitte sei die … im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht selbstverständlich nachgekommen. Ein Mitarbeiter sei nunmehr zur Verwendung seiner Angaben bereit. Auf seine E-Mail vom 12. August 2021 werde Bezug genommen. Die … sehe keinen Anhaltspunkt, dass die vorgelegten Gesprächsprotokolle sowie die Beschwerden (ehemaliger) Mitarbeitender am Lehrstuhl des Antragstellers unglaubhaft und die vortragenden Personen als unglaubwürdig anzusehen seien.
38
Die mit Schreiben vom 5. September 2022 ausgesprochenen Anordnungen seien rechtmäßig. Insoweit fehle dem Antragsteller der Anordnungsanspruch. Selbst wenn, wie vom Antragsteller behauptet, das Schreiben des Kanzlers der … vom 4. August 2022, laut Poststempel versendet am 9. August 2022, diesem nicht zugegangen sein sollte, so habe der Antragsteller jedoch durch fortlaufende Korrespondenz u.a. mit dem Präsidenten der … um die Problematik im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Personals an seinem Lehrstuhl gewusst. In diesem Zusammenhang habe auch ein ausführliches Gespräch zwischen dem Antragsteller, … und dem Präsidenten der … am 25. Juli 2022 um 10.30 Uhr stattgefunden. Hier habe der Präsident u.a. noch einmal explizit darauf hingewiesen, dass eine Dienstvereinbarung eben dort erforderlich sei, wo es - wie am Lehrstuhl des Antragstellers - vermehrt Hinweise auf Probleme mit der Arbeitszeit des Personals gebe. Auch das grundsätzliche Mitbestimmungsrecht des Personalrates dahingehend, ob und in welchem Umfang Überstunden geleistet würden, sei thematisiert worden.
39
Der Behauptung des Antragstellers, die in den vorgelegten Mitarbeiter-Gesprächsprotokollen erhobenen Vorwürfe seien nicht zutreffend und die Personen, die die Vorwürfe erhoben hätten, nicht glaubhaft, werde nachdrücklich widersprochen. Nach sorgfältiger Prüfung der dargestellten Sachverhalte und auch entsprechender Rückmeldungen aus dem Personalrat habe die … die Vorwürfe als sehr wohl zutreffend eingeordnet. Im Übrigen obliege die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Personen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nach diesseitiger Ansicht nicht dem insoweit als voreingenommen anzusehenden Antragsteller als deren Vorgesetztem. Zahlreiche zunächst nicht vorgetragene Beschwerden (ehemaliger) Mitarbeitender des Antragstellers hätten die zuständige Personalsachbearbeiterin der … mit der Bitte erreicht, die jeweilige Aussage vertraulich zu behandeln. Nicht wenige Betroffene hätten andernfalls persönliche Nachteile im Wissenschaftsbetrieb befürchtet. Aus diesem Grund sei es nach Möglichkeit vermieden worden, einzelne Mitarbeitende in den anhängigen Verfahren namentlich zu benennen. Insoweit habe die … als Arbeitgeberin auch den Auftrag, ihre Mitarbeitenden zu schützen. Aufgrund des wiederholten Vorwurfs eines unsubstantiierten Vortrags sei nunmehr eine erneute Abfrage bei den betroffenen (ehemaligen) Mitarbeitenden erfolgt, sodass nun die oben angeführte, weitere Wortmeldung zugrunde gelegt werden könne.
40
Langzeitversuche würden entgegen der Darstellung des Antragstellers durch die Anordnungen vom 5. September 2022 nicht generell verboten. Vielmehr könnten diese mit Zustimmung des Präsidenten selbstverständlich stattfinden. Hierauf sei der Antragsteller im genannten Schreiben auch explizit hingewiesen worden. Auch die gesetzlich bzw. tarifvertraglich vorgesehenen Regelungen zur Einbeziehung des Personalrats seien vom Antragsteller - wie von jeder anderen Einrichtung an der … - verpflichtend zu beachten und stellten insoweit keine Einschränkung der Forschungstätigkeit am Lehrstuhl dar. Arbeit in Zeiten zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr bzw. an Samstagen, Sonn- und Feiertagen sei demnach durchaus erlaubt. Der Antragsteller habe als Lehrstuhlinhaber lediglich dafür Sorge zu tragen, dass die in diesem Zusammenhang bestehenden gesetzlichen Grenzen beachtet würden. Die vorherige Einbeziehung des Präsidenten stelle dabei die einzige Möglichkeit der Kontrolle im Hinblick auf die fortdauernden Beschwerden aus den Reihen der Mitarbeitenden am Lehrstuhl des Antragstellers dar.
41
Der Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz rechtfertige keine andere Beurteilung. Eine universitätsweite Regelung der Arbeitszeit an der … im Wege einer übergeordneten (Rahmen-)
42
Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit sei bereits in Arbeit, hier bestehe aufgrund der Komplexität und der Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebs aber noch Abstimmungsbedarf u.a. mit dem Konvent der wissenschaftlich Mitarbeitenden. Auch müsse die Reaktion des Gesetzgebers auf das bereits erwähnte Urteil des Europäischen Gerichtshofs abgewartet werden. Bis zum Inkrafttreten einer solchen, für sämtliche Einrichtungen der … geltenden Dienstvereinbarung werde es weiterhin notwendig bleiben, dort, wo Bedarf bestehe, Einzelfallregelungen zu treffen. Im Falle des Lehrstuhls des Antragstellers sehe die … aufgrund der anhaltenden Konfliktsituation und der Klageandrohung des zuständigen Personalrats wegen Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte diese Notwendigkeit nach wie vor.
43
Eine Dienstvereinbarung mit Geltungsbereich nur für die sogenannten … am Lehrstuhl des Antragstellers werde abgelehnt. Die … stellten keine greifbare Gruppe im personalrechtlichen Sinn dar, vielmehr wäre diese Gruppe - je nach Belieben des Antragstellers - jederzeit frei veränderbar. Die Gruppe des wissenschaftlichen Personals bilde dagegen personalrechtlich eine im Wesentlichen gleich zu behandelnde Einheit, für die sich eine allgemeingültige Regelung anbiete.
44
Die streitgegenständlichen Anordnungen stellten gerade keinen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit dar, da Arbeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr bzw. an Samstagen, Sonn- und Feiertagen am Lehrstuhl des Antragstellers unter zumutbaren und im Wesentlichen schon gesetzlich definierten Voraussetzungen grundsätzlich möglich sei.
45
Auch ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben. Für eine entsprechende Ausnahmegenehmigung von den streitgegenständlichen Anordnungen sei ein formloser Antrag mit kurzer Begründung im Einzelfall ausreichend. Dieses Verfahren sei dem Antragsteller auch zumutbar. Für die … als Arbeitgeberin könne vor dem Hintergrund der fortwährend bestehenden Konflikte am Lehrstuhl des Antragstellers nur auf diese Weise sichergestellt werden, dass die Arbeitszeitregelungen zuverlässig eingehalten würden. Anders als vom Antragsteller dargestellt, hätten - abgesehen von der wiederholt geäußerten Forderung, die Anordnungen in ihrer Gesamtheit aufzuheben - weder den Personalrat noch den Präsidenten der … entsprechende Anträge des Antragstellers oder seiner Mitarbeitenden auf Ausnahmegenehmigungen für bestimmte Experimente erreicht.
46
Aus der Tatsache, dass der Antragsteller für Arbeiten seines wissenschaftlichen Personals zu Nachtzeiten bzw. an Samstagen, Sonn- und Feiertagen eine entsprechende Genehmigung beantragen müsse, seien - wie bereits dargelegt - keine wesentlichen Nachteile für den Antragsteller zu erwarten. Dem Antragsteller sei es vielmehr aufgrund der anhaltenden Konflikte an seinem Lehrstuhl zumutbar, für Überstunden und Mehrarbeit seines wissenschaftlichen Personals die vorherige Zustimmung des Präsidenten einzuholen. Auch die in bestimmten Fällen angeordnete, vorherige Absprache mit dem Personalrat der … sei dem Antragsteller nicht unzumutbar. Im Übrigen sei diese, wie bereits erörtert, in bestimmten Fällen bereits von Gesetzes wegen vorgesehen, so dass die streitgegenständlichen Anordnungen in diesem Punkt mehr klarstellenden Charakter hätten. Im Übrigen habe der Antragsteller seinen Lehrstuhl so zu organisieren, dass alle anfallenden Aufgaben von den Mitarbeitenden unter Einhaltung der gesetzlichen Arbeitsschutz- und Arbeitszeitbestimmungen erledigt werden könnten. Die Tatsache, dass für gewisse Tätigkeiten nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung stehe, dürfe nicht dazu führen, dass gesetzliche Beschränkungen, die dem Schutz der Mitarbeitenden dienten, außer Kraft gesetzt würden. Vielmehr könnten im Ergebnis eben nur so viele Forschungsaufträge angenommen werden, wie das vorhandene Personal in der vereinbarten Arbeitszeit erledigen könne.
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Die … habe als Arbeitgeberin dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Arbeitszeit und Arbeitsschutz eingehalten würden und sei all ihren Mitarbeitenden zur Fürsorge verpflichtet. Insoweit würden Beschwerden von Seiten der Mitarbeitenden, insbesondere, wenn sie wie am Lehrstuhl des Antragstellers gehäuft vorkämen, sehr ernst genommen und sorgfältig geprüft. Im Übrigen werde Bezug genommen auf den umfangreichen Sachvortrag in der Verwaltungsstreitsache AN 2 K 21.01921 sowie im Schreiben vom 26. September 2022.
48
In Reaktion auf die seitens der … vorgelegte E-Mail eines ehemaligen Mitarbeiters am Lehrstuhl des Antragstellers vom 12. August 2021 lässt der Antragsteller eine schriftliche Stellungnahme von … vom 19. Oktober 2022 vorlegen, in der diese im Wesentlichen darlegt, der Mitarbeiter sei bedauerlicherweise relativ schlecht in den üblichen Lehrstuhlbetrieb und ins Team integriert gewesen. Soweit sie es einschätzen könne, habe er in den letzten Jahren maximal mit ein bis zwei Doktoranden überhaupt kommuniziert. Wie weit er dadurch das allgemeine Stimmungsbild der wissenschaftlichen Mitarbeiter am Lehrstuhl einschätzen könne, sei ihr ein Rätsel. Die Aussagen könnten wohl auch keine Bedeutung für die Beurteilung der jetzigen Situation am … haben. Der Mitarbeiter habe den Lehrstuhl verlassen, sein Schreiben sei 2021 verfasst worden.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. November 2022 sowie auf die Gerichtsakte und auf die Behördenakte Bezug genommen.
II.
50
Die Anträge des Antragstellers auf Erlass einstweiliger Anordnungen sind zwar zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
51
I. Die Anträge des Antragstellers auf Erlass einstweiliger Anordnungen sind zulässig, insbesondere gemäß § 123 Abs. 5 und Abs. 1 VwGO statthaft. Die streitgegenständlichen Anordnungen vom 5. September 2022, wonach Überstunden und Mehrarbeit der wissenschaftlichen Beschäftigten am … und Arbeitszeiten zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen sowie Sonn- und Feiertragen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Präsidenten der FAU angeordnet werden dürfen, stellen dienstliche Anweisungen dar, bei denen es sich mangels Außenwirkung nicht um Verwaltungsakte handelt. Zwar ist in Ziff. 2 der Verfügung vom 5. September 2022 kein Zustimmungsvorbehalt des Präsidenten enthalten. Dass allerdings auch insoweit nur mit Zustimmung des Präsidenten bzw. unter Beteiligung des Personalrats zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden kann, lässt sich im Rahmen der Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB ohne Weiteres der Begründung der Anordnungen entnehmen. Denn dort ist Entsprechendes ausdrücklich enthalten.
52
Im Beamtenrecht erfolgt die Abgrenzung zwischen reiner Innen- und Außenwirkung danach, ob eine Maßnahme nach ihrem objektiven Sinngehalt auf organisationsinterne Wirkung abzielt, weil sie dazu bestimmt ist, den Beamten nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Amtswalter und Glied der Verwaltung anzusprechen. Hierzu gehören Maßnahmen, die bestimmen, auf welche Art und Weise der Beamte seinen dienstlichen Verrichtungen nachzukommen hat. Eine Anordnung mit einer solchen Zielrichtung stellt nicht deshalb einen Verwaltungsakt dar, weil sie sich auf die subjektive Rechtsstellung des Beamten auswirkt (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 2.3.2006 - 2 C 3/05 - juris Rn. 10).
53
Zweck der streitgegenständlichen Anordnungen des Präsidenten der … ist es u.a., behördenintern organisatorische Abläufe betreffend die Zuständigkeit für die Entscheidung über Abweichungen von der Regelarbeitszeit sowie zur Lage der Arbeitszeit zu regeln. Insoweit ist angeordnet, dass der Antragsteller Überstunden und Mehrarbeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter am … sowie Arbeitszeiten zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen nur mit vorheriger Zustimmung des Präsidenten der … anordnen darf. Mit diesen Anordnungen ist zwar möglicherweise ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbunden. Sie richten sich an den Antragsteller jedoch allein in seiner Eigenschaft als Amtsträger und Glied der Verwaltung und beziehen sich nur auf den innerdienstlichen Bereich, also auf die Art und Weise der dienstlichen Verrichtung in der Hochschule, in deren Organisation der Antragsteller eingebunden ist. Mithin liegen nach obigen Grundsätzen innerdienstliche Weisungen und somit keine Verwaltungsakte vor.
54
II. Die Anträge haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.
55
Gemäß § 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand oder zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder wenn die Regelung notwendig erscheint, um vom Antragsteller wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei prüft das Gericht die Sach- und Rechtslage lediglich summarisch (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2022, § 123 Rn. 122).
56
Gemessen an diesen Anforderungen sind die vorliegenden Anträge unbegründet, weil es hinsichtlich beider Antragsbegehren jedenfalls an einem Anordnungsanspruch fehlt. Die streitgegenständlichen Anordnungen vom 5. September 2022, wonach Überstunden und Mehrarbeit der wissenschaftlichen Beschäftigten am … und Arbeitszeiten zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertragen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Präsidenten der … angeordnet werden dürfen, sind bei summarischer Betrachtung rechtmäßig. Es bestehen nach summarischer Prüfung weder in formeller Hinsicht (1.) noch in materieller Hinsicht Bedenken. Die Anordnungen sind insoweit vom Organisationsermessen des Präsidenten gedeckt (2.) und verletzen den Antragsteller weder in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (3.) noch liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor (4.). Schließlich ist auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt (5.).
57
1. Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnungen bestehen keine Bedenken. Soweit der Antragsteller sinngemäß vorgetragen hat, er sei vor den entsprechenden Anordnungen nicht angehört worden, da er das Schreiben vom 4. August 2022 nicht erhalten habe, dringt er damit nicht durch. Es spricht viel dafür, dass im vorliegenden Fall der dienstlichen Weisungen, die keinen Verwaltungsakt darstellen, eine Anhörung geboten war (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 25). Eine solche wurde nach Auffassung der Kammer jedenfalls nachgeholt und somit ein etwaiger Anhörungsmangel geheilt.
58
Nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG ist der Verstoß gegen das Erfordernis der vorherigen Anhörung unbeachtlich, wenn die Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird. Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass zeitgleich zum Eilverfahren ein Widerspruchsverfahren durchgeführt wurde und der Antragsgegner unter Berücksichtigung und Würdigung des Widerspruchsvorbringens des Antragstellers am 5. Oktober 2022 einen Widerspruchsbescheid erlassen hat. Mithin ist jedenfalls durch Erlass des Widerspruchsbescheids ein etwaiger Anhörungsmangel geheilt (vgl. Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 57. Edition, 1.10.2022, § 45 VwVfG Rn. 42).
59
2. Die Anordnungen vom 5. September 2022 sind nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig ergangen.
60
Sie sind insbesondere vom Organisationsermessen des Präsidenten der … gedeckt. Dieser hat in nicht zu beanstandender Weise an den Antragsteller zuvor delegierte Zuständigkeiten für die Entscheidung über Abweichungen von der Regelarbeitszeit sowie zur Lage der Arbeitszeit an sich zurückübertragen. Der Antragsteller missachtet bei summarischer Prüfung einschlägige Vorschriften zum Mitbestimmungsrecht des Personalrats jedenfalls bzgl. der Lage der Arbeitszeit, so dass ein sachlicher Grund für die streitgegenständlichen Verfügungen gegeben ist.
61
Soweit der Präsident der … den Antragsteller wie ausgeführt angewiesen hat, hat er seine originär ihn treffende Zuständigkeit für die Entscheidung über die Abweichung von der Regelarbeitszeit und die Lage der Arbeitszeit, die ausweislich der … grundsätzlich an den Antragsteller als Lehrstuhlinhaber übertragen worden war, wieder an sich gezogen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
62
Im Bereich der Arbeitszeitregelungen hat der Arbeitgeber für die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften zu sorgen. So handelt gem. § 22 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170, FNA 8050-21) ordnungswidrig, wer als Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig näher bestimmte Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes missachtet. Die Arbeitgeberfunktion betreffend das von den streitgegenständlichen Anordnungen betroffene wissenschaftliche Personal der …, das nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Dienst des Freistaats Bayern steht, hat vorliegend grundsätzlich zunächst der Präsident inne.
63
Die Verwaltung des Personals von Hochschulen obliegt der Hochschule als Staatsbehörde, wobei nicht unterschieden wird, ob es sich um wissenschaftliches oder sonstiges Personal handelt. Dienstherr bzw. Arbeitgeber aller Professoren, wissenschaftlicher Mitarbeiter oder sonstiger Mitarbeiter im Beamten- oder Beschäftigungsverhältnis ist grundsätzlich der Freistaat Bayern (Leiher in BeckOK Hochschulrecht Bayern, 26. Edition, 1.8.2022, Art. 12 BayHSchG, Rn. 6). Nach Art. 21 Abs. 10 Satz 1 Halbs. 1 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 245, BayRS 2210-1-1-WK) kommt dabei die Dienstvorgesetzteneigenschaft über die an der Hochschule tätigen wissenschaftlichen und künstlerischen Beamten und Beamtinnen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die im Dienste des Freistaats stehen, dem Präsidenten zu. Insofern geht die Kammer davon aus, dass der Präsident grundsätzlich auch die Arbeitgeberfunktion bezüglich der genannten Beschäftigten innehat.
64
Aus … geht hervor, dass die Zuständigkeit für die Entscheidung über Abweichungen von der Regelarbeitszeit (gleitende Arbeitszeit) bei begründeten Ausnahmen sowie für die erforderlichen Detailregelungen auf die Leitung der einzelnen Einrichtungen der Universität übertragen ist und diese die Arbeitszeit der Beschäftigten ihres Bereichs unter Mitbestimmung des zuständigen Personalrats, ggf. durch Abschluss von Dienstvereinbarungen regeln. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend erklärt, dass es an der … so gelebt werde, dass der Präsident seine Arbeitgeberbefugnisse zum Beispiel hinsichtlich Urlaub, Überstunden und Lage der Arbeitszeit auf die jeweiligen Lehrstuhlinhaber delegiert habe. Nach alledem besitzt der jeweilige Lehrstuhlinhaber insoweit die Arbeitgeberbefugnisse für die wissenschaftlichen Beschäftigten des jeweiligen Lehrstuhls.
65
Über die Einrichtung und Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Wie er seine Stellen zuschneidet und welche Zuständigkeiten er ihnen im Einzelnen zuweist, fällt in sein Organisationsermessen. Ebenso wie die Umsetzung eines Beamten auf einen anderen Dienstposten grundsätzlich auf jeden sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden kann, steht dem Dienstherrn auch die Veränderung des Aufgabenbereichs eines Beamten zu, solange die verbleibende Beschäftigung amtsangemessen ist (vgl. zum Ganzen m.w.N. BVerwG, U.v. 23.6.2016 - 2 C 18/15 - juris, Rn. 39). Nach diesen Grundsätzen kann der Dienstherr einem Beamten weitere Aufgaben übertragen, soweit hiergegen nicht im Einzelfall besondere sachliche oder persönliche Gründe sprechen (vgl. BVerwG, a.a.O., juris Rn. 39). Hierunter fällt auch die dargelegte Übertragung von Arbeitgeberbefugnissen durch den Präsidenten insbesondere auf Lehrstuhlinhaber. Der Präsident kann im Gegenzug delegierte Aufgaben im Rahmen seines Organisationsermessens wieder an sich ziehen, sofern er nicht willkürlich handelt, insoweit also ein sachlicher Grund hierfür vorliegt.
66
Nach summarischer Prüfung sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Präsident der … hier willkürlich, d.h. ohne sachlichen Grund, zuvor an den Antragsteller delegierte Aufgaben wieder an sich gezogen hat. Vielmehr liegt ein rechtswidriger Zustand jedenfalls mit Blick auf die Mitbestimmungsrechte des Personalrats betreffend die Lage der Arbeitszeit vor. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Präsidenten der …, dem Antragsteller die ihm delegierten Aufgaben wieder zu entziehen, nicht ermessensmissbräuchlich oder sonst ermessensfehlerhaft.
67
Gemäß § 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. November 1986 (GVBl. S. 349, BayRS 2035-1-F) hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats erstreckt sich insoweit auch auf die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Mehrarbeit und Überstunden zu leisten sind, wobei diese Entscheidung sowohl die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage als auch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit betrifft. Zwar gibt es für Mehrarbeit und Überstunden sowie für die Lage der Arbeitszeit grundsätzlich gesetzliche und tarifvertragliche Rechtsgrundlagen. Letztere bedürfen jedoch zu ihrem Vollzug einer entsprechenden Anordnung des Dienststellenleiters. Auch ist die Mitbestimmung gerade darauf angelegt, dass der Personalrat bei Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei Verteilung und arbeitstäglicher Festlegung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zugleich die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen überwacht (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 30.6.2005 - 6 P 9/04 - juris). Da es sich bei dem in Frage stehenden wissenschaftlichen Personal am … weder um Beamte noch um Arbeitnehmer handelt, die in Dienststellen tätig sind, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, ist vorliegend insbesondere die Verordnung über die Arbeitszeit für den bayerischen öffentlichen Dienst (Bayerische Arbeitszeitverordnung - BayAzV) nicht einschlägig, d.h. die Personalvertretungen können bei der Aufteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf einzelne Tage mitbestimmen, d.h. sie sind bei den Regelungen durch die Dienststelle zu beteiligen (vgl. Bößmann/ Romstöck in PdK Bay C-17a, Stand April 2016, Art. 75 BayPVG, 6.1 Arbeitszeit, Pausen Seite 332).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wurden bei summarischer Prüfung am Lehrstuhl des Antragstellers gesetzliche Mitbestimmungsrechte des Personalrats jedenfalls in Bezug auf die Lage der Arbeitszeit verletzt. Denn dort wurde auch nach den Angaben der Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung an Samstagen, Sonn- und Feiertagen gearbeitet, ohne dass der Antragsteller - soweit dort bekannt - bislang jemals auf den Personalrat zugegangen wäre, um ihn mit Mitbestimmungsrechten zu befassen. Zwar enthalten die Arbeitsverträge des wissenschaftlichen Personals am … nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung keine Bestimmungen zur Lage der Arbeitszeit, sondern verweisen auf den TV-L. Insoweit geht die Kammer bei summarischer Prüfung davon aus, dass nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG jedenfalls eine solche Verteilung der Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig ist, die - wie vorliegend - Arbeitszeiten in der Nacht, an Sonn- und Feiertagen sowie an Samstagen nach 13:00 Uhr beinhaltet und deswegen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, c, d, und f TV-L Zeitzuschläge auslöst. Da bei summarischer Prüfung jedenfalls insoweit bislang Mitbestimmungsrechte missachtet wurden, liegt bei summarischer Prüfung in diesem rechtswidrigen Zustand ein sachlicher Grund, der es dem Präsidenten der … erlaubt, im Rahmen seines Organisationsermessens die Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse betreffend die Lage der Arbeitszeit wieder an sich zu ziehen bzw. Entscheidungen betreffend die Lage der Arbeitszeit von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Denn zum einen unterbindet der Präsident insoweit mit Ziff. 2 der angegriffenen Anordnung Arbeitszeitlagen, die wie ausgeführt schon mit Blick auf die Verpflichtung aus § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, c, d und f TV-L zur Zahlung von Zuschlägen besonders problematisch sind, bzw. macht solche Arbeitszeiten von seiner Zustimmung abhängig. Zum anderen kann der Präsident über den Zustimmungsvorbehalt sicherstellen, dass der Personalrat an den mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen gemäß den gesetzlichen Vorschriften beteiligt wird. In diesem Zusammenhang ist auch klarzustellen, dass sowohl das ArbZG als auch der TV-L Arbeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen unter bestimmten Voraussetzungen zulassen. Dies hat im Übrigen auch der Antragsgegner nicht in Frage gestellt. Allerdings suspendieren diese gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Möglichkeiten in keiner Weise die Mitbestimmung insbesondere nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG.
69
In dem rechtswidrigen Zustand aufgrund ausgebliebener Mitbestimmung des Personalrats hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit liegt darüber hinaus auch ein sachlicher Grund, der es dem Präsidenten im Rahmen seines Organisationsermessens erlaubt, die Anordnung von Überstunden und Mehrarbeit am Lehrstuhl des Antragstellers gemäß Ziff. 1 der angegriffenen Verfügung von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Zwar steht derzeit, ohne weitere Aufklärungsbemühungen der Kammer, nach summarischer Prüfung letztlich nicht fest, ob bzgl. etwaiger Überstunden am Lehrstuhl des Antragstellers ebenso ein Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte des Personalrats vorliegt, auch wenn die Antragstellerseite zu dem entsprechenden Vortrag der Antragsgegnerseite in der mündlichen Verhandlung lediglich sinngemäß erklärt hat, man könne nicht ausschließen, dass es am Lehrstuhl des Antragstellers zu Überstunden im Sinne von § 7 Abs. 7 TV-L gekommen sei. Auch aus der antragsgegnerseits lediglich unvollständig vorgelegten Behördenakte lässt sich bei summarischer Prüfung nicht hinreichend ersehen, ob es zu Überstunden gekommen ist. Insoweit hat der Antragsgegner vielfach behauptete Beschwerden betreffend die Arbeitszeit am LKO schlicht nicht vorgelegt, ohne das Verfahren nach § 99 Abs. 1 VwGO einzuhalten. Entsprechend konnte die Kammer die Behauptungen des Antragsgegners insoweit nicht nachprüfen, was sich insoweit zu dessen Nachteil auswirkt. Im Ergebnis entscheidend ist hier jedoch, dass zwischen Überstundenanordnungen und Anordnungen zur Lage der Arbeitszeit auch aus der Perspektive des Präsidenten ein in der Praxis kaum trennbarer enger sachlicher Zusammenhang in Form einer Gemengelage besteht. Denn bei den - unstreitigen - Arbeitszeiten in der Nacht bzw. an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen stellt sich zwangsläufig die Frage, ob, wann und ggf. inwieweit diese Arbeitszeiten ausgeglichen werden. Dabei liegen nach § 7 Abs. 7 TV-L Überstunden allein dann nicht vor, wenn ein vollständiger Ausgleich der Arbeitszeit in der Folgewoche erfolgt. Insoweit kann entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerseite auch nicht auf den Jahreszeitraum zur Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von vorliegend einem Jahr abgestellt werden (§ 40 Nr. 3 TV-L). Vielmehr ist insoweit die für den Arbeitnehmer individuell für die jeweilige Woche festgelegte Arbeitszeit entscheidend (Stach in BeckOK TV-L, 57. Edition Stand 1.9.2022, § 7 Rn. 83). Nach alledem muss es sich auch aus der Perspektive des Präsidenten der … aufdrängen, nicht allein mit Blick auf die Lage der Arbeitszeit mit dem Mittel des Zuständigkeitsvorbehalts für rechtmäßige Zustände zu sorgen, sondern entsprechend in dem verwandten, hiervon kaum trennbaren Bereich der Überstunden vorzugehen. Die diesbezüglich einheitliche Zuständigkeitsregelung mit Ziff. 1 und 2 der angegriffenen Anordnungen ist entsprechend nicht willkürlich, sondern von dem Organisationsermessen des Präsidenten gedeckt.
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3. Etwas anderes kann der Antragsteller auch nicht aus seinem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ableiten. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährt denjenigen, die in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig sind, ein Grundrecht auf freie wissenschaftliche Betätigung. Als Abwehrrecht schützt das Grundrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe und gewährt den Einzelnen einen vorbehaltlos geschützten Freiraum. Kern der Wissenschaftsfreiheit ist für Hochschullehrende das Recht, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten (vgl. BVerfG, B.v. 3.9.2014 - 1 BvR 3048/13 - juris Rn. 8). Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG stellt eine das Verhältnis der Wissenschaft zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm dar. Danach hat der Staat im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebs durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist (vgl. BVerfG, U.v. 29.5.1973 - 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 - NJW 1973, 1176).
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Gemessen an diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller infolge der streitgegenständlichen Anordnungen in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verletzt wäre. Selbst wenn man mit den Weisungen des Präsidenten der … von einem Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit des Antragstellers ausginge, wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt. Die streitgegenständlichen Weisungen führen lediglich dazu, dass der Antragsteller nicht ohne Zustimmung des Präsidenten und vorherige Einbindung des Personalrats Überstunden und Mehrarbeit sowie Forschungstätigkeiten seiner Mitarbeiter im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen anordnen kann. Diese Situation entspricht gerade der Situation, wie sie vor der Delegation entsprechender Arbeitgeberbefugnisse insbesondere auf Lehrstuhlinhaber galt. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller als Lehrstuhlinhaber infolge dessen seine Kernaufgaben Forschung und Lehre nicht mehr wahrnehmen könnte, bestehen nicht. Unter Einhaltung der geltenden einschlägigen rechtlichen Vorschriften sind Überstunden, Mehrarbeit und Forschungstätigkeiten der wissenschaftlichen Beschäftigten an seinem Lehrstuhl in den genannten Zeiträumen vielmehr möglich. Zum Schutze der wissenschaftlichen Mitarbeiter und deren Grundrechte ist lediglich die Zustimmung des Präsidenten einzuholen und die vorherige - gesetzlich vorgeschriebene - Einbindung des Personalrats erforderlich. Mit den streitgegenständlichen Anordnungen wird lediglich sichergestellt, dass die gesetzlichen Vorgaben zu zulässigen Arbeitszeiten, die dem Schutze der Mitarbeiter dienen, eingehalten werden. Die Wissenschaftsfreiheit entbindet den Antragsteller insoweit gerade nicht von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zum Schutz seiner Mitarbeiter. Angesichts des geringen Umfangs der Verpflichtungen des Antragstellers - die im Übrigen ohnehin die geltende gesetzliche Lage widerspiegeln - sind mithin ungerechtfertigte Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht ersichtlich.
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4. Der Antragsteller dringt auch nicht damit durch, soweit er vorträgt, es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, wenn allein er entsprechende Anordnungen erhielte, nicht dagegen andere Lehrstühle, deren Forschungstätigkeiten ebenfalls außerhalb der werktäglichen Kernarbeitszeiten und an Wochenenden sowie Feiertagen stattfänden. Selbst wenn man davon ausginge, dass auch an anderen Lehrstühlen die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen, nicht eingehalten würden, und der Antragsgegner nicht gleichermaßen wie beim Antragsteller durch Erlass entsprechender Anordnungen tätig würde, könnte der Antragsteller daraus keine Rechte herleiten. Der allgemeine Gleichheitssatz durchbricht nicht die Bindung des Antragsgegners an Recht und Gesetz, so dass kein Anspruch auf Gleichheit im Unrecht besteht (vgl. Kischel in Beckscher Online-Kommentar GG, 52. Edition Stand 15.8.2022, Art. 3 Rn. 115). Mit anderen Worten würden die streitgegenständlichen Anordnungen gegenüber dem Antragsteller auch nicht dadurch ermessensfehlerhaft oder sonst rechtswidrig, würde der Antragsgegner ggf. in anderen, vergleichbaren Fällen gegenüber anderen Lehrstuhlinhabern - ggf. auch rechtswidrigerweise - nicht in derselben Weise tätig.
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5. Schließlich sind die angegriffenen Verfügungen - insbesondere auch im Lichte des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG - verhältnismäßig. Sie bezwecken die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften über die Arbeitszeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl des Antragstellers und beschränken sich - wie bereits dargelegt - darauf, dass der Antragsteller nicht ohne Zustimmung des Präsidenten Überstunden und Mehrarbeit sowie Tätigkeiten im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie an Samstagen, Sonn- und Feiertagen anordnen kann. Sie bezwecken dagegen nicht (mehr) - wie die Antragstellerseite meint - den zwingenden Abschluss einer Dienstvereinbarung. Entsprechendes ist auch in der Begründung der angegriffenen Anordnungen nicht enthalten. Vielmehr ist infolge der angegriffenen Anordnungen auch eine Einzelregelung mit dem Personalrat in jedem Fall der gewünschten Überstundenanordnung bzw. Anordnung von Tätigkeiten außerhalb der Regelarbeitszeiten möglich. Insoweit steht es im Belieben des Antragstellers, darüber zu entscheiden, ob der Abschluss einer Dienstvereinbarung ggf. zweckmäßiger ist als eine Einzelregelung. Auch gesetzlich besteht keine Pflicht zum Abschluss von Dienstvereinbarungen. Vielmehr müssen Arbeitgeber und Personalrat entscheiden, ob eine Dienstvereinbarung oder aber Einzelregelungen sinnvoller sind (so zum Ganzen Bößmann/Romstöck in PdK Bay C-17a, Stand April 2016, Art. 73 BayPVG, 5. Pflicht zur Dienstvereinbarung). Die vorherige Einbindung des Präsidenten bei Anordnungen von Überstunden und Mehrarbeit bzw. Tätigkeiten außerhalb der Regelarbeitszeit sowie die Einbindung des Personalrats in diesen Fällen lässt eine Kontrolle der Einhaltung der zum Schutze der Mitarbeiter bestehenden gesetzlichen Vorschriften erwarten und ist somit geeignet, wie bezweckt, gesetzmäßige Zustände herzustellen.
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Ein milderes Mittel, das die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften in gleichem Maße sicherstellen könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere stellt nach Auffassung der Kammer der Abschluss einer entsprechenden Dienstvereinbarung durch den Präsidenten der … kein milderes Mittel dar, weil damit jedenfalls nicht weniger Einschränkungen für den Antragsteller zu erwarten wären. Vielmehr bestünde die erhebliche Gefahr, dass Vereinbarungen getroffen würden, die aus Sicht des Antragstellers insbesondere mit den Erfordernissen des Lehrstuhlbetriebs in wissenschaftlicher Hinsicht nicht vereinbar wären. Im Übrigen ist ein solcher Abschluss einer Dienstvereinbarung weder seitens des Antragstellers gewünscht noch stellt der Abschluss einer Dienstvereinbarung durch den Präsidenten anstelle des Antragstellers nach Angaben der Antragsgegnerseite in der mündlichen Verhandlung einen gangbaren Weg dar. Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite stellt es auch kein gleich geeignetes Mittel dar, die streitgegenständlichen Anordnungen auf Tätigkeiten wissenschaftlicher Mitarbeiter am … (sogenannte …) zu begrenzen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vorschriften zu zulässigen Arbeitszeiten bezüglich aller Mitarbeiter gleichermaßen einzuhalten sind und sich nicht auf bestimmte Gruppen von Mitarbeitern oder gar bestimmte Tätigkeiten beziehen, so dass eine Begrenzung der streitgegenständlichen Anordnungen auf Tätigkeiten am … für sogenannte … nicht gleichermaßen geeignet ist, Verstöße gegen arbeitszeitrechtliche Regelungen am Lehrstuhl des Antragstellers insgesamt zu kontrollieren. Zudem hat der Antragsteller selbst sinngemäß vorgebracht, Langzeit- bzw. Dauerversuche an seinem Lehrstuhl ließen Arbeiten lediglich an Werktagen nicht zu. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerseite zum einen selbst sinngemäß vorgetragen, Mitarbeiter, die Langzeitversuche betreuten, würden - da dies wissenschaftlich notwendig sei - an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen arbeiten. Eine Beschränkung auf Mitarbeiter, die für den Betrieb des … zuständig sind, ist insoweit gerade nicht ersichtlich. Zum anderen hat die Antragstellerseite selbst vorgetragen, soweit bekannt, den Personalrat bislang niemals, also in keinem Fall etwaiger Überstundenanordnungen oder Anordnungen von Arbeit außerhalb der Regelarbeitszeit von Mitarbeitern eingebunden zu haben.
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Schließlich sind die Anordnungen auch angemessen. Ihnen steht nicht entgegen, dass der Personalrat ein eigenständiges Klagerecht besitzt, um seine Mitbestimmungsrechte durchzusetzen. Das entbindet den Präsidenten als Dienstvorgesetzen bzw. Arbeitgeber gerade nicht, zum Schutze der Mitarbeiter im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die Beachtung sämtlicher einschlägiger Vorschriften in Bezug auf die Arbeitszeit einzufordern. Auch stellen die geringfügigen Einschränkungen des Antragstellers - wie bereits ausgeführt - weder einen ungerechtfertigten Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG noch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, sondern geben im Wesentlichen die ohnehin geltende gesetzliche Lage wieder. Sie schränken zwar geringfügig den im Vorfeld dieser Anordnungen geltenden Aufgabenbereich des Antragstellers ein, dessen Rechtsstellung als Hochschullehrer und Lehrstuhlinhaber wird jedoch an sich nicht tangiert. Vielmehr kann auch weiterhin unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zur Arbeitszeit, insbesondere der vorherigen Einbindung des Personalrats, und bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen in den streitgegenständlichen Zeiträumen am Lehrstuhl des Antragstellers gearbeitet und geforscht werden. Da sich die Rechtslage zur Mitbestimmung aufgrund der angegriffenen Anordnungen ersichtlich weder ändern konnte noch geändert hat, ist der Antragsteller durch die Anordnungen lediglich dahingehend eingeschränkt, dass er als Zusatzaufwand die Zustimmung des Präsidenten einzuholen hat. Entsprechende Anträge wird der Antragsgegner unter Wahrung der Mitbestimmung sachlich zu prüfen und unter Berücksichtigung seiner Amtsermittlungspflicht zu bescheiden haben. Demgegenüber genügt es nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, darauf zu verweisen, der Antragsteller möge eine vorliegende Dienstvereinbarung abschließen. Denn hierzu ist der Antragsteller - wie ausgeführt - bei summarischer Prüfung nicht verpflichtet. Den geringfügigen Einschränkungen des Antragstellers stehen dagegen das überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Einhaltung der Mitbestimmung sowie die schützenswerten Belange der wissenschaftlichen Beschäftigten am … gegenüber. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erweisen sich die angegriffenen Anordnungen als angemessen.
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Nach alledem fehlt es vorliegend an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch. Entsprechend ist entgegen dem Vorbringen des Antragstellers auch keine Folgenabwägung anzustellen. Denn eine solche ist nur zulässig, sofern - etwa aus Zeitgründen - nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann, ob mit Blick auf die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht ist (vgl. Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 603).
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6. Aus den dargestellten Gründen waren die Anträge daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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7. Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre rechtliche Grundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 Streitwertkatalog.