Inhalt

AG Nürnberg, Urteil v. 11.04.2022 – 432 Ds 803 Js 31244/21 , 432 Ds 803 Js 27820/21
Titel:

Konkurrenzverhältnis zwischen dem Besitz von Betäubungsmitteln und einem Ladendiebstahl

Normenketten:
StGB § 52, § 242
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3
Leitsatz:
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmittel während eines Ladendiebstahls steht mit diesem in Realkonkurrenz (Ergänzung zu OLG Zweibrücken BeckRS 2017, 129151). (Rn. 4 – 6 und 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Konkurrenzen, Tatmehrheit, Besitz von Betäubungsmitteln, Diebstahl
Fundstelle:
BeckRS 2022, 39678

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Diebstahls mit Waffen und Diebstahls in 2 Fällen und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt.
Die Taten wurden aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit begangen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Angeklagte ist deutscher und kirgisischer Staatsangehöriger. Er ist verwitwet. Der Angeklagte hält sich seit 1997/1998 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er verfügt über den Schulabschluss mittlere Reife. Eine Ausbildung zum Hotelfachmann hat der Angeklagte absolviert und auch in diesem Beruf im Hotel P. gearbeitet. Zuletzt hat er nach eigenen Angaben ca. 900 bis 1.000 Euro monatlich verdient. Schulden hat der Angeklagte nicht.
2
Im Alter von 14/15 Jahren hat der Angeklagte begonnen, zunächst Haschisch und später Methamphetamin zu konsumieren. Zuletzt hat er täglich Haschisch geraucht und etwa alle zwei bis drei Tage bis zu 1 - 2 g Methamphetamin konsumiert.
3
Der Angeklagte ist in der vorliegenden Sache am 26.12.2021 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seit dem 27.12.2021 in Untersuchungshaft in der JVA. Vom 03.01.2022 bis 12.01.2022 wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt.
II.
4
1. Am 18.08.2021 zwischen 13.08 Uhr und 13.20 Uhr entwendete der Angeklagte in den Geschäftsräumen der Firma E. GmbH & Co. KG, aus einem Duftset im Gesamtwert von 9,50 Euro eine Dose, indem er diese während des Zahlvorgangs über eine Flasche Bier in seiner linken Hand verbarg. Dabei führte er sowohl im Seitenfach seines Jutebeutels als auch am Reißverschluss seiner Bauchtasche jeweils griffbereit ein Schweizer Taschenmesser mit sich. Er handelte in der Absicht, die Dose ohne zu bezahlen für sich zu behalten.
5
2. Gleichzeitig führe der Angeklagte in den oben genannten Geschäftsräumen 2,63 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5% THC und 0,18 g Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 20% Methamphetaminbase wissentlich und willentlich mit sich.
6
Wie der Angeklagte wusste, besaß er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
7
3. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 25.12.2021 um 23.30 Uhr und dem 26.12.2021 um 07.00 Uhr, entwendete der Angeklagte Gegenstände aus dem verschlossenen Kellerabteil der Geschädigten K., unter Überwindung des Schlosses im Anwesen, insbesondere Nahrungsmittel und eine externe Festplatte im Gesamtwert von 350,00 Euro, um diese für sich zu behalten, obwohl er wusste, dass er hierauf keinen Anspruch hatte.
8
4. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 25.12.2021 um 23.30 Uhr und dem 26.12.2021 um 07.00 Uhr, entwendete der Angeklagte aus dem Fahrradkeller im Anwesen, Fahrradteile im Gesamtwert von ca. 90,00 Euro, um diese für sich zu behalten, obwohl er wusste, dass er auf die Gegenstände keinen Anspruch hatte.
9
Bei den beiden Diebstählen vom 25. auf den 26.12.2021 handelte der Angeklagte in der Absicht, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen.
III.
10
Der vorstehende Tatsachverhalt steht fest aufgrund des glaubwürdigen Geständnisses des Angeklagten, der in Augenschein genommenen Lichtbilder und der verlesenen Urkunden.
11
Der Angeklagte hat sich daher wegen Diebstahls mit Waffen und Diebstahls in 2 Fällen und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß der §§ 1 Abs. 1 i.Vm. Anlage I zum BtMG, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG, 244 Abs. 1 Nr. 1 a, 242 Abs. 1, 243 S. 1, S. 2 Nr. 1, Nr. 3, 53 StGB schuldig gemacht.
IV.
12
Vom Strafrahmen der §§ 243 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 und 244 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB war jeweils auszugehen. Aufgrund der geringen Diebstahlsbeute beim Diebstahl vom 18.08.2021 mit einem Gesamtschaden von unter 9,50 Euro war von einem minder schweren Fall des Diebstahls mit Waffen auszugehen.
13
Bei der konkreten Strafzumessung wurde zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er voll umfänglich geständig war, mit der formlosen Einziehung aller sichergestellten Gegenstände einverstanden war und die Taten jeweils unter Suchtdruck begangen hat.
14
Gegen den Angeklagten sprachen seine vielfach und auch einschlägigen Vorstrafen und der Umstand, dass der Angeklagte zu den jeweiligen Tatzeiten unter laufender Bewährung stand.
15
Nach Abwägung dieser Umstände war die Verhängung auch von kurzen Freiheitsstrafen jeweils unerlässlich.
16
Für den Diebstahl mit Waffen und die beiden weiteren Fälle des Diebstahls war jeweils eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten und für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten tat- und schuldangemessen.
17
Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und unter Berücksichtigung des relativ engen zeitlichen Zusammenhangs wurde hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr gebildet, die erforderlich zur Einwirkung auf den Angeklagten war und ausreichend zur Verteidigung der Rechtsordnung ist.
18
Da der Angeklagte Bewährungsversager ist und seine Kriminalprognose ungünstig erscheint (unbehandelte Drogenproblematik) kam die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht in Betracht.
19
Da beim Angeklagten eine erhebliche Suchtproblematik besteht und die Straftaten im Zusammenhang mit dieser Problematik stehen, war festzustellen, dass die Taten aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit begangen wurden.
Kosten: §§ 464, 465 StPO