Titel:
Wasserrechtliche Anordnungen hinsichtlich ungenehmigter, wesentlicher Abtragungen eines Uferwalles
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 3, Abs. 5
WHG § 67, § 68, § 70, § 100
BayWG Art. 58 Abs. 1, Art. 67
BayBO Art. 55 Abs. 2, Art. 57 Abs. 1 Nr. 1b
Leitsätze:
1. Eine Umgestaltung ist dann iSd § 67 Abs. 2 S. 1 WHG wesentlich, wenn sie den Zustand des Gewässers oder seiner Ufer auf Dauer in einer für den Wasserhaushalt bedeutsamen Weise ändert. Dies ist etwa der Fall, wenn die Umgestaltung mit großer Wahrscheinlichkeit im Falle eines Hochwasserereignisses auf den Hochwasserabfluss bzw. den Hochwasserschutz gerade für das anliegende Gebiet einen negativen Einfluss hat. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die wasserrechtliche Genehmigungspflicht entfällt nicht aufgrund der Tatsache, dass die Errichtung einer Anlage nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1b BayBO verfahrensfrei möglich ist, weil nach Art. 55 Abs. 2 BayBO die sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beachten sind. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, Wasserrechtliche Anordnung zur Beseitigung eines ungenehmigten Gewässerausbaus, Wesentliche Umgestaltung des Ufers, Legalisierungsmöglichkeit, Aufforderung zur Antragstellung, Erdwall, Uferwall, wesentliche Umgestaltung, Fertiggarage, Sofortvollzug, Aufschotterung, Hochwasserschutz, wasserrechtliche Anordnung, formelle Illegalität, Legalisierung, Wasserwirtschaftsamt, Rückbaumaßnahme
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.02.2023 – 8 CS 22.2315
Fundstelle:
BeckRS 2022, 39600
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, die gegen eine wasserrechtliche Anordnung wegen der Abgrabung eines Uferwalls gerichtet ist.
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Der Antragsteller ist Eigentümer einer Autowerkstatt. Im November 2020 reichte er bei der Gemeinde ... einen Bauantrag zur Errichtung von drei Fertiggaragen auf dem Anwesen, Fl.Nr. ... ein. In unmittelbarer Nähe des beabsichtigten Vorhabens befindet sich der ... Bach, auch ...bach genannt, ein Gewässer dritter Ordnung. Da im Zuge der Errichtung der Garagen der Uferwall des Baches zum Teil abgetragen werden müsste, bat die Gemeinde ... das Wasserwirtschaftsamt ... um Stellungnahme.
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Dieses teilte mit E-Mail vom 27. November 2020 mit, dass der ...- bzw. ...bach in der Vergangenheit zugunsten der Wasserkraftnutzung ausgebaut worden sei. Allerdings werde diese seit Jahrzehnten nicht mehr ausgeübt. Zum Teil liege die Bachsohle zur Gewinnung von Höhe für die Wasserkraftnutzung höher als das eigentlich umliegende ursprüngliche Gelände und werde durch einen höheren bewachsenen Erdwall abgeschirmt. Der gewässerbegleitende Hang könne die Funktion bzw. die Gewährleistung des Hochwasserschutzes für das anliegende Gelände darstellen. Eine Abtragung des Walls zur Aufstellung von Fertiggaragen werde ohne weitere Untersuchung bzw. hydraulische Berechnungen für sehr bedenklich gehalten. Es werde dringend empfohlen, die Hochwassersituation genau zu betrachten und zu ermitteln, ob der Hang für den Hochwasserschutz entbehrlich sein kann bzw. ob aus hydraulischen, ökologischen und statischen Gründen an das Gewässer herangebaut werden dürfe. Ein Umbau bzw. eine wesentliche Veränderung des Hochwasserschutzes entlang eines Gewässers stelle wohl einen genehmigungspflichtigen Gewässerausbau nach § 67 WHG dar. Da die Gewässerbegleitgehölze vermutlich geschützte Biotope im Sinne des Naturschutzgesetzes darstellten, wäre auch die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts einzubinden.
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Die Untere Naturschutzbehörde nahm am 10. Januar 2021 Stellung und teilte mit, dass aus naturschutzfachlicher Sicht dem Garagenbau zugestimmt werden könne, wenn der Eingriffsbereich maximal bis zur Dammmitte verlaufe. Ein naturschutzfachlicher Ausgleich müsse aufgrund der geringen Eingriffserheblichkeit nicht erbracht werden. Wasserwirtschaftliche Belange blieben jedoch unberührt und seien von der jeweiligen Fachbehörde gesondert zu beurteilen.
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Im November 2021 wurde aufgrund einer Anwohnerbeschwerde bekannt, dass das Ufergehölz entlang des ...bachs auf mindestens 50 m Länge fast vollständig entfernt wurde. Der Erdwall am linken Ufer wurde abgetragen und abgeflacht, teilweise für Parkbuchten ausgegraben und flächig mit Schotter bis unmittelbar an die Oberkante des Gewässerprofils versehen. Die abgeflachte und geschotterte Fläche wurde als neue Kfz-Abstellfläche genutzt.
6
Mit Schreiben vom 25. November 2021 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass der ...bach einschließlich des Uferbewuchses im fraglichen Bereich vollständig biotopkartiert sei. Die Abgrabungsarbeiten am Erdwall entlang des Bachs und die Beseitigung des Ufergehölzes stelle eine wesentliche Änderung des Ufers und damit einen Gewässerausbau nach § 67 WHG dar, der ohne Genehmigung nach § 68 WHG verboten sei. Durch die Absenkung des Walls werde das Hochwasserrisiko für die angrenzenden Flächen erhöht und die Statik des Walls möglicherweise spürbar geschwächt. Unter Umständen wäre eine nachträgliche Genehmigung der Abgrabung des Walls für die Errichtung der Fertiggaragen möglich. In dem dafür erforderlichen Antrag sei nachzuweisen, dass die Statik des Erdwalls durch die Abgrabung nicht beeinträchtigt werde. Außerdem dürfe die ursprüngliche Uferhöhe keinesfalls reduziert werden. Eine nachträgliche Genehmigung der sonstigen durchgeführten Maßnahmen scheide sowohl aus naturschutzrechtlicher als auch aus wasserrechtlicher Sicht aus. Der Antragsteller wurde aufgefordert, den ursprünglichen Zustand spätestens bis zum 31. Dezember 2021 wiederherzustellen. Für den Fall, dass die geforderten Maßnahmen nicht fristgerecht durchgeführt werden, wurde der Erlass einer Anordnung angedroht.
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Am 10. Januar 2022 fand ein gemeinsamer Ortstermin statt, bei dem das weitere Vorgehen hinsichtlich der nicht genehmigten Uferumgestaltung sowie der Biotopbeseitigung besprochen wurde.
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Mit Schreiben vom 16. Februar 2022 wurden die vom Antragsteller geforderten Maßnahmen nochmals zusammengefasst und erläutert. Der Antragsteller wurde aufgefordert die im Einzelnen näher beschriebenen Maßnahmen bis spätestens 1. Juli 2022 umzusetzen bzw. bis spätestens 1. Mai 2022 einen vollständigen und prüffähigen Genehmigungsantrag nach § 68 WHG zu stellen. Für den Fall, dass die geforderten Maßnahmen nicht umgesetzt werden, wurde der Erlass eines entsprechenden förmlichen Bescheids angekündigt. Der Antragsteller kam der Aufforderung nicht nach. 9 Mit Bescheid vom 20. Juni 2022 verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, den Uferwall entlang des ...bachs (... ...bach) auf Fl. Nr. ... von der Brücke bis zur Rückseite des Gebäudes auf dem Anwesen ... (abgetragener Bereich) spätestens bis zur Bestandskraft des Bescheids wieder herzustellen, in dem auf mindestens 3 m Breite eine standfeste Erdschicht aufgetragen wird, die eine Höhe von rund 30 cm aufweisen muss und die sich in südwestlicher Richtung (zur Brücke hin) an den Bestand angleicht. Außerdem ist von der Dammkrone bis 3 m die Böschung hinunter eine 2-3 cm dicke Humusschicht aufzubringen, die anschließend mit Heudrusch (von einem ortsansässigen Landwirt) zu bedecken oder mit einer Regiosaatmischung anzusäen ist (Nr. 1 des Bescheids). Weiterhin wurde der Antragsteller verpflichtet, für die südwestlich des Gebäudes luftseitig im Erdwall erfolgte Abgrabung zur Errichtung von Fertiggaragen spätestens bis zur Bestandskraft des Bescheids einen Antrag auf nachträgliche Genehmigung nach § 68 Abs. 2 WHG entsprechend der Verordnung über Pläne und Beilagen im wasserrechtlichen Verfahren vorzulegen. Dem Antrag ist zusätzlich ein erdstatischer Nachweis beizulegen, der belegt, dass die Abgrabung die Standsicherheit des Walls im Hochwasserfall nicht beeinträchtigt. Alternativ ist die Abgrabung spätestens bis zur Bestandskraft des Bescheids gänzlich mit tragfähigem Kiesmaterial zu verfüllen und zu verdichten (Nr. 2 des Bescheids). Für den Fall, dass der Antragsteller der Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheides nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 EUR angedroht (Nr. 3). Sofern der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommen wird, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 EUR angedroht (Nr. 4).
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Zur Begründung wird ausgeführt, die Anordnung unter Nr. 1 des Bescheids stütze sich auf § 100 Abs. 1 WHG i. V. m. Art. 58 Abs. 1 BayWG und § 68 Abs. 1 WHG. Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sei es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen und gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nach pflichtgemäßem Ermessen die notwendigen Maßnahmen anzuordnen. Die durchgeführte Absenkung des Uferwalls, die weitgehende Beseitigung des Uferbewuchses und das Aufschottern der gesamten Fläche sei nach § 68 Abs. 1 WHG genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigungsfähig, weil eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken zu erwarten sei. Die Reduzierung des vorhandenen Erdwalls um rund 30-40 cm erhöhe das Risiko von Überflutungen der südlich gelegenen Siedlungsflächen. Zwar sei nicht von der technischen Qualität eines Hochwasserschutzdeichs auszugehen, in jedem Fall trete jedoch der Bach durch die Maßnahme bereits bei kleinerem Hochwasser über die Ufer und erhöhte das Hochwasserrisiko. Hierdurch werde auch gegen die Grundsätze des § 67 Abs. 1 WHG verstoßen, wonach Gewässer so auszubauen seien, dass das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert und naturraumtypische Lebensgemeinschaften bewahrt werden. Eine Genehmigung dürfe nach § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 WHG außerdem nur erteilt werden, wenn Anforderungen nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt würden. Da durch die Maßnahme ein kartiertes Biotop zerstört werde, scheide eine Genehmigung auch aus diesem Grund aus. Weiterhin sei nach § 70 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WHG ein Gewässerausbau zwingend zu versagen, wenn dadurch eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter erfolge, die nicht durch Inhalts- und Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen werden können. Dies sei der Fall, da die Absenkung des Walls zur Folge habe, dass der Bach bereits bei kleineren Hochwässern als bisher über die Ufer trete und Schäden am Nachbargrundstück verursache. Da die Maßnahme gegen die Genehmigungsvoraussetzungen verstoße, wäre eine Genehmigung zwingend zu versagen. Zur Vermeidung der beträchtlichen Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts und der Rechte Dritter sei die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlich. Die angeordnete Maßnahme sei auch geeignet, die erweiterte Hochwassergefahr zu beseitigen und die ökologischen Schäden zu ersetzen.
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Rechtsgrundlage für die Anordnung unter Nr. 2 des Bescheids sei § 100 Abs. 1 WHG i. V. m. Art. 58 Abs. 1 BayWG und Art. 67 BayWG. Würden Gewässer ohne die erforderliche Planfeststellung nach § 68 Abs. 1 WHG ausgebaut, könne das Landratsamt gemäß Art. 67 Abs. 1 BayWG verlangen, dass ein entsprechender Antrag gestellt werde. Da die durchgeführte Abgrabung genehmigungsfähig erscheine, sofern ein erdstatischer Nachweis die Unbedenklichkeit der Maßnahme belege, sei als milderes Mittel zunächst die Verpflichtung zur Vorlage von Antragsunterlagen gewählt worden. Die Anordnung sei erforderlich, um fachlich und rechtlich geordnete Zustände herzustellen und die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Alternativ sei die ordnungsgemäße Verfüllung der Abgrabung erforderlich, da ohne entsprechenden Nachweis eine Gefährdung Dritter nicht ausgeschlossen werden könne. Die Androhung der Zwangsgelder stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Sie sei erforderlich und solle den Antragsteller zur fristgerechten Durchführung der geforderten Verpflichtungen anhalten, da die bisherigen Bemühungen des Landratsamts ohne Erfolg geblieben seien. Angesichts der gestiegenen Überflutungsgefahren sei ein weiteres Zuwarten nicht mehr vertretbar. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen. Der Bescheid wurde am 21. Juni 2022 zugestellt.
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Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 19. Juli 2022 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Au 9 K 22.1508) erheben, über die noch nicht entschieden wurde.
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Mit Schreiben vom 1. August 2022 wies das Wasserwirtschaftsamt ... darauf hin, dass die Abgrabung am Erdwall an der Stelle, an der später Fertiggaragen aufgestellt werden sollen, eine sehr steile, fast senkrechte freie Erdböschung aufweise, an der das Erdreich schon jetzt oberflächig nachrutsche. Die vorgenommenen baulichen Veränderungen am vorhandenen Erdwall hätten mit großer Wahrscheinlichkeit bei Ablauf eines Hochwasserereignisses im Bach für das anliegende Gewerbegebiet einen negativen Einfluss. Die örtlichen Starkregenereignisse insbesondere über die Sommermonate, die gerade in den letzten Jahren und auch in diesem Jahr verstärkt im ... auftreten würden, führten immer wieder zu Sturzfluten und ließen den Abfluss gerade solcher eher kleineren Bäche innerhalb kürzester Zeit ansteigen. Bei derartigen Ereignissen sei meist keine nennenswerte Vorwarnzeit möglich. Aus Sicht des Wasserwirtschaftsamtes sollte daher möglichst zügig Höhe, Geometrie und Standsicherheit des Ufers und des Erdwalls wieder fachgerecht hergestellt werden.
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Mit Bescheid vom 3. August 2022 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der in Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheides vom 20. Juni 2022 getroffenen Anordnungen an und ersetzte die Handlungsfrist „spätestens bis zur Bestandskraft des Bescheides“ durch das Datum 8. September 2022. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts ... vom 1. August 2022 wird zur Begründung ausgeführt, dass in Anbetracht der festgestellten erhöhten Hochwassergefahr und der Umweltverstöße nicht hingenommen werden könne, dass die Wiederherstellung der reduzierten Wallhöhe sowie der Dammstabilität bis zu einer letztinstanzlichen Entscheidung über die Klage hinausgezögert werde. Das öffentliche Interesse überwiege das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage. Daher werde nach pflichtgemäßem Ermessen im öffentlichen Interesse gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Verpflichtungen aus Nr. 1 und 2 des Bescheides vom 20. Juni 2022 angeordnet. Die Änderung der Fristen diene dazu, den Sofortvollzug zu ermöglichen. Die Fristen entsprächen dem im Bescheid vom 20. Juni 2022 ursprünglich vorgesehenen zeitlichen Rahmen.
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Am 25. August 2022 stellte der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und beantragt,
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Die aufschiebende Wirkung zu dem Bescheid des Antragsgegners vom 3. August 2022, Az., wird betreffend des Bescheids des Landratsamts ... vom 20. Juni 2022, Az., angeordnet.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Anordnung des Sofortvollzugs nicht angezeigt sei. Es gehe um behauptete Maßnahmen des Antragstellers, die angeblich im November 2020 durchgeführt worden seien. In der Folgezeit hätten Gespräche und Ortstermine stattgefunden. Am 16. Februar 2022 seien Maßnahmen besprochen worden. Am 20. Juni 2022 habe der Antragsgegner den dem Verfahren zugrundeliegenden Bescheid erlassen. Im Hinblick auf den Zeitraum November 2020 bis Juli 2022 sei von keiner Dringlichkeit in Bezug auf den Sofortvollzug auszugehen. Zum heutigen Zeitpunkt sei keinerlei Gefährdung in Bezug auf den Wasseraustritt aus dem ...bach zu erwarten. Der Hang sei nicht abgegraben worden, die Gehölze seien in Natur vorhanden. Ein Sofortvollzug sei in keiner Weise gerechtfertigt, insbesondere stehe nicht fest, dass der Antragsteller Maßnahmen durchgeführt habe, die zur Instabilität des Damms geführt hätten. Es habe in der Vergangenheit keinen einzigen Wasserübertritt gegeben, auch nicht anlässlich des starken Regens der vergangenen Tage. Es liege keine Gefährdung vor. Zudem werde auf die Klagebegründung im Verfahren Au 9 K 22.1508 verwiesen. Dort trug der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 25. August 2022 vor, dass dem Antragsteller eine Baugenehmigung für die Errichtung von drei Fertiggaragen erteilt worden sei. Der Aushub sei fertig hergestellt worden, die Fertiggaragen selbst seien noch nicht errichtet worden. Der Antragsteller habe den Deich nicht abgetragen und die Wurzelstöcke nicht entfernt. Er habe lediglich die Büsche zurückgeschnitten. Er habe Humus aufgebracht und in keiner Weise in den Naturhaushalt eingegriffen. Der Damm habe die gleiche Stabilität wie ursprünglich. Zum Beleg der Behauptungen wird auf die den Schriftsätzen beigefügten Fotos verwiesen.
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Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Es sei nicht korrekt, dass der Antragsgegner eine Genehmigung für die Errichtung von drei Fertiggaragen erhalten habe. Es sei richtig, dass er im November 2020 einen Bauantrag bei der Gemeinde ... eingereicht habe. Im Rahmen eines Ortstermins am 10. Januar 2022 sei dem Antragsteller eine Genehmigung für die Errichtung der Garagen nach Vorlage eines erdstatischen Nachweises in Aussicht gestellt worden. Aus den vom Antragsteller vorgelegten Lichtbildern ergebe sich, dass am Damm erhebliche Maßnahmen ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt worden seien. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 3. August 2022 sei formell und materiell rechtmäßig. Mit ausführlicher und einzelfallbezogener Begründung sei dargelegt worden, dass durch die nicht genehmigten und nicht genehmigungsfähigen Maßnahmen des Antragstellers die Hochwassersituation für das angrenzende Gewerbegebiet verschärft wurde. Im Übrigen werde auf die ausführliche Begründung der Bescheide vom 20. Juni 2022 und vom 3. August 2022 verwiesen.
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Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten des Eil- und des Klageverfahrens sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az. Au 9 K 22.1508) hat keinen Erfolg.
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1. Der Antrag ist zulässig.
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Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 19. Juli 2022 erhobenen Klage (Az. Au 9 K 22.1508) hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 20. Juni 2022 (Verpflichtung zur Wiederherstellung des abgetragenen Erdwalls und Antrag auf nachträgliche Genehmigung der Abgrabung zur Errichtung von Fertiggaragen) sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohungen in Nrn. 3 und 4 des mit der Klage angegriffenen Bescheids.
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2. Der Antrag ist in der Sache jedoch unbegründet.
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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den zugrundeliegenden Bescheid ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs kraft Gesetzes entfällt, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen. Das Gericht prüft bei ersterem, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind, und trifft im Übrigen jeweils eine eigene Abwägungsentscheidung. Bei der im Rahmen dieser Entscheidung gebotenen Interessenabwägung kommt vor allem den Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache besondere Bedeutung zu. Bleibt das Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, so wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen. Hat der Rechtsbehelf in der Hauptsache hingegen voraussichtlich Erfolg, so ist dessen aufschiebende Wirkung wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden weiteren Interessenabwägung ab (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 10 CS 14.2244 - juris).
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a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheids vom 20. Juni 2022 durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 3. August 2022 ist formell rechtmäßig.
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(1) Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet hat, (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend erweist; ist das nicht der Fall, hat das Gericht die Vollziehungsanordnung ohne weitere Sachprüfung aufzuheben, nicht jedoch die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wiederherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2013 - 10 CS 13.1782 - juris).
28
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei reicht jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55). Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt aus § 80 Abs. 1 VwGO auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2000 - 10 CS 99.3290 - juris Rn. 16). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind.
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(2) Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Begründung des Sofortvollzugs gerecht. Der Antragsgegner führt aus, dass in Anbetracht der festgestellten erhöhten Hochwassergefahr mit der Wiederherstellung der reduzierten Wallhöhe und der Dammstabilität im Bereich der Abgrabung nicht bis zum letztinstanzlichen Abschluss des Klageverfahrens gewartet werden könne. Zur Begründung wird auf die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts ... vom 1. August 2022 verwiesen, in der ausgeführt werde, dass durch die vorgenommenen Veränderungen die Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen eines Schadensereignisses für das anliegende Gewerbegebiet erhöht wurden. Zusätzlich zu den bisherigen Hochwasserereignissen habe insbesondere die Häufigkeit von Starkregenereignissen und Sturzfluten in den vergangenen Jahren zugenommen. Insbesondere bei kleineren Bächen, die innerhalb kürzester Zeit deutlich ansteigen, sei meist keine nennenswerte Vorwarnzeit möglich. Durch die abgetragene Schicht von ca. 30 cm werde das angrenzende Gewerbegebiet schneller überflutet. Auch sei festgestellt worden, dass an der Abgrabung bereits Erdreich oberflächig nachrutsche. Da im Anhörungsverfahren auf eine Äußerung verzichtet worden sei, sei das Landratsamt nicht von längerfristigen Verzögerungen durch ein Gerichtsverfahren ausgegangen. Das öffentliche Interesse an der Beseitigung der geschaffenen Gefahrensituation für das angrenzende Gewerbegebiet und die Stabilität des Walls überwiege das Interesse des Antragstellers, die Maßnahmen möglicherweise erst nach rechtskräftigem Abschluss des Gerichtsverfahrens durchzuführen. Diese Begründung stellt auf den vorliegenden Einzelfall ab und lässt erkennen, was den Antragsgegner zum Erlass der Anordnung bewogen hat, und dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der Anordnung des Sofortvollzugs bewusst war. Damit werden die formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfüllt. Ob die vom Antragsgegner angeführten Gründe inhaltlich tragen, ist hingegen keine Frage des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern im Rahmen der besonderen Dringlichkeit der Vollziehung des Verwaltungsaktes und damit beim Vorliegen eines besonderen Vollzugsinteresses zu würdigen.
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b) Der Bescheid vom 20. Juni 2022 mit dem der Antragsteller zur Wiederherstellung des abgetragenen Erdwalls und zur Antragstellung auf nachträgliche Genehmigung der Abgrabung zur Errichtung von Fertiggaragen verpflichtet wurde, ist nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse und das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seiner Anordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
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aa) Die Rechtsgrundlage für die unter Nr. 1 bzw. Nr. 2 des Bescheids vom 20. Juni 2022 getroffenen Anordnungen ist § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 BayWG i.V.m. § 67, § 68 WHG.
32
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Nach Satz 2 ordnet die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen. Voraussetzung für ein Einschreiten der zuständigen Wasserbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ist entweder das Erfordernis der Vermeidung oder Beseitigung einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts (Alt. 1) oder die Erforderlichkeit zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach Satz 1 (Alt. 2). Anerkannt ist, dass nach § 100 Abs. 1 Satz 2 Alternative 3 WHG - unabhängig von einer tatsächlichen Bedrohung des Wasserhaushalts - bereits der formelle Verstoß gegen eine wasserrechtliche Verpflichtung seitens des Verantwortlichen, wie etwa die Benutzung oder den Ausbau eines Gewässers ohne die dafür erforderliche Erlaubnis oder Genehmigung, genügt (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 100 Rn. 40 ff.). Ob und unter welchen Voraussetzungen die zuständige Behörde eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung auf die bloße formelle Illegalität eines Zustandes stützen kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall abhängig (BVerwG, B.v. 21.12.1993 - 7 B 119.93 - juris). Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann sich im Einzelfall ergeben, dass eine auf die bloße formelle Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Anordnung nur ausnahmsweise dann rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Behörde zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung der Gewässerbenutzung geprüft und verneint hat (BayVGH, B.v. 19.3.2012 - 8 ZB 10.2343 - juris Rn. 14).
33
bb) Nach den voranstehenden Maßgaben erweisen sich die auf § 100 Abs. 1 Satz 1 und 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG i.V.m. § 67, § 68 WHG gestützten Verpflichtungen des Antragstellers nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
34
Zur Klarstellung weist das Gericht darauf hin, dass der streitgegenständliche Bescheid zwei Regelungsinhalte enthält, zwischen denen zu differenzieren ist. Die in Nr. 1 des Bescheids getroffene Regelung bezieht sich lediglich auf die die Abtragung und Schotterung des Uferwalls, hingegen betrifft die unter Nr. 2 getroffene Verpflichtung die Abgrabung zur Vorbereitung der Aufstellung von Fertiggaragen.
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(1) Die unter Nr. 1 des Bescheids verfügte Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Uferwalls ist rechtmäßig.
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(a) Sowohl die in der Behördenakte enthaltenen Fotos als auch die vom Antragsteller selbst vorgelegten Bilder über den Zustand und die Entwicklung des Uferwalls des ...bachs belegen, dass der Antragsteller diesen gegenüber seinem ursprünglichen Zustand abgetragen, die vorhandene Vegetation entfernt, die Neigung des Walls verändert und durch Aufschotterung die Nutzung als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge ermöglicht hat. Der im Antragsschriftsatz vorgetragene Einwand, der Antragsteller habe den Wall nicht abgetragen, dieser habe die gleiche Dammhöhe und Stabilität wie ursprünglich, ist daher nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller vom Antragsgegner mit Schreiben vom 25. November 2021 auf die Unzulässigkeit der von ihm durchgeführten Maßnahmen und deren Genehmigungsbedürftigkeit hingewiesen wurde und bei einem gemeinsamen Ortstermin zwischen den Beteiligten am 10. Januar 2022 das weitere Vorgehen hinsichtlich der nicht genehmigten Uferumgestaltung besprochen wurde.
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(b) Die in den Behördenakten durch Bilder und Aktenvermerke über vorgenommene Ortseinsichten dokumentierte Uferabtragung von mindestens 30 cm stellt einen genehmigungspflichtigen Gewässerausbau im Sinn von § 67, § 68 Abs. 1 WHG dar.
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Nach § 68 Abs. 1 WHG bedarf der Gewässerausbau der Planfeststellung durch die zuständige Behörde, wobei für Vorhaben, für die keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, an die Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung treten kann. Nach § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG fällt unter den Begriff Gewässerausbau die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer, so dass auch die im vorliegenden Fall in den Blick zu nehmende Abtragung der Uferböschung der Genehmigungspflicht unterliegt.
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Auch wenn eine Abtragung nur in einem Umfang von ca. 30 cm vorliegt, so ist sie dennoch wesentlich im Sinn von § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG. Eine Umgestaltung ist dann wesentlich, wenn sie den Zustand des Gewässers oder seiner Ufer auf Dauer in einer für den Wasserhaushalt bedeutsamen Weise ändert. Die Verwendung des Begriffs „wesentlich“ bedeutet lediglich, dass unwesentliche und offensichtlich nicht ins Gewicht fallende Maßnahmen keinen Gewässerausbau darstellen. Dies korrespondiert mit der Erlaubnis- und Bewilligungspflicht in §§ 8, 9 WHG. Auch dort werden insoweit keine besonders gewichtigen Benutzungstatbestände verlangt (Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 67 Rn. 30). Nach der Bewertung des Wasserwirtschaftsamts, dessen Einschätzungen und Gutachten eine besondere Bedeutung zukommt, da diesen die fachliche Erfahrung aus einer jahrelangen Bearbeitung wasserrechtlicher Sachverhalte in einem bestimmten Gebiet zugrunde liegt (st. Rspr, vgl. nur BayVGH, B.v. 2.1.2020 - 8 ZB 19.47 - juris Rn. 11; B.v. 9.3.2011 - 8 ZB 10.165 - BayVBl 2011, 728 - juris Rn. 12), hat die Abtragung des Uferwalls mit großer Wahrscheinlichkeit im Falle eines Hochwasserereignisses im Bach auf den Hochwasserabfluss bzw. den Hochwasserschutz gerade für das anliegende Gewerbegebiet einen negativen Einfluss. Obwohl keine hydraulische Berechnung vorliege, mache eine Ortseinsicht schon offensichtlich, dass aufgrund der abgetragenen Höhe des Erdwalls das Gewerbegebiet früher und in stärkerem Maße geflutet werden würde. Diese fachliche Aussage kann durch die Behauptung des Antragstellers, der Damm weise die gleiche Höhe auf wie ursprünglich und habe die gleiche Stabilität, nicht entkräftet werden.
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(c) Die somit für die Umgestaltung des Uferwalls erforderliche wasserrechtliche Genehmigung wurde nicht erteilt. Damit ist festzuhalten, dass diese Maßnahme ohne die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung vorgenommen wurde und damit formell illegal ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung zur Wiederherstellung der ursprünglichen Dammhöhe nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG sind somit erfüllt.
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(d) Die Anordnung zur Wiederherstellung unterliegt auch keinen Ermessensfehlern. Der Antragsgegner hat von dem ihm eingeräumten Ermessen unter sachgerechter Abwägung der insoweit zu berücksichtigenden Umstände zweckentsprechend Gebrauch gemacht. Insbesondere sind die angeordneten Rückbaumaßnahmen geeignet, der wasserwirtschaftlichen Zielsetzung, die Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen, ausreichend Rechnung zu tragen, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG. Die angegriffenen Maßnahmen sind insoweit auch erforderlich. Des Weiteren unterliegen die Anordnungen auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keinen Bedenken, denn ein den Antragsteller weniger belastendes geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die streitgegenständliche Reduzierung des Uferwalls nicht offensichtlich genehmigungsfähig, sodass auch eine nachträgliche Legalisierung als weniger belastendes Mittel nicht in Betracht kommt. Einer wasserrechtlichen Genehmigung stünde vorliegend § 70 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WHG entgegen, da nach Einschätzung der wasserwirtschaftlichen Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) die Hochwassersituation für die anliegenden Gewerbegrundstücke durch die Reduzierung der Höhe des Uferwalls verschärft würde. Schließlich sind die angeordneten Maßnahmen auch zumutbar und können mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden.
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(2) Auch die unter Nr. 2 des Bescheids vom 20. Juni 2022 angeordnete Maßnahme, mit der der Antragsteller aufgefordert wurde, einen Antrag auf nachträgliche Genehmigung der Abgrabung zur Errichtung von Fertiggaragen unter Vorlage im einzelner benannter Unterlagen zu stellen oder alternativ die bereits vorgenommene Abgrabung wieder aufzufüllen, ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 100 Abs. 1 WHG i. V. m. Art. 58 Abs. 1, Art. 67 Abs. 1 BayWG.
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(a) Die im Zuge des Vorhabens, drei Fertiggaragen auf dem Grundstück Fl. Nr. ... aufzustellen, erfolgte Abgrabung des Uferwalls ist nach den oben bereits dargestellten Grundsätzen ebenfalls genehmigungspflichtig, da es sich auch insoweit um eine wesentliche Umgestaltung des Uferwalls handelt (§ 67 Abs. 2 WHG). Nach der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts wird durch die Abgrabung die Stabilität des Uferwalls nachhaltig beeinträchtigt. Nach den Erkenntnissen vor Ort beginnt die Abgrabung oberflächlich abzurutschen, was augenscheinlich negative Auswirkungen auf die Stabilität des Damms und die Hochwassersituation vor Ort hat.
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(b) Die wasserrechtliche Genehmigungspflicht entfällt nicht aufgrund der Tatsache, dass die Errichtung der Fertiggaragen nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1b BayBO verfahrensfrei möglich ist. Denn auch für diesen Fall ist in Art. 55 Abs. 2 BayBO bestimmt, dass die sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die an die Errichtung einer nach Bauordnungsrecht genehmigungsfreien Anlage gestellt werden, zu beachten sind. Das bedeutet, dass die Errichtung der Fertiggaragen zwar baurechtlich verfahrensfrei ist, die Maßnahmen, die für die Errichtung erforderlich sind - hier die Abgrabung des Uferwalls auf der für die geplanten Garagen vorgesehenen Grundfläche - jedoch nach dem jeweiligen Fachrecht eine Genehmigungspflicht begründen können.
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(c) Die für die Errichtung der Fertiggaragen erforderliche Abgrabung des Uferwalls wurde ohne die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung vorgenommen und ist damit formell illegal. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine gewässeraufsichtliche Maßnahme nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG sind somit erfüllt.
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(d) Im Rahmen des dem Antragsgegner eröffneten Ermessens hat dieser ermessensfehlerfrei berücksichtigt, dass die durchgeführte Abgrabung sowohl aus naturschutzfachlicher als auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht genehmigungsfähig erscheint, sofern ein erdstatischer Nachweis die Unbedenklichkeit der Maßnahme und die Stabilität des Dammes belegt. Der Antragsgegner hat daher davon abgesehen, den Antragsteller zur sofortigen Beseitigung der Abgrabung aufzufordern, sondern ihm die Möglichkeit eröffnet, durch die nachträgliche Durchführung eines Genehmigungsverfahrens rechtmäßige Verhältnisse wiederherzustellen.
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Nach Art. 67 BayWG kann die Verwaltungsbehörde für den Fall, dass Gewässer oder Anlagen ohne die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung errichtet oder verändert werden, verlangen, dass ein entsprechender Antrag gestellt wird. Diese Möglichkeit entspringt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der für den Fall einer lediglich formellen Illegalität einer Maßnahme eine nachträgliche Legalisierungsmöglichkeit eröffnet. Aufgrund der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts, wonach die Errichtung der Fertiggaragen ohne eine weitere Untersuchung bzw. hydraulische Berechnung sehr bedenklich sei und geprüft werden müsse, wie nah aus hydraulischen, ökologischen und statischen Gründen an den Hang gebaut werden dürfe, ist die Anordnung zur Durchführung eines Antragsverfahrens erforderlich, um fachlich und rechtlich die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen.
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Im Rahmen des gewässeraufsichtlichen Handlungsermessens ist auch nicht zu beanstanden, dass alternativ die Verfüllung der Abgrabung mit tragfähigen und verdichtbaren Kiesmaterial gefordert wird. Die Beibehaltung der Abgrabung steht unter der Voraussetzung, dass das Aufstellen der Fertiggaragen einen stabilisierenden Faktor darstellt. Fällt dieser weg, kommt die Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts ... wieder zum Tragen, dass im Falle von Hochwasserereignissen durch die seitlichen Abgrabungen der Park- bzw. Garagenbuchten die Standsicherheit des Uferwalls gegenüber dem Ursprungszustand gerade im Hochwasserfall negativ beeinträchtigt wäre.
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cc) Die in Nr. 3 und Nr. 4 ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Auch insoweit wird die Klage des Antragstellers in der Hauptsache voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Die Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe der Zwangsgelder hält sich im gesetzlich eröffneten Rahmen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15 und höchstens 50.000 EUR beträgt. Mit den für sofort vollziehbar erklärten Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 20. Juni 2022 liegen auch nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbare Verwaltungsakte vor. Die Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls gewahrt, da hinsichtlich der jeweiligen Pflichten des Antragstellers Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe angedroht wurden. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Dringlichkeit der zu erfüllenden Pflichten als angemessen zu betrachten. Auch die mit Bescheid vom 3. August 2022 abgeänderten Handlungsfristen erweisen sich als ausreichend.
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c) Nach alldem erscheint nach summarischer Prüfung von Sach- und Rechtslage ein Erfolg der Klage des Antragstellers gegen die wasserrechtlichen Anordnungen des Antragsgegners als nicht hinreichend wahrscheinlich.
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d) Es bedarf in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO aber auch bei einer voraussichtlichen Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs in der Hauptsache einer weiteren Kontrollüberlegung. Die Vorschrift fordert für die behördliche Anordnung bei sofortiger Vollziehung ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, das über das Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts selbst hinausgeht. Das besondere öffentliche Vollzugsinteresse ist grundsätzlich nicht mit dem öffentlichen Interesse am Erlass eines Verwaltungsakts identisch. Daher vermag selbst die offensichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts allein die sofortige Vollziehung regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. NdsOVG, B.v. 17.4.2014 - 7 ME 8/19 - juris Rn. 26). Das Gericht kann die behördliche Anordnung des Sofortvollzugs daher nur bestehen lassen, wenn nach seiner Beurteilung ein öffentliches Interesse daran besteht, einen offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft zu vollziehen.
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Angesichts des hohen Gewichts des öffentlichen Interesses am Hochwasserschutz muss das private Interesse des Antragstellers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung die geforderten Maßnahmen nicht umsetzen zu müssen im Einzelfall zurückstehen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Einwand des Antragstellers, dass zwischen der mutmaßlich im November 2021 erfolgten Abgrabung bzw. Abtragung des Uferwalls und der Anordnung des Sofortvollzugs im August 2022 ein längerer Zeitraum vergangen ist, in dem es zu keinem Hochwasserereignis gekommen ist. Angesichts der besonderen Bedeutung des Hochwasserschutzes und der Unvorhersehbarkeit von Hochwasserereignissen - auf diesen Umstand weist das Wasserwirtschaftsamt ... in seiner Stellungnahme vom 1. August 2022 ausdrücklich hin - kommt es nicht darauf an, dass es bislang noch zu keinen Überschwemmungsereignissen gekommen ist.
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3. Nach allem war der Antrag daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Sonderbeilage BayVBl. Januar 2014). Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 5.000 EUR (§ 52 Abs. 2 GKG) war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.