Inhalt

VG München, Urteil v. 28.11.2022 – M 31 K 21.5478
Titel:

Zuwendungsvoraussetzungen für Gewährung einer Landarztprämie

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie über die Gewährung einer Landarztprämie
BayHO Art. 23, Art. 44
Leitsatz:
Es begegnet keinen Bedenken, wenn der Zuwendungsgeber eine Landarztprämie nur dann gewährt, wenn die ambulante ärztliche Versorgung in Regionen mit aktuell entsprechendem Bedarf verstärkt wird, nicht aber dann, wenn dies gleichzeitig auf Kosten anderer Regionen geht, in denen ebenfalls ein Förderungsbedarf besteht. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Landarztprämie, Voraussetzungen der Prämie (verneint), Zuwendung, Förderung, Hausärztin, Selbstbindung, Förderzweck, Landarztprämiengebiet, Haushaltsmittel, Zuwendungspraxis, Gleichheitssatz, Typisierung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 39522

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin, die als Ärztin in einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in B. … niedergelassen ist, begehrt von dem Beklagten die Bewilligung einer Zuwendung im Rahmen der Richtlinie über die Gewährung einer Landarztprämie.
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Mit Antrag vom 1. Juli 2021, beim Beklagten eingegangen um 5. Juli 2021, suchte die Klägerin um die Gewährung einer Landarztprämie nach. Als Gegenstand der Förderung wurde eine Niederlassung in Form einer Praxisübernahme als Hausärztin mit einem vollen Versorgungsauftrag im Planungsbereich I.-Süd angegeben. Durch Unterschrift versichert wurde unter anderem die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie, dass die aktuelle Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zur Kenntnis genommen worden sei.
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Unter dem 4. August 2021 wurde die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrags angehört, dies im Wesentlichen mit dem Hinweis auf nicht eingehaltene Voraussetzungen der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17. September 2021 lehnte der Beklagte den Antrag auf Bewilligung einer Prämie für die Niederlassung als Fachärztin für Allgemeinmedizin ab. Zur Begründung wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass gemäß den Voraussetzungen der Richtlinie über die Gewährung einer Landarztprämie (Landarztprämienrichtlinie - LAPR) vom 23. November 2020 (BayMBl. Nr. 729) in Ziff. 3.3 Satz 3 eine Prämie nur gewährt werde, wenn sich der bisherige Vertragsarztsitz außerhalb des Landarztprämiengebietes und der andere Vertragsarztsitz im Landarztprämiengebiet befinde. Dies sei im vorliegenden Fall nicht so, da sowohl der bisherige Vertragsarztsitz der Klägerin im Planungsbereich I.-Stadt als auch der neue Vertragsarztsitz im Planungsbereich I.-Süd nach der Definition der Zuwendungsrichtlinie ein Landarztprämiengebiet sei.
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Mit am 15. Oktober 2021 eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß zuletzt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17. September 2021 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Prämie für ihre Niederlassung als Fachärztin für Allgemeinmedizin in Höhe von 60.000 EUR zu gewähren.
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Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 27. Juli 2022 wesentlich darauf abgehoben, dass die fragliche Ausschlussregel in Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR nach Sinn und Zweck der Landarztprämie angewendet und mithin teleologisch reduziert werden müsse. Sinn und Zweck der Richtlinie über die Gewährung einer Landarztprämie sei die Schaffung und Stabilisierung einer ausreichenden, wohnortnahen, ambulanten ärztlichen Versorgung einer zunehmend alternden, ländlichen Bevölkerung mit erhöhtem medizinischem Versorgungsbedarf. Dies sei grundsätzlich hinsichtlich beider hier relevanter Versorgungsgebiete gegeben: Die Klägerin habe ihre Praxis in einer Region aufgegeben, die kurz vor der Überversorgung stehe und versorge nunmehr eine Region, die medizinisch nicht ausreichend versorgt war. Somit sei Ziel und Zweck der Landarztprämie eindeutig erfüllt. Ferner sei ohne die Bewilligung der Landarztprämie der Weiterbetrieb der Gemeinschaftspraxis aus wirtschaftlichen Gründen infrage gestellt. Die b.weite Anwendung der Regelung in Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR würde schließlich im Allgemeinen dazu führen, dass die Prämie lediglich solche Ärzte erhalten könnten, die sich neu niederlassen und damit nicht erfahren seien, oder aber solche Ärzte, die in (noch) zulassungsbeschränkten Gebieten ihre Praxis hatten. Da in B. lediglich wenige Gebiete mit einem Hausärztemangel bestünden, sei es nur wenigen möglich, die Prämie zu erhalten, so dass das Ziel der Landarztprämienrichtlinie nicht erfüllt werde.
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Der Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Er verteidigt den streitbefangenen Bescheid und verweist hierzu maßgeblich auf die im konkreten Fall nicht erfüllten Voraussetzungen der Zuwendungsrichtlinie. Auch der Zweck der Landarztprämie lasse keine andere Auslegung zu, da mit der Prämiengewährung ein finanzieller Ausgleich für die mit der Aufnahme einer vertragsärztlichen Tätigkeit in unzureichend versorgten Regionen verbundenen besonderen Herausforderungen erfolgen und damit gerade die Entscheidung für die erstmalige Niederlassung gefördert werden solle. Nach eigenem Vortrag der Klägerin sei das Patientenaufkommen in der übernommenen Praxis immens hoch, sodass zu hinterfragen sei, weshalb der Weiterbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen infrage gestellt sei und inwieweit die dargelegten Gründe für eine Förderung durch die Landarztprämie hier überhaupt einschlägig seien.
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Mit Beschluss vom 18. Oktober 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten den von ihr geltend gemachten Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Gewährung und Auszahlung einer Landarztprämie aufgrund ihres Zuwendungsantrags vom 1. Juli 2021, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der Ablehnungsbescheid vom 17. September 2021 als rechtmäßig.
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1. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 - 7 C 24.85 - juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 - 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 - juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 - 22 ZB 22.1151 - juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 - 6 ZB 21.2933 - juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 - 7 B 38.08 - juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 - 6 ZB 18.2102 - juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 - M 31 K 21.1483 - juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des B. Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege über die Gewährung einer Landarztprämie (Landarztprämienrichtlinie - LAPR) vom 23. November 2020 (BayMBl. Nr. 729) wird in Satz 3 im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Landarztprämie eine freiwillige Leistung des Freistaats B. darstellt und nach Maßgabe der Richtlinie und ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung. Auf Grundlage der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie gewährt der Beklagte in einem so genannten Landarztprämiengebiet jeweils einmalig Prämien - soweit hier interessierend - für die vertragsärztliche Niederlassung als Hausärztin oder Hausarzt (Ziff. 3 und 3.1 LAPR). Nach Ziff. 2 Satz 1 LAPR ist ein Landarztprämiengebiet im Wesentlichen jeder Planungsbereich des Bedarfsplans der Kassenärztlichen Vereinigung B. (Planungsbereich), für den vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in B. keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 SGB V angeordnet sind. Zusätzlich ist Voraussetzung, dass die Niederlassung in einer b. Gemeinde mit höchstens - für den Fall einer Niederlassung als Hausärztin oder Hausarzt - 20.000 Einwohnern erfolgt (Ziff. 4.1 LAPR). Soweit im Zusammenhang einer dergestalt zu fördernden Niederlassung ein anderer Vertragsarztsitz aufgegeben wird, gewährt der Beklagte in seiner ständigen Zuwendungspraxis auf der Grundlage der Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR nur dann eine Landarztprämie, wenn sich der bisherige Vertragsarztsitz außerhalb des Landarztprämiengebietes und der andere (zu fördernde) Vertragsarztsitz im Landarztprämiengebiet befindet. Diese Zuwendungspraxis ist als solche sowie in ihrer Anwendung im konkreten Fall ist nicht zu beanstanden.
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2.1 Der Zuwendungs- und Richtliniengeber ist zunächst nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (vgl. auch VG München, U.v. 15.9.2021 - M 31 K 21.110 - juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 - M 31 K 21.2307 - juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 19; VG München, U.v. 15.9.2021 - M 31 K 21.110 - juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.6.2021 - W 8 K 20.2138 - juris Rn. 30).
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Diesen Maßstäben genügt die sowohl durch den Richtliniengeber vorgegebene als auch durch die Zuwendungsbehörde in ihrer ständigen Zuwendungspraxis umgesetzte Maßgabe, nach der im Fall einer Verlegung eines Vertragsarztsitzes eine Förderung mit einer Landarztprämie nur dann in Betracht kommt, wenn sich der bisherige Vertragsarztsitz außerhalb eines Landarztprämiengebiets befand.
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Ziel der Gewährung einer Landarztprämie ist es ausgehend vom Vorwort und von Ziff. 1 LAPR, allen Bürgerinnen und Bürgern eine möglichst wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Für Regionen, in denen es aufgrund ungünstiger Entwicklungen von infrastrukturellen und soziodemographischen Faktoren oftmals schwierig sein könne, ausreichend Ärztinnen und Ärzte für eine vertragsärztliche Tätigkeit zu gewinnen, soll durch die Zuwendung die Versorgungslage langfristig stabilisiert werden. Dazu soll die Landarztprämie besondere Herausforderungen für die Ärztinnen und Ärzte, die sich dort niederlassen, finanziell ausgleichen. Zu diesen Herausforderungen gehören insbesondere Nachteile, die den Ärztinnen und Ärzten durch eingeschränkte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, infrastrukturelle Defizite, weniger flexible Arbeitsmodelle und die höhere Arbeitsbelastung entstehen.
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Die Zuwendungsrichtlinie und auf ihr fußend die Zuwendungspraxis verfolgt dabei für die Bestimmung der Regionen, in denen wie skizziert entsprechender Bedarf besteht, einen dynamischen Ansatz: Örtlich hängt die Möglichkeit einer Zuwendung maßgeblich daran, ob die Niederlassung in einem sogenannten Landarztprämiengebiet erfolgt. In Ziff. 2 LAPR ist dabei - wie bereits ausgeführt - das Landarztprämiengebiet im Wesentlichen als jeder Planungsbereich des Bedarfsplans der Kassenärztlichen Vereinigung B. (Planungsbereich) definiert, für den vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in B. keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 SGB V angeordnet sind. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Landarztprämiengebietes ist dabei nach Ziff. 3.3 Satz 2 LAPR der Zeitpunkt der Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit. In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin des Beklagten dies dahingehend präzisiert, dass zeitlich alternativ auf den Beschluss zur Zulassung als Vertragsärztin abgestellt werde, wobei jeweils die für den bzw. die Antragsteller/in günstigere Variante herangezogen werde. Im Wesentlichen ist damit in örtlicher Hinsicht für die Möglichkeit der Gewährung einer Landarztprämie entscheidend, ob im maßgeblichen Zeitpunkt im relevanten Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind (vgl. hierzu etwa Sproll, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: 115. EL Juni 2022, SGB V § 103 Rn. 7 ff.). Dies unterliegt im Rahmen der Bedarfsplanung einer laufenden Fortschreibung, wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat.
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In diesem Zusammenhang begegnet es keinen Bedenken, wenn der Zuwendungsgeber - wie hier relevant - eine Landarztprämie nur dann gewährt, wenn die ambulante ärztliche Versorgung in Regionen mit aktuell entsprechendem Bedarf verstärkt wird, nicht aber dann, wenn dies gleichzeitig auf Kosten anderer Regionen geht, in denen nach den vorgenannten Kriterien ebenfalls ein Förderungsbedarf besteht. Die Perspektive des Zuwendungsgebers für die Gewährung der Landarztprämie ist die Situation der ambulanten ärztlichen Versorgung im gesamten Freistaat B. (vgl. Vorwort und Ziff. 1 LAPR), worauf der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat. Es erscheint somit nachvollziehbar und sachgerecht, wenn der Zuwendungsgeber sich nicht lediglich auf die Förderung einzelner Regionen beschränkt, in denen entsprechender Bedarf besteht, sondern eine landesweite Betrachtung anstellt und insgesamt und mit Blick auf alle gegebenenfalls unterversorgten Regionen eine entsprechende Steuerungswirkung erzielen will (vgl. Vorwort und Ziff. 1 LAPR). Ausgehend von diesem Förderansatz ist es konsequent, Konstellationen nicht zu fördern, in denen - wie hier - die gewünschte Verbesserung der ambulanten ärztlichen Versorgung in einer Region auf Kosten einer ebenfalls nach den Kriterien der Richtlinie unterversorgten Region geht. Diese - im Übrigen durch den Klägerbevollmächtigten schriftsätzlich in dieser Hinsicht auch treffend analysierte - Vorgehensweise ist nach Überzeugung des Gerichts ohne weiteres eine sachliche und damit willkürfreie Erwägung, die es rechtfertigt, eine Gewährung der Landarztprämie im Fall einer Verlegung des Vertragsarztsitzes nach Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR (auch) davon abhängig zu machen, dass der bisherige Vertragsarztsitz außerhalb eines Landarztprämiengebietes lag.
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2.2 Unabhängig davon ist dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, B.v. 29.1.2019 - 2 BvC 62/14 - juris Rn. 47 m.w.N.; zum Ganzen auch Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 98 f.). Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich einer Zuwendungsgewährung (vgl. etwa VG München, U.v. 6.7.2021 - M 31 K 20.6548 - juris Rn. 38). Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm - wie bereits ausgeführt - sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn der Zuwendungsgeber die Förderungsberechtigung hier maßgeblich über den Begriff eines „Landarztprämiengebiets“ steuert, auch unter Hintanstellung einer (wirtschaftlichen) Einzelfallbetrachtung und unter Inkaufnahme von Grenzfällen, die einer derartigen Regelung immanent sind. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen zu bemerken, dass der Zuwendungsgeber mit der oben dargestellten dynamischen Konzeption des „Landarztprämiengebiets“ in Abhängigkeit von der laufend fortgeschriebenen Bedarfsplanung - etwa im Gegensatz zu einer statischen Festlegung bestimmter Förderungsgebiete oder dergleichen - ohnehin einen Ansatz verfolgt, der eine vergleichsweise hohe Aktualität und Passgenauigkeit der Förderungsberechtigung gewährleistet.
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Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen mithin keine Anhaltspunkte. Die Klägerin wird nicht anders behandelt als andere Antragstellerinnen und Antragsteller, die ebenfalls aufgrund der einschränkenden Voraussetzung in Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR nicht gefördert wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Richtlinien- bzw. Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 13; VG München, U.v. 15.9.2021 - M 31 K 21.110 - juris Rn. 28). Dies ist, wie vorstehend dargelegt, hier nicht der Fall.
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2.3 Auch die Anwendung der vorstehend dargelegten Grundsätze im Einzelfall der Klägerin begegnet keinen Bedenken. Sie ist im Sinne der ständigen Zuwendungspraxis auf Grundlage der Zuwendungsrichtlinie (Ziff. 3.3 Satz 3) zum relevanten Zeitpunkt nicht Begünstigte der Landarztprämie.
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Nach dem - im Verfahren auch nicht in Frage gestellten - Sachstand war die Klägerin unmittelbar vor ihrer Niederlassung in der Gemeinde B. … in der Stadt I. tätig. Sowohl im bisherigen Vertragsarztsitz im Planungsbereich I.-Stadt als auch im neuen Vertragsarztsitz im Planungsbereich I.-Süd bestanden im relevanten Zeitpunkt keine Zulassungsbeschränkungen. Damit stellen nach Maßgabe der Zuwendungsrichtlinie und der ständigen Zuwendungspraxis beide Planungsbereiche Landarztprämiengebiete dar (Ziff. 2 LAPR). Dies führt dazu, dass eine Prämie nach der Regelung der Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR nicht gewährt wird.
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Da die vorgenannte Regelung allein darauf abstellt, ob der jeweilige Vertragsarztsitz innerhalb oder außerhalb eines Landarztprämiengebietes liegt, kommt es in diesem Zusammenhang nach der auch im Rahmen der Klageerwiderung vorgetragenen Zuwendungspraxis nicht auf die weiteren Voraussetzungen der Gewährung der Landarztprämie an, namentlich die in Ziff. 4.1 LAPR erwähnten Einwohnerzahlen. Der Klägerin ist ohne weiteres zuzugeben, dass es vor dem Hintergrund der dabei geregelten Höchstgrenzen von 20.000 bzw. 40.000 Einwohnern nicht naheliegt, den Planungsbereich I.-Stadt als Landarztprämiengebiet zu betrachten. Dies ist indes der Systematik der Förderrichtlinie geschuldet, die hierbei zwei getrennt voneinander zu betrachtende Voraussetzungen statuiert, von denen nur eine im Zusammenhang der hier relevanten Regelung in Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR eine Rolle spielt.
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Etwas anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang weiterhin nicht aus einer Auslegung oder teleologischen Reduktion der Zuwendungsrichtlinie, wie sie klägerseits als erforderlich angesehen wird. Wie ausgeführt, ist im zuwendungsrechtlichen Zusammenhang allein entscheidend, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt hierbei nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinie (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 24.3.2021 - 10 LC 203/20 - juris Rn. 29; VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 - W 8 K 21.982 - juris Rn. 27, jeweils m.w.N.). Zudem ist auch in diesem Zusammenhang die bereits ausgeführte Befugnis des Zuwendungsgebers zu einer typisierenden Erfassung der für die Zuwendungsvergabe relevanten Sachverhalte zu beachten. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist der Zuwendungsgeber nicht gehalten, etwa im Wege einer Auslegung allen denkbaren Einzelfallgestaltungen Rechnung zu tragen.
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Schließlich lassen sich aus der insbesondere in der mündlichen Verhandlung umfänglich erörterten Kommunikation mit der Zuwendungsbehörde im Vorfeld der Beantragung für die hier allein inmitten stehende Frage eines Anspruchs auf Gewährung der begehrten Zuwendung keine anderen Schlüsse ziehen. Bereits grundsätzlich würde selbst eine - unterstellt - unrichtige oder irreführende behördliche Information im Vorfeld einer Antragstellung sich jedenfalls auf die materiellen Voraussetzungen der Sachentscheidung auf der Primärebene der Zuwendungsgewährung nicht auswirken (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2022 - 11 CE 22.1606 - juris Rn. 16; ebenso zu einer Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften BVerwG, U.v. 15.3.2017 - 10 C 1/16 - juris Rn. 21; HessVGH, B.v. 1.11.2010 - 11 A 686/10 - juris Rn. 30 ff.).
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Unabhängig davon wurde auch in der Sache - nach den zuletzt in der mündlichen Verhandlung ergänzend durch die Klägerseite vorgelegten E-Mails - durch die Zuwendungsbehörde im Vorfeld der Antragstellung allenfalls missverständlich kommuniziert, jedoch insgesamt nicht in einer Weise, die einer Irreführung durch die Behörde gleichkommt und ein Vertrauen auf behördliche Aus- oder Zusagen entstehen lassen konnte. Mitgeteilt wurde durch die Zuwendungsbehörde in einer zu den Gerichtsakten gegebenen E-Mail vom 25. Januar 2021, dass grundsätzlich eine Förderung möglich sei, „wenn Sie bisher mit ihrer Praxis nicht im Landarztprämiengebiet tätig sind (Stadt I.) und die Praxis in das Landarztprämiengebiet verlegen“. Diese Aussage mag insoweit missverständlich sein, als ihr aufgrund des Klammerzusatzes entnommen werden könnte, dass die Stadt I. - bzw. der entsprechende Planungsbereich - kein Landarztprämiengebiet sei, was zum relevanten Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung unzutreffend war. Sie kann freilich auch je nach Fassung der zugrundeliegenden Anfrage, die aus dem in der mündlichen Verhandlung überreichten E-Mail-Konvolut nicht eindeutig ersichtlich ist, so zu verstehen sein, dass mit dem Klammerzusatz „Stadt I.“ lediglich auf den noch bestehenden und in der Anfrage kommunizierten Vertragsarztsitz Bezug genommen wird und ansonsten - zutreffend - die Voraussetzungen von Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR paraphrasiert werden. Jedenfalls weist in der vorgelegten E-Mail vom 25. Januar 2021 bereits der nachfolgende Satz darauf hin, dass diese Voraussetzungen abschließend erst nach Vorlage des Antragsformulars und den dazu nötigen Unterlagen geprüft werden können. Der behördlichen Information lässt sich sonach keineswegs eine feste Zusage oder auch nur der inhaltlich feststehende Hinweis entnehmen, dass die Fördervoraussetzungen in der angefragten örtlichen Konstellation in jedem Fall erfüllt seien.
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Soweit die Klägerseite darauf verweist, letztlich im Vertrauen auf die behördliche Auskunft erhebliche Investitionsentscheidungen getroffen zu haben, erscheint diese jedoch aus Sicht eines objektiven Empfängers aufgrund des oben wiedergegebenen einschränkenden Zusatzes gerade nicht geeignet, als Grundlage für finanziell weitreichende Entscheidungen zu dienen. In diesem Sinne mag man die behördliche Auskunft, wie sie in der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten E-Mail vom 25. Januar 2021 erfolgte, letztlich aus Antragstellersicht vor allem als eher unbehelflich bezeichnen können, da sie eben kaum eine verlässliche Planung ermöglicht. Eine feste Zusage, aus der sich ein - mit Blick auf Art. 38 BayVwVfG auf der Primärebene oder im Lichte von Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB auf der Sekundärebene ggf. relevanter - Vertrauensschutz ergeben könnte, ist darin indes nicht zu erblicken. Nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang schließlich auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Antragstellung ausdrücklich die Schlusserklärung abgegeben hat, die aktuelle Richtlinie des B. Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zur Kenntnis genommen zu haben (Bl. 12 und 46 der Behördenakte). Die hier infrage stehende einschränkende Regelung in Ziff. 3.3 Satz 3 LAPR lässt sich aus dem Richtlinientext ohne weiteres entnehmen.
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Ausgehend von der wie ausgeführt nicht zu beanstandenden Zuwendungspraxis und ihrer ebenso nicht zu beanstandenden Anwendung im Einzelfall ist die Klägerin folglich nicht antragsberechtigt.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.