Inhalt

LG München I, Beschluss v. 16.09.2022 – 16 T 10239/22
Titel:

Erfolglose Gehörsrüge im Verfahren auf Änderung der eidesstattlichen Versicherung

Normenketten:
ZPO § 321a Abs. 2 S. 5, § 889
BGB § 261
Leitsätze:
1. Allein der Umstand, dass die Schuldnerin die Sach- und Rechtslage abweichend vom Beschwerdegericht beurteilt, begründet keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Vollstreckungsgericht kann im Verfahren nach § 889 ZPO gem. § 261 Abs. 1 BGB eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung nur dahingehend beschließen, dass es anordnet, dass der Schuldner seine bisher unvollständige Auskunft nachbessert und sodann die vollständige Auskunft an Eides statt versichert, nicht hingegen kann es die eidesstattliche Versicherung einer Auskunft völlig anderen Inhalts anordnen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gehörsrüge, eidesstattliche Versicherung, Änderung, Ergänzung
Vorinstanzen:
LG München I, Beschluss vom 14.09.2022 – 16 T 10239/22
LG München I, Beschluss vom 25.08.2022 – 16 T 10239/22
AG München, Beschluss vom 25.08.2022 – 1537 M 30975/21
AG München, Beschluss vom 15.08.2022 – 1537 M 30975/21
AG München, Beschluss vom 28.03.2022 – 1537 M 30975/21
Rechtsmittelinstanzen:
LG München I, Beschluss vom 30.09.2022 – 16 T 10239/22
BVerfG Karlsruhe, Beschluss vom 20.06.2023 – 2 BvR 1851/22
BVerfG Karlsruhe, Beschluss vom 17.08.2023 – 2 BvR 1851/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 39425

Tenor

Die Anhörungsrüge der Schuldnerin vom 08.09.2022 gegen den Beschluss, AZ: 16 T 10239/22, vom 25.08.2022 wird kostenfällig verworfen.

Gründe

1
Die Anhörungsrüge ist unzulässig.
2
Die Anhörungsrüge erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 321a II Satz 5 ZPO.
3
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und die Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sind nicht hinreichend dargelegt.
4
Allein der Umstand, dass die Schuldnerin die Sach- und Rechtslage abweichend vom Beschwerdegericht beurteilt, begründet keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Insoweit wird - wie schon im Beschluss vom 25.08.2022 - nochmals ausgeführt, dass der Gegenstand der Auskunft, deren Richtigkeit und Vollständigkeit die Schuldnerin an Eides statt zu versichern hat, im Wege der Auslegung des Titels zu ermitteln ist. Nachdem das ursprünglich durch das Landgericht Düsseldorf ergangene Teilurteil vom 23.04.2018, Az: 5 O 390/16 (dieses wurde in Anlage zum Schriftsatz des Gläubigers vom 25.05.2021 betreffend das Beschwerdeverfahren 16 T 6031/21 zur hiesigen Akte gereicht) hinsichtlich der darin enthaltenen Verurteilung der vormaligen Beklagten und nunmehrigen Schuldnerin zur Auskunftserteilung durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16.05.2019, Az: I-15 U 52/18 (welches gleichfalls in Anlage zum Schriftsatz des Gläubigers vom 25.05.2021 betreffend das Beschwerdeverfahren 16 T 6031/21 zur hiesigen Akte gereicht wurde) für wirkungslos erklärt wurde, da die Parteien die Hauptsache diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, fehlt es vorliegend an einer rechtskräftigen Verurteilung zur Auskunftserteilung. Die Auslegung, was Gegenstand der mit Schlussurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27.01.2020, Az: 5 O 390/16, titulierten und dem vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren zugrunde liegenden Verpflichtung zur Versicherung an Eides statt durch die Schuldnerin ist, kann daher nur anhand dieses Titels selbst erfolgen. Die Auslegung hat dabei anhand des Urteilstenors zu erfolgen, wobei im Falle von Unklarheiten ergänzend auch die Urteilsgründe zur Auslegung herangezogen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.1999, Az: I ZR 117/97, juris Rn 16; BGH, Beschluss vom 11.09.2007, Az: XII ZB 177/04, NJW 2008, 153, Rn 22; BGH, Urteil vom 28.05.2020, Az: I ZR 7/16, NJW 2020, 2540, Rn 21; Ulrici in BeckOK zur ZPO, 45. Edition, Stand: 01.07.2022, Rn 11 zu § 704 ZPO; Seibel in Zöller, 34. Aufl., Rn 5 zu § 704 ZPO). Im vorliegenden Fall können dabei zur Auslegung neben Tatbestand und Gründen des Schlussurteils des Landgerichts Düsseldorf vom 27.01.2020, Az: 5 O 390/16 auch der Tatbestand und die Gründe des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.10.2020, Az: I-15 U 22/20, mit dem die Berufung der vormaligen Beklagten und nunmehrigen Schuldnerin gegen das zuvor genannte Schlussurteil des Landgerichts Düsseldorf zurückgewiesen wurde, herangezogen werden. In den Urteilsgründen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf aber ausdrücklich ausgeführt, dass der Tenor des angegriffenen Urteils auf die in den Anlagen K 18 und K 19 erteilten Auskünfte beschränkt ist, die Beklagte mit den Anlagen K 18 und K 19 den Inhalt ihrer Verpflichtung aus dem Teilurteil vom 23.04.2018 selbst bestimmt hat und die Frage, ob die Beklagte vollständig und richtig Auskunft erteilt hat, anhand des Inhaltes der Anlagen K 18 und K 19 zu beurteilen ist. Das spricht dafür, das Schlussurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27.01.2020, Az: 5 O 390/16 dahingehend auszulegen, dass der Inhalt und Umfang der Auskunft, deren Vollständigkeit und Richtigkeit die Schuldnerin an Eides statt zu versichern hat, anhand der enthaltenen Angaben in den Anlagen K 18 und K 19, auf die der Urteilstenor Bezug nimmt, zu bestimmen sind. Die Anlage K 18 enthält dabei - wie im Beschluss vom 25.08.2022 gleichfalls bereits dargelegt - zunächst unter der Überschrift „Gespeicherte Daten/Datenherkunft“ Angaben zu den bei der Schuldnerin gespeicherten Daten des Gläubigers, unter der Überschrift „Empfänger“ eine Auflistung von Kategorien von Empfängern, denen im Rahmen der Abonnementabwicklung gegebenenfalls Daten übermittelt werden und unter der Überschrift „Speicherzwecke“ Angaben zu den Zwecken, zu denen im Rahmen jedes Abonnementvertrages personenbezogene Daten von der Schuldnerin gespeichert werden. Konkrete Angaben dazu, an wen genau und welche Daten des Gläubigers weitergegeben und von dort gegebenenfalls an Dritte übermittelt wurden, enthalten die Anlagen K 18 und K 19 dagegen nur bezüglich Inkassobüros. Die seitens der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 09.03.2022 beantragte Änderung der von ihr abzugebenden eidesstattlichen Versicherung enthält keine Richtigstellung bzw. Vervollständigung der in den Anlagen K 18 und K 19 enthaltenen Auskünfte. Sie fügt weder der unter der Überschrift „Empfänger“ enthaltenen Aufzählung von Empfängern, denen im Rahmen der Abonnementabwicklung Daten abhängig vom jeweiligen Abonnement übermittelt werden, weitere Kategorien von Empfängern hinzu, noch werden die dort enthaltenen einzelnen Kategorien von Empfängern berichtigt. Entsprechendes gilt für die Auflistungen unter den Überschriften „Gespeicherte Daten/Datenherkunft“ und „Speicherzwecke“. Die seitens der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 09.03.2022 beantragte Änderung der von ihr abzugebenden eidesstattlichen Versicherung enthält auch keine Vervollständigung bzw. Richtigstellung hinsichtlich der an die I. F. GmbH übermittelten oder der von dieser an Dritte weitergeleiteten Daten oder Angaben dazu, dass und an welche sonstigen Inkassobüros die Schuldnerin Daten des Gläubigers weitergeleitet hat. Vor diesem Hintergrund steht der Beschluss vom 25.08.2022 auch nicht im Widerspruch zu den von Schuldnerseite zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 19.05.2004, Az: IXa ZB 181/03 sowie vom 12.06.2014, Az: I ZB 37/13 und war daher die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, zur Fortbildung des Rechts oder wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nicht geboten. Nach den genannten Entscheidungen kann das Vollstreckungsgericht im Verfahren nach § 889 ZPO gem. § 261 I BGB eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung nämlich nur dahingehend beschließen, dass es anordnet, dass der Schuldner seine bisher unvollständige Auskunft nachbessert und sodann die vollständige Auskunft an Eides statt versichert, nicht hingegen kann es die eidesstattliche Versicherung einer Auskunft völlig anderen Inhalts anordnen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
5
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass weiterer Vortrag in hiesiger Beschwerdesache, soweit er keinen rechtserheblichen Inhalt aufweist, nicht mehr verbeschieden wird.