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VG München, Urteil v. 05.05.2022 – M 16 K 21.4969
Titel:

Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler, Fehlende Sachkundeprüfung, Übergangsregelung („Alte, Hasen-Regelung“)

Normenketten:
GewO § 34i
GewO § 160
Schlagworte:
Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler, Fehlende Sachkundeprüfung, Übergangsregelung („Alte, Hasen-Regelung“)
Fundstelle:
BeckRS 2022, 39302

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags ab-wenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in glei-cher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen als Immobiliardarlehensvermittler.
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Der Kläger hat seit 15. September 1994 eine Erlaubnis als Immobilienvermittler und Darlehensvermittler nach § 34c Abs. 1 und 2 Gewerbeordnung (GewO), ist seit 3. November 2008 als gebundener Versicherungsvertreter gemäß § 34d Abs. 4 GewO im Versicherungsvermittlerregister eingetragen und hat seit 11. Februar 2020 eine Erlaubnis als Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 1 GewO.
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Mit Schreiben vom 19. November 2019, eingegangen am 20. November 2019, beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO sowie die Eintragung in das Vermittlerregister. Im Hinblick auf seine Sachkunde gab er an, er sei „Geprüfter Fachmann für Immobiliardarlehensvermittlung IHK“. Zudem legte er eine Urkunde des Berufsbildungswerks der Bausparkassen e.V. vom … 1999, wonach er zum Bauspar- und Finanzierungsfachmann (BWB) ausgebildet wurde, sowie ein Arbeitszeugnis der ...bank AG vom … 2019 vor. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom … Mai 2020 ließ der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf die Bestandsschutzregelung („Alte-Hasen-Regelung“) einen Antrag auf Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO und als Darlehensvermittler nach § 34c GewO stellen. Hierzu ließ er vorbringen, er sei seit mindestens 31. August 2000 ununterbrochen in der Versicherungsvermittlung tätig. So sei er seit Januar 1993 für die … Bausparkasse AG tätig gewesen und habe für diese von 1994 bis 2000 als Bezirksberater, Bezirksleiter, Vertriebsleiter und Verkaufsleiter fortlaufend Immobiliarkreditverträge vermittelt. Von 2001 bis 2006 sei der Kläger als Bezirksdirektor und Verkaufsdirektor für die … Bausparkasse tätig gewesen. Seit 2007 sei er als Vertriebsdirektor, Prokurist, Gebietsdirektor und Regionaldirektor für die …bank Finanzberatung AG tätig gewesen und habe die Abteilung „… Vertrieb bundesweit“ mit 120 Mitarbeitern aufgebaut und geleitet. Seine Abteilung habe fortlaufend Versicherungsverträge und Immobiliarkreditverträge vermittelt. Nach seinem Ausscheiden aus der …bank Finanzberatung AG infolge einer Umstrukturierung habe der Kläger vorübergehend für die … Baufinanzierung GmbH als Key Account Manager im Geschäftsfeld der Vermittlung von Immobiliarkreditverträgen gearbeitet. Nunmehr beabsichtige der Kläger, diese fortlaufend ausgeübte Tätigkeit selbständig als Gewerbetreibender im Sinne des § 34i GewO auszuüben. Er sei schwerbehindert und habe eine Familie mit vier unterhaltspflichtigen Kindern, von denen eines schwerbehindert sei, so dass er dringend zur Aufrechterhaltung des Lebensbedarfs seiner Familie darauf angewiesen sei, Einkünfte aus der von ihm seit Jahrzehnten ausgeübten Tätigkeit zu erzielen.
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Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Versagung der beantragten Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO an und führte aus, es fehle an einem Sachkundenachweis. Die Bestandsschutzregelung des § 160 GewO könne der Kläger nicht in Anspruch nehmen, weil er den Antrag erst nach dem 21. März 2017 gestellt habe. Auch könne die Qualifikation als Bauspar- und Finanzierungsfachmann (BWB) aus dem Jahr 1999 nicht anerkannt werden. Hierzu nahm der Kläger mit Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom ... Juni 2020, … Juni 2020, … Januar 2021, ... Mai 2021, … Juni 2021 und ... August 2021 Stellung und ließ im Wesentlichen ausführen, nach § 160 Abs. 3 GewO bedürfe er keiner Sachkundeprüfung, da er seit 21. Februar 2011 ununterbrochen unselbständig oder selbständig eine Tätigkeit im Sinne des § 34i GewO ausgeübt habe. Dem Gesetzestext sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei § 160 GewO um eine bis zum 21. März 2017 befristete Übergangsregelung handeln solle. Der Kläger sei fortlaufend und umfangreich in den Bereichen Bausparen, Immobilienfinanzierung und Privatkredite im direkten Kundenkontakt tätig gewesen und habe in direktem Kundenkontakt Beratungstätigkeiten insbesondere im Bereich der Immobilienfinanzierung erbracht. Die ihm unterstellten selbständigen Handelsvertreter seien fortlaufend und tagtäglich damit beschäftigt gewesen, Immobiliardarlehensverträge zu vermitteln, die allesamt der Prüfung durch den Kläger als zuständigem Regionaldirektor unterlegen hätten. Zudem habe er mehr als 120 Berater durch Trainings und Coachings ausgebildet und bei der Absolvierung der BWB-Prüfungen begleitet. Die von ihm ausgebildeten Berater hätten Erlaubnisse nach § 34c und § 34i GewO erhalten. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn er keine Erlaubnis erhalte, hingegen in anderen Fällen aufgrund beruflicher Erfahrung großzügige Ausnahmegenehmigungen nach § 34i GewO erteilt worden seien, ohne dass die Betroffenen die IHK- oder BWB-Prüfungen bestanden hätten oder auch nur ansatzweise die berufliche Qualifikation und Erfahrung des Klägers aufweisen würden.
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Mit Bescheid vom 13. August 2021, ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellt am 18. August 2021, versagte die Beklagte die Erteilung der vom Kläger beantragten Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO (Nummer 1) und legte dem Kläger die Verfahrenskosten in Höhe von 275,- Euro auf (Nummer 2).
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Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger verfüge nicht über einen Sachkundenachweis im Sinne des § 34i Abs. 2 Nr. 4 GewO in Verbindung mit der Verordnung über Immobiliardarlehensvermittlung. Die vorgelegte Qualifikation als Bauspar- und Finanzierungsfachwirt (BWB) aus dem Jahr 1999 könne nach der Verordnung über Immobiliardarlehensvermittlung nicht als Sachkundenachweis anerkannt werden. Eine Inanspruchnahme des § 160 Abs. 3 GewO sei seit dem 21. März 2017 nicht mehr möglich. Nach dieser Übergangsregelung hätten Alt-Vermittler bis zum 21. März 2017 mit ihrer alten Erlaubnis nach § 34c GewO weiterhin Darlehensverträge und entgeltliche Finanzierungshilfen vermitteln dürfen. Ab dem 21. März 2017 dürfe ein Alt-Vermittler die Tätigkeit aber nur fortsetzen, wenn er im Besitz einer Erlaubnis nach § 34i GewO sei und im Vermittlerregister registriert sei. Dies bedeute, dass ein Alt-Vermittler rechtzeitig einen Antrag auf Erlaubniserteilung habe stellen müssen, andernfalls sei die bisherige Erlaubnis mit Ablauf des 21. März 2017 erloschen und er müsse die Erteilung der § 34i-Erlaubnis im regulären Erlaubnisverfahren beantragen. Abgesehen davon habe der Kläger keinen Nachweis über eine ununterbrochene Tätigkeit im Sinne des § 34i GewO geführt. Die vorgelegten Unterlagen würden keinen Rückschluss auf eine Tätigkeit als Immobiliardarlehensvermittler zulassen. Die Vermittlung von Bausparverträgen falle weder unter § 34c Abs. 1 Satz 1 GewO alter Fassung noch unter § 34i GewO.
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Hiergegen ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom … September 2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Klage erheben und beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. August 2021 zu verpflichten, dem Kläger eine Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO zu erteilen.
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Zur Klagebegründung führt der Bevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen aus, der Kläger bedürfe keiner Sachkundeprüfung, weil er sich auf die Regelung des § 160 Abs. 3 GewO berufen könne. Dem Gesetzestext sei nicht zu entnehmen, dass es sich hierbei um eine bis zum 21. März 2017 befristete Übergangsregelung handeln solle und dass sich ein Immobiliardarlehensvermittler mit einer vieljährigen einschlägigen Berufserfahrung bei Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach dem 21. März 2017 nicht auf das Privileg einer nicht abzulegenden Sachkundeprüfung berufen dürfe. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 160 GewO bestehe einzig und allein darin, Darlehensvermittlern, die am 21. März 2016 im Besitz einer Erlaubnis nach § 34c GewO gewesen seien, die Vermittlung von Immobiliardarlehensverträgen nach Inkrafttreten der neuen Regelungen ab dem 21. März 2016 für eine einjährige Übergangsfrist bis zum 21. März 2017 weiterhin auf der Grundlage einer bestehenden Erlaubnis nach § 34c GewO zu erlauben. Es solle eine Frist von einem Jahr gewährt werden, um unter Zugrundelegung der neuen Regelungen eine Erlaubnis zur Vermittlung von Immobiliardarlehensverträgen nach § 34i GewO zu beantragen. Werde diese Erlaubnis nach § 34i GewO binnen der Jahresfrist nicht beantragt, so sei ab diesem Zeitpunkt die Vermittlung von Immobiliardarlehensverträgen auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 34c GewO nicht mehr gestattet, bis eine Erlaubnis gemäß § 34i GewO nach entsprechender Antragstellung erteilt worden sei. Auf der Grundlage des Gesetzestextes spreche jedoch nichts für die Annahme, dass der Gewerbetreibende oder Angestellte sich im Falle der Beantragung einer Erlaubnis nach § 34i GewO nach dem 21. März 2017 zur Vermeidung einer Sachkundeprüfung nicht mehr auf einschlägige jahrelange Berufserfahrung berufen könne. Lediglich die Vermittler, die keine gleichgestellte Berufsqualifikation hätten oder von der „Alten-Hasen-Regelung“ nicht profitieren könnten, seien verpflichtet, eine Sachkundeprüfung abzulegen. Die Vorgaben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die im Übrigen auf den 21. März 2019 abstelle, besage lediglich, dass die Feststellung eines angemessenen Niveaus an Kenntnissen und Fähigkeiten nicht ausschließlich auf der Grundlage der Berufserfahrung erfolgen könne. Im Umkehrschluss folge hieraus, dass die Berufserfahrung grundsätzlich weiterhin geeignet sei, ein angemessenes Niveau an Kenntnissen und Fähigkeiten festzustellen, wobei sicherlich auf Umfang und Qualität der Berufserfahrung abzustellen sei. Ein Sachkundenachweis werde neben der Berufserfahrung gerade nicht verlangt. Der Kläger habe nachgewiesen, dass er langjährig in leitender Position auf dem Gebiet der Vermittlung von Immobiliardarlehensverträgen tätig gewesen sei. So sei der Kläger seit Januar 1993 für die … Bausparkasse AG tätig gewesen und habe für diese von 1994 bis 2000 Tätigkeiten als Bezirksberater, Bezirksleiter, Vertriebsleiter und Verkaufsleiter ausgeübt. Dabei sei er als Handelsvertreter für die … Bausparkasse AG tätig gewesen und habe fortlaufend Immobiliardarlehensverträge vermittelt. Er habe eine Ausbildung zum …-Berater, zum Bauspar- und Finanzierungsberater sowie im Jahr 1999 zum Bauspar- und Finanzierungsfachmann (BWB) absolviert. In den Jahren 2001 bis 2006 sei er als Bezirksdirektor und Verkaufsdirektor für die … Bausparkasse AG tätig gewesen, die ab 2007 in die …bank Finanzberatung AG überführt worden sei. Dort sei er bis 2009 als Vertriebsdirektor Finanzmanagement tätig gewesen und habe in den Jahren 2010 bis 2014 einen bundesweiten … Vertrieb mit bis zu 120 Mitarbeitern aufgebaut und geleitet. Dabei seien von der Abteilung, die der Kläger als Prokurist und Gebietsdirektor geführt habe, fortlaufend Immobiliarkreditverträge vermittelt worden. Ab 2015 sei der Kläger als Regionaldirektor für die …bank Finanzberatung AG als Regionaldirektor für die Abteilung „… Vertrieb bundesweit“ zuständig gewesen. Nach seinem Ausscheiden sei er vorübergehend für die … Baufinanzierung GmbH als Key Account Manager tätig gewesen, wobei das dort betreute Geschäftsfeld ebenfalls die Vermittlung von Immobiliarkreditverträgen zum Gegenstand gehabt habe. Die Versagung der Erlaubnis erweise sich als unverhältnismäßig. Das Interesse der Kunden an einem lauteren Vermittlungsgewerbe im Bereich der Immobiliardarlehensvermittler werde nicht tangiert, wenn der hochqualifizierte und äußerst berufserfahrene Kläger mit seiner weitreichenden Kompetenz entsprechend tätig werde. Die Versagung der Erlaubnis schränke die Berufs- und Gewerbefreiheit des Klägers massiv ein und führe dazu, dass seine wirtschaftliche Existenz gefährdet sei. Der Kläger sei schwerbehindert und sei für zwei minderjährige Kinder sowie ein in der Berufsausbildung stehendes Kind unterhaltspflichtig, wobei ein Kind schwerbehindert sei.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger habe mangels Sachkundenachweises keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 34i GewO.
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Mit Beschluss vom 22. März 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Das Gericht hat am 4. Mai 2022 zur Sache mündlich verhandelt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO, auch besteht kein Anspruch auf Neuverbescheidung, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2021 ist rechtmäßig.
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Gemäß § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf der Erlaubnis, wer gewerbsmäßig den Abschluss von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen im Sinne des § 491 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder entsprechende entgeltliche Finanzierungshilfen im Sinne des § 506 BGB vermitteln will oder Dritte zu solchen Verträgen beraten will (Immobiliardarlehensvermittler). Die Erlaubnis ist gemäß § 34i Abs. 2 Nr. 4 GewO unter anderem dann zu versagen, wenn der Antragsteller nicht durch eine vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegte Prüfung nachweist, dass er die Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie über die Kundenberatung besitzt, die für die Vermittlung von und Beratung zu Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen oder entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfen notwendig ist.
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1. Eine Sachkundeprüfung im Sinne des § 34i Abs. 2 Nr. 4 GewO hat der Kläger bislang nicht abgelegt. Auch verfügt der Kläger nicht über eine der in § 4 Immobiliardarlehensvermittlerverordnung (ImmVermV) genannten Berufsqualifikationen bzw. Studienabschlüsse, die dem Nachweis der erforderlichen Sachkunde gleichgestellt sind. Soweit sich der Kläger auf seine Ausbildung zum Bauspar- und Finanzierungsfachmann beim Berufsbildungswerk der Bausparkassen e.V. (BWB) bezieht, erfüllt diese nicht die Voraussetzung des § 20 ImmVermV. Danach steht ein vor dem 21. März 2016 abgelegter Abschluss nach dem Standard des gemeinsamen Lernzielkatalogs der deutschen Bausparkassen des Berufsbildungswerks der Bausparkassen e.V. der erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung gleich. Der in § 20 ImmVermV in Bezug genommene gemeinsame Lernzielkatalog datiert aus dem Jahr 2012. Prüfungsabschlüsse die vor diesem Zeitpunkt abgelegt wurden, sind nicht nach § 20 ImmVermV als gleichwertig anerkannt (vgl. Glückert in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand September 2021, § 20 ImmVermV Rn. 2). Da der Kläger seine Ausbildung zum Bauspar- und Finanzierungsfachmann beim Berufsbildungswerk der Bausparkassen e.V. (BWB) ausweislich der vorgelegten Urkunde im Jahr 1999 abgeschlossen hat, erfolgte seine Ausbildung nicht nach dem in § 20 ImmVermV in Bezug genommenen Lernzielkatalog.
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2. Auch ist der Kläger nicht nach § 160 Abs. 3 GewO von der Sachkundeprüfung befreit. Danach bedürfen Personen, die seit dem 21. März 2011 ununterbrochen unselbständig oder selbständig eine Tätigkeit im Sinne des § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO ausüben, keiner Sachkundeprüfung nach § 34i Abs. 2 Nr. 4 GewO, wenn sie bei Beantragung der Erlaubnis nach § 34i Abs. 1 GewO die ununterbrochene Tätigkeit nachweisen können.
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a) Der Kläger kann sich nicht auf die Regelung des § 160 Abs. 3 GewO berufen, da er seinen Antrag auf Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO erst am 20. November 2019 gestellt hat.
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Bei § 160 Abs. 3 GewO handelt es sich um eine Übergangsregelung, die bereits langjährig tätige Vermittler (sogenannten „alte Hasen“) bei einer Beantragung einer Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO während der einjährigen Übergangsfrist bis zum 21. März 2017 von der Sachkundeprüfung nach § 34i Abs. 2 Nr. 4 GewO befreit. Da der Kläger seinen Antrag auf Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach dem 21. März 2017 gestellt hat, kann er diese Übergangsregelung nicht mehr in Anspruch nehmen.
20
Der Erlaubnistatbestand des § 34i GewO wurde als Art. 10 Nr. 7 des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 in die Gewerbeordnung eingefügt und trat am 21. März 2016 in Kraft (BGBl. I S. 396, 411 f., 419). Damit wurde die bisher unter den Erlaubnistatbestand des § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GewO a.F. fallende Vermittlung von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen aus § 34c GewO herausgelöst und in einen eigenständigen Erlaubnistatbestand überführt (vgl. Glückert in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand Februar 2021, § 34i Rn. 1). Ebenfalls mit Gesetz zur Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften wurde zum 21. März 2016 die Regelung des § 160 GewO in die Gewerbeordnung eingefügt (BGBl. I S. 396, 414, 419). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte mit dieser Übergangsregelung Art. 43 Abs. 2 und 3 i.V.m. Anhang III Nr. 3 Satz 2 der RL 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 (Wohnimmobilienkreditrichtlinie) umgesetzt werden (vgl. BT-Drs. 18/5922, S. 130).
21
Art. 43 Abs. 2 Wohnimmobilienkreditrichtlinie sieht vor, dass Kreditvermittler, die die Kreditvermittlungstätigkeiten gemäß Art. 4 Nr. 5 Wohnimmobilienkreditrichtlinie bereits vor dem 21. März 2016 ausgeübt haben und die noch nicht gemäß den Bedingungen im nationalen Recht des Herkunftsmitgliedstaats zur Umsetzung dieser Richtlinie zugelassen sind, diese Tätigkeiten im Einklang mit dem nationalen Recht bis 21. März 2017 weiter ausüben können. Nach Anhang III Nr. 3 Satz 1 der Wohnimmobilienkreditrichtlinie legen die Mitgliedstaaten das angemessene Niveau an Kenntnissen und Fähigkeiten auf der folgenden Grundlage fest: a) Berufsqualifikationen, z.B. Diplome, Titel, Aus- und Weiterbildungen, Kompetenztests, oder b) Berufserfahrung, die als Mindestanzahl von Beschäftigungsjahren in Bereichen festgelegt werden kann, die die Erstellung, den Vertrieb oder die Vermittlung von Kreditprodukten betreffen. Laut Anhang III Nr. 3 Satz 2 der Wohnimmobilienkreditrichtlinie kann die Feststellung eines angemessenen Niveaus an Kenntnissen und Fähigkeiten nach dem 21. März 2019 nicht ausschließlich auf der Grundlage der in Absatz 1 Buchstabe b genannten Berufserfahrung erfolgen. Diese den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, bis zum 21. März 2019 eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung als ausreichend für das Vorliegen der erforderlichen Sachkunde anzusehen, schöpft § 160 Abs. 3 GewO aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht vollständig, sondern lediglich bis zum 21. März 2017 aus (vgl. Glückert in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand September 2021, § 160 Rn. 9).
22
So müssen gemäß § 160 Abs. 1 GewO Gewerbetreibende, die am 21. März 2016 eine Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 GewO haben, welche zur Vermittlung des Abschlusses von Darlehensverträgen berechtigt, und die Verträge über Immobiliardarlehen im Sinne des § 34i Abs. 1 GewO weiterhin vermitteln wollen, bis zum 21. März 2017 eine Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i Abs. 1 GewO erworben haben und sich registrieren lassen. Damit soll ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sichergestellt werden, dass bereits tätige Vermittler von Verträgen im Sinne des § 34i Abs. 1 GewO, die über eine Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 GewO verfügen, spätestens am 21. März 2017 im Besitz einer Erlaubnis nach § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO sein müssen und sich innerhalb dieser Frist registrieren lassen, sofern sie ihre Tätigkeit als Vermittler von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen oder entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfen weiterhin ausüben wollen (vgl. BT-Drs. 18/5922, S. 130). Spätestens zum 21. März 2017 erlischt gemäß § 160 Abs. 4 Satz 1 GewO die Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 GewO, die zur Vermittlung des Abschlusses von Darlehensverträgen berechtigt, für die Vermittlung von Verträgen im Sinne des § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO, sofern ein Alt-Vermittler bis dahin keine Erlaubnis nach § 34i GewO erworben hat. In diesem Fall hat der Gewerbetreibende nur noch die Möglichkeit, die Erteilung der § 34i-Erlaubnis im regulären Erlaubnisverfahren zu beantragen, d.h. ohne erleichtertes Erlaubnisverfahren nach § 160 Abs. 2 und ohne Inanspruchnahme der Bestandsschutzregelung des § 160 Abs. 3 GewO (vgl. Glückert in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand September 2021, § 160 Rn. 4).
23
b) Von Vorstehendem abgesehen hat der Kläger nicht nachgewiesen, im Zeitpunkt seines Antrags auf Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler am 20. November 2019 seit dem 21. März 2011 ununterbrochen selbständig oder unselbständig eine Tätigkeit im Sinne des § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO auszuüben.
24
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzung des § 160 Abs. 3 GewO, ununterbrochen seit dem 21. März 2011 selbständig oder unselbständig eine Tätigkeit im Sinne des § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO auszuüben, ist der Zeitpunkt der Beantragung der Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO (vgl. Will in BeckOK, Gewerbeordnung, Stand Juni 2022, § 160 Rn. 19). Denn das „Alte Hasen“-Privileg des § 160 Abs. 3 GewO greift, wie sich aus dem Wortlaut „bei Beantragung der Erlaubnis“ und dem systematischen Zusammenhang ergibt, nur im Rahmen eines konkreten Erlaubnisverfahrens gemäß § 34i GewO ein. Es besteht daher beispielsweise im Hinblick auf einen eventuell geplanten späteren Erlaubnisantrag keine Möglichkeit, eine Art „Vorratsbeschluss für die Schublade“, also einen isolierten feststellenden Verwaltungsakt durch die Behörde zu erhalten, dass die Voraussetzungen der „Alten Hasen“-Regelung vorliegen (vgl. Will in BeckOK, Gewerbeordnung, Stand Juni 2022, § 160 Rn. 16).
25
Einen Nachweis über seine Tätigkeit hat der Kläger jedenfalls für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2019, in dem er nach seinem Vortrag bei der … Baufinanzierung GmbH tätig war, nicht vorgelegt.
26
Darüber hinaus erscheint es zweifelhaft, ob der Kläger nach dem 21. März 2017 zum Abschluss von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen oder entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfen bzw. zur Beratung hierzu berechtigt war. Da der Kläger bis zum 21. März 2017 keine Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO erworben hat, ist seine Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 GewO, die ihn bis dahin gemäß § 160 Abs. 4 Satz 2 GewO zur Vermittlung von Verträgen im Sinne des § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO berechtigte, hierfür gemäß § 160 Abs. 4 Satz 1 GewO zum 21. März 2017 erloschen. Für eine Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des § 34i Abs. 1 Satz 1 GewO nach dem 21. März 2017 hatte der Kläger daher keine Erlaubnis. Auch verfügte er nicht über einen Sachkundenachweis, wie ihn Beschäftigte, die bei der Vermittlung und Beratung mitwirken oder in leitender Position für diese Tätigkeit verantwortlich sind, gemäß § 34i Abs. 6 i.V.m. § 160 Abs. 5 GewO seit dem 21. März 2017 benötigen.
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3. Die Versagung der vom Kläger beantragten Erlaubnis als Immobiliardarlehensvermittler stellt sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht als unverhältnismäßig dar.
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Der Regelung des § 34i GewO liegt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugrunde, mit dem insbesondere dem erhöhten Schutzbedürfnis der Verbraucher bei Beratung und Abschluss von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen und entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfen Rechnung getragen werden soll. So wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien mit der Einführung des Sachkundenachweises als Voraussetzung für die Erlaubniserteilung die Qualität der Vermittlung und Beratung erhöhen und Darlehensnehmer vor unqualifizierten Gewerbetreibenden schützen (vgl. BT-Drs. 18/5922, S. 123). Nach der Systematik des § 34a GewO ist, wenn einer der in § 34i Abs. 2 GewO enumerativ aufgeführten Versagungsgründe vorliegt, die Erlaubnis zwingend zu versagen, ohne dass der zuständigen Behörde insoweit ein Ermessensspielraum zukommt (vgl. Glückert in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand September 2021, § 34i Rn. 29).
29
Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks erscheint die in § 34i GewO enthaltene subjektive Berufszulassungsschranke auch im Lichte der Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz gerechtfertigt, zumal bereits die Vorgängerregelung des § 34c Abs. 1 Satz 1 GewO a.F. die Tätigkeit der Immobiliardarlehensvermittlung unter Erlaubnisvorbehalt gestellt hat (vgl. Glückert in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand September 2021, § 34i Rn. 7). Auch hat der Gesetzgeber mit der einjährigen Übergangsregelung des § 160 GewO dem Bedürfnis einer Bestandsschutzregelung für Alt-Vermittler unter der Voraussetzung einer Antragstellung bis zum 21. März 2017 Rechnung getragen (vgl. BT-Drs. 18/5922, S. 130).
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers zu dessen persönlichen Verhältnissen. Insbesondere erscheint es dem Kläger zumutbar, im Rahmen der nach § 34i Abs. 2 Nr. 4 GewO erforderlichen Sachkundeprüfung nachzuweisen, dass er die Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie über die Kundenberatung besitzt, die für die Vermittlung von und Beratung zu Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen oder entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfen notwendig ist.
31
4. Anhaltspunkte für eine vom Kläger vorgebrachte Ungleichbehandlung dahingehend, dass die Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis auch bei nach dem 21. März 2017 eingegangenen Anträgen unter Verzicht auf Sachkundeprüfungen großzügige Ausnahmegenehmigungen nach § 34i GewO erteilt hätte, sind weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.