Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 31.05.2022 – AN 2 K 21.01839
Titel:

Rückforderung von Aufstiegsfortbildungsförderung

Normenkette:
AFBG § 7, § 9a, § 16
Leitsätze:
1. Ein wichtiger Grund für den Abbruch einer Aufstiegsfortbildung besteht, wenn dem Auszubildenden die Fortsetzung der Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann. Es erfolgt eine Abwägung der privaten Interessen Auszubildender am Maßnahmeabbruch mit den öffentlichen Interessen an der Fortsetzung der Maßnahme. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Behauptete Ausbildungsmängel sowie Missstände des Fortbildungsträgers bei Corona-Schutzmaßnahmen stellen keinen wichtigen Grund für einen Maßnahmeabbruch im Sinne des Ausbildungsförderungsrechts dar, wenn der Auszubildende den Fortbildungsträger vor Abbruch der Maßnahme nicht auf die Mängel hinweist und unter Fristsetzung zur Abhilfe auffordert. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rückforderung von Aufstiegsfortbildungsförderung, Frage des Vorliegens eines wichtigen Grunds für einen sofortigen Maßnahmeabbruch aufgrund geltend gemachter Missstände mit Blick auf Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus und Ausbildungsmängel, Fortbildungsvertrag, fristlose Kündigung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 39131

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwen-den, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicher-heit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Erstattungspflicht von Aufstiegsfortbildungsförderung.
2
Mit Eingang bei dem Landratsamt … am 2. Januar 2020 beantragte die Klägerin Aufstiegsfortbildungsförderung für einen Vorbereitungslehrgang in Teilzeit zur geprüften Bilanzbuchhalterin (IHK) vom 4. März 2020 bis 28. Februar 2022 bei der … in … (künftig: Fortbildungsträger). Die Fortbildung beinhaltet insgesamt 660 Präsenzstunden.
3
Mit Bescheid vom 2. März 2020 bewilligte das Landratsamt … der Klägerin Aufstiegsfortbildungsförderung in Gestalt der Förderung von Lehrgangs- und Prüfungsgebühren in Höhe von insgesamt 4.340,00 EUR (davon 1.736,00 EUR als Zuschuss und im Übrigen darlehensweise). Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung der Leistungen, dass die Klägerin jeweils zum 1. September 2020, 1. September 2021 und 28. Februar 2022 einen Nachweis des Fortbildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme erbringt.
4
Mit weiterem Bescheid vom 5. Juli 2020 bewilligte das Landratsamt … der Klägerin erneut Aufstiegsfortbildungsförderung in Gestalt der Förderung von Lehrgangs- und Prüfungsgebühren in Höhe von weiterhin insgesamt 4.340,00 EUR, allerdings mit einem erhöhten Zuschussanteil in Höhe von 2.079,58 EUR und im Übrigen darlehensweise. Der Bescheid erging unter demselben Vorbehalt wie bereits der Bescheid vom 2. März 2020.
5
Nachdem das Landratsamt … die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2020 aufgefordert hatte, bis 15. Oktober 2020 einen Teilnahmenachweis des Fortbildungsträgers vorzulegen, übersandte die Klägerin mit Eingang bei dem am 14. Oktober 2020 einen Teilnahmenachweis, wonach sie in der Zeit vom 4. März 2020 bis 30. September 2020 an 128 von insgesamt 148 Präsenzstunden teilgenommen habe.
6
Mit E-Mail vom 20. November 2020 übersandte die Klägerin dem Landratsamt … ein Kündigungsschreiben gegenüber dem Fortbildungsträger vom selben Tag. In dem Kündigungsschreiben führt sie sinngemäß im Wesentlichen aus, sie kündige fristlos, da Herr … am 16. November 2020 Frau … und sie aufgefordert habe, sich 1,5 m voneinander entfernt hinzusetzen. Sie habe erklärt, dass Frau … und sie täglich engen Kontakt hätten und mit einem Fahrzeug zur Schule kämen. Für einen anderen Lehrer sei dieses Argument seit Einführung der Maskenpflicht ausreichend gewesen. Nach der Aufforderung habe sie sich natürlich 1,5 m von Frau … entfernt gesetzt. Anschließend habe Herr … in den ersten Unterrichtsstunden einen Monolog gehalten, der nichts mit der Prüfungsvorbereitung zu tun gehabt habe. Daraufhin habe sie beschlossen, den Unterricht zu verlassen, um gezielt zu Hause weiter lernen zu können. Am 18. November 2020 sei Frau … während des Unterrichts gekommen und habe sie aufgefordert, mit in den Flur zu kommen. Dort sei sie dann mit trotzigem Ton aufgefordert worden, in einem Abstand von 1,5 m von Frau … zu sitzen. Sie habe versucht, sich zu erklären, aber dazu sei es gar nicht gekommen, da Frau … sie permanent unterbrochen und nicht habe zu Wort kommen lassen. Daraufhin habe sie Frau … um einen Gesprächstermin gebeten, was diese leider ignoriert habe. Leider habe das Gespräch in unangemessenem lautem Ton stattgefunden, sodass beide Klassen bei geschlossenen Türen gestört worden seien. Auch habe sie erwähnt, es liege in der Verantwortung der Schulverwaltung, Skripte bereitzustellen, was heftig abgelehnt worden sei. Herr … habe am 16. November 2020 überhaupt keine Skripte zur Verfügung gestellt. Die nächste Unterrichtsstunde habe erst am 7. Dezember 2020 stattgefunden, wobei sie bis dahin zu Hause das Skript hätte lesen und Fragen vorbereiten können. Skripte von Herrn … seien per Internetlink zum Selbstdruck zur Verfügung gestellt worden. Allerdings seien Skripte in Papierform für das Lernen sehr wichtig, da man dort Notizen, Markierungen und Ähnliches anbringen könne. Herr … habe keine vorbereiteten Skripte angeboten. Definitionen, Formeln und sogar Aufgaben hätten geschrieben werden müssen, was sehr viel Zeit gekostet habe, die eigentlich zum Lernen hätte genutzt werden können. Zum Thema Covid-19 wolle sie ergänzen, dass in der Bildungseinrichtung Coronamaßnahmen von bestimmten Dozenten ignoriert worden seien. Zum Beispiel laufe ein Dozent ohne Maske im Klassenzimmer herum, was durch Fotos mit Datum und Uhrzeit belegt werden könne. Normalerweise dürfe er nicht einmal den Bereich um die Tafel verlassen. Die Anwesenheitsliste müsse von jeder Person angefasst und unterschrieben werden, was die Ansteckungsgefahr deutlich erhöhe. Lediglich Herr … habe auf der Liste die Namen der Anwesenden selbst abgehakt. Es sei auch schwierig, bei niedrigen Temperaturen drei Stunden lang in der Nähe eines dauerhaft geöffneten Fensters zu sitzen. Dies erhöhe das Erkältungsrisiko. Im Klassenzimmer würden trotz Verbots regelmäßig von Kursteilnehmerinnen Speisen konsumiert, währenddessen die Maske abgesetzt werde. Außerdem werde der Kurs von ihr selbst bezahlt, wobei sich die Kosten auf 4.590,00 EUR beliefen, was nicht gerade billig sei. Sie wünsche sich, dass jede bezahlte Minute zum Lernen genutzt werde. Sehr oft hätten Lehrer sie 15 bis 30 Minuten vor Unterrichtsende entlassen. Diese Zeiten summierten sich binnen zwei Jahren auf Stunden. Der Kurs sei berufsbegleitend, wobei man nach einem achtstündigen Arbeitstag keine Gespräche hören wolle, die nicht prüfungsrelevant seien. Aus genannten Gründen sei sie gezwungen, den Vertrag zu kündigen.
7
Mit Schreiben vom 22. November 2020 teilte das Landratsamt … der Klägerin sinngemäß im Wesentlichen mit, insbesondere bei Abbruch der Maßnahme habe der Teilnehmer einen Nachweis über die regelmäßige Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme zu erbringen. Außerdem sei zu prüfen, ob für den Abbruch ein wichtiger Grund vorliege. Hinsichtlich der regelmäßigen Teilnahme sei eine Teilnahmequote von 70% der Präsenzstunden nachzuweisen. Könne der Teilnehmer die regelmäßige Teilnahme bis zum planmäßigen Ende der Maßnahme nicht mehr erreichen, so sei der Bewilligungsbescheid insgesamt aufzuheben und der Teilnehmer habe die erhaltenen Leistungen zu erstatten, es sei denn, er habe die Maßnahme aus wichtigem Grund abgebrochen. Um Vorlage eines Teilnahmenachweises sowie um Mitteilung eventuell weiterer Gründe für den Maßnahmeabbruch werde gebeten. Anschließend werde entschieden, ob ein wichtiger Grund für den Abbruch vorliege und in welcher Höhe Leistungen zu erstatten seien.
8
Hierauf teilte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Dezember 2020 über die Ausführungen in ihrem Kündigungsschreiben hinaus mit, weitere Gründe für den Maßnahmeabbruch seien, dass das Niveau der Prüfungsvorbereitung sehr niedrig gewesen sei, weil das zur Verfügung gestellte Lernmaterial bzw. die Skripte keine angemessene Vorbereitung auf die bevorstehende Prüfung ermöglicht hätten. Bei manchen Lehrern habe es gar keine Skripte gegeben oder sie hätten diese selbst über einen Internetlink besorgen sollen. Maßnahmen gegen das Coronavirus seien mangelhaft eingehalten worden. Ein Dozent nehme seine Maske während des Unterrichts ab und laufe dabei sehr nah an den Schülern vorbei. Sie habe eine chronische Erkrankung und gehöre somit zur Risikogruppe. Deshalb sei sie auf die Einhaltung der Coronaschutzmaßnahmen während des Unterrichts angewiesen. Unter oben genannten Bedingungen sei es ihr nicht möglich, die Weiterbildung fortzuführen. Der Kurs sei sehr wichtig für ihre berufliche Tätigkeit. Deshalb habe sie beschlossen, den Vorbereitungskurs abzubrechen und ihn bei der IHK fortzusetzen.
9
Unter dem 7. Dezember 2020 fertigte die Mitarbeiterin … des Landratsamts Ansbach eine Gesprächsnotiz betreffend ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Fortbildungsträgers. Darin ist insbesondere sinngemäß vermerkt, die Mitarbeiterin des Bildungsträgers habe angegeben, Gespräche mit der Klägerin seien schriftlich festgehalten worden. Die Klägerin sei mehrmals von den Lehrkräften darauf aufmerksam gemacht worden, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Dies habe sie jedes Mal mit der Begründung abgelehnt, sie habe ein ärztliches Attest und müsse einen entsprechenden Schutz nicht tragen. Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung habe sie nie vorgelegt. Wäre eine Bestätigung eines Arztes vorgelegt worden, wäre seitens des Bildungsträgers die „Homeschooling-Option“ gewährt und die Klägerin wäre von zu Hause „live“ in den Unterricht geschaltet worden.
10
Am 7. Dezember 2020 ging bei dem Landratsamt … ein Teilnahmenachweis ein, wonach die Klägerin in der Zeit vom 4. März 2020 bis 20. November 2020 an 173 von insgesamt 210 Präsenzstunden teilgenommen habe.
11
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 teilte das Landratsamt … der Klägerin sinngemäß im Wesentlichen mit, die Eignung des Bildungsträgers werde regelmäßig geprüft und sei durch ein Zertifikat eines Qualitätssicherungssystems nachzuweisen. Vorliegend gehe es jedoch nicht um die Eignung des Trägers, sondern um den Abbruch des Lehrgangs. Es werde um Vorlage einer ärztlichen Bestätigung hinsichtlich der Erkrankung und den zu ergreifenden Schutzmaßnahmen gebeten. Ferner werde um Mitteilung gebeten, welche Schutzmaßnahmen die Klägerin selbst während des Unterrichts ergreife, um sich vor Ansteckung zu schützen. Das Landratsamt fragte, ob die Klägerin selbst einen Mund-Nasen-Schutz trage, ob sie bei dem Fortbildungsträger einen Antrag auf „Homeschooling“ gestellt habe, um den Unterricht „live“ von zu Hause verfolgen zu können und ob sie sie sich bereits bei einem neuen Bildungsträger für einen Kurs angemeldet habe bzw. wann dieser beginne.
12
Hierauf übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 einen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales …, wonach bei ihr … unbefristet ein Grad der Behinderung von 30 vorliege. Die … habe zu einer dauernden Einbuße … geführt. Hierzu führte die Klägerin sinngemäß aus, sie übersende den Bescheid als Bestätigung ihrer chronischen Erkrankung. Einen separaten Arztbesuch halte sie in der Pandemiesituation für ungünstig. Natürlich habe sie alle vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen angewendet. Sie trage eine Schutzmaske, wenn sie sich im Schulgebäude aufhalte. Sie habe auch die fraglichen Abstände eingehalten. Die Aufforderung von Frau …, sie solle sich 1,5 m von der Person entfernen, mit der sie täglich in engem Kontakt stehe, damit der Abstand zwischen anderen Kursteilnehmern und ihr weniger als 1 m betrage, habe sie für absurd gehalten. Wie berichtet halte sie es auch nicht für akzeptabel, dass der Dozent während des Unterrichts seine Maske abnehme und durch die ganze Klasse laufe. Sie plane, erst weiter zu studieren, wenn die Pandemiefrage gelöst sei.
13
Mit Bescheid vom 1. Februar 2021 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Rückforderung des bereits ausgezahlten Betrags in Höhe von 1.039,79 EUR fest. Zur Begründung ist sinngemäß im Kern ausgeführt, da kein wichtiger Grund für den Maßnahmeabbruch vorliege, sei eine Teilnahmequote von 70% an der Gesamtmaßnahme nachzuweisen. Nach dem vorgelegten Formblatt habe die Klägerin an 173 von insgesamt 660 Unterrichtsstunden teilgenommen, was einer Teilnahmequote von 26,21% entspreche. Daher greife der Vorbehalt des Bescheids vom 2. März 2020. Der Bescheid sei aufzuheben und die Leistungen seien zu erstatten, da die regelmäßige Teilnahme nicht nachgewiesen sei und bis zum Maßnahmeende auch nicht mehr nachgewiesen werden könne.
14
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 15. Februar 2021 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie sinngemäß im Wesentlichen aus, wie bereits mitgeteilt sei sie aus wichtigen Gründen gezwungen gewesen, den Vertrag fristlos zu kündigen. Bis dahin sei ihre Anwesenheit regelmäßig gewesen. Dementsprechend habe sie die Teilnahmequote von 70% erfüllt. Da der Fortbildungsträger die fristlose Kündigung nicht akzeptiere und als Kündigung zum 28. Februar 2021 verstehe, enthalte die Teilnahmebestätigung zum 28. Februar 2021 eine Anwesenheitsquote von unter 70%. Der Kündigungsgrund sei sehr wichtig und sie beabsichtige, das Ganze vor Gericht anzufechten. Sie sei sehr erstaunt, dass die Nichteinhaltung der seitens der Regierung vorgeschriebenen Vorschriften über das Tragen medizinischer Masken an öffentlichen Orten nicht als Grund für den Maßnahmeabbruch genüge.
15
Mit Schreiben vom 26. März 2021 übersandte die Klägerin ein ärztliches Attest …, wonach bei ihr … festgestellt worden sei. Hierzu führte sie aus, im Zeitpunkt des Maßnahmeabbruchs bereits gesundheitliche Probleme gehabt zu haben, allerdings sei die Diagnose noch nicht gestellt gewesen. Deswegen habe sie sofort reagieren müssen, um sich keiner Ansteckungsgefahr auszusetzen.
16
Mit Schreiben vom 14. April 2021 teilte das Landratsamt … der Klägerin sinngemäß im Kern mit, die Klägerin habe im November 2020 hinsichtlich des Maßnahmeabbruchs lediglich Differenzen mit Lehrern, der Schulleiterin, ihre Unzufriedenheit hinsichtlich des Lehrgangsaufbaus, das Verhalten der Mitschüler im Unterricht und ihre Weigerung angeführt, einen Mundschutz im Unterricht zu tragen. Gesundheitliche Probleme seien nicht mitgeteilt worden. Daher werde angenommen, dass diese im Nachhinein als Schutzbehauptung nachgeschoben würden, um die Rücknahme des angegriffenen Bescheids zu erreichen. Im Zeitpunkt des Abbruchs hätte eine Mitteilung ausgereicht, um die Maßnahme aufgrund gesundheitlicher Probleme abzubrechen oder zu unterbrechen. Eine solche Mitteilung sei jedoch ausgeblieben.
17
Mit Schriftsatz vom 30. April 2021 ließ die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, sinngemäß im Kern ausführen, der Beklagte meine fälschlicherweise, sie habe den wichtigen Grund für den Maßnahmeabbruch nicht unverzüglich mitgeteilt. Der Maßnahmeabbruch sei am 20. November 2020 erfolgt, wobei das Kündigungsschreiben vom selben Tag dem Beklagten unverzüglich zugeleitet worden sei. Hieraus ergebe sich wenigstens ein wichtiger Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung, nämlich dass die üblichen Coronamaßnahmen nicht eingehalten worden seien und sie einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt gewesen sei. Eine konkrete Gesundheitsgefährdung stelle einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Beendigung der Maßnahme dar. Zudem habe bereits eine Vorerkrankung vorgelegen, welche noch nicht abschließend diagnostiziert gewesen sei. Bis zum Maßnahmeabbruch habe sie die Maßnahme regelmäßig besucht und eine Teilnahmequote von über 70% erreicht. Da der Bildungsträger die fristlose Kündigung nicht akzeptiert habe, werde insoweit auf den 28. Februar 2021 abgestellt, sodass sich die Teilnahmequote auf unter 70% verschlechtert habe.
18
Mit Bescheid vom 2. September 2021, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 13. September 2021, wies die Regierung … den Widerspruch zurück (Ziff. 1 des Bescheids). Die Verfahrenskosten wurden der Klägerin auferlegt, wobei die Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig gewesen sei (Ziff. 2 des Bescheids). Verfahrenskosten wurden nicht erhoben (Ziff. 3 des Bescheids). Zur Begründung ist sinngemäß im Kern ausgeführt, die Förderung ende, wenn die Maßnahme vor dem Ablauf der vertraglichen Dauer abgebrochen werde. Der Maßnahmeabbruch aus wichtigem Grund bedürfe der ausdrücklichen Erklärung. Damit trete der vorzeitige Abbruch aus wichtigem Grund erst zum Zeitpunkt der Erklärung gegenüber der Behörde ein. Hier sei der erklärte Abbruch mit E-Mail bzw. Kündigungsschreiben vom 20. November 2020 gegenüber der Behörde wirksam geworden.
19
Des Weiteren sei der Bewilligungsbescheid insoweit aufzuheben und der Teilnehmer habe die erhaltenen Leistungen insoweit zu erstatten, als Leistungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt worden seien und der entsprechende Vorbehalt greife. Der Bewilligungsbescheid vom 2. März 2020 in der Fassung vom 5. Juli 2020 sei mit dem Vorbehalt verbunden gewesen, einen Nachweis des Fortbildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme zum Ende der Maßnahme zu erbringen. Diesen habe die Klägerin nicht erbringen können. Die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme sei Voraussetzung für die Gewährung von Aufstiegsfortbildungsförderung. Eine regelmäßige Teilnahme liege vor, wenn der Teilnehmer 70% der Präsenzstunden nachweise. Wenn in einem Teilnahmenachweis nicht die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nachgewiesen werde und diese bis zum Ende der Maßnahme nicht mehr erreicht werden könne, sei der Bewilligungsbescheid insgesamt aufzuheben und die erhaltenen Leistungen seien zu erstatten, es sei denn, die Maßnahme sei aus wichtigem Grund abgebrochen worden und bis zum Abbruch sei regelmäßig an der Maßnahme teilgenommen worden. Hier habe die Klägerin bis zum Maßnahmeabbruch am 20. November 2020 an 173 von insgesamt 210 Präsenzstunden teilgenommen, sodass bis zum erklärten Abbruch eine Teilnahmequote von 82,38% erreicht worden sei.
20
Jedoch liege kein wichtiger Grund für den Maßnahmeabbruch vor. Unter dem Gesichtspunkt des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln sei der Begriff des wichtigen Grundes eng auszulegen. Ein solcher liege vor, wenn einem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller der im Rahmen des Gesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet werden könne. Hier habe die Klägerin erstmals mit Kündigungsschreiben vom 20. November 2020 den Abbruch damit begründet, sie sei hinsichtlich der Unterrichtsmethoden unzufrieden. Außerdem hätten sie verschiedene Lehrkräfte aufgefordert, sich von einer Mitschülerin 1,5 m entfernt zu setzen, obwohl sie mit dieser in engem Kontakt gestanden habe. Außerdem sei sie mit der unzureichenden Einhaltung der Hygienevorschriften bei dem Fortbildungsträger unzufrieden gewesen. In der Folge habe die Klägerin den Bescheid über den Grad ihrer Behinderung vorgelegt. Auch sei sie darauf eingegangen, dass ein Dozent während des Unterrichts keine Maske getragen habe. Jedoch habe die Fortbildungsstätte mitgeteilt, die Klägerin habe von Lehrkräften darauf aufmerksam gemacht werden müssen, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Dies habe sie jedes Mal mit der Begründung abgelehnt, sie habe ein ärztliches Attest und müssen den Schutz nicht tragen. Ein solches ärztliches Attest sei jedoch nie vorgelegt worden. Wäre dieses vorgelegt worden, wäre die Möglichkeit des Homeschooling gewährt worden. Ihre Unzufriedenheit mit dem Fortbildungsträger hätte sie direkt mit diesem klären müssen. Aus der Akte sei nicht ersichtlich, ob die Klägerin versucht habe, mit dem Fortbildungsträger eine Lösung zu finden bzw. ein ärztliches Attest betreffend die Befreiung von der Maskenpflicht vorzulegen, bevor sie gekündigt habe.
21
Grundsätzlich könne die gesundheitliche und pandemiebedingte Situation der Klägerin teilweise nachvollzogen werden. Der Klägerin habe jedoch bewusst sein müssen, dass sie an einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Maßnahme auch tatsächlich teilnehmen müsse. Sofern dies aus gesundheitlichen Gründen nicht ausreichend möglich gewesen sein sollte, wäre eine Entscheidung nötig gewesen, die Maßnahme zu unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt - zudem die regelmäßige Teilnahme wieder möglich gewesen wäre - fortzusetzen. Dies hätte die Klägerin unverzüglich mit dem Fortbildungsträger klären können und müssen. Hätte die Klägerin vor dem Abbruch ihre gesundheitliche bzw. pandemiebedingte Situation dem Landratsamt … und der Fortbildungsstätte zeitnah geschildert, hätte die Möglichkeit bestanden, in digitaler bzw. virtueller Form am Unterricht teilzunehmen. Zudem sei es nicht schlüssig, dass die Fortbildungsstätte mitgeteilt habe, die Klägerin halte selbst Coronaverhaltensregeln hinsichtlich des Tragens der Maske und des Abstands zu Mitschülern nicht ein, trage aber vor, die üblichen Coronamaßnahme würden von Lehrern und Mitschülern nicht eingehalten. Außerdem habe im Zeitpunkt des Abbruchs der ärztliche Befund aus März 2021 noch nicht vorgelegen. Der Klägerin wäre es durchaus möglich gewesen, im Fall der Vorlage eines ärztlichen Attests die Möglichkeit des Homeschooling in Anspruch zu nehmen. Somit sei kein wichtiger Grund für den Maßnahmeabbruch nachgewiesen. Entsprechend sei für die Frage der regelmäßigen Teilnahme auf die Gesamtmaßnahme abzustellen. Insoweit habe die Klägerin an 173 von insgesamt 660 Stunden teilgenommen, was einer Teilnahmequote von 26,21% entspreche. Daher sei der ursprüngliche Bewilligungsbescheid insgesamt aufzuheben und seien die erhaltenen Leistungen insoweit zu erstatten.
22
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. Oktober 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.
23
Sie lässt sinngemäß im Kern vortragen, die Kündigung sei im Wesentlichen deswegen erfolgt, weil ihre Gesundheit durch Dozenten gefährdet gewesen sei, da sich diese nicht an die sog. AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Atemschutz) zum Schutz der schutzbefohlenen Auszubildenden gehalten hätten. Zudem habe eine Vorerkrankung vorgelegen, welche zu jenem Zeitpunkt noch nicht vollständig diagnostiziert gewesen sei. Sie sei zwar mit mehreren Leistungen des Fortbildungsträgers unzufrieden gewesen. Maßgeblich für den Abbruch seien jedoch gesundheitliche Bedenken gewesen. Der Bildungsträger versuche sich in Augenwischerei, wenn er meine, sie sei aufgefordert worden, einen Abstand von 1,5 m zu anderen Kursteilnehmern einzuhalten. Diese Aufforderung habe sie als bloße Gängelei empfunden, weil sie mit der besagten Mitschülerin ohnehin in engem Kontakt gestanden habe. Beispielsweise hätten sie eine Fahrgemeinschaft zu den Kursen gebildet und während der Fahrt keinen Sicherheitsabstand von 1,5 m einhalten können. Daher sei es nicht verständlich gewesen, dass sie im Kurs einen solchen hätte einhalten sollen. Zudem werde fälschlicherweise behauptet, sie habe es unterlassen, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, weil sie über ein Attest verfügt habe. Sie habe stets einen Mund-Nasen-Schutz im Unterricht getragen. Insoweit bietet die Klägerin Zeugenbeweis an und legt eine Bestätigung weiterer Kursteilnehmer vor. Sie habe auch gesagt, sie müsse zu ihrem Schutz eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und auf die Einhaltung des Abstands von 1,5 m achten. Die Behauptung des Bildungsträgers, es hätte die Option des Homeschooling bestanden, sei falsch. Die Lehrkräfte seien von ihr erfolglos auf eine etwaige Möglichkeit von Homeschooling angesprochen worden. Diese hätten gemeint, man sei noch nicht so weit, eine solche Leistung anbieten zu können. Vor Ausspruch der Kündigung habe sie erfolglos versucht, die bestehenden Probleme mit der zuständigen Sachbearbeiterin Frau … zu klären. Danach sei das Verhältnis zwischen dem Bildungsträger und ihr belastender als zuvor gewesen. Mangels Alternativen wie etwa Fernunterricht oder Homeschooling sei sie zum Abbruch der Maßnahme gezwungen gewesen. Bis dahin habe sie regelmäßig teilgenommen. Soweit der Beklagte meine, ihr Vortrag sei nicht schlüssig, liege dies an einer Falschinformation durch den Fortbildungsträger. Sie habe sich selbst an die Coronaverhaltensregeln gehalten. Einzig Lehrkräfte hätten dies nicht getan. Damit liege ein wichtiger Grund für den Maßnahmeabbruch vor.
24
Die Klägerin beantragt, zu erkennen:
Der Bescheid des Landratsamts … vom 01.02.2021 zu Nr. … in der Form des Widerspruchsbescheids der Regierung … vom 02.09.2021 zu Az. … wird aufgehoben.
25
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
26
Er trägt vor, da ein wichtiger Grund für den Abbruch nicht habe festgestellt werden können, sei die Frage der regelmäßigen Teilnahme bis zum regulären Ende der Maßnahme zu prüfen. Hierbei sei eine Teilnahmequote von 26,21% erreicht worden. Da die erforderliche Teilnahmequote von 70% nicht erreicht worden sei und kein wichtiger Grund für den Maßnahmeabbruch vorliege, greife der Vorbehalt des Bescheids vom 2. März 2020. Der Begriff des wichtigen Grunds sei eng auszulegen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers könne von Fortbildungsteilnehmern vor Aufnahme der Maßnahme eine qualifizierte Selbstprüfung hinsichtlich Eignung, Neigung, Interessen, Ausbildungswegen und Zeitaufwand erwartet werden. Die vorgebrachten Gründe könnten nicht als wichtiger Grund anerkannt werden. Im Übrigen werde auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
27
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Mai 2022, und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
29
I. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die streitgegenständliche Rückforderung geleisteter Aufstiegsfortbildungsförderung in Höhe von 1.039,79 EUR beruht auf § 16 Abs. 2, Abs. 3 des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG). Es handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, so dass dem Beklagten kein Ermessen eingeräumt war.
30
1. Anwendbar ist vorliegend das AFBG - mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen §§ 10, 12 und 17a AFBG - in seiner bis zum Ablauf des 31. Juli 2020 geltenden Fassung (nachfolgend: AFBG a.F.). So sieht § 30 Abs. 2 AFBG in seiner aktuellen Fassung als Übergangsregelung vor, dass für Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung, die vor dem 31. Juli 2020 begonnen, aber noch nicht abgeschlossen worden sind, die Vorschriften des AFBG in der bis zum 31. Juli 2020 geltenden Fassung anzuwenden sind, mit Ausnahme der §§ 10, 12 und 17a AFBG. So liegt der Fall hier. Denn die Klägerin hat den Vorbereitungslehrgang am 4. März 2020, also vor dem Stichtag des 31. Juli 2020, begonnen und auch nicht vor dem genannten Stichtag abgeschlossen. Vielmehr datiert ihre fristlos ausgesprochene Kündigung vom 20. November 2020. Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich, wollte man die Übergangsregelung nach § 30 Abs. 2 AFBG so verstehen, dass altes Recht anwendbar bleibt, solange die vor dem 31. Juli 2020 begonnene Fortbildungsmaßnahme noch nach dem 31. Juli 2020 läuft (so wohl Schaumberg/Schubert in Pdk Bu-J-6a, AFBG, Stand November 2020, § 30). Wollte man auf dieser Grundlage vorliegend für maßgeblich halten, dass die Fortbildungsmaßnahme im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (mit Zugang des Widerspruchsbescheids vom 2. September 2021) beendet war, wäre zwar - mangels einschlägiger Übergangsregelung - das AFBG in seiner aktuellen Fassung anwendbar. Jedoch stimmen die hier entscheidungserheblichen Vorschriften nach der alten und neuen Fassung des AFBG, jedenfalls was den Grundsatz angeht, inhaltlich überein.
31
2. Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 22. November 2020 vor Erlass des angegriffenen Bescheids nach § 27a Halbs. 1 AFBG (a.F. und n.F.) i.V.m. § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
32
3. Der angegriffene Bescheid ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig.
33
a) § 16 Abs. 2 AFBG (a.F. und n.F.) sieht vor, dass der Bewilligungsbescheid insoweit aufzuheben ist und der Teilnehmer oder die Teilnehmerin die erhaltenen Leistungen insoweit zu erstatten hat, soweit Leistungen nach dem AFBG unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt wurden und der entsprechende Vorbehalt greift. Weiter bestimmt § 16 Abs. 3 Satz 1 AFBG n.F. bzw. § 16 Abs. 3 Halbs. 1 AFBG a.F., dass der Bewilligungsbescheid (insgesamt) aufzuheben ist und der Teilnehmer oder die Teilnehmerin die erhaltenen Leistungen zu erstatten hat, wenn der Teilnehmer oder die Teilnehmerin in einem Nachweis des Bildungsträgers nicht die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nachweist und diese bis zum Ende der Maßnahme nicht mehr erreicht werden kann. Dies gilt indes nach § 16 Abs. 3 Satz 2 AFBG n.F. bzw. § 16 Abs. 3 Halbs. 2 AFBG a.F. nicht, sofern die Maßnahme aus wichtigem Grund abgebrochen wird und der Teilnehmer oder die Teilnehmerin bis zum Abbruch regelmäßig an der Maßnahme teilgenommen hat. Hinsichtlich der Rechtsfolge von § 16 Abs. 3 Satz 1 AFBG n.F. bzw. § 16 Abs. 3 Halbs. 1 AFBG a.F. ist anerkannt, dass der Bewilligungsbescheid insgesamt - also hinsichtlich Maßnahme- und Unterhaltsbeitrag - aufzuheben ist, wobei die erhaltenen Leistungen zu erstatten sind (Schaumberg/Schubert in Pdk Bu-J-6a, AFBG, Stand November 2020, § 16 Ziff. 2.3). Schließlich bestimmt § 16 Abs. 5 AFBG (a.F. und n.F.) für den Fall, dass der Bewilligungsbescheid bei einer aus mehreren Maßnahmeabschnitten bestehenden Vollzeitmaßnahme insgesamt aufgehoben wird, dass der Unterhaltsbeitrag nur für die Maßnahmeabschnitte zu erstatten ist, an denen der Teilnehmer oder die Teilnehmerin nicht regelmäßig teilgenommen hat.
34
Nach § 9a Abs. 1 Satz 1 AFBG (a.F. und n.F.) hat der Teilnehmer oder die Teilnehmerin regelmäßig an der geförderten Maßnahme teilzunehmen. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift müssen die Leistungen des Teilnehmers oder der Teilnehmerin erwarten lassen, dass er oder sie die Maßnahme erfolgreich abschließt. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass es nicht darauf ankommt, ob Auszubildende die Fortbildungsmaßnahme tatsächlich erfolgreich abschließen oder aber eine etwaige Abschlussprüfung nicht bestehen (OVG Münster, B.v. 12.4.2012 - 12 A 236/12 - BeckRS 2012, 51121). Bewusst bürdet der Gesetzgeber Teilnehmern einer Förderungsmaßnahme nicht das Risiko des (endgültigen) Nichtbestehens einer Prüfung etwa am Ende einer mehrjährigen Ausbildung auf, um die mit dem AFBG verfolgte Anreizwirkung nicht zu konterkarieren und keine Hemmschwelle für Fortbildungsinteressierte aufzubauen (so BT-Drucksache 18/7055, Seite 38). Nach § 9a Abs. 1 Satz 3 AFBG (a.F. und n.F.) wird regelmäßig von der Möglichkeit des erfolgreichen Abschlusses der Maßnahme ausgegangen, solange Teilnehmer diese zügig und ohne Unterbrechung absolvieren und sich um einen erfolgreichen Abschluss bemühen. Nach § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG (a.F. und n.F.) liegt eine regelmäßige Teilnahme vor, wenn die Teilnahme an 70% der Präsenzstunden und bei Fernunterrichtslehrgängen an 70% der Leistungskontrollen nachgewiesen wird. Hierdurch wird das Tatbestandsmerkmal der regelmäßigen Teilnahme im Rahmen einer Pauschalierung gesetzlich definiert (Schaumberg/Schubert in Pdk Bu-J-6a, AFBG, Stand November 2020, § 9a Ziff. 2.1).
35
Im Übrigen bestimmt § 9a Abs. 1 Satz 5 AFBG (a.F. und n.F.), dass die Förderung hinsichtlich der regelmäßigen Teilnahme an der Maßnahme unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung geleistet wird. Schließlich hat nach § 9a Abs. 2 Satz 1 AFBG (a.F. und n.F.) der Teilnehmer oder die Teilnehmerin sechs Monate nach Beginn, zum Ende und bei Abbruch der Maßnahme einen Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme vorzulegen.
36
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war der Beklagte hier - ohne dass ihm Ermessen eingeräumt gewesen wäre - gehalten, wie mit Bescheid vom 1. Februar 2021 geschehen, bereits geleistete Maßnahmebeiträge in Gestalt von Lehrgangs- und Prüfungsgebühren in Höhe von 1.039,79 EUR zurückzufordern.
37
(aa) Hier stand die gesamte geleistete Aufstiegsfortbildungsförderung gemäß § 9a Abs. 1 Satz 5, § 16 Abs. 2 und 3 AFBG (a.F. und n.F.) unter dem Vorbehalt der Rückforderung. So ergingen die Bewilligungsbescheide vom 2. März 2020 sowie vom 5. Juli 2020 jeweils unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung der Leistungen, dass die Klägerin zum 1. September 2020, 1. September 2021 und 28. Februar 2022 einen Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme erbringt.
38
(bb) Die Klägerin kann gemäß § 16 Abs. 3 Halbs. 1 AFBG a.F. bzw. § 16 Abs. 3 Satz 1 AFBG n.F. in einem Nachweis des Bildungsträgers die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nicht nachweisen. So hat die Klägerin jedenfalls zum 28. Februar 2022 - also zum Ende der Maßnahme - keinen Nachweis des Bildungsträgers erbracht, aus dem ihre regelmäßige Teilnahme bezogen auf die Gesamtmaßnahme hervorginge. Vielmehr geht aus dem am 7. Dezember 2020 bei dem Beklagten eingegangenen Teilnahmenachweis hervor, dass die Klägerin in der Zeit vom 4. März 2020 bis zu ihrer am 20. November 2020 fristlos ausgesprochenen Kündigung an 173 von bis dahin insgesamt 210 Präsenzstunden teilgenommen hat. Dies entspricht zwar einer Teilnahmequote von etwa 82%. Jedoch hat die Klägerin nicht vorgebracht, nach der ausgesprochenen Kündigung weitere Präsenzstunden besucht zu haben, sodass lediglich von der Teilnahme an 173 von insgesamt 660 Präsenzstunden der Fortbildungsmaßnahme auszugehen ist. Die hierauf bezogene Teilnahmequote von etwa 26% unterschreitet die pauschalierte Teilnahmequote von 70% aus § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG.
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(cc) Die Klägerin kann die geforderte Teilnahmequote von 70% auch nicht mehr im Sinne von § 16 Abs. 3 Halbs. 1 AFBG a.F. bzw. § 16 Abs. 3 Satz 1 AFBG n.F. erreichen. Hiervon kann im Fall des Abbruchs der Fortbildungsmaßnahme regelmäßig ausgegangen werden (Schaumberg/Schubert in Pdk Bu-J-6a, AFBG, Stand November 2020, § 16 Ziff. 2.3). Denn ein Maßnahmeabbruch liegt vor, sofern eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer nach eigener Erklärung das Fortbildungsziel aufgibt, wobei ausreichend ist, dass dies aus dem Gesamtverhalten der Teilnehmerin bzw. des Teilnehmers erkennbar ist (vgl. Schaumberg/Schubert in Pdk Bu-J-6a, AFBG, Stand November 2020, § 7 Ziff. 2.1). Wird aber das Fortbildungsziel aufgegeben, wird die Fortbildungsmaßnahme regelmäßig nicht weiter besucht werden, da dies aus Sicht der Teilnehmerin bzw. des Teilnehmers keinen Sinn mehr ergibt. Auch vorliegend hat die Klägerin mit ihrer fristlos ausgesprochenen Kündigung vom 20. November 2020 unmissverständlich erkennen lassen, dass sie das Fortbildungsziel mit Blick auf die konkrete Fortbildungsmaßnahme aufgibt. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Fortbildungsmaßnahme nicht weiter besucht hat, was im Übrigen auch nicht geltend gemacht ist.
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(dd) Eines Hinweises nach § 16 Abs. 4 Satz 2 AFBG (a.F. und n.F.) bedurfte es vorliegend nicht. Denn § 16 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AFBG setzt hierfür insbesondere voraus, dass ein Teilnahmenachweis vorgelegt wird, der die geforderte Teilnahmequote von 70% nicht erreicht. Hier ergaben sich aber aus den bei dem Beklagten am 14. Oktober 2020 und 7. Dezember 2020 eingegangenen Teilnahmenachweisen Teilnahmequoten von etwa 86% bzw. 82%.
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(ee) Schließlich liegt hier weder ein Wechsel der Fortbildungsmaßnahme im Sinne von § 7 Abs. 8 AFBG (a.F. und n.F.) (1) noch eine Unterbrechung der Fortbildungsmaßnahme vor (2). Auch besteht für den erfolgten Abbruch der Fortbildungsmaßnahme kein wichtiger Grund (3), der nach § 16 Abs. 3 Halbs. 1 AFBG a.F. bzw. § 16 Abs. 3 Satz 2 AFBG n.F. dazu führen würde, dass der Klägerin die Förderung bis zum Abbruch erhalten bliebe, sofern sie bis dahin regelmäßig an der Fortbildungsmaßnahme teilgenommen hätte.
42
(1) Es liegt kein Maßnahmewechsel im Sinne von § 7 Abs. 8 AFBG (a.F. und n.F.) vor. Zwar hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren zunächst vorgebracht, sie habe vor, den Vorbereitungskurs bei der Industrie- und Handelskammer fortzusetzen. Da die Klägerin bereits bei dem Fortbildungsträger den Abschluss zur Bilanzbuchhalterin (IHK) angestrebt hatte, mag im Fall der Fortsetzung der Fortbildung bei der Industrie- und Handelskammer auch dasselbe Fortbildungsziel im Sinne § 7 Abs. 8 AFBG (a.F. und n.F.) verfolgt werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass es zu keinem Wechsel der Fortbildungsmaßnahme gekommen ist. So hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren zuletzt erklärt, sie plane erst weiter zu studieren, wenn die Pandemiefrage gelöst sei. Auch im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dieselbe oder eine vergleichbare Fortbildung (zeitnah) wieder aufgenommen zu haben.
43
(2) Die Annahme einer Unterbrechung der Fortbildungsmaßnahme scheidet bereits deswegen aus, weil die Klägerin eine solche zu keinem Zeitpunkt gerichtlich oder außergerichtlich substantiiert geltend gemacht hat. Darüber hinaus ist eine Maßnahmeunterbrechung gemäß § 7 Abs. 4a Satz 1 AFBG (a.F. und n.F.) nur berücksichtigungsfähig, sofern diese ausdrücklich erklärt wird. Gemäß § 7 Abs. 4a Satz 2 AFBG wirkt die Erklärung nur insoweit auf einen vor dem Eingang bei der zuständigen Behörde liegenden Zeitpunkt zurück, als sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Hier hat die Klägerin eine Unterbrechung der Fortbildungsmaßnahme schon nicht ausdrücklich erklärt. Vielmehr hat sie mit ihrer fristlos ausgesprochenen Kündigung deutlich gemacht, aufgrund der geltend gemachten Missstände gerade keine Fortsetzung ihrer Ausbildung bei dem Fortbildungsträger anzustreben.
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(3) Der Maßnahmeabbruch der Klägerin ist nicht aus wichtigem Grund erfolgt. Zwar stellt die am 20. November 2020 fristlos ausgesprochene Kündigung - wie ausgeführt - einen Maßnahmeabbruch dar, der aufgrund der entsprechenden Unterrichtung der Förderungsbehörde noch am Tag der fristlosen Kündigung gemäß § 7 Abs. 4a Satz 1 AFBG förderungsrechtlich wirksam wurde. Allerdings fehlt es an einem wichtigen Grund für den Maßnahmeabbruch.
45
(a) Anerkannt ist, dass für die Auslegung des Rechtsbegriffs des wichtigen Grunds auf die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des BAföG zurückgegriffen werden kann (vgl. Schaumberg/Schubert in Pdk Bund AFBG, Stand November 2020, § 7 Ziff. 2.2). Dort regelt § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG, dass nach einem Ausbildungsabbruch oder einem Fachrichtungswechsel Ausbildungsförderung auch für eine andere Ausbildung geleistet wird, wenn der Abbruch oder Fachrichtungswechsel aus wichtigem oder unabweisbarem Grund erfolgt. Hinsichtlich des wichtigen Grunds ist darauf abzustellen, ob dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des BAföG erheblichen Umstände und der beiderseitigen, die Förderung berührenden Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (BVerwG, U.v. 12.2.1976 - V C 86.74 - BeckRS 1976, 30430044). Damit erfolgt eine Abwägung der privaten Interessen Auszubildender am Maßnahmeabbruch mit den öffentlichen Interessen an der Fortsetzung der Maßnahme (Schaumberg/Schubert a.a.O. m.w.N.). Insbesondere können Eignungs- und Neigungsmängel einen wichtigen Grund darstellen (Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 137 ff.). Dabei bezieht sich ein Eignungsmangel auf die Erkenntnis Auszubildender, dass es - z.B. aus körperlichen oder intellektuellen Gründen - an der Eignung für die Ausbildung selbst oder für die mit ihr angestrebte Berufsausübung fehlt (Buter in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. Stand August 2017, § 7 Rn. 42.1). Dagegen liegt ein Neigungswandel vor, wenn Auszubildende während der Ausbildung die Erkenntnis gewinnen, die gewählte Studienrichtung entspreche nicht ihrer Neigung (Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 140).
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(b) Danach liegt hier kein wichtiger Grund vor. Zunächst macht die Klägerin weder einen Eignungsmangel noch einen Neigungswandel geltend. Vielmehr begründet sie ihre fristlos ausgesprochene Kündigung mit geltend gemachten Ausbildungsmängeln sowie Missständen bei dem Fortbildungsträger hinsichtlich Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Insoweit liegt allerdings - auch wenn der Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt wird - kein wichtiger Grund im Sinne des Ausbildungsförderungsrechts vor. Denn es wäre der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Interessen (i) und denen der öffentlichen Hand (ii) im Rahmen einer entsprechenden Abwägung jedenfalls zumutbar gewesen, statt des Maßnahmeabbruchs (in Gestalt der fristlosen Kündigung) den Fortbildungsträger zunächst auf die geltend gemachten Ausbildungsmängel und sonstigen Missstände aufmerksam zu machen sowie den Fortbildungsträger unmissverständlich und unverzüglich zur Abhilfe aufzufordern, ggf. auch unter entsprechender kurzer Fristsetzung (iii). Dieses Abwägungsergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass der Klägerin - noch ohne Berücksichtigung öffentlicher Interessen - im Verhältnis zum Fortbildungsträger kein fristloses Kündigungsrecht zustand (iv).
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(i) Das Gewicht des Interesses der Klägerin an einer sofortigen Beendigung der Fortbildungsmaßnahme stellt sich - mit Ausnahme der geltend gemachten, oftmaligen Verkürzung der Unterrichtszeit um 15 bis 30 Minuten - auch im Rahmen einer Gesamtschau als vergleichsweise gering dar.
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Soweit die Klägerin die Nichteinhaltung von Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus geltend macht, sind ihre dahingehenden privaten Interessen zwar im Grundsatz beachtlich, zumal die Klägerin schwerbehindert ist und darüber hinaus im Zeitpunkt der fristlos ausgesprochenen Kündigung … erkrankt war. Allerdings relativiert sich das Abwägungsgewicht aus den nachfolgend dargestellten Gründen ganz erheblich. Soweit die Klägerin kritisiert, sie habe zu Frau … einen Abstand von 1,5 m einhalten müssen, entspricht dies gerade den Coronaschutzmaßnahmen, deren Einhaltung die Klägerin an anderer Stelle fordert. Auch musste es sich für eine Teilnehmerin oder einen Teilnehmer in der Situation der Klägerin aufdrängen, dass die Einhaltung der Abstandsregeln einfacher und effektiver gewährleistet werden kann, sofern keine erst zu erörternden bzw. festzustellenden Ausnahmen zugelassen werden. Im Übrigen läge auch in einer ggf. unberechtigten Forderung nach Einhaltung der Abstandsregeln hinsichtlich Frau … ein Umstand, der sich für die Klägerin mit Blick auf die in Frage stehende Abwägung nicht als unzumutbar darstellt. Vielmehr ist weder geltend gemacht noch ersichtlich, welche konkreten Nachteile für die Klägerin mit der Einhaltung der Abstandsregeln auch in Bezug auf Frau … hätten einhergehen sollen. Soweit die Klägerin kritisiert, sie habe neben einem dauerhaft geöffneten Fenster sitzen müssen, wendet sie sich zunächst gegen die Coronaschutzmaßnahme des Lüftens, während sie ihre fristlose Kündigung sonst gerade auf die Nichteinhaltung von Coronaschutzmaßnahmen stützt. Allerdings trifft es zu, dass es im Einzelfall abhängig von der Witterung unzumutbar sein kann, dauerhaft neben einem geöffneten Fenster zu sitzen, wobei hier die genauen Umstände auf Grundlage des klägerischen Vortrags unsubstantiiert bleiben. Jedenfalls wäre es aber naheliegend und der Klägerin ohne weiteres zumutbar gewesen, sich in der konkreten Situation um Abhilfe zu bemühen, etwa durch den Vorschlag, lediglich zeitweise stoßzulüften, oder mit der Bitte, einen anderen, weiter vom geöffneten Fenster entfernten Sitzplatz einnehmen zu können. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin geltend macht, Lehrer und andere Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer der Fortbildungsmaßnahme hätten Coronaregeln missachtet. So hätte die Klägerin die betreffenden Lehrer bzw. Teilnehmerinnen und Teilnehmer unmittelbar um die Einhaltung der Coronaregeln bitten können. All dies gilt umso mehr, als in keiner Weise ersichtlich ist, dass sich Lehrer oder andere Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer einer entsprechenden, zumal verständlichen Bitte der Klägerin verweigert hätten. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin auch auf den Umstand hätte aufmerksam machen können, sie sei mit Blick auf die Coronapandemie Risikopatientin. Dass die Klägerin solche oder ähnliche Abhilfeversuche unternommen hätte, ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
49
Soweit die Klägerin fehlende Skripte bzw. Skripte allein zum Selbstdruck kritisiert, ist schon nicht ersichtlich, dass insoweit eine Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB im Rahmen des Ausbildungsvertrags zwischen Klägerin und Fortbildungsträger vorliegen würde, zumal die Klägerin eine entsprechende Vereinbarung mit dem Fortbildungsträger nicht geltend gemacht hat. Zudem hat der Fortbildungsträger auch nach dem klägerischen Vorbringen durchaus Skripte zur Verfügung gestellt, wenn auch zum Teil zum Selbstdruck. Außerdem kann prüfungsrelevanter Stoff allgemeinbekannt auch durch Mitschriften, Lehrbücher o.Ä. erlernt werden. Weiter ist das Vorbringen der Klägerin, wonach Materialien und Skripte keine angemessene Prüfungsvorbereitung ermöglicht hätten, gänzlich unsubstantiiert geblieben. Soweit die Klägerin schließlich - bezogen auf einen Teil einer einzigen Unterrichtstunde - den Unterricht der Lehrkraft … kritisiert, handelt es sich ebenfalls um keinen schwerwiegenden Ausbildungsmangel. Sollte dagegen der Vortrag der Klägerin zutreffen, wonach Lehrer den Unterricht oftmals 15 bis 30 Minuten vor Unterrichtsende beendet hätten, läge darin durchaus eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Ausbildung.
50
(ii) Das Interesse der öffentlichen Hand an der Fortsetzung der Maßnahme stellt sich auch vorliegend als besonders gewichtig dar. Denn im Fall des Maßnahmeabbruchs ist der individuell verfolgte Zweck der Förderung - wie auch hier - nahezu vollständig verfehlt. So kann ein erfolgreicher Abschluss der Fortbildung im Fall des Maßnahmeabbruchs nicht mehr erreicht werden. Entsprechend besteht - auch vorliegend - ein besonders starkes öffentliches Interesse an der Fortsetzung von Aufstiegsfortbildungsmaßnahmen, um die steuerfinanzierte Förderung möglichst effektiv zu Erreichung der Fortbildungsziele einsetzen zu können. Dieses Interesse wird auch nicht wesentlich dadurch relativiert, dass geleistete Ausbildungsförderung unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 bis 4 AFBG (a.F. und n.F.) - letztlich im Fall der Zweckverfehlung - zurückgefordert werden kann. Denn gerade in Rückforderungsfällen ist individuell betrachtet der Zweck der Förderung verfehlt, mag auch ein Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Mittel bestehen. Darüber hinaus trägt die öffentliche Hand das Risiko der erfolgreichen Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs.
51
(iii) Die Abwägung der privaten Interessen der Klägerin mit den Interessen der öffentlichen Hand ergibt, dass die Klägerin jedenfalls nicht berechtigt war, die Fortbildungsmaßnahme sofort - in Gestalt der fristlos ausgesprochenen Kündigung - zu beenden, sodass im Zeitpunkt des Maßnahmeabbruchs kein wichtiger Grund im Sinne von § 16 Abs. 3 AFBG (a.F. und n.F.) vorlag. Denn jedenfalls liegt hier keine Fallgestaltung vor, in der es der Klägerin nicht mehr länger oder zugespitzt formuliert keinen Tag länger zumutbar war, die Fortbildungsmaßnahme fortzuführen. So muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die geltend gemachten Missstände und Mängel bereits vor der ausgesprochenen Kündigung hingenommen hat, sodass nicht nachvollziehbar ist, warum es ihr „schlagartig“ nicht mehr zumutbar gewesen sein soll, die Fortbildung - ggf. zunächst auch nur eingeschränkt - fortzusetzen. Entsprechendes wird auch nicht durch den Vortrag der Klägerin deutlich, wonach sie bereits gesundheitliche Probleme gehabt habe, wenn auch die Diagnose hinsichtlich … noch nicht gestellt gewesen sei. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die fragliche Erkrankung in einem so kurzen Zeitraum in einem Maße intensiviert hätte, dass der Klägerin auch die eingeschränkte Fortsetzung der Fortbildungsmaßnahme nicht mehr zumutbar gewesen wäre. Dies gilt umso mehr, als in diesem Fall zu erwarten gewesen wäre, dass die Klägerin ihre fristlose Kündigung maßgeblich auf diesen Grund gestützt hätte. Stattdessen gibt die Klägerin in ihrem Kündigungsschreiben - in dieser Reihenfolge - unter Ziff. 1 die unerwünschte Aufforderung zur Einhaltung des Abstands zu Frau … an, unter Ziff. 2 die Kritik an der Unterrichtsgestaltung der Lehrkraft …, unter Ziff. 3 die Unterredung mit Frau … mit Blick auf Frau … und unter Ziff. 4 unzureichende Skripte. Erst im Anschluss führt die Klägerin aus, sie wolle - sodann näher ausgeführte - Verstöße gegen Coronaschutzmaßnahmen „ergänzen“, ohne dass sie auf eine besondere eigene Betroffenheit etwa wegen Erkrankungen eingehen würde. Statt des sofortigen Maßnahmeabbruchs bestand für die Klägerin - neben den bereits oben erörterten Abhilfemaßnahmen in den konkreten Situationen - die naheliegende Möglichkeit, ihren Interessen dadurch erheblich Nachdruck zu verleihen, indem sie den Fortbildungsträger an geeigneter Stelle - z.B. der Leitungsebene - auf die geltend gemachten Missstände und Mängel hätte aufmerksam machen und den Fortbildungsträger unmissverständlich zur unverzüglichen Abhilfe, ggf. auch unter kurzer Fristsetzung, hätte auffordern können. Auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass ein solches Vorgehen von Anfang an erfolglos gewesen wäre. So bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Fortbildungsträger Coronaschutzmaßnahmen grundsätzlich nicht nachgekommen wäre bzw. diese gar systematisch missachtet hätte. Vielmehr finden sich in der Behördenakte ein von der Klägerin unterzeichneter Hygieneplan aufgrund der Coronapandemie (Bl. 37 der Behördenakte) sowie eine E-Mail vom 26. Oktober 2020, in der der Fortbildungsträger die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgrund neuer coronabedingter Hygieneregeln anschreibt (Bl. 32 der Behördenakte). Dem steht auch das Vorbringen der Klägerin nicht entgegen, wonach ihre Auffassung „heftig abgelehnt“ worden sei, es liege in der Verantwortung der Schulverwaltung, Skripte bereitzustellen. Denn mit Blick auf die (Nicht-)Bereitstellung von Skripten ist - wie ausgeführt - auf Grundlage des klägerischen Vortrags schon keine Pflichtverletzung des Fortbildungsträgers ersichtlich, sodass sich bereits deswegen kein wichtiger Grund für einen (sofortigen) Maßnahmeabbruch ergeben kann.
52
Zu einer Aufforderung der Klägerin, Abhilfe zu schaffen, ist es hingegen nicht gekommen. So hat die Klägerin auch auf ausdrückliche Frage des Gerichts im Termin zur mündlichen Verhandlung, ob die Einhaltung der Coronaregeln vor der fristlosen Kündigung thematisiert worden sei, sinngemäß erklärt, es habe im Kurs „den Streit um die 1,5 m“ gegeben, wobei es insoweit Streit mit der Lehrkraft gegeben habe. Außerdem habe sie mit Frau … im Gang gestritten, aber da sei sie nicht richtig zu Wort gekommen. Auch soweit die Klägerin vorbringt, Frau … habe ihren Wunsch nach einem Gesprächstermin ignoriert, hätten der Klägerin erkennbar eine Reihe anderer Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, um dem Fortbildungsträger die klägerseits behaupteten Missstände und Mängel unmissverständlich deutlich zu machen, etwa in schriftlicher Form oder per E-Mail o.Ä. Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Fortbildungsträger auf die geltend gemachten Umstände hinreichend aufmerksam gemacht und diesen unmissverständlich zur Abhilfe aufgefordert hätte.
53
(iv) Bestätigt wird das dargestellte Abwägungsergebnis dadurch, dass die Klägerin auch im Verhältnis zum Fortbildungsträger nicht berechtigt war, den zivilrechtlichen Fortbildungsvertrag durch fristlose Kündigung zu beenden. Wenn aber der Klägerin schon zivilrechtlich gegenüber dem Fortbildungsträger kein fristloses Kündigungsrecht zustand, ist ihr öffentlich-rechtlich betrachtet erst recht die Forstsetzung der Fortbildungsmaßnahme zumutbar. Denn die zivilrechtliche Frage, ob einer Vertragspartei das Gestaltungsrecht der fristlosen Kündigung zusteht, ist - wie noch zu zeigen sein wird - letztlich durch die jeweiligen privatrechtlichen Interessen der Vertragsparteien und deren Abwägung determiniert. Gelangt aber bereits eine solche Abwägung privatrechtlicher Interessen zu dem Ergebnis, dass kein fristloses Kündigungsrecht besteht, liegt öffentlich-rechtlich erst recht kein wichtiger Grund für einen Maßnahmeabbruch im Sinne des Aufstiegsfortbildungsrechts vor. Denn insoweit ist in die Abwägung statt der lediglich privaten Interessen des Fortbildungsträgers am Fortbestand des Vertrags mit dem oben dargestellten Gewicht und zum Nachteil von Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Fortbildungsmaßnahme das öffentliche Interesse an der effektiven Verwendung steuerfinanzierter Mittel zu Zwecken der Aufstiegsfortbildungsförderung einzustellen.
54
So kann ein zivilrechtlicher Vertrag nach § 314 Abs. 1 BGB von jeder Vertragspartei aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Sofern der wichtige Grund in einer Vertragspflichtverletzung besteht, ist die fristlose Kündigung gemäß § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung finden nach § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB die Fallgestaltungen nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB entsprechende Anwendung, sodass die Fristsetzung in Fällen der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung sowie im Fall des relativen Fixgeschäfts entbehrlich ist. Des Weiteren ist die Fristsetzung nach § 314 Abs. 2 Satz 3 BGB entbehrlich, sofern besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen. Dies ist etwa zu bejahen, sofern die Abhilfefrist nicht erfolgsversprechend ist oder das Vertrauensverhältnis der Parteien so schwerwiegend gestört ist bzw. die Verfehlungen so schwerwiegend sind, dass eine weitere Fortführung des Vertrags schlechthin unzumutbar ist (Lorenz in Beckscher Online-Kommentar, 63. Edition Stand 1.8.2022, § 314 Rn. 21).
55
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte die Klägerin den Fortbildungsvertrag nicht wirksam fristlos kündigen, sodass öffentlich-rechtlich betrachtet erst recht kein wichtiger Grund für einen Maßnahmeabbruch vorlag. So liegt mit Blick auf den Fortbildungsvertrag kein relatives Fixgeschäft vor, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Fortbildung in Bezug auf die geltend gemachten Missstände und Mängel derart termingebunden wäre, dass das entsprechende Dauerschuldverhältnis mit der Einhaltung bestimmter Fristen stehen oder fallen sollte (vgl. Schmidt in Beckscher Online-Kommentar BGB, 63. Edition Stand 1.8.2022, § 323 Rn. 29). Auch ist keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung seitens des Fortbildungsträgers geltend gemacht. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang von dem Fortbildungsträger verlangt, Skripte zur Verfügung zu stellen, und vorbringt, ihre dahingehende Auffassung sei „heftig“ abgelehnt worden, ist schon keine Vertragspflichtverletzung des Fortbildungsträgers substantiiert, zumal der Fortbildungsträger auf Grundlage des klägerischen Vortrags durchaus Skripte zur Verfügung gestellt hat, wenn auch zum Teil zum Selbstdruck. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Klägerin und Fortbildungsträger derart schwerwiegend gestört gewesen wäre, dass eine weitere Fortführung der Fortbildung schlechthin unzumutbar gewesen wäre. Vielmehr bestand die berechtigte Aussicht, dass die klägerseits geltend gemachten Missstände und Mängel hätten geklärt werden können.
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(ff) Auch mit Blick auf die Rechtsfolge begegnet der angegriffene Rückforderungsbescheid keinen Bedenken. Zunächst handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, so dass dem Beklagten kein Ermessen eingeräumt war. Hinsichtlich der Höhe der Rückforderung ist unstreitig geblieben, dass bis zum Erlass des Rückforderungsbescheids Maßnahmebeiträge in Gestalt von Lehrgangs- und Prüfungsgebühren in Höhe von 1.039,79 EUR geleistet waren. Zudem war der Maßnahmebeitrag nach § 16 Abs. 3 Halbs. 1 AFBG a.F. bzw. § 16 Abs. 3 Satz 1 AFBG n.F. - soweit bereits geleistet - vollständig zurückzufordern. So erfasst die Rückforderungsausnahme gemäß § 16 Abs. 5 AFBG (a.F. und n.F.) lediglich Unterhaltsbeiträge im Fall von Fortbildungsmaßnahmen in Vollzeit. Hier wurden keine Unterhalts-, sondern allein Maßnahmebeiträge geleistet, außerdem handelte es sich um eine Fortbildungsmaßnahme in Teilzeit.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, §§ 711, 713 ZPO.