Titel:
Keine Protokollberichtigung nach Rechtskraft
Normenketten:
StBerG § 46 Abs. 2
FGO § 94,§ 116, § 130
ZPO § 159 Abs. 1 S. 1, § 160, § 164 Abs. 1
GKG § 1
Leitsatz:
Der Antrag eines Beteiligten eines früheren Klageverfahrens auf Berichtigung des Sitzungsprotokolls über die mündliche Verhandlung ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn das aufgrund der mündlichen Verhandlung ergangene Urteil bereits rechtskräftig geworden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 22. März 2011, X B 198/10, BFH/NV 2011, 1166, BeckRS 2011, 95188). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
keine Protokollberichtigung nach Rechtskraft, Protokollberichtigung
Fundstellen:
StEd 2023, 11
EFG 2023, 406
LSK 2022, 39045
BeckRS 2022, 39045
Tenor
1. Der Antrag vom 17. November 2022 auf Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 7. März 2012 wird ablehnt.
2. Die Entscheidung ergeht kostenfrei.
Gründe
1
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2011 erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid der Steuerberaterkammer … vom 21. Juni 2011 über den Widerruf ihrer Bestellung als Steuerberaterin. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2012 wies der Senat die Klage ab, erlegte die Kosten des Verfahrens der Klägerin auf und ließ die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) nicht zu. Die Klägerin legte seinerzeit keine Beschwerde nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Erst mit Schriftsatz vom 25. August 2022 legte die Klägerin beim Instanzgericht eine auf § 130 FGO gestützte Beschwerde ein, der durch den Senat nicht abgeholfen wurde und die derzeit noch dem BFH (Aktenzeichen: VII B 110/22) zur Entscheidung vorliegt.
2
Mit Schriftsatz vom 17. November 2022 beantragt die Klägerin beim Instanzgericht nunmehr die Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 7. März 2012 mit der Begründung, dass sie seinerzeit keine Erklärung des (im Sitzungsprotokoll enthaltenen) Inhalts „Gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des vorgetragenen Sachverhalts werden keine Einwendungen erhoben“ im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegeben habe. Außerdem habe im Termin zur mündlichen Verhandlung - entgegen dem Inhalt des Protokolls - keine Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden.
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1.) Über die mündliche Verhandlung und gegebenenfalls jede Beweisaufnahme ist ein Protokoll aufzunehmen (§ 94 FGO in Verbindung mit § 159 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Das Sitzungsprotokoll ist keine Niederschrift über den gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung und braucht nur den äußeren Ablauf der Verhandlung wiederzugeben (Bundesfinanzhof -BFHBeschluss vom 22. September 1992 VIII S 10/92, BFH/NV 1993, 543). Der notwendige Inhalt des Protokolls ergibt sich aus § 94 FGO, § 160 ZPO. Hierzu gehört auch die Nennung der im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesenden Richter. Unrichtigkeiten des Protokolls können jederzeit, das heißt auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung, berichtigt werden (§ 94 FGO, § 164 Abs. 1 ZPO). Das Sitzungsprotokoll ist jedoch nur in dem genannten Sinne unrichtig, wenn die zwingend vorgeschriebenen Angaben falsch dokumentiert oder die Dokumentation zwingend zu protokollierender Vorgänge unrichtigerweise unterlassen worden ist. Der Antrag eines Beteiligten des (früheren) Klageverfahrens auf Berichtigung des Sitzungsprotokolls über die mündliche Verhandlung ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn das aufgrund der mündlichen Verhandlung ergangene Urteil bereits rechtskräftig geworden ist (BFH-Beschluss vom 22. März 2011 X B 198/10, BFH/NV 2011, 1166).
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2.) Da die (frühere) Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision zum BFH nicht fristgerecht Beschwerde nach § 116 FGO eingelegt hat, ist das Urteil des Senats aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2012 rechtskräftig geworden. Die mit Schriftsatz vom 25. August 2022 erhobene Beschwerde hat an der Rechtskraft des Urteils nichts geändert. Der vorliegende Antrag der (früheren) Klägerin auf Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung ist somit schon deshalb unzulässig, weil diese hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis mehr geltend machen kann. Abgesehen davon, ist der Antrag auf Protokollberichtigung auch unbegründet, weil sich aus dem von der Klägerin gerügten Wortlaut des Protokolls gerade nicht ergibt, dass sie eine entsprechend lautende Erklärung abgegeben hatte. Vielmehr ist hierin lediglich festgehalten, dass die (frühere) Klägerin keine Einwendungen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des vorgetragenen Sachverhalts erhoben hatte. Die Behauptung der (früheren) Klägerin, eine Erörterung der Sach- und Rechtslage habe entgegen der Dokumentation im Sitzungsprotokoll überhaupt nicht stattgefunden, ist unzutreffend.
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Da der Antrag der Klägerin aus den dargestellten Gründen unzulässig ist, bedarf es weder einer sachlichen Stellungnahme der seinerzeit im Termin zur mündlichen Verhandlung tätigen stellvertretenden Urkundsbeamtin noch einer Anhörung des Beklagten.
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3.) Das Verfahren über die Protokollberichtigung ist als unselbständiges Zwischenverfahren gebührenfrei. Gerichtskosten für die Entscheidung über den Antrag auf Berichtigung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung sind nicht zu erheben, weil ein entsprechender Kostentatbestand nicht vorgesehen ist (vgl. § 1 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit Anlage 1 hierzu).
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4.) Der Beschluss über den Antrag auf Protokollberichtigung ist nicht anfechtbar (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 2010 VIII B 90/09, BFH/NV 2010, 2090 m.w.N.).