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VG München, Urteil v. 14.11.2022 – M 26a K 20.1616
Titel:

Corona-Pandemie, Nutzung des Geländes eines Golfplatzes, Unwirksame Rechtsnorm, streitiges Rechtsverhältnis (verneint), Feststellungsinteresse (verneint)

Normenketten:
VwGO § 43
BayIfSMV § 2 Abs. 1
BayIfSMV § 4 Abs. 3 Nr. 7
Schlagworte:
Corona-Pandemie, Nutzung des Geländes eines Golfplatzes, Unwirksame Rechtsnorm, streitiges Rechtsverhältnis (verneint), Feststellungsinteresse (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38976

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht gegen § 4 Abs. 3 Nr. 7 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verstößt, indem er unter Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern zu anderen Personen oder nur zusammen mit Angehörigen des eigenen Hausstandes über das als Golfplatz geschlossene Gelände der Golfanlage B. … spaziert oder mit Golfschläger und Ball geht und den Ball auch spielt.
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Am 31. März 2020 trat die Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung - BayIfSMV) vom 27. März 2020 in Kraft (BayMBl. 2020 Nr. 158). § 2 Abs. 1 der BayIfSMV lautete:
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§ 2 Betriebsuntersagung
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(1) Untersagt ist der Betrieb sämtlicher Einrichtungen, die nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens sondern der Freizeitgestaltung dienen. Hierzu zählen insbesondere Sauna- und Badeanstalten, Kinos, Tagungs- und Veranstaltungsräume, Clubs, Bars und Diskotheken, Spielhallen, Theater, Vereinsräume, Bordellbetriebe, Museen, Stadtführungen, Sporthallen, Sport- und Spielplätze, Fitnessstudios, Bibliotheken, Wellnesszentren, Thermen, Tanzschulen, Tierparks, Vergnügungsstätten, Wettannahmestellen, Fort- und Weiterbildungsstätten, Volkshochschulen, Musikschulen und Jugendhäuser, Jugendherbergen und Schullandheime. Untersagt werden ferner Reisebusreisen.
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Mit Verordnung zur Änderung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 31. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 162) wurde mit Wirkung zum 1. April 2020 u.a. § 4 eingefügt:
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§ 4 Vorläufige Ausgangsbeschränkung
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(1) Jeder wird angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten.
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(2) Das Verlassen der eigenen Wohnung ist nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt.
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(3) Triftige Gründe im Sinn des Abs. 2 sind insbesondere:
(…)
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7. Sport und Bewegung an der frischen Luft, allerdings ausschließlich alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes und ohne jede sonstige Gruppenbildung und (…).
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(4) Die Polizei ist angehalten, die Einhaltung der Ausgangsbeschränkung zu kontrollieren. Im Falle einer Kontrolle sind die triftigen Gründe durch den Betroffenen glaubhaft zu machen.
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Diese Verordnung wurde am 7. April 2020 im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nr. 9/2020, 194) bekannt gemacht.
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Am 16. April 2020 erhob der Kläger Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,
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Es wird festgestellt, dass der Kläger indem er - unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 1,5 m zu anderen Personen oder nur zusammen mit Angehörigen des eigenen Hausstandes - über das Gelände der Golfanlage B. …, … A. …, das den Golfbetrieb geschlossen hat, spaziert oder mit Golfschläger und Ball geht und den Ball auch spielt nicht gegen § 4 Nr. 7 der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung - BayIfSMV) vom 27. März 2020 verstößt.
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Der Kläger wolle im Rahmen des Erlaubnistatbestandes des § 4 Abs. 3 Nr. 7 BayIfSMV auf dem Golfplatzgelände Sport ausüben und an der frischen Luft gehen. Er sei Geschäftsführer und Mitglied der Golfanlage und verfüge über die notwendigen Voraussetzungen, um auf dem Platz spielen zu dürfen. Der Golf- und Restaurantbetrieb sei seit dem … März 2020 eingestellt. Die Golfanlage B. … GmbH habe seit dem … April 2020 das Golfplatzgelände der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Privatpersonen könnten nun das Golfplatzgelände auch abseits des offiziellen Wanderweges zum Spazierengehen oder zum Sporttreiben in der freien Natur im Rahmen des § 4 Abs. 3 Nr. 7 BayIfSMV nutzen. Das Landratsamt sehe in der Nutzung des Golfgeländes außerhalb eines Wanderweges jedoch einen Verstoß gegen § 2 BayIfSMV, der als Ordnungswidrigkeit zu ahnden sei. Es bestehe ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Der Kläger verfüge über ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens dieses Rechtsverhältnisses, da ihm nicht zugemutet werden könne, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen im Rahmen eines Bußgeldverfahrens zu verfolgen. Das berechtigte Interesse ergebe sich aus der Beanstandung durch das Landratsamt, die weitere Maßnahmen wie ein Ordnungswidrigkeitenverfahren befürchten ließen. Die Feststellungsklage sei zudem begründet, da die Golfplatzanlage für die Öffentlichkeit geöffnet worden sei, so dass es sich nicht mehr um eine Freizeiteinrichtung im Sinne des § 2 BayIfSMV handele. Das Golfplatzgelände sei nunmehr wie ein Park zu behandeln. Dort sei es Menschen ebenfalls erlaubt, spazieren zu gehen oder Sport zu treiben. Es handele sich um freie Natur im Sinne des Art. 141 Abs. 3 S. 1 der Bayerischen Verfassung. Es handele sich nicht mehr um eine Einrichtung im Sinne des § 2 BayIfSMV. Dem Kläger sei es daher gestattet, auf dem Golfplatzgelände spazieren zu gehen und gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 7 BayIfSMV Sport an der frischen Luft zu treiben.
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Mit Schreiben vom 15. Juni 2020, eingegangen bei Gericht am 18. Juni 2020, beantragte der Beklagte,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei unzulässig. Spätestens mit Außerkrafttreten der 3. BayIfSMV mit Ablauf des 10. Mai 2020 habe sich der Rechtsstreit erledigt, da die am 11. Mai 2020 in Kraft getretene 4. BayIfSMV vom 5. Mai 2020 in § 9 Abs. 1 Satz 2 die Aufnahme des Trainingsbetriebes von Individualsportarten im Breiten- und Freizeitbereich erlaube, worunter auch der Betrieb von Golfplätzen im Freien falle. Dem Kläger sei daher das Spazierengehen und Sporttreiben auf dem Golfgelände wieder erlaubt. Das berechtigte Interesse an der Feststellung sei damit entfallen. Zudem sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Der Betrieb der Golfanlage sei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BayIfSMV, § 2 Abs. 1 der 2. BayIfSMV, § 4 Abs. 1 der 3. BayIfSMV bis zum Ablauf des 10. Mai 2020 untersagt gewesen. Das Golfplatzgelände habe auch durch die Öffnung für die Öffentlichkeit nicht den Charakter einer Freizeiteinrichtung verloren. Es habe insoweit nach wie vor nicht den notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens, sondern der Freizeitgestaltung gedient.
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Mit Schriftsatz vom … November 2022 trug die Klägerbevollmächtigte ergänzend vor, dass die Klage zulässig sei, da auch bei der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnissen ein berechtigtes Feststellungsinteresse dann anzuerkennen sei, wenn das Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung für die Gegenwart äußere, insbesondere bei fortdauernder Rechtsbeeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr sowie bei fortdauernder diskriminierender Wirkung. Es bestehe zum einen die Gefahr einer Wiederholung, da das Coronavirus noch immer kursiere und es nicht auszuschließen sei, dass bei steigenden Fallzahlen oder einer weiteren aggressiven Variante des Coronavirus erneut mit massiven Einschränkungen zu rechnen sei. Der Kläger sei zudem durch seine Aktion, mit der er seinen Golfplatz für die Öffentlichkeit hergab, vielfach in der Presse gewesen, so dass die damalige Androhung von Bußgeldern noch heute eine diskriminierende Wirkung habe. Indem der Kläger über den geschlossenen Golfplatz spazierte und dabei einen Golfschläger mit sich trug und gegebenenfalls einen Golfball schlug, habe er sich innerhalb des gem. § 4 Abs. 3 Nr. 7 der BayIfSMV Zulässigen bewegt. Auch sonst sei kein durch die damalige BayIfSMV als ordnungswidrig sanktionierter Verstoß durch die Handlung des Klägers ersichtlich.
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Am 14. November 2022 wurde in der Sache mündlich verhandelt.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg, sie ist unzulässig.
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1. Das Gericht konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2022 entscheiden, obwohl von Seiten des Klägers niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen war. Denn in dem Ladungsschreiben vom 18. Oktober 2022, das den Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 25. Oktober 2022 zugestellt worden war, war darauf hingewiesen worden, dass bei Nichterscheinen eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
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2. Die als Feststellungsklage erhobene Klage ist bereits nicht statthaft, da kein streitiges Rechtsverhältnis vorliegt.
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Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Ein (feststellungsfähiges) Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO ist jede sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm des öffentlichen Rechts ergebende rechtliche Beziehung einer (natürlichen oder juristischen) Person zu einer Sache oder einer anderen Person (vgl. BVerwG, U.v. 8.6.1962 - VII C 78.61 - BayVBl. 1962, 381 <381>; U.v. 23.1.1992 - 3 C 50.89 - juris Rn. 29; U.v. 28.5.2014 - 6 A 1.13 - juris Rn. 20 m.w.N.). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig” sein (BVerwG, U.v. 28.1.2010 - 8 C 19.09 - juris Rn. 24 m.w.N.).
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Die Frage, ob der Kläger, indem er unter bestimmten Bedingungen über das Gelände der Golfanlage B. … spaziert oder mit Golfschläger und Ball geht und den Ball auch spielt, nicht gegen § 4 Abs. 3 Nr. 7 BayIfSMV verstößt, stellt kein Rechtsverhältnis in diesem Sinne dar. Denn die Rechtsnorm, deren Anwendung aus Sicht des Klägers bezogen auf den von ihm dargestellten Lebenssachverhalt in Frage steht, war nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von Anfang an unwirksam (Bay VGH B. v. 4.10.2021 - 20 N 20.767, juris; bestätigt durch BVerwG, U. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21, bislang unveröffentlicht). Da die Rechtsnorm ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens unwirksam war, kann die Anwendung der Rechtsnorm auf den vom Kläger benannten Lebenssachverhalt kein streitiges Rechtsverhältnis darstellen. Findet sich im Ausspruch keine Einschränkung, wirkt die Unwirksamerklärung auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm zurück (Eyermann/Hoppe, 16. Aufl. 2022, VwGO § 47 Rn. 81). Es steht dann mit Wirkung gegenüber jedermann fest, dass die angegriffene Vorschrift zu keinem Zeitpunkt Bestandteil der Rechtsordnung war (NK-VwGO/Jan Ziekow, 5. Aufl. 2018, VwGO § 47 Rn. 355; BVerwG BauR 2002, 284, 285). Eine entsprechende Einschränkung des Ausspruchs des BayVGH ist nicht gegeben (BayVGH, a.a.O).
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Im Übrigen dürfte zwischen den Parteien auch nicht streitig sein, dass der Kläger, indem er unter bestimmten Bedingungen über das Gelände der Golfanlage B. … spaziert oder mit Golfschläger und Ball geht und den Ball auch spielt, nicht gegen § 4 Abs. 3 Nr. 7 BayIfSMV verstoßen hat; vielmehr dürfte streitig sein, ob der Kläger aufgrund des dargestellten Verhaltens gegen § 2 Abs. 1 BayIfSMV verstoßen hat, was der anwaltlich vertretene Kläger, der im Übrigen selbst rechtskundig ist, jedoch so nicht als Gegenstand der Feststellung beantragt hat. Soweit der Kläger in der Begründung seiner Klage auch argumentiert, es handele sich nicht um eine Einrichtung nach § 2 BayIfSMV, ist ergänzend anzumerken, dass auch § 2 Abs. 1 BayIfSMV, § 2 Abs. 1 der 2. BayIfSMV und § 4 Abs. 1 der 3. BayIfSMV nach der Rechtsprechung des BayVGH von Anfang an unwirksam waren (BayVGH, U.v. 6.10.2022 - 20 N 20.1023, BeckRS 2022, 34042; BayVGH, U.v.. 06.10.2022 - 20 N 20.853, bislang unveröffentlicht; BayVGH, U.v. 06.10.2022 - 20 N 20.783 - juris). Somit kann auch die Anwendung dieser Vorschriften nicht streitig sein, so dass auch eine dahingehende Auslegung des Klageantrags vom 16. April 2020 nicht in Betracht kommt.
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3. Zudem fehlt es dem Kläger am erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO.
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Bei - wie hier - auf vergangene Rechtsverhältnisse bezogenen Feststellungsklagen wird ein besonderes, qualifiziertes Feststellungsinteresse gefordert. Es kann insoweit auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die von der Fortsetzungsfeststellungsklage her bekannt sind (BeckOK VwGO/Möstl, 62. Ed. 1.7.2022, VwGO § 43 Rn. 24).
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Für das Feststellungsinteresse genügt damit grundsätzlich jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen (st. Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 - juris Rn. 20 m.w.N.). Dabei ist es Sache der Klagepartei, die Umstände darzulegen, aus denen sich ein Feststellungsinteresse ergibt (BVerwGE 53, 134 (137); Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 110).
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3.1 Der Kläger hat sich mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom … November 2022 auf die Gefahr der Wiederholung gestützt. Ein besonderes Feststellungsinteresse wegen konkreter Wiederholungsgefahr ist jedoch nicht gegeben. Dieses liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen in naher Zukunft erneut dasselbe streitige Rechtsverhältnis entstehen wird (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse: BVerwG, B.v. 14.12.2018 - 6 B 133.18 - juris Rn. 12; BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 20). An einer hinreichenden Bestimmtheit in diesem Sinn fehlt es jedoch, wenn ungewiss ist, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten werden wie im Zeitpunkt der begehrten Feststellung (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 7.7.2009 - 7 BV 08.254 - juris Rn. 25).
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Gemessen daran liegt auch bei Fortbestand der Corona-Pandemie keine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr vor. Die tatsächlichen und rechtlichen Umstände haben sich aufgrund des dynamischen Pandemiegeschehens seit dem Zeitpunkt der begehrten Feststellung wesentlich verändert. Es ist fernliegend, dass es zu einer vergleichbaren Situation wie im April 2020 kommen wird.
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Die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung von Sportanlagen wie Golfplätzen haben sich geändert. Eine Regelung, die die Nutzung untersagen würde, findet sich in der derzeit geltenden 17. BayIfSMV vom 30. September 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 557), die zuletzt durch Verordnung vom 8. Dezember 2022 (BayMBl. Nr. 695) geändert worden ist, nicht. Entsprechende Regelungen sind zudem nach § 28a Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nur vorgesehen, sofern eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag festgestellt wird. Zuletzt wurde diese Feststellung am 24. November 2021 aufgehoben und trotz eines Höchststandes an Inzidenzen im Winter 2021/2022 nicht wieder getroffen.
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In tatsächlicher Hinsicht liegen keine im wesentlichen unveränderten Umstände vor. Das Infektionsgeschehen hat sich in Wellen fortentwickelt. Dabei führten verschiedene Mutationen zwar zu einer Verstärkung des Infektionsgeschehens, gleichzeitig waren jedoch die Verläufe der Erkrankung milder. Zudem wirkt sich auch die zunehmende Immunisierung der Bevölkerung durch Impfung und Genesung positiv auf das Infektionsgeschehen aus.
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Mit einer mit den Umständen im April 2020 vergleichbaren Situation kann deshalb in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden.
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3.2 Auch ein Feststellungsinteresse zur Rehabilitierung des Klägers, wie im Schriftsatz vom … November 2022 vorgetragen, besteht nicht. Ein Rehabilitierungsinteresse setzt voraus, dass jemand durch die Verwaltungsentscheidung diskriminiert, d. h. in seinem Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung auch noch nach Eintritt der Erledigung fortwirkt (BVerwG vom 4.3.1976, BVerwGE 53,134/138; NK-VwGO/Heinrich Amadeus Wolff, 5. Aufl. 2018, VwGO § 113 Rn. 273; Schoch/Schneider/Riese, 42. EL Februar 2022, VwGO § 113 Rn. 137). Die diskriminierende Wirkung muss dabei von der Verwaltungsentscheidung selbst ausgehen (VGH München Beschluss vom 14.7.2008 - 4 ZB 07.2735, BeckRS 2009, 34561, Rn. 11).
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Vorliegend ist eine entsprechende diskriminierende Wirkung durch das Handeln des Beklagten nicht erkennbar. Der Kläger macht geltend, durch seine Aktion, mit der er seinen Golfplatz für die Öffentlichkeit hergab, vielfach in der Presse gewesen zu sein, so dass die damalige Androhung von Bußgeldern noch heute eine diskriminierende Wirkung habe. Der Kläger selbst geht damit davon aus, dass die Öffentlichkeitswirkung bereits dadurch entstanden ist, dass er den Golfplatz der Öffentlichkeit zur Nutzung überließ. Die mediale Aufmerksamkeit entstand damit bereits durch die Information der Öffentlichkeit durch den Kläger und nicht durch die behördliche Reaktion hierauf. Es wurde nicht geltend gemacht und ist auch für das Gericht nicht ersichtlich, dass die Androhung von Bußgeldern durch den Beklagten in einer Weise erfolgte, die eine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit provoziert hätte. Eine Kausalität zwischen dem Handeln des Beklagten durch die Androhung von Bußgeldern und der Wahrnehmung und Beurteilung der Vorfälle durch die Öffentlichkeit und damit eine diskriminierende Wirkung des behördlichen Handelns ist nach dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers und den vorgelegten Akten nicht erkennbar. Die Möglichkeit, dem Gericht in der mündlichen Verhandlung weitergehende Auskünfte über die näheren Umstände zu geben, hat der Kläger nicht wahrgenommen. Im Übrigen ist Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Öffnung des Golfplatzes, sondern die Frage, ob das vom Kläger näher dargestellte Verhalten auf dem Golfplatzgelände gegen § 4 Abs. 3 Nr. 7 BayIfSMV verstieß, so dass die Androhung von Bußgeldern wegen der Öffnung des Golfplatzgeländes für das vorliegende Verfahren keine diskriminierende Wirkung haben kann.
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3.3 Besondere Umstände, aus denen sich ein tiefgreifender Grundrechtseingriff durch ein etwaiges Verbot des vom Kläger dargestellten Verhaltens ergeben könnte, hat der Kläger auch im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom … November 2022 weder dargelegt noch ist das Vorliegen eines solchen sonst ersichtlich.
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3.4 Ferner wurde vom Kläger nicht vorgetragen, dass Schadensersatz beansprucht werde. Für das Gericht ist insofern auch nichts für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses wegen der Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruches ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.