Inhalt

VGH München, Beschluss v. 12.12.2022 – 7 ZB 20.1120
Titel:

Festsetzungsbescheid für rückständige Rundfunkbeiträge

Normenketten:
RBStV § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 10a
BayVwVfG Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 S. 2, Art. 37 Abs. 5
Leitsätze:
1. Der Bayerische Rundfunk ist als rechtsfähige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Subjekt der mittelbaren Staatsverwaltung und erfüllt bei Ausführung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Ihm ist die Befugnis übertragen, als zuständige Landesrundfunkanstalt rückständige Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Festsetzungsbescheid für rückständige Rundfunkbeiträge kann nach Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG (analog) ohne Unterschrift und Namenswiedergabe ergehen („Dieser Bescheid ist maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig“). (Rn. 27 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“, der selbst nicht rechtsfähig ist, nimmt die ihm übertragenen Aufgaben namens und im Auftrag des Bayerische Rundfunks wahr und ist diesem zurechenbar. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Rückständige Rundfunkbeiträge dürfen durch die zuständige Rundfunkanstalt festgesetzt werden. Die materielle Berechtigung, den Festsetzungsbescheid zu erlassen, folgt für Rundfunkbeiträge im privaten Bereich aus § 2 Abs. 1 und 2 RBStV. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht unmittelbar kraft Gesetzes. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Barzahlungsausschluss in der Rundfunkbeitragssatzung ist mangels einer Ausnahmeregelung für Beitragspflichtige, die keinen Zugang zu einem Girokonto haben, mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die Regelung ist jedoch bis zu einer Neuregelung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass Beitragspflichtigen, die kein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ermöglicht wird. (Rn. 41 und 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rundfunkbeiträge, Barzahlungsausschluss, Bayerische Rundfunk, „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“, Annahmeverzug, Festsetzungsbescheid, Namenswiedergabe, Rundfunkanstalt, „maschinell“ erstellter Bescheid
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 15.01.2020 – M 6 K 18.2089
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38966

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. In Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 15. Januar 2020 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 5.064,90 Euro festgesetzt.
IV. Die Anträge auf Aussetzung des Verfahrens werden abgelehnt.

Gründe

1
A. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
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I. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 6. April 2018 sowie den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag, dass er berechtigt sei, den Rundfunkbeitrag mittels Barzahlung zu begleichen, mit angefochtenem Urteil vom 15. Januar 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Festsetzungsbescheid sei formell und materiell rechtmäßig. Nach § 10 Abs. 5 RBStV sei der Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts für den Erlass von Festsetzungsbescheiden zuständig. Er sei zudem berechtigt, rückständige Rundfunkbeiträge im Vollstreckungsverfahren beizutreiben. Der Festsetzungsbescheid sei mit Hilfe automatischer Einrichtungen, also maschinell, erstellt worden, und damit auch ohne Unterschrift wirksam. Auch materiell sei der Festsetzungsbescheid einschließlich der Erhebung von Säumniszuschlägen rechtmäßig. Dem stehe kein Annahmeverzug des Beklagten entgegen, da die Leistungspflicht als Schickschuld ausgestaltet sei, der Kläger die Leistung aber nur unter der Bedingung angeboten habe, dass der Beklagte die durch die Übermittlung entstehenden Kosten trage. Dahingestellt bleiben könne deshalb, ob der Beklagte durch das Angebot einer Barzahlung in Annahmeverzug geraten könne. Die vom Kläger begehrte Feststellung, dass der Rundfunkbeitrag auch durch Barzahlung geleistet werden könne, sei aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage bereits unzulässig.
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II. Die gegen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe führen nicht zur Zulassung der Berufung.
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1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
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a) Ohne Erfolg bleibt der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO dadurch verletzt, dass es sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, auf welcher Rechtsgrundlage die Kosten für die Rücklastschrift verlangt würden. Diesbezüglich ist der Kläger schon seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Wird das Vorliegen eines Gehörsverstoßes damit begründet, dass die Vorinstanz Vorbringen übergangen habe, hat der Kläger das (vermeintlich) übergangene Vorbringen unter Angabe der Unterlage, die das Vorbringen enthält, genau zu benennen, sowie Umstände zu erläutern, die auf ein Übergehen schließen lassen (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124a Rn. 59). Ferner ist darzulegen, dass die angegriffene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann. Dabei ist die materiell-rechtliche Sicht des Verwaltungsgerichts zu Grunde zu legen (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 124a Rn. 57). Hieran fehlt es.
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b) Der - mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen - sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO durch Verletzung des sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Untersuchungsgrundsatzes wurde nicht ausreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.
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Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B.v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris Rn. 7). Hat ein anwaltlich vertretener Kläger keinen Beweisantrag gestellt, ist darzulegen, dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen nach dessen maßgeblicher Rechtsauffassung auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG‚ B.v. 14.2.2014 - 8 B 69.13 - juris Rn. 13).
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aa) Ohne Erfolg rügt der Kläger, das Verwaltungsgericht habe nicht davon ausgehen können, dass der angegriffene Bescheid mittels einer automatisierten Einrichtung erlassen worden sei, sondern es hätte hierzu den Sachverhalt ermitteln müssen. Der sich als Rechtsanwalt selbst vertretende Kläger hat ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2020 keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Bloße Ankündigungen von Beweisanträgen - abgesehen davon, dass auch solche dem Schriftsatz des Klägers vom 17. August 2019 an das Verwaltungsgericht nicht zu entnehmen sind - stellen keine unbedingten Beweisanträge im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO dar. Das Fehlen eines förmlichen Beweisantrags ist nur dann unerheblich, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren aufzeigt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht nach dessen maßgeblicher Rechtsauffassung die geforderten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Daran fehlt es hier.
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bb) Soweit der Kläger vorträgt, es sei unklar, ob der angefochtene Feststellungsbescheid von einer zeichnungsberechtigten Person autorisiert worden sei und auch diesbezüglich habe das Verwaltungsgericht eine Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen verweigert, hat er es wiederum versäumt, einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Zudem fehlt es an einer Darlegung, dass sich dem Verwaltungsgericht Ermittlungen zur Autorisierung durch eine zeichnungsberechtigte Person hätten aufdrängen müssen.
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cc) Unabhängig davon war eine Ermittlung unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach es nicht auf die Autorisierung ankommt und der maschinelle Erlass des Festsetzungsbescheids nicht zweifelhaft war, nicht geboten. Unmaßgeblich ist dabei, ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist (stRspr, vgl. statt aller BVerwG, B.v. 26.6.2017 - 6 B 54.16 - juris Rn. 6 m.w.N.).
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c) Auf das Vorliegen eines Verfahrensfehlers nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO durch Verletzung der richterlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen.
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Der Kläger führt aus, das Verwaltungsgericht habe den hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung, dass er berechtigt sei, den Rundfunkbeitrag bar zu bezahlen, als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, vorrangig sei eine Anfechtungs- oder Leistungsklage zu erheben. Es habe damit gegen seine Pflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO verstoßen, auf die Stellung zulässiger Anträge hinzuwirken. Ein Hinweis auf die eventuelle Unzulässigkeit des Antrags sei nicht erfolgt, im Gegenteil sei in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2020 die Begründetheit des Antrags erörtert worden. Zudem liege eine Versagung rechtlichen Gehörs sowie ein Verstoß gegen § 88 VwGO vor, weil der Kläger hilfsweise beantragt habe, den Feststellungsantrag als Leistungsantrag zu deuten, sodass auch nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein zulässiger Antrag vorgelegen habe.
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aa) Auch mit diesem Vortrag legt der Kläger keinen Verfahrensfehler dar. § 86 Abs. 3 VwGO umfasst zwar grundsätzlich die Pflicht des Vorsitzenden, die Prozessbeteiligten durch Rechtsbelehrung dazu anzuhalten, die zur Erreichung des Prozessziels richtigen Anträge zu stellen. Der Vorsitzende hat jedoch nicht in allen Fällen, in denen das erkennbare Klageziel mit dem bisherigen Klageantrag nicht erreicht werden kann, den Hinweis hierauf mit der Anführung des sachdienlich formulierten Antrags zu verbinden (vgl. BVerwG, U.v. 10.6.1965 - II C 195.62 - juris Rn. 35). § 86 Abs. 3 VwGO hat den Sinn, zu gewährleisten, dass eine Klage nicht an der Unbeholfenheit und mangelnden Vertrautheit des Klägers mit den einschlägigen Vorschriften scheitert (vgl. BVerwG, U.v. 10.6.1965 a.a.O.). Von einer solchen Pflicht kann jedenfalls dann nicht die Rede sein, wenn es sich in der Sache um höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen handelt, deren Beantwortung schwierig ist. Das Verwaltungsgericht hat ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2020 die zu diesem Zeitpunkt höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage, ob dem Kläger ein Recht auf Barzahlung des Rundfunkbeitrags zusteht, im Rahmen einer vorläufigen Einschätzung der Rechtslage thematisiert. Die maßgeblichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu befinden sich im letzten Absatz von Seite 2 des Sitzungsprotokolls. Sie beziehen sich - wie auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im unmittelbar anschließenden 1. Absatz der Seite 3 des Protokolls - auf die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vom 6. April 2018 und sind damit entgegen der klägerischen Einschätzung erkennbar in Bezug auf den Hauptantrag des Klägers ergangen. Da der Feststellungsantrag als Hilfsantrag formuliert war, widerspricht die Ansicht des Klägers, die maßgeblichen Ausführungen auf Seite 2 hätten sich auf den Hilfsantrag bezogen, jeglicher Logik. Die Rechtsfrage der Barzahlungspflicht im Zusammenhang mit dem auf Aufhebung des Festsetzungsantrags gerichteten Hauptantrag zu erörtern, war im Gegenteil folgerichtig (siehe BVerwG, U.v. 27.4.2022 - 6 C 3.21 u.a. - juris). Aus der Sicht des Verwaltungsgerichts war der ursprünglich als Hilfsantrag zu III. gestellte Feststellungsantrag nicht erforderlich. Sind die Parteien - wie hier - selbst rechtskundig, so sind sie gehalten, selbst nach einem geeigneten Weg zu suchen, um ihr Begehren durchzusetzen. Soweit der Kläger hierzu auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 1. Juni 2016 - M 6 K 15.5638 - verweist, war es ihm unbenommen, den Hilfsantrag entsprechend zu formulieren.
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bb) Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht seiner Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO nachgekommen, indem es den Kläger ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung darauf hingewiesen hat, dem Hilfsantrag zu II., der ursprünglich als Hilfsantrag zu III. gestellt war und sich lediglich auf den Zeitraum des Festsetzungsbescheids bezog, könne das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dies hat den Kläger dazu bewogen, den Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung dahingehend zu formulieren, dass er berechtigt sei, den Rundfunkbeitrag mittels Barzahlung zu leisten. Die anschließende Abweisung dieses Hilfsantrags als unzulässig war nicht deswegen überraschend, weil sich das Verwaltungsgericht hierzu ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht mehr geäußert hat. Ein Überraschungsurteil liegt nur vor, wenn das Gericht auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2017 - 6 B 52.17 - juris Rn. 6 m.w.N.). Ein Gericht muss die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, B.v. 21.6.2017 - 4 B 48.16 - juris Rn. 5 m.w.N.).
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cc) Der Vortrag des Klägers, „er habe hilfsweise beantragt, den Feststellungsantrag als Leistungsantrag zu deuten“, findet weder eine Entsprechung im Protokoll über die mündliche Verhandlung, noch ist er aus sich heraus verständlich.
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d) Auch im Hinblick auf die in der angefochtenen Entscheidung erörterte Frage des Annahmeverzugs, auf deren Relevanz ihn das Verwaltungsgericht nicht vorab hingewiesen habe, kann sich der Kläger nicht auf das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung und damit auf einen Verfahrensfehler, der eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfordern würde, berufen. Jedenfalls für einen Rechtskundigen dürfte es spätestens seit dem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2019 - 6 C 6.18 - (NVwZ 2019, 974 Rn. 21) auf der Hand gelegen haben, dass es für die Prüfung der Frage, ob ein Rundfunkbeitrag rückständig ist, entscheidend darauf ankommt, ob sich der Schuldner oder der Gläubiger im Verzug befindet.
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2. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
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Die Einwendungen des Klägers gegen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Festsetzungsbescheids sind nicht geeignet, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen.
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a) Der Einwand des Klägers, der Beklagte könne mangels Behördeneigenschaft keine Verwaltungsakte erlassen, geht fehl. Vorab festzustellen ist, dass der Senat die vom Landgericht Tübingen in seinem Beschluss vom 16. September 2016 - 5 T 232/16 - (juris) vertretene gegenteilige Rechtsauffassung, auf die sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung größtenteils bezieht, nicht teilt, zumal der Bundesgerichtshof diesen Beschluss aufgehoben hat (BGH, B.v. 14.6.2017 - I ZB 87/16 - juris). Im Zusammenhang mit der Ausführung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags sowie der darauf beruhenden Rundfunkbeitragssatzung ist die Behördeneigenschaft des Beklagten - ebenso wie die der anderen Landesrundfunkanstalten - in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht strittig.
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aa) Der Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk“ - BayRG). Als rechtsfähige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist er Subjekt der mittelbaren Staatsverwaltung (so schon BVerfG, B.v. 15.12.2003 - 1 BvR 2378/03 - juris Rn.6) und erfüllt - jedenfalls bei Ausführung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags - eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung (vgl. BVerfG, U.v. 27.7.1971 - 2 BvF 1/68 u.a. - juris Rn. 38; BVerwG, B.v. 21.12.2017 - 6 B 35.17 - juris Rn. 6). Durch § 10 Abs. 5 RBStV ist dem Beklagten die einseitig berechtigende Befugnis übertragen, als zuständige Landesrundfunkanstalt rückständige Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen.
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Als Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung durch Verwaltungsakt wahrnimmt, erfüllt der Beklagte den Behördenbegriff des Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG. Mit Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG hat der Gesetzgeber - gleichlautend wie im Bundesrecht (dort § 1 Abs. 4 VwVfG) - den funktionellen (verfahrensrechtlichen) Behördenbegriff angeordnet (vgl. Schönenbroicher in NomosKommentar, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, § 1 VwVfG Rn. 44). Entscheidend ist danach die materielle Wahrnehmung von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben; auf die organisatorische - insbesondere hierarchische - Eingliederung in die Staatsverwaltung kommt es nicht an. Wenn und soweit eine Organisationseinheit öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ist sie Behörde im Sinne des Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG. Darüberhinausgehende Fragen der Einbindung in eine Organisationseinheit sind für den Behördenbegriff des Verwaltungsverfahrensgesetzes ohne Bedeutung. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 1991 - 2 C 16.88 - (juris Rn. 22) und der darin genannte „allgemeine Behördenbegriff“ ist im Zusammenhang mit der Überprüfung einer beamtenrechtlichen Versetzungsentscheidung ergangen. Wie das Bundesverwaltungsgericht explizit ausgeführt hat, wird der Behördenbegriff innerhalb des Dienstrechts durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen Dienstherrn und Beamtem geprägt. Allgemeine Schlüsse für den funktionellen Behördenbegriff können daraus nicht gezogen werden. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG, wonach das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerischer Rundfunk“ gilt. Würde dem Beklagten generell die Behördeneigenschaft im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG nicht zukommen, wäre die Erklärung der Nichtanwendbarkeit systematisch verfehlt.
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Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung, die sich in der Vergangenheit vielfach mit der Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags bzw. entsprechender Beitragsfestsetzungsbescheide beschäftigt hat (vgl. z.B. BVerfG, U.v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - BVerfGE 149, 222; BVerwG, U.v. 18.3.2016 - 6 C 6.15 - juris), eine fehlende Behördeneigenschaft des Beklagten übersehen hätte. Im Gegenteil hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Urteil vom 27. Juli 1971 - 2 BvF 1/68 - (NJW 1971, 1739 LS. 1) ausgeführt, dass sich die Tätigkeit der Rundfunkanstalten im öffentlich-rechtlichen Bereich vollzieht. Die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung und nehmen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Ihre Tätigkeit ist nicht gewerblicher oder beruflicher Art.
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bb) Mit der Argumentation, dem Beklagten könne nicht das Recht zugestanden werden, Festsetzungsbescheide zu erlassen, weil nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2012 - 1 BvL 8/11 u.a. - (juris) die Selbsttitulierungsrechte öffentlich-rechtlich konstituierter Akteure, die im Wettbewerb zu privaten Akteuren stehen, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, verkennt der Kläger, dass die Rundfunkbeitragspflicht nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unmittelbar kraft Gesetzes entsteht (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2019 - 6 C 20.18 - NVwZ-RR 2020, 510 Rn. 14), weil sie nach § 2 Abs. 1 RBStV für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) zu entrichten ist. Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche nichtsteuerliche Abgabe (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - BVerfGE 149, 222 Rn. 52 ff.; vgl. auch LT-Drs. 16/7001 S. 12) und nicht - wie bei den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten - um eine privatrechtliche Forderung. Auch der vom Kläger zur Bestätigung seiner Auffassung in Bezug genommene Aufsatz von Waldhoff in NordÖR 2013, 229, 236 beschäftigt sich - wie sich schon aus dem Titel ergibt - ausschließlich mit der öffentlich-rechtlichen Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen. Die aus Sicht des Klägers bestehende Konkurrenzsituation zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk kommt damit nicht zum Tragen.
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b) Die weiteren Ausführungen des Klägers zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheids wecken ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts.
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aa) Der Kläger trägt vor, der Bescheid sei formell rechtswidrig, insbesondere sei er nicht unterschrieben. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der angegriffene Bescheid in jedem Fall rechtswidrig: entweder sei er nicht mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen, dann sei er wegen fehlender Unterschrift rechtswidrig. Oder er sei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden, dann sei er rechtswidrig, weil hierfür keine Rechtsgrundlage bestehe. § 10a RBStV sei erst durch den 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingefügt worden und damit für den angefochtenen Bescheid vom 6. April 2018 nicht anwendbar. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Erlass der Bescheide der Rundfunkanstalten gehe „maschinell“ vonstatten, rechtfertige die Anwendung des Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG nicht. Praktisch jeder schriftliche Verwaltungsakt werde unter Zuhilfenahme von IT-Einrichtungen erlassen. Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG betreffe nur solche schriftlichen Verwaltungsakte, bei denen schon die Regelung selbst automatisch erstellt worden wäre. In diesem Fall fehle aber eine Rechtsgrundlage für den automatischen Erlass. Hänge der Erlass hingegen letztlich von einer menschlichen Entscheidung ab, sei dies kein Fall des Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG und der Festsetzungsbescheid sei wegen fehlender Unterschrift rechtswidrig. Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG sei keine Rechtsgrundlage, sondern setze eine solche voraus. Mit diesem Vorbringen dringt der Kläger nicht durch.
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(1) Entgegen der Auffassung des Klägers leidet der angegriffene Festsetzungsbescheid nicht an einem Formmangel. Nach Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG (analog) sind Unterschrift und Namenswiedergabe entbehrlich, wenn es sich - wie hier beim streitgegenständlichen Festsetzungsbescheid - um einen Bescheid handelt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden ist.
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(a) Obwohl das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG für die Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerischer Rundfunk“ nicht gilt, kann in Bezug auf den angegriffenen Festsetzungsbescheid auf Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG zurückgegriffen werden. Denn ein Rückgriff auf Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist jedenfalls dann möglich, wenn dort allgemeine Rechtsgrundsätze oder allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts zum Ausdruck kommen, die auch der Beklagte bei seinem Verwaltungshandeln zu beachten hat (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 1.9.2003 - 7 B 01.2707 - ZUM 2003, 873 Rn. 50 m.w.N.; VGH BW, U.v. 4.11.2016 - 2 S 548/16 - juris Rn. 26 m.w.N.). Dem steht nicht Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG entgegen. Denn der Kernbereich der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit, der wegen des Grundsatzes der größtmöglichen Staatsferne die Nichtanwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes gebietet, ist davon nicht berührt. Im Zentrum der Rundfunkfreiheit, die eine Rundfunkveranstalterfreiheit ist, steht die Programmautonomie des Veranstalters (stRspr vgl. BVerfG, B.v. 6.10.1992 - 1 BvR 1586/89 u.a. - juris Rn. 79). Bei der hier in Rede stehenden, durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag den Rundfunkanstalten eingeräumten Möglichkeit der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge geht es jedenfalls nicht um eine „Veranstaltung von Rundfunksendungen“, sondern um die hoheitlich organisierte Einziehung öffentlich-rechtlicher Finanzierungsbeiträge und damit um eine klassische Aufgabe der öffentlichen Verwaltung (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2016 - 2 S 548/16 - juris Rn. 27; HessVGH, B.v. 2.1.2018 - 10 A 3025/16.Z - juris Rn. 7 ff.).
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(b) Den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, der Festsetzungsbescheid sei mit Hilfe automatischer Einrichtungen, also „maschinell“ erstellt worden, ein objektiver Empfänger werde bei den vom Beklagten versandten Festsetzungsbescheiden von einer maschinellen Erstellung ausgehen, ist der Kläger nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise entgegengetreten.
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Der ausdrücklich im streitgegenständlichen Festsetzungsbescheid enthaltene Hinweis „Dieser Bescheid ist maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig“ rechtfertigt die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Festsetzungsbescheid sei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden. Der rechtlich nicht gebotene Hinweis dient gerade der Rechtsklarheit, denn er verweist den Bescheidsadressaten ausdrücklich darauf, dass der Festsetzungsbescheid mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 57.91 - NJW 1993, 1667). Er verdeutlicht dem Empfänger zudem, dass kein bloßer Entwurf vorliegt (Beweisfunktion). Darüber hinaus zeugen aus der Sicht eines objektiven Empfängers die optische und inhaltliche Gestaltung des Bescheids von seiner maschinellen Erstellung. Das an den Kläger gerichtete Schriftstück ist formularmäßig aufgebaut. Es enthält die Feststellung, dass er seiner Pflicht zur Zahlung der rückständigen Rundfunkbeiträge nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, überdies beinhaltet es die Festsetzung des rückständigen Betrags sowie die erforderlichen Hinweise, die Rechtsgrundlagen und die Rechtsbehelfsbelehrung. Der Festsetzungsbescheid wird aus der Sicht eines objektiven Adressaten somit auch optisch und inhaltlich durch die Verwendung der elektronischen Datenverarbeitung geprägt (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1993, a.a.O.).
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Aufgrund dessen hätte der Kläger nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO substantiiert Anhaltspunkte dafür nennen müssen, warum die Feststellungen des Verwaltungsgerichts rechtlich zweifelhaft sind und der Festsetzungsbescheid entgegen dem ausdrücklich enthaltenen Hinweis nicht automatisiert erlassen wurde, sondern von einer menschlichen Entscheidung abhängig war. Dem kommt der Kläger nicht nach. Er rügt lediglich ohne weitere Begründung, das Verwaltungsgericht habe nicht von einem Erlass mittels automatisierter Einrichtungen ausgehen können, sondern hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Eine substantiierte Darlegung, warum ein „objektiver Empfänger“ nicht von einer maschinellen Erstellung ausgehen konnte, erfolgt nicht. Selbst wenn die Vorschrift im Wege der teleologischen Reduktion auf die Fälle rein vollautomatischer Erstellung der Bescheide zu begrenzen ist (vgl. beispielsweise Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand Juli 2022, § 37 Rn. 50), stellt der Verweis des Klägers, unter Art. 37 Abs. 5 (Satz 1) BayVwVfG fielen nur schriftliche Verwaltungsakte, bei denen schon die Regelung selbst automatisch erstellt werde, keine substantiierte Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Feststellung dar, sondern beinhaltet sinngemäß lediglich die gegenteilige Behauptung. Die Regelung des Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG - wie der wortgleiche § 37 Abs. 5 VwVfG - trägt den Erfordernissen der modernen Datenverarbeitung Rechnung. Nach dem eindeutigen Wortlaut werden allein automatisiert erlassene Verwaltungsakte erfasst. Automatisiert ist der Erlass, wenn er ganz oder teilweise programmgesteuert erfolgt (vgl. Huck/Müller, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl. 2020, § 37 Rn. 24 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Festsetzungsbescheid lediglich am PC unter Verwendung von Textbausteinen erstellt wurde, benennt der Kläger nicht und sind auch nicht ersichtlich.
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(c) Unabhängig davon legt der Kläger nicht dar (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), dass der von ihm angenommene formelle Mangel zu einer Unrichtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts führen konnte. Nach dem Rechtsgedanken des Art. 46 BayVwVfG kann nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hierzu verhält sich der Kläger nicht.
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(2) Mit seinem Einwand, der Festsetzungsbescheid sei rechtswidrig, da es an einer Rechtsgrundlage für den „automatisierten Bescheidserlass“ gefehlt habe, dringt der Kläger ebenfalls nicht durch.
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d) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers folgt dies nicht aus dem zum 1. Juni 2020 in Kraft getretenen § 10a RBStV, der vorsieht, dass die zuständige Landesrundfunkanstalt rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert erlassen kann, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht. Anders als der Kläger meint, bedeutet diese Rechtsänderung nicht zwingend, dass der automatisierte Erlass von Festsetzungsbescheiden vor dem 1. Juni 2020 rechtwidrig war. Denn die Vorschrift wurde - wie auch § 35a VwVfG - vom Gesetzgeber lediglich zur Klarstellung eingefügt. In der Gesetzesbegründung zu § 10a RBStV heißt es dazu (LT-Drs. 18/4703):
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„§ 10 a ermächtigt die zuständige Landesrundfunkanstalt dazu, rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert zu erlassen, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht. Mit der Einführung des § 35 a VwVfG hat der Bundesgesetzgeber klargestellt, dass der vollständig automatisierte Erlass von Verwaltungsakten möglich ist. Der Bundesgesetzgeber sieht den Einsatz automatisierter Einrichtungen beim Erlass von Verwaltungsakten vor allem bei einfach strukturierten Verfahren mit geringerem Aufwand als notwendig und sinnvoll an (BT-Drs. 18/8434, S. 122) und geht von einem gesteigerten Bedürfnis nach moderner Informationstechnik in diesem Bereich aus. Bei Verfahren im Bereich des Beitragseinzugs handelt es sich um geeignete Verfahren für eine vollständig automatisierte Bearbeitung. Die Grundlage der Bescheide sind in der Regel einfach strukturierte Sachverhalte, ohne dass ein Ermessen auszuüben ist.“
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Soweit der Kläger der Gesetzesbegründung eine „erhebliche Indizwirkung“ dahingehend zuschreibt, dass vor Einführung des § 10a RBStV keine Rechtsgrundlage für den Erlass automatisierter Bescheide bestand und „daher mit § 10a RBStV eine solche Regelung eingeführt werden muss“, legt er schon nicht dar, aus welcher Formulierung der Gesetzesbegründung er diesen Schluss ziehen will. Offen bleibt auch, warum der vom Kläger gezogene Schluss vor dem Hintergrund zwingend ist, dass § 10a RBStV erst knapp 3,5 Jahre nach § 35a VwVfG eingeführt wurde.
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(b) Unabhängig davon geht die Argumentation des Klägers fehl, der bayerische Landesgesetzgeber habe § 10a RBStV zwingend einführen müssen, um die Rechtswidrigkeit automatisiert erlassener Festsetzungsbescheide zu verhindern. Zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids am 6. April 2018 war weder im Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz noch in sonstigen landesrechtlichen Vorschriften eine dem § 35a VwVfG entsprechende Vorschrift vorhanden. Anders als in sechs anderen Bundesländern, in denen seit März 2018 sukzessive ein § 35a in das jeweilige Landesverwaltungsverfahrensgesetz eingefügt wurde (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Saarland, Baden-Württemberg, beginnend mit Nordrhein-Westfalen zum 30.3.2018 bis Baden-Württemberg zum 17.2.2021), existiert in Bayern keine Vorschrift, die für eine vollständig automatisierte Erstellung rundfunkbeitragsrechtlicher Festsetzungsbescheide ausdrücklich eine besondere Rechtsgrundlage verlangt (BayVGH, B.v. 26.1.2021 - 7 ZB 20.2029 - juris Rn. 9). § 10a RBStV dient in Bayern somit lediglich der Klarstellung. Leitbild des auf Erlass eines „mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen Verwaltungsakts“ gerichteten Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 37 Abs. 5 VwVfG bzw. Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG war, dass die Automatisierung der Entscheidungsfindung erst nach der Erfassung, Bewertung und Verifizierung des für die Entscheidungsfindung relevanten Sachverhalts einsetzt und so letztlich auf die Rechtsanwendungs- bzw. Subsumtionsstufe und die Bescheidformulierung begrenzt ist (vgl. für die gleichlautende Vorschrift des Bundesrechts Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35a Rn. 20). Schon zum Zeitpunkt des Entstehens des Verwaltungsverfahrensgesetzes - und vor allem vor Einfügung des § 35a VwVfG in das Bundesrecht - wurden einige Verwaltungsakte „vollautomatisiert“, d.h. ohne jegliches menschliche Zutun, erlassen. Diese Verwaltungsakte wurden dennoch als Verwaltungsakte gewertet, die - zulässigerweise - mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen wurden (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 22). Dies betraf etwa vollautomatisierte Verkehrseinrichtungen (z.B. Ampeln) oder auch Fälle, in denen aufgrund der Behörde vorliegender Daten automatisch Abgabenbescheide gegenüber den der Behörde ebenfalls bekannten Abgabenschuldnern erlassen wurden. Rundfunkbeitragsrechtliche Festsetzungsbescheide wurden aufgrund des im Regelfall einfachen Sachverhalts und der einfach strukturierten gesetzlichen Voraussetzungen bereits lange vor Einfügung des § 10a RBStV maschinell erstellt und höchstrichterlich überprüft, ohne dass es insoweit zu einer Beanstandung gekommen wäre (vgl. beispielweise BVerwG, U.v. 30.10.2019 - 6 C 10.18 - BVerwGE 167, 20).
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bb) Nicht gefolgt werden kann ferner dem Vortrag des Klägers, das dem Festsetzungsbescheid zugrundeliegende Festsetzungsverfahren sei durch den Beitragsservice durchgeführt worden und der Festsetzungsbescheid deshalb mangels Zurechenbarkeit zu einer Behörde als „Nichtakt“ zu behandeln. Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV nimmt jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr. Der „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“, der selbst nicht rechtsfähig ist, nimmt die ihm übertragenen Aufgaben namens und im Auftrag des Beklagten wahr und ist diesem zurechenbar. Dies ergibt sich auch aus der Gestaltung des Festsetzungsbescheids vom 6. April 2018, der in der Kopfzeile den Bayerischen Rundfunk ausweist und im Text bittet, sich bei Fragen an den Bayerischen Rundfunk zu wenden, der auch Widerspruchsbehörde sei. Zudem ist der Bescheid mit „Bayerischer Rundfunk“ unterzeichnet und in der Rechtsbehelfsbelehrungwird auf die Einlegung des Widerspruchs beim Bayerischen Rundfunk hingewiesen. Die Zweifel des Klägers an der Bestimmtheit von § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV, der nicht ausdrücklich und eindeutig den Erlass von Festsetzungsbescheiden durch den Beitragsservice regle, greifen nicht durch. Denn unabhängig davon, ob eine konkrete Aufgabe durch den Bayerischen Rundfunk selbst oder durch den Beitragsservice wahrgenommen wird, ist sie jedenfalls dem Beklagten zuzurechnen. Im Übrigen hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 u.a. - (NJW 2014, 3215 Rn. 147) die einschlägige Norm des § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV als mit der Bayerischen Verfassung vereinbar angesehen. Warum dennoch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 10 Abs. 7 RBStV begründet sein sollen, legt der Kläger nicht hinreichend dar.
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cc) Ebenfalls nicht durchdringen kann der Kläger mit dem Vortrag, der angefochtene Bescheid vom 6. April 2018 sei rechtswidrig, da es an einer materiellen Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen fehle. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, findet der Festsetzungsbescheid seine Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV. Danach dürfen rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Rundfunkanstalt festgesetzt werden. Die materielle Berechtigung, den Festsetzungsbescheid zu erlassen, folgt für Rundfunkbeiträge im privaten Bereich aus § 2 Abs. 1 und 2 RBStV. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht unmittelbar kraft Gesetzes, § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 3 RBStV. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass öffentlich-rechtliche Abgabenpflichten gegenüber den Abgabenschuldnern stets nur durch Erlass eines Festsetzungsbescheids begründet werden dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 6 C 35.15 - juris Rn. 8). Darauf hinzuweisen ist auch, dass das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - (BVerfGE 149, 222) von der Verfassungsmäßigkeit der Erhebung eines Rundfunkbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (mit Ausnahme des Rundfunkbeitrags für Zweitwohnungen) ausgeht und die Auffassung des Klägers, es fehle eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage, somit offensichtlich nicht teilt.
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dd) Auch der Einwand des Klägers, anders als im Urteil behauptet habe er sich nicht auf die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Festsetzungsbescheids mit der Begründung berufen, der Beklagte habe sich im Annahmeverzug berufen, wirft keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Zu Recht hat dieses ausgeführt, dass der Festsetzung des Rundfunkbeitrags zuzüglich eines Säumniszuschlags kein Annahmeverzug des Beklagten entgegenstehe. Anderenfalls wäre nämlich der Festsetzungsbescheid schon deswegen rechtswidrig, weil nach § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV Rundfunkbeiträge nur festgesetzt werden dürfen, wenn sie rückständig sind. Soweit der Kläger vorträgt, er habe mit Schreiben an den Beklagten vom 29. Januar 2018 angeboten, dass dieser einen Mitarbeiter zur Abholung des Rundfunkbeitrags in bar an die Wohnadresse des Klägers schickt oder die Kosten für eine postalische Übermittlung übernimmt, begründet die Ablehnung dieser Ansinnen keinen Annahmeverzug des Beklagten. Unverständlich sind angesichts des Wortlauts von § 270 Abs. 1 BGB schon die Ausführungen des Klägers, wonach „die persönliche Abholung vorliegend den Vorgaben des § 270 BGB“ entspreche. Jedenfalls aber ist nach § 10 Abs. 2 Satz 1 RBStV der Rundfunkbeitrag als Schickschuld zu entrichten und ein Beitragsschuldner hat - unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Barzahlung - die Kosten der Zahlungsübermittlung einschließlich eventueller Rücklastschriftkosten zu tragen (vgl. § 10 Abs. 3 der Rundfunkbeitragssatzung). Da der Kläger die Barzahlung nur unter der Voraussetzung angeboten hat, dass der Beklagte die Kosten der Zahlungsübermittlung übernimmt, befand sich der Beklagte nicht im Annahmeverzug und konnte deshalb den rückständigen Rundfunkbeitrag nach § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV, zu dem auch die Kosten für die Rücklastschrift gehören, festsetzen.
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Ungeachtet dessen ist schon das Angebot des Klägers, den rückständigen Rundfunkbeitrag in bar zu bezahlen, nicht geeignet, den Beklagten in Annahmeverzug (§ 293 BGB) zu versetzen. Nach § 10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten kann der Beitragsschuldner die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos durch im Einzelnen aufgeführte Zahlungsformen entrichten. Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union mit Beschluss vom 27. März 2019 - 6 C 6.18 - (juris) und dessen Urteil vom 26.1.2021 - C 422/19 u.a. - (juris) mit Urteil vom 27. April 2022 - 6 C 3.21 u.a. - (juris) zu § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung des Hessischen Rundfunks entschieden, dass die in § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG geregelte Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten in die ausschließliche Regelungskompetenz der Europäischen Union im Bereich der Währungspolitik im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV eingreift und daher nicht anwendbar ist. Der Barzahlungsausschluss in der Rundfunkbeitragssatzung des (dortigen) Beklagten sei mangels einer Ausnahmeregelung für diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die Regelung sei jedoch übergangsweise bis zu einer Neuregelung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass solchen Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht wird. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung im Hinblick auf den gleichlautenden § 10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten an. Aufgrund der Parallelität beider Sachverhalte gibt es keinen Grund, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - auch wenn es nur inter-partes Wirkung zeitigt - in Frage zu stellen. Denn mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist höchstrichterlich geklärt, dass der Barzahlungsausschluss in der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten grundsätzlich gegen Verfassungsrecht verstößt.
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Hieran ändern auch die ausführlichen Darlegungen des Klägers nichts, der die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union als ultra-vires-Akt ansieht, den das Bundesverwaltungsgericht seiner Rechtsprechung nicht hätte zugrunde legen dürfen. Unmaßgeblich ist der Einwand des Klägers, das Bundesverwaltungsgericht hätte das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. April 2022 - C 422/19 u.a. - (juris) nicht anwenden dürfen, weil dieser Art. 128 Abs. 1 AEUV contra legem ausgelegt habe. Das Urteil in einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV entfaltet Bindungswirkung sowohl gegenüber dem vorlegenden Gericht (worauf das Bundesverwaltungsgericht in Rn. 24 seines Urteils vom 27.4.2022 hingewiesen hat) als auch gegenüber den in derselben Sache im Ausgangsstreitverfahren entscheidenden Gerichte. Sie haben den Streitfall nach Maßgabe der Auffassung des Gerichtshofs zu entscheiden, dürfen von dessen Spruch nicht abweichen und sind nicht befugt, den Inhalt der Vorabentscheidung zu überprüfen, zu ignorieren oder abzuändern (vgl. Wegener in Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 267 AEUV Rn. 50). Der Senat schließt sich auch insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 27. April 2022 - 6 C 3.21 u.a. - (juris) an. Da der Kläger weder dargelegt hat noch ersichtlich ist, dass er nicht über ein entsprechendes Girokonto verfügt, unterliegt er der (übergangsweise weiter anzuwendenden) Regelung des § 10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten.
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ee) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Festsetzung des Säumniszuschlags nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten. Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit, d.h. in der Mitte eines Dreimonatszeitraums (§ 7 Abs. 3 RBStV), in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8 Euro fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 der Rundfunkbeitragssatzung). Die Kosten für die Rücklastschrift fallen ebenfalls dem Kläger zur Last, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 10 Abs. 3 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten. Mit der Einwendung, der Säumniszuschlag in Höhe von 8 Euro entspreche einem Anteil von 12,33% an der Gesamtschuld und widerspreche damit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 2021 - 1 BvR 2237/14 u.a. - (juris), kommt der Kläger schon seiner Verpflichtung zur Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht nach. Die von ihm in Bezug genommene Entscheidung bezieht sich auf die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen (§ 233a AO). Unabhängig davon, dass die Abgabenordnung nach ihrem § 1 auf den Rundfunkbeitrag nicht anwendbar ist, versäumt der Kläger darzulegen, welche Erkenntnisse daraus für Säumniszuschläge auf nichtsteuerliche Rundfunkbeiträge (vgl. in der Abgabenordnung zu Säumniszuschlägen auf Steuern § 240) zu ziehen sein sollen.
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c) Mit dem Vortrag, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht seinen Hilfsantrag auf Feststellung seiner Berechtigung, den Rundfunkbeitrag in bar zu zahlen, als unzulässig abgewiesen, hat der Kläger keinen Zulassungsgrund i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargetan. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen nur vor, wenn die Angriffe gegen die Entscheidungsgründe zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses begründen (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Febr. 2022, § 124a VwGO Rn. 125). Zwar ist der Hilfsantrag als Zwischenfeststellungsklage nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2022 - 6 C 3.21 - juris Rn. 67). Er ist jedoch unbegründet, weil der Kläger nicht dargetan hat, zum Personenkreis derjenigen zu gehören, denen der Beklagte für den Fall einer übergangsweisen Anwendung des § 10 Abs. 2 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten die Zahlung des Rundfunkbeitrags mit Bargeld zu ermöglichen hat. Im Ergebnis wurde der Feststellungsantrag des Klägers somit zu Recht abgelehnt.
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3. Im Hinblick auf den Zulassungsgrund rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) kommt der Kläger schon den ihm obliegenden Darlegungspflichten aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht im Ansatz nach.
46
4. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hat der Kläger nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dargelegt. Soweit der Schriftsatz vom 25. Mai 2020 Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache enthält, entsprechen diese nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
47
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nichtrevisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 21.11.2019 - 4 ZB 19.1671 - juris Rn. 10 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung substantiiert darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 - 14 ZB 16.1867 - juris Rn. 15 m.w.N.).
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Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Zulassungsvorbringen im Schriftsatz vom 25. Mai 2020 nicht. Soweit der Kläger dort überhaupt Fragen formuliert, wie „ob das Verwaltungsgericht damit Recht haben kann, dass eine rechtliche Entität, ohne ‚Behörde im herkömmlichen Sinn‘ zu sein, Verwaltungsakte erlassen kann“ (S. 6 d.S.v. 25.5.2020), „inwiefern öffentlich-rechtlichen Einrichtungen erlaubt sein kann, durch die freie Wahl von Festsetzungszeiträumen effektiv die Kosten der Rechtsverfolgung zu steuern und damit faktisch den Justizgewährungsanspruch auszuhebeln“ (S. 13 d.S.v. 25.5.2020) etc., ist bereits fraglich, ob es sich um Fragen von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Jedenfalls fehlt es an der Darlegung der Klärungsfähigkeit und -bedürftigkeit dieser Fragen. Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 19. August 2022 ist verspätet. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Nach Ablauf der Frist kann die Zulassungsbegründung noch ergänzt werden, soweit der konkret zu ergänzende Grund innerhalb offener Frist bereits ausreichend dargelegt worden ist. Der Vortrag neuer oder bisher nicht ausreichend dargelegter Zulassungsgründe ist nach Ablauf der Frist nicht mehr möglich (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 53).
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5. Die Berufung ist auch nicht wegen des Vorliegens einer Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.
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Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Zulassungsbegründung einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen in der Vorschrift genannten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Rechtsmittelführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, BVerwG, B.v. 13.2.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 15 m.w.N.). Darzulegen ist ferner, dass die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung beruht. Dem kommt der Kläger nicht nach.
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Der Kläger trägt vor, das Bundesverwaltungsgericht habe im Beschluss vom 27. März 2019 - 6 C 5.18 - (juris Rn. 21) festgehalten, dass die generelle Verweigerung der Rundfunkanstalten, Barzahlungen anzunehmen, zum Annahmeverzug nach § 293 BGB führt, selbst wenn die Barleistung am Wohnort des Schuldners und nicht an der Niederlassung der Rundfunkanstalt angeboten wird. Abgesehen davon, dass sich dieser Rechtssatz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen lässt, hat der Kläger diesem keinen davon abweichenden Rechtssatz in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegenübergestellt.
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B. Die vom Kläger gestellten Aussetzungsanträge sind abzulehnen. Einen Anlass, das streitgegenständliche Verfahren nach § 94 VwGO (analog) auszusetzen wegen eines beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahrens sowie infolge von Richtervorlagen nach Art. 92 BV bzw. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, die der Kläger für geboten hält, sieht der Senat nicht. Der Senat hat keine Zweifel an der Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung und dem Grundgesetz.
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I. Laut klägerischem Vortrag hat das beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren mit dem Aktenzeichen Vf. 24-VII-19 die Frage zum Gegenstand, ob die Gestaltung der Rundfunkbeitragspflicht als Gesamtschuld (§ 2 Abs. 3 RBStV) mit Art. 100, 101 und 106 BV vereinbar ist. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - (juris) festgestellt, dass die Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags im privaten Bereich für jede Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV) mit der Bayerischen Verfassung vereinbar sind. Da der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung im Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung erstreckt, selbst wenn sie nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (vgl. a.a.O. Rn. 60), trägt die Entscheidung die Feststellung in sich, dass der Zustimmungsbeschluss des Landtags, der entgegen dem Wortlaut des Art. 72 Abs. 2 BV erst nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags durch den Ministerpräsidenten erfolgte, nicht die formelle Rechtswidrigkeit des Staatsvertrags zur Folge hat. Auch hinsichtlich der vom Kläger bezweifelten Vereinbarkeit des Rechts des Beklagten, Verwaltungsakte zu erlassen, mit verschiedenen Grundrechten der Bayerischen Verfassung hatte der Verfassungsgerichtshof offensichtlich keine Bedenken.
54
II. Der Senat hält den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht für verfassungswidrig (vgl. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG). Im Übrigen kommt den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bindungswirkung zu, vgl. § 31 Abs. 1 BVerfGG. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 - (juris) entschieden, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich auf der Grundlage der Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags verfassungsgemäß ist. Ausgenommen hat das Bundesverfassungsgericht davon nur die hier nicht vorliegende Erhebung eines Rundfunkbeitrags für eine Zweitwohnung. Die vom Kläger gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen sieht der Senat nicht als tragend an. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Lage seither tatsächlich oder rechtlich verändert hätte (vgl. Sieckmann/Kessal-Wulf in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 100 Rn. 11). Soweit der Kläger eine Aussetzung des Verfahrens zur Klärung der Frage begehrt, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar sei, dass der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayRG Mitglied des Verwaltungsrats des Bayerischen Rundfunks ist, der Verwaltungsgerichtshof aber zugleich in Angelegenheiten des Bayerischen Rundfunks entscheidet, sieht der Senat auch hierzu keine Veranlassung. Die Präsidentin des Verwaltungsgerichtshofs gehört dem entscheidenden Senat nicht an. Sollte der Kläger Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder des Senats hegen, hätte er zu gegebener Zeit ein Ablehnungsgesuch an den Senat richten müssen. Ansonsten legt er schon nicht dar, inwiefern dieser Frage Entscheidungserheblichkeit zukommt. Insbesondere thematisiert der Kläger zwar die der Präsidentin des Verwaltungsgerichtshofs obliegende Dienstaufsicht nach § 38 Abs. 1 VwGO, ignoriert aber die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 1 GG.
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Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 und 3 Satz 1, § 39 Abs. 1 GKG. Die Abänderungsbefugnis ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.