Titel:
Zweitwohnungssteuer für eine möblierte Ferienwohnung
Normenkette:
KAG Art. 3
Leitsatz:
Eine Gemeinde hat mit der getroffenen Entscheidung für die „Nettokaltmiete“ als Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer nicht zugleich entschieden, dass bei der Berechnung der Steuer der auf die Möblierung entfallende Anteil der vereinbarten Miete unberücksichtigt bleiben muss. Einen pauschalen Abzug von der vereinbarten Gesamtmiete für die Fälle einer möbliert vermieteten Wohnung muss sie nicht zwingend vorsehen. (Rn. 9 – 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zweitwohnungssteuer, möblierte Ferienwohnung, Nettokaltmiete, kein Abzug für Möblierung, möblierte Wohnung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 14.04.2022 – Au 2 K 21.160
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38958
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 633,60 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger sind Mieter einer im Gemeindegebiet der Beklagten gelegenen möblierten Ferienwohnung. Sie wenden sich gegen die Höhe der mit Bescheid vom 4. November 2020 geforderten Zweitwohnungssteuer in Höhe von jährlich 1.056 Euro. Sie sind der Auffassung, von der vereinbarten Bruttowarmmiete müsse - zusätzlich zu den in der Zweitwohnungssteuersatzung (ZwStS) vorgesehenen Abzügen für Nebenkosten und Heizkosten - auch ein Abzug für die Möblierung der Wohnung erfolgen.
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Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage, mit der eine Reduzierung der festgesetzten Steuer beantragt wurde, wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. April 2022 ab. Die Beklagte habe, indem sie keinen (pauschalen) Abzug von der Bruttowarmmiete vornehme, nicht den ihr bei der Festlegung des Steuermaßstabs zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten. Der Satzungsgeber dürfe sich von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen mit der Folge, dass er nicht für jede atypische Fallgestaltung eine Sonderregelung schaffen müsse. Die Beklagte habe glaubhaft vorgetragen, dass das dauerhafte Anmieten einer möblierten Zweitwohnung in ihrem Gemeindegebiet einen Einzelfall darstelle. Der Ansatz der Nettokaltmiete ohne Berücksichtigung der Möblierung wahre den höchstrichterlich geforderten „lockeren Bezug zu dem Aufwand des Steuerpflichtigen“. Nachdem sich der Mietaufwand einer Wohnung regelmäßig nach der Wohnfläche, ihrer Ausstattung und ihrer Lage bemesse, erfasse die so ermittelte jährliche Nettokaltmiete den besonderen Aufwand, der im Innehaben einer Zweitwohnung zur persönlichen Lebensführung zum Ausdruck komme.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
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Die Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
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a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Kläger haben keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 - BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
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Sie tragen im Wesentlichen vor, mit der Festlegung der Zweitwohnungssteuersatzung auf die „Nettokaltmiete“ als Berechnungsgrundlage ohne eine Regelung hinsichtlich möblierten Wohnraums habe die Beklagte ihren Gestaltungsspielraum abschließend ausgeübt. Die Begriffe Bruttokaltmiete, Bruttowarmmiete und Nettokaltmiete bezögen sich nach allgemeinem Sprachgebrauch nur auf den Teil der Miete, der ausschließlich die Raumnutzung abdecke. Die Aussage der Beklagten, dass das dauerhafte Anmieten einer möblierten Zweitwohnung in ihrem Gemeindegebiet einen Einzelfall darstelle, sei völlig unbelegt und werde bestritten. Auch der Mietspiegel der Beklagten, der für die Steuerfestsetzung von Zweitwohnungseigentümern zugrunde gelegt werde, stelle auf die Nettokaltmiete ab. Ein Abschlag für die Möblierung sei auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geboten, was sich z.B. aus dem Beschluss vom 29. Januar 2003 (Az. 9 C 3.02) ergebe. So habe etwa die vormals geltende Wohngeldverordnung einen Abzug von 20% der Nettokaltmiete vorgesehen; entsprechende Pauschalregelungen fänden sich auch in zahlreichen Mietspiegeln.
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Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu begründen. Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Beklagte mit der in § 5 Abs. 1 Satz 2 ZwStS getroffenen Entscheidung für die „Nettokaltmiete“ als Bemessungsgrundlage nicht zugleich entschieden, dass bei der Berechnung der Steuer der auf die Möblierung entfallende Anteil der vereinbarten Miete unberücksichtigt bleiben müsse. Es kann offenbleiben, ob nach zivilrechtlichem Verständnis der Begriff der „Nettokaltmiete“ stets nur den Mietanteil für die vermietete Fläche ohne einen Möblierungszuschlag umfasst (vgl. dazu BGH, U.v. 2.3.2011 - VIII ZR 209/10 - NJW 2011, 474 Rn. 11). Eine solche Beschränkung auf einen bloßen Teil des „jährlichen Mietaufwands“, der gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS den Steuermaßstab bilden soll, hat hier jedenfalls der kommunale Satzungsgeber nicht beabsichtigt. Dies zeigt schon die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 ZwStS, wonach bei der Schätzung der ortsüblichen Nettokaltmiete für eine nicht vermietete Wohnung die Ausstattung der Räume und damit grundsätzlich auch deren Möblierung zu berücksichtigen ist. Mit der Verwendung des aus dem privaten Mietrecht stammenden Begriffs der Nettokaltmiete soll ersichtlich nur sichergestellt werden, dass in den Fällen einer vereinbarten Bruttokaltmiete oder Bruttowarmmiete (§ 5 Abs. 2 ZwStS) durch die vorgesehenen pauschalen Abzüge ein einheitlicher Steuermaßstab verwendet werden kann.
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Einen vergleichbaren Abzug von der vereinbarten Gesamtmiete für die Fälle einer möbliert vermieteten Wohnung musste die Beklagte nicht zwingend vorsehen. Die Unterhaltung einer Zweitwohnung erfordert, wie das Bundesverwaltungsgericht in dem von den Klägern zitierten Urteil klargestellt hat, auch Aufwendungen für die Anschaffung von Mobiliar (U.v. 29.1.2003 - 9 C 3.02 - BVerwGE 117, 345 Rn. 28). Steht ein entsprechender finanzieller Aufwand für das jeweilige Steuerjahr eindeutig fest, weil die Mietzahlungen vereinbarungsgemäß auch die Nutzung des vom Vermieter überlassenen Mobiliars umfassen, so besteht kein Grund, den betreffenden Anteil aus der Gesamtmiete nachträglich herauszurechnen. Auf das Zahlenverhältnis der im Gemeindegebiet vorhandenen möblierten und unmöblierten Zweitwohnungen kommt es dabei nicht an. Dass bei unmöbliert angemieteten Wohnungen in typisierender Weise allein auf den jährlichen Mietaufwand abgestellt wird, das von den Mietern eingebrachte (eigene) Mobiliar also nicht als zusätzlicher Aufwand für das Unterhalten der Wohnung berücksichtigt wird, lässt sich jedenfalls unter Praktikabilitätserwägungen rechtfertigen (vgl. dazu BVerwG, B.v. 19.5.2021 - 9 C 2/20 - NVwZ-RR 2021, 991 Rn. 9 m.w.N.). Denn es wäre mit einem völlig unvertretbaren Verwaltungsaufwand verbunden, wenn für jede Wohnung in dem jeweiligen Steuerjahr der aktuelle Bestand an Möbelstücken festgestellt und deren Nutzungswert etwa unter Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Abschreibungsgrundsätze ermittelt werden müsste.
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b) Der von den Klägern weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Der bloße Umstand, dass in Deutschland bei der Zweitwohnungssteuererhebung laut einer Studie sehr unterschiedliche Ansätze verfolgt werden und dass „zahlreiche Satzungen bzw. Erläuterungen von Satzungen Abschläge für Möblierungen vorsehen, während diese in anderen unerwähnt bleiben“, führt noch nicht zu einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Frage, sondern belegt nur den weiten Gestaltungsspielraum des örtlichen Satzungsgebers bei der Festlegung des Steuermaßstabs (vgl. BVerwG, a.a.O.). Entgegen dem Vortrag der Kläger ergibt sich eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits auch nicht aus dem Umstand, dass insbesondere bei Ferienwohnungen in hochpreisigen Ferienwohngebieten teilweise immense Möblierungszuschläge gezahlt werden. Die Annahme, dass diese Zuschläge „keinerlei Bezug zum eigentlichen Mietaufwand“ hätten und daher vom Sinn und Zweck der Zweitwohnungssteuer nicht erfasst würden, ist aus den oben dargelegten Gründen unzutreffend.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG. Dabei wird wie im erstinstanzlichen Verfahren berücksichtigt, dass die Kläger nicht die Aufhebung des Steuerbescheids insgesamt, sondern nur eine Reduzierung der festgesetzten Steuer in Form eines Abzugs von 20% von der vereinbarten Bruttowarmmiete begehren.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).