Titel:
Sperrung von Ansprüchen nach der Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplans
Normenkette:
FlurbG § 51, § 59 Abs. 2, § 64, § 134 Abs. 2
Leitsätze:
1. Nach Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung (§ 63 Abs. 1 FlurbG) kommt die Festsetzung von Ansprüchen nach § 51 FlurbG im Flurbereinigungsplan nur noch unter den Voraussetzungen des § 64 FlurbG in Betracht. (Rn. 42)
2. Der Teilnehmer hat nach § 51 FlurbG einen Anspruch auf Ausgleich vorübergehender Nachteile. In welcher Art und Weise der Ausgleich erfolgt, entscheidet die Flurbereinigungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. (Rn. 62)
Schlagworte:
Zusammenlegungsverfahren, Nachteilsausgleich, Vorzeitige Ausführungsanordnung, Einwendungen gegen den Flurbereinigungsplan, Nachsichtgewährung (verneint), vorzeitige Ausführungsanordnung, Nachsichtgewährung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38937
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger ist Teilnehmer des mit Beschluss vom 7. Juli 2003 angeordneten beschleunigten Zusammenlegungsverfahrens K. Mit seiner Klage begehrt er den Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG).
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1. Am 16. März 2009 stellte der erweiterte Vorstand der Teilnehmergemeinschaft Zusammenlegung K. (im Folgenden: TG) die Ergebnisse der Wertermittlung fest. Der Kläger erhob hiergegen am 2. Oktober 2012 Widerspruch, am 7. April 2013 Klage. Am 20. Oktober 2016 erkannte die TG im Rahmen einer gerichtlichen Einigung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - Flurbereinigungsgericht - nach Anpassung der Ergebnisse der Wertermittlung zugunsten des klägerischen Besitzstands eine Forderungsmehrung in Höhe von 2.524 Wertverhältniszahlen (WVZ) an. Trotz dieses Vergleichs kam es in Bezug auf die Wertermittlung zu weiteren Rechtsstreitigkeiten. Zuletzt war noch ein Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 13 A 21.2406 anhängig.
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Am 19. Januar 2016 beschloss der Vorstand der TG den Zusammenlegungsplan. Dieser wurde ab 9. März 2016 öffentlich ausgelegt. Am 24. März 2016 fand der Anhörungstermin des Klägers statt. In der Folge legte der Kläger Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan ein. Ansprüche auf Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 FlurbG machte er nicht geltend. Der Vorstand der TG behandelte den Widerspruch am 29. August 2016 und half ihm teilweise ab. Dem Kläger, der zu diesem Termin nicht erschienen war, wurde das Ergebnis der Widerspruchsbehandlung mit Schreiben vom 20. September 2016 mitgeteilt. Da keine Rückäußerung erfolgte, legte die TG den Widerspruch dem Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken (ALE) zur Entscheidung vor. Am 21. Juni 2017 erhob der Kläger schließlich in Bezug auf den Zusammenlegungsplan Untätigkeitsklage gegen die TG, bei Gericht zuletzt geführt unter dem Aktenzeichen 13 A 21.2357.
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Am 28. Mai 2018 ordnete das ALE die vorzeitige Ausführung des Zusammenlegungsplans mit Wirkung vom 1. Juli 2018 sowie die sofortige Vollziehung an. Mit Eingang beim ALE am 2. Juli 2018 erhob der Kläger Widerspruch und am 4. März 2019 Untätigkeitsklage gegen die vorzeitige Ausführungsanordnung. Er sehe sich durch diese beschwert und in seinen Rechten belastet. Die Klage wurde bei Gericht zuletzt geführt unter dem Aktenzeichen 13 A 21.2325.
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Am 14. Mai 2019 kam es zwischen dem Kläger und der TG zu einer außergerichtlichen Einigung, in der der Kläger gegenüber der TG im Gegenzug gegen mehrere Zusagen erklärte, dass „sämtliche Rechtsstreitigkeiten im Verfahren (die anhängigen Widersprüche und Klagen gegen die Wertermittlung, den Zusammenlegungsplan und die vorzeitige Ausführungsanordnung) erledigt“ sind. Der Vorstand der TG stimmte der Erklärung mit Beschluss vom 13. Juni 2019 zu.
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2. Mit Schreiben an den Vorsitzenden des Spruchausschusses vom 10. Januar 2020, dort eingegangen am 13. Januar 2020, beantragte der Kläger den Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 FlurbG. Er nahm in dem Antrag Bezug auf sein Schreiben vom 29. April 2019, mit dem er die Frage der Nachteilsausgleichsansprüche angesprochen habe, sowie auf ein im Rahmen der Vergleichsverhandlungen vom 14. Mai 2019 geführtes Gespräch, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass dieser Anspruch nicht im Zusammenhang mit den Vergleichsverhandlungen stehe, sondern insoweit ein neuer Antrag zu stellen sei. Später konkretisierte und bezifferte der Kläger seinen Antrag wie folgt:
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1) Es stehe ihm ein Ausgleich für eine vorübergehend minderwertige Abfindung zu.
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Es habe vom Wirtschaftsjahr 2010 bis zum gerichtlichen Vergleich vom 20. Oktober 2016, der sich ab dem Wirtschaftsjahr 2017 auswirke, aufgrund fehlerhafter Wertermittlung eine minderwertige Abfindung in Höhe von 2.524 WVZ vorgelegen. Unter Berücksichtigung des Parallelfalls einer ihm bekannten Klägerin, die einen Ausgleich von 900 EUR je Hektar (ha) und Jahr ausgehend von einer Durchschnittswertzahl (DWZ) vom 15,7 erhalten habe, beziffere er seinen ins Verhältnis gesetzten Anspruch auf:
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2.524 WVZ : 15.700 WVZ/ha x 900 EUR/Jahr x 7 Jahre = 1.008 EUR
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Weiter habe vom Wirtschaftsjahr 2010 bis zu dem infolge der Erklärung vom 14. Mai 2019 ab dem Wirtschaftsjahr 2020 vorgenommenen Ausgleich eine minderwertige Abfindung in Höhe von 6.608 WVZ vorgelegen. Hintergrund seien einerseits als Dauergrünland bewertete ackerfähige Einlagegrundstücke, andererseits Wertunterschiede zwischen dem hiesigen Zusammenlegungsverfahren K. und dem benachbarten Flurbereinigungsverfahren Markt N. Nach dem bereits dargelegten Vergleichsmaßstab würden die Ansprüche beziffert auf:
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6.608 WVZ : 15.700 WVZ/ha x 900 EUR/Jahr x 10 Jahre = 3.780 EUR
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2) Sein Gesamtbetrieb habe in den Wirtschaftsjahren 2010 und 2011 erneut auf Öko-Bewirtschaftung umgestellt werden müssen. Der Betrieb habe ausschließlich Futter erzeugt und der gesamte Aufwuchs sei verfüttert worden. Durch das Zusammenlegungsverfahren sei das Flächenverhältnis zwischen den wieder zugeteilten öko-zertifizierten Flächen und neu zugeteilten nicht zertifizierten Flächen soweit in Richtung letzterer verschoben worden, dass das erzeugte Futter auf den wieder zugeteilten Flächen nicht mehr mit dem Futter auf den neu zugeteilten Flächen habe gestreckt werden können. Daher habe sich der Gesamtbetrieb (erneut) in Umstellung befunden. Die Molkerei habe nicht zu einer Öko-Molkerei gewechselt werden können. Ein Umstellungsbetrieb habe nach den einschlägigen Förderprogrammen aber eine höhere Förderung als ein bereits für den Ökobetrieb zertifizierter Betrieb erhalten. Es stehe ihm daher ein Ausgleich zwischen der Höhe der damaligen Förderung bei Umstellung und der an ihn ausbezahlten, niedrigeren Förderung für einen umgestellten Betrieb zu. Dies betreffe zwei Wirtschaftsjahre als Umstellungszeit und die gesamte Fläche. Abzüglich einer Stilllegungsfläche von ca. 5 ha habe er 2010 und 2011 auf ca. 15 ha Futter erzeugt, das allesamt an seine Rinder verfüttert worden sei. Für die Umstellung eines Betriebs sei damals eine um 70 EUR je Hektar höhere Förderung bezahlt worden, als für einen bereits umgestellten Betrieb. Dies ergebe folgenden auszugleichenden Nachteil:
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[15] ha x 70 EUR/Jahr x 2 Jahre = 2.100 EUR
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3) Ein weiterer Ausgleichsanspruch ergebe sich aufgrund der durch die Zusammenlegung bedingten Abgabe in vollem Ertrag stehender Flächen und der erforderlich gewordenen Neuansaat von Ersatzflächen. Daraus habe sich ein Ertragsausfall ergeben. Im Wirtschaftsjahr 2009 hätten sich in seinen Einlagen mehr als 5,0 ha Ackerland mit etablierter Grünlandeinsaat befunden, die er habe ersetzen müssen. Werde Ackerland in Grünland umgewandelt, sei im Ansaatjahr teilweise mit überhaupt keinem Ertrag und mit Nachsaat zu rechnen. Als Ertragsausfall würden für zwei Jahre je Hektar mindestens 15 Rundballen/Jahr zu je 1,75 dt und 12 EUR/dt Heu bei konventionellem Heu zu Grunde gelegt. Tatsächlich sei das Erzeugnis sogar als zertifiziertes Ökofutter gelistet gewesen. Die Berechnung ergebe:
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2 Jahre x 15 Rundb./Jahr x 1,75 dt/Rundb. x 12 EUR/dt. x 5,0 ha = 3.150 EUR
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4) Schließlich habe sich auf dem Abfindungsflurstück 2488 durch Herausnahme und Verfüllung einer Rohrleitung nach dem Zeitpunkt der Wertermittlung eine höhere und großflächige Vernässung auf einem Teil des Abfindungsflurstücks und damit ein mehr als zehn Jahre andauernder Nachteil für ihn ergeben, der erst verspätet infolge des Vergleichs vom 14. Mai 2019 wieder beseitigt worden sei. Dies betreffe eine Fläche von 0,4 ha, wobei der Acker vom Vorbesitzer ohne das Rohr als nicht bestellbar bewertet worden sei. Es werde daher ein Nässeabschlag von - 8N anstelle der in der Wertermittlung festgelegten -2N, also ein Nachteil in Höhe der Differenz von 6N, angesetzt. Der Nachteil berechne sich daher wie folgt:
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6000 WVZ/ha x 0,4 ha = 2.400 WVZ;
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2.400 WVZ : 15700 WVZ/ha x 900 EUR/Jahr x 11 Jahre = 1.513 EUR
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Der Spruchausschuss leitete den Antrag „zuständigkeitshalber“ an die TG weiter. Deren Vorstandsvorsitzender stellte in der Folge die Behandlung der Ausgleichsanträge aufgrund der Corona-Pandemie zunächst zurück und erklärte, der Kläger müsse die geltend gemachten Nachteile einzeln nachweisen und könne nicht pauschal auf Dritte Bezug nehmen.“
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Am 2. September 2021 wurde der Antrag des Klägers im Vorstand der TG abschlägig behandelt. Am 30. September 2021, dem Kläger zugestellt am 2. Oktober 2021, lehnte das ALE unter Berücksichtigung der Behandlung in der TG den Antrag des Klägers nach § 51 FlurbG ab. Inhaltlich führte das ALE zur Begründung im Wesentlichen aus:
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Die Voraussetzungen des § 64 FlurbG für eine Änderung des Zusammenlegungsplans, dessen vorzeitige Ausführung angeordnet worden sei, lägen nicht vor. Insbesondere seien keine wichtigen, nicht vorherzusehenden wirtschaftlichen Bedürfnisse des Klägers im Sinne der Vorschrift gegeben, die die Änderung des Zusammenlegungsplans erforderten. Bei dem Ausgleich nach § 51 FlurbG gehe es um lediglich vorübergehende Nachteile. Hätte ein solcher im Rahmen der Vorschrift geltend gemachter Nachteil Einfluss auf die Wirtschaftsführung des fraglichen Betriebs, so wäre dieser kaum rentabel und wirtschaftlich kaum fortführbar. Ansprüche nach § 51 FlurbG könnten zwar nach der Rechtsprechung auch nach Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung geltend gemacht werden, soweit sie danach entstanden seien oder danach noch andauerten, und soweit sie nicht vorhersehbar gewesen seien. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche allerdings seien für diesen seit langem bekannt gewesen, teilweise seit 2010 und damit deutlich vor dem Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung. Somit verbleibe lediglich ein möglicher Anspruch auf Ausgleich eines vorübergehenden Minderwerts der Abfindung seit der vorzeitigen Besitzeinweisung bis zur Umsetzung des Vergleichs vom 14. Mai 2019 durch Mehrausweisung ohne Geldausgleich in Höhe von 6.608 WVZ ab dem Jahr 2020. Unter Berücksichtigung der Durchschnittswertzahl der Abfindung des Klägers könne hieraus eine Fläche von 0,4754 ha errechnet werden, die somit dem Kläger seit der vorläufigen Besitzeinweisung bis zum Ende des Jahres 2019 nicht zur Verfügung gestanden habe. Zugleich habe die TG dem Kläger ab 2010 bis 2019 Flächen zur pachtkostenfreien Nutzung überlassen. Der Umfang sei mit 1,1648 ha von 2010 bis 2012, von 0,6748 ha von 2013 bis 2014, 0,9808 ha von 2015 bis 2018 und 0,4459 ha für 2019 zu beziffern. Der Kläger habe durch die kostenfreie Nutzung dieser Flächen bereits einen Ausgleich erhalten. Die Ausgleichsforderung sei übererfüllt. Ein Anspruch nach § 51 FlurbG stehe dem Kläger nicht mehr zu, sodass der Antrag auf Änderung des Zusammenlegungsplans abzulehnen sei.
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Am 12. November 2021 fand zu dem ablehnenden Bescheid ein Anhörungstermin statt, mit Eingang am 25. November 2021 erhob der Kläger Widerspruch. Eine Begründung des Widerspruchs ist bislang nicht erfolgt.
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3. Bereits am 16. März 2021 hatte der Kläger die vorliegende Untätigkeitsklage erhoben, mit der er den Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 FlurbG weiterverfolgt. Nach Beklagtenwechsel in der mündlichen Verhandlung ist die zunächst gegen die TG erhobene Klage zuletzt gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das ALE, gerichtet.
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Zur Begründung hat der Kläger schriftlich und im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, es gehe ihm um einen Ausgleich für „vorübergehende Nachteile, Bio-Ausgleich usw.“, den die TG nicht gewähren wolle. Anderen Teilnehmern sei ein Ausgleich von Amts wegen gewährt worden. Es gelte insoweit der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Man dürfe sich auf Aussagen der TG in öffentlichen Veranstaltungen verlassen. Er müsse ebenso behandelt werden wie Teilnehmer in anderen Verfahren. Weiter hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er einen Antrag auf Stundung bei der TG gestellt habe, der gleichwertig mit dem Schadenersatzanspruch sei. Der Kläger hat zudem zwei Beweisanträge zum Beweis der Tatsache, dass in anderen Fällen ein Ausgleich nach § 51 FlurbG ohne entsprechenden Antrag gewährt worden sei, gestellt. Die Beweisanträge sind mit Beschluss des Senats vom 1. Dezember 2022 mangels Entscheidungserheblichkeit abgelehnt worden.
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Zuletzt hat der Kläger sinngemäß beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, den Zusammenlegungsplan entsprechend seinem Antrag zu ändern und den Nachteilsausgleich wie beantragt festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt
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Die gegen die Wertermittlung und den Zusammenlegungsplan gerichteten Klageverfahren (13 A 21.2406 und 13 A 21.2357) wurden nach Klagerücknahmen vom 27. September 2022 mit Beschlüssen des Senats vom 24. Oktober 2022 und 7. November 2022 eingestellt.
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Am 1. Dezember 2022 ist in der Sache mündlich verhandelt worden. Das Klageverfahren betreffend die vorzeitige Ausführungsanordnung vom 28. Mai 2018 (13 A 21.2325) wurde nach Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung eingestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Der vom Kläger am 1. Dezember 2022 erklärte Beklagtenwechsel, der einen Fall der Klageänderung darstellt (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 91 Rn. 20, 22), war nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 91 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig, da die TG als frühere Beklagte und der Freistaat Bayern, vertreten durch das ALE, als neuer Beklagter der Änderung ausdrücklich zugestimmt haben.
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2. Die Klage ist zulässig.
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Die ursprüngliche Klage war als Untätigkeitsklage nach § 142 Abs. 2 FlurbG statthaft und ist unter Einhaltung der dort im Einzelnen geregelten Fristen erhoben worden.
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Zur Anwendung kommt vorliegend die Jahresfrist des § 142 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 FlurbG, weil bei dem Anspruch nach § 51 FlurbG eine Änderung des Zusammenlegungsplans in Rede steht. Der Ausgleich nach § 51 FlurbG wird im Flurbereinigungsplan oder in einem Nachtrag als Verwaltungsakt der Flurbereinigungsbehörde festgesetzt (BVerwG, U.v. 14.11.1961 - I C 117.59 - RdL 1962, 106; BayVGH, U.v. 1.3.2007 - 13 A 06.854 - juris m.w.N.). Damit liegt ein Fall des § 59 Abs. 2, § 92 Abs. 2 FlurbG vor. Die Jahresfrist des § 142 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 FlurbG begann mit Eingang des Antrags beim ALE am 13. Januar 2020 zu laufen, sie war bei Einreichung der Untätigkeitsklage am 16. März 2021 verstrichen. Die Klageerhebung erfolgte dann innerhalb der Dreimonatsfrist des § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG. Die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage wird auch durch den inzwischen ergangenen Ablehnungsbescheid des ALE vom 30. September 2021 nicht beseitigt. Im Falle einer Untätigkeitsklage wird das Verfahren in diesen Fällen unter Einbeziehung des Bescheids bzw. Widerspruchsbescheids fortgeführt (zu § 75 VwGO: BVerwG, B.v. 27.9.2021 - 10 B 4.20 - juris Rn. 8; Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Auflage 2018, § 142 Rn 19 m.w.N.; Wöckel in Eyermann a.a.O. § 75 Rn. 18, 20).
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Auch die Einigungserklärung vom 14. Mai 2019 steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Der Kläger hat darin zwar gegenüber der TG erklärt, „sämtliche Rechtsstreitigkeiten in dem Verfahren (die anhängigen Widersprüche und Klagen gegen die Wertermittlung, den Zusammenlegungsplan und die vorzeitige Ausführungsanordnung)“ seien erledigt. Dies bezog sich mit der Bezugnahme auf „anhängige“ Rechtsstreitigkeiten aber schon dem Wortlaut nach ersichtlich nur auf damals bereits laufende und nicht auf alle denkbaren zukünftigen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten.
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3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung des Zusammenlegungsplans und Festsetzung des von ihm begehrten Ausgleichs vorübergehender Nachteile (§ 144, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Nach erfolgtem Beklagtenwechsel ist die Klage zunächst zutreffend gegen den Beklagten als Träger des ALE gerichtet (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 2 Abs. 2 Satz 2 FlurbG, Art. 1 Abs. 3 Ausführungsgesetz zum Flurbereinigungsgesetz - AGFlurbG), weil nach der am 28. Mai 2018 mit Wirkung zum 1. Juli 2018 erlassenen und für sofort vollziehbar erklärten vorzeitigen Ausführungsanordnung nicht mehr die TG, sondern gemäß Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 AGFlurbG alleine das ALE als Behörde des Freistaats berechtigt ist, den Zusammenlegungsplan zu ändern und den begehrten Nachteilsausgleich festzusetzen (BayVGH, U.v. 14. 5. 2019 - 13 A 18.2041 - juris Rn. 15; U.v. 20.11.1980 - 13 A 1622/79 - RdL 1983, 176; Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 64 Rn. 9; Linke in Linke/Mayr, Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes, 2012, Art. 1 Rn. 9, Art. 2 Rn. 10).
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Die gesetzlichen Voraussetzungen für die begehrte Änderung des Zusammenlegungsplans und Festsetzung des begehrten Nachteilsausgleichs nach § 51 Abs. 1 FlurbG liegen aber nicht vor. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sind überwiegend bereits gesperrt durch § 64 FlurbG (dazu sogleich 3.1), insgesamt wegen verspäteter Geltendmachung nach § 59 Abs. 2 FlurbG präkludiert (dazu sogleich 3.2 und 3.3) und im Übrigen teilweise bereits erfüllt (dazu sogleich 3.4).
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3.1. Zunächst fehlt es überwiegend am Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des § 64 Satz 1 FlurbG für die erforderliche Änderung des Zusammenlegungsplans.
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3.1.1. Nach § 51 Abs. 1 FlurbG (hier i.V.m. § 98 FlurbG) sind ein vorübergehender Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung sowie andere vorübergehende Nachteile einzelner Teilnehmer, die das Maß der den übrigen Teilnehmern entstehenden gleichartigen Nachteile erheblich übersteigen, durch Geld oder in anderer Art auszugleichen. § 51 FlurbG gibt dabei einen selbständigen Anspruch, der von den Abfindungsansprüchen unabhängig ist und auf diese nicht angerechnet wird. Der Ausgleich wird im Flurbereinigungsplan, vorliegend dem Zusammenlegungsplan, oder in einem Nachtrag dazu als Verwaltungsakt der Flurbereinigungsbehörde festgesetzt (BVerwG, U.v. 14.11.1961 - I C 117.59 - RdL 1962, 106; BayVGH, U.v. 1.3.2007 - 13 A 06.854 - juris m.w.N.). Nach der Ausführungsanordnung (§ 61, § 63 FlurbG) kann der Flurbereinigungsplan nach § 64 Satz 1 FlurbG geändert oder ergänzt werden, wenn öffentliche Interessen oder wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten es erfordern oder wenn eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird. Auch eine Planänderung zur Festsetzung eines möglichen Anspruchs nach § 51 FlurbG ist nach Erlass einer Ausführungsanordnung nur unter den Voraussetzungen des § 64 FlurbG möglich (BayVGH, U.v. 20.11.1980 - 13 A 1622.79 - RdL 1983, 176). Mit dem Stichtag der Ausführungsanordnung erlischt die umfassende Planänderungsbefugnis nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG. Es verbleibt dann nur die eng begrenzte Änderungsbefugnis des § 64 FlurbG, die auf unumgänglich gewordene Plankorrekturen bei Vorliegen der im Einzelnen angeführten, besonders gewichtigen Interessen beschränkt ist (BVerwG, U.v. 25.4.1989 - 5 C 41.84 - RdL 1989, S.183 - RzF 24 zu § 64 FlurbG m.w.N.). Im Interesse der Beschleunigung, der Rechtssicherheit und des Bestandsschutzes ist dabei § 64 FlurbG eng auszulegen. Die Anknüpfung an eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung als Alternative zeigt, wie intensiv das Korrekturerfordernis auch bei den anderen Alternativen der Vorschrift sein muss. Bedürfnisse, die schon bei der Planaufstellung, im Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen die Landabfindung erkennbar waren, rechtfertigen § 64 FlurbG nicht (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 64 Rn. 2, 6). Mit Blick auf Ansprüche nach § 51 Abs. 1 FlurbG hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass solche auch nach dem Eintritt des neuen Rechtsstands (§ 61 Satz 2 FlurbG) bestehen können, wenn Nutzungsbeeinträchtigungen über die vorbezeichneten Zeitpunkte hinaus fortbestehen oder andauern (BVerwG, U.v. 24.6.1982 - 5 C 20.80 - juris Rn. 36).
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3.1.2. Hier trat die Wirksamkeit der für sofort vollziehbar erklärten vorzeitigen Ausführungsanordnung (§ 63 Abs. 1 FlurbG) vom 28. Mai 2018 am 1. Juli 2018 ein. Der Kläger hat den Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 FlurbG am 13. Januar 2020 und damit nach Wirksamkeit der vorzeitigen Ausführungsanordnung beantragt. Die zu einer Änderung des Zusammenlegungsplans auch nach dem Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung berechtigenden Tatbestandsvoraussetzungen des danach maßgeblichen § 64 Satz 1, § 92 Abs. 2 FlurbG liegen jedoch überwiegend nicht vor:
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Zunächst sind keine öffentlichen Interessen ersichtlich, die im Sinne der Vorschrift eine Änderung des Zusammenlegungsplans erfordern würden. Eine Änderungsbefugnis aus öffentlichen Interessen wurde in der Rechtsprechung des Senats davon abhängig gemacht, dass der Bestand des Flurbereinigungsplanes wegen fehlender Übereinstimmung des Planungswillens mit den Flurbereinigungsausarbeitungen oder der Bestandteile des Flurbereinigungsplanes untereinander in Frage gestellt war, die Durchsetzung des Planungswillens eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplanes erforderte, oder die Verteilung des Masselandes als Voraussetzung des Erlöschens der TG mit der Schlussfeststellung notwendig war (BayVGH, U.v. 1.3.2001 - 13 A 00.3230 - juris Rn. 29; B.v. 11.3.1999 - 13 AS 98.3419 - RzF 28 zu § 64; U.v. 13.10.1977 - 215 XIII 75 - RdL 1978, 181). Alleine das öffentliche Interesse an einem rechtmäßigen Verwaltungshandeln ist in ständiger Rechtsprechung nicht für ausreichend erachtet worden. Nicht jeder Fehler des Flurbereinigungsplans führt mithin zur Anwendbarkeit der Änderungsbefugnis des § 64 FlurbG, vielmehr muss das öffentliche Interesse die ändernde Regelung „erfordern“, damit die durch die Ausführungsanordnung herbeigeführte Rechtssicherheit nach § 64 FlurbG durchbrochen werden kann (BayVGH, U.v. 1.3.2001 - 13 A 00.3230 - juris Rn. 31). Für eine derartige herausgehobene Fehlerhaftigkeit oder Ergänzungsbedürftigkeit, die eine Korrektur aus einem unumgänglichen öffentlichen Interesse erfordern würde, ist vorliegend nichts vorgetragen, noch bestehen hierfür Anhaltspunkte. Weiter ist auch keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt geworden, die zu einer Änderung des Flurbereinigungsplans zwingen würde.
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Die begehrte Änderung des Zusammenlegungsplans ist schließlich jedenfalls überwiegend auch nicht durch wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse des Klägers erforderlich geworden.
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Denn vorliegend fehlt es - mit Ausnahme des begehrten Ausgleichs für eine sich aus der Erklärung vom 14. Mai 2019 ergebende vorübergehend nicht gleichwertige Abfindung - bereits an der von § 64 Satz 1 FlurbG vorausgesetzten Unvorhersehbarkeit der wichtigen wirtschaftlichen Bedürfnisse im Zeitpunkt der Ausführungsanordnung. Grundsätzlich ist dabei die Vorhersehbarkeit durch die Flurbereinigungsbehörde maßgeblich, wobei aber die Beteiligten im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht ihre Bedürfnisse zeitnah an die Behörde heranzutragen haben. Im Ergebnis ist daher auf denjenigen abzustellen, der eine Änderung begehrt, weil er es sich zurechnen lassen muss, wenn die fehlende Vorhersehbarkeit für die Flurbereinigungsbehörde auf einer Verletzung seiner Mitwirkungspflicht beruht (BVerwG, U.v. 26.3.1981 - 5 C 67.79 - RdL 1981, 180 - juris Rn. 23; OVG Koblenz, U.v. 24.11.2010 - 9 C 10549/10.OVG - RzF 34 zu § 64 FlurbG m.w.N.). Die den von ihm vorgetragenen Ansprüchen zu Grunde liegenden Sachverhalte kannte der Kläger überwiegend bereits lange vor dem Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung am 28. Mai 2018 und er hätte seine Nachteile beziffert an die TG herantragen können und müssen. Dies gilt zunächst für die auf die Verhältnisse in den Wirtschaftsjahren 2010 und 2011 abstellenden Ansprüche, einerseits wegen erneuter Umstellung des Betriebs auf Öko-Produktion, andererseits wegen Neuansaat auf Abfindungsflächen, ebenso aber auch für die am 20. Oktober 2016 durch gerichtlichen Vergleich für die Beteiligten geklärte vorübergehend in Höhe von 2.524 WVZ unzureichende Abfindung aufgrund von Fehlern in der Wertermittlung. Schließlich war dem Kläger, der insoweit auch vorübergehende Nachteile seit dem Jahr 2010 vorgetragen hat, auch die vorgetragene zusätzliche Vernässung eines Teils des Abfindungsflurstücks 2488 nach der Wertermittlung durch Herausnahme und Verfüllung einer Rohrleitung, bereits lange vor Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung bekannt.
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Lediglich mit Blick auf den vom Kläger begehrten Ausgleich wegen vorübergehenden Minderwerts der Abfindung in Höhe von 6.608 WVZ infolge der Erklärung vom 14. Mai 2019 bestand keine Vorhersehbarkeit im Sinne von § 64 Satz 1 FlurbG. Insoweit hatte der Kläger vollständige Kenntnis von dem anspruchsbegründenden Sachverhalt und damit die Möglichkeit, diesen bei der TG beziffert geltend zu machen, erst mit Beschluss des Vorstands der TG am 13. Juni 2019 und damit nach Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung am 28. Mai 2018. Insoweit ist der Anspruch allerdings jedenfalls wegen verspäteter Geltendmachung nach § 59 Abs. 2 FlurbG präkludiert (dazu sogleich 3.2 und 3.3).
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Nach § 64 Satz 1 FlurbG müssen daneben wichtige wirtschaftliche Bedürfnisse eine Planänderung erfordern. Derartige wichtige wirtschaftliche Bedürfnisse im Sinne der Vorschrift sind nur betriebswirtschaftliche Erfordernisse (OVG Koblenz, U.v. 2.2.1972 - 3 C 47/71 - AgrarR 1974 S. 53 = RzF 6 zu § 64 FlurbG; OVG Lüneburg, U.v. 17.5.1993 - 15 K 8216/91 - RzF 26 zu § 64 FlurbG; Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 64 Rn. 5). Es muss sich um echte betriebswirtschaftliche Erfordernisse handeln, die aus objektiven Umständen heraus auf die Wirtschaftsführung des Betriebes oder die Bewirtschaftung einzelner Grundstücke einen bestimmenden Einfluss haben (OVG Koblenz a.a.O.). So handelt es sich etwa bei möglichen Bewirtschaftungsnachteilen eines Abfindungsflurstücks gegenüber dem Einlageflurstück um betriebswirtschaftliche Erfordernisse, die als wirtschaftliche Bedürfnisse grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 64 FlurbG unterfallen können (BayVGH, U.v. 8.12.2016 - 13 A 15.2546 - juris Rn. 18 - RzF 38 zu § 64 FlurbG; Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 64 Rn. 5). Vorliegend kann offenbleiben, ob wichtige wirtschaftliche Bedürfnisse im Sinne der Vorschrift im Fall des Klägers gegeben sind, denn die von ihm geltend gemachten Ansprüche einschließlich des Ausgleichs aufgrund vorübergehend minderwertiger Abfindung infolge der Erklärung vom 14. Mai 2019 sind unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 FlurbG präkludiert (siehe 3.2. und 3.3).
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3.2. Die Änderung des Zusammenlegungsplans zur Festsetzung von Ansprüchen des Klägers auf Ausgleich vorübergehender Nachteile ist nach § 59 Abs. 2 i.V.m. § 134 Abs. 2, Abs. 3 FlurbG ausgeschlossen, weil der Kläger diese Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht hat.
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3.2.1. Der selbständige Anspruch des § 51 Abs. 1 FlurbG wird im Flurbereinigungsplan, vorliegend dem Zusammenlegungsplan, oder in einem Nachtrag dazu als Verwaltungsakt der Flurbereinigungsbehörde festgesetzt und muss daher nach dem Anhörungstermin mit Widerspruch gemäß § 59 Abs. 2, Abs. 5 FlurbG, Art. 15 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AGFlurbG ausdrücklich geltend gemacht werden. Sonst kann er mangels Vorverfahren nicht mehr in einem Prozess geltend gemacht werden (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 51 Rn. 17). Rügt der Beteiligte nicht alle ihn betreffenden Ansprüche, ist er präkludiert, soweit es sich dabei wie bei § 51 FlurbG um selbständige Ansprüche handelt (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 51 Rn. 17, § 59 Rn. 10; Kauch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Auflage 2022, § 59 FlurbG Rn. 2; § 51 FlurbG Rn. 2). Sind die fraglichen vorübergehenden Nachteile bei Planbekanntgabe weder entstanden noch absehbar, so gilt § 134 Abs. 2 FlurbG (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 59 Rn. 11).
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3.2.2. Der Kläger hat die Ansprüche auf Ausgleich vorübergehender Nachteile nicht wie erforderlich rechtzeitig mit dem Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan geltend gemacht. Er hat zwar im April 2016 gegen den am 19. Januar 2016 im Vorstand der TG beschlossenen Zusammenlegungsplan Widerspruch erhoben. Ansprüche auf Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 Abs. 1 FlurbG blieben jedoch im Widerspruchsschreiben und auch in späteren Begründungen unerwähnt und waren demzufolge auch nicht Gegenstand der Widerspruchsbehandlung im Vorstand der TG am 19. August 2016. Erstmals schriftlich thematisiert hat der Kläger die Ansprüche auf Ausgleich vorübergehender Nachteile mit Schreiben vom 29. April 2019 im Vorfeld der Verhandlungen zur Einigungserklärung vom 14. Mai 2019, tatsächlich konkret beantragt hat er sie erst mit Schreiben vom 10. Januar 2020.
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Die auf die Wirtschaftsjahre 2010 und 2011 zurückgehenden vom Kläger vorgetragenen Ansprüche wegen erforderlich gewordener Neuansaat und wegen erneuter Umstellung des Betriebs auf ökozertifizierte Landwirtschaft waren aber bereits ab der vorläufigen Besitzeinweisung bekannt und hätten, nachdem sie nicht im Zusammenlegungsplan festgesetzt worden waren, mithin nach § 59 Abs. 2 FlurbG mit Widerspruch gegen den Plan geltend gemacht werden müssen. Auch die Vernässung eines Teils des Abfindungsgrundstücks 2488 aufgrund einer nach der Wertermittlung erfolgten Herausnahme und Verfüllung eines Rohrs war, wenngleich Beeinträchtigungen bis in die jüngste Zeit fortgedauert haben sollen, im Zeitpunkt des Anhörungstermins zum Zusammenlegungsplan im Jahr 2016 bekannt.
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3.2.3. Hinsichtlich der übrigen, später bekannt gewordenen Ansprüche war auch keine Nachsicht nach § 134 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 FlurbG zu gewähren.
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Auch wenn zwar grundsätzlich die sich aus § 59 Abs. 2 FlurbG ergebende Präklusion (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 59 Rn. 11; Kauch in Düsing/Martinez a.a.O. § 51 FlurbG Rn. 2) besteht, kann die Flurbereinigungsbehörde nach Lage des Einzelfalles spätere Erklärungen trotz Versäumnis zulassen (§ 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG). Sie muss nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG die verspätete Erklärung bzw. Anträge oder Widersprüche trotz Versäumung einer gesetzlichen Frist zulassen, wenn diese bei unverschuldeter Versäumung unverzüglich nach Behebung des Hindernisses nachgeholt wird. „Unverzüglich“ erfordert insoweit für das Nachholen der Erklärung eine kürzere als die in § 60 Abs. 2 Satz 1 FlurbG vorgesehene 2-Wochen-Frist. Die Erklärung gilt dann als fristgerecht abgegeben (BayVGH, U.v. 21.1.1999 - 13 A 98.300 - RzF 22 zu § 60 Abs. 1 FlurbG; Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 134 Rn. 8).
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Die Nachteilsausgleichsansprüche wegen vorübergehend nicht gleichwertiger Landabfindung bezogen zum einen auf den gerichtlichen Vergleich vom 20. Oktober 2016 zur Wertermittlung (in Höhe von 2.524 WVZ), zum anderen auf die Erklärung vom 14. Mai 2019 (in Höhe von 6.608 WVZ) konnte der Kläger zwar nicht bereits in seinem Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan geltend machen, da die Anspruchsvoraussetzungen damals noch nicht vollständig bekannt waren. Sein Antrag vom 10.Januar 2020 auf Ausgleich der vorübergehenden Nachteile nach § 51 Abs. 1 FlurbG war aber nicht im Wege der Nachsicht nach § 134 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 FlurbG zuzulassen. Denn die Nachholung der Geltendmachung mit diesem Antrag ist sowohl mit Blick auf mögliche Ansprüche infolge des Vergleichs vom 20. Oktober 2016 als auch infolge der Erklärung vom 14. Mai 2019 nicht mehr „unverzüglich“ im Sinne der Vorschrift erfolgt. Der Kläger hatte die für die Nachholung erforderlichen Kenntnisse jeweils mit Abschluss der Vereinbarungen und hätte den Antrag somit jeweils in engem zeitlichen Zusammenhang hierzu stellen müssen, um in den Genuss der zwingenden Nachsichtgewährung des § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG zu kommen. Er hat den Antrag auf Ausgleich vorübergehender Nachteile jedoch erst mehr als drei Jahre nach Abschluss des Vergleichs vom 20. Oktober 2016 und knapp sieben Monate nach Abschluss des Vergleichs vom 14. Mai 2019 bzw. 13. Juni 2019 gestellt. Damit scheidet eine Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG aus.
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3.2.4. Gründe für eine Gewährung von Nachsicht im Ermessenswege nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG sind vorliegend ebenfalls nicht gegeben.
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Nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG kann die Flurbereinigungsbehörde nach Lage des einzelnen Falles spätere Erklärungen trotz Versäumung zulassen. Gesichtspunkte, die zu einer Nachsichtgewährung im Ermessenswege nach dieser Vorschrift führen müssten, wurden jedoch weder im Behördenverfahren noch im Klageverfahren vorgetragen. Bei der erforderlichen Interessenabwägung, ob Nachsicht zu gewähren ist, muss zunächst in den Blick genommen werden, dass der Kläger mit der teilweise jahrelangen Verspätung der Geltendmachung seiner Nachteilsausgleichsansprüche die erforderliche Sorgfalt eines verantwortungsbewussten Teilnehmers bei der Durchsetzung seiner eigenen Belange nicht gewahrt hat (vgl. hierzu Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 134 Rn. 5). Eine offenbare unbillige Härte, die dem Kläger wegen Fehlerhaftigkeit des Zusammenlegungsplans entstehen könnte (vgl. BayVGH, U.v. 1.3.2001 - 13 A 00.3039 - juris Rn. 23), ist zudem nicht ersichtlich. Dies gilt hinsichtlich des aus der Erklärung vom 14. Mai 2019 abgeleiteten Anspruchs umso mehr, als bereits im Jahr 2018 die vorzeitige Ausführung des Zusammenlegungsplans nach § 63 FlurbG angeordnet worden war und dem Kläger bewusst sein musste, dass er gehalten war, schnellstmöglich zu handeln, wollte er mögliche Ansprüche nicht gefährden. Denn nach der gesetzlichen Konzeption gewinnt der - auch in der Abwägung nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG zu berücksichtigende - Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung und Rechtssicherheit in dem Zeitpunkt, in dem der neue Rechtszustand bereits an die Stelle dies bisherigen getreten ist (§ 61 Satz 2 FlurbG), an zusätzlichem Gewicht (vgl. § 64 FlurbG). Bei der Interessenabwägung im Rahmen von § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ist schließlich auch der Ausgleich in Form der kosten- und pachtfreien Nutzung von Flächen der TG zu berücksichtigen, den der Kläger nach der im Klageverfahren unwidersprochen gebliebenen Darstellung im ablehnenden Bescheid des ALE vom 30. September 2021 bereits erhalten hat (siehe dazu auch unten). Auch dies steht der Annahme einer unbilligen Härte und damit letztlich einer Nachsichtgewährung entgegen.
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3.3. Nicht durchdringen kann der Kläger weiter mit seinem schriftlich und im Rahmen der mündlichen Verhandlung wiederholten Verweis auf den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und seinem Vorbringen, in dem konkreten Zusammenlegungsverfahren bzw. in anderen Verfahren im Zuständigkeitsbereich des ALE Mittelfranken sei anderen Teilnehmern ein Nachteilsausgleich ohne gesonderten Antrag gewährt worden.
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Normative Grundlage der Rechtsfigur der Selbstbindung ist in erster Linie der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zudem kann sich eine Selbstbindung unabhängig von der Behandlung anderer Personen aufgrund des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips ergeben (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 104 ff.). Aus dem Grundsatz der Selbstbindung wird ein Anspruch des Einzelnen abgeleitet, entsprechend einer einheitlich angewandten Verwaltungspraxis behandelt zu werden, und zwar im Zusammenhang mit der Ausübung von Ermessen oder auch im Bereich der Ausfüllung einer Beurteilungsermächtigung (hierzu Sachs a.a.O. § 40 Rn. 156, 215ff.). Soweit eine wirksame Selbstbindung der Verwaltungsbehörde anzunehmen ist, ist eine von der Verwaltungspraxis im Einzelfall zugunsten oder zulasten der Betroffenen abweichende Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig (vgl. Sachs a.a.O. § 40 Rn. 123).
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§ 51 Abs. 1 FlurbG sieht jedoch auf Tatbestandsseite keinen Beurteilungsspielraum und auf Rechtsfolgenseite hinsichtlich des „Ob“ der Gewährung eines Nachteilsausgleichs kein Ermessen der TG oder des ALE vor, das durch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung begrenzt sein und somit unter Gleichheitsgesichtspunkten zu einem Anspruch des Klägers auf Änderung des Zusammenlegungsplans führen könnte. Bei § 51 Abs. 1 FlurbG handelt es sich bei Vorliegen der Voraussetzungen vielmehr um einen Rechtsanspruch des betroffenen Teilnehmers. Der Verweis des Klägers auf den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung geht bereits aus diesem Grund ins Leere. Die Anwendung von § 51 Abs. 1 FlurbG durch die Flurbereinigungsbehörden muss sich zudem in erster Linie an dem von dem jeweils betroffenen Teilnehmer an sie herangetragenen Sachverhalt orientieren. Denn der TG und dem ALE kommt kein Allwissen über sämtliche Umstände im Flurbereinigungsgebiet und insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer zu. Wurde wie im Fall des Klägers ein vollständiger Sachverhalt zu vorübergehenden Nachteilen nicht rechtzeitig - im Rahmen eines entsprechenden Antrags - an die TG herangetragen und beziffert, so stellt sich die Frage einer Gleichbehandlung nicht und ist kein Raum für die Gewährung eines Nachteilsausgleichs und die erforderliche Änderung des Zusammenlegungsplans, unabhängig von der Behandlung anderer Teilnehmer. Dies gilt umso mehr mit Blick auf Teilnehmer eines anderen Flurbereinigungsverfahrens. Die entsprechenden Beweisanträge des Klägers waren daher als nicht entscheidungserheblich abzulehnen.
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3.4. Schließlich wären die vom Kläger vorgetragenen Nachteilsausgleichsansprüche, unabhängig von deren Bestehen, bereits teilweise erfüllt. Insbesondere gilt dies für den Anspruch auf Ausgleich vorübergehend nicht wertgleicher Abfindung mit Blick auf die Erklärung vom 14. Mai 2019 in Höhe von 6.608 WVZ.
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3.4.1. § 51 Abs. 1 FlurbG sieht vor, dass ein Anspruch des betroffenen Teilnehmers wegen vorübergehender Nachteile in Geld oder auf andere Art und Weise auszugleichen ist. Zur Bemessung bzw. Berechnung eines Ausgleichsanspruchs aus § 51 FlurbG bei vorübergehend nicht wertgleicher Abfindung hat das BVerwG (U.v. 14.11.1961 - I C 117.59 - juris Rn. 26, vgl. auch Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 51 Rn. 3) ausgeführt: „Für die Bemessung dieses Ausgleichsanspruchs ist von folgenden Überlegungen auszugehen: Der vorübergehende Unterschied zwischen Alt- und Neubesitz führt zu einer vorübergehenden Minderabfindung. Der Verlust, den der Beteiligte erleidet, besteht darin, dass er die ihm für die Minderzuteilung zustehende Fläche nicht hat bewirtschaften können und also keinen Ertrag gehabt hat. Durch Errechnung der Fläche, die erforderlich wäre, um die Minderabfindung auszugleichen, lässt sich der Schaden des Beteiligten feststellen.“ Der Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 51 FlurbG ist als öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch dabei in erster Linie auf einen Geldausgleich gerichtet (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 51 Rn. 1a, 10), das Gesetz sieht aber auch einen möglichen Ausgleich in anderer Art und Weise vor. Die Erfüllung in Form einer Geldzahlung oder in anderer Art und Weise liegt dabei im Ermessen der Behörde (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1976 - V C 83.74 - juris Rn. 17). In Betracht kommt insoweit etwa auch die Überlassung eines Massegrundstücks zur vorübergehenden Nutzung (Mayr in Wingerter/Mayr a.a.O. § 51 Rn. 19).
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3.4.2. Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des ALE im Ablehnungsbescheid vom 30. September 2021 hat die TG dem Kläger ab 2010 bis 2019 jeweils Flächen zur pacht- und kostenfreien Nutzung überlassen. Der Umfang betrug dabei 1,1648 ha von 2010 bis 2012, 0,6748 ha von 2013 bis 2014, 0,9808 ha von 2015 bis 2018 und 0,4459 ha für 2019.
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Damit wären die vom Kläger behaupteten Ansprüche unabhängig davon, ob deren Voraussetzungen überhaupt gegeben sind, vorliegend bereits teilweise ausgeglichen. Insbesondere gilt dies für den möglichen Nachteil einer vorübergehend nicht wertgleichen Abfindung in Höhe von 6.608 WVZ infolge der Erklärung vom 14. Mai 2019. Das Gericht verweist insoweit auf die flächenbezogene Berechnung durch das ALE im Ablehnungsbescheid vom 30. September 2021, der der Kläger im Klageverfahren ebenfalls nicht entgegengetreten ist.
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Der Kläger kann nach jahrelanger Nutzung der von der TG zur Verfügung gestellten Flächen dem auch nicht mehr entgegenhalten, dass er in anderer Weise entschädigt werden wolle.
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4. Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 147 Abs. 1 FlurbG i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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6. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.