Titel:
Einstweiliger Rechtsschutz gegen im beschleunigten Verfahren erlassenen Bebauungsplan
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 6
BauGB § 1 Abs. 7, § 4a Abs. 3 S. 3, § 10 Abs. 3, § 13a, § 13b
BauNVO § 4 Abs. 3
Leitsätze:
1. In einem Bebauungsplan gem. § 13b BauGB können allgemeine Wohngebiete ausgewiesen werden; allerdings müssen die nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausgeschlossen werden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von „anderen Maßnahmen der Innenentwicklung“ iSd § 13a BauGB sind auch solche umfasst, die nicht zur einer rein quantitativ verstandenen „Mehr“-Entwicklung“ führen. Auch rein qualitative städtebauliche Maßnahmen können eine Innenentwicklung darstellen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Von der Angemessenheit einer Fristverkürzung gem. § 4a Abs. 3 S. 3 BauGB kann umso eher ausgegangen werden, je geringfügiger die Änderungen und Ergänzungen des zunächst ausgelegten Entwurfs sind, und umso weniger, je umfangreicher und komplexer sie sind. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange beachtet werden. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
5. Wenn erst eine in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift abschließend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen bauliche Anlagen im Plangebiet zulässig sind, ist den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen nicht allein dadurch genügt, dass die Gemeinde den Bebauungsplan gem. § 10 Abs. 3 BauGB bekannt macht. Sie muss vielmehr sicherstellen, dass die Betroffenen auch von der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren, Kein Anordnungsgrund, Zulässige Kombination der beschleunigten Verfahren nach § 13a, § 13b BauGB, Angemessene Frist bei der erneuten Auslegung, Keine Abwägungsmängel, Zulässige Kombination der beschleunigten Verfahren nach § 13a und § 13b BauGB, Maßnahme der Innenentwicklung, RASt 06, Inbezugnahme einer DIN-Vorschrift
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38917
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu je ¼, wobei die Antragsteller zu 1 und 2 sowie zu 5 und 6 jeweils eine Kostenpartei als Gesamtschuldner sind.
III. Der Streitwert wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Antragsteller wenden sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen den Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „I.weg“, den die Antragsgegnerin am 30. November 2021 als Satzung beschlossen und am 17. Dezember 2021 bekanntgemacht hat.
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Das Plangebiet mit einer Größe von 1,84 ha liegt südwestlich des Stadtzentrums, westlich der Isar und nördlich der A. Straße. Der südwestliche Teil ist noch unbebaut und gehört planungsrechtlich zum Außenbereich; die Bestandsbebauung im östlichen Teil weist Einzelhäuser mit dazugehörigen Garagen in aufgelockerter Bauweise auf. Die Neubaubereiche im südwestlichen Teil des Plangebiets sollen das Wohnungsangebot in der Stadt durch eine verdichtete Bauweise verbessern. Im Bereich der östlichen Bestandsbebauung ist eine Nachverdichtung möglich und städtebaulich gewünscht. Die dort im Osten festgesetzten privaten Grünflächen sollen der Ergänzung des Grünzuges entlang der früheren Isaruferkante dienen. Zudem soll die tatsächlich bestehende Erschließung über den I.weg, welcher auf öffentlichen und privaten Grundstücksflächen liegt, erstmalig rechtlich gesichert werden. Die Aufstellung des Bebauungsplans erfolgte für die südwestlich im Plangebiet gelegenen Neubauflächen im beschleunigten Verfahren nach § 13b i.V.m. § 13a BauGB, für die restlichen Flächen im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB.
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Das Plangebiet wird insgesamt als allgemeines Wohngebiet festgesetzt, die nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise Nutzungen sind ausgeschlossen. Es wird im Hinblick auf die Nutzung in zwei Bereiche aufgeteilt, wobei jeweils für die zulässige Bebauung weite Baugrenzen festgesetzt werden. Im südwestlichen Bereich ist eine maximale Grundfläche für Hauptgebäude von 255 m² (Baufeld A) bzw. 1020 m² (Baufeld B) möglich (mit Nebenanlagen 460 m² bzw. 1920 m²). Für die östliche Bestandsbebauung (Baufeld C) wird eine maximale Grundflächenzahl von 0,4 bestimmt, die mit Anlagen gemäß § 19 Abs. 4 BauNVO um 100% überschritten werden darf. Die maximal zulässige Wandhöhe in allen Baufeldern, für die eine einheitliche Bezugshöhe gilt, ist 9 m.
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Die Antragsteller zu 1 und 2 sind Eigentümer einer Einfamilienhausbebauung auf den Grundstücken FlNr. …, … und … Die Antragstellerin zu 3 ist Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstückes FlNr. …, der Antragsteller zu 4 Eigentümer des mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks FlNr. … Die Antragsteller zu 5 und 6 sind Eigentümer einer Einfamilienhausbebauung auf dem Grundstück FlNr. …
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Am 29. September 2022 stellten die Antragsteller einen Normenkontrollantrag und beantragen nach § 47 Abs. 6 VwGO,
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den Bebauungsplan „I.weg“ vom 28. April 2020 in der Fassung vom 30. November 2021, bekannt gemacht am 17. Dezember 2021, bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragsteller vom 29. September 2022 außer Vollzug zu setzen.
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Sie seien als Eigentümer von Grundstücken innerhalb des Plangebiets antragsbefugt. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO sei zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten. Durch die Umsetzung des fehlerhaften Bebauungsplans drohten wehrfähige Interessen zumindest so konkret beeinträchtigt werden, dass dessen Außervollzugsetzung geboten sei. Für die Innenbereichsgrundstücke, die in der Begründung des Bebauungsplans als „Altbestand“ bezeichnet würden, sehe der Bebauungsplan durch die vorgegebene Baugrenze eine Nutzungseinschränkung von Flächen vor. Bestandsbauten lägen teilweise außerhalb der durch den Bebauungsplan vorgegebenen bebaubaren Fläche oder würden von der Baugrenze durchschnitten. Zugleich würden die Flächen der Innenbereichsgrundstücke, auf denen sich Gebäude befänden oder bislang hätten errichtet werden dürfen, als Grünflächen, die bis zu 10 m breit seien, ausgewiesen. Ein beachtlicher Verfahrensfehler liege in der Anwendung des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB. Der Bebauungsplan ziele, soweit er den Innenbereich betreffe, nicht auf die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung im Sinn des § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB. Vielmehr werde die bislang vorhandene Nutzung in Zukunft mit dem Bebauungsplan beschnitten. § 13b BauGB scheide als Rechtsgrundlage für den Bebauungsplan aus, weil er zum maßgeblichen Zeitpunkt des ersten Aufstellungsbeschlusses am 14. März 2017 nicht existent gewesen sei und mit Erweiterungsbeschluss vom 30. Januar 2018 an der Wahl des Verfahrens nach § 13a BauGB festgehalten worden sei. Ein Aufstellungsbeschluss gemäß § 13b i.V.m. § 13a BauGB sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Zudem würden mit dem Bebauungsplan auch Innenbereichsflächen überplant, die Kombination der gewählten Verfahren sei unzulässig. Auch genüge der Planentwurf den Restriktionsvorgaben des beschränkenden Tatbestandsmerkmals „Wohnbebauungen“ im Sinn des § 13b BauGB nicht. Die Antragsgegnerin habe die Erweiterung der Verkehrsfläche des I-wegs auf 5,50 m vorgesehen. Dies werde nur durch die Einbeziehung von im Privateigentum befindlichen Grundstücken, insbesondere der Antragsteller zu 1 und 2 ermöglicht. Es sei fehlerhaft, bei der Überplanung des status quo von einer Mindeststraßenbreite von 5,50 m auszugehen. Auch leide der in Rede stehende Bebauungsplan hinsichtlich der Festsetzungen von privaten und öffentlichen Grünflächen, insbesondere auf den Grundstücken FlNr. …, … und …, an einem beachtlichen Abwägungsmangel. Der ältere, wertige und erhaltenswerte Baumbestand mit seinem Tierbestand im Nord-Süd-Verlauf der westlichen Planungsgrenze sei evident bedroht. Diesen Belang habe die Antragsgegnerin außer Betracht gelassen, zumindest unterbewertet. Unter dem Gesichtspunkt der Konfliktbewältigung habe sie sich nicht hinreichend mit der Niederschlagswasserbewältigung, der Oberflächenwasserableitung und insbesondere der Grundwassersituation unter Berücksichtigung der topographischen wie geologischen Gegebenheiten auseinandergesetzt. Die Entwässerung des südwestlichen Bereichs über das Gefälle in östliche Richtung mit angrenzender Hanglage sei nicht gesichert. Die im südwestlichen Teilbereich geplante Bebauung in verdichteter Bauweise mit zulässiger Wandhöhe von 9,0 m und Kubaturen, die Rauminhalte für Hauptgebäude bis zu etwa 5.500 m³ vorsähen, habe wegen Beschattung und Belüftungseinflüsse auf die östliche Bestandsbebauung massiven Beeinträchtigungscharakter. Weiter sei durch die Schaffung mehrerer Mehrfamilienhäuser eine Zunahme des Verkehrslärms zu gewärtigen. Die Auslegefrist für den geänderten Planentwurf sei unter Verstoß gegen § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB unangemessen verkürzt worden, der erheblich geänderte Planentwurf habe der erneuten Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB bedurft.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Eine einstweilige Anordnung sei weder zur Abwehr schwerer Nachteile noch aus anderen Gründen dringend geboten. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor, die Antragsteller hätten keine schweren Nachteile vorgetragen, die über das bloße Interesse an der Verhinderung des Vollzugs des Bebauungsplans hinausgingen. Der Normenkontrollantrag sei in der Hauptsache auch unbegründet, weil der Bebauungsplan sowohl formell als auch materiell rechtmäßig sei. Die Kombination von § 13a Abs. 1 BauGB und § 13b BauGB bei zwei unterschiedlichen Teilbereichen desselben Bebauungsplans sei zulässig. Auch seien die formellen Anforderungen zur Durchführung des beschleunigten Verfahrens erfüllt, der Aufstellungsbeschluss stelle bereits keinen konstitutiven Bestandteil des Bauleitplanverfahrens dar. § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB setze keine Baurechtsmehrung voraus, zu den „anderen Maßnahmen der Innenentwicklung“ zähle auch die Überplanung von gewachsenen städtebaulichen Strukturen nach § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB. Die zulässigen Grundflächen für beide Teilbereiche lägen jeweils deutlich unter 10.000 m², selbst wenn man die Überschreitungsmöglichkeiten für Nebenanlagen berücksichtige. Mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets, bei dem die Nutzungen nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausgeschlossen seien, würden Wohnnutzungen im Sinn von § 13b Satz 1 BauGB festgesetzt. Auch die erneute öffentliche Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB sei nicht zu beanstanden, die auf zwei Wochen verkürzte Frist sei angemessen gewesen. Es habe keine Änderungen gegeben, die nicht besonders gekennzeichnet gewesen seien. Mit der Verbreiterung des I-wegs werde das städtebauliche Ziel verfolgt, die Befahrbarkeit einer öffentlichen Straße, die an manchen Stellen knapp 2 m betrage, so dass der Verkehr auf die anliegenden Privatgrundstücke ausweiche, gemäß den verkehrsfachlichen Anforderungen zu verbessern. Ermittlungs- bzw. Abwägungsdefizite lägen nicht vor. Zum einen würden hier bereits substantiierte Einwände fehlen, im Übrigen seien die privaten Belange jeweils angemessen berücksichtigt worden. Insbesondere verletze die Verbreiterung des I-wegs das Eigentumsrecht der privaten Anlieger nicht. Der Verlust an Grundstücksfläche halte sich in Grenzen, während im Gegenzug die Verkehrssicherheit und die Erreichbarkeit der Anliegergrundstücke, insbesondere für Großfahrzeuge der Rettungsdienste verbessert werde. Die Festsetzung der Grünflächen entlang der öffentlichen Verkehrsfläche diene dem Ziel, die ortsbildprägende Isar-Hangkante östlich des Plangebiets zu erhalten und aufzuwerten. Soweit Privatflächen östlich des I-wegs als öffentliche Grünflächen festgesetzt seien, seien diese Teilflächen aktuell bewaldet und würden nicht als Gärten genutzt; mit der Festsetzung als öffentliche Grünfläche könne die Eingrünungsfunktion besser gesichert werden.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren 1 N 22.2131 und 1 NE 22.2132 sowie die vorgelegte Normaufstellungsakte Bezug genommen.
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Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
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1. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsteller müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt werden. Eine die Antragsbefugnis begründende subjektive Rechtsposition ist vor allem das im Plangebiet befindliche Grundeigentum, dessen Inhalt und Schranken durch die planerischen Festsetzungen eines Bebauungsplans unmittelbar und rechtssatzmäßig bestimmt und ausgestaltet werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41; U.v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732). Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist es daher ausreichend, dass sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 - 4 BN 17.17 u.a. - BauR 2018, 814; B.v. 25.9.2013 - 4 BN 15.13 - BauR 2014, 90). Kann ein Antragsteller geltend machen, durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Im Einzelfall kann bei Teilbarkeit des Bebauungsplans dem Normenkontrollantrag, soweit er auch solche Teile des Plans erfasst, von denen der Antragsteller nicht betroffen wird, jedoch das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlen. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100; B.v. 4.6.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268).
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Nach diesen Maßgaben können die Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Außervollzugsetzung des gesamten Bebauungsplans begehren. Sie sind (Mit) Eigentümer von im östlichen Teilbereich liegenden Grundstücken und wenden sich gegen die für sie geltende Festsetzung zu den Baugrenzen sowie Festsetzungen zu privaten und öffentlichen Grünflächen und zu öffentlichen Straßenverkehrsflächen; von letzteren sind die Antragsteller nur teilweise betroffen. Soweit sich die Antragsteller gegen die zulässige Bebauung in den Baufeldern A und B im südwestlichen Teilbereich wenden, wäre der Bebauungsplan zwar offensichtlich teilbar. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse ist jedoch auch hier anzunehmen, da sie geltend machen, dass sie durch die Neubebauung belastet würden.
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2. Der Antrag hat keinen Erfolg. Es wurde bereits kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (2.1.), im Übrigen liegen die von den Antragstellern geltend gemachten formellen und materiellen Mängel des Bebauungsplans nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht vor (2.2.).
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2.1. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. § 47 Abs. 6 VwGO stellt an die Aussetzung einer Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (vgl. BVerwG, B.v. 18.5.1998 - 4 VR 2.98 - NVwZ 1998, 1065). Eine einstweilige Anordnung kann ergehen, wenn der Vollzug der Norm vor einer Entscheidung in der Hauptsache Auswirkungen befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragsteller, betroffener Dritter oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für die Antragsteller günstigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren geboten ist (vgl. BayVGH, B.v. 7.9.2022 - 1 NE 22.1687 - juris Rn. 11 m.w.N.). Dass der Normenkontrollantrag in der Hauptsache Erfolg haben wird, rechtfertigt noch nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO; hinzu kommen muss eine besondere Eilbedürftigkeit im Sinne eines Anordnungsgrundes (vgl. VGH BW, B.v. 13.5.2020 - 3 S 3137/19 - juris 2. Leitsatz). Diese kann etwa angenommen werden, wenn vollendete Tatsachen entstehen, die den von den Antragstellern nachgesuchten Rechtsschutz leerlaufen ließen (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2019 - 1 NE 18.2637 - juris Rn. 13).
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Soweit die Antragsteller einen Anordnungsgrund mit den Festsetzungen zu öffentlichen Straßenverkehrsflächen und öffentlichen Grünflächen auf Teilflächen ihrer Grundstücke geltend machen, was nur für die Antragsteller zu 1 und 2 gilt, begründen allein die Festsetzungen noch keinen schweren Nachteil im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO. Denn den Festsetzungen des Bebauungsplans kommt keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Mit ihnen ist bindend lediglich über die künftige Zweckbestimmung der Fläche entschieden, eine Duldungspflicht für Maßnahmen des Straßenbaulastträgers bzw. der Gemeinde besteht dadurch nicht (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.2009 - 4 CN 5.08 - BVerwGE 134, 355). Bevorstehende Enteignungsmaßnahmen wurden nicht vorgetragen, zumal ein Enteignungsverfahren geraume Zeit in Anspruch nimmt (vgl. VGH BW, B.v. 13.5.2020 - 3 S 3137/19 - juris Rn. 51). Auch die Festsetzung einer Teilfläche des Grundstücks als private Grünfläche, die neben den Antragstellern zu 1 und 2 auch die Antragsteller zu 5 und 6 betrifft, stellt keinen Anordnungsgrund dar, da die bereits bestehende Nutzung weiter möglich ist und geplante abweichende Nutzungen weder vorgetragen sind noch grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen können (vgl. BayVGH, B.v. 10.6.2020 - 1 NE 20.259 - juris Rn. 19). Soweit sich die Antragsteller auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (B.v. 22.12.2020 - 2 B 1171/20.NE - BauR 2021, 648) beziehen, ist ein vergleichbarer Sachverhalt nicht gegeben; so wurden vorliegend die Planunterlagen erneut öffentlich ausgelegt und die Antragsteller haben auch eine Stellungnahme abgegeben (Schriftsatz vom 22.11.2021).
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2.2. Die geltend gemachten formellen und materiellen Mängel des Bebauungsplans liegen nach Aktenlage nicht vor.
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2.2.1. So war es zulässig, die unbebauten, im Außenbereich liegenden Flächen im südwestlichen Teil des Plangebiets im beschleunigten Verfahren nach § 13b i.V.m. § 13a BauGB und die Bestandsflächen im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB zu überplanen.
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Die Kombination der Verfahren in einem einheitlichen Aufstellungsverfahren ist möglich, wenn eindeutig feststeht, welche Teilflächen im Verfahren nach der einen Norm und welche nach der anderen Norm überplant werden sollen. Zudem muss dem Gemeinderat für seine Willensbildung bewusst sein, welches Verfahren für die jeweilige Teilfläche zur Anwendung kommt (vgl. VGH BW, B.v. 13.5.2020 - 3 S 3137/19 - juris Rn. 39). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Teilbereiche Neubebauung und Überplanung der Bestandsbebauung sind klar durch das Planzeichen Nr. 15.14 der Anlage zur PlanZV („Knödellinie“) abgegrenzt, in der Begründung des Bebauungsplans werden die Rechtsgrundlagen für die abgegrenzten Teilbereiche dargestellt (vgl. S. 14 der Bebauungsplanbegründung). Die bezüglich der Verfahren für die Teilbereiche klarstellende Begründung war Gegenstand der erneuten öffentlichen Auslegung vom 9. - 23. November 2021, in der Bekanntmachung vom 25. Oktober 2021 wurde darauf hingewiesen, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a und § 13b i.V.m. § 13a BauGB aufgestellt wird. Soweit die Antragsteller beanstanden, dass die Feststellung zu den tatsächlichen und theoretisch möglichen Grundflächen nebst Flächenversiegelung der Bestandbebauung und der in Aussicht genommenen Bebauung fehle, wird in der Bebauungsplanbegründung ausgeführt, dass die zulässige Grundfläche im Sinn von § 19 Abs. 2 BauNVO für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans weniger als 10.000 m² betrage. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO erlaubten Überschreitungen der zulässigen Grundfläche bei der Prüfung, ob die Grundflächenbeschränkung eingehalten ist, außer Betracht bleiben (so VGH BW, U.v. 11.5.2022 - 3 S 3180/19 - BauR 2022, 1442), da nach der dargestellten Berechnung der Antragsgegnerin, zu der keine Einwände vorliegen, selbst dann die Gesamtgrundfläche noch unterhalb von 10.000 m² liegt.
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Auch die jeweiligen Voraussetzungen für die Verfahren liegen vor. So können nach mittlerweile gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung in einem Bebauungsplan gemäß § 13b BauGB allgemeine Wohngebiete ausgewiesen werden; allerdings müssen - wie hier - die nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausgeschlossen werden (vgl. VGH BW, U.v. 11.5.2022 - 3 S 3180/19 - BauR 2022, 1442; OVG NW, U.v. 10.2.2022 - 7 D 260/20.NE - BauR 2022, 732; OVG SH, B.v. 24.11.2020 - 1 MR 10/20 - juris Rn. 40; SächsOVG, B.v. 18.6.2020 - 1 B 232/20 - juris Rn. 42; OVG RhPf, U.v. 7.6.2018 - 1 C 11757/17 - juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 37). Die nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO zulässigen Nutzungen sind der Wohnnutzung zugeordnet (wohnaffine Nutzungen), damit im Wohngebiet selbst eine Versorgungsinfrastruktur bereitgestellt werden kann, mit der sich die Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2021 - 4 CN 7.19 - NVwZ 2021, 732; U.v. 7.9.2017 - 4 C 8.16 - BVerwGE 159, 322). Soweit bemängelt wird, dass ein Aufstellungsbeschluss der Antragsgegnerin, der das beschleunigte Verfahren nach § 13b BauGB betreffe, nicht vorliege, stellt das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Planaufstellungsbeschlusses nach Bundesrecht keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den späteren Bebauungsplan dar (vgl. BVerwG, B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573). Im Übrigen leidet der Aufstellungsbeschluss vom 30. Januar 2018 für das Plangebiet mit dem vorliegenden Umgriff auch nicht an einem erheblichen Fehler. Der Bezeichnung der (richtigen) Rechtsgrundlage bedarf es weder nach dem Zweck des Aufstellungsbeschlusses und seiner Bekanntmachung noch nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 BauGB bzw. § 13b i.V.m. § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Damit wurde das Verfahren auch rechtzeitig nach § 13b Satz 2 BauGB in der Fassung vom 3. November 2017 förmlich eingeleitet.
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Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13a BauGB können für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung aufgestellt werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „anderen Maßnahme der Innenentwicklung“ umfasst alle Maßnahmen der Innenentwicklung, die nicht als Wiedernutzbarmachung von Flächen oder als Nachverdichtung zu beurteilen sind. Diese müssen nach Ziel und Inhalt der Entwicklung der überplanten Fläche dienen (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2021 - 4 CN 6.19 - BVerwGE 173, 70). Mit „anderen Maßnahmen der Innenentwicklung“ sind daher auch solche umfasst, die nicht zur einer rein quantitativ verstandenen „Mehr“-Entwicklung“ führen. Auch rein qualitative städtebauliche Maßnahmen können nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Innenentwicklung darstellen (vgl. VGH BW, U.v. 12.10.2021 - 8 S 48/19 - juris Rn. 58 ff.; OVG NW, U.v. 11.11.2021 - 10 D 80/19.NE - juris Rn. 21; U.v. 12.2.2014 - 2 D 13/14.NE - BauR 2014, 2042; OVG Rh-Pf, U.v. 29.7.2020 - 8 C 11423/19.OVG - BauR 2020, 1730). Danach ist die Wahl des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB für den östlichen Teil des Plangebiets nicht zu beanstanden. Mit der Überplanung des Bestandsgebiets verfolgt die Antragsgegnerin das Ziel einer maßvollen und geordneten Nachverdichtung und im Übrigen andere städtebauliche Maßnahmen, insbesondere die Sicherung der Erschließung über den I.weg. Dem steht auch nicht entgegen, dass mit der Festlegung von Baugrenzen, die im Übrigen sehr weit gezogen sind, ggf. auch eine bisher vorhandene Bebauungsmöglichkeit eingeschränkt wird.
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2.2.2. Die Auslegungsfrist von 14 Tagen bei der erneuten öffentlichen Auslegung der Planunterlagen, bei der die Antragsgegnerin von der Möglichkeit des § 4a Abs. 3 Satz 2 BauGB Gebrauch gemacht hat, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen abgegeben werden können, ist nicht zu beanstanden.
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Nach § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB kann bei der erneuten öffentlichen Auslegung des Planentwurfs nach seiner Änderung oder Ergänzung die gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB grundsätzlich einmonatige Dauer der Auslegung und die entsprechende Frist zur Stellungnahme angemessen verkürzt werden. Die Frage, ob die verkürzte Frist angemessen ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Ob eine gemäß § 4a Abs. 3 Satz 3 BauGB verkürzte Frist angemessen ist, bemisst sich danach, ob der gewählte Zeitraum nach Würdigung aller Umstände ausreichend war, um den Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung zu erfüllen. Von der Angemessenheit einer Fristverkürzung kann umso eher ausgegangen werden, je geringfügiger die Änderungen und Ergänzungen des zunächst ausgelegten Entwurfs sind, und umso weniger, je umfangreicher und komplexer sie sind (vgl. BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.1650 - Rn. 33; U.v. 27.2.2018 - 15 N 16.2381 - BayVBl 2019, 88; U.v. 14.7.2016 - 2 N 15.2695 - juris Rn. 27).
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Soweit in der Antragsbegründung ausgeführt wird, dass neben redaktionellen Änderungen in der Plan- und Pflanzzeichnung sowie den textlich veränderten Festsetzungen im östlichen Bereich verändert ausgewiesene Grünflächen - ohne, dass dies in der Änderungsliste bzw. durch rote Einzeichnung gekennzeichnet worden sei - zu beobachten seien und im mittleren und südlichen Bereich Umgrenzungen für Nutzungsbeschränkungen ergänzt worden seien, ohne dass die ergänzten Planzeichen als überarbeitet gekennzeichnet worden seien, kann dieser unsubstantiierte Vortrag bereits nicht nachvollzogen werden. Im Übrigen kommt es nicht auf einen Vergleich mit der im Verfahren nach § 3 Abs. 1 BauGB ausgelegten Planfassung vom 28. April 2020 an, sondern auf einen Vergleich mit der im Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB ausgelegten Planfassung vom 27. April 2021. Die Änderungen und Ergänzungen im Planentwurf sowie der Begründung waren farblich hervorgehoben und damit übersichtlich dargestellt, zudem wurden die Änderungen und Ergänzungen in einer Liste aufgeführt. Sie betrafen im Wesentlichen die Festlegung eines einheitlichen Höhenbezugspunkts für die Wandhöhe für alle Baufelder, eine Überschreitungsmöglichkeit nach § 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO für das Baufeld C, die Konkretisierung der textlichen Festsetzungen zum Immissionsschutz, das Einfügen einer Festsetzung zum Niederschlagswasser sowie die Konkretisierung des gewählten Verfahrens für die Planbereiche. Als neue Anlage zur Bebauungsplanung wurde die Vorplanung für die Entwässerung des Neubaugebiets ausgelegt, die nur wenige Seiten umfasst. Diese Änderungen bzw. Ergänzungen sind weder so umfangreich noch so komplex, dass die Auslegungsfrist von 14 Tagen nicht angemessen wäre. Auch die geltend gemachte „Pandemiezeit“ rechtfertigt keine andere Einschätzung. Die Antragsgegnerin hat hier unwidersprochen ausgeführt, dass das Rathaus während der Auslegungsfrist im Rahmen der allgemeinen Öffnungszeiten uneingeschränkt zugänglich gewesen sei und Termine außerhalb der Öffnungszeiten hätten vereinbart werden können. Zudem seien die Auslegungsunterlagen während der gesamten Auslegungsfrist im Internet einsehbar gewesen. Lediglich an den letzten zwei Tagen habe coronabedingt die 3 G - Regel gegolten. Inwiefern die ggf. notwendige Beschaffung eines kostenlosen Negativtests angesichts der zu dieser Zeit bestehenden Verfügbarkeit von Teststationen eine beachtliche Einschränkung der Zugangsmöglichkeit darstellen solle, erschließt sich dem Senat nicht.
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2.2.3. Auch die vorgetragenen Abwägungsfehler liegen nicht vor.
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Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB). Denn die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 - 4 B 71.17 - ZfBR 2018, 601). Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537; B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573; U.v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301). Der Satzungsgeber muss ebenso wie der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden (vgl. BVerfG, B.v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727). Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange beachtet werden (vgl. BVerwG, B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - a.a.O.; B.v. 16.1.1996 - 4 NB 1.96 - ZfBR 1996, 223).
28
Nach diesen Maßgaben ist die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Festsetzungen zu Baugrenzen, privaten und öffentlichen Grünflächen sowie öffentlichen Straßenverkehrsflächen, soweit die Antragsteller als (Mit) Eigentümer der Grundstücke davon betroffen sind, nicht zu beanstanden.
29
Die Antragsgegnerin hat für die Bestandsbebauung weite Baugrenzen festgesetzt. Bei der geltend gemachten Nutzungseinschränkung von Flächen ist zunächst festzustellen, dass ein Baurecht für die an den Außenbereich angrenzenden Grundstücke bis zur ihrer westlichen Grundstücksgrenze nicht bestand. Vorhandene Nebengebäude - wie auf dem Grundstück FlNr. … - haben Bestandsschutz, neue Nebenanlagen sind nach den Festsetzungen des Bebauungsplans außerhalb der Baugrenzen nicht ausgeschlossen (vgl. § 23 Abs. 5 BauNVO). Eine Einschränkung von Baurecht durch die Baugrenzen liegt für die Antragsteller zu 3 und 4 bereits nicht vor. Für die Festsetzung der östlichen Baugrenze bzw. der privaten und öffentlichen Grünflächen auf den Grundstücken der Antragsteller zu 1 und 2, 5 und 6 dürfte die Antragsgegnerin zutreffend davon ausgegangen sein, dass eine Bebauung nach § 34 BauGB mit Hauptbaukörpern nicht bis zur Grundstücksgrenze bzw. Straßenfläche (vgl. Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 30.11.2021, Bl. 237 der Normaufstellungsakte) bzw. auf dem kleinen Grundstücksstreifen östlich des I-wegs (Grundstück FlNr. …) überhaupt keine Bebauung möglich gewesen ist. Eine Einschränkung besteht aber insoweit, als neue Nebengebäude und Einfriedungen als bauliche Anlagen nicht möglich sind. Die Festsetzung der Grünflächen entlang der öffentlichen Verkehrsfläche des I-wegs dient dem Ziel des Erhalts und der Aufwertung der Isar-Hangkante, die landschaftsbildprägende Baumbestände, die teilweise als Biotop ausgewiesen sind, aufweist (vgl. S. 12 der Bebauungsplanbegründung). Diesem öffentlichen Belang durfte die Antragsgegnerin ein erhebliches Gewicht beimessen, so dass die Abwägungsentscheidung auch angesichts der Baurechtsausweisung in den westlichen Grundstücksbereichen nicht zu beanstanden ist. Die Ausweisung als öffentliche Grünfläche östlich des bestehenden I-wegs auf dem Grundstück der Antragsteller zu 1 und 2 betrifft nur eine kleine Fläche und ist bewaldet. Dass diese Festsetzung Entschädigungsansprüche auslösen kann, hat die Antragsgegnerin bei ihrer Abwägungsentscheidung berücksichtigt. Soweit westlich des I-wegs in der ersten Planung auch öffentliche Grünflächen auf privaten Grundstücken vorgesehen war, hat die Antragsgegnerin ihre Entscheidung korrigiert und ausschließlich private Grünflächen vorgesehen.
30
Weiter ist die öffentliche Straßenverkehrsfläche des I-wegs, für die eine Teilfläche des Grundstücks der Antragsteller zu 1 und 2 in Anspruch genommen wird, mit ihrer Breite von 5,50 m weder überdimensioniert noch liegt ein Abwägungsfehler vor.
31
Die gerügte Erforderlichkeit der Erweiterung der öffentlichen Verkehrsfläche ist an dem Gebot des § 1 Abs. 3 BauGB zu messen, das nicht nur für den Anlass der Bauleitplanung, sondern auch für deren Inhalt und damit für jede Festsetzung gilt (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2020 - 4 BN 55.20 - juris Rn. 4; U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239). Mit der Dimensionierung der Verkehrsfläche hält sich die Antragsgegnerin im Rahmen ihres planerischen Ermessens (vgl. BVerwG, B.v. 15.1.2008 - 9 B 7.07 - NVwZ 2008, 675; BayVGH, U.v. 19.11.2021 - 1 N 17.356 - juris Rn. 19). Sie hat ihrer planerischen Entscheidung die als Orientierungshilfe dienende Empfehlung der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) zugrunde gelegt (zu deren Bedeutung als sachverständige Orientierungshilfe im Planungsverfahren vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2020 - 15 N 19.210 - BayVBl 2020, 413; U.v. 31.7.2014 - 1 N 12.1044 - juris Rn. 26). Nach Maßgabe von Nr. 6.1.1.2 RASt 06 werden für Erschließungsstraßen Fahrbahnbreiten von 4,50 m bis 5,50 m empfohlen. Hinzu treten noch Flächen für die Fahrbahnbefestigung sowie Grünstreifen und ggf. Gehwege. Die festgesetzte Breite der Verkehrsfläche von 5,50 m bewegt sich damit im unteren Bereich der Anforderungen an eine Erschließungsstraße. Soweit die Antragsteller auf die Anforderungen für einen Wohnweg abstellen, der nur bei begrenzter Länge (etwa 80 m) zulässig ist (vgl. Art. 4 Abs. 2 BauGB), genügt dieser für die Erschließung der Bestandsbebauung nicht. Bei ihrer Abwägungsentscheidung durfte die Antragsgegnerin der Ermöglichung eines Begegnungsverkehrs, der Verbesserung der Befahrbarkeit für Großfahrzeuge (Rettungsdienst, Feuerwehr) und der Erhöhung der Verkehrssicherheit - insbesondere auch für Fußgänger - den Vorrang vor den privaten Interessen der Antragsteller zu 1 und 2 geben.
32
Auch soweit die Antragsteller Abwägungsmängel im Hinblick auf die Neubebauung im südwestlichen Plangebiet vortragen, liegen diese nicht vor.
33
Der Vortrag zu der fehlenden Konfliktbewältigung bei der Niederschlagswasserbewältigung, der Oberflächenwasserableitung und der Grundwassersituation ist wörtlich aus den Einwendungen im Verfahren nach § 3 Abs. 1 BauGB übernommen und berücksichtigt bereits nicht die Ausführungen der Antragsgegnerin dazu in ihrer Abwägungsentscheidung vom 28. September 2021. Im Übrigen wurde bei der erneuten öffentlichen Auslegung der Planunterlagen nach § 4a Abs. 3 BauGB eine Festsetzung zur Niederschlagsentwässerung für die Bauflächen A und B aufgenommen, die auf einer in das Verfahren eingeführten Begutachtung beruhen, so dass sich inhaltliche Ausführungen zu dem überholten Vortrag erübrigen. Soweit die Antragsteller eine vertiefte Grundwasseruntersuchung fordern, ist der Konfliktbewältigung im Rahmen der Bauleitplanung regelmäßig genügt, wenn auf ggf. erforderliche Maßnahmen bei der Bebauung bzw. wasserrechtliche Genehmigungsverfahren hingewiesen wird.
34
Für die pauschalen Einwände zu der verdichteten Bauweise und der Zunahme des Verkehrslärms, die ebenfalls wörtlich aus den Einwendungen im Verfahren nach § 3 Abs. 1 BauGB übernommen wurden, wird auf die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin vom 25. März 2021 verwiesen.
35
Soweit die Antragsteller ihren pauschalen Einwand zu der Bedrohung des Baumbestands mit seinem Tierbestand im Nord-Süd-Verlauf der westlichen Planungsgrenze wiederholen, wird ebenfalls auf die Abwägungsentscheidung vom 25. März 2021 Bezug genommen.
36
3. Der Senat weist noch daraufhin, dass der Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht sein dürfte. Wenn erst eine in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift abschließend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen bauliche Anlagen im Plangebiet zulässig sind, ist den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen nicht allein dadurch genügt, dass die Gemeinde den Bebauungsplan gemäß § 10 Abs. 3 BauGB bekannt macht. Sie muss vielmehr sicherstellen, dass die Betroffenen auch von der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können. Das kann sie dadurch bewirken, dass sie die in Bezug genommene DIN-Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereithält und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweist (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2016 - 4 BN 24.16 - NVwZ 2017, 166; B.v. 29.7.2010 - 4 BN 21.10 - NVwZ 2010, 1576). Die Antragsgegnerin hat in der textlichen Festsetzung I. 6.1. auf ein technisches Regelwerk (DIN 4109-1 „Schallschutz im Hochbau - Teil 1“) Bezug genommen, ohne die genannte Voraussetzung zu erfüllen; auch die Bekanntmachung enthält keinen entsprechenden Hinweis. Dieser Fehler kann jedoch im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB leicht korrigiert werden.
37
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Nr. 1.1.3, 1.5, 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
38
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).