Titel:
Einbezug von AGB einer elektronischen Handelsplattform
Normenkette:
BGB §§ 305 ff.
Leitsätze:
1. Erfolgt der Vertragsschluss über eine Plattform des Verwenders, so reicht es aus, wenn auf der Internetseite in gut lesbarer Form ein Hinweis auf die AGB erscheint. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. „Überraschend“ ist eine AGB-Klausel nur dann, wenn zwischen ihrem Inhalt und den Erwartungen des Kunden eine deutliche Diskrepanz besteht. Dass die Klausel unüblich ist, reicht nicht aus, ebenso wenig genügt es, wenn sie für den Kunden unerwartet kommt. Vielmehr muss der Klausel ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen; sie muss eine Regelung enthalten, auf die der Kunde nach Lage der Umstände vernünftigerweise nicht gefasst zu sein brauchte. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung gemäß § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt, ist nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind für die konkrete vertragliche Situation, das Interesse des einen Vertragspartners an der Lösung vom Vertrag und das des anderen an dessen Weiterbestand umfassend gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Abwägung können unter anderem bedeutsam sein der Zweck und die Art des Vertrags, wie auch die Gefährdung von Vermögensinteressen und die Effektivität von Kontrollmöglichkeiten. Zu würdigen ist dabei nicht nur der gesetzliche Vertragstyp, sondern seine konkrete Ausgestaltung durch die Interessen und Vereinbarungen der Beteiligten. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
AGB, Handelsplattform, Software, Kündigung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 02.01.2023 – 19 U 3350/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38903
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 39.584,01 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Auszahlung von Handelsgewinne aus Online-Finanzgeschäften.
2
Die Beklagte ist eine deutsche Privatbank mit dem Kerngeschäft Capital Markets Brokerage und der Spezialisierung auf den Handel mit Devisen und Derivaten. Sie bietet ihren Kunden in diesem Bereich den Online-Handel unter Verwendung der elektronischen Handelsplattform MetaTrader 4 (im Folgenden: MT4), einer für den Handel mit sogenannten contracts for difference (im Folgenden: CFD) und Devisen konzipierten Software, an.
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Der Kläger beabsichtigte, über ein Konto bei der Beklagten CFD-Handel zu betreiben und nahm im Jahr 2020 Kontakt zur Beklagten über deren Mitarbeiter, den Zeugen Metekol auf. Dieser schrieb dem Kläger am 22.09.2020 eine E-Mail folgenden Inhalts:
„Hallo Herr … bieten wir leider nicht an. Mit freundlichen Grüßen …"
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 5 Bezug genommen.
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Am 27.12.2020 beantragte der Kläger bei der Beklagten online die Eröffnung eines CFD- und Forex-Livekontos. Im Rahmen dieses Antrags gab er an, im Bereich CFD-Geschäfte Kenntnisse und mehr als fünf Jahre Erfahrungen zu haben und pro Jahr durchschnittlich mehr als 25 Käufe/Verkäufe mit einer durchschnittlichen Ordergröße von mehr als 10.000,00 € zu tätigen (Anlage B1, Seite 1). Weiter setzte der Kläger in diesen Antrag hinter den Passus
„Ich möchte unter Nutzung des elektronischen Handelssystems während dessen Betriebszeit Kommissionsaufträge zum Abschluss von CFD- und Devisenkassageschäften erteilen (Kommissionsgeschäft) sowie unmittelbar mit der Bank solche Geschäfte abschließen (Eigenhandel). Grundlage für die Geschäftsbeziehung sind die Geschäftsbedingungen für CFD- und FOREX-Handel“ (nachfolgend „Geschäftsbedingungen“).
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DOWNLOAD PDF Geschäftsbedingungen ein Kreuz, um zu kennzeichnen, dass er diesen Passus „gelesen und akzeptiert“ hat (Anlage B1, Seite 4)).
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In diesen Geschäftsbedingungen mit Stand 15.06.2020 (im Folgenden: AGB) heißt es unter anderem:
B. CFD-Handelsgeschäfte Eigenhandel/Finanzkommissionsgeschäft
3. Handelsplattform für CFD-Handel
3.6. Eine zweckwidrige Nutzung der Handelsplattform ist dem Kunden untersagt. Die Bank ist zur Sperrung der Handelsplattform bei Verdacht einer zweckwidrigen Nutzung berechtigt. Als zweckwidrige Nutzung gilt
3.6.3. die Ausnutzung von Abweichungen zwischen der Quotierung der Bank und den Referenzkursen unter Ausschluss des Marktpreisänderungsrisikos insbesondere durch Nutzung eigener, auch nicht an die Handelsplattform angeschlossener Computerprogramme und Referenzmarkt-Datenbezugsquellen (arbitragegetriebener Handel),
3.6.4. das automatisierte Öffnen, Ändern und Schließen von Positionen im Forex- oder CFD-Handel durch Software oder andere automatisierte Aufträge, soweit die Bank dem nicht zugestimmt hat,
3.6.9. das Betreiben von Handel in einer Weise, dass eine statische IP-Adresse zum Öffnen, Ändern oder Schließen von Positionen im CFD-Handel verwendet wird, soweit die Bank dem nicht zugestimmt hat."
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Im Falle einer zweckwidrigen Nutzung der Handelsplattform ist die Bank zur Rückabwicklung der durch die zweckwidrige Nutzung zu Stande gekommenen Geschäfte berechtigt.
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Im Falle einer zweckwidrigen Nutzung der Handelsplattform ist die Bank zur Rückabwicklung der durch die zweckwidrige Nutzung zu Stande gekommenen Geschäfte berechtigt.
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11.1. Die Frist für eine ordentliche Kündigung beträgt einen Monat. Das Recht zur sofortigen außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt, (…)
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1, B 1 und B 2 verwiesen.
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Auf ihrer Homepage führt die Beklagte unter „FAQ“ unter anderem Folgendes aus:
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Was ist ein Expert Adviser?
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Bei einem EA (Expert Adviser) handelt es sich eine programmierte Handelsstrategie bzw. ein Handelssystem, welches nach fest definierten Regeln (Einstieg, Ausstieg, Risikomanagement) abläuft. Entscheidungen trifft also der EA, der strikt die Regeln einhält und keinerlei „Bauchentscheidungen“ trifft. Sie benötigen EAs zum automatisierten Handel. Der MetaTrader ist ein exzellentes Handelsprogramm, um EAs zu entwickeln und anzuwenden.
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Was ist automatisierter Handel?
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Unter dem automatisierten Handel versteht man das Öffnen und Schließen von Positionen durch einen Expert Adviser nach vom Nutzer definierten Handelskriterien. Die Programmierung erfolgt mit der Sprache MQL. Die Art des Tradings eignet sich bevorzugt für probate Händler, die nicht ständig am Rechner sein können, um den Verlauf des Charts zu beobachten.
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Die Beklagte übersandte dem Kläger nach Eingang seines Antrags seine Kontonummer (515106) sowie seine Zugangsdaten. Der Kläger zahlte am 28.12.2020 45.000,00 € sowie 5.000,00 € auf das Konto 515106 ein (Anlage K 2) und begann mit dem Trading unter Verwendung der auf seinem PC installierten Softwareprogramme MT4 und eines Expert Advisers (im Folgenden: EA).
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In der Folgezeit wurden für den Kläger noch drei Unterkonten zum o.g. Konto mit den Kontonummern 515235, 5151510 und 5155109 eröffnet.
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Im Zeitraum zwischen dem 28.12.2020 und 12.01.2021 erwirtschaftete der Kläger auf dem Konto 515106 Gewinne in Höhe von 5.592,20 € und auf dem Unterkonto 515110 im Zeitraum zwischen dem 28.12.2020 und dem 03.02.2021 Gewinn in Höhe von 33.991,81 € (Anlage K 6).
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Mit E-Mail vom 03.02.2021 kontaktierte die Beklagte den Kläger und teilte ihm mit, dass sie aufgrund ungewöhnlicher Handelsaktivitäten auf seinen Konten Überprüfungen vorgenommen und dabei festgestellt hat, dass der Kläger seine Transaktionen in einer Weise durchgeführt hat, dass er Abweichungen zwischen der Quotierung der Beklagten und den Referenzkursen unter Ausschluss des Marktpreisänderungsrisikos insbesondere durch Nutzung eigener, auch nicht an die Handelsplattform angeschlossene Computerprogramme und Referenzmarkt-Datenbezugsquellen ausgenutzt hat. Weiter teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Konten des Klägers auf einen „close-only“-Status gesetzt hat, so dass dem Kläger weitere Transaktionen nicht möglich sind (Anlage B 3).
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Mit E-Mail vom 08.02.2021 forderte der Kläger die Beklagte zur Auszahlung seiner Gewinne abzüglich Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag auf (Anlage B 3).
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Mit Schreiben vom 11.02.2021 kündigte die Beklagte über ihre Prozessbevollmächtigten das Vertragsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich und mit sofortiger Wirkung. Sie stützte ihre Kündigung auf eine zweckwidrige Nutzung der von ihr betriebenen Handelsplattform aufgrund Verstößen des Klägers gegen die Ziffern B. 3.6.3., B.3.6.4. sowie B.3.6.9. ihrer AGB. Sie teilte dem Kläger mit, dass eine kostenfreie Rückabwicklung der klägerseits getätigten Transaktionen erfolgt und dem Kläger seine Einzahlungen in Höhe von 50.000,00 € erstattet werden (Anlage K 5).
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Am 16.02.2021 zahlte die Beklagte den vorgenannten Betrag an den Kläger aus.
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Mit Schreiben vom 02.03.2021 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, die durch den Kläger erwirtschafteten Gewinne in Höhe von 39.584,01 € abzüglich der abzuführenden Abgeltungssteuer nebst Solidaritätszuschlag auszuzahlen (Anlage K 8).
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Der Kläger trägt vor, er habe sich bei der Kontoeröffnung und bei seinen Trading-Aktivitäten strikt an die Vorgaben der Beklagten zum automatisierten Handel gehalten. Zum einen werbe die Beklagte auf ihrer Internetpräsenz mit dem automatisierten Handel. Und zum anderen habe er - der Kläger - vor Beginn des Tradens telefonisch und per E-Mail Kontakt mit einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Metekol, hinsichtlich des automatisierten Handels gehabt. Er habe u.a. am 04.01.2021 mit dem Zeugen Metekol telefoniert, der ihm mitgeteilt habe, dass ein automatisierter Handel unter Verwendung des MT4 und eines EAs möglich sei.
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Der Kläger meint, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung des von ihm erwirtschafteten Gewinns in geltend gemachter Höhe gemäß §§ 667, 675 BGB. Die Beklagte könne aufgrund ihrer AGB keine Zustimmung für die vom Kläger eingesetzten Programme verlangen. Dies würde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Denn die Beklagte könne nicht einerseits in ihrer Internetpräsenz mit der Möglichkeit eines automatisierten Handels unter Einsatz der Programme Trading VPS/MT 4 und EA werben und andererseits den Einsatz eben dieser Programme sodann willkürlich von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. Die Beklagte präsentiere schließlich den automatisierten Handel in den Erläuterungen zum MT als einen von der Beklagten angebotenen Vorteil. Daher sei der Einsatz eines EAs als nicht von den Einschränkungen der Regelungen in Abschnitt B.3.6. der AGB umfasst anzusehen. Außerdem sei ein Vertrauen des Klägers in den Bestand der von ihm durchgeführten Geschäfte und der dadurch erwirtschafteten Gewinne begründet worden. Der Kläger meint, die Klauseln B.3.6.3. und B.3.6.4. in den AGB der Beklagten seien unwirksam. Es handele sich um überraschende Klauseln i.S.d. § 305 c BGB. Außerdem sei ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB gegeben. Überdies seien die AGB der Beklagten nicht leicht verständlich und umfassten auf 31 Seiten höchst komplexe Klauseln.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 39.584,01 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die vorgerichtliche Inanspruchnahme seines Prozessbevollmächtigten einen Betrag i.H.v. 2.283,49 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt:
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Die Beklagte behauptet, der Kläger sei ein erfahrener Spekulant, der bei der Beklagten Spekulationsgeschäfte im Bereich CFD-Handel tätigen wollte. Sie trägt vor, der Kläger habe die streitgegenständlichen Gewinne erwirtschaftet, indem er automatisierten Handel unter Verwendung eines EAs - einer Software, die für den Kläger Handelsentscheidungen traf - betrieben habe, ohne dass sie - die Beklagte - der Verwendung dieser EA-Software zuvor zugestimmt habe. Dies verstoße gegen die dem Vertragsverhältnis mit dem Kläger zugrundeliegenden AGB. Der Kläger sei auch durch den Zeugen Metekol mehrfach schriftlich sowie telefonisch und auch schon vor Kontoeröffnung darauf hingewiesen worden, dass der Einsatz einer EA-Software grundsätzlich möglich, aber von der Beklagten zu genehmigen sei. Der Kläger habe eine derartige Genehmigung jedoch nicht beantragt. Dass sie - die Beklagte - in ihrer Internetpräsenz mit der Möglichkeit des Einsatzes einer EA-Software werbe, stehe nicht im Widerspruch zu ihren AGB, die den Einsatz einer solchen Software von ihrer Genehmigung abhängig macht. Die Beklagte nehme bei den streitgegenständlichen Geschäften die Gegenposition zum Kunden ein, weshalb Gewinne des Kunden Verluste auf Seiten der Beklagten gegenüberstünden. Daher müsse sie die Möglichkeit haben, zu entscheiden, ob sie dieses Risiko tragen will oder nicht. Soweit vom Kunden eine Software zum sekundenschnellen Handel eingesetzt werde, müsse sie sich gegen das Risiko, dass durch die eingesetzte Software ihre die Risikosteuerung unterlaufen und damit ihre Bonität und auch die Sicherheit der Kundenmittel gefährdet werden, absichern. Die Ausführungen auf der ihrer Homepage geben lediglich an, dass es grundsätzlich möglich sei, eine EA-Software einzusetzen. Ein guter Glauben bzw. ein Vertrauen auf den zulässigen Einsatz seiner EA-Software durch die Angaben in der Interpräsenz habe beim Kläger schon gar nicht entstehen können, da er schon vor Kontoeröffnung und Aufnahme seiner Trading-Aktivitäten durch den Zeugen Metekol dahingehend informiert worden sei, dass der Einsatz der vom Kläger benutzten Software eben nicht gestattet ist. Die Beklagte ist daher der Ansicht, dass die Rückabwicklung der klägerischen Handelsaktivitäten zu Recht erfolgt sei und dem Kläger keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zustünden. Jedenfalls seien durch die Beklagte auf den vom Kläger geforderten Betrag 25 % Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag abzuführen.
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Das Gericht hat die Klage der Beklagten am 17.05.2021 zugestellt.
31
Mit Beschluss vom 11.01.2022, Bl. 29 f. d.A., ist das Verfahren zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen worden.
32
Das Gericht hat mit den Parteien am 22.02.2022 mündlich verhandelt und dabei den Kläger als auch die Geschäftsführer der Beklagten persönlich angehört sowie den Zeugen Metekol uneidlich einvernommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2022 (Bl. 42 ff. d.A.) Bezug genommen:
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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A. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auszahlung von Handelsgewinnen in Höhe von 39.584,01 € gemäß §§ 667, 675 BGB. Zwar ist die Beklagte als Beauftragte im Rahmen des streitgegenständlichen CFD- und FOREX-Livekontovertrages grundsätzlich verpflichtet, dem Kläger Auftraggeber alles, was sie zur Ausführung des Auftrags erhält und was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben (§ 667 BGB). Vorliegend besteht diese Verpflichtung der Beklagten jedoch nicht. Sie war aufgrund zweckwidriger Nutzung der Handelsplattform durch den Kläger zur Rückabwicklung der durch die zweckwidrige Nutzung der Handelsplattform zu Stande gekommenen Geschäfte gemäß Ziffer B.3.6. Ihrer AGB berechtigt.
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I. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Vertrag unter Einbeziehung der AGB der Beklagten zustande gekommen. Am 28.12.2020 schlossen die Parteien einen Vertrag für ein „CFD- und Forex-Livekonto“ mit der Kontonumme … zu dem Zweck, dass der Kläger über die von der Beklagten angebotenen Handelsplattform MT4 sog. CFD-Geschäfte tätigt. Der Kläger gab mit seinem online gestellten Eröffnungsantrag vom 27.12.2020 ein entsprechendes Angebot ab, welches Beklagte durch Übersendung der Kontonummer und der Zugangsdaten annahm. Wirksam zustande gekommen ist der Vertrag mit den Einzahlungen des Klägers auf das Konto … am 28.12.2020 in Höhe von insgesamt 50.000,00 € (vgl. zum Zustandekommen des Vertrages Ziffer 6 des Eröffnungsantrages, Anlage B 1, Seite 4).
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Bei Vertragsschluss sind die AGB der Beklagten wirksam einbezogen worden, § 305 Abs. 2 BGB. Erfolgt der Vertragsschluss über eine Plattform des Verwenders, so reicht es aus, wenn auf der Internetseite in gut lesbarer Form ein Hinweis auf die AGB erscheint (BeckOGK/Lehmann-Richter, 1.3.2022, BGB § 305 Rn. 256 m.w.N.). Dies war vorliegend unstreitig der Fall. Ausweislich der Anlage B 1 befand sich auf Seite 4 des Eröffnungsantrages ein farblich hervorgehobener Hinweis auf die der Geschäftsbeziehung zugrundeliegenden AGB, die über einen Link als pdf-Dokument heruntergeladen werden konnten (Anlage B1, Seite 4). Der Kläger hat in seinem Eröffnungsantrag vom 27.12.2020 auch durch Setzen eines Kreuzes bestätigt, dass er diese AGB „gelesen und akzeptiert“ hat (Anlage B 1, Seite 4 oben). Soweit der Kläger in seiner persönlichen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2022 angegeben hat, er habe die AGB „überflogen“ und den Haken gesetzt (Protokoll vom 22.02.2022, Bl. 44 d.A.), steht das einer wirksamen Einbeziehung nicht entgegen. Ausreichend für eine wirksame Einbeziehung ist, dass der Verwender dem Kunden die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von den AGB Kenntnis zu nehmen (Palandt-Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 305 Rn. 31 m.w.n.). Dies war vorliegend der Fall. Bedenken gegen die Verständlichkeit der AGB aufgrund ihres Umfangs bestehen aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den vertragsgegenständlichen CFD-Handelsgeschäften für erfahrenen Anleger um hochkomplizierte und sehr spezielle Finanzderivate handelt, nicht.
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II. Im Zeitraum zwischen dem 28.12.2020 und 03.02.2021 führte der Kläger diverse CFD-Handelsgeschäfte über das Hauptkonto … sowie das Unterkonto … durch, mit denen er Gewinne in Höhe von insgesamt 39.584,01 € erzielte. Diese klägerischen Trades erfolgten unstreitig unter Verwendung der Handelsplattform MT4 und eines EAs.
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III. Durch die Verwendung des EAs im Rahmen der streitgegenständlichen Trades erfolgte eine zweckwidrige Nutzung der Handelsplattform durch den Kläger, da die Beklagte der Verwendung des vom Kläger verwendeten EAs nicht zugestimmt hat, Ziffer B.3.6.4 der AGB. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger ist hinsichtlich einer Zustimmung der Beklagten beweisfällig geblieben.
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1. Zwar hat der Kläger behauptet, dass er die Beklagte über seine Absicht, automatisierten Handel mit einem EA informiert und die Beklagte der Verwendung eines EAs durch ihren Mitarbeiter, den Zeugen Metekol, zugestimmt hat. Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht davon überzeugt, dass der Zeuge Metekol gegenüber dem Kläger im Namen der Beklagten der Verwendung eines EAs zum automatisierten Handel zugestimmt hat, insbsondere, da der Zeuge Metekol gar nicht berechtigt war, eine derartige Erklärung abzugeben. Vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger schon gar keinen entsprechenden Antrag auf Zustimmung gestellt hat.
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a. Der Kläger hat schriftsätzlich vorgetragen, vor Beginn seiner Tradingaktivitäten mit dem Zeugen Metekol eine Korrespondenz exakt bezogen auf den automatisierten Handel geführt zu haben und dass der Zeugen Metekol ihm in einem Telefonat am 04.01.2021 mitgeteilt hat, dass ein automatisierter Handel möglich ist und der Kläger mit seinen Programmen und Systemen (TradingVPS/MT4 und EA) traden kann (Klageschrift vom 24.08.2021, Seite 4 und Replik vom 07.01.2022, Seite 1 f.). Auch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat der Kläger angegeben, dass der Zeuge Metekol ihm gesagt hat, dass er einen EA nutzen kann (Protokoll vom 22.02.2022, Seite 2; Bl. 42 d.A.).
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b. Der Zeuge Metekol hingegen hat angegeben, dass er sich erinnern kann, mit dem Klägeroft gesprochen zu haben, insbesondere zum Thema Abgeltungssteuer. Ob er - der Zeuge Metekol - mit dem Kläger über das Thema automatisierter Handel mit einem EA gesprochen hat, konnte er hingegen nicht mehr sicher angeben. Er führte jedoch aus, im September 2020 auf eine Mail-Anfrage des Klägers zum Thema „EAs und Scalping“ auf die konkrete Frage des Klägers, ob der Einsatz von EAs und Scalping erlaubt sei, mit der als Anlage B 5 vorgelegten E-Mail geantwortet hat, nämlich dass die Beklagte das leider nicht anbietet (Protokoll vom 22.02.2022, Seite 5 f.; Bl. 44 d.A.). Außerdem gab er an, in den Fällen, in denen Kunden nach der Möglichkeit des Einsatzes von Robotern gefragt haben, er diesen mitgeteilt habe, dass ein Verwenden von Robotern von der Bank geprüft und genehmigt werden muss (Protokoll vom 22.02.2022, Seite 4 f.; Bl. 43 f. d.A.).
43
c. Für das Gericht sind die Angaben des Zeugen Metekol nachvollziehbar und glaubhaft. Gerade dass der Zeuge sich nicht mehr genau erinnern konnte, ob er mit dem Kläger telefonisch über die Möglichkeit des Einsatzes eines EAs gesprochen hat, erhöht nach Ansicht des Gerichts seine Glaubwürdigkeit. Denn er hat dargelegt, dass er bis Ende 2021 als Kundenbetreuer für die Beklagte tätig war und in dieser Funktion als „Schnittstelle zwischen Kunde und Bank“ fungierte (Protokoll vom 22.02.2022, Seite 5; Bl. 44. d.A.). Daher ist nachvollziehbar, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit viele Telefonate geführt hat und daher nicht in der Lage ist, sämtliche Kundentelefonate inhaltlich im Detail wiederzugeben. Er hat aber überzeugend dargelegt, dass er in den Fällen, in denen Kunden nach dem Einsatz von Robotern gefragt haben, mitgeteilt hat, dass ein solcher Einsatz von der Beklagten genehmigt werden muss. Dass er gegenüber dem Kläger keinen EA-Verwendung genehmigt hat, ergibt sich auch aus der Anlage B5: Aus dieser ist ersichtlich - in Verbindung mit den mündlichen Angaben des Zeugen Metekol im Rahmen seiner Einvernahme - dass er dem Kläger auf die konkrete Frage nach der Zulässigkeit des Einsatzes von EA und Scalping schriftlich mitgeteilt hat, dass dies nicht angeboten wird. Außerdem hat der Zeuge angegeben, dass er bisher noch keinem Kunden den Einsatz eines Roboters genehmigt hat, da dies nur durch die Beklagte erfolgen kann, nachdem die Kunden ihre Roboter zur Überprüfung an die Bank geschickt haben. Er selbst habe über eine derartige Befugnis gar nicht verfügt und sei in die entsprechenden Vorgänge auch nicht involviert gewesen. Der Kläger behauptet jedoch noch nicht einmal, dass er einen entsprechenden Antrag auf Zustimmung gestellt hat.
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IV. Gegen die Zulässigkeit der Ziffer B.3.6.4. der AGB, wie auch hinsichtlich der Ziffer B.3.6.3., bestehen aus Sicht des Gerichts keine Bedenken. Die Klauseln B.3.6.3 und B.3.6.4 sind weder überraschend noch benachteiligen sie den Kläger unangemessen.
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1. Gemäß § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in AGB, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich ist, das der Vertragspartner des Verwenders nicht mit ihr zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.
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„Überraschend“ ist die AGB-Klausel nur dann, wenn zwischen ihrem Inhalt und den Erwartungen des Kunden eine deutliche Diskrepanz besteht. Dass die Klausel unüblich ist, reicht nicht aus, ebenso wenig genügt es, wenn sie für den Kunden unerwartet kommt. Vielmehr muss der Klausel ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen; sie muss eine Regelung enthalten, auf die der Kunde nach Lage der Umstände vernünftigerweise nicht gefasst zu sein brauchte (vgl. MüKoBGB/Basedow, 8. Auflage 2019, BGB § 305c Rn. 12 m.w.N.).
47
a. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist die Klausel in Ziffer B.3.6.4. der AGB nicht als überraschend einzustufen. Soweit der Kläger der Ansicht ist, der überraschende Charakter der Klausel ergebe sich daraus, dass die Beklagte auf ihrer Homepage damit wirbt, dass der Kunde im Rahmen einer Geschäftsbeziehung mit der Beklagten ohne ein weiteres Zustimmungserfordernis automatisierten Handel unter Verwendung eines EAs betreiben kann, folgt das Gericht dieser Ansicht nicht. Zum einen findet sich an keiner der vom Kläger in Bezug genommen Stellen eine konkrete Formulierung, die ausdrücklich zum Einsatz eines EAs ohne Zustimmung der Beklagten ausführt. Vielmehr handelt es sich bei den betreffenden Textpassagen um beschreibende Darstellungen des grundsätzlichen Angebots der Beklagten sowie bestimmter Handelsoptionen im Bereich des Online-Tradings, die überwiegend keinen Bezug zum Inhalt einer konkreten Geschäftsbeziehung aufweisen. So wird in der Rubrik „FAQ“ definierend dargestellt, was ein „EA“ ist und was unter einem „automatischer“ bzw. „automatisierter Handel“ zu verstehen ist. Außerdem werden auf der Homepage der Beklagten die Funktionen und Vorzüge der von der Beklagten und ihren Kunden verwendeten Handelsplattform MT 4 dargestellt. Ausführungen zu den konkreten Inhalt eines Vertrages zwischen Kunde und Bank sowie zur Ausgestaltung einer Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Bank im Detail, z.B. anhand eines Beispielvertrages, finden sich an keiner Stelle. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass streitgegenständlich hochsensible Online-Finanzgeschäfte sind, bei denen Kunde und Bank gegensätzliche Positionen einnehmen und der Verlust auf Bankseite immer auch einen Gewinn auf Kundenseite und umgekehrt bedingt. Entsprechend ist es nicht überraschend, dass die Bank sich Möglichkeiten zur Risikominimierung - wie ein Zustimmungserfordernis für vom Kunden verwendete EA - einräumt.
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Soweit der Kläger weiter ausführt, ein Überraschungseffekt ergebe sich auch daraus, dass ihm bei Kontoeröffnung mitgeteilt worden ist, er könne in drei Schritten mit dem Handel beginnen, wobei in diesem Zusammenhang nicht von einem Zustimmungserfordernis bezüglich des EA-Einsatzes hingewiesen worden ist, ist auszuführen, dass für den Kläger grundsätzlich die Möglichkeit bestand, nach Durchlaufen der drei Schritte mit dem Handel zu beginnen, soweit dieser händisch und nicht unter Einsatz eines EAs erfolgt.
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Den Einwand des Klägers, Ziffer B.3.6.4. mache keinen Unterschied zwischen händisch ausgeführten Handelsgeschäften und solchen mittels eines Roboters durchgeführten, vermag das Gericht bereits nicht nachzuvollziehen, nachdem sich Ziffer B.3.6.4. ausdrücklich und ausschließlich auf Vorgänge unter Einsatz einer Software und sonstigen automatisierten Aufträgen bezieht und damit gerade nicht auf händisches Traden.
50
b. Gleiches gilt für die Klausel in Ziffer B.3.6.3. Auch hier vermag das Gericht einen überraschenden Charakter nicht zu erkennen. Insoweit ist das unter A. IV. 1.a. Gesagte verwiesen.
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2. Die Klauseln in Ziffern B.3.6.3 und B.3.6.4 der AGB halten auch einer Inhaltskontrolle anhand des § 307 Abs. 1 BGB stand. Gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich daei auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
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Von einer unangemessenen Benachteiligung ist dann auszugehen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Unangemessenheit liegt aber dann nicht vor, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist (Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 307 Rn. 12 m.w.N.). Mithin kommt es im Rahmen der Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung wesentlich auf eine beiderseitige Interessenabwägung an: Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger bereits nicht substantiiert vorträgt, woraus sich eine unangemessene Benachteiligung ergeben soll, rechtfertigt eine Interessenabwägung vorliegend die beiden in Frage stehenden Klauseln, durch die die Beklagte den Einsatz bestimmter nicht an die Handelsplattform angeschlossene Computerprogramme bzw. den automatiserten Handel mithilfe eines EAs, dessen Verwendung die Beklagte nicht zuvor zugestimmt hat, von Anfang an als zweckwidrige Nutzung qualifiziert, die sie zur Rückabwicklung entsprechender Geschäfte berechtigt. Gegenüberstehen sich hier zwar einerseits die (gleichberechtigten) Gewinninteressen von Kunde und Bank, so dass eine einseitige Rückabwicklungsmöglichkeit zugunsten der Bank unangemessen erscheinen mag. Andererseits ist in die Interessenabwägung miteinzubeziehen, dass die Bank im Bereich der streitgegenständlichen Finanzgeschäfte nicht nur ihr Vertragsverhältnis zum einzelnen Kunden im Blick haben kann und darf, sondern aufgrund ihrer Verantwortlichkeit für eine Vielzahl von Kundengeldern verpflichtet ist, die notwendigen Vorkehrungen für eine funktionierende Risikosteuerung zu treffen, um somit letztlich ihre Bonität und damit auch die Sicherheit ihrer Kundenmittel zu gewährleisten. Demnach muss sie von vornherein Vorkehrungen treffen, um für ein „fair play“ im Bereich der streitgegenständlichen hochspekulativen Finanzgeschäfte zu sorgen, womit der Ausschluss der Verwendung von Software durch ihre Kunden, die in der Lage ist, die Risikosteuerung der Bank zu unterlaufen, zu rechtfertigen ist.
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Soweit der Kläger rügt, es würde an einer Verständlichkeit der entsprechenden Klauseln fehlen, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Geschäften um solche handelt, die ausschließlich für Anleger mit Vorkenntnissen und Spezialwissen in diesem Bereich in Betracht kommen und aus diesem Grund produktspezifische Formulierungen in den AGB notwendig und nachvollziehbar sind. Dass der Kläger über hinreichende und langjährige Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügt (und damit auch mit den entsprechenden Fachtermini vertraut sein dürfte), hat er im Rahmen seinen Eröffnungsantrages angegeben (Anlage B1, Seite 3 unten).
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3. Im Übrigen wäre es dem Kläger auch gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der AGB der Beklagten zu berufen, nachdem ihm durch den Zeugen Metekol bereits im September 2020 und damit etwa zwei Monate bevor er einen Konto-Eröffnungsantrag bei der Beklagten gestellt hat, per E-Mail mitgeteilt worden ist, dass der Einsatz von EA bei der Beklagten nicht angeboten wird (Anlage B 5 und die Angaben des Zeugen Metekol in der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2022).
55
V. Die Beklagte hat die durch zweckwidrige Nutzung zustande gekommenen Geschäfte auch entsprechend ihrer AGB (Ziffer B. 3.6. am Ende) rückabgewickelt.
56
1. Die Beklagte hat das Vertragsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 11.02.2021 außerordentlich gekündigt und dem Kläger mitgeteilt, dass sie eine Rückabwicklung der von ihm getätigten Geschäfte aufgrund zweckwidriger Nutzung der Handelsplattform vornimmt (Anlage B 5). Den verbliebenen Restbetrag in Höhe von 50.000,00 € hat die Beklagte an den Kläger ausgezahlt.
57
2. Obwohl es nach Auffassung des Gerichts für eine solche Rückabwicklung einer Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht zwingend bedurft hätte, begegnet die außerordentliche Kündigung vom 11.02.2021 keinen rechtlichen Bedenken.
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Die außerordentliche Kündigung beruht auf B.11.1. der AGB. Gemäß 314 Abs. 1 S. 1 BGB kann im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses - wie dem vorliegenden Kontovertrag - jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
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Ein wichtiger Grund liegt gemäß § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist, ist daher nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind für die konkrete vertragliche Situation, das Interesse des einen Vertragspartners an der Lösung vom Vertrag und das des anderen an dessen Weiterbestand umfassend gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Abwägung können unter anderem bedeutsam sein der Zweck und die Art des Vertrags, wie auch die Gefährdung von Vermögensinteressen und die Effektivität von Kontrollmöglichkeiten. Zu würdigen ist dabei nicht nur der gesetzliche Vertragstyp, sondern seine konkrete Ausgestaltung durch die Interessen und Vereinbarungen der Beteiligten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 02.09.1999 - VII ZR 225/98 m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, stellen die streitgegenständlichen Trading-Aktivitäten des Klägers unter Verwendung eines EA ohne Zustimmung der Beklagten einen wichtigen Grund dar, insbesondere da sie gegen die den der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien zugrundeliegenden AGB verstoßen. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Bank verpflichtet, sich in stark risikobehafteten Geschäftsbereichen wie dem streitgegeständlichen gegen Risiken abzusichern und diese zu begrenzen, insbesondere auch um die Gelder ihrer Kunden zu schützen, weshalb es ihr erlaubt ist, einen Einsatz von Software, die in der Lage ist, die Risikosteuerung der Beklagten zu unterlaufen, von einem Zustimmungserfordernis abhängig zu machen und eine Verwendung ohne Zustimmung als zweckwidrige Nutzung zu untersagen.
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Die zweckwidrige Nutzung der Handelsplattform stellt somit zweifelsfrei einen Grund dar, der die Beklagte zur sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses berechtigt. Die Wirksamkeit der Kündigung ist im Übrigen vom Kläger auch nicht bestritten worden.
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VI. Nachdem die durch zweckwidrige Nutzung der Handelsplattform durchgeführten Trades von der Beklagte entsprechend Ziffer B.3.6. (am Ende) der AGB wirksam rückabgewickelt worden sind, steht dem Kläger ein Auszahlungsanspruch gemäß § 667 BGB nicht zu.
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B. Mangels Erfolg in der Hauptsache steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in geltend gemachter Höhe zu.
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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.