Titel:
Schutzmaßnahmen im Sinne des Haager Minderjährigenschutzabkommens
Normenkette:
MSA Art. 1, Art. 8
Leitsätze:
1. Schutzmaßnahmen im Sinne des Haager Minderjährigenschutzabkommens sind alle Maßnahmen, die im Interesse des Kindes erforderlich sind (so auch BGH NJW 1973, 417 (418)). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Staat übt hierbei eine Kontrollfunktion aus, um die Rechte des Minderjährigen zu wahren. Diese Kontrolle kann am Wohnsitz des Kindes, an dem auch die persönlichen Verhältnisse ermittelt werden können, besser durchgeführt werden. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
USA, Minderjährigenschutzabkommen, Schutzmaßnahmen, internationale Zuständigkeit, staatliche Kontrollfunktion, Wohnsitz des Kindes, persönliche Verhältnisse
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 26.09.2022 – 7 UF 165/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 38859
Tenor
1. Das Amtsgericht Schweinfurt erklärt sich für unzuständig
2. Das Verfahren ist beendet.
3. Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 5.000 Euro.
4. Von einer Kostenerhebung wird abgesehen.
Gründe
1
Zuständig ist das Gericht am Wohnort des Gerichtes in den USA, da die USA Vertragsstaat des Minderjährigenschutzabkommen sind, vgl. Art. 1 MSA.
2
Gem. Art. 1 MSA sind die Behörden und Gerichte am Wohnort des Kindes international zuständig.
3
Voraussetzung ist, dass eine Schutzmaßnahme im Sinne des MSA im Raum steht. Schutzmaßnahmen sind Maßnahmen, die im Interesse des Kindes erforderlich sind (vgl. BGHZ 60, 68, 72 = FamRZ 1973, 138).
4
Der Begriff ist richtigerweise weit zu fassen (vgl. Henrich, Internationales Familienrecht, S. 226). Die vormundschaftliche Genehmigung ist ein obrigkeitlicher Akt in Ausübung staatlicher Fürsorge. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung, orientiert am Wohl des Kindes (vgl. Jaspersen, FamRZ 1996, 394 mwN.).
5
Der Staat übt hierbei eine Kontrollfunktion aus, um Rechte des Minderjährigen zu wahren. Diese Kontrolle kann am Wohnsitz des Kindes, an dem auch die persönlichen Verhältnisse ermittelt werden können, besser durchgeführt werden.
6
Daher kann die Genehmigung richtigerweise auch nicht als reine Durchführungsmaßnahme betrachtet werden.
7
Das Gericht hatte sich daher für unzuständig zu erklären und das Verfahren für beendet zu erklären, vgl. Keidel, FamFG, 20. Auflage, S. 3, Rdnr. 37.
8
Der Verfahrenswert wurde gem. S. 46 FamGKG iVm. S. 36 GNotKG bestimmt. Abgestellt wurde auf den Auffangwert von 5000 Euro.
9
Die Kostenentscheidung beruht auf SS 81 1 2 FamFG. Es handelt sich um eine Rechtsfrage, zu der unterschiedliche Ansichten bestehen, so dass insgesamt ein Absehen von einer Kostenerhebung sachgerecht ist.