Titel:
Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung ausreichend anstatt Vorlage einer Geldempfangsvollmacht im Original
Normenkette:
ZPO § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, Nr. 4, § 753a, § 815 Abs. 1
Leitsatz:
Das Erfordernis der Vorlage einer Geldempfangsvollmacht im Original an den Gerichtsvollzieher besteht nach der Gesetzesänderung gemäß § 753a ZPO bei Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch Bevollmächtigte nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 u. Nr. 4 ZPO nicht mehr. Dies gilt auch für die Auskehrung der Leistung. (Anschluss AG Lübeck BeckRS 2022 12919.(Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Geldempfangsvollmacht, Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung, Original, Empfang der Leistung, Auskehr, Anweisung an Gerichtsvollzieher
Fundstellen:
DGVZ 2023, 51
JurBüro 2023, 161
LSK 2022, 37841
BeckRS 2022, 37841
Tenor
Auf die Erinnerung des Gläubigers vom 02.11.2022 wird der Gerichtsvollzieher angewiesen; den Vollstreckungsauftrag ohne Anforderung eine Geldempfangsvollmacht fortzuführen.
Gründe
1
Die Erinnerung ist zulässig und begründet.
2
Der Gerichtsvollzieher teilte dem Gläubigervertreter in einem Schreiben vom 18.09.2022 mit, dass der Schuldner eine größere Teilzahlung an ihn geleistet habe. Der Betrag könne aber derzeit nicht ausgezahlt werden, da die erforderliche Geldempfangsvollmacht nicht vorliege. Insoweit bittet er um Vorlage einer entsprechenden Vollmacht im Original. Zur Auszahlung von gepfändetem Geld an einen Gläubigervertreter sei die Vorlage einer Originalurkunde der Geldempfangsvollmacht erforderlich. Der Gläubigervertreter versichert hingegen im Schreiben vom 26.10.2022 die ordnungsmäßige Bevollmächtigung inklusive Geldempfang des Gläubigers in der vorliegenden Sache unter Verweis auf § 753 a ZPO und bezeichnet dies als ausreichend unter Verweis auf Beschluss des AG Lübeck vom 02.03.2022, BeckRS 2022, 12919. Mit Schreiben vom 02.11.2022 legt der Gerichtsvollzieher dar, dass die vorgelegte Versicherung vom 26.10.2022 nicht ausreiche, und fordert unter Verweis auf Entscheidung des Landgerichts Stuttgart mit Beschluss vom 15.10.2021, Aktenzeichen 10 T 369/21, die Vorlage einer Originalurkunde der Geldempfangsvollmacht. Mit Schreiben vom 02.11.2022 legt der Gläubigervertreter Erinnerung gegen dieses Vorgehen des Gerichtsvollziehers ein. Hierbei wird eingewandt, dass nach Einführung des § 753 a ZPO eine Geldempfangsvollmacht nicht mehr im Original vorgelegt werden müsse, sondern dass eine Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung inklusive Geldempfang ausreichend sei. Insoweit wird auf die Gesetzesbegründung der Bundestagsdrucksache 19/20348, 72 verwiesen.
3
Das Erfordernis der Vorlage einer Geldempfangsvollmacht im Original an den Gerichtsvollzieher besteht nach der Gesetzesänderung gemäß § 753 a ZPO bei Versicherung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch Bevollmächtigte nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nummer 3 und 4 ZPO nicht mehr, vgl. Amtsgerichts Lübeck vom 02.03.2022 (siehe oben) und des Amtsgerichts Burg vom 31.05.2021 (Beck RS 2022, 13326). Der Gerichtsvollzieher hat in rechtswidriger Weise mangels Vorlage einer Geldempfangsvollmacht im Original die Auszahlung des gepfändeten Geldes verweigert. Durch die Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ist die Anforderung eine Geldempfangsvollmacht entbehrlich. Der Prozessvertreter des Gläubigers ist insoweit nicht verpflichtet, eine Geldempfangsvollmacht im Original einzureichen. So ist zwar in den Vorschriften der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung das Erfordernis der Vorlage einer Vollmacht festgehalten und diese Vorschriften sind vom Gerichtsvollzieher dem Grunde nach zu beachten. Allerdings berücksichtigen die Vorschriften der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung die insoweit vorrangige Regelung der Gesetzesänderung mit § 753 a ZPO nicht. Bevollmächtigte haben nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nummer 3 und 4 ZPO bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderung in das bewegliche Vermögen ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung nur noch zu versichern, eines Nachweises der Vollmacht bedarf es in diesen Fällen nicht mehr. Dass diese zur Vereinfachung des Verfahrens eingefügte Vorschrift dabei die Durchführung des gesamten Zwangsvollstreckungsverfahrens meint, damit auch der Auskehrung der Leistung, ergibt sich neben dem Gesetzeswortlaut auch aus der Gesetzesbegründung, darin heißt es: „Die Vorschrift orientiert sich an der für das Mahnverfahren bewährten Vorschrift des § 703 ZPO und dient der Verfahrensvereinfachung. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Regelung auch die Ablieferung nach § 815 Absatz 1 ZPO umfasst und die Vollmacht auch auf Verlangen des Schuldners nicht nachgewiesen werden muss (vergleiche insoweit zu § 703 ZPO Vollkommer in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 703 ZPO, Rn. 1), soll sie jedoch für Bevollmächtigte nach § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer i und 2 ZPO nicht gelten. Personen, die für ihren Arbeitgeber oder Familienangehörige auftreten, müssen also nach wie vor eine Originalvollmacht vorlegen.“
4
Die Ausführungen des LG Stuttgart aus dem Beschluss vom 15.10.2021 überzeugen insoweit nicht, als sie zwar angeblich „unter Berücksichtigung des § 753 a ZPO“ ausgeführt werden. Allerdings wird der sodann notwendige Schluss, der sich aus dem neuen § 753 a ZPO und der zu erreichenden Verfahrensvereinfachung ergibt, nicht gezogen. Es wird lediglich auf das Erfordernis der Prüfung hinsichtlich der Echtheit der Unterschrift des Bevollmächtigten und der Prüfung, ob die erteilte Vollmacht nicht zwischenzeitlich entzogen worden ist, verwiesen. Dabei wird auf Rechtsprechung und Kommentarliteratur verwiesen, die vor der Gesetzesänderung des § 753 a ZPO datiert. Der Gesetzeswortlaut, untermauert durch die oben zitierte Gesetzesbegründung, ist insoweit eindeutig und nicht auslegungsfähig.
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Nach alledem ist der Gerichtsvollzieher anzuweisen, die Vollstreckung bzw. Auskehrung des Betrages nicht mit dem Argument zu verweigern, es liege keine Geldempfangsvollmacht im Original vor.