Titel:
Verpflichtung zur Teilnahme an einer Krankenhausentgelt-Kalkulation nach Losverfahren
Normenketten:
VwGO § 72, § 79 Abs. 1 Nr. 1, § 113 Abs. 1 S. 1
KHG § 17b Abs. 2, Abs. 3 S. 5, § 17d Abs. 1 S. 7 Hs. 2 (idF vom 11.12.2018)
VwVfG § 1 Abs. 4
Leitsätze:
1. Die nachträgliche Änderung der behördlichen Zuständigkeiten (hier: im KHG) hat bei einer Anfechtungsklage nicht die formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide zur Folge. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft treten in Wahrnehmung der ihnen durch das KHG idF vom 11.12.2018 gesetzlich obliegenden Aufgaben funktional als einheitliche Behörde auf. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das gewählte zweistufige Auswahlverfahren mit der Bildung einer Auswahlmenge (Ranking) und einem nachfolgenden iterativen Losverfahren nutzt den durch § 17b Abs. 3 S. 4 und S. 5 KHG aF gesetzgeberisch eingeräumten Gestaltungsspielraum in sachgerechter Weise. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids, Kalkulation von Krankenhausentgelten, Qualifikation der Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen als einheitliche funktionale Behörde, Beleihung, Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe, verpflichtende Anordnung zur Teilnahme eines Krankenhauses an einer Datenerhebungsmaßnahme, Losverfahren, Krankenhausentgelt, Kalkulation, funktionale Behörde, Repräsentativität, verpflichtende Teilnahme, Datenerhebung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 37815
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung zur verpflichtenden Teilnahme an einer Krankenhausentgelt-Kalkulation für die Jahre 2020, 2021 und 2022 (Datenjahre 2019 bis 2021) auf der Grundlage eines von der Beigeladenen durchgeführten Losverfahrens.
2
Die Klägerin ist Trägerin einer Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie.
3
Bei den Beklagten handelt es sich um Selbstverwaltungsparteien auf Bundesebene, denen gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenfinanzierungsgesetz - KHG) u.a. die Aufgabe übertragen wurde, Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelation auf Bundesebene (Bewertungsverfahren) zu vereinbaren. Die Beklagte zu 1 ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die die Krankenkassen in den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung vertritt. Die Beklagten zu 2 und 3 sind als Vereine des Privatrechts organisiert.
4
Die Beigeladene ist eine von den Beklagten gegründete GmbH; sie sind deren alleinige Gesellschafter. Die Beigeladene nimmt insbesondere Aufgaben im Zusammenhang mit der gesetzlich vorgeschriebenen Einführung und Weiterentwicklung des sogenannten DRG-Systems (eines pauschalisierenden Abrechnungssystems anhand von Fallpauschalen) und der Entwicklung eines pauschalisierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik wahr.
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Die Beklagten zu 1 bis 3 (im Folgenden: Vertragsparteien) schlossen am 2. September 2016 auf der Grundlage von § 17b Abs. 3 KHG eine Vereinbarung, um die Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe zu erhöhen (im Folgenden: ReprKalkV). Anlass für diese Vereinbarung war die Feststellung, dass eine Kalkulation auf der Grundlage einer freiwilligen Teilnahme von Krankenhäusern unzureichend war, da auf diese Weise nicht alle Krankenhausversorgungsstufen und Leistungsbereiche gleichmäßig repräsentiert wurden. Unter Berücksichtigung des Verbesserungspotentials sollten in einem Losverfahren Krankenhäuser ausgewählt werden, die zur Teilnahme an der Kostenkalkulation verpflichtet werden sollen. Bezüglich des Auswahlverfahrens und der Datenübermittlung war in § 2 Abs. 1 ReprKalkV geregelt, dass die Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser durch die Beigeladene erfolgt und die ausgewählten Krankenhäuser von ihr darüber schriftlich informiert werden.
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In einer Ergänzungsvereinbarung wurde am 1. September 2017 das in der ReprKalkV für den DRG-Bereich entwickelte Konzept weiterentwickelt und der Entgeltbereich der psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen nach § 17d KHG (sogenannter Entgeltbereich „PSY“) in die Vereinbarung einbezogen. Das Auswahlverfahren des Entgeltbereichs „PSY“ ist in § 3 der Ergänzungsvereinbarung geregelt. Danach erfolgt die Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser durch die Vertragsparteien. Diese beauftragen die Beigeladene mit der Durchführung der Auswahlrunden. Die Auswahl, die in der Regel alle drei Jahre erfolgt, ist auf maximal 20 Teilnehmer begrenzt. Nach § 3 Abs. 2 der Ergänzungsvereinbarung wurde für die ausgewählten Krankenhäuser des Entgeltbereichs „PSY“ bezüglich des Auswahlverfahrens die Regelung in § 2 Abs. 2 bis 4 ReprKalkV für anwendbar erklärt.
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Das Auswahlverfahren wird auf der Basis des von der Beigeladenen entwickelten Konzepts „Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe“ (Bl. 32 der vorgelegten Verwaltungsakte) durchgeführt. Die bisher auf einer freiwilligen Teilnahme aufbauende Kalkulationsstichprobe soll durch eine Auswahl einzelner, bislang entweder aufgrund ihrer Trägerschaft oder ihrer Leistungsstruktur unterrepräsentierter Krankenhäuser ergänzt werden. Die freiwillige Teilnahme von Krankenhäusern an der Kalkulation bleibt von der verpflichtenden Teilnahme in dem neu geschaffenen Auswahlverfahren unberührt. Dementsprechend werden in das Auswahlverfahren von vornherein nur solche Krankenhäuser einbezogen, welche nicht auf freiwilliger Basis und zugleich erfolgreich an der Kostenerhebung teilnehmen. Die Analyse zur Beurteilung der Repräsentativität und der Auswahlprozess werden auf der Grundlage der Struktur- und Leistungsdaten durchgeführt, die die Krankenhäuser nach § 21 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz) und nach der Vereinbarung zum pauschalisierenden Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PEPPV) an die Beigeladene zu übermitteln haben. In einem ersten Schritt wird zunächst analysiert, in welchen Bereichen die Kalkulationsstichprobe bezüglich der Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“ unterrepräsentiert ist. Zum einen wird ermittelt, in welchem Verhältnis bzw. wie viele Krankenhäuser der einzelnen Trägergruppen (öffentliche Träger, frei-gemeinnützige Träger, private Träger) ergänzend in die Kalkulationsstichprobe aufgenommen werden müssen. Im Bereich des Entgeltbereichs „PSY“ werden bei der Analyse der Repräsentativität zusätzlich die Art des Krankenhauses, die regionale Pflichtversorgung und die Umsetzung von Personalvorgaben berücksichtigt. Zum anderen werden Leistungsbereiche bestimmt und je Leistungsbereich geprüft, ob dieser in der Gruppe der Hauptleistungserbringer unterrepräsentiert ist. Abschließend erfolgt unter den ermittelten unterrepräsentierten Leistungsbereichen eine Priorisierung. Auf der Grundlage der hierbei gewonnenen Ergebnisse erfolgt in einem zweiten Schritt der eigentliche Auswahlprozess im Wege eines Losverfahrens. Vor dem Losverfahren stimmen die Beklagten auf Bundesebene ab, wie viele Krankenhäuser jeweils in die Auswahlmenge kommen und wie viele zur Teilnahme verpflichtet werden sollen. Die in das Auswahlverfahren einbezogenen Krankenhäuser werden in einem Ranking gelistet, das die unterschiedlichen Verbesserungsbeiträge der Krankenhäuser bezüglich der priorisierten unterrepräsentierten Leistungsbereiche abbilden soll. Die Krankenhäuser mit dem höchsten Verbesserungspotential stehen dabei im Ranking oben. Anschließend wird in einem Losverfahren ein Krankenhaus ausgelost, wobei jedes der gelisteten Krankenhäuser beim Ziehungsschritts mit einem Los vertreten ist. Unter Berücksichtigung der analysierten Repräsentativität und der bereits gezogenen Auswahl wird das Ranking der Krankenhäuser am Beginn eines jeden Ziehungsschritts aktualisiert. Dieses Verfahren wird so oft wiederholt, bis die festgelegte Zahl an auszuwählenden Krankenhäusern erreicht ist. Die Ziehung erfolgt unter Aufsicht eines neutralen Beobachters und die iterativen Schritte werden in einer Dokumentation im Internet veröffentlicht.
8
Im Rahmen eines Losverfahrens am 22. September 2017 wurde die Klägerin zur verpflichtenden Teilnahme an der Kostenerhebung für den Bereich „PSY“ im Losverfahren gezogen. Dieses wurde der Klägerin am 25. September 2017 durch die Beigeladene schriftlich mitgeteilt.
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Als Reaktion auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 17. April 2019 (Az. 13 B 1431/18) wurde die ReprKalkV in der Fassung vom 17. Juli 2019 dahingehend abgeändert, dass die in einem Losverfahren ausgewählten Krankenhäuser durch die Beigeladene namens und im Auftrag der Beklagten durch schriftlichen Bescheid zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet werden und die Beigeladene dem Krankenhaus die Voraussetzungen einer erfolgreichen Teilnahme sowie die mit der Verpflichtung verbundenen Sanktionsregelungen mitteilt (§ 2 Abs. 2 ReprKalkV).
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Mit Bescheid vom 24. Juli 2019 wurde die Klägerin namens und im Auftrag der Antragsgegner verpflichtet, für die Jahre 2020, 2021 und 2022 an der Kalkulation für den Entgeltbereich „PSY“ teilzunehmen (Datenjahre 2019 bis 2021, Abgabe der Daten jeweils im darauffolgenden Jahr 2020 bis 2022) (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 des Bescheids wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass für die Teilnahme an der Kalkulation ergänzend die Regelungen der Kalkulationsvereinbarung gelten, soweit die Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität nichts Abweichendes regelt. Eine unvollständige und/oder ausbleibende Kalkulationsteilnahme sei sanktionsbehaftet. In Nr. 3 wird die Klägerin weiter verpflichtet, in einem beigefügten Formular Angaben zu den im Krankenhaus zuständigen Ansprechpartnern für die Teilnahme an der Kalkulation einzutragen und bis zum 9. August 2019 an die Beigeladene zurückzusenden.
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Zur Begründung des Bescheids wird ausgeführt, Rechtsgrundlage der Verpflichtung sei § 17b Abs. 3 Satz 4 und 5 KHG i.V.m. der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation. Aufgrund des in der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation vorgesehenen Auswahlverfahrens sei die Klägerin im Rahmen eines notariell beaufsichtigten Losverfahrens am 22. September 2017 von den Vertragsparteien auf Bundesebene zur verpflichtenden Teilnahme an der Kostenerhebung ausgewählt worden. Die Klägerin sei daher durch schriftlichen Bescheid zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet. Die verpflichtende Teilnahme erstrecke sich aufgrund der bereits durchgeführten Kalkulation für die Jahre bis einschließlich 2019 auf die Datenjahre 2019 bis 2021. Die Verpflichtung zur Kalkulation ende mit dem Datenlieferungsjahr 2022.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung im Bescheid vom 24. Juli 2019 verwiesen.
13
Die Klägerin hat gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2019 zurückgewiesen wurde.
14
Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin sei auf der Grundlage des § 17b Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 KHG i.V.m. der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation entsprechend den dort vorgesehenen Auswahlverfahren im Rahmen eines notariell beaufsichtigten Losverfahrens zu verpflichten gewesen. Die Beigeladene habe allein die entsprechend der Vereinbarung getroffene Auswahlentscheidung im Losverfahren in einem schriftlichen Bescheid umgesetzt. Gegen die gesetzliche Beauftragung der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG mit der Vereinbarung eines Konzepts zur repräsentativen Kalkulation der Bewertungsrelationen und seiner Weiterentwicklung auf der Basis eines Vorschlags der Beigeladenen einschließlich der Verpflichtung bestimmter Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation bestünden keine rechtlichen Bedenken. Die normenvertragliche Ausgestaltung des Fallpauschalensystems durch die Vertragsparteien sei obergerichtlich zumindest inzident gebilligt worden.
15
Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 23. Oktober 2019 wird ergänzend verwiesen.
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Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 12. November 2019 gegen den Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2019 beim Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben mit dem Antrag, die Bescheide aufzuheben (Az. Az. VG 24 L 406.19).
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Zur Begründung der Klage wird ausgeführt, der Bescheid vom 24. Juli 2019 sei voraussichtlich rechtswidrig, da es ihm an einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage fehle. Die Klägerin habe durch den Verpflichtungsbescheid nicht wirksam zur Beteiligung an der Kalkulation herangezogen werden können, weil die Beigeladene als juristische Person des Privatrechts nicht befugt gewesen sei, die Klägerin mittels hoheitlicher Maßnahme zur Teilnahme zu verpflichten. Ihr seien weder Entscheidungsbefugnisse übertragen worden noch hätten sich die Beklagten den Bescheid zu eigen machen können. Dieser Mangel habe auch nicht durch Erlass des Widerspruchsbescheids geheilt werden können, weil durch den Widerspruchsbescheid lediglich der Ursprungsbescheid bestätigt worden sei. Die Beklagten hätten jedoch einen eigenen neuen Bescheid erlassen müssen. Der Beigeladenen stehe keine eigene Auswahlbefugnis zu, da die Auswahl nach § 17b Abs. 3 Satz 4 bis 6 KHG von den Beklagten hätte erfolgen müssen. Die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen genügten nicht den rechtlichen Anforderungen. Insbesondere fehlten sämtliche Verwaltungsvorgänge, die zu einer Heranziehung der Klägerin im Losverfahren geführt hätten und damit Grundlage des Ausgangsbescheides gewesen seien.
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Mit Schriftsatz vom 5. September 2019 hat die Klägerin zudem im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 24 L 406.19) beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 anzuordnen. Der Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Mai 2020 an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen.
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Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Juni 2020 wurde auch das Klageverfahren an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen und dort zunächst unter dem Aktenzeichen Au 9 K 20.995 geführt.
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Mit Beschluss vom 19. Juni 2020 wurde das ... zum Verfahren beigeladen.
21
Das Verwaltungsgericht Augsburg ordnete mit Beschluss vom 30. Juni 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 24. Juli 2019 an (Az.: Au 9 S 20.895). Auf Beschwerde der Beklagten und der Beigeladenen hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. Oktober 2020 (Az. 12 CS 20.1769) die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wegen eines Verfahrensmangels auf und verwies die Entscheidung zur erneuten Entscheidung zurück.
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Mit weiterem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Dezember 2020 (Az.: Au 9 S 20.2215) wurde der Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage gegen den Verpflichtungsbescheid keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Der beanstandete Verpflichtungsbescheid begegne in der Gestalt des Widerspruchsbescheids keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit des mit der Klage angegriffenen Bescheids der Beigeladenen vom 24. Juli 2019 seien nicht geeignet, die aufschiebende Wirkung der Klage auszusprechen. Ermächtigungsgrundlage für die Verpflichtung eines Krankenhauses zur Kalkulationsteilnahme sei im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2019) § 17d Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 i.V.m. § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 Alt. 1 KHG in der Fassung vom 11. Dezember 2018, die bis zum 31. Dezember 2019 gültig war. Nach § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F. vereinbaren die Vertragsparteien auf der Grundlage eines vom ... entwickelten Vorschlags bis spätestens 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach § 17b Abs. 2 Satz 3 und deren Weiterentwicklung. Dabei könnten insbesondere bestimmte Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet werden, Maßnahmen zu ergreifen, um die Lieferung uneingeschränkt verwertbarer Daten zu gewährleisten und um die Richtigkeit der übermittelten Daten umfassend überprüfen zu können. Der im Streit stehende Bescheid stelle sich als eine den Beklagten zurechenbare Auswahlentscheidung dar, so dass kein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft vorliege. Ebenfalls liege kein sogenannter Scheinverwaltungsakt vor. Die Auswahlentscheidung sei mit dem Widerspruchsbescheid der Beklagten nochmals ausdrücklich bestätigt worden. Die Beklagten seien nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO als Selbstverwaltungsbehörde für die Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin zuständig gewesen, da es sich insoweit um eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Beklagten handle.
23
Auf die weiteren Ausführungen im Beschluss des Gerichts vom 17. Dezember 2020 wird ergänzend verwiesen.
24
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhob die Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde (Az.: 12 CS 21.118). Im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren wurde mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 25. August 2020 das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet. Am 1. März 2021 wurde das Verfahren als statistisch erledigt behandelt.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Juni 2021 (12 CS 21.118) wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, das Verwaltungsgericht sei zurecht davon ausgegangen, dass sich der Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.Oktober 2019 voraussichtlich als rechtmäßig erweise. Gemäß dem Maßstab der summarischen Prüfung von Sach- und Rechtslage seien eventuelle Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Verpflichtungsbescheides jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2019 als geheilt anzusehen. Es sei weiter offenkundig, dass die Beklagten mit dem Erlass des Widerspruchsbescheids eine inhaltliche Entscheidung über die Verpflichtung der Klägerin getroffen hätten, indem sie sich darin das Ergebnis der technischen Durchführung des Auswahlverfahrens mit dem Losziehungsverfahren und dem Erlass des Verpflichtungsbescheids jedenfalls im Widerspruchsbescheid zu Eigen gemacht hätten. Die Unterschriftsberechtigung der einzelnen Bediensteten der Beklagten als für die Widerspruchsentscheidung gemeinsam Verantwortlichen ließen sich der internen Organisation der jeweiligen Behörde entnehmen. Einer förmlichen Bekanntmachung bedürfe es nach Art. 37 BayVwVfG nicht.
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Auf den weiteren Inhalt des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 16. Juni 2021 wird ergänzend verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 8. September 2021 teilte die Klägerin mit, dass das Klageverfahren nach Abschluss des Eilverfahrens weitergeführt werden soll. Zur Begründung bezog sich der Bevollmächtigte der Klägerin auf das bereits im Klage- und Eilverfahren erfolgte Vorbringen und beantragte den Beklagten und der Beigeladenen durch schriftliche Verfügung detailliert aufzugeben, welche Verwaltungsakten und sonstige Unterlagen dem Gericht vorzulegen sind. Das Klageverfahren wurde wiederaufgegriffen und unter dem Aktenzeichen Au 9 K 21.1819 fortgeführt.
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Mit Schreiben vom 15. September 2019 wies das Gericht darauf hin, dass eine Entscheidung über die Streitsache auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen möglich und eine weitere Aufforderung nicht veranlasst ist.
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Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2021 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, die Beklagten und die Beigeladene zur Beantwortung von insgesamt 26 das Verwaltungsverfahren und die Behördenstruktur betreffende Fragen aufzufordern.
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Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 19. Dezember 2021 wurde beantragt, die Bevollmächtigten der Beklagten zu 1 und 3 sowie der Beigeladenen wegen bestehender Interessenkollision zurückzuweisen. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Februar 2022 wurde der Zurückweisungsantrag der Klägerin abgelehnt. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.
31
Mit Schriftsatz vom 15. September 2022 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin,
32
den Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2019 aufzuheben,
33
hilfsweise festzustellen, dass der Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 und der Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2019 nichtig sind.
34
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass § 17b Abs. 3 Satz 5 und 6 KHG a.F. keine hinreichende Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Verpflichtungsbescheid darstelle. Die Beklagten seien zum Erlass eines solchen Verwaltungsakts nicht beliehen worden und es handele sich bei ihnen um keine einheitlich handelnde Behörde. Der Verpflichtungsbescheid und der Widerspruchsbescheid könnten den Beklagten nicht zugerechnet werden. Für die in Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 des Verpflichtungsbescheids ausgesprochene Regelung fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Das Widerspruchsverfahren sei fehlerhaft. Die Beklagten seien keine Widerspruchsbehörde, auch sei kein Abhilfeverfahren durchgeführt worden. Aufgrund der fehlenden Erkennbarkeit der erlassenden Behörde sei der Verpflichtungsbescheid nichtig.
35
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die ausführliche Stellungnahme des Bevollmächtigen der Klägerin vom 15. September 2022 (Bl. 224 bis 250 der Gerichtskate) verwiesen.
36
Die Beklagten zu 1 und 3 sind der Klage entgegengetreten und beantragen,
38
Die Beklagten stützen ihren Abweisungsantrag auf die bereits zahlreich vorliegenden obergerichtlichen Entscheidungen aus den vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen würden sich nach den vorliegenden Entscheidungen nicht stellen. Die Verpflichtung der Klägerin sei von den Beklagten in Ausübung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Entscheidungskompetenz eigenständig getroffen worden. Dies lasse insbesondere der Widerspruchsbescheid, auf den maßgeblich abzustellen sei, erkennen. Die Auswahlentscheidung selbst sei rechtmäßig ergangen. Es sei ein Losentscheid vorausgegangen, der mit dem in der Sache angefochtenen Bescheid umgesetzt worden sei. Der gesamte Vorgang des notariell beaufsichtigten Losverfahrens sei mittels Video aufgezeichnet worden, das auf der Internetplattform der Beigeladenen veröffentlicht worden sei und somit für Jedermann abrufbar sei. Auf die weiteren Ausführungen im einstweiligen Rechtschutzverfahren und dem Schriftsatz vom 22. September 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
39
Der Beklagte zu 2 beantragt,
41
Zur Begründung wurde auf den gesamten bisherigen Vortrag der Beklagten zu 1 und 3 sowie der Beigeladenen sowohl im Hauptsacheverfahren als auch in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren Bezug genommen.
42
Die Beigeladene beantragt,
44
Zur Begründung hat sich die Beigeladene den Ausführungen der Beklagten zu 1 und 3 angeschlossen.
45
Am 26. September 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll Bezug genommen.
46
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Akten der Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (Au 9 S 20.895 und Au 9 S 20.2215) sowie die von den Beklagten zu 1 und 3 vorgelegten Verfahrensunterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
47
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2019 ist rechtmäßig und nicht geeignet, die Klägerin in ihren Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
48
1. Die fristgerecht (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) beim Verwaltungsgericht Berlin erhobene und mit Beschluss vom 9. Juni 2020 an das Verwaltungsgericht Augsburg verwiesene Klage ist als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Gegenstand dieser Anfechtungsklage ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprünglich von der Beigeladenen im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassene Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 23. Oktober 2019. Mit dem streitgegenständlichen Ausgangsbescheid wurde die Klägerin namens und im Auftrag der Beklagten verpflichtet, für die Jahre 2020, 2021 und 2022 an der Kalkulation für den Entgeltbereich „PSY“ teilzunehmen.
49
Vor Erhebung der Anfechtungsklage wurde ein Widerspruchsverfahren durchgeführt, das erfolglos geblieben ist (§ 68 Abs. 1 VwGO). Der von der Klägerin gegen den Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2019 zurückgewiesen.
50
Der Klage fehlt auch nicht infolge des zwischenzeitlichen Ablaufs der maßgeblichen Datenjahre (2019 bis 2021) das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Gleiches gilt für eine bislang eventuell unterbliebene Datenlieferung seitens der Klägerin. Denn ein Verstoß der Klägerin gegen ihre Leistungspflicht ist nach der ReprKalkV 2019 sanktionsbewehrt (vgl. § 3 Abs. 1 der Vereinbarung vom 17. Juli 2019).
51
2. Der hier in Streit stehende Ausgangsbescheid, den die Beigeladene namens und im Auftrag der Beklagten am 24. Juli 2019 erlassen hat, ist rechtmäßig (a). Gleiches gilt für den Widerspruchsbescheid, so dass es im Ergebnis nicht darauf ankommt, ob eventuelle, beim Erlass des Ausgangsbescheids vorliegende formelle Mängel im Widerspruchsverfahren geheilt werden konnten (b).
52
a) Der hier in Streit stehende Ausgangsbescheid vom 24. Juli 2019 begegnet nach Auffassung der Kammer keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
53
(1) Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier inmitten stehenden Anfechtungsklage die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides als letzte behördliche Entscheidung (Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 113 Rn. 31, 32). Jedenfalls gilt das für die hier in Streit stehenden Fragen der behördlichen Zuständigkeiten. Deren nachträgliche Änderung hat nicht die formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide zur Folge (Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 113 Rn. 42). Damit bleiben hier aber die zwischenzeitlich durch Art. 5 des Gesundheitsversorgungsentwicklungsgesetzes vom 11. Juli 2021 (GVWG) bewirkten Änderungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) insbesondere zur Beleihung der Beigeladenen sowie zu deren Befugnis, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen (§ 31 Abs. 1 und Abs. 2 KHG) für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der hier in Streit stehenden Bescheide unberücksichtigt, da nach Erlass des Widerspruchsbescheides eingetretene Änderungen des KHG lediglich Wirkung für die Zukunft (ex nunc) entfalten (vgl. OVG Hamburg, B.v. 13.8.2021 - 5 Bs 47/21 - juris Rn. 35).
54
(2) Rechtsgrundlage für die Verpflichtung eines Krankenhauses zur Kalkulationsteilnahme ist im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2019) die Vorschrift des § 17d Abs. 1 Satz 7 Halbs. 2 i.V.m. 17b Abs. 3 Satz 5 Halbs. 2 Alt. 1 KHG in der Fassung vom 11. Dezember 2018, die bis zum 31. Dezember 2019 gültig war (im Folgenden KHG a.F.). Nach § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F., der gemäß § 17d Abs. 1 Satz 7 Halbs. 2 KHG a.F. für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen entsprechende Anwendung findet, vereinbaren die Vertragsparteien (hier: die Beklagten zu 1 bis 3) auf der Grundlage eines von der Beigeladenen zu entwickelnden Vorschlags bis spätestens 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3 des § 17b Abs. 2 (Kalkulation der Bewertungsrelationen) und deren Weiterentwicklung. Als Bestandteil dieses Konzepts haben die Vertragsparteien geeignete Maßnahmen zu seiner Umsetzung zu vereinbaren (§ 17b Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 KHG a.F.). Dabei können sie gemäß § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbs. 2 KHG a.F. insbesondere bestimmte Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichten und Maßnahmen ergreifen, um die Lieferung uneingeschränkt verwertbarer Daten zu gewährleisten und um die Richtigkeit der übermittelten Daten umfassend überprüfen zu können.
55
(a) Nach der eindeutigen gesetzgeberischen Konzeption in § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG a.F. obliegt es damit den Beklagten, die rechtliche Verpflichtung des jeweiligen Krankenhauses zur Teilnahme an der Kalkulation auszusprechen. Einer abweichenden Lesart im Sinne der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin, wonach allein die Beigeladene zur Verpflichtung der einzelnen Krankenhäuser befugt sein sollte, ist die maßgebliche gesetzliche Bestimmung des § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG a.F. nicht zugänglich. Denn nach dem klaren Wortlaut der Norm weist das Gesetz diese Aufgabe im Wege einer Beleihung vielmehr ausdrücklich den Beklagten zur gemeinsamen Ausübung zu (vgl. § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbs. 2: „[…] können sie […]). Die vom Bevollmächtigten der Klägerin aus den nachfolgenden Gesetzesänderungen und deren Begründung gezogenen Schlüsse können daher nicht den in der vormaligen Regelung des § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG a.F. klar zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen in Frage stellen.
56
(b) Die Beleihung der Beklagten erweist sich vorliegend auch als wirksam. Voraussetzung einer Beleihung ist eine gesetzliche Grundlage sowie ein wirksamer Beleihungsakt, wobei die Beleihung auch durch eine Rechtsnorm erfolgen kann (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 23. Aufl. 2022, § 1 Rn. 59 f). Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der eine gemeinsame Beleihung mehrerer Stellen ausschließt (NdsOVG, B.v. 22.1.2021 - a.a.O. - juris Rn. 12). Die Beliehenen nehmen Aufgaben und Befugnisse der öffentlichen Verwaltung kraft staatlicher Übertragung im eigenen Namen unter staatlicher Aufsicht wahr. Dass hier die die Beleihung aussprechende Norm des § 17b Abs. 3 KHG a.F. keine explizite Regelung zur staatlichen Aufsicht enthält, ist unschädlich. Ungeachtet dessen, dass bei einer Beleihung aus Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) eine staatliche Aufsicht gefordert wird, dürfte diese bereits dem Beleihungsakt und der Übertragung der hoheitlichen Aufgabe immanent sein. Denn die zuweisende Stelle gestaltet die Befugnisse aus, legt die Voraussetzungen für eine gesetzeskonforme Erfüllung der übertragenen Pflichten und Aufgaben fest und ist auch befugt, eine einmal übertragene Aufgabe wieder zu entziehen bzw. für die Zukunft abweichend zu gestalten. Zum anderen handelt es sich hier um einen nicht grundrechtsintensiven Bereich, bei dem weniger strenge Anforderungen an die staatliche Aufsicht zu stellen sind (VG Berlin, U.v. 8.9.2022 - VG 33 K 5/21 - S. 10 f. n.v.). Im Übrigen sind in § 17b Abs. 7 KHG a.F. aber auch dem Bundesministerium für Gesundheit Befugnisse aufsichtliche Handlungsbefugnisse eingeräumt.
57
Auf Grundlage des § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG a.F. oblag es damit grundsätzlich den Beklagten, die rechtliche Verpflichtung der jeweiligen Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation auszusprechen.
58
(c) Entgegen der Rechtsaufassung der Klägerin sind die Beklagten nach der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses maßgeblichen Fassung des KHG vom 11. Dezember 2018 auch berechtigt, im Rahmen der ihnen nach § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG a.F. übertragenen Aufgaben - danach vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem entsprechend den Vorgaben der Absätze 1, 1a und 3 KHG - Krankenhäuser durch Verwaltungsakt im Sinn des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zur Teilnahme an einem von der Beigeladenen auf der Grundlage des § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F. entwickelten Kalkulationssystems zu verpflichten. Aus der Regelung in § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG a.F., wonach Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung zur Teilnahme an der Kalkulation keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) haben, folgt, dass diese Verpflichtung durch Verwaltungsakt ausgesprochen wird. Dieser gesetzlich geregelte Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage indiziert, dass die gesetzliche Aufgabenübertragung gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG a.F. an die Beklagten mit einer Befugnis zum Erlass von entsprechenden Verwaltungsakten korrespondiert. Die auf der Grundlage des § 17b Abs. 3 KHG a.F. zu treffende Auswahlentscheidung ist mit der Kompetenz zum Erlass von entsprechenden Verwaltungsakten verbunden, sodass die hiergegen erhobenen Einwände der Klägerin fehlgehen.
59
(3) Die Kammer ist auch der Auffassung, dass die Beklagten bei Erlass des Ausgangsbescheides in Wahrnehmung der ihnen durch das KHG a.F. gesetzlich obliegenden Aufgaben funktional als einheitliche Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) tätig geworden sind (OVG NW, B.v. 12.1.2021 - 13 B 1221/20 - juris Rn. 34). Die Beklagten sind ungeachtet ihrer Organisationsform und ihrer rechtlichen Selbständigkeit kraft Gesetzes durch § 17b Abs. 3 KHG a.F. mit der Befugnis zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im Bereich der Krankenhausfinanzierung beauftragt worden. § 17b Abs. 3 KHG a.F. betraut die Beklagten - ungeachtet ihrer Eigenschaft als jeweils eigenständige juristische Personen - gemeinsam mit der Einführung und Umsetzung eines pauschalierenden Entgeltsystems im Krankenhauswesen (NdsOVG, B.v. 22.1.2021 - 13 ME 513/20 - juris Rn. 10). Die Beklagten sind gemeinsam als einheitliche Behörde nach Außen aufgetreten. Hierbei ist unschädlich, dass eine gemeinsame Behördenbezeichnung fehlt und die Vertragspartner im Sinne des § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG a.F. jeweils über eine selbständige Organisationsstruktur verfügen (vgl. OVG NW, B.v. 12.1.2021 - 13 B 1221/20 - juris Rn. 37).
60
(4) Die Kammer ist weiter der Auffassung, dass der hier streitgegenständliche Ausgangsbescheid vom 24. Juli 2019 den Beklagten auch zuzurechnen ist. Die Beigeladene hat den Bescheid „namens und im Auftrag“ der Beklagten zu 1 bis 3 erlassen. Dies ergibt sich vom maßgeblichen Empfängerhorizont der Klägerin beurteilt bereits aus der gewählten Formulierung „namens und im Auftrag der Vertragsparteien“ sowie aus der dem Bescheid als Anlage 4 beigefügten Vereinbarung gemäß § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F. zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 17. Juli 2019, in der es in § 2 Abs. 1 Satz 1 zur Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser heißt, dass diese durch die Vertragsparteien erfolgt. Die Vertragsparteien (Beklagte zu 1 bis 3) beauftragen hierbei die Beigeladene mit der Durchführung der Auswahlrunden, die spätestens bis zum 31. Oktober 2016 zu erfolgen haben. Ausgehend von der getroffenen Vereinbarung in § 2 Abs. 2 Satz 1 ReprKalkV 2019 ist die Beigeladene bei Erlass des Ausgangsbescheides lediglich als bloße Verwaltungshelferin für die Beklagten tätig geworden (so auch OVG NW, B.v. 12.1.2021 - 13 B 1221/20 - juris Rn. 44 bis 46). Das Gesetz in der hier maßgeblichen Fassung weist ihr - anders als den Beklagten - keine hoheitlichen Befugnisse zu. Die Beigeladene ist nach § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F. vielmehr als bloße Verwaltungshelferin in die technische Abwicklung des Kalkulationsverfahrens einbezogen worden. Entscheidungsbefugnisse sind ihr hingegen nicht übertragen worden (OVG NW, B.v. 17.4.2019 - 13 B 1431/18 - juris Rn. 52-54). Ausweislich der eingangs des streitgegenständlichen Bescheids gewählten Formulierung hat die Beigeladene damit gerade keine, ihr zurechenbare originäre Verwaltungsentscheidung getroffen. Ihre Funktion beschränkt sich auf den bloßen Erlass bzw. die Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids. Die Annahme einer bloßen Verwaltungshilfe setzt dabei eine untergeordnete, weisungsabhängige Tätigkeit voraus, die sich hier in der Konzeption der ReprKalkV 2019 und dessen § 2 Abs. 1 und 2 im Verhältnis der Beigeladenen zu den Beklagten zeigt. Danach erfolgt die Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser zwingend durch die Vertragsparteien, also die Beklagten. Diese beauftragen hierfür die Beigeladene mit der Durchführung der Auswahlrunden. § 2 Abs. 2 ReprKalkV 2019 bestimmt weiter, dass die ausgewählten Krankenhäuser durch die Beigeladene namens und im Auftrag der Vertragsparteien (Beklagten) durch schriftlichen Bescheid zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet werden. Damit fehlt es aber an einem nennenswerten Entscheidungsspielraum der Beigeladenen bei der ihr durch die ReprKalkV 2019 übertragenen Aufgaben, sodass sich deren Tätigkeit letztlich als bloße Verwaltungshilfe darstellt.
61
(5) Damit liegt im Ergebnis eine den Beklagten zurechenbare Auswahlentscheidung vor, so dass auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft festzustellen ist. Nach den vorstehenden Ausführungen sind die Beklagten Herren des von der Beigeladenen durchgeführten Auswahlverfahrens geblieben. Damit liegt entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin kein bloßer Scheinverwaltungsakt der Beigeladenen vor. Die Beigeladene ist bei der von ihr vorgenommenen Auswahlentscheidung (Losverfahren) nicht als Entscheidungsträgerin nach Außen in Erscheinung getreten. Es liegt ausschließlich ein den Beklagten zurechenbarer Verwaltungsakt vor, was auch der Konzeption der ReprKalkV 2019 entspricht. Überdies sieht § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F. die Einbindung der Beigeladenen in das Verfahren zur Entwicklung des Verfahrens für eine repräsentative Entgeltkalkulation ausdrücklich vor. Ausgehend vom weiten Organisationsermessen der Beklagten war es diesen möglich, die Beigeladene als Verwaltungshelferin mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung von vorbereitenden Aufgaben - hier der technischen Durchführung des Auswahlverfahrens - zu betrauen (OVG NW, B.v. 12.1.2021 - 13 B 1221/20 - juris Rn. 56, 58; VG Berlin, B.v. 20.5.2020 - 24 L 395.19 - juris Rn. 13).
62
Damit stellt der mit der Klage angegriffene Ausgangsbescheid eine sachliche Entscheidung der Beklagten selbst dar, die der gesetzgeberischen Konzeption in § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbs. 2 KHG a.F. folgt.
63
b) Auch der Widerspruchsbescheid weist keine rechtlichen Mängel auf, die zu einer Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids führen können.
64
(1) Zunächst fehlt es nicht - wie die Klägerin meint - an einem Abhilfeverfahren nach § 72 VwGO. Im Fall der Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bedarf es keines Abhilfeverfahrens nach § 72 VwGO (BVerwG, U.v. 20.7.1984 - 7 C 28.83 - juris). Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erlässt den Widerspruchsbescheid in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch das Gesetz etwas anderes bestimmt wird. Bei den Beklagten handelt es sich um Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene, denen die nähere Ausgestaltung des Vergütungssystems im Krankenhauswesen zur näheren Ausgestaltung zugewiesen ist (Vollmöller in Dettling/Gerlach, BeckOK, KHR, Stand: 1.5.2022, § 17 b KHG Rn. 1). Darüber hinaus dürfte ein Fall des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO vorliegen, da mit dem Bundesministerium für Gesundheit eine oberste Bundesbehörde nächsthöhere Behörde zur erlassenden Ausgangsbehörde ist. Da § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG a.F. i.V.m. § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG a.F. dazu ermächtigt, bestimmte Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation zu verpflichten, hatten die Beklagten gemeinsam über den von der Klägerin eingelegten Widerspruch zu entscheiden, sodass ein Abhilfeverfahren nach § 72 VwGO entfällt.
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(2) Der Widerspruchsbescheid leidet auch im Übrigen nicht an formellen Mängeln.
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Der Widerspruchsbescheid nennt in seinem Kopf die gemeinsam handelnden Beklagten, die vorliegend als eine gemeinsame Behörde i.S.d. § 1 Abs. 4 VwVfG aufgrund der ihnen in § 17b KHG a.F. gesetzlich eingeräumten Kompetenzen gemeinschaftlich tätig geworden sind. Zudem trägt der Widerspruchsbescheid jeweils eine Unterschrift der drei beklagten juristischen Personen. Hierbei ist es ausreichend, dass der Verwaltungsakt die Unterschrift oder Namenswiedergabe eines bei der Behörde beschäftigten, mit Verwaltungsaufgaben betrauten Beamten oder Angestellten trägt, selbst wenn dieser nach der internen Organisation der Behörde nicht zuständig oder nicht zeichnungsbefugt ist. Denn der Umstand, dass die Unterschrift von einer nicht befugten Person geleistet wurde, ist, anders als das vollständige Fehlen der Unterschrift, für Außenstehende nicht ohne Weiteres erkennbar. Der Verletzung interner Zuständigkeitsregelungen kann daher im Verhältnis zum Bürger keine Außenwirkung zukommen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 37 Rn. 37). Deshalb bedarf es an dieser Stelle auch keiner vertieften Betrachtung der Frage, ob die den Widerspruchsbescheid unterzeichnenden Personen über die jeweilige Berechtigung hierzu verfügten (vgl. OVG Hamburg, B.v. 13.8.2021 - 5 Bs 47/21 - juris Rn. 24).
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Schließlich ist auch ein Verstoß gegen die gesetzliche Bestimmung in § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG nicht erkennbar (so auch VGH BW, B.v. 22.6.2021 - 13 S 3158/20, n.v.; BayVGH, B.v. 16.6.2021 - 12 CS 21.118, n.v.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 8.2.2021 - 5 S 32/20, n.v.; NdsOVG, B.v. 22.1.2021 - 13 ME 513/20 - juris Rn. 20). Danach muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Vorliegend lässt sich die Unterschriftsberechtigung der einzelnen Bediensteten der Beklagten als für die Widerspruchsentscheidung gemeinsam Verantwortlichen der internen Organisation der jeweiligen Behörde entnehmen. Einer förmlichen Bekanntmachung bedarf es hierfür nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 37 Rn. 34).
68
3. Auch die Verpflichtung der Klägerin a) zur Teilnahme an der Kalkulation (Nr. 1 Satz 1 des Bescheids) und b) zur Datenvorlage entsprechend den dem Ausgangsbescheid beigefügten Anlagen (Nr. 1 Satz 2, Nrn. 2 und 3) ist zu Recht erfolgt.
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a) Sowohl das Auswahlverfahren, das nach der von den Vertragsparteien geschlossenen Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation vom 2. September 2016 und der für den Bereich des PEPP-Systems (Pauschalierendes Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik) geschlossenen Ergänzungsvereinbarung durchgeführt wurde, als auch das sich hieran anschließende Losverfahren mit seinen normvertraglich festgelegten Teil-Ziehungsschritten „Aufstellung bzw. Aktualisierung des Rankings“ und „Losverfahren zur Auswahl eines Krankenhauses“ entsprechen den Vorgaben des Gesetzgebers in § 17b Abs. 3 KHG a.F. und wurden somit nicht willkürlich gewählt. Auch die Losentscheidung selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, da Ziel des Auswahlverfahrens lediglich ist, eine flächendeckende Repräsentativität der Kalkulationsstichproben sicherzustellen.
70
Nach dem Konzept der Beigeladenen (Behördenakte Bl. 11 bis 32) werden zunächst die Trägergruppen und Leistungsbereiche analysiert, die in der Kalkulationsgrundlage unterrepräsentiert sind. Dann werden diejenigen Krankenhäuser identifiziert, die aufgrund ihrer Trägergruppe und ihrer Leistungsbereiche zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulation beitragen können. Zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe wird die Stichprobe durch eine im Auswahlverfahren zu treffende, verpflichtende Kalkulationsteilnahme einzelner Krankenhäuser ergänzt. Hierzu wird in einem weiteren Schritt ein Ranking der Krankenhäuser mit dem höchsten Verbesserungspotential erstellt. Diese werden im Rahmen eines Losverfahrens gezogen. Im Fokus der Repräsentativitätsbetrachtung finden sich die sachgerechten, differenzierenden Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereich“. Diese unter Rn. 7 im Einzelnen geschilderte Konzeption für die zu treffende Auswahlentscheidung entspricht nach Auffassung der Kammer den hier maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben in § 17b Abs. 3 Satz 4 und 5 KHG a.F.. Auch das mit dem Auswahlverfahren verbundene Losverfahren beruht dem Grunde nach auf sachgerechten Erwägungen im Rahmen des den Beklagten durch § 17b Abs. 3 KHG a.F. eröffneten weiten Gestaltungsspielraums. Nach der Rechtsprechung sind (iterative) Losverfahren anerkannt, wenn die Entscheidung im Übrigen nachvollziehbar, transparent und willkürfrei ist (vgl. bspw. OVG NW, B.v.15.5.2017 - 4 A 1504/15 - juris zur Vergabe von Standplätzen).
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Vorliegend begegnen weder die Losziehung selbst, wie sie auf der Internetseite der Beigeladenen veröffentlicht und dokumentiert ist, noch das vorausgehende Auswahlverfahren durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dies gilt insbesondere auch für die der eigentlichen auf dem Zufallsprinzip beruhenden Losziehung vorausgegangene Auswahlentscheidung zur Teilnahme an der Kalkulation.
72
§ 17b Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 KHG a.F. ermächtigt die Vertragsparteien dazu, in Umsetzung des Konzepts in § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG a.F., geeignete Maßnahmen zu dessen Umsetzung zu vereinbaren. Hierbei können bestimmte Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet werden. Dieses Auswahlverfahren, das von der Klägerin im Übrigen jedenfalls nicht substantiiert beanstandet wird, findet seine Grundlage insbesondere in § 3 der Ergänzungsvereinbarung zur Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 17. Juli 2019. Unter anderem ist dort in § 3 „Auswahlverfahren im Entgeltbereich PSY“ geregelt, dass gemäß § 17d Abs. 1 Satz 7 letzter Halbs. KHG a.F. die Vertragsparteien eine erste Auswahl von Krankenhäusern zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation des PEPP-Systems im Jahr 2017 vereinbaren. Die Vertragsparteien beauftragen die Beigeladene mit der Durchführung der Auswahlrunden, im Jahr 2017 bis spätestens zum 30. September 2017. Die Auswahl ist auf maximal 20 Teilnehmer begrenzt. Im Konzept der Beigeladenen zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe (Behördenakte Bl. 1 bis 32) ist zunächst zugrunde gelegt, dass als Maßstab zur Bewertung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe die Zusammensetzung der Grundgesamtheit bezüglich bestimmter Struktur- und Leistungsmerkmale verwendet wird. Ein Krankenhaus kann dabei in die Auswahlmenge gelangen, wenn dieses Krankenhaus im aktuell analysierten Datenjahr nicht oder nicht erfolgreich an der jeweiligen Kostenerhebung teilgenommen hat. Die Repräsentativitätsbetrachtung bezieht sich dabei in erster Linie auf die Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“. Das Merkmal „Trägerschaft“ kann dabei die Ausprägungen „öffentlich“, „frei-gemeinnützig“ und „privat“ annehmen. Unter Betrachtung der beiden Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“ lässt sich für jede Ziehung ein geeignetes Verhältnis der Trägergruppen zur Erweiterung der Kalkulationsstichprobe ableiten. Vor dem Losverfahren stimmen die Vertragsparteien auf Bundesebene ab, wie viele Krankenhäuser jeweils in die Auswahlmenge gelangen (Anzahl der Krankenhäuser in der Lostrommel) und wie viele Krankenhäuser im Rahmen der Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulation jeweils zur Teilnahme verpflichtet werden sollen (Anzahl der Ziehungsrunden). Der Auswahlprozess zur Erweiterung der Kalkulationsstichprobe folgt dabei dem Gedanken, dass Krankenhäuser einen Beitrag zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulation leisten können, indem sie zu einer der unterrepräsentierten Trägergruppen zählen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit Investitionen in unterrepräsentierten Modulen abgebildeten Anlagegütern getätigt haben (Nr. 4.2 des Konzepts der Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe). Über ein geeignetes Ranking werden die unterschiedlichen Verbesserungsbeiträge der Krankenhäuser bezüglich der priorisierten unterrepräsentierten Module abgebildet. Die Kriterien zur Aufstellung bzw. Aktualisierung des Rankings für den hier maßgeblichen Entgeltbereich „PSY“ werden in dem Konzept zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe (Bl. 21 der Behördenakte) im Einzelnen näher ausgeführt.
73
In einem weiteren zufallsbedingten, dynamischen Auswahlprozess wird in jedem Ziehungsschritt genau ein Krankenhaus aus dem oberen Bereich des Rankings ausgelost, um die Kalkulationsstichprobe zu ergänzen. Veränderungen im Auswahlprozess werden dadurch berücksichtigt, dass das Ranking der Krankenhäuser unter Berücksichtigung der Erweiterung der Kalkulationsstichprobe am Beginn eines jeden Ziehungsschritts aktualisiert wird und nur eine vorgegebene Anzahl an Krankenhäusern der unterrepräsentierten Trägergruppen neu aufgenommen wird. Das vor jedem der jeweils 20 Ziehungsschritte aktualisierte Ranking berücksichtigt dabei adäquat, welche Krankenhäuser wie stark zur Verbesserung der Repräsentativität der Investitionsbewertungs-Kalkulation (INV-Kalkulation) beitragen können. Krankenhäuser mit höherem Verbesserungspotenzial finden sich dabei höher gelistet im Ranking (Nr. 4.2.2 des Konzepts der Beigeladenen zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe). Zur Vermeidung einer bewussten Auswahl eines Krankenhauses wird jeweils innerhalb der 20 im Ranking am weitest obenstehenden Krankenhäuser (Auswahlmenge), die zu einer noch unterrepräsentierten Trägergruppe gehören, ein Krankenhaus ausgelost, um die Kalkulationsstichprobe zu ergänzen. Für jedes der 20 Krankenhäuser besteht eine Ziehungswahrscheinlichkeit von 1/20. Die Aktualisierung des Rankings vor jedem Ziehungsvorgang bewirkt, dass im Erwartungswert mit relativ wenigen zusätzlich in die Kalkulationsstichprobe gelangenden Häusern, die größtmögliche Wahrscheinlichkeit zur Verbesserung hinsichtlich der unterrepräsentierten Module in der INV-Kalkulationsstichprobe erzielt werden kann.
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Das dergestalt im Konzept der Beigeladenen zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe umschriebene Prinzip der zu treffenden Auswahlentscheidung begegnet nach Auffassung der Kammer keinen rechtlichen Bedenken und trägt insbesondere auch der gesetzlichen Konzeption, wie sie § 17b Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 Halbs. 1 KHG a.F. zugrunde liegt, Rechnung. Danach vereinbaren die Vertragsparteien auf der Grundlage eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu entwickelnden Vorschlags bis spätestens 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3 und deren Weiterentwicklung. Der Gesetzgeber schafft mit dieser Konzeption einen weiteren Gestaltungsspielraum für die Vertragsparteien, dessen Inanspruchnahme in der vorliegenden Form gerichtlich nicht beanstandet werden kann. Das zweistufige Auswahlverfahren mit der Bildung einer Auswahlmenge (Ranking) und einem nachfolgenden iterativen Losverfahren nutzt diesen gesetzgeberisch eingeräumten Gestaltungsspielraum in sachgerechter Weise. Das in der Konzeption der Beigeladenen zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe dargelegte Verfahren ist willkürfrei gewählt und dem Grunde nach als sachgerecht zu beurteilen. Auch erhebt die Klägerin gegen Verfahren und gewählte Maßstäbe jedenfalls keine substantiierten Einwände. Sie macht insbesondere nicht geltend, ihre Klinik habe nicht in die „Auswahlmenge“ gelangen dürfen, etwa weil sie bereits freiwillig an einer Kostenerhebung teilnimmt. Ebenfalls wird nicht vorgetragen, die Klägerin sei fehlerhaft unter Berücksichtigung der Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“ in die Auswahlmenge gelangt. Ein individualisierter Vortrag der Klägerin hierzu fehlt gänzlich.
75
b) Auch die Regelungen in Nr. 1 Satz 2, Nrn. 2 und 3 in Verbindung mit den Anlagen im Ausgangsbescheid vom 24. Juli 2019 begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Sie betreffen lediglich die inhaltliche Ausgestaltung der Teilnahmemodalitäten und sind offensichtlich von der gesetzlichen Ermächtigung in § 17 b Abs. 3 Satz 5 KHG a.F. gedeckt, der die Beklagten dazu befugt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Lieferung uneingeschränkt verwertbarer Daten zu gewährleisten und um die Richtigkeit der ermittelten Daten umfassend überprüfen zu können (vgl. OVG Hamburg, B.v. 13.8.2021 - 5 Bs 47/21 - juris Rn. 30).
76
c) Ob der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagten hätten gegen die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgetreuen Aktenführung verstoßen, zutrifft, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn aus einem etwaigen Verstoß gegen eine solche behördliche Pflicht folgt jedenfalls nicht die Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Entscheidung über die Auswahl der Klägerin, sofern sich diese in der Sache als gerechtfertigt erweist (vgl. VG Braunschweig, B.v. 27.10.2020 - 5 B 150/20 - n.v.). Überdies ist für das Gericht nicht erkennbar, welche Akten bzw. Aktenbestandteile die Beklagten zurückhalten sollten, zumal im Verfahren von den Beklagten bzw. der Beigeladenen sämtliche, die Auswahlentscheidung betreffenden Unterlagen vorgelegt wurden. Auf der Grundlage der vorgelegten Akten ist eine Sachentscheidung des Gerichts möglich. Von Seiten der Klägerin handelt es sich hingegen lediglich um bloße Mutmaßungen.
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4. Auch der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag, die Nichtigkeit von Ausgangs- bzw. Widerspruchsbescheid festzustellen, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Es ist zwar dem Grunde nach zulässig, eine Nichtigkeitsfeststellungsklage neben einer Anfechtungsklage zu erheben (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Jedoch begegnet dies hier systematischen Bedenken, nachdem die Klägerin im Hauptantrag lediglich die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide wegen vorgeblicher Rechtswidrigkeit begehrt hat. Für eine hilfsweise Feststellung der Nichtigkeit bleibt in dieser Konstellation kein Raum. Im Übrigen sind auch Gründe, die eine Nichtigkeit (§ 44 VwVfG) begründen könnten, nicht ersichtlich.
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5. Der mit Schriftsatz der Klägerin vom 15. September 2022 angekündigte und in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2022 gestellte unbedingte Beweisantrag, die Beklagten und die Beigeladene zu verpflichten, zu den im Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 gestellten Fragen Auskunft zu erteilen und die hierzu vorhandenen Unterlagen im Wege des Urkundenbeweises und als Grundlage der Auskunftsverpflichtung vorzulegen, war abzulehnen, da die von der Klägerin begehrten Auskünfte nicht entscheidungserheblich sind und auch keine rechtserhebliche Tatsache unter Beweis stellen. Überdies dürfte es sich beim gestellten Antrag um einen bloßen Beweisausforschungsantrag handeln, der bereits unzulässig ist.
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6. Nach Allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Da sich der Beigeladene mit der Stellung eines Antrags auf Klageabweisung einem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlich entstandenen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.