Titel:
Wegfall des Leistungsverweigerungsrechts des Darlehnsgebers wegen Unmöglichkeit der Fahrzeugrückgabe bei Rückabwicklung eines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags zur Autofinanzierung
Normenketten:
BGB § 275 Abs. 2, § 285, § 355, § 357 Abs. 4 S. 1
BGB § 357a Abs. 1, § 358 Abs. 4 S 1, § 495 Abs. 1 (idF bis zum 19.3.2016)
Leitsätze:
Durch den Verkauf des Fahrzeugs wird dem Darlehensnehmer seine Vorleistungspflicht im Rahmen der Rückabwicklung des widerrufenen Darlehensvertrags unmöglich, da nichts dafür ersichtlich ist, wie er wieder an das Fahrzeug gelangen können sollte. (Rn. 20 und 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem mit einem Kaufvertrag verbundenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag steht der darlehensgebenden Bank nach § 357 Abs. 4 S. 1 BGB gegenüber dem Darlehensnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder der Darlehensnehmer den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einem Widerruf des Darlehensvertrags vor Verkauf des Fahrzeugs ist die auf Rückzahlung gerichtete Klage endgültig unbegründet, da es sonst der Darlehensnehmer in der Hand hätte, seine Vorleistungspflicht auf Kosten der Darlehensgeberin zu beseitigen, ohne dass dieser die Möglichkeit zur Besichtigung und Bewertung gegeben worden wäre. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
verbunden, Widerruf, derzeit, endgültig, Unmöglichkeit, Rückabwicklung, Verkauf, Verbraucherdarlehensvertrag, verbundener Vertrag, Vorleistungspflicht
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 30.09.2021 – 29 O 7946/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe vom -- – XI ZR 2/23
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
MDR 2023, 311
BeckRS 2022, 37391
LSK 2022, 37391
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.09.2021, Az. 29 O 7946/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtsstreits.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird insoweit zugelassen, als ungeklärt ist, ob die Klage als derzeit oder als endgültig unbegründet abzuweisen ist. Zuständig ist der Bundesgerichtshof.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 37.866,09 festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs des Klägers vom 20.04.2020 (Anlage K 3) betreffend den Darlehensvertrag der Parteien vom 26.07.2017 (Anlage K 1), mit dem die Beklagte dem Kläger den Kauf eines Kraftfahrzeugs (Anlage K 2) finanzierte.
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Das LG München I hat mit Endurteil vom 30.09.2021 die Klage wohl als endgültig unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Feststellungen in diesem Endurteil (Bl. 180/194 d. A. …) mit nachfolgenden Änderungen und Ergänzungen verwiesen.
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Hervorzuheben ist die (unstrittige) Feststellung des LG München I in seinem Endurteil, dass der Kläger im Oktober 2020, also nach seinem Widerruf, das Darlehen durch Zahlung von € 20.052,02 „abgelöst“ und das Fahrzeug anschließend verkauft hat. Das Fahrzeug wieder zu beschaffen, ist für den Kläger jedenfalls mit großem Aufwand verbunden, und ein Rückkauf bleibt wegen der regelmäßig nicht vorhandenen Bereitschaft des Käufers, das Fahrzeug an den Verkäufer zurückzugeben, höchst unsicher, weshalb sich der Kläger auf Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 2 BGB beruft.
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Die Beklagte hält den Widerruf für unwirksam und beruft sich insbesondere auf ihr Zurückbehaltungsrecht im Rahmen der Vorleistungspflicht des Klägers.
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In der Berufung beantragt der Kläger unter Abänderung des am 30.09.2021 verkündeten Urteils des LG München I, 29 O 7946/20, wie folgt zu erkennen:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 37.866,09 nebst 5,0%-Punkte Zinsen p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Hinsichtlich des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
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Mit Senatsbeschluss vom 14.11.2022 wurde dem Kläger nachgelassen, bis 28.11.2022 zum neuen Vorbringen im Schriftsatz der Beklagten vom 04.11.2022 Stellung zu nehmen.
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Am 28.11.2022 ging ein Schriftsatz des Klägers beim OLG München ein, auf den verwiesen wird (vgl. Bl. 309/315 d. A.).
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Die zulässige Berufung des Klägers (§§ 511, 517, 520 ZPO) ist nicht begründet, die Klage ist endgültig unbegründet (§ 357a Abs. 1 BGB):
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Auf den Rechtsstreit ist das am 26.07.2017 geltende Zivilrecht anzuwenden (Art. 229 § 39, § 40 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 2 Nr. 1, § 45 Abs. 2, 53 EGBGB; künftig: a. F.).
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Lässt man den Verkauf des finanzierten Fahrzeugs nach Widerruf durch den Kläger zunächst außen vor, wäre die Klage derzeit jedenfalls unbegründet:
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1. Nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB sind auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags unabhängig von der Vertriebsform § 355 Abs. 3 BGB und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357b BGB entsprechend anzuwenden. Danach gelten für alle Verträge (unabhängig von der Vertriebsform) § 355 Abs. 3 BGB und ergänzend die Vorschriften entsprechend, die nach der Art des verbundenen Vertrags hypothetisch anwendbar wären, wenn dieser selbst widerrufen worden wäre, ohne dass es darauf ankommt, ob insoweit ein Widerrufsrecht bestanden hat. Dies ist bei einem Vertrag über die Lieferung einer Ware die Vorschrift des § 357 BGB (BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, WM 2020, 2321, 2323, Randziffer 22; Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 525/19, Randziffer 22; insoweit in BKR 2021, 106 nicht abgedruckt; s.a. Urteil vom 01.06.2021, XI ZR 149/20, Randziffer 16 - nach juris; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 376/20, Randziffer 18 - nach juris). Aufgrund dessen ist der Darlehensnehmer nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB im Hinblick auf die Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs vorleistungspflichtig. Der darlehensgebenden Bank steht nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber dem Darlehensnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder der Darlehensnehmer den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat. Dass die Beklagte angeboten hätte, das Fahrzeug beim Kläger abzuholen (§ 357 Abs. 4 Satz 2 BGB), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, WM 2020, 2321, 2323, Randziffer 23; Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 525/19, Randziffer 23; insoweit in BKR 2021, 106 nicht abgedruckt; Urteil vom 30.03.2021, XI ZR 193/20, BKR 2021, 371, 372, Randziffer 16; Urteil vom 01.06.2021, XI ZR 149/20, Randziffer 16 - nach juris; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 376/20, Randziffer 18 - nach juris; Urteil vom 25.01.2022, XI ZR 559/20, WM 2022, 418, 419, Randziffer 15; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 166/21, Randziffer 12; s.a. Urteil vom 26.10.2021, XI ZR 608/20, WM 2021, 2248, 2250, Randziffer 14; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 166/21, Randziffer 12; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 237/21, Randziffer 12; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 176/21, Randziffer 12; Urteil vom 28.06.2022, XI ZR 151/21, Randziffer 12; Urteil vom 28.06.2022, XI ZR 266/21, Randziffer 13; Urteil vom 26.07.2022, XI ZR 186/21, Randziffer 19; Urteil vom 26.07.2022, XI ZR 154/21, Randziffer 12; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 306/21, Randziffer 13; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 26/22, Randziffer 12; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 200/21, Randziffer 12; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 250/21, Randziffer 12; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 353/21, Randziffer 13 - alle jeweils nach juris). Die Rückgabepflicht des Darlehensnehmers ist damit mangels anderweitiger Vereinbarung eine Bring- oder Schickschuld, die der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber an dessen Wohnsitz anbieten oder an ihn absenden muss. Der Darlehensnehmer hat der darlehensgebenden Bank das Fahrzeug nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise nach §§ 293 bis 297 BGB angeboten. Dass der Darlehensnehmer der darlehensgebenden Bank das Fahrzeug an deren Wohnsitz tatsächlich angeboten oder an sie nachweisbar abgesandt hat (§ 294 BGB), hat er nicht vorgetragen. Seine wörtlichen Angebote waren zur Herbeiführung eines Annahmeverzugs der darlehensgebenden Bank unzureichend, weil diese seiner Vorleistungspflicht nicht genügt haben. Hat er die Herausgabe des Fahrzeugs nicht bzw. die Rückgabe des Fahrzeugs - entgegen § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB - nur in Form einer Abholung durch die Beklagte angeboten, was diese jedoch zuvor nicht angeboten hat (§ 357 Abs. 4 Satz 2 BGB) ist dies unzulänglich (BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, WM 2020, 2321, 2323, Randziffer 24; Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 525/19, Randziffer 24; insoweit in BKR 2021, 106 nicht abgedruckt; s.a. Urteil vom 01.06.2021, XI ZR 149/20, Randziffer 17 - nach juris; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 376/20, Randziffer 19 - nach juris), sofern die Beklagte nicht erklärt hat, dass sie die Leistung nicht annehmen wird (BGH, Urteil vom 01.06.2021, XI ZR 149/20, Randziffer 17 - nach juris). Der Zahlungsanspruch nach wirksamem Widerruf ist wegen der Vorleistungspflicht des Klägers (§ 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB) derzeit unbegründet, auch wenn der Kläger Zahlung nach Herausgabe des Fahrzeugs begehrt, da dies in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraussetzt, dass die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, WM 2020, 2321, 2324, Randziffer 29; Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 525/19, Randziffer 29; insoweit in BKR 2021, 106 nicht abgedruckt; Urteil vom 01.06.2021, XI ZR 149/20, Randziffer 20 - nach juris; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 376/20, Randziffer 22 - nach juris; Urteil vom 26.10.2021, XI ZR 608/20, WM 2021, 2248, 2250, Randziffer 14; s.a. Urteil vom 30.03.2021, XI ZR 193/20, BKR 2021, 371, 372, Randziffer 16; Urteil vom 25.01.2022, XI ZR 559/20, WM 2022, 418, 419, Randziffer 15; Urteil vom 12.04.2022, XI ZR 179/21, WM 2022, 979, 980, Randziffer 14; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 166/21, Randziffer 12 - nach juris). Insoweit steht der darlehensgebenden Bank - was sie mit der Klageerwiderung geltend gemacht hat - nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber dem vorleistungspflichtigen Kläger ein Leistungsverweigerungsrecht zu (BGH, Urteil vom 10.11.2020, XI ZR 426/19, WM 2021, 44, 46, Randziffer 21; Urteil vom 12.04.2022, XI ZR 179/21, WM 2022, 979, 980, Randziffer 14).
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2. Für einen Annahmeverzug der Beklagten bis zum Verkauf des Fahrzeugs im Oktober 2020 ist nichts ersichtlich:
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a) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 06.09.2021, dort auf der Seite 42 (= Bl. 192 d. A.; …) vorträgt, der Kläger biete der Beklagten an, das Fahrzeug an ihrem Sitz in München zu übergeben, irritiert dies, da der Kläger bereits in der Klage (dort Seite 2) vorgetragen hat, das Fahrzeug im Oktober 2020 verkauft zu haben. Wie er der Beklagten dann das Fahrzeug bringen will, wird aber nicht erklärt.
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b) Aus dem Widerrufsschreiben vom 20.04.2020 (Anlage K 3) lässt sich keinerlei Angebot hinsichtlich des Fahrzeugs gegenüber der Beklagten entnehmen.
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c) Im Schreiben vom 08.07.2020 (Anlage K 5, dort Seiten 6/7) ist lediglich die Rede davon, dass der Kläger das Fahrzeug „im Gegenzug“ zurückgebe, woraus sich bestenfalls entnehmen lässt, dass dem Kläger eine Zug-um-Zug-Leistung (entgegen seiner Vorleistungspflicht) vorschwebte. Weiterhin lässt sich der Kläger keinerlei Abzüge für den Wertverlust des Fahrzeugs durch seine Nutzung abziehen. Damit handelt es sich auch insoweit um kein ausreichendes Angebot, das den Annahmeverzug der Beklagten hätte herbeiführen können, die ihrerseits lediglich die Wirksamkeit des Widerrufs bestritt, nicht jedoch die Annahme des Fahrzeugs verweigerte.
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3. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über Vorabentscheidungsersuchen verspricht keinen Erfolg, weil sich die dort aufgeworfenen Fragen vorliegend nicht stellen oder - im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers und Darlehensnehmers und eine diesbezügliche Vorlagepflicht - vom BGH bereits beantwortet worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2022, XI ZR 559/20, WM 2022, 418, 420, Randziffer 21; Urteil vom 12.04.2022, XI ZR 179/21, WM 2022, 979, 980f., Randziffer 16; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 237/21, Randziffer 14 - nach juris; Urteil vom 24.05.2022, XI ZR 166/21, Randziffer 15 - nach juris; Urteil vom 14.06.2022, XI ZR 552/20, WM 2022, 1371, 1373, Randziffer 22; Urteil vom 28.06.2022, XI ZR 266/21, Randziffer 16 - nach juris; Urteil vom 28.06.2022, XI ZR 281/21, Randziffer 15 - nach juris; Urteil vom 28.06.2022, XI ZR 151/21, Randziffer 15 - nach juris; Urteil vom 26.07.2022, XI ZR 154/21, Randziffer 15 - nach juris; Urteil vom 26.07.2022, XI ZR 153/21, Randziffer 15 - nach juris; Urteil vom 26.07.2022, XI ZR 186/21, Randziffer 21 - nach juris; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 306/21, Randziffer 16 - nach juris; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 200/21, Randziffer 16 - nach juris; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 250/21, Randziffer 14 - nach juris; Urteil vom 20.09.2022, XI ZR 353/21, Randziffer 14 - nach juris).
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Wegen des Verkaufs des Fahrzeugs im Oktober 2020 ist die Klage jedoch endgültig unbegründet:
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1. Durch den Verkauf wurde dem Kläger seine Vorleistungspflicht unmöglich, da nichts dafür ersichtlich ist, wie er wieder an das Fahrzeug gelangen können sollte (der Kläger selbst beruft sich auf § 275 Abs. 2 BGB). Damit könnte die Beklagte nach § 285 Abs. 1 BGB das Surrogat, hier also den Verkaufspreis des Klägers verlangen, muss dies jedoch nach Ansicht des Senats nicht.
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2. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vom 30.07.2021 (hilfsweise) ihr Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht (Seite 105 = Bl. 140 d. A.) und im Schriftsatz vom 22.09.2021 (dort Seite 28 = Bl. 178 d. A.) durch das Angebot der Rücknahme sowie im Schriftsatz vom 23.05.2022 (dort Seite 44 = Bl. 274 d. A.) hierauf bestanden.
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3. Der Senat ist in Übereinstimmung mit Grüneberg-Grüneberg (81. Auflage, § 357 Randziffer 5 a.E.) der Auffassung, dass zumindest in dieser Konstellation (Widerruf des Darlehensvertrags vor Verkauf des Fahrzeugs) die Klage endgültig unbegründet ist, da es sonst der Darlehensnehmer in der Hand hätte, seine Vorleistungspflicht auf Kosten der Darlehensgeberin zu beseitigen, ohne dass dieser die Möglichkeit zur Besichtigung und Bewertung gegeben worden wäre. Die wohl entgegengesetzte Auffassung des OLG Braunschweig (Beschluss vom 11.07.2022, 4 U 639/21, WM 2022, 2024, 2027, Randziffer 33 mit weiteren Nachweisen bei unterschiedlichen Begründungen, wobei das OLG Braunschweig letztlich Rechtsmissbrauch im Verhalten des Darlehensnehmers annimmt; im hier vertretenen Sinn OLG München, Urteil vom 08.08.2022, 19 U 686/22 - nach juris) teilt der Senat daher nicht, zumal er es in dieser Konstellation (der Darlehensnehmer hat sich vorsätzlich vorleistungsunfähig gemacht) für treuwidrig hält, die Darlehensgeberin auf § 275 Abs. 4 BGB zu verweisen.
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C Es ist durch den Bundesgerichtshof bisher ungeklärt, ob bei Verkauf der finanzierten Kaufsache im Fall des Widerrufs die Klage als endgültig oder lediglich als derzeit unbegründet abzuweisen ist. Auf die Ausführungen oben unter Ziffer B III 3 wird verwiesen. Insoweit bejaht der Senat die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO; schon der 19. Senat des OLG München hat im Urteil vom 08.08.2022 [19 U 686/22 - nach juris] die Revision zugelassen, die aber anscheinend nicht eingelegt wurde).
24
Der Senat ist der Auffassung, dass die Beschränkung der Revision allein auf diese Frage wirksam ist: Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist zulässig und damit wirksam, wenn der von der Zulassung erfasste Teil des Streitstoffs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch nach einer möglichen Zurückverweisung der Sache kein Widerspruch zum unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (BGH, Beschluss vom 10.04.2018, VIII ZR 247/17, NJW 2018, 1880, 1882, Randziffer 21; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 568/19, WM 2021, 1433, 1434, Randziffer 15; Urteil vom 08.07.2021, I ZR 248/19, NJW 2022, 52, 53, Randziffer 14; Urteil vom 21.02.2022, VIa ZR 8/21, WM 2022, 731, 732, Randziffer 17). Es muss sich dabei nicht um einen eigenen Streitgegenstand handeln, der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz muss zudem nicht teilurteilsfähig sein; zulässig ist auch eine Beschränkung der Revisionszulassung auf einen abtrennbaren Teil eines prozessualen Anspruchs (BGH, Beschluss vom 10.04.2018, VIII ZR 247/17, NJW 2018, 1880, 1882, Randziffer 21; Beschluss vom 25.06.2019, I ZR 91/18, Randziffer 7 - nach juris; insoweit in GRUR 2019, 1299 nicht abgedruckt; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 568/19, WM 2021, 1433, 1434, Randziffer 15; Urteil vom 08.07.2021, I ZR 248/19, NJW 2022, 52, 53, Randziffer 14; Urteil vom 21.02.2022, VIa ZR 8/21, WM 2022, 731, 732f., Randziffer 17; s.a. Urteil vom 29.07.2021, III ZR 192/20, ZUM-RD 2021, 612, 617, Randziffer 32).
25
Ein solcher abtrennbarer Teil liegt hier nach Auffassung des Senats vor (die Ausführungen des BGH im Urteil vom 09.06.2022, III ZR 24/21, NJW 2022, 2754, 2756 legen in den Randziffern 22 bis 26 eine Abtrennbarkeit ebenfalls nahe).