Inhalt

VG München, Urteil v. 24.11.2022 – M 10 K 20.6523
Titel:

Bemessungsgrundlagen für die Erhebung von Zweitwohnungsteuer

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a
KAG Art. 3
ZwStS § 4 Abs. 1, Abs. 3, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Zweitwohnungsteuer ist der Einkommensteuer nicht gleichartig, da verschiedene Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgeschöpft werden. (Rn. 27)  (redaktioneller Leitsatz)
2. Der auf die Jahresnettokaltmiete abstellende Mietaufwand als Maßstab für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in § 4 Abs. 1 ZwStS ist eine von der Rechtsprechung anerkannte Bemessungsgrundlage, da ein sachlicher Bezug zum Aufwand zur Lebnsführung des Steuerpflichtigen besteht. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Bemessung der Zweitwohnungsteuer bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen anhand einer Schätzung der Jahresnettokaltmiete in ortsüblicher Höhe gemäß § 4 Abs. 3 ZwStS ist ebenso nach ständiger Rechtsprechung zulässig (vgl. BayVGH BeckRS 2021, 6115; BayVGH BeckRS 2006, 23886; BayVGH BeckRS 2006, 23887; BVerwG BeckRS 2017, 138335). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Zweitwohnungsteuersätze in einem Bereich bis zu einschließlich 20% des jährlichen Mietaufwands keine erdrosselnde Wirkung haben und damit keinen rechtlichen Bedenken unterliegen (vgl. BayVGH BeckRS 2011, 53040; BayVGH BeckRS 2009, 43955; BayVGH BeckRS 2010, 54176; VG München BeckRS 2020, 30693; VG München BeckRS 2020, 30707). (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zweitwohnungsteuer, Unechte Rückwirkung, Keine Gleichartigkeit mit Einkommensteuer, Schätzung der Jahresnettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe, Steuerhöhe 20%, Zulässige Lenkungszwecke, Erdrosselnde Wirkung (verneint), Auswertung der Mieten durch den Gutachterausschuss, Vergleichsmietensammlung der Gemeinde, erdrosselnde Wirkung, selbstgenutzte Eigentumswohnungen, jährlicher Mietaufwand, Mietspiegel
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 16.08.2023 – 4 ZB 23.114
Fundstelle:
BeckRS 2022, 37212

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2020 durch die Beklagte.
2
Die Beklagte erhebt eine Zweitwohnungsteuer nach ihrer Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung - ZwStS) vom 14. Februar 2020, die zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach der Übergangsregelung in § 11 ZwStS werden dabei bestandskräftig verbeschiedene Steuerfälle im Zeitraum von 2010 bis einschließlich 2019 als abgeschlossen angesehen. Die Vorgängersatzung, die ab dem Jahr 2015 galt, war unwirksam, da sich die Steuer (mit einem Steuersatz von 10%) nach der indexierten Jahresrohmiete bemaß (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.2019 - 1 BvR 807/12, 1 BvR 2917/13 - juris). Das Gleiche gilt für die davor (ab 2005) geltende Satzung, bei der die Zweitwohnungsteuer nach gestaffelten Steuersätzen erhoben wurde (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 - 9 C 11/16 - juris).
3
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ZwStS (vom 14.2.2020) wird die Steuer nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet. Der jährliche Mietaufwand ist die Nettokaltmiete, die der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr zu entrichten hätte (Jahresnettokaltmiete), § 4 Abs. 1 Satz 2 ZwStS. Für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 ZwStS). Sie wird von der Beklagten in Anlehnung an die Nettokaltmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS). Gemäß § 5 Abs. 1 ZwStS beträgt die Steuer jährlich 20% der Bemessungsgrundlage.
4
Die Klägerin ist seit 1996 Eigentümerin einer 78,56 m² großen Wohnung im Gemeindegebiet der Beklagten (Wohnung Nr. 2 in … 6). Sie ist mit Hauptwohnsitz in … gemeldet.
5
Mit Bescheid der Beklagten vom 6. August 2020 wurde die Klägerin zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 1.535,04 EUR für das Jahr 2020 herangezogen. Der Berechnung wurden ein jährlicher Steuersatz von 20% zugrunde gelegt sowie eine Jahresnettokaltmiete von 7.675,20 EUR EUR (8,20 EUR pro Quadratmeter gemäß der Auswertung der Mieten von verkauften Wohnobjekten von 2017 bis 2019 durch den Gutachterausschuss des Landkreises … von September 2019).
6
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 17. August 2020, eingegangen bei der Beklagten am 18. August 2020, Widerspruch gegen diesen Bescheid. Zur Begründung des Widerspruchs wird im Wesentlichen vorgetragen, die Erhöhung des Steuersatzes auf 20% verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot. Inhaber von Ferienwohnungen würden nicht zur Zweitwohnungsteuer herangezogen, obwohl auch diese Wohnungen dem allgemeinen Wohnungsmarkt entzogen würden. Ziel der Erhöhung des Steuersatzes sei es gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 10. März 2020 aber gerade, die andauernde Wohnungsknappheit im Gemeindegebiet sowie die daraus resultierenden Schwierigkeiten für Einheimische, bezahlbaren Wohnraum zu finden, zu beseitigen. Ferner lasse sich das von der Beklagten gewünschte Ergebnis, Zweitwohnungen für Einheimische verfügbar zu machen, nicht erreichen. Mit Schreiben vom 10. September 2020 vertiefte die Klägerin ihre Ausführungen.
7
Nach Nichtabhilfe und Vorlage des Widerspruchs an die Widerspruchsbehörde wies das Landratsamt … mit Bescheid vom 13. November 2020, zugestellt am 19. November 2020, den Widerspruch zurück. Auf die Gründe des Widerspruchsbescheids wird Bezug genommen.
8
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11. Dezember 2020, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, Klage erhoben und beantragt,
9
Der Zweitwohnungsteuerbescheid vom 6. August 2020 in der Fassung der Widerspruchsentscheidung des Landratsamts … vom 13. November 2020 wird ersatzlos aufgehoben.
10
Zur Begründung wird in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen, dass die Klägerin sowie ihr Ehemann die Wohnung im Gemeindegebiet der Beklagten seit Eintritt in den Ruhestand als Alterswohnsitz nutzen würden. Gemeldet seien sie jedoch nach wie vor mit Hauptwohnsitz in …, wo der Ehemann der Klägerin Eigentümer eines Einfamilienhauses sei. Die Beklagte habe die Erhöhung des Steuersatzes auf 20% damit begründet, dass es aufgrund der Wohnungsknappheit mit enorm gestiegenen Immobilienpreisen im Interesse der Gemeinde liege, den Wohnungsleerstand zu reduzieren und Einheimische bei der Suche nach Wohnraum zu unterstützen (vgl. die Schreiben der Beklagten an alle Zweitwohnungsinhaber vom 3.1.2020 und 10.3.2020).
11
In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, die Klägerin sei nicht steuerpflichtig, weil sie und ihr Ehemann ihren Hauptwohnsitz im Gemeindegebiet der Beklagten hätten, da sie sich üblicherweise übers Jahr gesehen viele Monate dort aufhielten. Wegen der Corona-Pandemie würden sich die Klägerin und ihr Ehemann im Jahr 2020 nicht mehr als 6 Monate im Gemeindegebiet der Beklagten aufhalten. Die melderechtliche Situation sei ohne Bedeutung, weil die Beklagte in ihrer Satzung zur Definition des Begriffs der Zweitwohnung nicht auf den melderechtlichen Status abstelle. Ferner verstoße § 5 Abs. 2 ZwStS gegen das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG). Nach § 5 Abs. 2 ZwStS werde nur eine reduzierte Zweitwohnungsteuer geschuldet, wenn die Verfügbarkeit der Zweitwohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgrund eines Vertrages mit einer Vermietungsagentur, einem Hotelbetrieb oder einem vergleichbaren Betreiber zwecks Weitervermietung zeitlich begrenzt sei. In diesen Fällen würde zwar eine reduzierte Zweitwohnungsteuer erhoben. Dies ändere aber nichts daran, dass zusätzlich Einkommensteuer anfalle. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sie bei einer Vermietung in Eigenregie nicht greife. Auch § 4 Abs. 3 ZwStS verstoße gegen das Gleichartigkeitsverbot. Durch die Regelung in § 4 Abs. 3 ZwStS werde ein fiktives Einkommen der Besteuerung unterworfen. Es werde der Verzicht auf eine Einnahme besteuert. Die Besteuerung des Einkommens obliege jedoch dem Bund. Im Übrigen sei der Gesetzgeber gehalten, bei pauschalierten Bemessungsgrundlagen wie in § 4 Abs. 3 ZwStS den Regelfall und nicht den Ausnahmetatbestand zugrunde zu legen. Weil der Regelfall die vom Eigentümer selbst genutzte Zweitwohnung und nicht die angemietete Zweitwohnung sei, dürfe für die Bemessungsgrundlage bei einer Eigentumswohnung in § 4 Abs. 3 ZwStS nicht von einer Miete ausgegangen werden, die nur in Ausnahmefällen gezahlt werde. Die Verwendung der gleichen Bemessungsgrundlage für Wohnungen, die gemietet würden, und Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stünden, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Eigentümer betreibe nur einen Bruchteil des Aufwands, den ein Mieter für das Halten einer Zweitwohnung habe. Die Aufwendungen, die dem Eigentümer durch die Grundstücksinvestition entstünden, würden durch erhebliche Wertsteigerungen der Wohnung in der Regel vollständig kompensiert. Mit der Zweitwohnungsteuer dürfe jedoch nur der Konsum besteuert werden. Aufwendungen zum Konsum seien aber nur Kosten in Form von Vermögenseinbußen, nicht aber Vermögensumschichtungen. Mit einer Grundstücksinvestition erfolge aber lediglich der Ersatz eines dem Steuerpflichtigen gehörenden Vermögensgegenstands durch einen anderen. Ein Wertverlust in Form eines Konsums sei wegen der generellen Wertsteigerung der Investition damit nicht verbunden. Auch die Erhebungstechnik der Zweitwohnungsteuer entspreche der Technik für die Erhebung der Einkommensteuer. Dies widerspreche dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG. Die Betriebskosten der Wohnung dürften bei der Zweitwohnungsteuer keine Berücksichtigung finden. Außerdem verstoße die Satzung gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Ausweislich der Schreiben der Beklagten vom 3. Januar und 10. März 2020 werde die Erhöhung des Steuersatzes ausschließlich damit gerechtfertigt, die bestehende Wohnungsknappheit zu vermindern, den Wohnungsleerstand zu reduzieren und Einheimische bei der Suche nach Wohnraum zu unterstützen. Dieses Ziel könne durch die Erhöhung des Steuersatzes jedoch nicht erreicht werden. Die Erhöhung des Steuersatzes sei hierzu weder geeignet, erforderlich noch angemessen, was im Einzelnen ausgeführt wird. Hinzu komme, dass es gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, dass Ferienwohnungen nicht zur Zweitwohnungsteuer veranlagt würden. Schließlich sei der Steuersatz von 20% unangemessen. Die rechtliche Zulässigkeit des festgesetzten Steuersatzes hänge im Wesentlichen davon ab, aus welchen Gründen eine Zweitwohnungsteuer überhaupt erhoben werden dürfe, was weiter erläutert wird. Abschließende Rechtsprechung zu der Frage, welcher Steuersatz noch angemessen sei, liege nicht vor. Die Beklagte habe die gravierende Steuererhöhung nicht ausreichend begründet. Allein die Lenkungswirkung sei hierfür nicht ausreichend. Die Erhöhung des Steuersatzes auf 20% verstoße damit auch gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit gemäß Art. 11 GG. Mit Schriftsätzen vom 2. Februar und 23. November 2021 vertieft die Klagepartei ihre Ausführungen.
12
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 11. Januar 2021:
13
Die Klage wird abgewiesen.
14
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 19. Mai 2021 vorgetragen, die Klägerin verfüge über eine Zweitwohnung im Gemeindegebiet der Beklagten, da sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben im maßgeblichen Veranlagungszeitraum 2020 nicht mehr als 6 Monate in der Wohnung aufgehalten habe. Damit führe die klägerseits selbst vorgenommene quantitative Bestimmung zu dem eindeutigen Ergebnis, dass es sich um eine Zweitwohnung handle. Dies decke sich - als zusätzliches Indiz - auch mit dem melderechtlichen Status. Ferner sei die Zweitwohnungsteuer nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig. Wenn der Zweitwohnungsinhaber die Wohnung teilweise selbst nutze und teilweise an Dritte entgeltlich vermiete, werde durch die Zweitwohnungsteuer nicht die Einkommenserzielung, sondern die Einkommensverwendung besteuert. § 5 Abs. 2 ZwStS verstoße daher nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot. Auch § 4 Abs. 3 ZwStS verstoße nicht dagegen. Es werde gerade nicht ein fiktives Einkommen, sondern die Einkommensverwendung, die darin zum Ausdruck komme, dass der Zweitwohnungsinhaber eine Wohnung auch zur persönlichen Lebensführung unterhalte, besteuert. Mangels einer vertraglichen Regelung über die Jahresnettokaltmiete sei eine Schätzung zulässig. § 4 Abs. 3 ZwStS verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil für den Eigentümer einer Zweitwohnung die gleiche Bemessungsgrundlage wie für den Mieter einer Zweitwohnung zugrundegelegt werde. Ein Wertverlust in Form eines Konsums sei auch dann gegeben, wenn der Eigentümer grundsätzlich an der generellen Wertsteigerung dieser Wohnung teilnehme. Sofern der Eigentümer die Wohnung aber nicht unter Ausschluss der Eigennutzungsmöglichkeit an Dritte gegen Zahlung einer Miete vermiete, verwende er sein Einkommen konsumptiv für seine persönliche Lebensführung. Besteuert werde allein die Entscheidung des Eigentümers, die Zweitwohnung selbst zu nutzen und nicht zu vermieten. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege auch nicht darin, dass Ferienwohnungen in der Regel nicht der Zweitwohnungsteuer unterlägen. Sofern keine eigene Nutzungsmöglichkeit des Eigentümers der Ferienwohnung bestehe, existiere kein steuerbarer Aufwand für die persönliche Lebensführung. Sofern die Ferienwohnung teilweise selbst genutzt und teilweise vermietet werde, unterliege der Wohnungsinhaber insoweit der Zweitwohnungsteuerpflicht. Die Höhe des Steuersatzes von 20% sei rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes habe der Satzungsgeber einen relativ großen Ermessensspielraum. Dieser Spielraum werde nur dann überschritten, wenn die Steuer erdrosselnde Wirkung habe. Es sei in der Rechtsprechung geklärt, dass Zweitwohnungsteuersätze in einem Bereich bis einschließlich 20% keine erdrosselnde Wirkung hätten. Damit sei zugleich festgestellt, dass auch Art. 11 Abs. 1 GG nicht verletzt werde.
15
Mit Schriftsatz vom 22. November 2022 hat die Beklagte eine verwaltungsinterne Aufstellung von Vergleichsmieten von 2017 bis 2022 (Daten aus Veröffentlichungen, wie z.B. I. 24, e.-K.) übermittelt. Für das Jahr 2020 ergibt sich daraus auf Basis von 32 Wohnungen ein mittlerer Mietpreis von 10,69 EUR.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

17
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 6. August 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 13. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
18
1. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Zweitwohnungsteuer durch die angefochtenen Bescheide ist die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 14. Februar 2020. Diese Satzung ist wirksam.
19
a) Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass dieser Zweitwohnungsteuersatzung findet sich in Art. 3 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) i.V.m. Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Nach diesen Vorschriften können Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer ist im Freistaat Bayern damit grundsätzlich zulässig (vgl. ausführlich hierzu: BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris).
20
b) Die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 14. Februar 2020 ist formell wirksam. Fehler im Satzungserlassverfahren sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Erste Bürgermeister fertigte die am 11. Februar 2020 durch den Gemeinderat mehrheitlich beschlossene Zweitwohnungsteuersatzung am 14. Februar 2020 gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) aus. Die amtliche Bekanntmachung im Sinne von Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO erfolgte durch Veröffentlichung in den „… Nachrichten“, dem Amtsblatt der Gemeinde … und des Schulverbandes …, vom 21. Februar 2020.
21
Ob das in § 11 Abs. 1 ZwStS angeordnete rückwirkende Inkrafttreten der Satzung zum 1. Januar 2010 zulässig ist, kann für den vorliegenden Fall dahinstehen. Zwar spricht viel dafür, dass diese echte Rückwirkung für die noch nicht abgeschlossenen Steuerfälle der Jahre von 2010 bis 2019 zulässig ist, da die zuvor geltende Satzung der Beklagten wegen der Besteuerung nach der indexierten Jahresrohmiete (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.2019 - 1 BvR 807/12, 1 BvR 2917/13 - juris) und die davor geltende Satzung wegen der Besteuerung nach gestaffelten Steuersätzen (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 - 9 C 11/16 - juris) nichtig war. In einem solchen Fall steht der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen der echten Rückwirkung grundsätzlich nicht entgegen (vgl. BayVGH, U.v. 23.2.2010 - 4 N 09.1960 - juris Rn. 20).
22
Aber diese Frage ist jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil für das hier (nur) besteuerte Jahr 2020 keine echte, sondern lediglich eine unechte Rückwirkung inmitten steht. Selbst wenn die echte Rückwirkung im konkreten Fall unzulässig wäre, würde dies lediglich zur Nichtigkeit der Rückwirkungsanordnung in § 11 Abs. 1 ZwStS führen. Dies hätte zur Folge, dass die gesetzliche Regelung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Satzungen in Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GO eingreifen würde. Danach wäre die Satzung eine Woche nach ihrer Bekanntmachung, also am 28. Februar 2020, in Kraft getreten. Da die Zweitwohnungsteuer eine Jahressteuer ist, die (grundsätzlich) zum 1. Januar eines jeden Jahres entsteht (§ 6 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 ZwStS), wird durch das Inkrafttreten am 28. Februar 2020 für das vorliegend besteuerte Jahr 2020 in einen laufenden und nicht in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 28.10.2009 - 4 ZB 08.1893 - juris Rn. 7).
23
Diese unechte Rückwirkung ist im konkreten Fall zulässig, da das Vertrauen des Bürgers auf die bestehende Rechtslage im Zuge der Güterabwägung mit dem Recht des Staates, seine Gesetzgebung weiterzuentwickeln und neuen Problemlagen anzupassen, nicht den Vorrang verdient (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der unechten Rückwirkung: Grzeszick in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 98. EL März 2022, Art. 20 GG Rn. 88 f.). Vorliegend besteht kein schutzwürdiges Vertrauen des Bürgers darauf, dass die Gemeinde ihre als nichtig erkannte Zweitwohnungsteuersatzung nicht für das laufende Steuerjahr ändert. Die Beklagte hat bereits mit Schreiben vom 3. Januar 2020 alle Zweitwohnungsinhaber darüber informiert, dass die Zweitwohnungsteuersatzung zur Behebung der Verfassungswidrigkeit der vorangegangenen Satzung neu erlassen werde.
24
c) Die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 14. Februar 2020 ist auch materiell wirksam. Die inhaltlichen Regelungen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht; insbesondere ist der Steuersatz in § 5 Abs. 1 ZwStS rechtlich nicht zu beanstanden.
25
aa) Die Zweitwohnungsteuer ist der Einkommensteuer nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG.
26
Nach Art. 105 Abs. 2a GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.
27
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur: BVerfG, B.v. 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - juris Rn. 82 ff.; BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 59 und 4 N 05.2249 - juris Rn. 40) ist die Zweitwohnungsteuer der Einkommensteuer nicht gleichartig. Es werden verschiedene Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgeschöpft: durch die Einkommensteuer die Einkommenserzielung und durch die Zweitwohnungsteuer die Einkommensverwendung. Steuergegenstand der Zweitwohnungsteuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung, somit ein Zustand, der die Verwendung von Einkommen ausdrückt. Auch die Steuermaßstäbe sind verschieden. Der Betrag des zu versteuernden Einkommens ist die Maßgröße für die steuerliche Leistungsfähigkeit, die sich - unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Steuerpflichtigen - aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt. Der Betrag des Mietaufwands ist Maßgröße für die steuerliche Leistungsfähigkeit, die sich in der Verwendung bestimmter Einkommensteile für bestimmte Konsumgüter, hier das Innehaben einer Zweitwohnung, zeigt.
28
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ist dies auch unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 2 ZwStS nicht anders zu bewerten. Auch in den in § 5 Abs. 2 ZwStS genannten Fällen, in denen die Verfügbarkeit der Zweitwohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgrund eines Vertrages mit einer Vermietungsagentur, einem Hotelbetrieb oder einem vergleichbaren Betreiber zwecks Weitervermietung zeitlich begrenzt ist, wird die Einkommensverwendung (anteilig pauschal) insoweit besteuert, als die Wohnung zur persönlichen Lebensführung zur Verfügung steht. Soweit die Verfügbarkeit der Wohnung zur persönlichen Lebensführung aufgrund eines Vertrages mit einem der genannten Betreiber ausgeschlossen ist, unterliegen die Einkünfte aus dieser Vermietung der Einkommensteuer. Auch insofern werden verschiedene Einkommensquellen, die Einkommensverwendung und die Einkommenserzielung, besteuert. Jedenfalls würde eine Rechtswidrigkeit der Regelung in § 5 Abs. 2 ZwStS, die eine Begünstigung des Steuerpflichtigen enthält, nur zur Nichtigkeit dieser Vorschrift, nicht aber der Zweitwohnungsteuersatzung im Übrigen führen.
29
Auch der Einwand der Klagepartei, aufgrund des Steuermaßstabs in § 4 Abs. 3 ZwStS werde ein fiktives Einkommen der Besteuerung unterworfen, was die Gleichartigkeit der Zweitwohnungsteuer mit der Einkommensteuer begründe, greift nicht durch. Mit der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer wird das Innehaben einer Zweitwohnung, also die Einkommensverwendung und die darin zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, besteuert (vgl. BVerfG, B.v. 6.12.1983, a.a.O., Rn. 69 ff.). Die Anknüpfung an die ortsübliche Jahresnettokaltmiete in § 4 Abs. 3 ZwStS betrifft den Steuermaßstab, ändert aber nicht die besteuerte Quelle (nämlich die Einkommensverwendung). Es geht nicht um die Besteuerung eines fiktiven Einkommens im Sinne des Einkommensteuerrechts. Vielmehr liegt der mit der Zweitwohnungsteuer steuerbare Aufwand bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen im Verzicht auf die erzielbaren Mieteinnahmen (s. hierzu: BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 14).
30
bb) Der Steuermaßstab des § 4 ZwStS begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
31
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ZwStS wird die Steuer nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet. Der jährliche Mietaufwand ist die Nettokaltmiete, die der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr zu entrichten hätte (Jahresnettokaltmiete), § 4 Abs. 1 Satz 2 ZwStS. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 ZwStS ist für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS von der Beklagten in Anlehnung an die Nettokaltmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.
32
(1) Der auf die Jahresnettokaltmiete abstellende Mietaufwand als Maßstab für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in § 4 Abs. 1 ZwStS ist eine von der Rechtsprechung anerkannte Bemessungsgrundlage (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 29.1.2003 - 9 C 3/02 - NVwZ 2003, 753 (754); vgl. auch: BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 70; U.v. 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris Rn. 48). Hierbei besteht ein sachlicher Bezug zum Aufwand des Steuerpflichtigen, den er für seine Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung tätigt.
33
(2) Die Bemessung der Zweitwohnungsteuer bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen anhand einer Schätzung der Jahresnettokaltmiete in ortsüblicher Höhe gemäß § 4 Abs. 3 ZwStS ist ebenso nach ständiger Rechtsprechung zulässig (s. jüngst hierzu: BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 13 ff.; vgl. auch: BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 71; U.v. 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris Rn. 49; BVerwG, U.v. 14.12.2017 - 9 C 11/16 - juris). Es liegt im Ermessen der rechtsetzenden Gemeinde, auf welche Weise sie bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen den jährlichen Mietaufwand ermittelt. Da für diese Wohnungen tatsächlich keine Mietausgaben anfallen und damit ein konkreter Anhaltspunkt für den jährlichen Mietaufwand nicht besteht, stellt die Schätzung der Nettokaltmiete in ortsüblicher Höhe eine geradezu zwingende Ermittlungsmethode dar. Im Übrigen hat der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf ein bestimmtes, aus seiner Sicht optimales Verfahren zur Feststellung des Mietwerts der Wohnung, sondern nur darauf, dass diese Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungsteuer in sachgerechter Weise ermittelt wird.
34
(3) Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht darauf an, ob es - wie die Klagepartei meint - andere ebenso geeignete Maßstäbe zur Besteuerung von selbstgenutzten Eigentumswohnungen gibt, insbesondere die Besteuerung nach dem tatsächlichen Aufwand des Eigentümers.
35
(4) Die Regelung in § 4 Abs. 3 ZwStS ist auch hinreichend bestimmt (BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris Rn. 49; U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 71). Bei der Schätzung, die durch § 4 Abs. 3 ZwStS ermöglicht wird, handelt es sich um eine im Steuerrecht anerkannte Methode, wenn die Grundlagen der Besteuerung unklar sind (zur Schätzung im Normvollzug: § 162 AO i.V.m. Art. 10 Nr. 1, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4b) aa) KAG). Die Schätzungsbefugnis der Gemeinde bei § 4 Abs. 3 ZwStS rechtfertigt sich bereits aus der Erkenntnis, dass in den Fällen der Nutzung durch den Eigentümer mangels Mieteinnahmen ein konkreter Anhaltspunkt zur Bemessung nicht zur Verfügung steht (BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris Rn. 49). In der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten finden sich auch hinreichend bestimmte Anhaltspunkte, anhand welcher Kriterien die Schätzung zu erfolgen hat. Denn § 4 Abs. 3 ZwStS benennt durch die Bezugnahme auf „Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung“ die Parameter der Schätzung (BayVGH, B.v. 4.3.2021, a.a.O.; BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris Rn. 49). Anhand dieser Kriterien kann der Eigentümer einer selbst genutzten Wohnung - wenn auch nicht centgenau - den Jahresnettomietaufwand und damit die zu entrichtende Steuer in ausreichendem Maße abschätzen (vgl. BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 71). Dabei ist es unschädlich, dass die Begriffe „Art, Lage und Ausstattung“ in der Satzung im Einzelnen nicht definiert sind, weil sie der Auslegung zugänglich sind. Ebenso ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass das zur Berücksichtigung dieser Kriterien von der Beklagten angewandte System der Zu- und Abschläge nicht in der Satzung näher erläutert wird.
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(5) Nicht zielführend ist der Einwand der Klagepartei gegen die Zulässigkeit der Bemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 3 ZwStS, dass die pauschalierte Bemessungsgrundlage in § 4 Abs. 3 ZwStS den tatsächlichen Regelfall, nämlich das Eigentum an der Zweitwohnung, und nicht den tatsächlichen Ausnahmefall, nämlich die Anmietung der Zweitwohnung, zugrunde zu legen habe. Abgesehen davon, dass § 4 Abs. 3 ZwStS eine Schätzung und nicht eine Pauschalierung zum Gegenstand hat, wird aufgrund der Bemessung der Zweitwohnungsteuer anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete gerade darauf abgestellt, welche Mieteinnahmen regelmäßig und damit typischerweise im Gemeindegebiet erzielt werden könnten. Ob in der konkreten Gemeinde eine Zweitwohnung häufiger angemietet oder häufiger gekauft wird, ist unerheblich.
37
(6) Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin verstößt § 4 Abs. 3 ZwStS nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil der Eigentümer einer selbstgenutzten Zweitwohnung aufgrund des Ansatzes einer fiktiven Nettokaltmiete genauso behandelt werde wie ein Mieter, der aber einen höheren Aufwand habe als der Eigentümer. Vielmehr werden Mieter und Eigentümer einer Zweitwohnung gerade unterschiedlich behandelt, da die angemietete Zweitwohnung exakt anhand der vertraglich vereinbarten Jahresnettokaltmiete besteuert wird (§ 4 Abs. 1 ZwStS), wohingegen die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende selbstgenutzte Zweitwohnung nicht exakt, sondern anhand einer Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete besteuert wird (§ 4 Abs. 3 ZwStS). Der sachliche Grund für die verfahrensrechtliche Ungleichbehandlung liegt jedoch darin, dass es bei eigengenutzten Zweitwohnungen an einer Vereinbarung über die Miethöhe fehlt, aus der sich der finanzielle Aufwand für das Innehaben der Wohnung unmittelbar ergibt (BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 16). Abgesehen davon kommt es auf die Argumentation der Klagepartei, dass der Mieter einen höheren Aufwand habe als der Eigentümer, weil die Anschaffungskosten des Eigentümers für die Zweitwohnung nicht zu berücksichtigen seien, da diese durch die Wertsteigerung der Eigentumswohnung kompensiert würden, nicht an. Denn der vorliegend steuerbare besondere Aufwand liegt darin, dass es sich der Eigentümer der Zweitwohnung leistet, auf die Vermietung und damit einhergehende Mieteinnahmen zu verzichten (s. hierzu bereits oben).
38
cc) Die Höhe des Steuersatzes von 20% in § 5 Abs. 1 ZwStS ist rechtlich nicht zu beanstanden.
39
(1) Mit der Erhöhung des Steuersatzes auf 20% verfolgt die Beklagte in zulässiger Weise insbesondere den Lenkungszweck, Zweitwohnungen zu begrenzen.
40
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass mit einer Steuer grundsätzlich Lenkungsziele jenseits des Zwecks der Einnahmeerzielung verfolgt werden dürfen. Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage mehr (grundlegend hierzu: BVerfG, U.v. 7.5.1998 - 2 BvR 1991-95 u. 2004-95 - NJW 1998, 2341 zur kommunalen Verpackungssteuer; s. auch: BVerfG, B.v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - juris Rn. 49, 81 ff.).
41
Die mit einer Zweitwohnungsteuer verfolgten Lenkungszwecke, Wohnungsinhaber zur Ummeldung von Zweitin Hauptwohnsitze zu veranlassen und Wohnraum für Dritte freizumachen, ändern nach der Rechtsprechung nichts an ihrem Charakter als Steuer, weil die beabsichtigte Lenkung jedenfalls nicht die Wirkung einer verbindlichen Verhaltensregel entfaltet. Eine etwaige Ausweichreaktion hängt vielmehr maßgeblich vom Willen der Steuerpflichtigen ab (BVerfG, B.v. 15.1.2014, a.a.O., Rn. 50, 85; vgl. zu diesem zulässigen Lenkungszweck auch: BVerwG, B.v. 27.10.2003 - 9 B 102/03 - BeckRS 2003, 25337; BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 58; U.v. 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris Rn. 39). Auch die Eindämmung von sogenannten Rollladensiedlungen, die zur Verödung des Ortes beitragen können, ist ein legitimes kommunales Anliegen (BayVGH, U.v. 4.4.2006, a.a.O.).
42
Der Lenkungszweck muss allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur: BVerfG, B.v. 15.1.2014, a.a.O., Rn. 83 m.w.N.) von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen sein. Dabei genügt es, wenn diese anhand der üblichen Auslegungsmethoden festgestellt werden kann; Lenkungszwecke können sich etwa aus den Gesetzesmaterialien ergeben.
43
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist der im konkreten Fall von der Beklagten verfolgte Zweck, Zweitwohnsitze zurückzudrängen, ein legitimes Ziel einer Zweitwohnungsteuererhebung. Dieser Lenkungszweck ist auch von einer erkennbaren Entscheidung der Satzungsgeberin getragen. Ausweislich der Niederschriften über die Sitzungen des Gemeinderats vom 14. Januar 2020 (Tagesordnungspunkt b 2) und 28. Januar 2020 (Tagesordnungspunkt a 4) hat sich die Beklagte mit der aus ihrer Sicht bestehenden Notwendigkeit einer derartigen Lenkung auseinandergesetzt. Aufgrund der starken Nachfrage nach Zweitwohnungen in … und der steigenden Anzahl von Zweitwohnungen in den letzten Jahren hätten einkommensschwächere einheimische Familien Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung am Markt zu erhalten. Auch die Gemeinde habe Schwierigkeiten, günstiges Bauerwartungsland für einkommensschwächere Familien zu erwerben. Hierauf hat die Beklagte (in verkürzter, aber verständlicher Form) auch alle Zweitwohnungsinhaber in ihren Informationsschreiben vom 3. Januar und 10. März 2020 hingewiesen.
44
(2) Die Höhe des Steuersatzes von 20% ist nicht unangemessen; sie hat keine erdrosselnde Wirkung.
45
Hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes hat der Satzungsgeber einen relativ großen Spielraum. Dieser Spielraum wird allerdings dann überschritten, wenn die Steuer erdrosselnde Wirkung hat. Die „Erdrosselungsgrenze“ stellt die äußerste Schranke der Besteuerung dar. Auch insoweit bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage mehr, wenn die - grundsätzlich zulässige - steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird. Dies ist der Fall, wenn der steuerpflichtige Vorgang (wirtschaftlich) unmöglich gemacht wird (stRspr, vgl. nur: BVerwG, U.v. 15.10.2014 - 9 C 8.13 - juris Rn. 23 m.w.N.).
46
Wann eine „erdrosselnde“ Wirkung vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalles, insbesondere hinsichtlich der Verhältnisse in der konkreten Gemeinde zu beurteilen. Abzustellen ist nicht auf den individuellen, sondern auf den durchschnittlichen Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet (BVerwG, U.v. 15.10.2014, a.a.O., Rn. 24). Hierbei kann der Umstand eine Rolle spielen, dass in einer Gemeinde bereits eine beachtliche Zahl von Zweitwohnungsinhabern zur Zweitwohnungsteuer veranlagt wird und sich diese Zahl in den letzten Jahren noch erhöht hat (vgl. BVerwG, U.v. 15.5.2014 - 9 B 57.13 - NVwZ-RR 1014, 657 (658) m.w.N.).
47
Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Zweitwohnungsteuersätze in einem Bereich bis zu einschließlich 20% des jährlichen Mietaufwands keine erdrosselnde Wirkung haben und damit keinen rechtlichen Bedenken unterliegen (BayVGH, U.v. 14.4.2011 - 4 B 10.2557 - BeckRS 2011, 53040 Rn. 22; BayVGH, B.v. 28.10.2009 - 4 ZB 08.1893 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 30.4.2009 - 4 ZB 08.2317 - juris Rn. 12; VG München, U.v. 13.10.2020 - M 10 K 19.94 - juris Rn. 37 ff.; U.v. 13.10.2020 - M 10 K 19.153 - juris Rn. 37 ff.; VG München, U.v. 14.1.2010 - M 10 K 09.1827 - juris Rn. 28; VG München, U.v. 28.9.2006 - M 10 K 06.2059 - BeckRS 2006, 18758; NdsOVG, U.v. 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - BeckRS 2018, 16931 Rn. 90; VGH Baden-Württemberg, B.v. 28.7.2020 - VGH 2 S 1474/20 - BeckRS 2020, 19106 Rn. 25; OVG Schleswig-Holstein, U.v. 8.3.2018 - 2 LB 97/17 - juris Rn. 75; aktuell: VG Greifswald, U.v. 8.3.2022 - 2 A 2050/21 HGW - juris Rn. 27 ff.; in diese Richtung auch, aber letztlich offen gelassen: NdsOVG, B.v. 22.11.2010 - 9 ME 76/10 - NordÖR 2011, 80 (81); weiter gehend: VGH Baden-Württemberg, U.v. 24.6.2013 - 2 S 2116/12 - juris Rn. 44 ff. für Steuersätze in Höhe von 20%, 27,5% und 35%, s. Rn. 11-13).
48
Gemessen an diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine erdrosselnde Wirkung des Steuersatzes von 20% nicht anzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf Grundlage der Vorgängersatzung belief sich der Steuersatz, wenn auch aufgrund einer anderen Bemessungsgrundlage, bereits auf 10%. Da die Anzahl der Zweitwohnsitze im Gemeindegebiet der Beklagten nach deren Feststellungen trotz dieses nicht unerheblichen Steuersatzes kontinuierlich angestiegen ist, ist nicht erkennbar, dass in der Vergangenheit mit diesem Steuersatz eine prohibitive Wirkung im Hinblick auf das Halten einer Zweitwohnung verbunden gewesen wäre. Für eine - zulässige - Drosselung durch die Erhöhung des Steuersatzes und gegen eine - unzulässige - Erdrosselung spricht zudem, dass weder behauptet noch ersichtlich ist, dass die Anzahl der Zweitwohnungen im Gemeindegebiet der Beklagten nach der Einführung des Steuersatzes von 20% eklatant zurückgegangen ist. Vielmehr ist angesichts der ersten Entwicklung nach Einführung der erhöhten Steuer, die die Beklagte in ihrem Schreiben vom 4. Dezember 2020 dargestellt hat (vgl. Bl. 51 f. Behördenakte im Verfahren M 10 K 20.6697, das mit diesem Verfahren zusammen verhandelt worden ist), eher von einem gemäßigten Rückgang der Zweitwohnungen auszugehen. Danach haben sich insbesondere 8 Zweitwohnungsinhaber umgemeldet und mit Hauptwohnung in … angemeldet. Zudem sei in einigen wenigen Fällen bekannt geworden, dass als Zweitwohnungen genutzte Eigentumswohnungen verkauft bzw. angemietete Zweitwohnungen aufgegeben worden seien. Hinzu kommt, dass die absoluten Steuerbeträge, die sich unter Berücksichtigung des Steuersatzes von 20% des jährlichen Mietaufwands errechnen, nicht unangemessen hoch sind im Hinblick auf die jährlichen Gesamtkosten für das Halten einer Zweitwohnung in …, einem Ferien- und Erholungsort unmittelbar am …see.
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(3) Neben dieser Prüfung der erdrosselnden Wirkung ist eine gesonderte Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Steuersatzes von 20% nicht erforderlich. Eine Prüfung, ob die Erhöhung des Steuersatzes geeignet, erforderlich und angemessen zur Erreichung des Lenkungszwecks ist, findet nicht statt. Ebenso hängt entgegen der Rechtsauffassung der Klagepartei die Höhe des zulässigen Steuersatzes nicht von den Gründen ab, aus denen eine Zweitwohnungsteuer erhoben werden darf. Der Satzungsgeber könnte den Steuersatz auch auf 20% erhöhen, nur um Einnahmen zu erzielen und ohne Lenkungszwecke zu verfolgen (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 18.8.2015 - 9 BN 2/15 - juris Rn. 18 ff.). Da die „Erdrosselungsgrenze“ - wie bereits dargestellt - die äußerste Schranke der Besteuerung darstellt, besteht, wenn diese gewahrt wird, keine Notwendigkeit für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung.
50
(4) Es begegnet auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass die satzungsmäßige Anhebung des Steuersatzes auf 20%, die im konkreten Fall ohne Rückwirkung in einen laufenden Steuersachverhalt eingreift, in der Anwendung im Einzelfall zu einer Erhöhung der Steuer um bis zu 175% führen kann. Entscheidend ist die absolute Höhe der Steuer, insbesondere ob diese - wie hier nicht - erdrosselnd ist. Insoweit ist die aktuell gültige Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten für sich zu betrachten und nicht in Relation zu der Vorgängersatzung zu setzen, die überdies nichtig war (s. hierzu bereits: VG München, U.v. 13.10.2020 - M 10 K 19.94 - juris Rn. 45; U.v. 13.10.2020 - M 10 K 19.153 - juris Rn. 44).
51
(5) Durch die Steuersatzhöhe von 20% werden die Grundrechte aus Art. 14, Art. 11, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt.
52
Zwar stellt die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als Auferlegung einer Geldleistungspflicht einen Eingriff in Freiheitsrechte des Steuerpflichtigen und seine persönliche Freiheitsentfaltung im vermögensrechtlichen Bereich dar. Aber der Eingriff erweist sich jedenfalls als verfassungsgemäß. Denn er beruht auf einer gesetzlichen Grundlage, welche die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wahrt und die Steuerpflichtigen nicht unverhältnismäßig belastet (vgl. zu diesen Anforderungen: BVerfG, B.v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - juris Rn. 43 ff.). Die von der Beklagten erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 3 Abs. 1 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Wie bereits dargelegt, bietet diese (grund-)gesetzliche Besteuerungskompetenz im konkreten Fall eine ausreichende Rechtsgrundlage, da die Finanzierungsfunktion der Steuer nicht durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird. Auch eine unverhältnismäßige Belastung liegt hier nicht vor, da die Steuer, wie schon aufgezeigt, zwar (zulässigerweise) drosselt, aber nicht erdrosselnd ist.
53
(6) Auch unter dem klägerseits angeführten Aspekt, dass der Eigentümer einer Zweitwohnung durch wirtschaftlichen Druck infolge der Erhöhung des Steuersatzes zur Aufgabe seiner Wohnung veranlasst werden solle, wird Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt. Denn die beabsichtigte Lenkung entfaltet - wie bereits ausgeführt - nicht die Wirkung einer verbindlichen Verhaltensregel. Eine etwaige Ausweichreaktion hängt maßgeblich vom Willen der Steuerpflichtigen ab und könnte beispielsweise auch - ohne dass der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts berührt wäre - in einer Ummeldung bestehen. Jedenfalls würde die Entscheidung des Eigentümers einer Zweitwohnung, die Wohnung zu veräußern, das Eigentum nicht entwerten.
54
dd) Schließlich liegt eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG nicht darin, dass Ferienwohnungen - anders als Zweitwohnungen - nicht der Zweitwohnungsteuer unterliegen, obwohl diese dem allgemeinen Wohnungsmarkt ebenso entzogen sind. Art. 3 Abs. 1 GG wird hierdurch nicht verletzt, weil unterschiedliche Sachverhalte zu Recht unterschiedlich behandelt werden: Mit der Zweitwohnungsteuer wird das Innehaben einer weiteren Wohnung zur persönlichen Lebensführung oder der eines Familienangehörigen besteuert (Einkommensverwendung). Dagegen unterliegt eine Ferienwohnung deswegen nicht der Zweitwohnungsteuerpflicht, da der Inhaber einer solchen Wohnung diese nicht zu seiner persönlichen Lebensführung oder der eines Familienangehörigen, sondern zur Einkommenserzielung (Vermietung an Feriengäste) innehat. Die aus der Vermietung einer Ferienwohnung erzielten Einkünfte unterliegen der Einkommensteuer.
55
2. Die Beklagte hat die Zweitwohnungsteuersatzung vom 14. Februar 2020 auf den konkreten Fall auch zutreffend angewandt.
56
a) Die Klägerin hatte - jedenfalls im Veranlagungsjahr 2020 - im Gemeindegebiet der Beklagten eine Zweitwohnung im Sinne des § 2 Satz 1 ZwStS inne, da sie Eigentümerin der Wohnung ist, diese zur persönlichen Lebensführung innehatte und ihren Hauptwohnsitz in … hatte.
57
Grundsätzlich ist für die Bestimmung einer Zweitwohnung die melderechtliche Lage ein gewichtiges Indiz, auch wenn die Satzung hierauf nicht explizit Bezug nimmt (vgl. BayVGH, U.v. 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - juris Rn. 62). Unstreitig ist die Klägerin mit Hauptwohnsitz in …, wo ihr Ehemann ein Einfamilienhaus hat, gemeldet. Unabhängig davon, ob eine Anmeldung mit Zweitwohnung im Gemeindegebiet der Beklagten erfolgt ist, streitet vorliegend die Anmeldung mit Hauptwohnsitz in … dafür, die (weitere) Wohnung im Gemeindegebiet der Beklagten als Zweitwohnung anzusehen. Diese Einordnung passt bei quantitativer Bestimmung auch mit dem klägerischen Vortrag zusammen, dass sich die Klägerin im Veranlagungsjahr 2020 - anders als in anderen Jahren - nicht mehr als 6 Monate in … aufgehalten habe.
58
b) Die Klägerin ist als Eigentümerin der Wohnung steuerpflichtig im Sinne von § 3 Abs. 1 ZwStS.
59
c) Die Berechnung der Steuer gemäß § 4 Abs. 3 und § 5 Abs. 1 ZwStS begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Einwände sind insoweit auch nicht erhoben worden.
60
Die Schätzung der Jahresnettokaltmiete der klägerischen Zweitwohnung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Beklagte nach Auffassung des Gerichts durch die Heranziehung eines Quadratmeterpreises von 8,20 EUR als Berechnungsgrundlage für die Jahresnettokaltmiete ihren Schätzungsspielraum nach § 4 Abs. 3 ZwStS nicht überschritten. Diesen (abgerundeten) Quadratmeterpreis hat die Beklagte anhand der Auswertung der Mieten von verkauften Wohnobjekten von 2017 bis 2019 durch den Gutachterausschuss des Landkreises … von September 2019 (im Folgenden: Auswertung des Gutachterausschusses) ermittelt.
61
Nach der Rechtsprechung ist mit der Einräumung einer Schätzungsermächtigung wie in § 4 Abs. 3 ZwStS notwendigerweise ein gewisser Schätzungsspielraum und damit ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum der Behörde verbunden. Die Schätzung ist etwa dann fehlerhaft, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wesentliche Tatsachen außer Acht lässt oder unrichtige Maßstäbe zugrunde legt. Sofern kein Mietspiegel existiert, der als Schätzungsgrundlage in Betracht käme, können - ohne Bindung an die mietrechtliche Vorschrift des § 558 Abs. 2 BGB - auch sonstige Informationen über das Mietzinsniveau im Gemeindegebiet herangezogen werden, um den auf dem örtlichen Mietmarkt erzielbaren Mietzins zu bestimmen. Die steuererhebende Gemeinde ist nicht verpflichtet, den Mietaufwand in der ortsüblichen Höhe für die jeweilige Wohnung durch ein Sachverständigengutachten exakt zu ermitteln. Davon abgesehen hat der Abgabenpflichtige keinen Anspruch auf ein bestimmtes, aus seiner Sicht optimales Verfahren zur Feststellung des Mietwerts der Wohnung, sondern nur darauf, dass diese Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungsteuer in sachgerechter Weise ermittelt wird (vgl. hierzu zusammenfassend: BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 15 ff. m.w.N.)
62
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat die Beklagte ihrer Berechnung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Auswertung des Gutachterausschusses zur Bestimmung der ortsüblichen Jahresnettokaltmiete zugrunde gelegt. Die Beklagte darf zur Ermittlung der ortsüblichen Jahresnettokaltmiete auf sonstige Informationen über das Mietzinsniveau im Gemeindegebiet, wie die Auswertung des Gutachterausschusses, zurückgreifen. Die Auswertung des Gutachterausschusses stellt hierzu auch eine sachgerechte Erkenntnisquelle dar. Bei dieser Auswertung handelt es sich um eine Mietpreissammlung, die vom Gutachterausschuss des Landratsamts … als sachkundiger Stelle einer Behörde zusammengestellt worden ist. Zur Ermittlung der durchschnittlichen Mietpreise hat der Gutachterausschuss die ihm übermittelten notariellen Kaufverträge, sofern sich aus diesen Mietpreise der verkauften Objekte ergeben, ausgewertet. Eingeflossen sind in erster Linie Bestandsmieten. Für die 4 verschiedenen Zonen im Landkreis (Nord, Ost, Mitte, Süd) hat der Gutachterausschuss aus den jeweilig ermittelten Mietpreisen je einen Mittelwert errechnet. Für den Bereich „Mitte“, zu dem das Gemeindegebiet der Beklagten gehört, ergab sich ein Mittelwert von 8,25 EUR pro Quadratmeter. Dabei verfügte der Gutachterausschuss nach Auffassung des Gerichts über eine ausreichende Datenmenge; insgesamt sind 250 Vermietungen, für den Bereich „Mitte“ 90 Vermietungen eingeflossen (S. 5).
63
Auf Basis dieses durchschnittlichen Quadratmeterpreises von 8,25 EUR, abgerundet auf 8,20 EUR, hat die Beklagte gemäß den satzungsmäßigen Parametern „Art, Lage und Ausstattung“ geprüft, ob hierzu Zu- und/oder Abschläge vorzunehmen sind, und in zutreffender Weise die Jahresnettokaltmiete errechnet.
64
Gegen die Tauglichkeit der Auswertung des Gutachterausschusses zur Ermittlung der ortsüblichen Jahresnettokaltmiete kann auch nicht eingewandt werden, dass sich die Auswertung ausweislich ihrer einführenden Erläuterungen auf Seite 2 nicht für die Ableitung der ortsüblichen Vergleichsmiete eignen würde. Denn die Auswertung ist nach der eigenen Begründung des Gutachterausschusses deswegen nicht für die Ableitung der ortsüblichen Vergleichsmiete geeignet, weil lediglich die Bestandsmieten in die Auswertung eingeflossen sind, nicht aber Neumieten und erhöhte Bestandsmieten, die für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ebenso relevant sind. Dieser Umstand wirkt sich jedoch zugunsten der Klägerin aus, da Neumieten und erhöhte Bestandsmieten regelmäßig höher sein dürften als Bestandsmieten, so dass davon auszugehen ist, dass der Quadratmeterpreis von 8,25 EUR eher (zu) niedrig ist.
65
Neben der Auswertung des Gutachterausschusses hat die Beklagte ergänzend im gerichtlichen Verfahren eine von ihr für ihr Gemeindegebiet zusammengestellte Vergleichsmietensammlung für die Jahre 2017 bis 2022 vorgelegt, die als weitere Information über das Mietzinsniveau im Gemeindegebiet berücksichtigungsfähig ist. Für das Jahr 2020 ergibt sich hieraus auf der Grundlage von 32 Wohnungen ein mittlerer Mietpreis von 10,69 EUR, was deutlich über den im Bescheid angesetzten 8,20 EUR liegt.
66
Auch im Übrigen ist weder substantiiert vorgetragen noch für das Gericht erkennbar, dass der bescheidsmäßig zugrunde gelegte (abgerundete) Quadratmeterpreis von 8,20 EUR überhöht und damit (im Ergebnis) rechtsfehlerhaft angesetzt wäre. Dies ergibt sich zum einen bereits daraus, dass der Quadratmeterpreis von 8,25 EUR der Auswertung des Gutachterausschusses für die Jahre 2017 bis 2019 entnommen worden ist. Die an sich für das besteuerte Jahr 2020 einschlägige, aber bei Bescheidserlass noch nicht vorliegende Auswertung des Gutachterausschusses für die Jahre 2019 bis 2021 (erschienen im Juli 2021) ermittelt einen höheren durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 9,19 EUR. Zum anderen deuten die in Online-Mietportalen verfügbaren Informationen eher darauf hin, dass der durchschnittliche Mietpreis in … im Jahr 2020 höher war als 8,25 EUR (vgl. https://www.miet-check.de 11,84 EUR; https://mietspiegeltabelle.de/mietspiegel-gemeinde- …-kreis- … 9,37 EUR; https://www.wohnpreis.de/mietspiegel/ … 9,87 - 10 EUR für Bestand, 10 - 13 EUR für Neubau; https://www.miete-aktuell.de/mietspiegel/ … 10,24 EUR kalt; https://www.wohnungsboerse.net/mietspiegel- …2619 11,10 EUR für 100 m² große Wohnung, 14,05 EUR für 60 m² große Wohnung; alle Quellen abgerufen am 29.11.2022). Hinzu kommt, dass die durchschnittliche Kaltmiete bei Wiedervermietung im Jahr 2020 bundesweit bei 8,97 EUR lag, im Landkreis … bei 8,50 EUR bis 10 EUR (vgl. https://www.deutschlandatlas.bund.de/DE/Karten/Wie-wir-wohnen/040-Mieten.html#_a8lnleokc abgerufen am 29.11.2022).
67
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.