Inhalt

VGH München, Beschluss v. 08.07.2022 – 15 ZB 22.30694
Titel:

Asylbewerber aus Georgien, Antrag auf Zulassung der Berufung (abgelehnt)

Normenketten:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 4 S. 4
VwGO § 138 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1
Schlagworte:
Asylbewerber aus Georgien, Antrag auf Zulassung der Berufung (abgelehnt)
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 02.06.2022 – RN 9 K 22.30355
Fundstelle:
BeckRS 2022, 37169

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
1
Der Kläger ist georgischer Staatsangehöriger und wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 8. März 2022, mit dem seine Anträge auf Asylanerkennung sowie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Rechtsschutzes jeweils als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Mit seiner beim Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Klage beantragte er zuletzt, die Beklagte unter (teilweiser) Aufhebung des Bescheids vom 8. März 2022 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass bei ihm Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
2
Der Kläger ließ mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. April 2022 neben Details zu seinen Ausreisegründen gegenüber dem Verwaltungsgericht vorbringen, das Protokoll seiner Anhörung vor dem Bundesamt (§ 25 AsylG) gebe aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe, seine Fluchtgründe nur unzureichend wieder. Die Anhörung habe nur 40 Minuten gedauert, die wesentlichen Punkte seines Vortrags seien nur ansatzweise niedergeschrieben worden. Ihm, der weder deutsch noch englisch spreche, könne nicht entgegengehalten werden, dass er Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben durch Unterschrift bestätigt habe. Er habe weitere Ausführungen machen wollen, ihm sei aber von dem Anhörenden keine Gelegenheit dazu gegeben worden. Sein georgischer Bekannter, mit dem er nach Deutschland gekommen sei und der mit ihm wesentliche Erlebnisse teile, habe vor dem Bundesamt seine Geschichte wesentlich ausführlicher vortragen können.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten ebenfalls vom 11. April 2022 beantragte der Kläger beim Bundesamt, erneut angehört zu werden. Bei der Anhörung am 22. Februar 2022 habe es Probleme gegeben.
4
Mit Schriftsatz vom 25. April 2022 an das Verwaltungsgericht bestritt das Bundesamt die Behauptungen des Klägers zu den Vorkommnissen bei der Anhörung. Es sei weder nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die Anhörung nicht ordnungsgemäß verlaufen sei. Bei der Anhörung sei ein Sprachmittler anwesend gewesen; der Kläger habe ausweislich der Niederschrift über die Anhörung auf Nachfrage bestätigt, dass er sich mit dem Sprachmittler habe verständigen können. Auch habe der Kläger durch seine Unterschrift auf der Anhörungsniederschrift bestätigt, dass er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, die Gründe für seinen Asylantrag zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr in sein Heimatland oder einen anderen Staat entgegenstünden. Ebenso habe er abschließend bestätigt, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben habe. Der Vortrag des Klägers hierzu sei unsubstantiiert. Es bestehe auch kein Anspruch des Klägers, nach Durchführung der Anhörung und Erlass des streitgegenständlichen Bescheides mit einer eigenen Sprachmittlerin beim Bundesamt zu erscheinen und weitere Angaben zu seinen Fluchtgründen zu machen. Vielmehr stehe es dem Kläger nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides frei, dagegen den Rechtsweg zu beschreiten, was ja auch geschehen sei. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erhalte der Kläger die Möglichkeit, nochmals umfassend die Gründe für sein Schutzbegehren vorzutragen. Die Notwendigkeit einer weiteren Anhörung beim Bundesamt bestehe daher nicht.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 1. Juni 2022 stellte der Bevollmächtigte des Klägers folgenden Beweisantrag:
6
„Zum Beweis dafür, dass die Angaben des Klägers zu seinen Fluchtgründen in der Anhörung am 22.2.2022 vom Anhörenden Herrn (…) nicht vollständig und nicht entsprechend den Angaben, die der Kläger dort gemacht hat, protokolliert wurden, im Gegenteil der Kläger vom Anhörenden herabwürdigend behandelt, seine Darstellung als „Theateraufführung“ abgetan worden ist, beantrage ich, Herrn (…), zu laden über die Beklagte, sowie den bei der Anhörung anwesenden Dolmetscher, ebenfalls zu laden über die Beklagte, als Zeugen zu vernehmen.“
7
Die Einzelrichterin lehnte den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung ab. Mit Urteil vom 2. Juni 2022 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die vom Kläger erhobene Klage ab. Nach den Entscheidungsgründen stufte das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers zu seinen Fluchtgründen als nicht glaubhaft ein.
8
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, den er auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) stützt, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) zuzulassen.
11
Gem. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG ist die Berufung wegen „Divergenz“ zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der Zulassungsgrund der Divergenz soll die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewährleisten. Zur Herstellung materieller Gerechtigkeit ist er nicht gedacht. Eine Abweichung im Sinne der Vorschrift liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. In dem angefochtenen Urteil muss zum Ausdruck kommen, dass das Verwaltungsgericht einen bundes- oder obergerichtlich aufgestellten Rechtssatz ablehnt, weil es ihn für unrichtig hält. Eine Divergenz liegt hingegen nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht einen solchen Rechtssatz im Einzelfall übergeht, rechtsfehlerhaft für nicht anwendbar erachtet oder daraus nicht die gebotenen Folgerungen zieht. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden. Die bloße Behauptung einer schlicht fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die die betreffenden Gerichte in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2022 – 8 ZB 21.3252 – juris Rn. 19 m.w.N.; B.v. 2.8.2019 – 15 ZB 19.32569 – juris Rn. 6 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 23.5.2018 – 3 A 507/18.A – juris Rn. 12)
12
Der Kläger lässt seinen Antrag auf Zulassung der Berufung damit begründen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nämlich dem Kammerbeschluss vom 25. Februar 2019, Az. 2 BvR 1193/18 (BayVBl 2019, 446), abweiche. Das Bundesverfassungsgericht führe in dieser Entscheidung aus, dass Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle gebe. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verlange nach dieser Entscheidung nicht nur, dass jeder potentiell rechtsverletzende Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt sei, vielmehr müssten die Gerichte den betroffenen Rechten auch tatsächlich Wirksamkeit verschaffen. Das Maß dessen, was wirkungsvoller Rechtsschutz sei, bestimme sich – so das Bundesverfassungsgericht weiter – entscheidend auch nach dem sachlichen Gehalt des als verletzt behaupteten Rechts, hier des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, gegebenenfalls i.V. mit der Gewährleistung des Art. 3 EMRK im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der Bevollmächtigte sieht einen Widerspruch des angegriffenen Urteils zu dieser Verfassungsgerichtsentscheidung darin, dass er – der Kläger – schlüssig dargelegt habe, dass er vom Beklagten in seinem Recht auf Verfahrensgewährleistung, wie es das Bundesverfassungsgericht ausformuliert habe, verletzt worden sei. Er habe in der mündlichen Verhandlung hierzu auch einen Beweisantrag gestellt, der vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen worden sei. Gerade weil in Fällen wie dem Vorliegenden die wesentliche Erkenntnisquelle, das wesentliche „Beweis“-Mittel die Aussage der jeweiligen Klagepartei sei, habe ein Verwaltungsgericht als Tatsacheninstanz bei richtiger Anwendung des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls dann weitere Ermittlungen anzustellen, wenn – wie vorliegend – sich der Klagevortrag nicht bloß pauschal auf die Behauptung beschränke, die Anhörung sei nicht vollständig bzw. sei fehlerhaft gewesen, sondern hierfür Anknüpfungstatsachen liefere. Auch wenn man ihm vorwerfen könne, dass er habe wissen müssen, wie wichtig das in der Anhörung Protokollierte für die Entscheidung über sein Asylbegehren sein werde, sei er von der Art und Weise, wie der Anhörende mit ihm umgegangen sei, schlichtweg überfahren worden. Hierbei sei zu bedenken, dass er aus einem obrigkeitshörigen Staat komme und es nach seiner Lebenserfahrung in Georgien immer besser sei, Behördenaktionen – wie hier eine in süffisantem Ton geführte Anhörung – über sich ergehen zu lassen, ohne dagegen „aufzumucken“ bzw. durch Nichtleistung der Unterschrift ein unkooperatives Verhalten zu zeigen. Sobald er sich im Klaren über das Geschehene gewesen sei und sobald er sich dann eine private Dolmetscherin beschafft habe, habe er versucht, das Ganze wieder zurechtzurücken, nämlich durch einen Antrag an das Bundesamt auf eine zweite Anhörung, durch schriftsätzlichen Vortrag im Klageverfahren, durch Aussage in der Einzelrichtersitzung und schließlich durch seinen Beweisantrag. Hierüber habe sich die erste Instanz hinweggesetzt und damit gegen die Grundsätze der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstoßen.
13
Mit diesem Vortrag wird der Kläger den o.g. Anforderungen an eine Divergenzrüge nicht gerecht. Mit seiner Argumentation und dem Verweis auf die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts legt der Kläger nicht i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 AsylG dar, dass das Verwaltungsgericht einen dieser Entscheidung widersprechenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Vielmehr trägt er vor, das Verwaltungsgericht habe gegen verfahrensrechtliche Anforderungen verstoßen, die das Bundesverfassungsgericht aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitet habe. In der Sache rügt er mithin nicht, dass das Verwaltungsgericht einen das Urteil tragenden divergierenden Rechtssatz aufgestellt hat, sondern rügt allgemein dessen fehlerhafte Anwendung.
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2. Soweit sich dem Zulassungsvorbringen der Sache nach die Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) entnehmen lassen sollte, weil der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht hätte weitere Ermittlungen über die Anhörung vor dem Bundesamt anstellen müssen, weil er – der Kläger – sich nicht auf die Behauptung beschränkt habe, die Anhörung sei fehlerhaft und nicht vollständig gewesen, sondern hierfür Anknüpfungstatsachen geliefert habe, führt dies ebenso nicht zum Erfolg.
15
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Eine Verletzung des Grundsatzes liegt vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (zusammenfassend zum Ganzen BayVGH, B.v. 16.3.2022 – 15 ZB 22.30278 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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Der klägerische Vortrag in der Antragsbegründung gibt nichts dafür her, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Damit ist auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht gemäß den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG hinreichend substantiiert dargelegt worden.
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Das gilt zum einen hinsichtlich der in der Antragsbegründung eher am Rande angesprochenen Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des Anhörers des Bundesamts als Zeugen zu den Geschehnissen während der Anhörung des Klägers gem. § 25 AsylG. Der Beweisantrag wurde in der mündlichen Verhandlung mit folgender Begründung abgelehnt:
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„Soweit beantragt wurde, den Anhörer (.…) sowie den bei der Anhörung anwesenden Übersetzer als Zeugen dazu zu vernehmen, dass der Kläger bei der Anhörung herabwürdigend behandelt worden sei, handelt es sich um ein subjektives Empfinden des Klägers und nicht um eine den Beweis zugänglichen Tatsache. Im Übrigen kommt dem Anhörungsprotokoll die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde nach § 415 ZPO zu, deren Richtigkeit der Kläger auch durch seine Unterschrift (BI. 90 der Behördenakte) bestätigt hat. Die beantragten Zeugeneinvernahmen wäre eine Beweisausforschung, da seitens des Klägers nicht substantiiert vorgetragen wurde, in welchen Punkten das Anhörungsprotokoll unrichtig sein soll. Die beantragte Beweiserhebung würde auch zu einer Verzögerung des Verfahrens führen. Der Klägerbevollmächtigte muss sich insoweit die mit gerichtlichem Schreiben vom 2.5.2022 gesetzte Frist nach § 87b Abs. 2 VwGO entgegenhalten lassen.“
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Die Ablehnung eines formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisantrags i.S.v. § 86 Abs. 2 VwGO verletzt die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO nur dann, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet und willkürlich erfolgt (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2019 – 15 ZB 19.33171 – juris Rn. 15 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Antragsbegründung setzt sich vorliegend aber nicht damit auseinander, ob die Ablehnung des Beweisantrags mit der o.g. Begründung im Prozessrecht eine Stütze findet bzw. warum das nicht der Fall sei bzw. warum die Ablehnung willkürlich erfolgt sei.
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Zum andern gewährleistet die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs nicht, dass die angefochtene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern oder sonstigen Verfahrensfehlern ist, sondern sie soll nur sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder in der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 27.9.2021 – 15 ZB 20.32485 – juris Rn. 55). Auch ein gerügter Aufklärungsmangel als solcher begründet – unabhängig davon, ob die Rüge berechtigt oder unberechtigt ist – grundsätzlich weder einen Gehörsverstoß, noch gehört er zu den sonstigen Verfahrensmängeln im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2020 – 15 ZB 20.30954 – juris Rn. 31 m.w.N.). Bei Mängeln der gerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO allenfalls in krassen Ausnahmefällen dann verletzt sein, wenn ein besonders schwerwiegender Verstoß vorliegt, vor allem wenn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (vgl. BayVGH, B.v. 12.10.2018 – 8 ZB 18.31172 – juris Rn. 15 m.w.N.). Dass ein solcher Mangel vorliegt, zeigt der Zulassungsantrag nicht substantiiert auf, zumal die Antragsbegründung nicht darauf eingeht, dass das Verwaltungsgericht seine Einschätzung der mangelnden Glaubhaftigkeit des Klägervortrags auch darauf gestützt hat, dass – ganz unabhängig von den Geschehnissen bei der Anhörung vor dem Bundesamt – zwischen dem Klägervortrag in der mündlichen Verhandlung („er glaube, er sei bei der dritten und damit letzten Kontrolle durch die Apotheke geflohen“) und dem schriftsätzlichen Vortrag seines Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 11. April 2022 (wonach „es nach dieser Flucht circa zwei Wochen später wieder zu einer Kontrolle gekommen sei“) Widersprüche bestünden (vgl. UA S. 7).
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3. Soweit der Kläger mit seiner Argumentation allgemein das konkrete Ergebnis der Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht rügt, macht er allenfalls ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend, die in § 78 Abs. 3 AsylG vom Gesetzgeber nicht als asylrechtlicher Berufungszulassungsgrund implementiert worden sind.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).