Titel:
öffentlich-rechtlicher Abwehr- und Unterlassungsanspruch, Betrieb von Wertstoffcontainern, mittelbarer Handlungsstörer, Geruchsimmissionen, Müllverwehungen, Eigentumsbeeinträchtigung, Duldungspflicht, Zumutbarkeit
Normenketten:
GG Art. 14 Abs. 1
BGB §§ 1004, 906, 903
BImSchG §§ 3 Abs. 1, 22
BauNVO §§ 6, 14 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1
Schlagworte:
öffentlich-rechtlicher Abwehr- und Unterlassungsanspruch, Betrieb von Wertstoffcontainern, mittelbarer Handlungsstörer, Geruchsimmissionen, Müllverwehungen, Eigentumsbeeinträchtigung, Duldungspflicht, Zumutbarkeit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 36784
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu 1/3.
3.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Beseitigung einer Sammelstelle für Wertstoffe bzw. die Unterlassung des Betriebs dieser Sammelstelle und hilfsweise das Ergreifen von Maßnahmen gegen die Müllverschmutzung auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel.
2
Die Beklagte, der Landkreis … und der Abfallzweckverband der Beklagten und des Landkreises … vereinbarten mit der Der Grüne Punkt Duales System Deutschland GmbH die Aufstellung von Mehrkammercontainern. In der praktischen Umsetzung schreibt die Der Grüne Punkt Duales System Deutschland GmbH die zu erbringende Leistung aus und vergibt die entsprechenden Aufträge. Im Stadtgebiet der Beklagten ist derzeit die … GmbH für die Abholung des Mülls aus den Mehrkammercontainern zuständig. Gleichzeitig erhält der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (hier die Beklagte) für die Errichtung, Bereitstellung, Unterhaltung und Sauberhaltung der entsprechenden Flächen für die Aufstellung der Behältnisse eine Kostenbeteiligung. Einer dieser Mehrkammercontainer für Leichtverpackungsmaterialien befindet sich gemeinsam mit einem Altglascontainer und Altkleidercontainern auf der AZV Wertstoff-Insel in der …straße in … (Flur-Nr. …, Gemarkung …; Grundstück im Eigentum der Beklagten) an der Einmündung zum Zufahrtsweg Flur-Nr. …, Gemarkung … Die Beklagte führt täglich (Montag bis Freitag) in einer festen Reihenfolge in der Innenstadt beginnend die Reinigung der Wertstoffinseln und Säuberung der Umgebung durch. Der Standort …straße wird zumeist zwischen 7:30 Uhr und 9:00 Uhr aufgesucht.
3
Die Kläger zu 1 und zu 2 sind Miteigentümer der Anwesen …straße 38 und 42 in … (Flur-Nr. … und Flur-Nr. …, Gemarkung …*). Die Klägerin zu 3 ist Miteigentümerin des Grundstücks …straße 42 in … (Flur-Nr. …, Gemarkung …*). Alle Kläger sind Miteigentümer des Zufahrtswegs Flur-Nr. …, Gemarkung … Das Anwesen …straße 38 befindet sich ca. 80 m, das Grundstück …straße 42 ca. 50 m Luftlinie von der streitgegenständlichen Wertstoffinsel entfernt. Nach Angaben der Klägerseite werden auf dem Wertstoffsammelplatz regelmäßig Restmüll, Speisereste und andere Abfälle wie Sperrmüll entsorgt. Oftmals komme es zu einer Überfüllung des Containers für Leichtverpackungsmaterial und der Ablagerung von Müll vor und neben den aufgestellten Containern. Durch Windverwehung und wilde Tiere würden Abfallreste auf die Zufahrtsstraße sowie die klägerischen Grundstücke gelangen.
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Ein von den Klägern am 21. August 2018 eingeleitetes Schlichtungsverfahren mit der Beklagten wegen der Müllverschmutzungen wurde am 22. September 2018 erfolglos beendet.
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Mit Schriftsatz vom 21. August 2019 - Eingang beim Landgericht … am 23. August 2019 - ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen:
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Die Beklagte hat es zu unterlassen, an der Einmündung des Weges Flur-Nr. … zur …straße (Flur-Nr. …*) gegenüber der Trafostation (Flur-Nr. …*) eine Sammelstelle für Wertstoff zu betreiben oder für eine Sammelstelle für Wertstoff zur Verfügung zu stellen.
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Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verpflichten, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass die Grundstücke der Kläger …straße 42 (Flur-Nr. …*) und …straße 38 (Flur-Nr. …*) sowie der Zufahrtsweg, Flur-Nr. … - jeweils belegen in … - durch den betriebenen Wertstoffhof mehr als unwesentlich beeinträchtigt werden, insbesondere durch Aufstellen einer Videoüberwachungsanlage und einer Einzäunung des Wertstoffhofes mit einem selbstschließenden Tor.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass durch die Überfüllung der Müllcontainer auf der Wertstoffinsel sowie die Müllablagen - auch organischer Abfälle - neben und vor den Containern wilde Tiere wie Mäuse, Ratten, Füchse und Waschbären angelockt würden. Diese würden vor allem die organischen Abfälle auf dem gemeinsamen Zufahrtsweg und in den innen gelegenen Grundstücksteilen der klägerischen Grundstücke verteilen. Zudem würden Müllreste durch den Wind bis auf die klägerischen Grundstücke geweht werden. Vor allem von den frei herumliegenden organischen Abfällen gehe eine nicht unerhebliche Geruchsbelästigung aus. Die von dem Müll angelockten Tiere - insbesondere Füchse - würden eine gesundheitliche Gefahr für die Kläger darstellen. Die Tiere würden teilweise durch die Aufnahme unverträglichen Mülls auf den klägerischen Grundstücken verenden. Die Kläger würden aufgrund dieser Zustände an der Vermietung ihrer Wohnungen gehindert werden. Etliche Mietinteressenten hätten den Klägern Absagen aufgrund der erheblichen Müllverschmutzung erteilt (entsprechende Briefe von Mietinteressenten mit den Gründen für die Nichtanmietung wurden vorgelegt). Die Tochter der Mieterin einer Wohnung im Anwesen …straße 38 habe im Jahr 2018 ein Herz transplantiert bekommen und daher ein schlechtes Immunsystem, sodass sie sich von Schimmelsporen und wilden Tieren fernhalten müsse. Die am Containerstandort herumliegenden Lebensmittelreste und der sonstige Biomüll würden die Schimmelbildung begünstigen und Ungeziefer anziehen. Die Tochter könne deshalb im gesamten Sommer die Terrasse und den Garten nicht nutzen, da dies zu gefährlich sei. Weitere Anwohner (* …straße 44) berichteten darüber, dass der Geruch der bei den Containern verteilten Speisereste im Sommer erheblich sei, sodass der Aufenthalt im hinteren Gartenbereich nicht möglich sei. Das Betreiben der streitgegenständlichen Wertstoffcontainer diene keiner öffentlichen Aufgabe, da sich in einer Entfernung von etwa 150 Meter Luftlinie in der … Straße sowie an der Ecke …weg/ …straße weitere Wertstoffcontainer befänden. Eine Sammelstelle für Wertstoffe in der Kreuzsteinstraße sei aufgelöst worden. Sollte das Betreiben der verfahrensgegenständlichen Wertstoffinsel doch einer öffentlichen Aufgabe dienen, müsste die Beklagte geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen. Eine Videoüberwachung sei außergerichtlich abgelehnt worden, da dies gegen den Datenschutz verstoße. Dieses Argument sei jedoch unverständlich, da der … vom 3. Juli 2019 entnommen werden könne, dass sich an drei weiteren Sammelstellen für Wertstoffe (* … Straße, …straße, …straße) eine entsprechende Videoüberwachung befinde. Die Videoüberwachung an den drei genannten Standorten führe ferner dazu, dass der Müllberg an der streitgegenständlichen Stelle immer größer werde. Zu den ausgeführten Müllablagerungen legten die Kläger datierte Kopien von Lichtbildern vor.
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Unter dem 11. Oktober 2019 beantragte die Beklagte durch ihren Bevollmächtigten,
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Die Beklagtenseite erwiderte mit Schriftsatz vom 11. November 2019, dass der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet sei, da ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB) analog in Betracht komme. Die Wertstoffsammelcontainer seien sonstige untergeordnete Einrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung - BauNVO), die dem Nutzungszweck des Baugebietes dienen würden und seiner Eigenart nicht widersprächen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei im Zweifel davon auszugehen, dass die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung verbundenen Beeinträchtigungen - hier behauptete Geruchsimmissionen - von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen seien. Insbesondere in einem Mischgebiet seien solche Geruchsbelästigungen als ortsübliche und sozialadäquate Einwirkungen, die von im öffentlichen Interesse eingerichteten Abfallsammelanlagen ausgehen würden, zu dulden. Die Grenze der Zumutbarkeit sei nur überschritten, wenn die Aufstellung solcher Anlagen das Willkürverbot verletzen würde, was vorliegend nicht behauptet worden sei. Die streitgegenständlichen Container seien aufgestellt worden, um der Verpflichtung der Beklagten aus § 14 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz - VerpackG) nachzukommen. Ferner liege weder eine Handlungs- noch eine Zustandsstörung vor. Die Beklagte sei unstreitig nicht Verursacherin der behaupteten Geruchsimmissionen. Sie habe auch nicht pflichtwidrig die Geruchsimmissionen nicht abgestellt. Soweit die Geruchsimmissionen durch unsachgemäße Ablagerung von Müll hervorgerufen würden, fehle es an einer adäquaten Verursachung dieser Störung durch die Beklagte. Sie könne nicht in zumutbarer Weise eine solche Beeinträchtigung verhindern, da ihr die Personen, die den Müll unsachgemäß ablegen würden, nicht bekannt seien. Es fehle zudem an einer Zustandsstörung, da die Beeinträchtigung nicht mittelbar auf den Willen der Beklagten zurückzuführen sei. Die Beklagte habe keine Verpflichtung, die Entstehung und Verbreitung von Geruchsimmissionen zu verhindern. Die einzige Pflicht der Beklagten bestehe in der Kontrolle, die regelmäßig durchgeführt werde. Wenn neben dem Behältnissen Müllreste bei den Kontrollen aufgefunden würden, würden diese von den Mitarbeitern der Beklagten mitgenommen und der ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt. Eine wesentliche Beeinträchtigung auf den klägerischen Grundstücken sei ferner nicht gegeben. Die von Klägerseite geschilderten Zustände (frei herumliegende organische Abfälle, Anlockung von Tieren) seien weder vorhanden noch würden die vorgelegten Aufnahmen den Normalzustand zeigen. Völlig unsubstantiiert sei der Vortrag um die potentiellen Mieter, die sich gegen eine Anmietung entschieden hätten, da die Grundstücke der Kläger nicht die unmittelbar benachbarten Grundstücke seien, sondern über 50 Meter entfernt lägen. Es fehle somit an einem nachbarlichen Näheverhältnis zur streitgegenständlichen Wertstoffinsel, welches erforderlich sei, da ansonsten jeder Eigentümer - unabhängig von der tatsächlichen Entfernung zu Müllcontainern - Wertstoffinseln verhindern könnte. Die Maßnahmen zur Verhinderung der vorgetragenen Immissionen seien wirtschaftlich unzumutbar. Für die Auflösung der Wertstoffinsel und die Errichtung an einer anderen Stelle fehle jegliche Rechtsgrundlage. Dass die Beklagte beschlossen habe, manche Wertstoffcontainer per Video zu überwachen, begründe keinen Rechtsanspruch der Kläger auf eine solche. Aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken und der anfallenden Kosten der Videoüberwachung teste die Beklagte zunächst aus, welche Ergebnisse eine Videoüberwachung bringe. Eine Videoüberwachung könnte auch dazu führen, dass Abfälle dann in der freien Natur oder an anderen nicht überwachten Stellen abgelagert würden, was dem Interesse der Allgemeinheit widerspräche.
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Hierzu replizierte die Klägerseite mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2019, vor allem bei widrigem Wetter komme es zu starken Verschmutzungen auf den klägerischen Grundstücken. Von einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Wertstoffcontainer könne keine Rede sein, wenn rings um den Container Sperrmüll, Speisereste und Schlachtabfälle abgelagert würden.
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Das Landgericht … erklärte sich mit Beschluss vom 27. Dezember 2019 für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, da der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet sei.
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Mit Schriftsatz vom 27. April 2020 ergänzte die Klägerseite ihr bisheriges Vorbringen dahingehend, dass als Rechtsgrundlage vorliegend der Folgenbeseitigungsanspruch aus der entsprechenden Anwendung des §§ 1004, 906 BGB und der Grundrechte der Kläger in Betracht komme. Aus § 22 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG), § 15 Abs. 1 BauNVO und § 906 Abs. 1 BGB ergebe sich ein Beseitigungsanspruch, wenn die von Wertstoffcontainern ausgehenden Emissionen die Schwelle der Zumutbarkeit überschreiten würden. Im Einzelfall könnten Wertstoffcontainer wegen den von ihnen ausgehenden unzumutbaren Emissionen in einem Wohngebiet unzulässig sein, wenn besondere Umstände vorlägen, wodurch die Belastung von Nachbarn über das typische sozialadäquat hinzunehmende Maß hinausgehe. Die Container seien so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert oder auf ein Mindestmaß beschränkt würden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 i.V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG). Erheblich sei eine Störung, die nicht mehr zumutbar sei. Dies sei vorliegend der Fall, da täglich Restmüll, Speisereste und andere Abfälle vor und neben den aufgestellten Containern abgelagert würden. Auch benutzte Taschentücher befänden sich darunter, was im Hinblick auf die Ansteckungsgefahr mit Krankheiten - insbesondere Covid-19 - die Kläger besonders gefährde. Wilde Tiere würden durch die organischen Abfälle angelockt werden und die organischen Abfälle würden auf den klägerischen Grundstücken zu nicht unerheblichen olfaktorischen Belästigungen führen.
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Unter dem 27. Mai 2020 führte der Beklagtenbevollmächtigte ergänzend aus, dass die Klägerseite sich mit ihrem Begehren nicht gegen den Standort der Wertstoffbehälter richte, sondern gegen die behaupteten Störungen durch Dritte. Gerade das Bundesverwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung vom 3. Mai 1996 (Az. 4 B 50/96) davon aus, dass die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung (Kinderspielplatz) verbundenen Beeinträchtigungen von den Nachbarn hinzunehmen seien. Dies gelte sinngemäß für sonstige Nebenanlagen (wie Wertstoffbehälter), die dem Nutzungszeck des Baugebietes dienen und der Eigenart des Baugebietes nicht widersprechen würden. Ferner gehe es vorliegend um die behauptete Vermüllung des Standortes, sodass die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Entscheidungskriterien zu Lärmbelästigungen wohl nicht heranzuziehen seien. Die Beklagte könne die Verschmutzung durch Dritte auch grundsätzlich nicht verhindern. Ihre Einflussnahme sei auf Kontrollen und die Beseitigung des Mülls begrenzt. Die Kläger hätten mangels Rechtsgrundlage keinen Anspruch auf die beantragte Videoüberwachung oder Einzäunung der Wertstoffinsel. Solche Maßnahmen würden die Verschmutzung nicht verhindern. Die von der Verschmutzung und Vermüllung ausgehenden Umwelteinwirkungen lägen zudem unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit. Nach dem bestrittenen Sachvortrag der Kläger handele es sich um Verunreinigungen, die an jeder Wertstoffinsel auftreten würden, sodass bei einer Bejahung von Beeinträchtigungen alle entsprechenden Inseln geschlossen werden müssten, was umweltpolitisch wohl nicht gewollt sei. Der Standort der Container sei in einem Mischgebiet auf einer öffentlichen Verkehrsfläche (Grundstück im Eigentum der Beklagten), sodass keine bauliche Anlage gegeben sei und keine bauliche Genehmigungspflicht vorliege. Im Mischgebiet sei aus immissionsschutzrechtlichen Gründen ein Abstand von 11 Metern zur nächsten Bebauung ausreichend. Dieses Kriterium sei vorliegend eingehalten. Die von Klägerseite unsubstantiiert behaupteten Beeinträchtigungen und Schäden seien bestritten worden. Darüber hinaus handele es sich nur um mittelbare Beeinträchtigungen, die einen Unterlassungsanspruch nicht rechtfertigen würden.
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Die Kläger übermittelten dem Gericht persönlich mit Schriftsatz vom 25. April 2021 weiteres Bildmaterial vom 16. April 2021 zu den Verschmutzungen.
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Hierzu äußerte die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021, der auf den Bildern erkennbar wild abgelagerte Müll sei am Tag nach der Ablagerung bei der Kontrollfahrt beseitigt worden. Dies sei zur üblichen Reinigungszeit am Standort geschehen.
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Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2021 erklärte der Klägerbevollmächtigte, dass dem Ordnungsamt der Beklagten Videoaufnahmen angeboten worden seien, um Personen zu identifizieren, die am streitgegenständlichen Container ordnungswidrig Müll abgelagert hätten. Das Ordnungsamt habe diese Hilfe abgelehnt. Laut Berichten in der Tageszeitung sei von Beklagtenseite beabsichtigt, einige Containerstellplätze per Video zu überwachen; der streitgegenständliche Containerstellplatz sei hiervon nicht betroffen. Die Verschmutzung habe bereits ein derartiges Ausmaß erreicht, dass nach jedem Wochenende drei bis fünf Mitarbeiter des Bauhofs den herumliegenden Müll einsammeln müssten. Dies gehe zu Lasten des Steuerzahlers. Dem Schriftsatz beigefügt waren unter anderem diverse Fotos der Müllverschmutzung.
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Dagegen erwiderte die Beklagtenseite unter dem 8. Juli 2021, dass eine flächendeckende Videoüberwachung personell und finanziell nicht möglich sowie datenschutzrechtlich an manchen Standorten überhaupt nicht zulässig sei. Es werde beabsichtigt, in den nächsten Monaten probeweise an einem Standort die Videoüberwachung und deren Einfluss auf Müllsünder zu testen. In einigen Kommunen habe sich jedoch gezeigt, dass dies keinen Einfluss auf die Verschmutzung habe und Müllsünder nicht identifiziert werden könnten. Eine unmittelbare Gefährdung der Kläger durch den Standort der betroffenen Wertstoffinsel sei nicht gegeben, da die Kläger keine direkten Anlieger seien. Die vorgelegten Bilder der Klägerseite zeigten zudem, dass die Müllverschmutzung in den letzten Jahren weniger geworden sei. Verschmutzungen wie bei der streitgegenständlichen Wertstoffinsel würden im gesamten Stadtgebiet vorkommen.
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Die Klägerseite monierte mit Schriftsatz vom 26. Juli 2021, dass ihre Meldungen der Missstände an die Beklagte regelmäßig ignoriert würden. Von Klägerseite namentlich benannte Verursacher illegaler Müllentsorgung seien von der Beklagten offensichtlich nicht angesprochen und belehrt worden (hierzu wurden entsprechende E-Mails mit den Beschwerden der Kläger an die Beklagte vorgelegt). Mit einer über einen längeren Zeitraum vorzunehmenden Überwachung könnte man die Verursacher auf frischer Tat ertappen und damit die Verschmutzung beschränken. Im Landkreis H. und den Gemeinden F. und N. hätten die Videoüberwachungen zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Die Behauptung der Beklagten, die Vorfälle seien weniger geworden, sei ersichtlich unwahr. Die Kläger müssten weiterhin Verunreinigungen auf ihren Grundstücken und der Auffahrt selbst beseitigen.
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Am 12. Oktober 2021 fand die Einnahme eines Augenscheins der streitgegenständlichen Wertstoffinsel und der näheren Umgebung durch das Gericht statt. Im Rahmen dessen überreichte die Klägerseite dem Gericht weitere Lichtbilder, die die Verschmutzungen auf der Wertstoffinsel zeigen. Bezüglich der beim Augenschein getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll vom 12. Oktober 2021 verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 9. November 2021 beantwortete die Beklagtenseite die beim Augenschein aufgeworfenen Fragen dahingehend, dass sich die streitgegenständlichen Container seit ca. 1990 an ihrem heutigen Standort befänden. Es handele sich um eine der ersten Wertstoffinseln im Stadtgebiet der Beklagten. Die Standortwahl habe sich nach der Struktur des Aufstellungsgebietes gerichtet. Hierbei sei die Anzahl an Wohnbevölkerung, die Erreichbarkeit der Container für die Wohnbevölkerung und die gleichmäßige Verteilung der Standorte in den Wohngebieten der Beklagten beachtet worden. Bei der Auswahl der Standorte seien vorrangig eigene Flächen genutzt worden, die einsichtig und für den Transporter des Entsorgers erreichbar seien. Für das hier fragliche Gebiet gebe es keinen Bebauungsplan. Die Fläche habe früher im Bereich eines einfachen Baulinienplanes aus dem Jahr 1958 gelegen, der dieses Jahr aufgehoben worden sei. Im Flächennutzungsplan vom 1984 sei die Fläche als Mischgebiet ausgewiesen. Wie bereits dargestellt, werde die streitgegenständliche Wertstoffinsel täglich kontrolliert und die Straße von Mitarbeitern des Bauhofs gereinigt. Nach dem „Ranking der Verschmutzungsgrade“ liege die streitgegenständliche Wertstoffinsel im oberen Mittelfeld und weise keine besondere Vermüllung auf. Aus diesem Grund finde die geplante Videoüberwachung an anderen, stärker verschmutzten Standorten statt. Die Beklagte tue alles in ihrer Macht stehende, um die Verschmutzungen und unrechtmäßigen Müllablagerungen auf der Wertstoffinsel zu beseitigen und zu verhindern. Hierbei müsse die Höhe und Angemessenheit der Entsorgungskosten und die Müllgebühren im Auge behalten werden. Es werde angemerkt, dass die Kläger ihre Zufahrt nicht gesperrt hätten, sodass die Grundstücksflächen auch von Dritten verschmutzt werden könnten.
22
Unter dem 6. Dezember 2021 ergänzte die Klägerseite, dass die Kläger in den letzten Jahren bereits vier platte Reifen durch Fremdkörper bei drei verschiedenen Kraftwagen gehabt hätten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Fremdkörper beim Ein-/Ausfahren der Grundstücke in die Reifen gekommen seien. Es werde bestritten, dass die Wertstoffcontainer seit 1990 aufgestellt seien. Aus Sicht der Kläger sei früher ein Wertstoffcontainer in einer Entfernung von etwa 700 Metern aufgestellt gewesen. Die Beklagte habe nicht alles ihr Zumutbare getan, um der Verschmutzung entgegenzuwirken. Als für die Kläger weniger belastende Möglichkeit bestehe die Einführung einer gelben Tonne. Es werde darauf hingewiesen, dass die Anbringung eines Tores an der Zufahrtsstraße zu Kosten in Höhe von 8.000 EUR führen würden. Im Übrigen würde dessen Höhe und Funktion nicht geeignet sein, die geschilderte Beeinträchtigungen zu verringern.
23
Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. Dezember 2021 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Der Klägerbevollmächtigte erklärte mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2021 das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ergänzte das klägerische Vorbringen dahingehend, dass die Beklagte ab 2024 die gelbe Tonne einführen werde und daher offensichtlich die Untragbarkeit der Zustände erkannt habe.
25
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2021 führte der Beklagtenbevollmächtigte ergänzend aus, es sei unklar, wo die Fremdkörper in die Reifen der Klägerseite gekommen seien. Die Beklagtenseite sei mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird nach § 84 Abs. 1 Satz 3, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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A. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
28
B. Die Klage ist sowohl bezüglich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig, aber unbegründet.
29
I. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
30
1. Die erhobene Klage ist zulässig.
31
Die von Klägerseite erhobene Leistungsklage ist statthaft. Die Kläger begehren, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen die streitgegenständliche Wertstoffinsel zu betreiben bzw. für eine Sammelstelle für Wertstoff zur Verfügung zu stellen. Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist der in der Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannte Abwehranspruch in Form des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs. Dieser Anspruch ist mit der allgemeinen Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage geltend zu machen (vgl. SächsOVG - B.v. 17.12.2007 - 4 B 612/06 - juris Rn. 21).
32
Für die erhobene Klage besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, da die von Klägerseite geltend gemachten Belästigungen durch die streitgegenständliche Wertstoffinsel auch in Zukunft zu erwarten sind. Der Umstand, dass im Jahr 2024 die gelbe Tonne im Stadtgebiet der Beklagten eingeführt wird, ändert hieran nichts, da zumindest bis zur Einführung der gelben Tonne die Wertstoffcontainer in Form von Altglascontainern und Container für Leichtverpackungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel unverändert fortbestehen. Zudem wurde von Beklagtenseite nicht vorgetragen, ob und inwieweit sich die Wertstoffcontainerzusammensetzung auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel durch die Einführung der gelben Tonne verändert.
33
2. Die Klage ist unbegründet, da die Kläger keinen dem Hauptantrag entsprechenden öffentlichen-rechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte haben, weil sie durch den Betrieb der Wertstoffsammelstelle nicht in eigenen Rechten verletzt werden.
34
Der öffentlich-rechtliche Abwehr- bzw. Unterlassungsanspruch ergibt sich aus einer analogen Anwendung der das privatrechtliche Nachbarschaftsverhältnis regelnden §§ 906, 1004 BGB bzw. aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und aus den Grundrechten des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.1989 - 7 C 77/87 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 8 CE 20.1374 - juris Rn. 23; SächsOVG - B.v. 17.12.2007 - 4 B 612/06 - juris Rn. 23).
35
Den Klägern steht weder ein öffentlich-rechtlicher Abwehr- bzw. Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 i.V. m. § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB analog (vgl. hierzu a.) noch ein solcher nach Art. 14 Abs. 1 GG i.V. m. § 1004 Abs. 1 i.V. m. § 903 Satz 1 BGB analog (hierzu b.) zu.
36
a. Die Kläger haben keinen öffentlich-rechtlichen Abwehr- bzw. Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 i.V. m. § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB analog wegen von der streitgegenständlichen Wertstoffinsel ausgehender Immissionen.
37
Nach § 1004 Abs. 1 i.V. m. § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB analog kann ein Grundstückseigentümer unter anderem Geräusche, Gerüche und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen, die die Benutzung seines Grundstücks nicht nur unwesentlich beeinträchtigen, abwehren. Ein solcher Anspruch schützt vor nachhaltig störenden Nutzungen auf Nachbargrundstücken, die auf eine schlicht-hoheitlich betriebene Einrichtung zurückgehen. Das erkennende Gericht hat für die Beurteilung der Frage, ob die vom Betrieb der verfahrensgegenständlichen Wertstoffcontainer von Klägerseite geltend gemachten Beeinträchtigungen zumutbar und daher von den Klägern als rechtmäßig hinzunehmen sind, § 22 BImSchG heranzuziehen (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1988 - 7 C 33/87 - juris Rn. 10, 12), da es sich bei Wertstoffcontainern zwar um Anlagen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG handelt, diese jedoch nicht genehmigungsbedürftig im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 i.V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) i.V. m. Anlage 1 4. BImSchV sind. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten oder zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und die beim Betrieb der Anlage entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Ob Immissionen einen erheblichen Nachteil oder eine erhebliche Belästigung darstellen, ist eine Frage der Einzelfallbeurteilung, die sich insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbarn richtet, wobei auch wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind. Die Beurteilung der Zumutbarkeit erfordert deshalb eine wertende Gesamtbetrachtung im Sinne einer Güterabwägung (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1992 - 7 C 25/91 - juris Rn. 11, U.v. 29.4.1988 - 7 C 33/87 - juris Rn. 16; VG München, U.v. 8.10.2002 - M 16 K 01.2295 - juris Rn. 35).
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aa. Die Kläger können sich grundsätzlich auf den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch berufen.
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Nach § 1004 Abs. 1 i.V. m. § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks Einwirkungen auf sein Grundstück abwehren bzw. deren Unterlassung verlangen. Entsprechend dem Wortlaut der Normen ist es gerade nicht notwendig, dass das beeinträchtigte Grundstück direkt an das Grundstück, von dem Beeinträchtigungen ausgehen, angrenzt. Selbiges gilt nach den immissionsschutzrechtlichen Wertungen der § 22 Abs. 1 Satz 1 i.V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG. In räumlicher Hinsicht erstreckt sich die Nachbarschaft dabei auf den gesamten Einwirkungsbereich einer Anlage (vgl. Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 13. Auflage 2020, § 3 Rn. 38). Die Kläger können daher sowohl gegen Einwirkungen auf die in ihrem Miteigentum stehende Zufahrtsstraße als auf ihre in ca. 50 m bzw. 80 m Luftlinie von der verfahrensgegenständlichen Wertstoffinsel entfernt liegende Wohngebäude vorgehen. bb. Entgegen der Auffassung des Beklagtenbevollmächtigten ist die Beklagte sowohl für Belästigungen, die von den aufgestellten Containern bei deren ordnungsgemäßer Nutzung, als auch für Immissionen und Beeinträchtigungen, welche durch die unsachgemäße Benutzung der Wertstoffsammelstelle hervorgerufen werden, (mit-)verantwortlich.
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Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB ist der Handlungs- und der Zustandsstörer. Handlungsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung durch sein Verhalten, d. h. sein positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen adäquat verursacht hat. Hierbei ist nicht nur der unmittelbar Handelnde Störer, sondern auch derjenige, der die Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten oder eines von diesem veranlassten Zustandes adäquat verursacht hat und die Beeinträchtigung verhindern kann, die Gefahrenquelle beherrscht, oder eine Pflichtverletzung begangen hat. Als Zustandsstörer wird derjenige angesehen, der zwar nicht selbst gehandelt hat, durch dessen maßgebenden Willen aber der eigentumsbeeinträchtigende Zustand aufrechterhalten wird und von dessen Willen also die Beseitigung dieses Zustandes abhängt (vgl. Staudinger, BGB, Stand: 21.9.2021, § 1004 Rn. 255 ff. m.w.N.; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Auflage 2019, § 1004 BGB Rn. 16 ff.).
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Nach diesen Grundsätzen besteht zum einen eine (Mit-)Haftung der Beklagten neben dem (privaten) Betreiber der Wertstoffcontainer in Bezug auf die von den Containern bei deren bestimmungsgemäßer Nutzung ausgehenden Belästigungen. Dies leitet sich daraus ab, dass die Beklagte die Entscheidung zur Standortwahl der Container getroffen hat. Durch die eigenverantwortliche Bestimmung der Anzahl und Standorte von Wertstoffcontainern im Stadtgebiet, insbesondere der Bestimmung, dass auf der streitgegenständlichen und im Eigentum der Beklagten stehenden Fläche Wertstoffcontainer aufgestellt werden, kam die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Errichtung und Bereitstellung der entsprechenden Flächen für die Aufstellung von Wertstoffbehältnissen nach dem Dualen System nach. Darüber hinaus bestimmte die Beklagte durch die Auswahl des Standorts maßgeblich, wie viel Abstand die hier streitgegenständliche Wertstoffsammelstelle zu den Grundstücken der Kläger aufweist und daher, wie sich die von den streitgegenständlichen Sammelcontainern verursachten Immissionen und sonstige Beeinträchtigungen auf die Nachbarschaft auswirken. Mit der Standortentscheidung und der damit einhergehenden Gestattung des Betriebs der Container auf dem stadteigenen Grundstück hat die Beklagte wesentlichen Einfluss darauf genommen, dass die Kläger durch die von den Containern ausgehenden Immissionen und sonstigen Beeinträchtigungen betroffen sind. Die Beklagte ist daher neben dem Betreiber der Anlagen als (mittelbare) Handlungsstörerin zu betrachten (vgl. HessVGH, U.v. 24.8.1999 - 2 UE 2287/96 - juris Rn. 40 ff.).
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Zum anderen sind der Beklagten auch die Störungen adäquat-kausal zuzurechnen, die durch die nicht bestimmungsgemäße bzw. unsachgemäße Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wertstoffcontainer und der Wertstoffinsel entstehen. Zwar verweist das Verwaltungsgericht Augsburg in seinem Urteil vom 27. Mai 2009 (Au 4 K 08.57 - juris Rn. 39) darauf, dass Lärm, der durch den Einwurf von Glas außerhalb der zulässigen Benutzungszeiten entsteht, dem Eigentümer eines Grundstücks, auf dem Glascontainer betrieben werden, nicht zuzurechnen ist, da „asoziale“ Verhaltensweisen Einzelner durch das Recht nicht beherrscht werden können und in dem zu entscheidenden Fall durch den angemessenen Einsatz der der öffentlichen Hand zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zuverlässig unterbunden werden können. Diese Rechtsansicht überzeugt das erkennende Gericht jedoch nicht. Das Verwaltungsgericht Augsburg verweist in seinen Urteilsgründen maßgeblich auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 1995 (20 B 95.436 - BayVBl 1996, 246). Hierin führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass „asoziale“ Verhaltensweisen Einzelner vom Recht nicht beherrscht werden und im dort zu entscheidenden Fall nicht durch den Einsatz der der öffentlichen Hand zur Verfügung stehenden Mittel zuverlässig unterbunden werden können. Den Gründen dieser Entscheidung ist jedoch nicht klar zu entnehmen, ob er Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits die mittelbare Handlungsstörereigenschaft für Störungen durch die nicht ordnungsgemäße Benutzung von Glascontainern ausschließt oder auf Zumutbarkeitsebene einen Anspruch auf die Beseitigung solcher Beeinträchtigungen ausschließt. Für Letzteres spricht, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit „asozialen“ Verhaltensweisen Dritter darauf eingeht, dass die Baurechtmäßigkeit einer öffentlichen Einrichtung nicht deshalb in Frage gestellt wird, weil deren Nutzung außerhalb der genehmigten Zweckbestimmung in die Nachtstunden hinein erfolgt, ohne dass die Anlage selbst einem derartigen Missbrauch Vorschub leistet. Zudem wird auf Mittel eingegangen, die der rechtsmissbräuchlichen Nutzung entgegenwirken. Hierbei handelt es sich um Erwägungen im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Betriebs der Anlagen und damit Zumutbarkeitserwägungen (vgl. so im Ergebnis: HessVGH, U.v. 24.8.1999 - 2 UE 2287/96 - juris Rn. 54). Das erkennende Gericht geht daher von einer mittelbaren Handlungsstörereigenschaft der Beklagten im vorliegenden Fall aus, da die durch die zivilrechtliche Rechtsprechung zu § 1004 Abs. 1 BGB aufgestellten und oben genannten Voraussetzungen für die mittelbare Handlungsstörereigenschaft gegeben sind. Die Beklagte hat durch die Bestimmung des stadteigenen Grundstücks als Wertstoffinsel und die Festsetzung, an diesem Standort Wertstoffcontainer in Nähe der klägerischen Grundstücke aufzustellen, die adäquat-kausale Ursache für die aus der missbräuchlichen Benutzung der Behälter resultierenden Störungen gesetzt (vgl. zum Kausalzusammenhang zwischen Müllverschmutzungen und der Aufstellung von Altkleidercontainern: VGH BW, U.v. 21.4.2021 - 5 S 1996/19 - juris Rn. 72 f.). Die Beklagte wäre ferner in der Lage, Beeinträchtigungen, welche durch die unsachgemäße Nutzung der Wertstoffinsel entstehen, abzuhelfen. Es ist ihr als Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks möglich, die Gestattung des Betriebs der Wertstoffcontainer auf ihrem Grundstück entweder rückgängig zu machen oder zukünftig zu unterlassen und damit jegliche Störungen zu verhindern (vgl. zur Bejahung der Zurechnung von Lärmimmissionen, die durch die nicht bestimmungsgemäße Nutzung von Glascontainern außerhalb der Nutzungszeiten entstehen: HessVGH, U.v. 24.8.1999 - 2 UE 2287/96 - juris Rn. 42, 54; VG Köln, U.v. 2.7.1992 - 4 K 2071/89 - juris Rn. 49 ff.; zur Bejahung der mittelbaren Handlungsstörereigenschaft des Betreibers eines Drogenhilfszentrums für die Verunreinigung und Behinderung des Nachbargrundstücks durch Nutzer des Zentrums und Dealer: BGH, U.v. 7.4.2000 - V ZR 39/99 - juris Rn. 10 ff.). Dass die Beklagte die Müllverschmutzungen auf und in der Nähe der verfahrensgegenständlichen Wertstoffinsel einmal täglich von Montag bis Freitag durch ihre Mitarbeiter beseitigen lässt, ändert nichts an dem Umstand, dass die Verschmutzung und die dadurch entstehenden Belästigungen zunächst entstehen.
43
cc. Von Klägerseite wurden Geruchsbelästigungen durch die in den Wertstoffcontainern sowie die in unmittelbarer Nähe der Container regelmäßig vorzufindenden Müllablagerungen geltend gemacht. Diese Geruchsbelästigungen überschreiten nach wertender Gesamtbetrachtung nicht die Grenze der Zumutbarkeit für die Kläger, sodass sie diese zu dulden haben.
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In Bezug auf den Betrieb der Wertstoffcontainer ist in die Abwägung einzustellen, dass das Aufstellen der Altglascontainer und Container für Leichtverpackungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle der abfallwirtschaftlichen Zielsetzung der Wiederverwertung von Verpackungsabfällen dient und eine flächendeckende Sammelverwertung aller Verpackungen sicherstellt (§ 20 Abs. 1 und 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), § 14 VerpackG). Die Schutzwürdigkeit der Kläger wird hingegen dadurch bestimmt, dass sich deren Wohngebäude in einem faktischen Mischgebiet (§ 6 BauNVO) befinden. Zwar gibt es keinen Bebauungsplan für das Gebiet, jedoch weist der Flächennutzungsplan von 1984 das Gebiet als Mischgebiet aus. Der Gebietscharakter wurde von Klägerseite auch nicht bestritten. In einem Mischgebiet, in dem grundsätzlich Schank- und Speisewirtschaften nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ebenso wie sonstige Gewerbebetriebe nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig sind, müssen Geruchsbelästigungen grundsätzlich eher hingenommen werden, als in einem reinen Wohngebiet. Bei Wertstoffcontainern handelt es sich darüber hinaus um sonstige untergeordnete Einrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, die dem Nutzungszweck des Baugebietes dienen und seiner Eigenart nicht widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Wertstoffcontainer sind daher als sozialadäquate Einrichtungen selbst in einem reinen Wohngebiet grundsätzlich zulässig, sofern sie nach ihrem Standort und ihrer Dimensionierung zur Sammlung der in einem solchen Gebiet anfallenden Wertstoffe dienen. Unzulässig sind solche Anlagen nicht schon deshalb, weil sich ihre Benutzung auf die nähere Umgebung unvermeidbar nachteilig auswirkt, sondern erst dann, wenn besondere Umstände hinzutreten, die dazu führen, dass die Belastung der Nachbarn über das Maß hinausgeht, das typischerweise zugemutet wird (vgl. BVerwG, B.v. 3.5.1996 - 4 B 50/96 - juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 27.11.1995 - 20 B 95.436 - BayVBl. 1996, 245). Außerhalb der vorgesehenen Nutzung berühren von Wertstoffcontainern auftretende Immissionen, die auf dem Fehlverhalten der Benutzer beruhen, die Zumutbarkeit erst dann, wenn eine mit der Anlage geschaffene Gefahrenlage zum Tragen kommt, die Anlage also einem derartigen Missbrauch Vorschub leistet, etwa als Folge der Standortentscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 27.11.1995, BayVBl. 1996, 246; HessVGH, U.v. 24.8.1999 - 2 UE 2287/96 - juris Rn. 54).
45
Die Kläger haben somit olfaktorische Beeinträchtigungen, die durch die bestimmungsgemäße Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wertstoffcontainer und deren Entleerung entstehen, grundsätzlich hinzunehmen. Anhaltspunkte dafür, dass besondere Umstände hinzutreten, die für eine Belastung der Kläger sprechen, die über das Maß hinausgeht, welches typischerweise zugemutet wird, bestehen weder bezüglich der Beeinträchtigungen durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Container noch für solche, die durch die Müllverschmutzungen durch eine nicht sachgemäße Nutzung der Container und Wertstoffinsel entstehen. Zwar sind die Müllablagerungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle entsprechend dem von den Klägern vorgelegten Bildmaterial immens und enthalten teilweise Schlachtabfälle und andere geruchsintensive Abfälle. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Kläger sich nicht gegen die Geruchsemissionen der streitgegenständlichen Wertstoffinsel an sich wenden können. Sie können gegen Emissionen nur vorgehen, soweit diese sie in ihren drittschützenden Rechten verletzten, sprich soweit es Einwirkungen auf ihre Grundstücke, die sie in der Grundstücksnutzung beeinträchtigen, gibt. Nach Ansicht des Gerichts liegen olfaktorische Belästigungen, die die Klägerin in der Nutzung ihrer mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken in unzumutbarer Weise beschränken nicht vor. Dies ergibt sich maßgeblich aus der konkreten Lage der Grundstücke. Die Wohngebäude in der …straße 42 und 38 sind ca. 50 m bzw. 80 m Luftlinie von der streitgegenständlichen Wertstoffinsel entfernt. Zwischen der Wertstoffsammelstelle und dem Wohnanwesen …straße 42 liegt das Wohngebäude mit der Adresse …straße 44; zwischen der Wertstoffinsel und dem Anwesen …straße 38 liegen sogar drei Wohngebäude (Hausnummern 44, 42 und 40). Bei der Inaugenscheinnahme der örtlichen Gegebenheiten konnte das Gericht zudem feststellen, dass die Zufahrtsstraße, die parallel zu Bahngleisen verläuft, zunächst eine starke Steigung (Hang mit einer Länge von ca. 6 m) nimmt und danach flach ansteigend ca. 150 Meter hinter den Wohnbebauungen entlang bis zur Garage des Anwesens …straße 38 führt. Über die Zufahrtsstraße gelangt man direkt zu den Garagen und Nebengebäuden der Wohnhäuser. Die Garagen und Nebengebäude sind so ausgerichtet, dass der klägerische Garten des Grundstücks …straße 42 gerade in Richtung der Wertstoffinsel durch die Garagen- und Nebengebäudebebauung eingegrenzt und abgeschirmt wird; Selbiges gilt für den Gartenbereich des Anwesens …straße 44. Die Hausfronten der klägerischen Wohnanwesen liegen direkt an der …straße und sind von der streitgegenständlichen Wertstoffinsel über einen leicht über die gesamte Länge ansteigenden Gehweg zu erreichen. Im Ergebnis vermindert die Distanz zur streitgegenständlichen Wertstoffinsel die tatsächlich auf den klägerischen Grundstücken ankommenden olfaktorischen Belästigungen. Gleichen Effekt hat der Umstand, dass die Wohngebäude höher gelegen sind als die streitgegenständliche Wertstoffinsel. Darüber hinaus wird ein Großteil der Gerüche nach Überzeugung des Gerichts durch das Wohngebäude im Anwesen …straße 44 und die Garagen sowie Nebengebäude, die die Gärten abschirmen, abgehalten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Wertstoffcontainer regelmäßig entleert werden und Mitarbeiter der Beklagten montags bis freitags die Verschmutzungen und erheblichen Müllablagerungen, die sich neben den Containern befinden, beseitigen, was die Geruchsemissionen und dadurch die daraus resultierenden Immissionen deutlich reduziert. Dass die Wohn- und Gartennutzung der Kläger nicht unzumutbar durch Geruchsbelästigungen beeinträchtigt wird, ergibt sich darüber hinaus aus dem klägerischen Vortrag selbst. Die Kläger machten geltend, von Gerüchen, die von Müllresten, die auf ihr Grundstück gelangen, beeinträchtigt zu sein. Dies betrifft jedoch nicht die unmittelbaren Geruchsimmissionen, welche von der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle ausgehen. Auch wird eine Unzumutbarkeit der Gartennutzung im Sommer für das Grundstück …straße 44 (vgl. Klageschrift S. 8) angesprochen. Dieses steht jedoch nicht im Miteigentum der Kläger, sodass Geruchsbeeinträchtigungen auf diesem Grundstück nicht von Klägerseite als Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden kann. Die im Miteigentum der Kläger stehende Zufahrtsstraße, welche direkt an die Wertstoffinsel angrenzt, wäre zwar unmittelbar von den Geruchsbelästigungen betroffen, da die Straße jedoch nur als Zufahrt dient und dort keine Wohnnutzung stattfindet, wird der bestimmungsgemäße Nutzungszweck als Straße nicht durch Geruchsbelästigungen in erheblicher Weise beeinträchtigt. Weder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Wertstoffcontainer noch durch die atypische Verschmutzung der Wertstoffinsel entstehen daher erhebliche Geruchsbelästigungen für die Kläger, sodass die Schwelle der Zumutbarkeit nicht überschritten wird. Die Kläger haben die Geruchsbelästigungen zu dulden. Hinsichtlich des nicht bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Wertstoffcontainer bzw. der Wertstoffinsel ist ergänzend anzumerken, dass durch die konkrete Betriebsregelung und der Standortentscheidung der missbräuchlichen Nutzung der Wertstoffcontainer kein Vorschub geleistet wird, sodass die Zumutbarkeitsschwelle für die Kläger deshalb ebenfalls nicht überschritten ist. An dem streitgegenständlichen Wertstoffcontainer für Leichtverpackungsmaterialien ist - ausweislich der beim Ortstermin angefertigten Bilder - ein Schild angebracht, auf dem steht: „Was nicht durch die Containeröffnung passt, gehört nicht in diesen Container (und auch nicht daneben!)“. Hierdurch ist die Beklagte einer missbräuchlichen Nutzung gerade in einer für diese Wertstoffcontainerart üblichen Art und Weise entgegengetreten. Genauso wenig ist eine missbräuchliche Auswahl des Standorts der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle zu erkennen. Es ist zu berücksichtigen, dass die Wertstoffinsel bereits seit mehreren Jahren (laut Beklagtenvertreter ca. 1990) an derselben Stelle zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben betrieben wird. Die Beklagte hat die Anzahl und Standorte ihrer Wertstoffcontainer damals nach der Struktur des Aufstellungsgebiets, der Wohnbevölkerung und der Erreichbarkeit ausgewählt. Zudem wurde darauf geachtet, die Standorte in den Wohngebieten der Stadt gleichmäßig zu verteilen und vorrangig Flächen zu nutzen, die im Eigentum der Beklagten stehen, gut einsehbar sind und die mit Fahrzeugen des Entsorgers erreichbar sind. Diesen genannten und zulässigen Aufstellungskriterien entspricht die Lage der streitgegenständlichen Wertstoffinsel. Das Grundstück, auf dem sich die Container befinden, steht im Eigentum der Beklagten, ist gut einsehbar, liegt direkt an einer Straße, ist zu Fuß und per Kraftfahrzeug für ihre Nutzer erreichbar und auch die Entleerung der Container konnte - wie vom Gericht selbst mit angesehen - an diesem Standort problemlos ablaufen. Ferner wurde von der Klägerseite selbst dargelegt, dass weitere Wertstoffinseln in 300 bis 500 Metern Entfernung von der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle vorhanden sind, sodass in diesem Stadtteil weder eine Über- noch eine Unterversorgung mit Wertstoffcontainern ersichtlich ist. Die Beklagte hat daher ihren sich aus ihrer kommunalen Planungshoheit ergebenden Gestaltungsspielraum bei der Auswahl des Standortes der streitgegenständlichen Wertstoffinsel nicht in rechtlich unzulässiger Weise überschritten.
46
dd. Soweit die Klägerseite geltend macht, durch Müll, welcher durch Windverwehungen oder wilde Tiere auf ihre Grundstücke gelangt und dort zu Geruchsbelästigungen und Krankheitsrisiken führt, in der Nutzbarkeit ihrer Grundstücke unzumutbar eingeschränkt zu sein, liegen diesbezüglich bereits keine schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG vor.
47
Unter Immissionen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bzw. unter Einwirkungen im Sinne des § 906 BGB ist nur der Kreis der unwägbaren Stoffe (Imponderabilien) erfasst, nicht jedoch größere festkörperliche Gegenstände (sog. Grobimmissionen) (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 8 CE 20.1374 - juris Rn. 29, B.v. 28.5.2018 - 22 CE 17.2260 - juris Rn. 85 m.w.N.; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Auflage 2019, § 906 BGB Rn. 5 m.w.N.). § 22 Abs. 1 BImSchG, der auf die streitgegenständlichen Container als nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen anwendbar ist, sieht anders als § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nur einen Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Immissionen), nicht hingegen gegen erhebliche Nachteile für die Nachbarschaft, unter die Grobimmissionen zu fassen wären, vor.
48
b. Die Kläger haben ebenfalls keinen öffentlichen-rechtlichen Unterlassungsanspruch wegen der von der streitgegenständlichen Wertstoffinsel ausgehenden Grobimmissionen nach Art. 14 Abs. 1 GG bzw. § 1004 i.V. m. § 903 Satz 1 BGB analog.
49
aa. Für das Vorliegen eines solchen Anspruchs besteht bereits keine Eigentumsbeeinträchtigung in erheblichem Umfang.
50
Zu den durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen gehört grundsätzlich die Nutzung des Eigentums nach der eigenen Vorstellung des Eigentümers (vgl. BVerwG, B.v. 8.2.2001 - 1 BvR 719/99 - juris Rn. 20 m.w.N.; BGH, U.v. 28.11.2003 - V ZR 129/03 - juris Rn. 16). Zwar stellt nicht jede Einwirkung auf das Grundstückseigentum auch eine Beeinträchtigung des Art. 14 Abs. 1 GG dar. Eine solche Beeinträchtigung erfordert vielmehr einen dem Inhalt des Eigentums widersprechenden Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 8 CE 20.1374 - juris Rn. 27). Zudem muss die Eigentumsbeeinträchtigung die Erheblichkeitsschwelle überschreiten (vgl. HessVGH, U.v. 6.5.1993 - 6 UE 876/92 - juris Rn. 35).
51
Soweit die Kläger geltend machen, dass potentielle Mieter sich gegen eine Anmietung von Wohnungen ausgesprochen hätten, da ihnen die erheblichen Müllverschmutzungen auf der verfahrensgegenständlichen Wertstoffinsel aufgefallen seien (vgl. Klageschrift S. 7 f.), sieht das Gericht darin anders als der Beklagtenbevollmächtigte keine „völlig unsubstantiierte“ Behauptung der Kläger. Die von Klägerseite vorgelegten Bildmaterialien zeigen vielmehr, dass es seit etlichen Jahren regelmäßig zu erheblichen und ästhetisch unansehnlichen Müllablagerungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle kommt. Der vom Gericht am Tag des Augenscheins vorgefundene verschmutzungsfreie Zustand der streitgegenständlichen Wertstoffinsel stellt den Idealzustand dar, den die Beklagte in ihrem Stadtgebiet mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln anstreben sollte, entspricht aber, wie von Klägerseite ausführlich dokumentiert, nicht dem Normalzustand der Wertstoffinsel. Zwar verletzen die ästhetischen Einwirkungen, die von der streitgegenständlichen Wertstoffsammelstelle ausgehen, das ästhetische/sittliche Gefühl von potentiellen Mietern, Anwohnern und Passanten, jedoch sind solche nur ideellen Einwirkungen genauso wie ihre finanziellen Folgen nicht unter eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne des Art. 14 GG bzw. § 903 BGB zu subsumieren, die zu einem Abwehr- oder Unterlassungsanspruch führen kann (vgl. hierzu Rösch in jurisPK-BGB, 3. Band, 9. Auflage 2020, § 903 BGB Rn. 79).
52
Im klägerischen Vortrag, dass wilde Tiere von den Müllablagerungen angezogen werden, auf das klägerische Grundstück gelangen und dort zum Teil verenden, ist keine wesentliche Eigentumsbeeinträchtigung der klägerischen Grundstücke zu sehen. Das vorgelegte Bildmaterial lässt erkennen, dass die starken Müllverschmutzungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel Ungeziefer, insbesondere Ratten anlocken. Diese befinden sich jedoch im Bereich der Wertstoffinsel und gerade nicht auf den klägerischen Grundstücken, sodass diese Tiere nicht die Nutzung der klägerischen Grundstücke beeinträchtigen. Dass die Anzahl an Tieren, die auf den Grundstücken der Kläger wegen der Müllablagerungen auf der Wertstoffsammelstelle verendet sind, eine Höhe angenommen hat, die über das allgemeine Lebensrisiko hinaus geht, lässt das klägerische Vorbringen nicht erkennen.
53
Die von Klägerseite dargestellten Verschmutzungen ihrer Grundstücke, die dadurch entstehen, dass der Wind oder wilde Tiere Müll von der verfahrensgegenständlichen Wertstoffsammelstelle auf die Grundstücke bringen, erreichen nach Ansicht des Gerichts ebenfalls kein Maß, welches die Grenze der Erheblichkeit überschreitet. Bezüglich des verwehten oder vertragenen Mülls, der auf den klägerischen Wohngrundstücken ankommt, ist festzustellen, dass es sich entsprechend des vorgelegten Bildmaterials sowie den beim gerichtlichen Augenschein vorgefundenen Zuständen um kleinere Leichtverpackungsabfälle wie Plastikstücke, Plastikbeutel und Verpackungsmaterial sowie Papiertücher handelt. Diese Verschmutzungen treten im Bereich der Garagen, Nebengebäude und Gärten jedoch nur vereinzelt und nicht in einem erheblichen Umfang auf. Dies ist unter anderem der besonderen, bereits oben beschriebenen Lage der Grundstücke (erhöht zur Wertstoffinsel liegend, Distanz zu den Wertstoffcontainern), den baulichen Gegebenheiten (Abschirmung des Gartenbereichs durch andere Wohngebäude sowie Garagen- und Nebengebäude) und dem Umstand geschuldet, dass Gestrüpp, welches entlang der Zufahrtsstraße wächst, Müllreste abfängt. Darüber hinaus reinigt die Beklagte in regelmäßigen Abständen montags bis freitags die streitgegenständliche Wertstoffsammelstelle, sodass hierdurch das Maß an Müllverwehungen reduziert wird. Die tatsächlich bei den Grundstücken mit den Hausnummern 42 und 38 ankommenden Müllreste erreichen daher nach Überzeugung des Gerichts noch kein Maß, welches die Kläger in erheblicher Weise in ihrer Grundstücksnutzung, insbesondere der Gartennutzung beeinträchtigt. Vielmehr können diese kleineren und nur vereinzelt auftretenden Müllstücke mit geringem Aufwand entfernt werden. Hinsichtlich einer eingeschränkten Nutzung des Gartenbereiches wurde von Klägerseite zudem lediglich der Fall einer herzerkrankten Tochter einer Mieterin im Wohngebäude …straße 38 angesprochen, die aufgrund ihrer besonderen gesundheitlichen Situation den Gartenbereich des Hauses nicht nutzen kann. Dass jedoch die Kläger ihre Gärten nicht nutzen können, wurde nicht vorgetragen. Auf mögliche Rechte Dritter können sich die Kläger selbst jedoch nicht berufen. Im Hinblick auf die durch die vorgelegten Bilder nachgewiesene Verschmutzung des Gehwegs, welcher zu den klägerischen Hausfronten führt, können die Kläger ebenfalls keine eigene Eigentumsbeeinträchtigung geltend machen, da der öffentliche Gehweg im Eigentum der Beklagten steht. Dieser wird ferner nach Angaben des Mitarbeiters der Beklagten, welcher beim gerichtlichen Augenschein angetroffen wurde, alle zwei bis drei Tage gereinigt. Zu den wohl stärksten Verschmutzungen kommt es entlang der im Miteigentum der Kläger stehenden Zufahrts straße, insbesondere in dem Bereich, der wenige Meter von der streitgegenständlichen Wertstoffinsel beginnt. Doch auch hier halten sich die Verschmutzungen durch Windverwehungen - außer in Einzelfällen extremer Wetterlagen - in einem Bereich, der die Nutzung der Straße als Zufahrtsstraße nicht einschränkt. Die Müllverwehungen belaufen sich auf einzelne Verpackungsreste (in Einzelfällen Müllsäcke), die nicht verhindern, dass die Zufahrtsstraße als solche verwendet werden kann.
54
bb. Bezüglich des klägerischen Vortrags, dass die Kläger im Jahr 2018 in vier Reifen von drei verschiedenen Fahrzeugen Fremdkörper hatten, sodass die Reifen repariert werden mussten, ist der Nachweis, dass die Fremdkörper tatsächlich von Müllablagerungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel stammen, nicht zu erbringen. Die Kläger selbst stellen nicht in Abrede, dass der Ursprung der Fremdkörper unklar ist und nur die Vermutung besteht, dass die Fremdkörper aus Müllablagerungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel stammten. Es fehlt diesbezüglich bereits am adäquat-kausalen Zusammenhang zu den in Frage stehenden Wertstoffcontainern.
55
Selbiges gilt für die vom Gericht bei der Inaugenscheinnahme festgestellten Bauschuttablagerungen, die sich einen Meter nach Beginn der Zufahrtsstraße befanden. Diese wurden direkt am Rande der Zufahrtsstraße durch Dritte abgelagert und gerade nicht auf der Wertstoffinsel. Es besteht daher in diesem Fall ebenfalls kein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen der Aufstellung der Wertstoffcontainer auf der Wertstoffsammelstelle und der Bauschuttablagerung.
56
cc. Selbst, wenn davon auszugehen wäre, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der klägerischen Grundstücke durch Müllablagerungen auf der streitgegenständlichen Wertstoffinsel bestehen würde, wäre dieser Eingriff in das klägerische Eigentum nicht rechtswidrig, sondern von den Klägern zu dulden.
57
Unabhängig davon, ob im Falle von Grobimmissionen der Gedanke des § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB Anwendung findet, wonach der Grundstückseigentümer von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten kann, als wesentliche Beeinträchtigungen durch eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks herbeigeführt werden und nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (vgl. so BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 8 CE 20.1374 - juris Rn. 30) oder eine allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt wird (vgl. HessVGH, U.v. 6.5.1993 - 6 UE 876/92 - juris Rn. 36 f., der die Anwendung des § 906 BGB explizit ablehnt), entscheidet sich die Duldungspflicht nach einer Güterabwägung.
58
Bezüglich einer solchen Abwägung kann auf die obigen Ausführungen zu Geruchsbelästigungen verwiesen werden, wonach Wertstoffcontainer als ortsübliche und sozialadäquate Einrichtungen, die einer öffentlichen Aufgabe dienen, grundsätzlich zu dulden sind und wonach die nicht bestimmungsgemäße Benutzung der Wertstoffinsel nicht zu einer Unzumutbarkeit für die Kläger führt, da der missbräuchlichen Verwendung vorliegend kein Vorschub geleistet wurde. Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit den Verschmutzungen der Wertstoffinsel noch zu beachten, dass die Beklagte durch die Einführung der gelben Tonne im Jahr 2024 zumindest auf langfristige Sicht eine mögliche Lösung gegen die erheblichen Müllablagerungen auf der verfahrensgegenständlichen Wertstoffsammelstelle geschaffen hat, sodass sie die nicht bestimmungsgemäße Benutzung der Wertstoffinsel nicht duldet, sondern aktive Maßnahmen dagegen ergreift.
59
II. Mangels Erfolgs des Hauptantrags ist die innerprozessuale Bedingung eingetreten, sodass über den Hilfsantrag zu entscheiden ist.
60
Die erhobene Leistungsklage auf den Erlass von Maßnahmen zur Vermeidung von Immissionen und Grobimmissionen ist zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Ein Anspruch der Kläger darauf, dass die Beklagte entsprechende Handlungen gegen die Müllablagerungen vornimmt, besteht nicht, da die Kläger durch den öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch keine bestimmten Maßnahmen verlangen können, sondern nur, dass Belästigungen oberhalb der Zumutbarkeitsschwelle unterbleiben (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1997 - 7 B 214/97 - juris Rn. 6 m.w.N.). Vorliegend ist die Zumutbarkeitsschwelle - wie bereits oben dargestellt - nicht erreicht, sodass die Kläger auch im Hilfsantrag unterliegen.
61
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V. m. § 159 Satz 1 VwGO i.V. m. § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).
62
D. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.