Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 02.08.2022 – 7 UF 112/22
Titel:

Identischer Garantiezins als Voraussetzung der internen Teilung

Normenkette:
VersAusglG § 11 Abs. 1
Leitsatz:
Die bei der internen Teilung geforderte vergleichbare Wertentwicklung ist regelmäßig nur dann gewährleistet, wenn der Garantiezins des auszugleichenden und des neu zu begründenden Anrechts identisch sind. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, interne Teilung, Wertentwicklung, Garantiezins
Vorinstanz:
AG Kronach, Endbeschluss vom 11.05.2022 – A. F 27/20
Fundstellen:
FamRZ 2023, 43
BeckRS 2022, 36769
LSK 2022, 36769

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kronach vom 11.05.2022 in den Absätzen 6, 7 und 8 der Ziffer 2 abgeändert:
Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der D. AG (Kapitalversicherung Nr. 001) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 12.077,35 Euro, bezogen auf den 31.01.2020, übertragen. Die Übertragung erfolgt nach Maßgabe der Teilungsordnung der D. AG in der Fassung vom Dezember 2014, wobei entgegen dortigem § 6 Abs. 1 Spiegelstrich 3 für das Anrecht der Antragstellerin der Rechnungszins zur Anwendung kommt, der dem auszugleichenden Anrecht des Antragsgegners zu Grunde liegt.
Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der F. a.G. (Leibrentenversicherung Nr. 008) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 27.152,22 Euro, bezogen auf den 31.01.2020, übertragen. Die Übertragung erfolgt nach Maßgabe der Teilungsordnung der F. a.G. Druck-Nr. pm 2... - 04.2010, wobei entgegen dortiger Nr. 5 Spiegelstrich 3 für das Anrecht der Antragstellerin der Rechnungszins zur Anwendung kommt, der dem auszugleichenden Anrecht des Antragsgegners zu Grunde liegt.
Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der D. AG (Rentenversicherung Nr. 009) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 69.808,06 Euro, bezogen auf den 31.01.2020, übertragen. Die Übertragung erfolgt nach Maßgabe der Teilungsordnung der D. AG in der Fassung vom Dezember 2014, wobei entgegen dortigem § 6 Abs. 1 Spiegelstrich 3 für das Anrecht der Antragstellerin der Rechnungszins zur Anwendung kommt, der dem auszugleichenden Anrecht des Antragsgegners zu Grunde liegt.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.539,60 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Das Amtsgericht - Familiengericht - Kronach hat mit Endbeschluss vom ....2022 die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hinsichtlich der vom Antragsgegner bei der D. AG und der F. erworbenen Anrechte erging dabei folgende Entscheidung:
2
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der D. AG (Vers. Nr. 001) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 12.077,35 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der D. AG in der Fassung vom Dezember 2014, Bezug § 2, bezogen auf den 31.01.2020, übertragen.
3
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der F. (Vers. Nr. 008) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 27.152,22 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der F. a.G. (Druck-Nr. pm 2... - 04.2010), bezogen auf den 31.01.2020, übertragen.
4
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der D. AG (Vers. Nr. 009) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 69.808,06 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der D. AG in der Fassung vom Dezember 2014, Bezug § 2, bezogen auf den 31.01.2020, übertragen.
5
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Tenor und die Gründe der Entscheidung vom 11.05.2022 verwiesen.
6
Gegen diese ihr am 18.05.2022 zugestellte Entscheidung legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.06.2022, eingegangen beim Amtsgericht am 07.06.2022, Beschwerde und beantragt, die Entscheidung hinsichtlich der vom Antragsgegner bei der D. AG und der F. erworbenen Anrechte abzuändern.
7
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die vom Amtsgericht vorgenommene Teilung nicht den Voraussetzungen der §§ 10, 11 VersAusglG entspreche. Die vom Antragsgegner erworbenen Anrechte könnten vorliegend nicht nach Maßgabe der jeweiligen Teilungsordnungen geteilt werden. Denn die D. sehe in § 6 Abs. 1 lit. 3 ihrer Teilungsordnung vor, dass die „Rechnungsgrundlagen der verkaufsoffenen Tarife“ zur Anwendung kommen. Die F. lege in Ziffer 5 lit. 3 ihrer Teilungsordnung fest, dass für die Versicherung der ausgleichsberechtigten Person „die aktuellen Rechnungsgrundlagen und die für Einzelversicherungen maßgeblichen Tarife“ zur Anwendung kommen. Beide Teilungsordnungen würden demnach nicht der in § 11 VersAusglG geforderten Wertentwicklung der Anrechte des zum Ausgleich Berechtigten entsprechen. Das Amtsgericht hätte vielmehr entscheiden müssen, dass die Anrechte mit den gleichen Rechnungszinsen zu verzinsen seien wie die Quellversorgung. In erster Instanz sei hierauf auch ausdrücklich hingewiesen worden. Die Entscheidung müsse demnach korrigiert werden.
8
Die übrigen Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
9
Die nach §§ 58 ff, 217 ff FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung der vom Familiengericht am 11.05.2022 getroffenen Entscheidung.
10
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung der Sache (§ 221 Abs. 1 FamG) in der Beschwerdeinstanz nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, da hiervon bei den gegebenen Umständen keine weitergehenden entscheidungserheblichen Erkenntnisse (§ 26 FamFG) zu erwarten waren.
1)
11
Grundsätzlich sind im Versorgungsausgleich nach § 1 VersAusglG alle in der Ehezeit (hier: 01.07.1992 bis 31.01.2020) erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen.
12
Gemäß § 9 Abs. 2 VersAusglG sind die von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Anrechte in der Regel nach den §§ 10 bis 13 VersAusglG intern zu teilen. Die interne Teilung nach §§ 10 ff VersAusglG entspricht dem früheren Splitting und der Realteilung und ist deswegen die regelmäßige Ausgleichsform.
2)
13
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG muss die interne Teilung eines Anrechts die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen.
14
Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG ist dies (nur) dann gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung entsteht.
15
Mit diesen gesetzlichen Vorgaben sind § 6 Abs. 1 Spiegelstrich 3 der Teilungsordnung der D. AG und Nr. 5 Spiegelstrich 3 der Teilungsanordnung der A. L. Lebensversicherung a.G. nicht in Einklang zu bringen. Denn die Regelungen der Versorgungsträger sehen vor, dass für die neue Versicherung der Antragstellerin die aktuell bei vergleichbaren Versicherungen im Neugeschäft verwendeten Rechnungsgrundlagen zur Anwendung kommen.
3)
16
Wenn für das neue Anrecht der Antragstellerin aber ein niedrigerer Rechnungszins als derjenige gelten soll, der für das auszugleichende Anrecht gilt, liegt ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG vor. Die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG bei der internen Teilung geforderte vergleichbare Wertentwicklung ist regelmäßig nur dann gewährleistet, wenn der Garantiezins des auszugleichenden und des neu zu begründenden Anrechts identisch sind (OLG Nürnberg FamRZ 2019, 872 mit zahlreichen Nachweisen; Grüneberg / Siede, BGB, 81.
17
Für die Durchführung des Ausgleichs ist im übrigen von den von den Versorgungsträgern in erster Instanz mitgeteilten Werten auszugehen. Keiner der Beteiligten hat hiergegen Einwendungen erhoben. Auch der Senat kann Fehler bei der Berechnung nicht feststellen.
III.
18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, 81 FamFG.
19
Die Festsetzung des Wertes für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach §§ 40, 50 FamGKG. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts betrug das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten zu Beginn des Verfahrens 25.132 Euro. Da in der Beschwerdeinstanz insgesamt drei Anrechte zu überprüfen waren, errechnet sich für das Beschwerdeverfahren ein Wert von (25.132 x 0,3 =) 7.539,60 Euro.
20
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 Abs. 2 FamFG). -