Inhalt

VGH München, Beschluss v. 02.12.2022 – 3 ZB 22.1075
Titel:

Anerkennung eines Dienstunfalls mit der Folge „posttraumatisches Belastungssyndrom“

Normenkette:
VwGO § 86, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5, Abs. 4
Leitsätze:
1. Es ist Aufgabe des Gerichts, einander widersprechenden Wertungen von Gutachtern iRd Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu prüfen und rechtlich angemessen zu bewerten, sodass daraus allein keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten iSd § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO abgeleitet werden können. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Verpflichtung zur weiteren Beweiserhebung besteht selbst bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht iRd Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstunfall posttraumatische Belastungsstörung, posttraumatisches Belastungssyndrom, ärztliche Stellungnahmen, Dienstunfall, Polizeibeamter, ICD-10, Verkehrsunfall, Sachverständiger, Polizeidienstfähigkeit, Gutachter, Beweiswürdigung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 25.06.2013 – 5 K 11.2207
Fundstelle:
BeckRS 2022, 36322

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der 1969 geborene Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, das Schadensereignis vom 28. Juli 2006 als Dienstunfall mit der Folge „posttraumatisches Belastungssyndrom“ anzuerkennen.
2
Am 28. Juli 2006 wurde der Kläger, ein Polizeibeamter (Besoldungsgruppe A 8), zu einem Verkehrsunfall gerufen. Der Fahrer eines Kraftfahrzeugs hatte nach dem Polizeibericht aufgrund eines Krampfanfalls die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und war mit seinem Fahrzeug in die Freischankfläche eines Cafés geraten und an einer Hauswand zum Stehen gekommen. Nach den Feststellungen im Polizeibericht wurden bei dem Unfall durch umherwirbelnde Stühle und Tische vier Personen leicht verletzt. Drei der Verletzten konnten nach einer ambulanten Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen, ein Verletzter wurde eine Nacht zur Überwachung stationär behandelt. Der Fahrer des Fahrzeugs sowie dessen Beifahrer wurden ebenfalls leicht verletzt; der Fahrer blieb zur Beobachtung im Krankenhaus, der Beifahrer konnte nach ambulanter Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Außerdem kam es zu Sachschäden an Tischen, Stühlen und abgestellten Fahrrädern.
3
Der Kläger meldete das Ereignis erstmals am 23. August 2007 mündlich und legte das Formblatt „Dienstunfalluntersuchung“ dem Polizeipräsidium am 30. Mai 2008 vor. Er gab darin an, bei dem Unfall ein posttraumatisches Belastungssyndrom erlitten zu haben. Im weiteren Verlauf legte der Kläger diverse fachärztliche Stellungnahmen vor (vgl. im Einzelnen UA S. 3 ff.).
4
Mit Bescheid vom 1. April 2011 lehnte das Landesamt für Finanzen (Landesamt) die Anerkennung des Schadensereignisses als Dienstunfall ab, da es sich bei dem Verkehrsunfall nicht um ein Ereignis gehandelt habe, das bei nahezu jedem tiefe Verzweiflung und psychische Beschwerden hervorrufen würde.
5
Mit am 5. Mai 2011 erhobener Klage beantragte der Kläger die Aufhebung des ablehnenden Bescheids und die Verpflichtung, das Schadensereignis vom 28. Juli 2006 als Dienstunfall mit der Folge „posttraumatisches Belastungssyndrom“ anzuerkennen.
6
In dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 30. Oktober 2012 kam der Sachverständige PD Dr. P., Leitender Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses K., zu dem Ergebnis, dass beim Kläger keine posttraumatische Belastungsstörung vorliege, weil die nach ICD-10 erforderlichen diagnostischen Kriterien A und E hierfür nicht vollständig erfüllt gewesen seien. Die Frage, ob der Kläger am 28. Juli 2006 einem kurz- oder langanhaltenden Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt war, das bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde, wurde von dem Gutachter anhand der objektiven Unfallschilderungen in den Polizeiberichten beantwortet, die auch zur Rolle des Klägers während des Ereignisses Informationen enthalten. Danach werde aus den Polizeiberichten deutlich, dass keiner der Verletzten schwerer geschädigt worden sei und die meisten Verletzten ambulant behandelt oder nach kurzer stationärer Überwachung entlassen worden seien. Die Versorgung der Verletzten sei nicht durch den Kläger selbst erfolgt, denn beim Eintreffen der Streife des Klägers seien bereits andere Streifen vor Ort gewesen. Der Kläger sei vornehmlich mit der Absicherung und Absperrung der Unfallstelle betraut gewesen.
7
Die Klagepartei wandte gegen dieses Gutachten ein, dass der Eindruck der Schwere des Verkehrsunfalls außer Acht gelassen werde. Außerdem hätten einige Fachärzte wie auch der behandelnde Diplom-Psychologe eine posttraumatische Belastungsstörung bestätigt. Schließlich stehe das Gutachten in Widerspruch zum Gutachten von Prof. Dr. W., geschäftsführender Oberarzt des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI), vom 17. Mai 2013, das im Rahmen der Prüfung der Polizeidienstfähigkeit des Klägers zu dem Ergebnis komme, dass der Unfall zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt habe, wobei die Symptomatik im Jahr 2006 als schwer ausgeprägt angesehen werden müsse.
8
Mit dem angefochtenen Urteil vom 25. Juni 2013 wies das Verwaltungsgericht die Verpflichtungsklage unter Verweis auf das Gutachten des sachverständigen Zeugen PD Dr. P., das dieser in der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2013 erläutert hat, ab.
9
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter.
10
Nach Zustimmung der Beteiligten ordnete der Senat mit Beschluss vom 4. April 2016 das Ruhen des Verfahrens an bis über die Frage der Polizeidienstfähigkeit des Klägers (M 5 K 12.269) entschieden ist.
11
Auf Antrag des Klägers vom 28. April 2022 wurde das Verfahren fortgesetzt. Ergänzend wurde vorgetragen, Herr PD Dr. P. habe in seinem Gutachten (S. 28 f.) unzutreffend angegeben, mit dem Hausarzt des Klägers, Herrn Dr. L., telefoniert zu haben. In seiner ärztlichen Bescheinigung vom 16. Juli 2015 habe der Hausarzt angegeben, dass die entsprechenden Ausführungen des Herrn PD Dr. P. in seinem Gutachten nicht bestätigt werden könnten. Inzwischen sei der Kläger im Jahre 2021 im Auftrag des Polizeipräsidiums München erneut zur Frage der aktuell vorliegenden Erkrankungen und Dienstfähigkeit begutachtet worden. Dabei seien die Gutachter übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, beim Kläger liege eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund des Ereignisses vom 28. Juli 2006 vor (Gutachten von Dr. H. vom 23.2.2022 und Dipl.-Psych. Dr. P. vom 12.12.2021).
12
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
14
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel) gestützte Antrag bleibt erfolglos.
15
1. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist hier nicht der Fall.
16
Das Verwaltungsgericht gelangt zutreffend zu der Überzeugung, dass die Ereignisse vom 28. Juli 2006 nicht zu dem vom Kläger geltend gemachten Körperschaden eines posttraumatischen Belastungssyndroms geführt haben. Dabei konnte sich das Verwaltungsgericht auf das gerichtlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen Herrn PD Dr. P. vom 30. Oktober 2012 und dessen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2013 stützen.
17
Die hiergegen im Zulassungsverfahren vorgebrachten Einwände können dieses fachärztliche Gutachten nicht erschüttern. Es ist weder unvollständig noch widersprüchlich oder sonst mangelhaft. Es geht weder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus noch steht die Sachkunde des Gutachters in Zweifel oder bestehen Anhaltspunkte, dass er nicht unparteiisch ist. Fehler der Beweiswürdigung, die im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich sind (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 - 8 ZB 18.734 - juris Rn. 12; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 19), lassen sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen.
18
Das Zulassungsvorbringen (insbes. Schr. v. 16.9.2013) erschöpft sich im Wesentlichen in der Wiederholung des Vortrags aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. Schr. v. 17.6.2013).
19
Soweit formale Mängel gerügt werden, sind diese im Rahmen der mündlichen Verhandlung angesprochen und ausgeräumt worden (Sitzungsprotokoll S. 7, UA S. 13 f.). Ein fehlendes Inhaltsverzeichnis stellt keinen formalen Mangel dar. Die dem Gutachten zugrundeliegenden Akten sind im Gutachten aufgeführt (S. 2 ff.) und ergeben sich aus dem gerichtlichen Gutachtensauftrag (VG-Schr. v. 17.7.2012). Es bedarf keines Literaturverzeichnisses, um überprüfen zu können, ob das Gutachten auf dem neusten Stand der Wissenschaft beruht. Literatur sollte angeführt werden, soweit im Gutachten darauf explizit Bezug genommen wird; einer standardmäßigen Literaturliste bedarf es hingegen nicht. Bei der Begutachtung durch einen Sachverständigen geht es um die Klärung der konkreten gerichtlichen Fragestellung und nicht um wissenschaftlichen Selbstzweck. Herr PD Dr. P. führte im Übrigen in der mündlichen Verhandlung aus (Sitzungsprotokoll S. 2), dass er seine Erkenntnis an den fachlichen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften ausgerichtet hat.
20
Auch mit seiner Rüge materieller Mängel vermag der Kläger nicht durchzudringen.
21
Mit der Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung durch Herrn Dr. M. (Beiblatt zur Meldung des Dienstunfalls v. 14.5.2009 - DU-Akte S. 32) setzte sich der Gutachter entgegen der klägerischen Darstellung in der mündlichen Verhandlung auseinander (vgl. Sitzungsprotokoll S. 4 und 8; UA S. 11).
22
Die Feststellung der Dienstfähigkeit des Klägers ca. ein halbes Jahr vor dem streitgegenständlichen Ereignis vermag die vom Gutachter angeführte lebensgeschichtlich bedingte Vulnerabilität des Klägers als Erklärungsmodell für dessen Beschwerden schon deshalb nicht infrage zu stellen, weil bei der Dienstfähigkeitsuntersuchung keine vergleichbare tiefergehende psychologisch-psychiatrische Begutachtung stattgefunden hat. Die Vulnerabilität des Klägers begründet der Gutachter im Übrigen nachvollziehbar (Gutachten S. 36 ff.; Sitzungsprotokoll S. 4) mit dem von ihm bei Dr. M. (Arztbrief v. 29.1.2007) geäußerten „seit etwa 4 Jahren zunehmenden depressiven Verstimmungszuständen“ sowie der Persönlichkeitsakzentuierung des Klägers. Die depressive Entwicklung sei auf verschiedenste Belastungsfaktoren zurückzuführen. Wesentlich dazu beigetragen hätten der Tod seines Vaters und die allgemeinen Ereignisse im Polizeidienst, aber auch die Frustrationen hinsichtlich der anders erwarteten beruflichen Tätigkeit und Entwicklungsmöglichkeit, die ihm bei der Einstellung in Aussicht gestellt worden seien. Der Unfall habe eine „verborgene Krankheitsanlage zum Ausbruch gebracht“ (Sitzungsprotokoll S. 6). Im Jahr 2010 habe der Kläger gegenüber Dr. S. geschildert (Arztbericht v. 1.11.2010), dass das Unfallereignis 2006 lediglich das Ereignis gewesen sei, das das „Fass zum Überlaufen“ gebracht habe.
23
Zutreffend zitiert das Gutachten (S. 5) auch aus dem Entlassungsbericht der psychosomatischen Klinik R. vom 25. September 2007 (S. 2; DU-Akte S. 37), dass sich der Kläger „geschont und keinen Sport mehr getrieben“ habe. Inhaltlich deckt sich diese Feststellung mit den Ausführungen des Dr. M. (Arztbrief vom 29.1.2007: „Früher viel Sport bis zu Marathonläufen, seit 2 Jahren habe er dazu keine Energie mehr“). Soweit der Kläger dies als unzutreffend darstellt, geht sein Einwand nicht über eine bloße Behauptung hinaus. Sollten die in den ärztlichen Stellungnahmen enthaltenen Angaben tatsächlich unzutreffend gewesen seien, bleibt der Kläger eine plausible Erklärung schuldig, weshalb er dies nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme der betreffenden Arztbriefe hat richtigstellen lassen. Zudem legte er schon nicht dar, inwiefern sich dieser Aspekt auf das fachliche Ergebnis der Begutachtung entscheidungserheblich ausgewirkt haben könnte.
24
Weiter mutmaßt der Kläger, dass ein traumatisches Einzelereignis in dem Entlassungsbericht der Klinik R. vom 25. September 2007 deshalb nicht erwähnt worden sei, weil dies nicht die Zielrichtung der Klinik gewesen sei. Damit vermag der Kläger zwar eine mögliche Begründung für die fehlende fundierte Auseinandersetzung des Entlassungsberichts mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zu liefern, ohne damit jedoch die Feststellungen des Gutachters („ein Bezug zu einem singulären Ereignis wird nicht hergestellt“) überhaupt in Abrede zu stellen, geschweige denn zu erschüttern. Dies gilt auch soweit der Kläger in seiner Zulassungsbegründung vom 16. September 2013 meint, die Problematik in der Ehe sei wesentlich auf das Ereignis vom 28. Juli 2006 zurückzuführen. Mit dieser These stellt er die Gegenauffassung des Gutachters (S. 38) nicht ansatzweise mit schlüssigen Gegenargumenten infrage.
25
Zutreffend geht der Gutachter (S. 9) ferner davon aus, dass die Feststellung des behandelnden Dipl.-Psych. D. vom 9. März 2010 zu den Angaben von Herrn Dr. M. „in Widerspruch“ stehen, der als Überweisungskontext eine Anpassungsstörung und eine Somatisierungsstörung nennt und keine Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einen Bezug zu einem singulären Ereignis schildert. Aufgrund der im Gutachten (S. 2 bis 4) zuvor zitierten Arztbriefe des Dr. M. wird deutlich, dass sich der Gutachter in diesem Zusammenhang auf die ärztlichen Stellungnahmen des Dr. M. vom 15. Januar 2007 („Diagnose Depressive Anpassungsstörung Somatisierungsstörung“) und 8. Juni 2009 („nicht auf ein Einzelerlebnis begrenzt“) bezieht und nicht auf das von Herrn Dr. M. am 14. Mai 2009 unterzeichnete Beiblatt zur Meldung des Dienstunfalls mit dem ohne weitere Begründung versehenen Befund „posttraum. Belastungsstörung“.
26
Die Beurteilung (Gutachten S. 11) des Entlassungsberichts der medizinisch-psychosomatischen Klinik B. vom 10. November 2008 durch den Gutachter ist angesichts des Wortlauts des Entlassungsberichts (DU-Akte S. 78: „[Der Kläger] zeigte sich bei Aufnahme und im therapeutischen Verlauf psychiatrisch labil mit den Symptomen einer schwergradigen depressiven Episode, einem hohen Beeinträchtigungserleben i.S. einer Reaktion auf schwere Belastungen, die unserer Meinung nach nicht dem Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung entspricht, jedoch aufgrund einer hohen lebensgeschichtlich bedingten Vulnerabilität bei [dem Kläger] zu einem immer stärkeren Verzweiflungserleben und im Rahmen der Symptomatik sich in Ausgegrenztseinerleben und Insuffizienzgefühlen hochschaukelte“) rechtlich nicht ansatzweise zu beanstanden. In diesem Zusammenhang bleibt bereits offen, worauf die Zulassungsbegründung ihre Behauptung stützt, der Gutachter habe den sich aus dem Entlassungsbericht ergebenden Behandlungsanlass (Mobbing/Bossing) nicht berücksichtigt. Selbst wenn vor diesem Hintergrund eine Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung weder geplant noch durchgeführt wurde, erweist sich die im Entlassungsbericht in Anbetracht der damals umfangreich erhobenen Anamnese, Befunde und Beschwerden des Klägers getroffene fachärztliche Einschätzung, die Symptome entsprächen „nicht dem Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung“, als eindeutig.
27
Der Berufungszulassungsantrag zeigt auch hinsichtlich der gutachterlichen Feststellung (S. 30 f.), dass es sich weder bei dem Unfallereignis vom 28. Juli 2006 selbst noch bei der im Ereignis eingebetteten Rolle des Klägers um ein - wie nach dem Kriterium A für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach F43.1 ICD-10 gefordert - Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß handelt, das bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde, keine Anhaltspunkte auf, die Anlass zu Zweifeln geben könnten. Der Gutachter stützt seine Auffassung nachvollziehbar auf die in der Dienstunfallakte befindlichen „Polizeiberichte“. Dem Kläger sei als Polizeibeamten eine professionelle Handlungskompetenz im Management von Verkehrsunfällen zuzuschreiben. Darüber hinaus sei der Kläger nicht unmittelbar persönlich betroffen gewesen, wie er es zum Beispiel gewesen wäre, wenn ein nahestehender Angehöriger unter den Verletzten gewesen wäre. Die Schilderungen der anderen eingesetzten Polizeibeamten ließen nicht erkennen, dass das Ereignis in ihnen tiefe Verzweiflung ausgelöst habe, sodass davon auszugehen sei, dass die Wahrnehmung eines katastrophalen Ausmaßes durch den Kläger eine subjektive Wahrnehmung des Ereignisses darstelle.
28
Offen bleibt auch hier, worauf die Zulassungsbegründung ihren Einwand stützt, der Gutachter habe zum Unfallhergang zwar die Berichte anderer mit diesem Unfall befasster Polizeibeamter berücksichtigt, nicht jedoch „die offiziellen Protokolle“. Dem Gutachter lag die Dienstunfallakte des Landesamtes vor, die er seiner Begutachtung zugrunde legte (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7). Bestandteil der Dienstunfallakte ist die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft mit sämtlichen Polizeiberichten, darunter die Verkehrsunfallanzeige, Unfallskizzen, diverse Lichtbilder, protokollierte Zeugenaussagen, aus denen insbesondere die Verletzungsfolgen der Geschädigten hervorgehen, Schadensberichte und Presseartikel. Daneben berücksichtigte der Gutachter (S. 13, 16) die Unfallschilderungen des Klägers, die dieser gegenüber Herrn Dr. S. (am 26.10.2010), aber auch gegenüber dem Gutachter bei seiner persönlichen Untersuchung (am 18.9.2012) abgegeben hat. Dabei stellte der Gutachter jedoch fest, dass eine erhebliche Diskrepanz in der Wahrnehmung des Unfallgeschehens zwischen dem Kläger und den vorliegenden Schilderungen der anderen eingesetzten Beamten besteht. Dass der vom Gutachter zugrunde gelegte Geschehensablauf unzutreffend sein könnte, legt der Zulassungsantrag nicht in der gebotenen Weise dar. Hierfür bestehen auch aus der vorliegenden Aktenlage keine Anhaltspunkte. Die bloße Behauptung, der Unfall sei als „äußerst massiv“ eingeschätzt worden (Zulassungsantrag v. 16.9.2013 S. 9 f.), genügt dafür nicht. Auch die Anwesenheit zahlreicher Rettungskräfte, der Presse oder die Dauer der Straßensperrung kann die erforderlichen Massivität des Geschehens nicht belegen. Die nunmehr als unzutreffend monierte Angabe im Gutachten, der Kläger habe die Aufgabe gehabt, den Unfallort mit einem Band zu sichern, beruht auf den eigenen Angaben des Klägers und wird in dem Arztbrief des Herrn Dr. S. am 26. Oktober 2010 bestätigt („Er habe die Anweisung erhalten, zusammen mit seinem Kollegen die Leopoldstraße weiträumig abzusperren“).
29
Soweit der Gutachter sein Fazit (S. 30 f.) über die fehlende Eignung des Unfallereignisses am 28. Juli 2006 als Auslöser einer posttraumatischen Belastungsstörung auf nachträgliche Feststellungen aus der Dienstunfallakte stützt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Denn er darf seiner Begutachtung nicht etwa nur den vom Betroffenen subjektiv erlebten Geschehensablauf zugrunde legen. Vielmehr erfordert das diagnostische Kriterium A der ICD-10 eine objektive Betrachtungsweise. Dies wird schon aus der Formulierung „das bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde“ (F43.1 ICD-10) deutlich. Würde man allein auf die Sicht des Betroffenen abstellen, so wäre potenziell jedes belastende Ereignis geeignet, je nach persönlicher Verfassung, eine posttraumatische Belastungsstörung auszulösen.
30
Die vom Kläger weiter gerügten Unrichtigkeiten (Anfertigung des dem Gutachter vorgelegten Gemäldes während seines ersten, nicht zweiten Aufenthalts in der Klinik R., einer abgelehnten, nicht zugesagten Kostenübernahme für eine EMDR-Therapie, seines Geburtsortes und seiner Geschwister) haben - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend erkannt (UA S. 13) - keine Auswirkungen auf das fachliche Ergebnis der Begutachtung.
31
Die weitere klägerische Behauptung, die im Gutachten zum Ausdruck gebrachte Enttäuschung über seine berufliche Situation sei eine Folge des Dienstunfalls gewesen, ist vor dem Hintergrund des Arztbriefes des Herrn Dr. M. vom 29. Januar 2007 („seit etwa 4 Jahren zunehmende depressive Verstimmungszustände (…) seit 2 Jahren habe er dazu [Sport] keine Energie mehr (…) Aufgrund von schlechten Beurteilungen durch Vorgesetzte sei der Aufstieg in den gehobenen Dienst wohl nicht mehr möglich. Durch die Nichtverwirklichung seiner Lebenspläne sei er chron. frustriert“), in dem das Unfallereignis vom 28. Juli 2006 gänzlich unerwähnt bleibt, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die vom Kläger ins Feld geführte Begründung, er sei „vor dem Unfall“ bei der Kriminalpolizei in der Korruptionsbekämpfung (K 244) eingesetzt gewesen, bei dem er seine Kenntnisse als Bauingenieur habe einbringen können. Denn der Kläger wurde erst nach dem Dienstunfall - ab dem 1. März 2007 und nur für wenige Monate (bis 31.10.2007) - von der Polizeiinspektion 26 zur Kriminalpolizeidirektion 2, K 244, abgeordnet (Schr. Polizeipräsidium v. 8.1.2007).
32
Im Ansatz nicht weiterführend ist der Vortrag, wonach der Kläger Herrn Dipl.-Psych. D. die offiziellen Unfallberichte zur Verfügung gestellt habe. Denn damit wird die Kritik des Gutachters (S. 33) nicht entkräftet, Dipl.-Psych. D. habe in der Unfallbeschreibung (Dienstunfall-Akte S. 64) die subjektive Darstellung des Unfallereignisses des Klägers (ungeprüft) übernommen, obwohl diese Angaben - der Kläger habe unmittelbar vor dem betreffenden Café zwei auf dem Rücken liegende, sehr schwer verletzte Personen vorgefunden - mit den Polizeiberichten des Unfallgeschehens nicht zu vereinbaren seien.
33
Der weitere Einwand, durch den frühen Krebstod des Vaters sei beim Kläger keine „behandlungsbedürftige Krankheit“ entstanden, geht an der Sache vorbei. Denn der Gutachter geht nicht etwa von einer behandlungsbedürftigen Krankheit aus, sondern - wie auch der Entlassungsbericht der medizinisch-psychosomatischen Klinik B. vom 10. November 2008 (S. 1) - von einer „auf verschiedensten Belastungsfaktoren“ beruhenden „erheblich prämorbid (vor dem Ausbruch einer Krankheit) bestehenden Vulnerabilität“ (Gutachten S. 39). Die Aussage des Gutachters in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll S. 4), der Kläger habe ein Gefühl der Hilflosigkeit etwa bei der Erkenntnis geschildert, dass die Stasi seine Post geöffnet habe, wird durch den klägerischen Einwand, dies sei weder entscheidend noch krankheitserzeugend gewesen, nicht widerlegt.
34
Der Gutachter hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll S. 5 f.) darüber hinaus ausführlich dargelegt, wie die diagnostischen Abweichungen zum MPI-Gutachten des Herrn Prof. Dr. W. vom 17. Mai 2013 zu erklären sind. Er beschränkt sich dabei nicht nur auf die Kritik, dass in dem MPI-Gutachten die klare Prüfung nach der ICD-10 nicht wiedergegeben sei, insbesondere nicht nach dem Kriterium A. Vielmehr habe sich die Diagnose auf die fehlerhafte Einschätzung der Diplom-Psychologin des MPI gestützt. Die dort zugrunde gelegte Fragebogendiagnostik dürfe allein nicht zur Grundlage der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gemacht werden; jedenfalls forderten die Leitlinien der wissenschaftlichen Gesellschaften weitergehende Instrumente. Außerdem sei das Testverfahren SKID (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV) angewendet worden. Dieses sei ein Diagnosemittel für die DSM-IV (Diagnostic and statistical manual for mental disorders), die im amerikanischen Raum für die Diagnose psychischer Erkrankungen angewendet werde wie auch in der Forschung. Dort sei das Kriterium A der ICD-10 nicht so streng gefasst. Das DSM-IV sei insgesamt auch mehr therapie- und forschungsbezogen als die ICD-10. Unzulässigerweise sei zur Bestimmung des A-Kriteriums der ICD-10 kein Fremdbefund zugrunde gelegt worden, sondern nur die Selbsteinschätzungen des Klägers. Herr Dr. S. habe zudem einen sehr umfangreichen Persönlichkeitsfragebogen angewendet, der Extremwerte berichte. Dies sei bei der für testpsychologische Stellungnahme vom 8. November 2012 erfolgten Untersuchung durch Herrn Dipl.-Psych. K. bestätigt worden. Nach den deutschen Leitlinien könne unter diesen Bedingungen einem SKID-Test keine Aussagekraft beigemessen werden. Denn die Extremwerte deuteten auf ein tendenziöses Antwortmuster hin, sodass die Aussagen im SKID nicht valide seien. In seiner Stellungnahme vom 10. August 2015 führte der Gutachter PD Dr. P. ergänzend aus, dass für die dem MPI-Gutachten zugrundeliegende Frage der Polizeidienstfähigkeit ausschließlich die Frage nach der Symptomatik einer Erkrankung und den daraus folgenden Einschränkungen zu beantworten sei. Die Frage nach der Ursache für die aufgetretene Symptomatik sei nicht Teil eines solchen Gutachtens, weil sie für die Frage der Polizeidienstfähigkeit nicht entscheidend sei. Somit sei Prof. Dr. W. auch nicht verpflichtet gewesen, die subjektiven Angaben des Klägers zum Unfallgeschehen zu überprüfen und mit sonstigen Informationsquellen abzugleichen bzw. alternative Ursachen für die beschriebene Symptomatik zu prüfen.
35
Mit der Rüge, das MPI-Gutachten beziehe sich in seinen Ausführungen (vgl. S. 73) immer wieder auf die ICD-10, setzte sich der Gutachter bereits in der mündlichen Verhandlung auseinander. Hierzu gab er an, dass in dem MPI-Gutachten eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem Kriterium A fehle, „auch wenn im Gutachten des MPI ausdrücklich die Diagnosestellung einer PTBS nach der ICD-10 angegeben“ werde (Sitzungsprotokoll S. 7). Die Diplom-Psychologin des MPI sei auch von der Schilderung des Klägers ausgegangen, dass nach dem Unfall zwei Personen reanimiert worden seien, was tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Deshalb könne das Unfallgeschehen objektiv als nicht so schwerwiegend eingestuft werden, wie es die Diplom-Psychologin offensichtlich angenommen habe. Worauf der Kläger seine Schlussfolgerung stützt, das MPI-Gutachten beruhe nicht auf amerikanischen Standards der DSM-IV, obwohl das Gutachten darauf Bezug nimmt (S. 59), bleibt offen. Mit den entgegenstehenden ausführlichen Erläuterungen des PD Dr. P. setzt sich der Zulassungsantrag jedenfalls nicht in der gebotenen Weise auseinander. Hinzu kommt, dass das MPI-Gutachten vom 17. Mai 2013 infolge der abweichenden Fragestellung „Polizeidienstfähigkeit“ zwar eine Prognose erstellt, es jedoch nicht darauf abzielt, eine fachliche Einschätzung zum Kriterium A der Diagnose PTBS zu liefern. Daraus „unterschiedliche Standpunkte“ zweier Fachgutachter abzulesen, überspannt die inhaltliche Aussagekraft des MPI-Gutachtens.
36
Das außerhalb der Begründungsfrist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgelegte Gutachten von Frau Prof. Dr. H. vom 23. Februar 2022 und das psychologische und neuropsychologische Zusatzgutachten von Herrn Dipl.-Psych. Dr. P. vom 12. Dezember 2021 setzen sich weder in der gebotenen Weise mit dem Ereignis vom 28. Juli 2006 noch mit der Fragestellung auseinander, ob dieses Ereignis das Kriterium A einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt. Ihnen lag im Wesentlichen die Fragstellung zugrunde, ob bei dem Kläger aktuell Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet bzw. krankheitswertige gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen und ob er zum Untersuchungszeitpunkt dienstfähig ist (zweite Qualifikationsebene im allgemeinen Verwaltungsdienst). Die Begutachtungen aus den Jahren 2021 und 2022 waren demnach auf die Symptomatik der Erkrankungen des Klägers gerichtet, nicht jedoch darauf, ob eine posttraumatische Belastungsstörung bei dem Kläger allein oder wesentlich durch das Ereignis vom 28. Juli 2006 verursacht wurde. Eine belastbare Abgrenzung zu möglichen Alternativursachen fand insoweit ebenfalls nicht statt. Weder das Gutachten des Herrn PD Dr. P. vom 30. Oktober 2012 noch dessen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung werden erwähnt. Frau Prof. Dr. H. schildert vielmehr (S. 37 f.), dass der Kläger am 28. Juli 2006 „einen Dienstunfall erlitten habe“. Dieser „sei damals als Streifenpolizist in München-Schwabing bei dem Verkehrsunfall zum Einsatz gekommen, es seien mehrere Personen schwer verletzt worden“. Außerdem gab der Kläger gegenüber Frau Prof. Dr. H. an (Gutachten S. 29), er „könne (…) nicht an Örtlichkeiten vorbeifahren, an denen er Leichen gesehen habe, da würden Erinnerungen an seine Tätigkeit als Polizeibeamter im Streifendienst hochkommen, an akute Ereignisse, die er nicht verarbeitet habe. Er habe in der Therapie gelernt, ´PTBS-Sachen in den Tresor zu legen´, da könne es nicht sein, dass er jetzt Retraumatisierungssituationen ausgesetzt werde“. Aus dem Polizeiberichten ist jedoch ersichtlich, dass bei dem Ereignis vom 28. Juli 2006 niemand getötet oder mehrere Personen schwer verletzt wurden. Die Angaben in den Gutachten legen nahe, dass sich die Gutachter mit dem konkreten Ereignis nicht im Detail auseinandergesetzt haben und aufgrund der Angaben des Klägers möglicherweise von einem Ereignisverlauf ausgingen, der mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Der Beweiswert der gutachterlichen Einschätzung des Herrn PD Dr. P. kann daher durch die beiden Gutachten aus dem Jahr 2021 und 2022 nicht erschüttert werden.
37
Schließlich vermag die ebenfalls außerhalb der Begründungsfrist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Hausarztes des Klägers, Herrn Dr. L., vom 16. Juli 2015, wonach sich dieser an das im Gutachten (S. 28) vermerkte Telefonat mit dem Gutachter am 12. November 2012 „nicht erinnern“ und eine entsprechende Anfrage „nicht bestätigen“ könne, das Gutachten als taugliche Grundlage für die zutreffende Entscheidung nicht infrage zu stellen. Etwaige Wissenslücken des Hausarztes über ein zweieinhalb Jahre zurückliegendes Telefonat begründen keine ernsthaften Zweifel an den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters über das Gespräch. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. August 2015 weist PD Dr. P. darauf hin, dass er das Telefonat mit Herrn Dr. L. am 12. November 2012 durch Diktat und anschließendes Schreiben seiner Sekretärin dokumentiert habe. Durch das Telefonat habe er eine ihm bis dato unbekannte, neue Informationen erhalten. Erst von Herrn Dr. L. habe er erfahren, dass der Kläger nach einem Vorfall bei der Bewachung des amerikanischen Konsulats, bei dem er beleidigt oder angegangen worden sei, ernsthaft mitgenommen und empört gewesen sei. Diese Umstände sprechen klar dafür, dass das Telefonat tatsächlich stattgefunden hat. Dies kann aber letztlich dahinstehen, da die in dem Telefonat erlangten Informationen für den Gutachter nicht entscheidend für die Beurteilung des gesamten Falles gewesen sind (erg. Stellungnahme v. 10.8.2015).
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2. Dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen würde (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO), hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Weder das Unfallereignis selbst, noch die festgestellten bzw. geltend gemachten Unfallfolgen, wie sie sich aus den dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten, insbesondere aus den fachärztlichen Gutachten ergeben, sind außergewöhnlich schwierig. Besondere Schwierigkeiten resultieren auch nicht aus dem Umfang der beigezogenen Unterlagen einschließlich der medizinischen Gutachten. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass „zwei Gutachter zu einem diametral entgegengesetzten Ergebnis kommen“. Dabei geht die Zulassungsbegründung bereits von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Denn die vorgelegten Gutachten wurden bereits zu abweichenden Fragestellungen erstellt. Die scheinbar zu unterschiedlichen Ergebnissen führenden Gutachten setzen sich insbesondere nicht mit der fachlichen Einschätzung des Gutachters PD Dr. P. zum Kriterium A der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung auseinander. Im Übrigen ist es Aufgabe des Gerichts, einander widersprechenden Wertungen im Rahmen der Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu prüfen und rechtlich angemessen zu bewerten, so dass daraus allein keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten abgeleitet werden können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obenstehenden Ausführungen unter 1. verwiesen.
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3. Der Kläger legt auch keinen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dar, auf dem die Entscheidung beruhen könnte. Das Gericht ist seiner Aufklärungspflicht aus § 86 VwGO nachgekommen. Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, Prof. Dr. W. als sachverständigen Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob durch das Ereignis vom 28. Juli 2006 beim Kläger ein Körperschaden in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung verursacht worden sei, lehnte das Verwaltungsgericht zu Recht mit der Begründung ab, mit dem Gutachten von PD Dr. P. liege ein nachvollziehbares und wissenschaftlich plausibles Gutachten vor. Die weitere Einvernahme von Prof. Dr. W. würde die Begutachtung des Klägers zu der Frage bedeuten, zu der bereits PD Dr. P. in seinem Gutachten ausführlich Stellung genommen habe. Dem müsse aber nicht nachgegangen werden, da mit dem Gutachten von PD Dr. P. eine ausreichende Begutachtung der zum Beweis gestellten Tatsache vorliege.
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Die Zulassungsbegründung hat nicht dargelegt, warum das Gericht objektiv gehalten gewesen war, den Sachverhalt weiter aufzuklären und den beantragten Beweis zu erheben. Die Würdigung vermeintlich voneinander abweichender Gutachtenergebnisse oder ärztlicher Auffassungen gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zur weiteren Beweiserhebung besteht selbst bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Dies ist hier erfolgt (UA S. 12 f.). Nach Konfrontation mit dem Fachgutachten des MPI vom 17. Mai 2013 führte der Gutachter, Herr PD Dr. P., eine Vielzahl fachlicher Gründe an, weshalb er der Diagnose: posttraumatische Belastungsstörung nicht folgen könne. Hält das Gericht - wie hier - eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne weitere Beweise einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten ungenügend sind, weil sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters geben (BVerwG, B.v. 28.3.2013 - 4 B 15.12 - juris Rn. 19 zur Einholung eines Obergutachtens gem. § 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Von diesen Grundsätzen ist das Verwaltungsgericht ausweislich der Begründung der Entscheidung über die Ablehnung des Beweisantrags rechtsfehlerfrei ausgegangen. Entsprechende Mängel des Sachverständigengutachtens für eine Ausnahme sind hier nicht dargelegt (siehe dazu unter 1.).
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Dr. W. V. K.