Titel:
Erfolglose Nachbarklage gegen isolierte Befreiung für Gerätehaus
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2, § 173
GVG § 17 Abs. 1 S. 2
BauGB § 31 Abs. 2
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a., Art. 63 Abs. 1, Abs. 3
BayVwVfG Art. 37
Leitsätze:
1. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung kann für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht genügen. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Feststellung des Inhaltsadressaten ist nicht entscheidend, wer in der Anschrift als Adressat benannt ist, sondern wer von dem Verwaltungsakt seinem Inhalt nach betroffen ist. Einer namentlichen Benennung bedarf es nicht; es ist dem Bestimmtheitserfordernis vielmehr bereits dann genügt, wenn der Inhaltsadressat auf sonstige Weise erkennbar ist, dieser mithin im Wege der Auslegung ermittelt werden kann. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung (abgelehnt), isolierte Befreiung von einer (nicht nachbarschützenden) Festsetzung eines Bebauungsplans, Nachbarschutz, Bestimmtheit einer Baugenehmigung, doppelte Rechtshängigkeit, Darlegung, Inhaltsadressat
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 25.08.2022 – RO 2 K 21.218
Fundstelle:
BeckRS 2022, 36314
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger wenden sich als Nachbarn gegen eine der Beigeladenen erteilte isolierte Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans für die Errichtung eines Gerätehauses.
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Die unmittelbar benachbarten, jeweils mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücke der Kläger (FlNr. …51 der Gemarkung L.) und der Beigeladenen (FlNr. …50 derselben Gemarkung - Baugrundstück) liegen im Geltungsbereich des (in den Akten in kopierten Auszügen vorliegenden) Bebauungsplans „P.“ des Beklagten, der in Nr. 4 seiner textlichen Festsetzungen die Zulässigkeit von Nebengebäuden auf Garagen begrenzt.
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Mit Bescheid vom 4. November 2020 erteilte der Beklagte der Beigeladenen auf deren Antrag für die Errichtung eines Gerätehauses auf dem Baugrundstück eine isolierte Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB, Art. 63 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 BayBO von der textlichen Festsetzung Nr. 4 des Bebauungsplans. Nach den Antragsunterlagen der Beigeladenen handelt es sich um ein fensterloses Pultdachgebäude aus Aluminium mit flacher Dachneigung, einer Fläche von 1,74 m x 2,14 m und einer Höhe (an der höchsten Stelle) von 2,18 m, das unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Kläger stehen soll bzw. nach Maßgabe der im Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts gefertigten Lichtbilder dort tatsächlich bereits schon steht. In der Bescheidbegründung heißt es, eine Befreiung sei für das gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BayBO verfahrensfreie Vorhaben städtebaulich vertretbar und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe der Bau- und Vergabeausschuss mit Beschluss vom 5. Oktober 2020 gemäß den Planunterlagen und unter Berücksichtigung der nachbarlichen Belange die Erteilung der beantragten Befreiung beschlossen.
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Eine Fassung des Bescheids vom 4. November 2020 - mit Adressenangabe der Beigeladenen - wurde der Beigeladenen als Bauherrin per Einschreiben zugestellt. Eine weitere Fassung des Bescheids vom 4. November 2020 wurde mit demselben Betreff „Errichtung eines Geräteschuppens auf dem Grundstück E., L., Flst. …50 der Gemarkung L. - Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (…)“ auch den Klägern - und zwar diesmal mit deren Namen und deren Adresse im Adressfeld - durch Einschreiben zugestellt. In einem Begleitschreiben ebenso vom 4. November 2020 führte der Beklagte gegenüber den Klägern aus, dass sie als nicht vom Bauherrn beteiligte Nachbarn bzw. nicht dem Bauvorhaben zustimmende Nachbarn eine Ausfertigung des Bescheids erhielten und dass die dortige Rechtsbehelfsbelehrungfür sie entsprechend gelte.
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Die Kläger erhoben unter Beifügung einer Kopie der an sie adressierten Bescheidfassung am 2. Dezember 2020 Anfechtungsklage. Dieses Verfahren wurde beim Verwaltungsgericht Regensburg unter dem Aktenzeichen RO 2 K 20.2994 angelegt.
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Am 10. Februar 2021 erhoben die Kläger eine weitere Anfechtungsklage in der Sache mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 4. November 2020 in der an die Beigeladene adressierten Fassung, den sie im Vergleich zu der Bescheidfassung, die unmittelbar an sie selbst adressiert wurde, als weiteren, hiervon zu unterscheidenden Bescheid bewerteten. Sie - so der erstinstanzliche klägerische Vortrag - hätten von diesem weiteren, an die Beigeladene adressierten Bescheid erst im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens RO 2 K 20.2994 erfahren, sodass die Anfechtungsklage hiergegen nicht verfristet erhoben worden sei. Dieses Verfahren wurde vom Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen RO 2 K 21.218 angelegt.
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Mit Urteil vom 25. August 2022 wies das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage im Verfahren RO 2 K 20.2994 - als unbegründet - ab. In den Entscheidungsgründen führt das Erstgericht aus, der Bescheid vom 4. November 2020 sei hinsichtlich des Inhaltsadressaten nicht unbestimmt; auch im Übrigen verletze die Befreiung die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Ebenfalls mit Urteil vom 25. August 2022 wies das Verwaltungsgericht die Klage im Verfahren RO 2 K 21.218 - als unzulässig - ab. Der weiteren Klage stehe - so die dortigen Entscheidungsgründe - das Prozesshindernis des Verbots der doppelten Rechtshängigkeit nach § 173 VwGO i.V. mit § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG entgegen. Die zweite, am 10. Februar 2021 erhobene Klage im Verfahren RO 2 K 21.218 habe denselben Streitgegenstand wie die bereits vorher am 2. Dezember 2020 im Verfahren RO 2 K 20.2994 erhobene Anfechtungsklage.
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Im vorliegenden Verfahren wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das (Prozess-) Urteil des Verwaltungsgerichts im Verfahren RO 2 K 21.281. Zu dem ebenfalls gegen das klageabweisende (Sach-) Urteil des Verwaltungsgerichts im Verfahren RO 2 K 20.2994 gestellten Antrag auf Zulassung wird auf den Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren 15 ZB 22.2361 verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Zulassungsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt.
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1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
13
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in diesem Sinne bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der erstinstanzlichen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2019 - 15 ZB 19.428 - juris Rn. 10 m.w.N.).
14
a) Die Antragsbegründung genügt mit den Angriffen auf die Ausführungen des Erstgerichts zur hinreichenden Bestimmtheit des ihnen selbst zugestellten Bescheids vom 4. November 2020 hinsichtlich des Inhaltsadressaten nicht den aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO folgenden Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
15
Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geforderte Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Erstgerichts erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss konkret dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und / oder Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte - und auch in sich schlüssige - Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Mit bloßer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 15.10.2019 - 15 ZB 19.1221 - juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 1.2.2021 - 15 ZB 20.747 - juris Rn. 32; B.v. 19.8.2022 - 15 ZB 22.1400 - juris Rn. 16; B.v. 21.9.2022 - 15 ZB 22.1621 - juris Rn. 12; B.v. 11.10.2022 - 15 ZB 22.867 - juris Rn. 27). Diesen Anforderungen werden die Kläger mit ihren Ausführungen in der Antragsbegründung zur Unbestimmtheit des angefochtenen Bescheids nicht gerecht.
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Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 25. August 2022 (Az. RO 2 K 21.218) seine Ansicht, dass und warum die weitere Klage im Verfahren RO 2 K 21.218 wegen doppelter Rechtshängigkeit (§ 173 VwGO i.V. mit § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) resp. wegen desselben Streitgegenstands wie im Parallelverfahren RO 2 K 20.2994 unzulässig ist, umfassend wie folgt begründet:
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„Die den Klägern zugestellte Version des streitgegenständlichen Bescheides weist im Betreff als Vorhaben ‚Errichtung eines Geräteschuppens auf dem Grundstück E., L., Flst. …50 der Gemarkung L., Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (…)‘ aus; im Adressfeld sind namentlich die Kläger aufgeführt. In den Behördenakten im Verfahren RO 2 K 20.2994, die dem Bevollmächtigten im Rahmen der dort gewährten Akteneinsicht übermittelt wurden, findet sich eine Version des Bescheides, die im Adressfeld die Beigeladene aufführt und im Übrigen identisch mit der den Klägern zugestellten Version ist.
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Soweit klägerseits vorgetragen wird, es handele sich um zwei differente Bescheide, einen an die Kläger als Inhaltsadressaten gerichteten, einen an die Beigeladene als Inhaltsadressatin gerichteten, ist dem nicht zu folgen. Das Gericht geht davon aus, dass es sich um zwei verschiedene Versionen desselben Bescheids handelt, die lediglich hinsichtlich des Inhalts im Anschriftenfeld, nicht jedoch hinsichtlich ihres (nach gebotener Auslegung ermittelbaren) Regelungsgegenstandes differieren.
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In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass aus einem Verwaltungsakt im Hinblick auf seine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit gemäß Art. 37 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) hervorgehen muss, gegen wen sich dieser richtet, mithin wer ‚Inhaltsadressat‘ der in dem Bescheid getroffenen Regelung oder Feststellung ist. Für die Feststellung des Inhaltsadressaten ist indes nicht entscheidend, wer in der Anschrift als Adressat benannt ist, sondern wer von dem Verwaltungsakt seinem Inhalt nach betroffen ist. Einer namentlichen Benennung bedarf es nicht; es ist dem Bestimmtheitserfordernis vielmehr bereits dann genügt, wenn der Inhaltsadressat auf sonstige Weise erkennbar ist, dieser mithin im Wege der Auslegung ermittelt werden kann (BayVGH, B.v. 22.4.2020 - 15 CS 20.184 - juris Rn. 8 m.w.N.; U.v. 5.12.2014 - 4 B 14.435 - juris Rn. 24). Bei der ggf. vorzunehmenden Auslegung kommt es nicht auf den wirklichen Willen der Behörde an, sondern darauf, wie der Verwaltungsakt entsprechend §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers zu verstehen ist (sog. normative Auslegung). Entscheidend ist, wie dieser nach den ihm bekannten Umständen einschließlich der dem Bescheid beigefügten Unterlagen den materiellen Gehalt des Bescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (BVerwG, U.v. 27.6.2012 - 9 C 7/11 - Rn. 11 f.; VG Köln, U.v. 25.1.2012 - 24 K 2145/06 - juris Rn. 77).
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Gemessen an diesen Maßgaben ist bei der Auslegung eines Bescheids auf den Empfängerhorizont abzustellen, der durch den Kenntnis- und Wissensstand der Kläger gebildet wird. Danach ist vorliegend eine Auslegung dahingehend geboten, dass sich der mit Klageschriftsatz vom 2.12.2020 angefochtene Bescheid seinem Inhalt nach an den Bauherrn des in dem Bescheid angegebenen Bauvorhabens richtete und die Kläger als Nachbarn eine Ausfertigung des an den Bauherrn gerichteten Bescheides erhielten. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass der Bescheid an die Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet ist. Dies ergibt sich zum einen aus dem Bescheid selbst, wonach das im Betreff genannte Vorhaben ‚Errichtung eines Geräteschuppens auf dem Grundstück E. L., Flst. …50 der Gemarkung L., Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (…)‘ das an das klägerische Grundstück angrenzende Grundstück betrifft. Ferner sprechen auch die in die Auslegung miteinzubeziehenden Begleitumstände für diese Auffassung. Der Bescheid wurde ausweislich der vorgelegten Behördenakten zusammen mit einem Begleitschreiben versandt, wonach die Kläger als nicht vom Bauherrn beteiligte Nachbarn bzw. nicht dem Bauvorhaben zustimmende Nachbarn eine Ausfertigung des Bescheids erhalten würden und dass die im Bescheid enthaltene Rechtsbehelfsbelehrungauch für die Kläger gelte. Der Bescheid war daher vom objektiven Empfängerhorizont aus dahingehend zu verstehen, dass er den Klägern lediglich in ihrer Funktion als nicht vom Bauherrn beteiligte Nachbarn bzw. nicht dem Bauvorhaben zustimmende Nachbarn und damit als Bekanntgabeadressaten übersandt wurde. Daran ändert auch nichts, dass die Kläger in der ihnen übersandten Ausfertigung des Bescheids im Adressfeld aufgeführt sind, zumal die Nennung im Adressfeld für die Bestimmung des Inhaltsadressaten nicht entscheidend ist (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2014 - 4 B 14.435 - juris Rn. 24 f.; VG Köln, U.v. 25.1.2012 - 24 K 2145/06 - juris Rn. 77) und sich vorliegend durch Auslegung ermitteln lässt, dass nicht die Kläger die Inhaltsadressaten des ihnen zugestellten Bescheids sind. Dafür, dass die Kläger selbst diesen dahingehend verstehen bzw. jedenfalls ursprünglich verstanden haben, spricht ferner der im Verfahren RO 2 K 20.2994 übermittelte Klageschriftsatz der Kläger vom 2.12.2020, wonach u.a. ‚die Beizuladenden [vor]haben (…), einen Geräteschuppen auf ihrem Grundstück zu errichten‘. Dass die Beigeladene als Bauherrin namentlich nicht aus dem den Klägern zugestellten Bescheid hervorgeht, ist im Übrigen unschädlich, da die gebotene Auslegung ergibt, dass dieser jedenfalls nicht an die Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet war. Dafür, dass es sich lediglich um zwei unterschiedliche Versionen ein und desselben Bescheids handelt, spricht insbesondere auch die Tatsache, dass der Inhalt - abgesehen von der Nennung im Adressfeld -, insbesondere hinsichtlich der Bezeichnung des streitgegenständlichen Vorhabens, vor allem aber auch hinsichtlich des angegebenen behördlichen Aktenzeichens identisch ist.
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Die gegenständliche Klage betrifft daher denselben Streitgegenstand, wie die am 2.12.2020 bereits zuvor erhobene Klage. Streitgegenstand in beiden Verfahren ist der Bescheid des Beklagten vom 4.11.2020 (Az. 96/2020; 8165).“
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Unabhängig davon, dass die diesbezüglichen Erwägungen in den Entscheidungsgründen plausibel erscheinen (vgl. BayVGH, B.v. 14. 3.2019 - ZB 17.2005 - juris), haben die Kläger diesen im Zulassungsverfahren innerhalb der Antragsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nichts Substantielles entgegengesetzt. Soweit im antragsbegründenden Schriftsatz vom 23. November 2022 pauschal „zur Vermeidung von Wiederholungen“ auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen wird, genügt dies nach dem Voranstehenden gerade nicht den o.g. Darlegungsanforderungen zur Geltendmachung des Zulassungsgrunds. Ansonsten heißt es auf Seite 3 der Antragsbegründung vom 23. November 2022 zum vorliegenden Berufungszulassungsverfahren 15 ZB 22.2360 lediglich: „Hierzu darf zunächst auf unsere Ausführungen im Verfahren mit dem Aktenzeichen Az. 15 ZB 22.2360 verwiesen werden.“ Mit dieser „Insichverweisung“ wird ebenfalls dem Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht genügt. Warum die rechtliche Bewertung des Erstgerichts hinsichtlich des Bescheidresp. Inhaltadressaten falsch sein soll, wird in der Sache nicht begründet.
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b) Die weiteren Ausführungen auf Seiten 3 bis 5 der Antragsbegründung vom 23. November 2022
24
- zu § 31 Abs. 2 BauGB,
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- zur Frage, ob die textliche Festsetzung Nr. 4 des Bebauungsplans, von der befreit wurde, nachbarschützend ist, sowie
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- zum bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme
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haben mit der Klageabweisung als unzulässig wegen doppelter Rechtshängigkeit nichts zu tun, sondern richten sich ausschließlich gegen die Erwägungen des Erstgerichts im Rahmen des im Verfahren RO 2 K 20.2994 ergangenen klageabweisenden Sachurteils (vgl. hierzu die Ausführungen im Beschluss des Senats vom heutigen Tag zum Parallelverfahren 15 ZB 22.2361).
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2. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
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Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache nur dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2022 - 15 ZB 21.2827 - juris Rn. 19 m.w.N.). Aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt sich, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt sind.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht der unterliegenden Partei aufzuerlegen, zumal sich ein Beigeladener im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aussetzt. Ein besonderer Ausnahmegrund (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2022 - 15 ZB 22.867 - juris Rn. 75 m.w.N.) ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).