Inhalt

VGH München, Beschluss v. 03.06.2022 – 12 CE 22.460
Titel:

Keine vorläufige Erlaubniserteilung für den Betrieb einer Erziehungsstelle

Normenketten:
VwGO § 123, § 146
SGB VIII § 33, § 43, § 44, § 45, § 45a
Leitsätze:
1. Es liegt ein Fall des sog. nutzlosen Rechtsschutzes vor, für den kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn eine Antragstellerin mit ihrem Eilantrag die Erteilung einer vorläufigen Betriebserlaubnis erstrebt, die sie gar nicht benötigt, für eine Erziehungsstelle, die erlaubnisfrei iSd §§ 45 ff. SGB VIII tätig werden kann.  (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Familienähnliche Betreuungsformen, die die Voraussetzungen des § 45a S. 2 SGB VIII erfüllen, sind nur dann Einrichtungen (Einrichtungsteile), wenn sie fachlich und organisatorisch in eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden sind und diese das Konzept, die fachliche Steuerung der Hilfen, die Qualitätssicherung, das Personalmanagement sowie die Außenvertretung verantwortet. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erlaubnis, Erziehungsstelle, familienähnlich, Einrichtung
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Beschluss vom 31.01.2022 – B 20 E 21.1315
Fundstelle:
BeckRS 2022, 36291

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt mit ihrer Beschwerde die vorläufige Erteilung einer Erlaubnis bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für den Betrieb der Erziehungsstelle am Standort K., H., im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
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1. Die bisher mit einer Betriebserlaubnis bestehende Erziehungsstelle ist vom Ortsteil O. Nr. … nach K., beide in H., umgezogen. Die Regierung von O. verweigerte der Antragstellerin daraufhin die beantragte Erteilung einer (geänderten) Betriebserlaubnis mit Bescheid vom 9. Dezember 2021. Die zuvor erlassenen und bestehenden Betriebserlaubnisse wurden mit dem Bescheid der Regierung zurückgenommen. Für eine Neuerteilung einer Betriebserlaubnis fehlten, so die Regierung, schon die erforderlichen Unterlagen wie z.B. ein Personal- und Raumprogramm. Im Übrigen seien durch die Änderung des SGB VIII zum 10. Juni 2021, insbesondere des § 45a SGB VIII, familienähnliche Betreuungsformen der Unterbringung nur noch betriebserlaubnispflichtig, wenn sie fachlich und organisatorisch in eine übergeordnete betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden seien. Die im Gesetzgebungsverfahren erhobene Forderung, die Betriebserlaubnispflicht durch die Steuerung durch einen übergeordneten Träger auszulösen, habe im Gesetz explizit keinen Niederschlag gefunden. Dies ergebe sich auch aus dem Landesrechtsvorbehalt des § 45a SGB VIII. Der Schutz des Kindeswohls bei Hilfen zur Erziehung nach § 33 SGB VIII sei durchaus auch in nicht betriebserlaubnispflichtigen Erziehungsstellen gewährleistet (§§ 37, 37a bis c SGB VIII).
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2. Mit Schriftsätzen vom 20. Dezember 2021 hat die Antragstellerin einerseits hiergegen Klage erhoben, andererseits einstweiligen Rechtschutz begehrt und beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Satz 1 VwGO zu verpflichten, die Erlaubnis für den Betrieb der Erziehungsstelle H. in Trägerschaft der Antragstellerin vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu erteilen. Mit dem Betrieb der Erziehungsstelle seien Personal- und Sachkosten des Trägers, also der Antragstellerin, verbunden, die diese nicht ohne eine wenigstens vorläufige Betriebserlaubnis schultern könne. Eine Vorwegnahme der Hauptsache trete hierdurch wie im Fall, der der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2017 (Az. 12 CE 17.704) zugrunde lag, nicht ein.
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3. Der Antragsgegner beantragte, den Eilantrag abzulehnen, insbesondere mit der Argumentation des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses, da der Antragsteller zur Ausräumung von Unsicherheiten einen feststellenden Bescheid beantragen könne, dahingehend, dass der Betrieb der Erziehungsstelle keiner Erlaubnis nach §§ 45 ff. SGB VIII bedürfe. Daher fehle es auch an einem Anordnungsgrund.
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Der Antragsgegner erwiderte weiter, dass auch bei der Familienpflege die Wahrung des Kindeswohls sehr wohl überprüft werde, etwa nach §§ 33, 44 SGB VIII. Die in der Erziehungsstelle K. tätige Frau H. könne eine Erlaubnis für ihre Tätigkeit erhalten. Es sei unstreitig, dass es sich vorliegend um eine familienähnliche Betreuungsform handle, die nicht in eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden sei. Das Kindeswohl sei nicht gefährdet, da infolge der neuen Rechtslage lediglich die Zuständigkeit hierfür von der Regierung auf das Jugendamt übergehe. Eine Betriebserlaubnispflicht bestehe auch nicht nach § 48a SGB VIII, da § 45a SGB VIII als Sonderregelung zumindest vorgehe, wenn nicht schon der neue Einrichtungsbegriff auch für die Auffangnorm des § 48a SGB VIII gelte.
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4. Mit Beschluss vom 31. Januar 2022 lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es fehle zum einen an einem Anordnungsanspruch. Zwar sei die streitgegenständliche Erziehungsstelle eine Einrichtung im Sinne des § 45a Satz 1 SGB VIII, da sie eine auf gewisse Dauer und unter der Verantwortung eines Trägers angelegte förmliche Verbindung ortsgebundener räumlicher, personeller und sachlicher Mittel mit dem Zweck der ganztägigen oder über einen Teil des Tages erfolgenden Betreuung oder Unterkunftsgewährung sowie Beaufsichtigung, Erziehung, Bildung, Ausbildung von Kindern und Jugendlichen außerhalb ihrer Familie sei. Es greife aber vermutlich die Ausnahme des § 45a Satz 2 SGB VIII, da eine familienähnliche Betreuungsform der Unterbringung vorliege, bei der der Bestand der Verbindung nicht unabhängig von bestimmten Kindern und Jugendlichen, den dort tätigen Personen und der Zuordnung bestimmter Kinder und Jugendlicher zu bestimmten dort tätigen Personen ist, und weil diese nur dann eine Einrichtung im Sinne des Satzes 1 sei, wenn sie fachlich und organisatorisch in eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden sei. An Letzterem fehle es. Zwar sei die Erziehungsstelle in die Antragstellerin als Träger unmittelbar eingebunden, aber die Antragstellerin sei keine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung i.S.v. § 45a SGB VIII. Dementsprechend scheide auch eine Erlaubnispflicht nach § 48a SGB VIII aus, da auch im Rahmen des textlich unveränderten § 48a SGB VIII die Einrichtungsdefinition des § 45a n.F. Berücksichtigung zu finden habe.
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Auch sei ein Anordnungsgrund nicht erkennbar. Die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit einer Straftat oder einer Betriebsuntersagung nach Art. 46 AGSG bestehe für die Antragstellerin nicht, weil Erlaubnisfreiheit gelte. Die Antragstellerin könne ungeachtet dessen die Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides bestandskräftig werden lassen. Damit wäre verbindlich die Erlaubnisfreiheit geklärt. Die Bestandskraft erfasse auch die für die Ablehnung tragenden Gründe. Der Fall, der der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juli 2017 zugrunde lag (Az. 12 CE 17.704, juris Rn. 53) könne nicht herangezogen werden, da dort der Erlaubnisantrag nicht verbeschieden gewesen sei und die Behörde von einer Erlaubnispflicht ausgegangen sei.
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Dazu, inwieweit der Antragstellerin bei Weiterbetrieb der Erziehungsstelle ohne Erlaubnis Verluste entstehen könnten, habe sie nichts Substantielles vorgetragen, ebenso wenig wie dringend die Sache demzufolge wäre.
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Im Übrigen könne sich die Antragstellerin, wie von ihr vorgetragen, selbst helfen, indem sie eine erlaubnispflichtige Einrichtung zwischenschalte. Weiter spreche vieles dafür, dass die begehrte Erteilung der Betriebserlaubnis die Hauptsache zumindest temporär vorwegnehme. Auch hier sei der Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2017 (Az. 12 CE 17.704 - juris Rn. 54) unbehelflich, da dieser sich nur auf die vorläufige Erteilung der Erlaubnis bis zur Entscheidung der Behörde bezogen habe.
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5. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2022 hat die Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter Wiederholung der bereits vorgetragenen Argumentation eingelegt. Dem trat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7. März 2022 entgegen.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
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1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin nach § 146 VwGO hat keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof sieht ebenso wenig wie das Erstgericht einen Anlass, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu erlassen.
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1.1 Die Beschwerde der Antragstellerin hat bereits deshalb keinen Erfolg, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Fall des sog. nutzlosen Rechtsschutzes, für den kein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vorb. § 40 Rn. 16 ff.). Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag und ihrer Beschwerde die Erteilung einer vorläufigen Betriebserlaubnis, die sie gar nicht benötigt, für eine Erziehungsstelle, die erlaubnisfrei i.S.d. §§ 45 ff. SGB VIII tätig werden kann. Für einen derartigen Antrag fehlt in der vorliegenden Konstellation das Rechtsschutzbedürfnis.
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Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin fehlt auch, weil diese einen feststellenden Bescheid beantragen könnte, mit dem Inhalt, dass der Betrieb der Erziehungsstelle keiner Erlaubnis nach §§ 45 ff. SGB VIII bedürfe. Die Antragstellerin könnte darüber hinaus auch die Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides bestandskräftig werden lassen. Damit wäre verbindlich die Erlaubnisfreiheit geklärt. Die Bestandskraft umfasst auch die für die Ablehnung tragenden Gründe des Bescheides vom 9. Dezember 2021, denn an der Bindungswirkung bzw. an der Bestandskraft eines ablehnenden Verwaltungsaktes nehmen auch dessen tragenden Gründe teil (vgl. z.B. FG München, U.v. 25.04.1991 - 15 K 15097/86 - juris Rn. 67). Der Fall, der der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juli 2017 zugrunde lag (Az. 12 CE 17.704, juris Rn. 53) kann für diese Streitfrage nicht herangezogen werden, da dort der Erlaubnisantrag nicht verbeschieden war und die Behörde gerade von einer Erlaubnispflicht ausging. Im Übrigen könnte sich die Antragstellerin selbst helfen, ohne gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, indem sie eine erlaubnispflichtige Einrichtung zwischenschalten würde, wie sie selbst vorträgt.
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1.2 Ein Anordnungsgrund besteht ebenso nicht, zumindest hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, dass für sie aus der Nichterteilung einer Betriebserlaubnis finanzielle Nachteile irgendwelcher Art entstehen. Dazu, inwieweit und wodurch der Antragstellerin bei Weiterbetrieb der Erziehungsstelle ohne Betriebserlaubnis Verluste entstehen könnten, hat sie - für einen Anordnungsgrund - nicht substantiiert vorgetragen, ebenso wenig wie dringend die Angelegenheit demzufolge wäre.
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1.3 Die begehrte temporäre Erteilung der Betriebserlaubnis würde zudem die Hauptsache zumindest zeitweise vorwegnehmen (vgl. OVG Schlesweig-Holstein, B.v. 24.11.2021 - 2 B 218/21 - juris Rn. 11). Auch hier ist der Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2017 (Az. 12 CE 17.704 - juris Rn. 54) unbehelflich, da dieser sich nur auf die vorläufige Erteilung der Erlaubnis bis zur Entscheidung der Behörde bezog. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin würde die Erteilung der begehrten vorläufigen Erlaubnis im Wege einer einstweiligen Anordnung die Hauptsacheentscheidung vorwegnehmen, denn eine solche Erlaubnis würde der Antragstellerin für einen begrenzten Zeitraum, aber insoweit endgültig, den Betrieb einer Erziehungsstelle als Einrichtung bzw. Teil einer Einrichtung bestätigen. Wenn der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu einer jedenfalls zeitweiligen Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung führt, sind indes an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes qualifiziert hohe Anforderungen zu stellen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, die Sache also bei Anlegung eines strengen Maßstabs an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch), und das Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (Anordnungsgrund). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine dem Antrag stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so wäre einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, sofern nicht ausnahmsweise überwiegende gewichtige Gründe entgegenstehen. Die Voraussetzungen hierfür sind hier jedoch nicht erfüllt.
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Soweit die Antragstellerin vorträgt, die von ihr verantwortete Betreuungsform unterfalle dem Begriff der „Einrichtung“ im Sinne des § 45a SGB VIII, muss diese Frage im vorliegenden Verfahren nicht abschließend entschieden werden. Das Zuwarten auf den Ausgang der Hauptsacheentscheidung stellt sich für die Antragstellerin nicht als unzumutbar dar. Insbesondere genügen die allgemeinen Hinweise auf wirtschaftliche Nachteile und eingegangene finanzielle Verpflichtungen nicht. Dass die Antragstellerin als Trägerin der Erziehungsstelle K. in H. zumindest eine Angestellte beschäftigt hat, fällt in ihre Risikosphäre. Die Versagung der Betriebserlaubnis verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das in § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII normierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stellt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Zulassungsbeschränkung dar (OVG Lüneburg, U.v. 13.02.2006 - 12 LC 538/04 - juris). Das gilt erst recht für die Erlaubnisfreiheit nach § 45a Sätze 2 und 3 SGB VIII.
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1.4 Da bereits kein Anordnungsgrund besteht, kann es dahinstehen, ob von der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht werden konnte.
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Die früheren Kinderheime haben sich in den letzten Generationen ausdifferenziert zu einer großen Angebotsvielfalt. Das führte dazu, dass häufig die Frage beantwortet werden muss, ob es sich um eine Pflegeperson oder -familie einerseits handelt oder um eine Heimform, also Einrichtung im Sinne des SGB VIII.
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Im ersteren Fall benötigt die Pflegeperson eine Pflegeerlaubnis (vgl. §§ 43, 44 SGB VIII, Familienpflege), im Falle einer Einrichtung bedarf es einer Betriebserlaubnis (§§ 45 ff. SGB VIII, Einrichtungspflege). Für beide Arten von Betreuungsformen sind auch unterschiedliche Behörden zuständig (Jugendämter für die Familienpflege, Regierungen nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 AGSG für die Einrichtungen nach §§ 45 ff. SGB VIII).
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Als Grundsatz gilt nach wie vor, dass es darauf ankommt, ob ein Kind oder ein Jugendlicher an eine konkrete Person überantwortet wird, also ob die Personenbezogenheit der Betreuung im Vordergrund steht oder eine vielfältigen Anforderungen entsprechende und gewachsene Personalstruktur und -organisation. Bei der Familienpflege geht es vor allem darum, ob die Betreuungsperson(en) geeignet sind, bei den Einrichtungen geht es um die Geeignetheit des Trägers.
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Die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass es der Bundesgesetzgeber den Ländern überlassen wollte, die vorliegende Konstellation erlaubnispflichtig zu machen (s. § 45a Satz 4 SGB VIII sowie BT-Drs. 19/26107, S. 102 letzter Absatz, S. 103). Familienähnliche Betreuungsformen sollten nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich nicht betriebserlaubnispflichtig sein. Erziehungsstellen wie die vorliegende dürften aber häufig nach §§ 33, 44 SGB VIII erlaubnispflichtig sein, und begegnen auch sonst im Rahmen der neu gefassten bzw. eingefügten §§ 37, 37 a-c SGB VIII einem ausreichenden Kontrollinstrumentarium der Jugendämter.
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Bis zum 10. Juni 2021 war die Erziehungsstelle der Antragstellerin ohne Zweifel betriebserlaubnispflichtig und hatte auch eine Betriebserlaubnis. Die Notwendigkeit einer solchen ist jedoch durch die Änderungen im SGB VIII, hier in § 45a SGB VIII, durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom 3. Juni 2021 ab dem 10. Juni 2021
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voraussichtlich, wie das Verwaltungsgericht Bayreuth judiziert hat, entfallen. Da die Erziehungsstelle der Antragstellerin in H* … nicht fachlich und organisatorisch in eine übergeordnete betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden ist, was unstreitig ist, bedarf sie also voraussichtlich keiner Betriebserlaubnis. Der Landesgesetzgeber kann dies nach § 45a Satz 4 SGB VIII anders gestalten, was aber bislang noch nicht geschehen ist. Man könnte annehmen, dass sich der strukturelle Schutz von Kindern und Jugendlichen dadurch nunmehr verschlechtere, was gerade nicht die Absicht des KJSG gewesen ist. Dies ist aber zum einen Teil nicht zutreffend, da sich die nunmehrige Zuordnung der Erziehungsstelle H* … zur Familienpflege anderen Genehmigungspflichten gegenübersieht, und da das SGB VIII i.d.F. des KJSG auch für die Familienpflege Verbesserungen vorgesehen hat. Zum anderen käme es hierauf auch gar nicht an, weil maßgeblich der Wortlaut des Gesetzes ist, der unmissverständlich ist und keine anderweitige Auslegung zulässt.
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Familienähnliche Betreuungsformen, die die Voraussetzungen des § 45a Satz 2 SGB VIII erfüllen, sind nur dann Einrichtungen (Einrichtungsteile), wenn sie fachlich und organisatorisch in eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung eingebunden sind und diese das Konzept, die fachliche Steuerung der Hilfen, die Qualitätssicherung, das Personalmanagement sowie die Außenvertretung verantwortet (BT-Drs. 19/26107, 102). Ob die vorliegende Betreuungsform in einem solchen Einrichtungskontext stattfindet oder nicht, braucht jedoch vorliegend nicht entschieden zu werden, weil es für den Antrag der Antragstellerin bereits am Rechtsschutzbedürfnis und an einem ausreichend glaubhaft gemachten Anordnungsgrund fehlt.
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2. Die Antragstellerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Kinder- und Jugendhilferechts nach § 188 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO nicht erhoben. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.