Titel:
Alternative Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche und eines urbanen Gebietes in einem Bebauungsplan
Normenkette:
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Leitsatz:
Ist eine (Doppel-)Festsetzung dahingehend auszulegen, dass ein urbanes Gebiet alternativ zu der ausgewiesenen Gemeinbedarfsfläche festgesetzt worden ist, um dem Grundstückseigentümer die zulässigen Nutzungen eines urbanen Gebiets, insbesondere Gewerbe und Wohnen, zu ermöglichen, ist die ausgewiesene Gemeinbedarfsfläche nicht erforderlich im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn sie - wie hier - der Vollzugsfähigkeit entbehrt, weil nach der für den konkreten Einzelfall zu treffenden Prognose davon auszugehen ist, dass mit einer Umsetzung der Planung für öffentliche, kulturelle oder soziale Zwecke für die Grundstücke auf unabsehbare Zeit nicht zu rechnen ist. (Rn. 19)
Schlagworte:
Unwirksamkeit eines Bebauungsplans, Alternative Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche und eines urbanen Gebiets, Voraussetzungen für die Festsetzung eines Erhaltungsgebiets, Bebauungsplan, städtebauliche Erforderlichkeit, Gemeinbedarfsfläche, urbanes Gebiet, alternative Festsetzung, Bestimmtheit, Normenklarheit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 36250
Tenor
I. Der Bebauungsplan Nr. 75 „Alte Post und Rathausumgriff Nord, B.straße" vom 17. Juli 2018, bekannt gemacht am 13. August 2018, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich gegen den im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB erlassenen Bebauungsplan Nr. 75 „Alte Post und Rathausumgriff Nord, Bahnhof straße“, den die Antragsgegnerin am 17. Juli 2018 als Satzung beschlossen und am 13. August 2018 bekannt gemacht hat.
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Das Planungsgebiet liegt östlich der Bahnlinie München - Mittenwald direkt am S-Bahnhof. Im Süden schließt es an das neue Rathaus mit Bürgersaal und Café im umgebauten ehemaligen Bahnhof der Antragsgegnerin und eine zweigeschossige Kinderkrippe an. Die ehemaligen Bahnhofsgebäude sind denkmalgeschützt, ebenso wie der im Planungsgebiet liegende Uhrenturm der Jugendstilzeit („Wetterhäuschen“). Das Plangebiet besteht derzeit im Wesentlichen aus einer öffentlichen Grünfläche im südlichen Bereich und Bestandsgebäuden, u.a. dem ehemaligen Postgebäude, im nördlichen Bereich auf den Grundstücken der Antragstellerin. Für letztere ist als Art der baulichen Nutzung eine Gemeinbedarfsfläche mit der Zweckbestimmung „Verwaltungsgebäude öffentlich, kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen (Bücherei…) und sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“ festgesetzt. Außerdem ist ein urbanes Gebiet ausgewiesen, das die in § 6a Abs. 2 BauNVO genannten Mischgebietsnutzungen zulässt und Vergnügungsstätten und Tankstellen nach § 6a Abs. 3 BauNVO ausschließt. Für einen kleinen Teil entlang der Bahnhof straße wird eine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt. Daneben weist der Bebauungsplan für den an die Bahnlinie angrenzenden Bereich weitere Gemeinbedarfsflächen aus sowie eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung Gestaltung des Orts- und Landschaftsbilds und setzt zur Erhaltung des ehemaligen Postgebäudes direkt an der Bahnhofstraße mit einem prägenden Ostgiebel zur Bahnhofstraße einschließlich seines Umfelds ein Erhaltungsgebiet nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB fest.
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Nach der Begründung ist Ziel der Planung die Sicherung des hochwertigen Standorts im Rathausumfeld und die Vermeidung städtebaulicher Fehlentwicklungen. Die Mittelpunktfunktion dieses Bereichs im Dorfkern soll durch weitere öffentliche Funktionen und eine herausgehobene, räumlich-gestalterische Qualität gestärkt und die noch vorhandene Mischnutzung (Läden, Gewerbe aus Büro und Praxen, Wohnnutzung) unterstützt werden. Zudem soll dem Bedarf an zusätzlichen Räumen für die Verwaltung Rechnung getragen und das ortsbildprägende Postgebäude, ggf. durch öffentliche Nutzungen wie Bücherei, Jugendräume usw., erhalten werden ebenso wie die weiträumige Bebauung mit überwiegendem Grünanteil. Dazu wurde der Flächennutzungsplan, der diese Fläche bislang weitgehend als Gemeinbedarfsfläche und als öffentliche Grünfläche („Westentaschenpark“) ausgewiesen hat, geändert. Der Planungsumgriff des Bebauungsplans ist nunmehr als Mischgebiet eingestuft.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin der im Plangebiet liegenden Grundstücke FlNr. …66 und …14, auf denen sich das ehemalige Postamt, ein Telekomgebäude sowie ein Nebengebäude befinden. Ihr Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung des Neubaus eines Wohn- und Geschäftshauses mit 23 Wohneinheiten und 6 Gewerbeeinheiten mit Tiefgarage ist noch nicht verbeschieden worden.
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Am 5. Juni 2019 stellte die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof einen Normenkontrollantrag und beantragt,
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den Bebauungsplan Nr. 75 „Alte Post und Rathausumgriff Nord, Bahnhofstraße“, der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
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Sie sei als Eigentümerin von im Plangebiet liegenden Grundstücken antragsbefugt. Dem Bebauungsplan fehle es an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Es handle sich um eine reine Negativplanung. Grund für die Aufstellung des Bebauungsplans sei die Verhinderung ihres geplanten und nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässigen Bauvorhabens. Denkmalpflegerische Gründe würden dem Bauvorhaben nicht entgegenstehen, da ein Eintrag des vorhandenen ehemaligen Postamts in die Denkmalliste nicht erfolgt sei. Etwaige bodenrelevanten Spannungen im Hinblick auf das ehemalige Bahnhofsgebäude würden durch den dazwischen liegenden Park aufgelöst. Eine Sicherung der Fläche als Gemeinbedarf für öffentliche Zwecke komme nicht in Betracht, da sie die Fläche nicht verkaufen, sondern selbst nutzen wolle. Es gebe weder einen Grund, das Bestandsgebäude zu erhalten noch sei die Sicherung eines ausreichenden Stellplatzangebots ohne Tiefgarage möglich. Gründe für die Erhaltung der bisherigen weiträumigen Bebauung und Freihaltung der noch unbebauten Flächen seien nicht erkennbar. Bereits der Flächennutzungsplan sehe ein Mischgebiet vor. Der Bebauungsplan verstoße gegen das Neutralitätsgebot, da die Antragsgegnerin ein Interesse an dem Kauf der Grundstücke gezeigt habe und die vorliegende Planung das Interesse an der Nutzung des Grundstücks für eigene Zwecke der Antragsgegnerin belege. Die Doppelfestsetzung von Flächen für den Gemeinbedarf und einem urbanen Gebiet verstoße gegen das Gebot der Normenklarheit. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Erhaltungsbereichs sei nicht gegeben. Einen Grund, das ehemalige Postgebäude, das Nebengebäude und das Telekomgebäude als einen Ort prägender Bausubstanz zu erhalten, gebe es nicht. Es handle sich um veraltete Bausubstanz. Zudem verstoße die Planung gegen das Gebot gerechter Abwägung, insbesondere habe die Antragsgegnerin bestehendes Baurecht eingeschränkt. Ihre privaten Belange seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, da sie nur noch einen Bruchteil des möglichen Baurechts umsetzen könne und faktisch enteignet werde. Darüber hinaus habe die Schaffung von Wohnraum im Großraum München höchste Priorität. Der erforderliche Flächenbedarf für die Verwaltung der Antragsgegnerin rechtfertige nicht die Festsetzung der Fläche für den Gemeinbedarf. Ferner seien die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu den umfangreichen privaten Grünflächen sowie zur Aufweitung der Bürgersteigflächen auf ihren Grundstücken fehlerhaft.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Der Bebauungsplan sei städtebaulich erforderlich. Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplans sei der Bauantrag der Antragstellerin gewesen. Die Umsetzung der verfolgten städtebaulichen Ziele ergebe sich aus der städtebaulichen Voruntersuchung für eine geplante Sanierungsmaßnahme für die Ortsmitte. Die Planung berücksichtige die denkmalpflegerischen Belange im Nahbereich des Plangebiets. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot liege nicht vor. Die Antragstellerin könne auch eigene private Nutzungen auf ihren Grundstücken verwirklichen. Die Bebaubarkeit der Grundstücke sei durch die Festsetzung als urbanes Gebiet gewährleistet, die Festsetzung der Fläche als Gemeinbedarfsfläche trete lediglich alternativ hinzu. Einschränkungen ergäben sich dadurch nicht. Die Erhaltungsfestsetzung beziehe sich vorrangig auf das alte Postgebäude, das nach der Festsetzung A.7.4 mit dem Planzeichen Ziff. 14.1 der Anlange zur Planzeichenverordnung gekennzeichnet sei; das Nebengebäude und das Telekomgebäude könnten abgerissen und im Rahmen der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung neu errichtet werden. Das Gebäude wirke aufgrund seiner historischen und architektonischen Bedeutsamkeit ortsbildprägend. Der Bebauungsplan bleibe auch nicht hinter dem nach § 34 BauGB zulässigen Baurecht zurück. Das in der näheren Umgebung vorhandene Maß der baulichen Nutzung sei ermittelt worden. Die Belange der Antragstellerin seien berücksichtigt worden, der Bebauungsplan weise eine erheblich über den vorhandenen Bestand hinausgehende Bebauungsdichte auf. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung seien insbesondere die privaten Belange der Antragstellerin angemessen berücksichtigt worden. Die Antragstellerin habe sich nicht mit dem Abwägungsbeschluss vom 17. Juli 2018 auseinandergesetzt. Auch die weiter beanstandeten Festsetzungen, insbesondere zum Maß der baulichen Nutzung, seien nicht fehlerhaft.
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Auf gerichtliche Nachfrage teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24. Oktober 2022 mit, dass innerhalb der Jahresfrist keine weiteren Rügeschreiben eingegangen seien.
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Der Senat hat am 15. November 2022 eine Ortseinsicht genommen. Für die dortigen Feststellungen und die gefertigten Fotos sowie den Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2022 wird auf die jeweiligen Protokolle verwiesen. Im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Normaufstellungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Der am 17. Juli 2018 als Satzung beschlossene und am 13. August 2018 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. 75 „Alte Post und Rathausumgriff Nord, Bahnhofstraße“ ist unwirksam.
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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragstellerin muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Eine solche Rechtsverletzung kommt regelmäßig in Betracht, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet liegenden Grundstücks gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die unmittelbar sein Grundstück betreffen. Denn bei den Festsetzungen eines Bebauungsplans handelt es sich um Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese muss der Eigentümer nur hinnehmen, wenn der Bebauungsplan rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 - 4 BN 17.17 u.a. - BauR 2018, 814).
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Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche sowie eines Erhaltungsgebiets auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken FlNr. …14 und …66 und greift Einzelfestsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zu den privaten Grün- und Gehwegflächen an, so dass sie antragsbefugt ist.
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2. Der Antrag ist auch begründet. Dem Bebauungsplan fehlt die städtebauliche Erforderlichkeit für die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche auf den Grundstücken der Antragstellerin (2.1). Daneben verstößt die Festsetzung eines urbanen Gebiets durch Planzeichen A.2.1 gegen den Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit, weil die Umrandung dieses Bereichs mittels der angeführten hellbraunen Umrandung nicht erkennbar und das Gebiet daher nicht abgrenzbar ist (2.2). Zudem ist der Umgriff des festgesetzten Erhaltungsgebiets nach der Festsetzung A.7.4 zu weit gefasst (2.3). Diese Fehler führen jeweils zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (2.4).
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2.1 Dem Bebauungsplan fehlt die städtebauliche Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) für die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche auf den Grundstücken der Antragstellerin, nicht jedoch für eine Überplanung des Gebiets.
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Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Die Frage der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit planerischer Festsetzungen unterliegt der Abwägungskontrolle und darf nicht zum Maßstab der städtebaulichen Rechtfertigung gemacht werden. Die Gemeinde betreibt bereits dann städtebauliche Planung, wenn sie sich im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten eigenen städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und den Festsetzungen in Bezug auf diese Ziele Förderpotential zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 - 4 BN 2.17 - juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 - BVerwGE 153, 16; U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537; U.v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137; U.v. 26.3.2009 - 4 C 21.07 - BVerwGE 133, 310). Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt eines Bebauungsplans und damit für jede einzelne Festsetzung (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239; U.v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 - DVBl 2001, 377).
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2.1.1 Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es dem Bebauungsplan in Bezug auf die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auf dem ausgewiesenen Bauland an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Der Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche fehlt die Vollzugsfähigkeit, da alternativ für diesen Bereich ein urbanes Gebiet festgesetzt worden ist und nach der für den konkreten Einzelfall zu treffenden Prognose davon auszugehen ist, dass mit einer Umsetzung der Planung für öffentliche, kulturelle oder soziale Zwecke für die Grundstücke der Antragstellerin auf unabsehbare Zeit nicht zu rechnen ist.
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Der Bebauungsplan weist für seinen Geltungsbereich als Art der baulichen Nutzung eine Fläche für den Gemeinbedarf aus (textliche Festsetzung D.1.1). § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ermächtigt die Gemeinde, durch Standortvorsorge die gemeindliche Infrastruktur zu gestalten und auf diese Weise eine auf die örtlichen Verhältnisse zugeschnittene Infrastrukturpolitik zu betreiben (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2004 - 4 CN 7.03 - BVerwGE 121, 192). Außerdem weist der Bebauungsplan das Bauland gleichzeitig durch „Doppelfestsetzung“ als urbanes Gebiet gemäß § 6a BauNVO aus (textliche Festsetzung D.1.2). Die danach zugelassenen Nutzungen sind gemäß § 1 Abs. 7, § 6a Abs. 4 Nr. 1 BauNVO gegliedert. Der Gemeinbedarf im urbanen Gebiet ist (nur) in den Obergeschossen neben den Nutzungsarten Wohnen und Gewerbe zulässig.
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Der Regelungsgehalt einer Festsetzung kann auch - innerhalb der Grenzen, die sich aus dem sich aus dem Bebauungsplan und seiner Begründung erschließenden planerischen Willen der Gemeinde ergeben - durch Auslegung ermittelt werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.1998 - 4 NB 4.97 - NVwZ 1999, 984). Die (Doppel-)Festsetzung ist hier dahingehend auszulegen, dass die Fläche für den Gemeinbedarf alternativ zu dem ausgewiesenen urbanen Gebiet festgesetzt worden ist. Die Festsetzung, die auch Gegenstand der planerischen Abwägung war, wird in der Begründung des Bebauungsplans unter Nr. 4.1 erläutert. Danach ist die Festsetzung als urbanes Gebiet - neben den Gemeinbedarfsflächen als Alternative - erforderlich, um dem Bauwerber gegebenenfalls die Privatnützigkeit des Eigentums zu gewährleisten. Einschränkungen ergeben sich lediglich durch die vorgegebene Baustruktur und die festgelegten Nutzungen, nicht jedoch durch die zusätzlich alternative Festsetzung als Gemeinbedarfsfläche für öffentliche Zwecke, die aus Sicht der Antragsgegnerin aus städtebaulicher Sicht eine zumindest gleichwertige Alternative darstellt. Damit wird deutlich, dass dem Gemeinbedarf kein Vorrang eingeräumt wird und die Bebaubarkeit der Grundstücke entsprechend den Festsetzungen uneingeschränkt zulässig ist. Auch sieht die Festsetzung D.1.2 gerade keine verpflichtende Zuweisung von Gemeinbedarfsflächen vor, sondern lässt der Antragstellerin die Wahl, ob sie in den Obergeschossen entsprechende Flächen realisiert. Die in der Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage der Zulässigkeit von Doppelfestsetzungen als sich überlagernde Festsetzungen stellt sich hier nicht (vgl. zu dieser Fallgestaltung OVG NW, U.v. 8.12.1983 -11 a NE 52/82). Die Beteiligten sind der Annahme einer alternativen Festsetzung nicht entgegengetreten.
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Die alternative Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche entbehrt jedoch der Vollzugsfähigkeit. Ob sich eine künftige Bauleitplanung als nicht vollzugsfähig erweist, erfordert eine vorausschauende Betrachtung zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 - 4 B 43.09 - BauR 2010, 871). Der Grundsatz, dass Flächenfestsetzungen in aller Regel schon dadurch eine Vollzugswahrscheinlichkeit in sich tragen, dass die Zulässigkeit neuer Vorhaben an ihnen zu messen ist und sich so zumindest langfristig ein Gebietswandel einstellen wird (vgl. BVerwG, B.v. 25.6.2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101), gilt vorliegend nicht. Denn die Antragstellerin muss gerade nicht nur Gemeinbedarfsnutzungen auf ihren Grundstücken verwirklichen, sondern kann die zulässigen Nutzungen eines urbanen Gebiets, insbesondere Gewerbe und Wohnen, realisieren. Ihre fehlende Bereitschaft, das Grundstück entweder an die Gemeinde zu veräußern oder selbst dort ausschließlich Gemeinbedarfsnutzungen unterzubringen, war der Anlass für die Gemeinde, die Gemeinbedarfsfläche nur alternativ vorzusehen. Auch eine mögliche Enteignung von Grundstücksflächen für diese Nutzung hat die Antragsgegnerin, unabhängig von der Tatsache, dass einem Bebauungsplan keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1998 - 4 BN 6.98 - NVwZ 1998, 845) ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. Nr. 2.4 der Begründung des Bebauungsplans). Nach der für den konkreten Einzelfall zu treffenden Prognose ist daher davon auszugehen, dass mit einer Umsetzung der Planung für öffentliche, kulturelle oder soziale Zwecke als Gesamtkonzept für die Grundstücke der Antragstellerin auf unabsehbare Zeit nicht zu rechnen ist. Ein Bereitstellen der Flächen für die theoretische Möglichkeit, dass sich die Grundstücksverhältnisse oder Bebauungsabsichten doch noch ändern könnten, ist für § 1 Abs. 3 BauGB nicht ausreichend. Damit kann die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht gelenkt werden (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.1990 - 4 NB 29.90 - NVwZ 1991, 1074). Soweit die alternative Festsetzung als Gemeinbedarfsfläche auch für einen Teilbereich der Grundstücke gelten sollte, fehlt es bereits an der erforderlichen Flächenzuordnung. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vorliegende alternative Festsetzung für die Bauflächen bereits aus systematischen Gründen (Regelungssystem der Vorschriften des BauGB und der BauNVO) nicht zulässig ist.
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Bereits dieser Fehler führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Ganzen.
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2.1.2 Im Übrigen liegt ein Verstoß gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit nicht vor. Das von der Antragsgegnerin zur Begründung des Bebauungsplans in den Vordergrund gerückte städtebauliche Ziel, im Sinn eines Gesamtkonzepts für das in der Ortsmitte anschließend an den denkmalgeschützten ehemaligen Bahnhof liegende Planungsgebiet eine maßvolle Fortentwicklung bzw. Anpassung der zentrumstypischen Mischnutzung im Bebauungsplangebiet zu ermöglichen, auch Flächen für Gemeinbedarf östlich der Bahnstrecke zu sichern sowie gleichzeitig die vorhandene Grünanlage und die weiträumige Bebauung zu erhalten, ist als solches ein zulässiges und damit auch im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderliches und gerechtfertigtes Planungsziel, das gemäß § 1 Abs. 6 Nrn. 2, 4, 5 und 7 BauGB bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen ist. Mit der Planung soll die Entwicklung des Gebiets geregelt, gleichzeitig begrenzt und zu einem Abschluss gebracht werden. Soweit eine derartige Bauleitplanung eine bislang vorhandene Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränkt, ist dies keine Frage der Erforderlichkeit der Planung, sondern vielmehr eine Frage der Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537; B.v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338). Dafür ist das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB maßgeblich, das im Hinblick auf die gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerbeachtlichkeit und heranzuziehenden Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für die städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
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Dass die Antragsgegnerin als Auslöser für die Planung die Absicht der Antragstellerin, auf dem Grundstück eine Wohn- und Geschäftsbebauung errichten zu wollen, zugrunde gelegt hat, macht die Planung nicht zu einer unzulässigen Verhinderungs- bzw. Negativplanung. Eine unzulässige Verhinderung- bzw. Negativplanung liegt nicht schon dann vor, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Denn die Gemeinden können solche Vorgänge zum Anlass nehmen, um ihre städtebaulichen und gestalterischen Vorstellungen in Bebauungsplänen festzuschreiben (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138). Die Gemeinde darf immer dann planen, wenn es - wie hier - dafür Gründe der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung gibt. Eine Verhinderungsplanung ist nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entspricht, sondern nur vorgeschoben ist, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 18.1.2012 - 4 BN 25.11 - juris Rn. 4; B.v. 27.1.1999 - 4 B 129.98 - BayVBl 1999, 410; BayVGH, U.v. 27.1.2017 - 15 B 16.1834 - juris Rn. 28). Davon kann bei einem Bebauungsplan, in dem sowohl Bauflächen als auch Bereiche, die als Grünflächen von einer Bebauung freizuhalten sind, festgesetzt werden, bereits keine Rede sein (vgl. BVerwG, B.v 18.1.2012 - 4 BN 25.11 a.a.O.). Das Planungsziel der Antragsgegnerin widerspricht damit zwar dem Interesse der Antragstellerin. Es handelt sich dabei aber um eine regelmäßige Folge der Festsetzung einer bestimmten Nutzung, die andere Nutzungen ausschließt.
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2.2 Daneben verstößt die Festsetzung eines urbanen Gebiets durch Planzeichen A.2.1 gegen den Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit, weil die Umrandung dieses Bereichs mittels der angeführten hellbraunen Umrandung nicht erkennbar und das Gebiet daher nicht eindeutig abgrenzbar ist.
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Die Festsetzungen eines Bebauungsplans als Rechtsnorm im materiellen Sinn müssen den aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Geboten der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Speziell für Bebauungspläne folgt die Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit sowohl für zeichnerische als auch für textliche Festsetzungen daraus, dass die Festsetzungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten Eigentums unmittelbar berühren und ausgestalten. Die von den Festsetzungen des Bebauungsplans Betroffenen müssen deshalb wissen, welche Nutzungen auf den Grundstücken zulässig sind. Der planenden Gemeinde steht es dabei frei zu entscheiden, welcher Mittel sie sich bedient, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Sie hat die Wahl zwischen zeichnerischer Festsetzung und textlicher Beschreibung; sie kann auch beide Elemente kombinieren. Entscheidend ist nur, dass hinreichend klar ist, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen. Das im Einzelfall zu fordernde Maß an Konkretisierung hängt wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, den Planungszielen und den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den örtlichen Verhältnissen, ab (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 26; U.v. 21.6.2016 - 9 N 12.218 - BayVBl 2016, 850; U.v. 5.2.2009 - 1 N 07.2713 u.a. - juris Rn. 50; OVG NRW, U.v. 2.12.2016 - 2 D 121/14.NE - juris Rn. 62).
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Gemessen an diesen Maßstäben fehlt der Festsetzung des urbanen Gebiets die erforderliche Bestimmtheit. Zwar weist das Planzeichen A.2.1 die nach Nr. 1.2.4 der Anlage zur Planzeichenverordnung erforderliche Kennzeichnung eines urbanen Gebiets mit mittelbrauner Farbe für den Randbereich auf, jedoch ist eine solche farbliche Umrandung auf der Planzeichnung nicht ansatzweise erkennbar. Damit bleibt der Umgriff des urbanen Gebiets offen. Die fehlende Begrenzung des Gebiets kann auch nicht durch Auslegung (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2022 - 1 B 19.362 - juris Rn. 36; U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 26) dahingehend beseitigt werden, dass sich der Umgriff des urbanen Gebiets nach der textlichen Festsetzung D.1.2 auf das „Bauland“ beschränkt und mit der mit dem Planzeichen A.2.2 gekennzeichneten Fläche für den Gemeinbedarf für die Grundstücke der Antragstellerin deckungsgleich ist. Denn unabhängig davon, dass in diesem Bereich auch Grün- und Freiflächen festgesetzt wurden, bliebe damit unberücksichtigt, dass die Festsetzungen nach dem Planungskonzept in einem unmittelbaren städtebaulichen Zusammenhang mit dem Sanierungskonzept stehen. Danach soll im historisch beengten Dorfkern der Straßenraum teilweise vom ruhenden Verkehr entlastet sowie die Fußwegverbindungen gesichert werden. Dazu ist auf dem Grundstück FlNr. …14 der Antragstellerin außerhalb der festgesetzten Fläche für den Gemeinbedarf eine Verbreiterung des Fußwegs sowie die Errichtung von Parkplätzen vorgesehen. Auch wenn es nicht zwingend ist, den gesamten Grundstücksbereich der Antragstellerin als Baugebiet mit Erschließungsflächen auszuweisen, ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen.
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2.3 Zudem ist der Umgriff des festgesetzten Erhaltungsgebiets nach der Festsetzung A.7.4 zu weit gefasst.
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§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit, zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart eines Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt bestimmte Vorhaben durch Bebauungsplan einer präventiven Kontrolle dahingehend zu unterwerfen, ob sie die städtebauliche Gestalt des Gebiets wahren. Die zum Satzungserlass berechtigenden Erhaltungsziele sind in § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB abschließend geregelt. Nach der - hier allein in Betracht kommenden - Nr. 1 der Vorschrift kann die Gemeinde Gebiete bezeichnen, in denen „zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt (Abs. 3)“ der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung sowie gemäß § 172 Abs. 1 Satz 2 BauGB auch die Errichtung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Städtebaulicher Erhaltungsschutz zielt dabei auf die Wahrung der städtebaulichen Funktion baulicher Anlagen ab, deren Bezugspunkt die städtebauliche Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt ist. Da nur optisch wahrnehmbare Gegebenheiten gestaltend wirken und deshalb zur städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt beitragen können, muss das Gebiet - äußerlich erkennbar - Besonderheiten aufweisen und aus diesem Grund erhaltenswert sein. Auf diese optisch erkennbaren Besonderheiten müssen die aus Sicht der Gemeinde erhaltenswerten baulichen Anlagen funktional bezogen sein. Optisch nicht wahrnehmbare Funktionen können demgegenüber nichts zur städtebaulichen Gestalt eines Gebiets beitragen und rechtfertigen deshalb auch nicht den Erlass einer Erhaltungssatzung (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2014 - 4 CN 7.13 - BVerwGE 151, 27; BayVGH, U.v. 28.7.2022 - 1 N 19.801 - juris Rn. 28). Die Gründe für den städtebaulichen Erhaltungsschutz werden durch § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB weiter dahin konkretisiert, dass in dem Erhaltungsgebiet bauliche Anlagen vorhanden sein müssen, die das Orts- oder Landschaftsbild oder die Stadtgestalt prägen oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind. Die städtebauliche Bedeutung ist nicht auf Aspekte des sog. städtebaulichen Denkmalschutzes beschränkt, muss sich aber aus optisch wahrnehmbaren Wirkungen der baulichen Anlagen ergeben, die zur städtebaulichen Gestalt des Gebiets beitragen können (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2014 a.a.O.).
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist entscheidend, ob das festgelegte Erhaltungsgebiet, das ausweislich der Umrandung nach A.7.4 deckungsgleich mit der festgesetzten Fläche für den Gemeinbedarf ist, eine städtebauliche Eigenart aufweist, die sich aus seiner städtebaulichen Gestalt ergibt. Im Erhaltungsgebiet müssen - objektiv - bauliche Anlagen vorhanden sein, die allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild oder die Stadtgestalt prägen (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 24.7.2020 - OVG 2 A 6/18 - juris Rn. 46) oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind.
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Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Nach Nr. 4.3 der Begründung des Bebauungsplans dient die Festsetzung der Erhaltung des ehemaligen Postgebäudes direkt an der Straße mit dem prägenden Ostgiebel zur Bahnhof straße einschließlich seines Umfelds (Telekom- und Nebengebäude). Das festgesetzte Erhaltungsgebiet entspricht nach der Festsetzung A.7.4 dem Umgriff des festgesetzten Gebietes für den Gemeinbedarf. Allerdings verhält sich die Antragsgegnerin in keiner Weise dazu, welche Gründe für die Einbeziehung (auch) des Telekom- und Nebengebäudes in das Gebiet der Erhaltungssatzung sprechen. Die bloße Einbeziehung des Umfelds des ehemaligen Postgebäudes ohne nähere Darlegungen reicht nicht aus. Die Antragsgegnerin geht vielmehr davon aus, dass diese Gebäude abgerissen und nach Maßgabe der Festsetzungen des Bebauungsplans neu errichtet werden können. Auch die in Bezug genommene Stellungnahme des Bund Naturschutzes vom 25. Mai 2018 beschränkt sich auf die Befürwortung der Erhaltung des historischen Postgebäudes aus ortsgestalterischer Sicht und äußert sich nicht zu den weiteren Gebäuden. Es liegen daher bereits keine städtebaulichen Gründe für die Einbeziehung der Neben- und Telekomgebäude vor mit der Folge, dass der Umgriff des Erhaltungsgebiet zu umfangreich bemessen ist.
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Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankommt weist der Senat im Hinblick auf ein ergänzendes Verfahren darauf hin, dass auch für das ehemalige Postgebäude die städtebaulich relevanten Merkmale des Gebäudes bzw. die geschichtliche oder künstlerische Bedeutung sowie eine mögliche Prägung des Gebäudes für das Ortsbild aufgrund seiner zentralen Lage im Ortsgebiet in Sichtweite des Rathauses konkret benannt werden müssen. Allein der Umstand, dass es sich um ein schönes Gebäude handelt, reicht nicht aus für die Festsetzung eines Erhaltungsgebiets.
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2.4 Die vorstehend unter 2.1 bis 2.3 aufgeführten Fehler führen zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Ganzen. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, wenn - erstens - die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und - zweitens - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.2017 - 4 CN 6.16 - BVerwGE 159, 356; B.v. 11.9.2014 - 4 CN 3.14 - BayVBl 2015, 203; U.v. 19.9.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58). An der zweiten Voraussetzung fehlt es hier. Es ist nicht anzunehmen, dass die Antragsgegnerin nach ihrem im Aufstellungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen, das Sanierungskonzept einschließlich der Freiraumplanung im Rathausbereich mit Umfeld zu entwickeln und das ehemalige Postgebäude einschließlich seines Umfelds zu erhalten, im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Denn ohne die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung für die Grundstücke der Antragstellerin sowie der Festsetzung eines Erhaltungsgebiets hätte sie das verfolgte städtebauliche Ziel nicht erreichen können.
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Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).