Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 30.11.2022 – AN 3 S 22.01363, AN 3 S 22.02339
Titel:

Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzuges wegen formellem Mangel

Normenketten:
BayBauO Art.76 S. 3
VwZVG Art. 21a
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4, Abs. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs gem. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO darf nicht lediglich formelhaft sein, sondern muss die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen, die die Annahme eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses tragen. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die Sofortvollzugsanordnung formell rechtswidrig, so kann sie abweichend vom Wortlaut des § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung auch nur aufgehoben werden. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
3. Da bei einer Aufhebung der Sofortvollzugsanordnung wegen formeller Mängel ein auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Antrag sich nicht als weiterreichend darstellt, kommt eine Antragsablehnung „im Übrigen“ nicht in Betracht. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auslegung eines Antrages auf, Anforderungen an Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit, Änderungsbescheid; Verweisung auf Begründung des Ausgangsbescheides, Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzuges, Bauantrag, Aufforderung, Vorlage, Begründungspflicht, besonderes öffentliches Vollzugsinteresse, formeller Mangel
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35839

Tenor

1. Vom Verfahren AN 3 S 22.01363 wird das Verfahren hinsichtlich der Ziff. 1 des Bescheides vom 25. April 2022, Az. …, abgetrennt und unter dem Verfahren AN 3 S 22.02485 fortgesetzt.
2. Die Verfahren AN 3 S 22.01363 und AN 3 S 22.02339 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
3. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in „Ziff. 3“ des Bescheides vom 25. April 2022, Az. …, in Gestalt der Ziff. 3 des Änderungsbescheides vom 12. Oktober 2022 wird aufgehoben.
4. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen „Ziff. 2“ des Bescheides vom 25. April 2022, Az. …, (Zwangsgeldandrohung) in Gestalt der Ziff. 2 des Änderungsbescheides vom 12. Oktober 2022 wird angeordnet.
5. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
6. Der Streitwert wird in den Verfahren AN 3 S 22.01363 und AN 3 S 22.02339 bis zur Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung auf jeweils 1.250,00 EUR festgesetzt, ab Verbindung auf insgesamt 2.500,00 EUR.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Aufforderung, bis spätestens 30. November 2022 einen Bauantrag einzureichen.
2
Am 27. September 2017 nahm der Antragsteller Kontakt mit dem Antragsgegner auf zur Absprache der Errichtung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle mit den Maßen 9,00 m x 11,00 m, Höhe 4,00 m, auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung … Der Antragsteller erklärte, dass in der Halle landwirtschaftliche Geräte gelagert werden sollen und das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sei.
3
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … erklärte auf Anfrage des Antragsgegners mit Schreiben vom 27. November 2017, dass die Baumaßnahme dem Betrieb der landwirtschaftlichen Erzeugung diene und dass die Größe des Bauvorhabens dem Produktionsumfang angemessen sei. Daraufhin teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 31. November 2017 mit, dass das geplante Vorhaben genehmigungspflichtig sei. Selbst bei möglicherweise anzunehmender baurechtlicher Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO bedürfe es wegen der Nähe zur Burg … (Einzeldenkmal) einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 DSchG, wegen der Lage im Bereich eines eingetragenen Bodendenkmals einer Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 DSchG und einer Erlaubnis nach § 7 Abs. 1 der Verordnung über den Naturpark … wegen der Lage im Landschaftsschutzgebiet.
4
In der Folge wurde dem Antragsteller mit Bescheid des Landratsamtes … vom 26. Februar 2018 die Erlaubnis zur Errichtung einer Maschinenhalle im Naturpark … erteilt. Die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 DSchG wurde mit Bescheid vom 28. Februar 2018 und die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 7 DSchG mit Bescheid vom 1. März 2018 erteilt.
5
Der Antragsgegner ordnete mit Bescheid vom 18. Juni 2018 die Einstellung der Bauarbeiten für die Errichtung einer unterkellerten landwirtschaftlichen Halle an und forderte den Antragsteller auf, bis zum Ablauf von sechs Wochen nach Unanfechtbarkeit der Anordnung über den Markt … einen Bauantrag einzureichen. Für den Fall der Nichteinhaltung wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR beziehungsweise 250,00 EUR angedroht. In den Bescheidsgründen wurde ausgeführt, dass bei einer Ortseinsicht festgestellt worden sei, dass eine Baugrube ausgehoben und eine Bodenplatte errichtet worden sei, die einige Meter tiefer liege als die natürliche Geländeoberfläche. Daher werde die Halle nach vorliegender Bauausführung unterkellert, sodass die Errichtung baugenehmigungspflichtig sei.
6
Mit E-Mail vom 21. Juni 2018 teilte der Antragsteller mit, dass bei der gewählten Bauweise zwar durchaus der Eindruck entstehen könne, dass ein Keller entstehe, jedoch sei der unter der Decke entstehende Hohlraum nach Baufertigstellung weder zugänglich noch werde er einer Nutzung zugeführt. Der provisorische Zugang zum Hohlraum werde mit Erde verfüllt. Eine andere Bauweise (zum Beispiel Streifenfundamente) sei nicht in Betracht gekommen, da das vorhandene Gelände ein Gefälle von 1,80 m aufweise und zusätzlich der Boden von einem Archäologen bis zu einer Tiefe von 1,00 m untersucht worden sei. Mit E-Mail vom 28. Juni 2018 bestätigte der Antragsgegner dem Antragsteller, dass die Halle verfahrensfrei errichtet werden könne, wenn der Hohlraum mit einer Decke irreparabel abgeschlossen werde und der Boden verfüllt werde und nicht zugänglich sei. Nach Bestätigung entsprechender Voraussetzungen mit E-Mail vom 2. Juli 2018 wurde mit E-Mail gleichen Datums dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Anordnung der Baueinstellung und die Vorlage eines Bauantrages aufgehoben werde.
7
Im Rahmen eines Ortstermins am 21. April 2022 stellte der Antragsgegner fest, dass der Antragsteller begonnen habe, den Umgriff der Halle zu befestigen und gärtnerisch anzulegen (800-1000 m²). Es habe festgestellt werden können, dass die Halle weiterhin unterkellert sei und damit nicht mehr verfahrensfrei sei.
8
Der Antragsgegner traf mit Bescheid vom 25. April 2022, dem Antragsteller zugestellt mittels Postzustellurkunde am 3. Mai 2022, folgende Anordnung:
1. „Die Bauarbeiten zur Errichtung einer nicht genehmigten Freifläche auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, werden hiermit eingestellt.
2. Bis nach Ablauf von 4 Wochen nach Unanfechtbarkeit dieser Anordnung ist über die Marktgemeinde … ein der Bauvorlagenverordnung entsprechender Bauantrag für folgende nicht genehmigte bauliche Anlagen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, einzureichen:
a) eine unterkellerte landwirtschaftliche Halle
b) nicht genehmigte Freifläche.
2. Für den Fall der Nichteinhaltung der Nrn. 1 und 2a) und 2b) dieser Anordnung wird ein Zwangsgeld jeweils in Höhe von 500,00 € angedroht.
Wird die auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt, wird das Zwangsgeld fällig und eingezogen, ohne dass es eines neuen Verwaltungsaktes bedarf.
3. Die Nr. 1 und 2 werden für sofort vollziehbar erklärt.
4. Die Einstellung der Bauarbeiten nach Nr. 1 dieser Anordnung hat die Miteigentümerin des Grundstückes … zu dulden.
5. Die Kosten des Verfahrens hat Herr … als Eigentümer zu tragen.“
9
Zur Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, dass der Antragsteller entgegen einer Zusicherung vom 21. Juni 2018 den Keller bis heute nicht verfüllt habe. Damit lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO nicht mehr vor. Des Weiteren sei im Umgriff der landwirtschaftlichen Halle eine Freifläche mit einer Größe von ca. 800 m² bis 1.000 m² errichtet worden, die nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a BayBO möglichweise verfahrensfrei sein könne, wenn diese dem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Dies sei ohne Beurteilung durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht klärbar. Zudem sei die Genehmigungsfrage einheitlich für die gesamte bauliche Maßnahme zu stellen. Die Anordnung sei unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ergangen. Sie sei geeignet, um die rechtswidrige Bautätigkeit zu unterbinden. Zudem sei kein milderes Mittel ersichtlich; insbesondere könne ein Weiterbau nicht gestattet werden, da damit vollendete Tatsachen geschaffen würden. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig, da das Interesse des Bauherrn am Weiterbau hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Rechtsordnung zurückstehen müsse. Die Errichtung baulicher Anlagen ohne die erforderliche Baugenehmigung stehe immer im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
10
Der Bescheid wurde dem Antragsteller mit Postzustellurkunde am 29. April 2022 und der Miteigentümerin mit Postzustellurkunde am 3. Mai 2022 zugestellt.
11
In der Folge nahm der Kläger einen mit E-Mail gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung mit weiterer E-Mail vom 23. Mai 2022 zurück. Der Markt … erteilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 18. Mai 2022 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis (Schankwirtschaft und Speisewirtschaft) in Form einer Weinscheune für die Zeit vom 26. August 2022 bis 9. Oktober 2022, jeweils freitags bis sonntags in der Zeit von 11:00 Uhr bis 22:00 Uhr, auf dem streitgegenständlichen Grundstück.
12
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 24. Mai 2022, über das elektronische Anwaltspostfach beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller Klage, gerichtet auf die Aufhebung des Bescheides des Landratsamtes … vom 25. April 2022 erheben (AN 3 K 22.01364) und beantragte gleichzeitig gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (AN 3 S 22.01363).
13
Zur Begründung führten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 3. Juni 2022 aus, dass der Antragsteller bereits seit 2018 die streitgegenständliche Maschinenhalle in eingeschossiger Bauweise ohne Feuerungsanlage mit einer Bruttogrundfläche unter 100 m² und einer überdachten Fläche mit weniger als 140 m² errichte. Die vom Landratsamt getroffene Anordnung der Baueinstellung sei nicht rechtens, da zum einen ein nutzbarer Keller nicht vorliege und zum anderen die Freifläche aus verschiedenen Gründen nicht genehmigungspflichtig sei. Bei den Arbeiten zur Errichtung der Freifläche handle es sich um Gestaltungs- und Begrünungsmaßnahmen, die dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen seien. Aus dem Bescheid vom 25. April 2022 sei zudem nicht zu entnehmen, welche Baumaßnahmen einzustellen seien. Insoweit sei der Bescheid unbestimmt und nicht vollziehbar. Da der Inhalt auch nicht bestimmbar sei, leide die Regelung an einem nicht behebbaren Fehler und sei schon deswegen als rechtswidrig aufzuheben. Die vom Antragsteller an der Freifläche vorgenommenen Maßnahmen dienten im Übrigen der Erfüllung der Nebenbestimmung des Bescheides des Landratsamtes vom 26. Februar 2018, wo zum Beispiel die Anpflanzung von zwei Obstbäumen nördlich und südlich der Halle aufgegeben worden sei. Die Begrünungsmaßnahmen sollten die Fläche und die Halle in das Landschaftsbild einbinden. Die vorgefundenen Steinquader seien vorgesehen, um die Bepflanzung und die an die Freifläche angrenzenden Grünflächen gegen die Befahrung durch Fahrzeuge zu schützen. Zudem bestehe die streitgegenständliche Fläche zum größten Teil seit 2012. Entsprechend sei in den Nebenbestimmungen verfügt, dass die Halle im unmittelbaren Anschluss an die bereits befestigten Flächen zu errichten sei. Die damalige Fläche mache circa 70% der jetzt bestehenden Fläche aus. Die restlichen 30% der Fläche seien Wege auf dem landwirtschaftlichen Grundstück, die errichtet worden seien, damit mit den Maschinen in die Halle hineingefahren werden könne. Auf Anordnung des Landratsamtes … habe der Kreisbauhof … am 17. und 18. Oktober 2013 die Zufahrt des Grundstücks in die Kreisstraße … asphaltiert. Aus allem lasse sich schließen, dass keine neuen Flächen für die Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten etc. geschaffen worden seien und auch nicht errichtet werden sollten.
14
Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller vor Erlass der Baueinstellung entgegen Art. 28 BayVwVfG nicht angehört worden sei. Der Antragsteller habe daher erst hinterher den Sachverhalt aufklären können, was er kurz nach Erlass der Anordnung auch getan habe. Nicht zutreffend sei die Behauptung des Landratsamtes, der Keller sei bis heute nicht verfüllt. Bei dem Hohlraum unter der Bodenplatte handle es sich keinesfalls um einen Teil eines Kellers; vielmehr sei der während einer Bauphase erkennbare Hohlkörper unter der Bodendecke aufgrund der notwendigen Gründung im abschüssigen Gelände entstanden. Die Art der Gründung sei erforderlich, weil bodenkundliche Erkundungen zum Erfassen von eventuellen Bodendenkmälern den Untergrund in gewisser Weise nicht mehr ohne weiteres bebaubar hätten werden lassen. Daher liege die Bodenplatte der aus Holz gebauten Halle auf einem zum Teil raumhohen Mauerwerk auf, dass schon in einem dem angegriffenen Verwaltungsakt ähnlichen Bescheid des Landratsamtes zu einer unberechtigen Baueinstellung bei der Errichtung der Halle im Jahr 2018 geführt habe, dann aber aufgehoben worden sei. Schon damals habe der Antragsteller erklärt, dass das Mauerwerk nicht der Errichtung eines Kellers diene. Soweit die Halle nicht unterkellert sei, bedürfe es keiner Genehmigung. Dies bedeute, sofern ein Hohlraum unter der Bodendecke bestehe, der als Keller genutzt werden könne, müsse der Hohlraum entweder völlig verfüllt oder aufgrund technischer Maßnahmen baulich unzugänglich sein. Vorliegend würden beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt. Die Kubatur unter der Halle sei auch schon bis zum Erlass des Bescheides vom 25. April 2022 nicht als Keller nutzbar gewesen. So habe der Antragsteller in seiner Stellungnahme zum Bescheid vom 25. April 2022 mitgeteilt, dass es sich nicht um einen Keller handle, sondern um einen Hohlraum unter der Bodenplatte, der zum nachträglichen Erschließen mit Strom und Wasser angedacht gewesen sei. Der Hohlraum sei, wie zugesagt, verfüllt und die kleine Öffnung in dem Fundament im Norden sei auch wieder geschlossen. Diese Öffnung sei notwendig geworden, um Strom und Wasser in die bestehende Maschinenhalle einzuführen. Weiter habe sich die Baumaßnahmen mit dem Strom sehr verzögert und sei erst im letzten Monat fertiggestellt worden. Bestätigt werde dieser Sachverhalt durch die gutachterliche Stellungnahme des Architekten und zertifizierten Sachverständigen Herrn … vom 30. Mai 2022. Darin erkläre dieser auf Seite 3, dass im Rahmen des Ortstermins festgestellt habe werden können, dass der ursprünglich vorhandene Hohlraum („Kriechgang“ nach Aussage des Auftraggebers) verfüllt und der Zugang zu diesem mit Mauersteinen verschlossen worden sei. Baulicherseits werde seitens des Bauherrn nach der nun erfolgten Feststellung der Verfüllung das Erdreich an der Nordseite des Objekts abschließend noch angefüllt, so dass auch der verschlossene Zugang des ursprünglichen Hohlraums nicht mehr offen liege. Als Ergebnis sei daher festzuhalten, dass der Hohlkörper unter der Bodenfläche der landwirtschaftlichen Halle weder als Keller geplant gewesen noch als Keller nutzbar sei; und zwar schon deshalb, weil weder eine Tür noch ein sonst wie gearteter Zugang bestehe. Der Hohlkörper sei also selbst in der Zeit zwischen der Errichtung der Halle 2018 und dem Jahr 2022 nicht als Keller nutzbar gewesen, als noch ein Installationshohlraum als Kriechgang bestanden habe und die Außenmauern noch nicht gänzlich geschlossen gewesen seien. Selbst diese Öffnung sei jetzt aber geschlossen, der zunächst verbliebene Kriechgang sei verfüllt und der Zugang zu diesem mit Mauersteinen verschlossen.
15
Da die Halle baurechtlich genehmigungsfrei habe errichtet werden dürfen und jetzt genehmigungsfrei genutzt werden könne, bestehe auch keine abgeleitete Genehmigungspflicht für die Freiflächen. Für die Freifläche bestehe aber auch keine eigenständige Genehmigungspflicht, da die Freifläche der Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB diene und gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a BayBO ohne Flächenbegrenzung verfahrensfrei sei. Die Freifläche sei schon bei dem Prüfantrag von 2017 dargestellt worden. Damit sei die Frage nach dem landwirtschaftlichen Gebotensein nicht mehr zu stellen. Dies umso mehr, da der Betrieb des Antragstellers in den letzten drei Jahren gewachsen sei und sich die Betriebsgröße verdoppelt habe. Im Mai 2022 habe der Antragsteller einen Winzer in Vollzeit eingestellt. Eine sonstige Genehmigungspflicht der Freiflächen, zum Beispiel nach Denkmal- oder Naturschutzrecht, bestehe nicht, da eine naturschutzrechtliche Erlaubnis vorliege sowie Erdarbeiten mit Grabungen nicht stattfänden beziehungsweise nicht vorgesehen gewesen seien.
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Der Fall sei so klar, dass es einer zusätzlichen baulichen Planung zur Feststellung der Genehmigungsfreiheit nicht bedürfe. Die Vorlagenanordnung sei unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die Duldungsanordnung gegen die Miteigentümerin … sei an den falschen Adressaten gerichtet und daher rechtswidrig.
17
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 6. Juli 2022, den gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag abzulehnen.
18
Hinsichtlich der Baueinstellung wurde ausgeführt, dass es für die Anordnung gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO ausreiche, dass die in Mitten stehende Maßnahme formell rechtswidrig sei. Das Verlangen, die Bauarbeiten einzustellen, sei daher von der Behörde grundsätzlich bei allen baugenehmigungspflichtigen Vorhaben zulässig, die ohne die vorgeschriebene Genehmigung begonnen worden seien. Gegenstand der Baueinstellungsverfügung unter Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 25. April 2022 seien die Bauarbeiten zur Errichtung der befestigten Freiflächen auf dem oben genannten Grundstück. Die Halle selbst sei bei Erlass der streitgegenständlichen Anordnung bereits fertiggestellt gewesen. Die Herstellung eines Lager-, Abstell- und Ausstellungsplatzes, der einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb diene, könne nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a BayBO zwar verfahrensfrei möglich sein, aufgrund des engen räumlichen, funktionalen und zeitlichen Zusammenhangs mit der Errichtung der Halle müsse aber davon ausgegangen werden, dass es sich jeweils nicht um in jeder Hinsicht selbständige Einzelvorhaben handle, sondern um ein in untrennbarer Verbindung stehendes einheitliches Gesamtvorhaben. Die Genehmigungsfrage sei immer einheitlich für die gesamte bauliche Maßnahme zu stellen. Eine Aufspaltung einer einheitlichen Baumaßnahme in einen genehmigungspflichtigen und einen genehmigungsfreien Teil sei damit unzulässig. Sei auch nur ein (kleiner) Teil einer Baumaßnahme genehmigungspflichtig, so ziehe das die Genehmigungspflicht für die gesamte Maßnahme nach sich. So liege der Fall hier, da die bestehende Halle nicht der Verfahrensfreiheit gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO unterfalle. Das Gebäude dürfe danach (unter anderem) nur eingeschossig und nicht unterkellert sein. Die BayBO stelle bei Geschossen regelmäßig nicht ausschließlich darauf ab, dass ein solches tatsächlich (nutzbar) vorhanden sei, sondern dass die Nutzung lediglich möglich sei. Wie die Fotos vom 29. Juni 2018 belegten, stehe die streitgegenständliche Halle nicht auf einer Bodenplatte mit Streifenfundamenten (wie fälschlicherweise in der gutachterlichen Stellungnahme des Herrn … vom 23. Mai 2022 behauptet), sondern auf einer Betondecke über einem Kellergeschoss. Der circa 3,5 m hohe Keller sei auch mit einer im Norden befindlichen Toröffnung versehen. Diese Öffnung sei ausschließlich lediglich „stumpf“, das heißt ohne Verzahnung mit dem übrigen Mauerwerk und damit reversibel verschlossen. Ein Nachweis der vollständigen Verfüllung liege nicht vor. Im Rahmen einer Baukontrolle am 21. April 2022 habe festgestellt werden können, dass der Keller nicht verfüllt worden sei. Das der Klagebegründung beigefügte Gutachten belege lediglich, dass der Keller angefüllt worden sei. Der Keller bleibe damit potentiell nutzbar. Damit sei die Halle samt befestigter Freifläche gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Soweit seitens des Antragstellers argumentiert werde, die (Einzel-)vorhaben seien jeweils verfahrensfrei zulässig, komme zwar eine Anordnung, einen Bauantrag zu stellen, grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes könne aber dann gelten, wenn zwischen Bauherrn und Bauaufsichtsbehörde gerade streitig sei, ob die verfahrensgegenständliche Anlage verfahrensfrei sei. Zur Feststellung der Verfahrensfreiheit könne dann die Einreichung entsprechender Unterlagen durch die Bauaufsichtsbehörde verlangt werden. Dies gelte vorliegend umso mehr, da das konkrete Nutzungskonzept und damit die Frage, ob das Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene, unklar sei. Mit Anzeige vom 28. April 2022 und undatiertem Antrag nach § 12 GastG sei die regelmäßige Bewirtung der streitgegenständlichen Scheune mit Freiflächen im Zeitraum vom 26. August bis 9. Oktober 2022 beantragt worden. Dazu sollten 200 Sitzplätze geschaffen werden. Ob dies noch eine vom landwirtschaftlichen Betrieb mitgezogene Nutzung darstelle, stehe in Zweifel und bedürfe einer umfassenden Prüfung im Baugenehmigungsverfahren.
19
Für die Anordnung unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides (Vorlage von Bauvorlagen für Halle und Freiflächen) sei nach Art. 76 Satz 3 BayBO ausreichend, dass die in Mitten stehende Maßnahme formell rechtswidrig sei. Das Verlangen einen Bauantrag einzureichen sei daher von der Behörde grundsätzlich bei allen genehmigungspflichtigen Vorhaben zulässig, die ohne die vorgeschriebene Genehmigung begonnen beziehungsweise ausgeführt würden.
20
Die Anordnung sei dabei geeignet, rechtmäßige Zustände herzustellen. Ein milderes Mittel hierfür sei nicht ersichtlich. Zudem beeinträchtige die Baueinstellung und die Vorlage eines Bauantrags den Antragsteller nicht unverhältnismäßig.
21
Die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung wurde gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 BayVwVfG nachgeholt (vgl. Mail vom 11.05.2022).
22
Die Bevollmächtigten des Antragstellers ergänzten mit Schriftsatz vom 4. August 2022, dass der Vortrag des Landratsamtes insoweit unvollständig sei, als am 3. August 2018 mit dem Landratsamt eine Ortsbesichtigung durchgeführt worden sei hinsichtlich der Frage, ob der Hohlraum unter der Betondecke verfüllt sei und im Übrigen die Voraussetzungen für die Genehmigungsfreiheit vorlägen. Die Akte des Landratsamtes enthalte kein Protokoll dieses Termins, bei dem die Halle komplett unter Anwendung moderner technischer Messgeräts vermessen worden sei. Aus Sicht des Antragstellers habe es sich bei diesem Termin um eine „Schlussabnahme“ gehandelt. Für ihn sei erkennbar gewesen, dass das Höhenniveau und die Außenmaßnahme sowie das Fehlen eines Zugangs zum Hohlkasten und die Nichtexistenz von Fenstern und anderen Belichtungsmöglichkeiten für den Hohlraum ordnungsgemäß festgestellt worden seien. Der Antragsteller habe während des Abnahmetermins darauf hingewiesen, dass der Stromanschluss noch zu verlegen sei und erst danach die vollständige Verfüllung stattfinden könne. Das Landratsamt habe zu erkennen gegeben, dass die Sache nunmehr in Ordnung gehe und von der Genehmigungsfreiheit der Halle auszugehen sei.
23
Der Antragsteller habe sich entsprechend der Vorgaben des Bauamtes verhalten. Zum Zeitpunkt der Bauabnahme seien die Wände des Hohlkörpers in den Bereichen angeböscht gewesen, die zur Nutzung der Halle erforderlich gewesen seien. Die weiteren außen freistehenden Wände des Hohlkörpers seien sukzessive - je nach Möglichkeit, Verfüllmasse zu erhalten - ebenfalls angeböscht worden, sodass der gesamte Hohlkörper außen bis 30 cm unter der Erdgeschossschalung verfüllt gewesen sei und auch heute noch sei. Erst als die Firma … 2022 mitgeteilt habe, dass sie die Stromleitung verlegen werde, habe der Antragsteller die Anböschung an der betroffenen Stelle der Außenwand beseitigt und an der Eintrittsstelle der Leitung an der Außenwand eine Kriechöffnung vorbereitet. Dazu hätten die festverankerten Steine gelockert und später ausgebaut werden müssen. Die von Süden von der Hauptleitung kommende Stromleitung sei von der Firma … über eine Hausanschlussmuffe ins Innere des Hohlkörpers geführt worden und von Mitarbeitern der Firma, die über die Kriechöffnung in den Hohlkörper gelangt seien, bis zu einem Deckendurchlass verzogen worden, über den die Leitung dann hin zum Stromkasten in der Maschinenhalle geführt worden sei. Nach der Verlegung der Leitung und der endgültigen Verfüllung des Hohlraums sei die Kriechöffnung mit Mauerverbindern nach den anerkannten Regeln der Technik dauerhaft kraftschlüssig verbunden worden. Der Verband der Steine sei durch die gleichen Steine, wie sie auch sonst im Mauerverband verwendet worden seien, wieder durch hochqualitative Mauerverbinder fest und unverrückbar geschlossen. Zur Glaubhaftmachung diene eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers.
24
Die Öffnung habe eine Höhe von ca. 1,00 m und eine Breite von ca. 1,20 m umfasst. Während der Installation des Elektroanschlusses sei die Öffnung provisorisch mit zwei Schaltafeln verschlossen gewesen. Diese hätten weder Schloss noch Bänder gehabt und seien von zwei großformatigen Steinen gehalten worden.
25
Entgegen der vom Antragsgegner behaupteten Feststellungen bei der Ortseinsicht am 21. April 2022 sei der Umgang mit dem Hohlkörper nach Plan und nicht entgegen der Abnahmebesprechung vom 3. August 2018 erfolgt. Die zum Zeitpunkt der Ortseinsicht bestehende Öffnung habe eine allgemeine Nutzung des Hohlkastens nicht ermöglicht. Von ihrer Größe her sei die Kriechöffnung absolut ungeeignet gewesen, um den Hohlraum in irgendeiner Form zu nutzen. Sie sei extra kleingehalten worden, um nach der Installation der Elektroleitungen den Aufwand des Schließens gering zu halten. Auch sei die Außenanlage außerhalb bis ca. 0,3 m / 0,4 m, Unterkante/Schalung Erdgeschoss mit Erde verfüllt und mit Sträuchern bepflanzt gewesen. Richtig sei zwar, dass bei der Ortsbegehung am 21. April 2022 während und kurz nach der Installation des Elektroanschlusses die Öffnung nur provisorisch mit zwei Schaltafeln verschlossen gewesen sei, dies sei aber dem Umstand geschuldet gewesen, dass die Mitarbeiter der Firma … nicht bei verschlossener Mauer Leitungen unterhalb der Betondecke hätten verlegen können.
26
Für die Anordnung am 25. April 2022 habe es keinen Anlass gegeben, da zum einen der Hohlkasten verfüllt gewesen sei und zum anderen die Begrünungsmaßnahmen auf der Fläche vor der Halle abgeschlossen gewesen seien. In einem Telefonat mit einem Bauamtsmitarbeiter kurz nach der Ortseinsicht wegen der Aufstellung eines Weinautomaten habe der Antragsteller mitgeteilt, er werde nach Fertigstellung der Stromleitungen zügig den Hohlraum verfüllen. Über die kleine Öffnung habe der Antragsteller am 21., 22. und 23. April 2022 ganztägig das vorhandene Erdmaterial mit einem Spezialbagger mit einem Greifarm von 8,00 m, kombiniert mit einem Förderband, in den Hohlkörper verbracht, sodass der Hohlkasten am 25. April 2022 insgesamt verfüllt gewesen sei. Hinsichtlich der Verfüllung werde auch auf die Rechnung des Fuhrunternehmnamens … vom 15. September 2020 verwiesen das einen Teil der Erde, die für die Verfüllung genutzt worden sei, geliefert habe.
27
Der Antragsteller habe im Bereich der Anböschungszone teils Rasen angesät, teils mehrjährige Blühwiesen angelegt und entsprechend der naturschutzrechtlichen Genehmigung Weinreben gepflanzt und Bäume gesetzt. Die Fläche mit ca. 1.000 m² sei schon seit 2018 mit wasserdurchlässigem Mineralbeton geschottert. Mit größeren Natursteinen werde das Areal am Rande der Fläche nur noch gegen ungebetene Eindringlinge geschützt, die mit PKW und anderen Fahrzeugen ab und an querfeldein gefahren seien und auf der Fläche Furchen hinterlassen hätten. Im Anschluss an die Fläche sei eine über 1 ha große Streuobstwiese angelegt. Sämtliche Maßnahmen im Umfeld der Maschinenhalle seien zum Zeitpunkt der Anordnung fertiggestellt gewesen. Inzwischen seien sämtliche Begrünungsaktivitäten gänzlich abgeschlossen und es liefen die Vorbereitungen für eine sechswöchige gastronomische Heurigen-Weinverkostung mit Trauben- und Obstverkauf an zwei Ständen (fliegende Bauten).
28
Der Hohlraum unter der Halle sei keine Unterkellerung im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1  Buchst. c BayBO.
29
Der Antragsgegner verwies mit Schriftsatz vom 10. August 2022 darauf, dass nach Auffassung des Landratsamtes kein schlüssiger und nachvollziehbarer Nachweis vorhanden sei, dass das Kellergeschoss vollständig und irreversibel verfüllt worden sei (wird weiter ausgeführt).
30
Im Übrigen sei auch keine Zusicherung abgegeben worden, dass das Bauvorhaben als nicht unterkellert betrachtet werde und verfahrensfrei errichtet werden könne.
31
Ergänzend wurde mit Schriftsatz vom 15. August 2022 durch den Antragsgegner vorgetragen, dass es zur Ortseinsicht am 3. August 2018 kein Protokoll gebe.
32
Die Bevollmächtigten des Antragstellers verwiesen mit Schriftsatz vom 26. August 2022 darauf, dass aus dem Vortrag des Landratsamtes, es fehle an Nachweisen für die Verfüllung des Hohlraumes, hervorgehe, dass das Landratsamt davon ausgehe, der Kläger lüge hinsichtlich der Verfüllung des Hohlraumes beziehungsweise habe eine unrichtige eidesstattliche Versicherung abgegeben (wird weiter ausgeführt). Hinsichtlich der Verfüllung des Hohlraumes werde eine gutachterliche Bestätigung des Bausachverständigen und Architekten … vom 24. August 2022 vorgelegt. Der Antragsteller habe Vierkernbohrungen durch die Betonbodenplatte mit einem Durchmesser von 30 cm in Auftrag gegeben, um den Nachweis zu erbringen, dass unterhalb der Bodenplatte der Maschinenhalle unmittelbar das Füllmaterial anstehe.
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Der Antragsgegner stellte daraufhin mit Schriftsatz vom 12. September 2022 fest, dass aufgrund des Gutachtens vom 24. August 2022 und dem darin enthaltenen fotodokumentarischen Nachweis, dass sich im Bereich der dort erkennbaren Kernbohrungen Erde unterhalb der Betonplatte befinde, nicht mehr an dem Einwand, die Verfüllung des Kellers sei nicht plausibel dargelegt, festgehalten werde. Allerdings komme es auf die Frage der Verfüllung des Kellers nicht streitentscheidend an. Wegen des engen räumlichen, funktionalen und zeitlichen Zusammenhanges müsse bei der Errichtung von Halle, Freifläche und dem Verkaufsautomaten spätestens zusammen mit der kürzlich aufgenommenen gastronomischen Nutzung davon ausgegangen werden, dass es sich jeweils nicht um in jeder Hinsicht selbstständige Einzelvorhaben, sondern um ein einheitliches Gesamtvorhaben handle, bei dem sich die Frage, ob dieses überhaupt einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und damit baurechtlich im Außenbereich zulässig sei, insgesamt und grundsätzlich stelle. Vor allem die vom Antragsteller bereits geplante und zum Teil aufgenommene gastronomische Nutzung sei vom Verfahrensfreiheitstatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO nicht bzw. nur unter Einschränkungen erfasst.
34
Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers erläuterte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 14. September 2022, dass - entgegen der Annahme des Antragsgegners - die Verfahrensfreiheit durch die gastronomische Nutzung nicht beseitigt werde. Die streitgegenständliche Fläche von 1.000 m2 diene ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. In den wenigen Wochen der Bewirtschaftung biete der Antragsteller fast ausschließlich Produkte seines Obst- und Weinbaubetriebes und seiner Damwildzucht an. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe ausdrücklich erklärt, dass die Lagerfläche dem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Als „Gebäude- und Hofflächen“ seien 0,2000 ha ausgewiesen, wobei der Antragsteller diese Fläche noch nicht einmal ganz in Anspruch genommen habe. Die bestehende Scheune werde für die Bewirtung von Gästen nicht benutzt. Das Betreten der Scheune sei durch Beschilderung ausdrücklich verboten. In der Betriebsscheune seien vorübergehend für die Zeit der Vermarktungsaktion zur kurzfristigen Bevorratung Weine und andere der Vermarktung dienende und zu diesem Zweck vorgesehene Sachen gelagert.
35
Der Antragsgegner führte unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 2022 - 9 ZB 20.2337 - aus, dass nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO nur solche Gebäude verfahrensfrei seien, die ausschließlich zur Unterbringung von Sachen bestimmt seien. Die bloße Behauptung einer derartigen Zweckbestimmung durch den Bauherrn müsse ihre Entsprechung in dem objektiv vorhandenen Nutzungspotenzial finden. Augenscheinlich diene die Scheune samt Umgriff von Anfang an bis heute dem Zweck der gastronomischen Nutzung. Es liege kein schlüssiger Nachweis vor, dass das (Gesamt-)Vorhaben einschließlich gastronomischer Nutzung einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Die Stellungnahme des AELF … vom 27. November 2017 stelle auf eine reine Maschinenhalle ab. Damit stehe die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens jedenfalls infrage und bedürfe einer dezidierten Prüfung im Baugenehmigungsverfahren. Da es sich bei der gastronomischen Nutzung dem Grunde nach um eine landwirtschaftsfremde Tätigkeit handle, könne das Vorhaben nur dann an der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB teilnehmen, wenn es durch die betriebliche Zuordnung zu der landwirtschaftlichen Tätigkeit von dieser gleichsam mitgezogen werde (wird unter Verweis auf u.a. BVerwG, U.v. 19.4.1985, NVwZ 1986, 200 weiter ausgeführt). Auch wenn den Gästen zu einem noch zu belegenden Anteil selbst erzeugte Produkte angeboten würden, dränge sich eine dem landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger in seinen betrieblichen Abläufen dienende und hierbei untergeordnete bodenrechtlich geprägte Nutzung nicht auf. Im Zweifel handle es sich hier um eine durchaus nachvollziehbare (landwirtschaftsfremde) gewerbliche Tätigkeit, um sich vor dem Hintergrund einer attraktiven Anbindung an die landwirtschaftliche Halle in einer landschaftlich äußerst reizvollen Umgebung eine weitere Einkommensquelle zu verschaffen. Die in deutlichem Kontrast zu einem landwirtschaftlichen Betrieb stehenden Nutzung trete zudem auch nach außen als wesensfremde Nutzung nachhaltig in Erscheinung.
36
Die Bevollmächtigten des Antragstellers betonten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2022 erneut, dass die Scheune dem landwirtschaftlichen Zweck, für den sie errichtet worden sei, diene (wird weiter ausgeführt). Die Fläche um die Maschinenhalle diene in eingeschränktem Umfang (während der genehmigten Zeiten vom 9. September 2022 bis 9. Oktober 2022 jeweils am Wochenende) auch als Ausschankfläche und zum Verkauf von Produkten aus der Landwirtschaft, dem Obstbau sowie dem Winzerbetrieb. Die Aktivitäten hätten erstmals in diesem Jahr und nur über einen Monat stattgefunden. Sie seien - auch wenn sie landwirtschaftsfremd wären - der Landwirtschaft zuzuordnen. Die dargestellten Aktivitäten seien Teil eines landwirtschaftlichen und weinwirtschaftlichen Betriebs heutiger Prägung, zu dem auch die Eigenvermarktung gehöre. Dies habe das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … in seinem Schreiben vom 27. November 2017 bereits festgestellt. Der Tafeltrauben-Verkauf, die Veräußerung des Weines aus eigener Produktion, die Vermarktung von Produkten aus der Damwildzucht sowie der Obstverkauf gehörten zu landwirtschaftlichen Kernaktivität wie im Landwirtschaftskonzept des Antragstellers dargestellt.
37
Die vom Antragsgegner angeführten Gerichtsentscheidungen seien insoweit unbehelflich, als dort von landwirtschaftsfremden Betätigungen ausgegangen werde. Im Übrigen sei die Fläche um die Halle schon deswegen dem Landwirtschafts- und Winzerbetrieb zuzuordnen, weil sie schon immer als Rangierfläche und als Stellfläche für die landwirtschaftlichen Maschinen gedient habe. Das Erfordernis einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis mache den Antragsteller nicht zum Gastwirt, sondern sei dem Umstand geschuldet, dass spezielle Hygienemaßnahmen etc. ergriffen werden müssten. Entsprechende Spezialvorschriften gälten zum Teil auch für das Anbieten von be- und verarbeiteten landwirtschaftlichen Produkten. Allerdings entstehe durch diese Aktivitäten kein landwirtschaftsfremder Gewerbebetrieb. Bodenrechtlich geprägte Nutzung werde durch das Erfordernis eines weitgehenden Überwiegens der Vermarktung eigener Produkte sichergestellt. Selbst wenn man im Anbieten von Mineralwasser und Backwaren als Fremdprodukte eine landwirtschaftsfremde Tätigkeit sehen wolle, wäre diese der landwirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen, werde jedenfalls mitgezogen und halte sich im Übrigen in einem sehr geringen Umfang. Selbst bei Annahme, dass die Aktivitäten an den vier Wochenenden vom 9. September 2022 bis 9. Oktober 2022 landwirtschaftsfremd seien, handle es sich um mitgezogene landwirtschaftliche Tätigkeiten, da sie gegenüber den Tätigkeiten des Antragstellers im Rahmen seines Landwirtschafts- und Winzerbetriebs völlig untergeordnet wären, da die Arbeitsleistung bei der Vermarktung gegenüber den Aktivitäten bei der Produktion deutlich geringer einzustufen sei.
38
Mit gerichtlichem Schreiben vom 11. Oktober wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass zum einen Anzeichen bestünden, dass die von Ziff. 1 des Bescheides erfassten Baumaßnahmen fertiggestellt sein könnten, so dass die Baueinstellungsverfügung gegebenenfalls aufzuheben sei. Zum anderen bestehe hinsichtlich Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides Bedenken an der Zulässigkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO, da die Vorlage eines Bauantrages bis vier Wochen nach Unanfechtbarkeit der Anordnung gefordert werde.
39
Daraufhin erließ der Antragsgegner folgenden Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022:
„Die Anordnung vom 25. April 2022, Az. … wird wie folgt geändert:
Ziffer 1 der Anordnung vom 25. April 2022 wird aufgehoben.
Die Ziffern 2 bis 4 werden durch folgende Anordnung ersetzt:
1. Herr … wird verpflichtet, bis spätestens 30. November 2022 über die Marktgemeinde … einen der Bauvorlagenverordnung - BauVorlV - entsprechenden Bauantrag für sämtliche baulichen Anlagen auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, einzureichen.
2. Für den Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtung aus Ziffer 1 dieser (Änderungs-) Anordnung wird ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,00 angedroht.
3. Ziffer 1 dieser (Änderungs-) Anordnung wird für sofort vollziehbar erklärt.
4. Die Änderung der Anordnung vom 25. April 2022 ergeht kostenfrei von Amts wegen.“
40
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die mit Anordnung vom 25. April 2022 verfügte Baueinstellung aufzuheben gewesen sei, da durch den Bevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 4. August 2022 erklärt worden sei, dass die Errichtung der Freifläche abgeschlossen sei.
41
Das Verlangen, einen Bauantrag zu stellen, werde auf Art. 76 Satz 3 BayBO gestützt. Zur Begründung - auch des Sofortvollzuges - werde auf die Begründung der Anordnung vom 25. April 2022 verwiesen. Die Tenorierung des Bescheides vom 25. April 2022 sei unklar gewesen und habe nicht ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Anordnung sofort vollziehbar sein solle. Daher werde nun für die Stellung eines Bauantrages eine Frist nach dem Kalender gesetzt. Ein Zuwarten bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens in der Hauptsache erscheine nicht vertretbar, da der Antragsteller ansonsten einen Vorteil gegenüber einem sich rechtstreu verhaltenden Bauherrn hätte, der vor Errichtung des streitgegenständlichen Bauwerks einen Bauantrag gestellt hätte.
42
Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des Änderungsbescheides sei als Mittel der Verwaltungsvollstreckung nach Art. 21a BayVwZVG sofort vollziehbar.
43
Hiergegen erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 3. November 2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen über das besondere Anwaltspostfach am selben Tag, Klage (AN 3 K 22.02340) und legten gleichzeitig einen Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (AN 3 S 22.12339) „gegen den Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022; Az. …“ ein mit dem Antrag,
die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.
44
Zur Begründung führte er aus, dass die Maschinenhalle schon 2018 offensichtlich die Voraussetzungen für eine Genehmigungsfreiheit gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO erfüllt habe, und verwies auf die bisherigen Ausführungen in den Verfahren AN 3 K 22.01364 und AN 3 S 22.01363. Der Hohlraum sei nie als Keller geplant gewesen und sei vollständig verfüllt (wird weiter ausgefüllt).
45
Im Außenbereich der Anböschungszone habe der Antragsteller teils Rasen angesät, teils mehrjährige Blühwiesen angelegt. Entsprechend der Anordnungen in der naturschutzrechtlichen Genehmigung habe der Antragsteller an der Maschinenhalle giebelseitig Weinreben angepflanzt und Bäume gesetzt. Die Fläche sei schon vorher geschottert gewesen und seit 2018 mit wasserdurchlässigem Mineralbeton veredelt. Mit größeren Natursteinen sei das Areal gegen ungebetene Eindringlinge geschützt.
46
Es liege ein offensichtlicher Fall der Genehmigungsfreiheit im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO für die Maschinenhalle vor. Damit bedürften auch die Freiflächen und die Halle keine Genehmigung. Wegen der Offensichtlichkeit der Genehmigungsfreiheit sei auch eine Baugenehmigung nicht erforderlich und die Anordnung, eine Baugenehmigung vorzulegen, unverhältnismäßig und folglich rechtswidrig. Damit bestehe auch kein Vollzugsinteresse für die Anordnung vom 12. Oktober 2022.
47
Der Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022 enthalte im Übrigen keine Begründung für eine Anordnung des Sofortvollzugs, wie sie in Ziffer 3 des Bescheides verfügt worden sei. Auch eine Abwägung mit den Interessen des Antragstellers sei nicht, wie rechtlich geboten, vorgenommen, sodass die Anordnung des Sofortvollzugs auch aus formellen Gründen aufzuheben sei.
48
Der Antragsgegner bezog sich telefonisch auf den Vortrag im Verfahren AN 3 S 22.01363.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch der Verfahren AN 3 S 22.01363, AN 3 K 22.01364 und AN 3 K 22.02340, sowie der beigezogenen Behördenakte verwiesen.
II.
50
Der zulässige Antrag ist begründet.
51
1. Streitgegenstand ist der Ausgangsbescheid vom 25. April 2022 - ohne die abgetrennte und unter dem Aktenzeichen AN 3 S 22.02485 fortgeführte Ziffer 1 - in der Gestalt, die er durch den Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022 erhalten hat. Der Änderungsbescheid hat den Ausgangsbescheid in Teilen ersetzt, was aber nicht dazu geführt hat, dass sich der Ausgangsbescheid in den noch gegenständlichen Ziffern erledigt hat. Gerade auch die Verweisung in den Gründen des Änderungsbescheides auf die Gründe des Ausgangsbescheides macht deutlich, dass Ausgangs- und Änderungsbescheid als Einheit zu betrachten sind. Im Übrigen ergibt sich dies auch aus dem Hinweis, dass eine unklare Tenorierung im Ausgangsbescheid durch den Änderungsbescheid korrigiert werden soll.
52
2. Der Antrag „gegen den Änderungsbescheid des Landratsamtes … vom 12. Oktober 2022“ auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass neben der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags (Nummer 1) auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (Nummer 2) begehrt wird. Der Antrag ist dem Wortlaut nach gegen den gesamten Änderungsbescheid gerichtet. Aus der Verwendung des Begriffs „wiederherstellen“ lässt sich eine Antragsbeschränkung auf Ziff. 1 des Änderungsbescheides nicht herleiten. Zwar wäre die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung „anzuordnen“ und nicht „wiederherzustellen (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG), allein aus dieser Terminologie kann aber nicht auf eine Beschränkung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf die Nr. 1 des Bescheids geschlossen werden, auch wenn der Antragsteller Rechtsanwalt ist (BayVGH, B.v. 24.6.2019 - 8 CS 19.817 - juris Rn. 13).
53
3. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig.
54
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Nummer 1 des Bescheides vom 12. Oktober 2022 ist entfallen, weil der Antragsgegner in Nummer 3 des Bescheides die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Mit einem gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaften Antrag kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
55
Soweit der Antrag gegen die Zwangsgeldandrohung in Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheides gerichtet ist, ist er ebenfalls zulässig und statthaft. Nach Art. 21a VwZVG haben Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung, soweit sie sich gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung richten. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen.
56
4. Der Antrag ist auch begründet. Die Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit der bauaufsichtlichen Anordnung entspricht nicht den Anforderungen an die Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sodass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit isoliert aufzuheben ist. Auch ist die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldanordnung anzuordnen.
57
a) Vorliegend entspricht bereits die Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit der bauaufsichtlichen Anordnungen nicht den Anforderungen an die Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO und ist allein deshalb aufzuheben.
58
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen, in denen die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO den Sofortvollzug anordnet, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Die schriftliche Begründung soll den Betroffenen in die Lage versetzen, seine Rechte wirksam wahrnehmen und die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels abschätzen zu können. Außerdem soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollzugsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Daraus folgt, dass die Begründung nicht lediglich formelhaft sein darf, sondern die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen muss, die die Annahme eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses tragen (Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO § 80 Rn. 245, 247).
59
Diese Anforderungen erfüllt die Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht. Auch unter Berücksichtigung, dass an eine ordnungsgemäße Begründung keine inhaltlich überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und demnach jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde im konkreten Einzelfall eine sofortige Vollziehung für geboten hält, ausreicht (BayVGH, B. v. 9.11.2020 - 9 CS 20.2005 - juris Rn. 14; Hoppe in: Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 55), so lässt die vorliegende Begründung gerade nicht erkennen, aufgrund welcher Erwägungen der Antragsgegner vom Erfordernis der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ausgegangen ist.
60
Der Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022 verweist zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf die bereits im Ausgangsbescheid vom 25. April 2022 enthaltene Begründung zur Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit und führt - soweit man dies überhaupt als Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit heranziehen will - lediglich aus, dass ein Zuwarten bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens in der Hauptsache nicht vertretbar erscheine, da der Antragsteller ansonsten einen Vorteil gegenüber einem sich rechtstreu verhaltenden Bauherren, der vor Errichtung des Bauwerkes einen Bauantrag stelle, habe.
61
Offenbleiben kann insoweit, ob eine derartige Verweisung überhaupt möglich ist (so OVG SH, B.v. 23.8.2002 - 7 ME 57/02 - juris Rn. 5), da eine solche Bezugnahme jedenfalls dann ausscheidet, wenn der in Bezug genommene Bescheid selbst keine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO enthält oder in der nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gebotenen Abwägung andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, als sie Gegenstand des in Bezug genommenen Bescheids sind (OVG MV, B.v. 8.7.2009 - 3 M 84/09 - juris Rn. 10).
62
Die Begründung im Ausgangsbescheid führt aus, dass Bauen ohne Baugenehmigung eine Störung der öffentlichen Ordnung darstelle, die zu unterbinden sei. Die Verhinderung unzulässiger Bauarbeiten und ihre Fortsetzung lägen stets im besonderen öffentlichen Interesse. Dies zeige sich auch darin, dass Bauherren nicht selten von der Erwartung ausgingen, die spätere Beseitigung der rechtswidrig errichteten baulichen Anlage werde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unterbleiben.
63
Diese Begründung stellt aus Sicht des Gerichtes offensichtlich auf die Ziff. 1 des ursprünglichen Bescheides vom 25. April 2022, mit der die Bauarbeiten an den Außenanlagen der streitgegenständlichen baulichen Anlage eingestellt worden sind, ab und dürfte für die ursprüngliche Anordnung wohl auch ausreichend gewesen sein. Die pauschale Verweisung auf die ursprüngliche Begründung berücksichtigt jedoch nicht, dass mit dem Änderungsbescheid die Baueinstellung aufgrund der Fertigstellung der Bauarbeiten aufgehoben worden ist und nunmehr „nur noch“ die Einreichung von Bauantragsunterlagen gefordert wird. Offen bleibt aber, ob und ggf. welche Gründe im Falle des Abschlusses der rechtswidrigen Bauarbeiten für die Forderung, einen Bauantrag einzureichen, vorliegen, die den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordern. Die Feststellung im Änderungsbescheid, dass der Antragssteller ansonsten besser stünde als ein sich rechtstreu verhaltender Bauherr, zielt inhaltlich auf eine Verhinderung von Baumaßnahmen ab, nicht aber auf die Frage, weshalb vor rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens ein Bauantrag gestellt und der Antragsteller bei Missachtung der ausgesprochenen Verpflichtung mit Zwangsmaßnahmen sanktioniert werden müsse.
64
Auch fehlt jede Auseinandersetzung damit, dass der Antragsgegner zwischenzeitlich eine Genehmigungspflicht der landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle einschließlich der angrenzenden Freiflächen nicht mehr mit der Mehrgeschossigkeit der streitgegenständlichen baulichen Anlage begründet (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 12. September 2022, Bl. 150 der Gerichtsakte im Verfahren AN 3 S 22.01364), sondern wohl mit der vorgesehenen Nutzung auch für gastronomische Zwecke. Diese Entwicklung lässt sich zwar dem Schriftverkehr im gerichtlichen Verfahren, nicht aber dem Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2022 entnehmen. Insoweit wären in der nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gebotenen Abwägung andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen gewesen, als sie Gegenstand des in Bezug genommenen Bescheids sind. Auch wenn es grundsätzlich für die formelle Rechtmäßigkeit der Begründung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO auf deren inhaltliche Richtigkeit nicht ankommt - also gerade nicht maßgeblich ist, ob die angestellten Erwägungen das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen (BayVGH, B.v. 9.11.2020 - 9 CS 20.2005 - juris Rn. 14), erscheint es aufgrund des besonderen Verfahrensablaufes angemessen, bereits auf formeller Ebene ein Eingehen auf die wesentlichen Gesichtspunkte, die den Antragsgegner veranlasst haben, die sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen, zu fordern und nicht nur formelhaft durch die Verweisung auf Erwägungen abzustellen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides nicht mehr die aktuelle Situation widerspiegeln.
65
Ist die Sofortvollzugsanordnung formell rechtswidrig, so kann sie abweichend vom Wortlaut des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung auch nur aufgehoben werden. Da bei einer Aufhebung der Sofortvollzugsanordnung wegen formeller Mängel ein auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Antrag sich nicht als weiterreichend darstellt, kommt eine Antragsablehnung „im Übrigen“ nicht in Betracht (BayVGH, B.v. 9.3.2018 - 11 CS 18.300 - juris Rn. 7ff.).
66
b) Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in „Ziff. 2“ des Bescheides vom 25. April 2022, Az. …, in Gestalt der Ziff. 2 des Änderungsbescheides vom 12. Oktober 2022, die kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG), ist die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit ebenfalls anzuordnen. Es fehlt jedenfalls (nunmehr) an der sofortigen Vollziehbarkeit der in Nr. 1 getroffenen Anordnung, auf die sich die Zwangsgeldandrohung bezieht (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG; VG Würzburg, B.v. 29.7.2022 - W 8 S 22.1151 - juris Rn. 47; OVG NRW, B.v. 23.8.2021 - 9 B 1002/21 - juris Rn. 39).
67
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
68
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs i.V.m. Ziff. 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahr 2013.