Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 30.06.2022 – AN 16 K 22.00706
Titel:

Erfolgreiche Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte 

Normenketten:
WaffG § 4 Abs. 1, § 5, § 6 Abs. 1
WaffV § 4 Abs. 6
Leitsätze:
1. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WaffG knüpft als maßgeblicher Versagungsgrund für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht an die körperliche oder geistige, sondern einheitlich an „die erforderliche persönliche Eignung“ an. Hierunter werden alle diejenigen Fälle zusammengefasst, bei denen eine unverschuldete Unfähigkeit zum sorgfältigen Umgang mit Waffen oder Munition vorliegt, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Unfähigkeit körperlich oder geistig bedingt ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Rückschluss auf die mangelnde Eignung zum Umgang mit Waffen aufgrund der Nichtbeibringung eines Gutachtens nach § 4 Abs. 6 WaffV ist nur gerechtfertigt, wenn die Aufforderung, ein solches beizubringen, selbst rechtmäßig war. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte, Zuverlässigkeit, persönliche Eignung, unverschuldete Unfähigkeit, SARS-CoV-2-Maßnahmen, Anforderung eines amts-, fach- oder fachpsychologischen Zeugnisses
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35838

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 8. Februar 2022 verpflichtet, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgew
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger trägt die Verfahrenskosten zu 1/4.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer gelben und grünen Waffenbesitzkarte sowie einer Berechtigung zum Erwerb der entsprechenden Munition.
2
Der Kläger ist Sportschütze. Mit E-Mail vom 1. Dezember 2021 übersandte er dem Landratsamt unter Bezugnahme auf ein Telefonat eine Tresorrechnung, ein Foto vom Tresor, einen Waffensachkundenachweis und eine Abbildung seines Personalausweises und kündigte an, dass er nach Erhalt der Bedürfnisbescheinigungen des Bunds Deutscher Sportschützen eine grüne und eine gelbe Waffenbesitzkarte beantragen werde. Das Landratsamt holte daraufhin bei der Polizei eine Auskunft im Hinblick auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers ein. Diese teilte daraufhin acht Vorgänge zwischen dem 25. Juli 2020 und 15. Juli 2021 mit, in denen der Kläger wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz, darunter mehrfach wegen Verstoßes gegen die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, erfasst worden war.
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Mit Schreiben vom 15. Dezember 2021 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, die Polizei habe acht Vorfälle mitgeteilt, in denen er gegen das bayerische Versammlungsgesetz sowie gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen habe. Damit seien Tatsachen bekannt gegeben, welche Bedenken gegen seine waffenrechtliche Eignung begründen würden. Er werde daher aufgefordert, dem Landratsamt bis 28. Januar 2022 auf eigene Kosten ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis vorzulegen, welches Aussagen hinsichtlich seiner geistigen und körperlichen Eignung zum Umgang mit Waffen treffe.
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Der Kläger teilte daraufhin mit Schreiben vom 27. Januar 2022 mit, dass er erst nunmehr überhaupt einen Antrag auf Erteilung der Waffenbesitzkarte gelb und grün sowie auf Ausstellen einer Berechtigung zum Erwerb der entsprechenden Munition stelle, weshalb er das Schreiben vom 15. Dezember 2021 als gegenstandslos ansehe. Soweit er mit den Ordnungsbehörden in Kontakt gekommen sei, habe er Rechtsmittel eingelegt, die zum Teil bereits zur Einstellung des Verfahrens geführt hätten. Am 31. Juli 2020 habe er zur Klärung eines Vorfalls beim Einkaufen ohne Mund-Nasen-Bedeckung die zuständige Polizei zu Hilfe gerufen. Der Vorgang sei nicht als Ordnungswidrigkeit erfasst worden, weil er gegenüber den eingesetzten Beamten habe glaubhaft machen können, dass er von dieser Verpflichtung befreit sei. In der Vergangenheit sei er auf Versammlungen in dreistelliger Anzahl als Ordner aktiv und bei 18 Versammlungen als Leiter tätig gewesen, ohne dass es zu Beanstandungen seitens der Polizei oder des Ordnungsamtes gekommen sei. Dem Schreiben lag ein entsprechendes Antragsformblatt sowie zwei Bedürfnisbescheinigungen des Bunds Deutscher Sportschützen bei.
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Mit Bescheid vom 8. Februar 2022 lehnte das Landratsamt den Antrag des Klägers auf Erteilung einer gelben und grünen Waffenbesitzkarte ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens habe es nicht des später eingesandten Antragsformulars bedurft, vielmehr habe aus der Kommunikation geschlossen werden können, dass der Kläger bereits einen Antrag gestellt habe. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setze unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche persönliche Eignung besitze. Durch die von der Kriminalpolizei mitgeteilten Vorfälle seien dem Landratsamt Tatsachen bekannt geworden, die Bedenken hinsichtlich der persönlichen Eignung des Klägers begründen würden. Aus der Mitteilung werde deutlich, dass der Kläger durch wiederholte Verstöße gegen das bayerische Versammlungsgesetz sowie das Infektionsschutzgesetz, konkret durch Verstöße gegen die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, aufgefallen sei. Derzeit könne aufgrund dieser Handlungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Einsicht, sich im Rahmen der geltenden Rechtsordnung zu bewegen, nicht vorliege. Daran ändere der Einwand, dass in etlichen der Verfahren noch Rechtsbehelfe anhängig seien, nichts. Eine kritische Haltung zu den geltenden Infektionsschutzmaßnahmen begründe für sich genommen keine Bedenken an der persönlichen Eignung. Dies ändere sich jedoch, soweit der Betroffene in diesem Zusammenhang durch wiederholte Rechtsverstöße auffällig werde. Dabei hafte bestimmten Verstößen erfahrungsgemäß auch eine politische Komponente an. So wollten Betroffene durch das demonstrative Abnehmen bzw. Nichttragen des Mund-Nasen-Schutzes offensiv ihre Ablehnung der SARS-CoV-2-Maßnahmen zum Ausdruck bringen. Zudem existierten innerhalb der Coronakritischen Bewegung extreme und radikale Strömungen, die im Laufe des Pandemiegeschehens zunehmend offener zutage treten würden. Dies ergebe sich auch aus dem Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Dass Teile dieser Strömungen auch eine erhöhte Gewaltbereitschaft befürchten ließen, zeige der Fall des im September 2021 in Rheinland-Pfalz getöteten Tankwarts. Daher sei dem Kläger aufgegeben worden, ein entsprechendes Gutachten über die persönliche waffenrechtliche Eignung vorzulegen. Ein solches sei bei der Behörde nicht eingegangen, auch lasse sich dem Schreiben vom 27. Januar 2022 nicht entnehmen, dass er sich um ein Gutachten bemüht habe. Das Landratsamt könne daher annehmen, dass die persönliche Eignung nicht gegeben sei.
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Hiergegen richtet sich die vom Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach erhobene Klage. Er macht geltend, soweit ihm ein Verstoß gegen die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im September 2020 vorgeworfen werde, sei das diesbezügliche Ordnungswidrigkeitenverfahren vom Amtsgericht … unter Auferlegung der Verfahrenskosten auf die Staatskasse eingestellt worden. Soweit ein gleichartiger Vorstoß anlässlich einer Versammlung in Erlangen im November 2020 vorgeworfen werde, sei das Ordnungswidrigkeitenverfahren noch nicht abgeschlossen, weil er gegen die erstinstanzliche Entscheidung Beschwerde eingelegt habe. Gleiches gelte für den gleichartigen Vorwurf anlässlich einer Versammlung im Dezember 2020. Gegen den Bußgeldbescheid des Landratsamtes habe der Kläger Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden sei. Soweit man ihm vorwerfe, am 20. Dezember 2020 gegen die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verstoßen zu haben, habe zu diesem Zeitpunkt eine solche Pflicht nicht bestanden, weshalb die Stadt … den zunächst erlassenen Bußgeldbescheid aufgehoben und das Verfahren eingestellt habe. Soweit der Kläger angeblich am 17. Januar 2021 in … gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen habe, habe die Polizei das Verfahren eingestellt, weil ein Verstoß gerade nicht vorgelegen habe. Am 15. Juli 2021 solle sich der Kläger in … vor dem Anwesen … ordnungswidrig verhalten haben, wobei unklar sei, welcher Vorwurf überhaupt erhoben werde. Ein Bußgeldbescheid sei deswegen bislang nicht ergangen und wohl auch nicht mehr zu erwarten. Am 31. Juli 2020 habe der Kläger, nachdem er ohne Mund-Nasen-Schutz einkaufen gegangen sei, die Polizei zu Hilfe rufen müssen, um zu klären, dass er aus medizinischen Gründen mit ärztlichem Attest von dieser Verpflichtung freigestellt gewesen sei. Sein Verhalten lasse nicht den Schluss zu, dass ihm die Einsicht fehle, sich im Rahmen der geltenden Rechtsordnung bewegen zu müssen. Vielmehr zeige er gerade dadurch, dass er den Rechtsstaat vorbehaltlos bejahe. Soweit Vorfälle inmitten stünden, die als Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz ausgelegt worden seien, sei dies teilweise im gerichtlichen Verfahren korrigiert worden, teilweise habe die behördliche Überprüfung bereits ergeben, dass der Vorwurf unberechtigt gewesen sei. Es würde das Bild des mündigen Bürgers verzerren, wenn man von ihm verlangen würde, jede auch offensichtlich falsche oder mindestens rechtlich zweifelhafte Anordnung kritiklos zu befolgen. Dies gelte umso mehr, als die einschlägigen Maßnahmen der Gesundheitsministerien häufig von den Gerichten als rechtswidrig erkannt und aufgehoben worden seien. Seine Bejahung des Rechtsstaates zeige der Kläger auch dadurch, dass er sich in großem Umfang bei Versammlungen als Leiter und Ordner zur Verfügung stelle und damit seinen Beitrag dazu geleistet habe, dass die Versammlungen sich im Rahmen der Vorschriften des Versammlungsrechts hielten. Es sei bekannt, dass bei den einschlägigen Demonstrationen in den letzten Monaten die vom Verfassungsschutz apostrophierten „Rechtsextremisten“, „Selbstverwalter“ und „Reichsbürger“ bisher kaum in Erscheinung getreten seien. Vielmehr handle es sich um einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung. In aller Regel verliefen diese gerade dank der Bemühungen der Versammlungsleiter friedlich. Zweifel an der Rechtstreue des Klägers könnten nur mit seinem eigenen Verhalten begründet werden, das dann auch präzise geschildert und unter die einschlägigen Rechtsvorschriften subsumiert werden müsste. Das sei im vorliegenden Bescheid nicht geschehen. Der Kläger verhalte sich in keinem Fall auch nur im Ansatz sicherheitsgefährdend. Er bedürfe der waffenrechtlichen Erlaubnis zur Ausübung des Schießsports. Auch seine Sachkunde habe er nachgewiesen und er sei ersichtlich gut beleumdet.
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Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8. Februar 2022 zu verpflichten, seinen Antrag vom 1. Dezember 2021 auf Erteilung je einer gelben und grünen Waffenbesitzkarte antragsgemäß zu verbescheiden,
hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8. Februar 2022 zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 1. Dezember 2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
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Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten waffenrechtlichen Erlaubnisse, weil er nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe, dass er die für die Erteilung erforderliche persönliche Eignung besitze. Die zuständige Behörde habe der betroffenen Person die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige Eignung aufzugeben, wenn Tatsachen bekannt seien, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen würden. Der Verweis auf die noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren sei nicht geeignet, eine andere Entscheidung in der Sache herbeizuführen. Die §§ 4ff. WaffG dienten der effektiven Gefahrenabwehr, weshalb es nicht erforderlich gewesen sei, zunächst die Rechtskraft der noch anhängigen Verfahren abzuwarten. Das Vorhandensein eines ärztlichen Attestes, welches den Kläger von der Maskenpflicht entbinde, habe bislang nicht bestätigt werden können. Selbst wenn man die laut Aussage des Klägers zwischenzeitlich eingestellten Verfahren außen vorlasse, stünden die verbleibenden Vorfälle im Raum, während derer der Kläger polizeilich in Erscheinung getreten sei und die letztendlich in der Gesamtschau und vor dem Hintergrund extremer Strömungen in der Anti-Corona-Maßnahmen-Szene Bedenken an der persönlichen Eignung begründen würden. Insoweit werde auf die Begründung des Bescheides verwiesen. Der entscheidende Punkt, der letztendlich zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids geführt habe, sei schließlich der Umstand, dass der Kläger entgegen der rechtmäßig ergangenen Aufforderung vom 15. Dezember 2021 kein Gutachten nach § 6 Abs. 2 WaffG vorgelegt habe, welches letztendlich eine verbindliche Aussage zur persönlichen Eignung ermöglichen sollte. Nach § 4 Abs. 6 AWaffV dürfe die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn sich in den Fällen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AWaffV der Betroffene weigere, sich untersuchen zu lassen, oder er der zuständigen Behörde das von ihr geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht beibringe. In Anbetracht aller vorliegenden Umstände schließe das Landratsamt unter Berücksichtigung aller Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf die Nichteignung des Betroffenen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakten im Haupt- und Eilverfahren mit dem Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, jedoch nur in dem im Tenor verbeschiedenen Umfang begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dessen Antrag auf Erteilung von Waffenbesitzkarten ist unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
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1. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger bereits mit seinem Schreiben vom 1. Dezember 2021 einen Antrag auf Erteilung der begehrten Waffenbesitzkarten gestellt hat (wogegen der ausdrückliche Wortlaut dieses Schreibens spricht), oder ob er diesen erst mit Schreiben vom 27. Januar 2022 gestellt hat. Zwischen den Beteiligten ist jedenfalls unstrittig, dass der Kläger mittlerweile einen solchen Antrag gestellt hat und die positive Bescheidung dieses Antrags begehrt.
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2. Die Ablehnung dieses Antrags mit Bescheid vom 8. Februar 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
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Nach § 4 Abs. 1 WaffG steht eine Erlaubnis zum Besitz der hier beantragten Waffenbesitzkarten unter verschiedenen Voraussetzungen. U.a. setzt sie voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG).
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Nach § 6 WaffG besitzen Personen unter anderem die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG knüpft als maßgeblicher Versagungsgrund für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht an die körperliche oder geistige, sondern einheitlich an „die erforderliche persönliche Eignung“ an. Hierunter werden alle diejenigen Fälle zusammengefasst, bei denen eine unverschuldete Unfähigkeit zum sorgfältigen Umgang mit Waffen oder Munition vorliegt, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Unfähigkeit körperlich oder geistig bedingt ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2018 - 21 CS 17.1521 - juris Rn. 11). Nach § 6 Abs. 2 WaffG, § 4 Abs. 1 WaffV kann die Behörde, soweit Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die persönliche Eignung des Antragstellers begründen, der betroffenen Person auf deren Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über dessen geistige oder körperliche Eignung aufgeben. Gemäß § 4 Abs. 6 WaffV darf die Behörde im Falle einer Weigerung oder nicht fristgemäßen Vorlage des geforderten Gutachtens bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung der betroffenen Person schließen, soweit hierauf in der Anordnung hingewiesen worden war. An die Anlassbezogenheit und die Verhältnismäßigkeit einer derartigen Gutachtensanordnung sind jedoch im Hinblick darauf, dass diese nicht selbstständig anfechtbar ist, strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Brunner in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand Oktober 2020, § 6 WaffG Rn. 19 m.w.N.). Ein Rückschluss auf die mangelnde Eignung zum Umgang mit Waffen aufgrund der Nichtbeibringung eines Gutachtens ist nur gerechtfertigt, wenn die Aufforderung, ein solches beizubringen, selbst rechtmäßig war (BayVGH, B.v. 2.12.2020 - 24 CS 20.2211 - juris Rn.22 m.w.N.).
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Daran fehlt es vorliegend. Abgesehen davon, dass es bereits an der erforderlichen Anhörung des Betroffenen vor einer derartigen Untersuchungsanordnung fehlt, geht aus dem streitgegenständlichen Bescheid, der Behördenakte und dem Vorbringen des Landratsamts im gerichtlichen Verfahren ausschließlich hervor, dass diese lediglich im Hinblick auf die (möglichen) Verstöße des Klägers gegen die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ergangen ist, welche bei der Behörde Zweifel hervorgerufen haben, ob sie diesem die begehrten Waffenbesitzkarten erteilen kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG, welche ausschließlich eine unverschuldete Unfähigkeit zum sorgfältigen Umgang mit Waffen, also in der Regel die physische und psychische Eignung des Klägers betrifft, sondern vielmehr um dessen waffenrechtliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG. Hierüber ist jedoch von der Behörde selbst zu entscheiden, die Anordnung einer medizinischen bzw. psychologischen Begutachtung ist insoweit kraft Gesetzes nicht vorgesehen.
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Die Ablehnung des Antrags aufgrund des Nichtvorliegens des Gutachtens ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weshalb seinem Antrag insoweit zu entsprechend ist.
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3. Ob der Kläger darüber hinaus einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Waffenbesitzkarten hat, bedarf jedoch weiterer Prüfungen durch das Landratsamt. Dabei gilt es - neben den sonstigen Voraussetzungen nach dem WaffG - abgesehen von einer aktuellen polizeilichen Auskunft im Hinblick auf die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit auch aufzuklären, inwieweit die erstinstanzlich geahndeten Verstöße des Klägers gegen die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in der zweiten Instanz weiterhin bestätigt wurden. Außerdem muss insoweit erforscht werden, was das bis jetzt völlig unbestimmte vorgeworfene ordnungswidrige Verhalten „vor der …“ beinhaltet. Letztlich muss der Beklagte sodann die erforderliche Prognose vornehmen, ob der Kläger als waffenrechtlich zuverlässig einzuschätzen ist. Diese Fragen sind noch offen, weshalb dem Verpflichtungsanspruch des Klägers nicht vollumfänglich entsprochen werden kann.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.