Inhalt

LArbG Nürnberg, Beschluss v. 18.08.2022 – 2 Ta 56 22
Titel:

Gegenstandswert - Abbruch Betriebsratswahl - einstweilige Verfügung

Normenkette:
RVG § 23 Abs. 3, § 33
Leitsatz:
Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 09.02.2018, NZA 2018, 498). (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Arbeitsgerichtsbarkeit, Streitwertbeschwerde, Streitwertkatalog, Streitwertkommission, Wahlvorstand, Bindungswirkung
Vorinstanz:
ArbG Bamberg, Beschluss vom 13.04.2022 – 2 BVGa 1/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35643

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 13.04.2022, Az. 2 BVGa 1/22, wird zurückgewiesen.

Gründe

A.
1
Die Beteiligten haben im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über den Abbruch einer Betriebsratswahl gestritten. Wegen der Anträge wird auf die Antragsschrift vom 21.02.2022 (Bl. 3 f. d.A.) Bezug genommen. Die Antragstellerin beschäftigt zwischen 101 und 200 Arbeitnehmer.
2
Mit Beschluss vom 13.04.2022 hat das Arbeitsgericht den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 10.000,- € festgesetzt (vgl. Bl. 206 d.A.). Der Beschluss wurde beiden Beteiligten jeweils am 20.04.2022 und deren Vertretern jeweils am 19.04.2022 zugestellt. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 28.04.2022 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Gegenstandswert auf 5.000,- € festzusetzen. Wegen der Begründung wird auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 28.04.2022 (Bl. 215/216 d. A.) Bezug genommen. Die Beteiligte zu 2. hat mit Schriftsatz vom 27.05.2022 „auf die Beschwerde hin“ beantragt, den Gegenstandswert auf 15.000,- € festzusetzen. Wegen des Schriftsatzes des Beteiligten zu 2. vom 27.05.2022 wird auf Bl. 220 ff. d. A. Bezug genommen.
3
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18.07.2022 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss vom 18.07.2022 Bezug genommen (Bl. 225 ff d.A.).
4
Das Landesarbeitsgericht hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 16.08.2022 gegeben. Auf die Stellungnahmen der Antragstellerin (Bl. 230 ff d.A.) und der Vertreter des Beteiligten zu 2 (Bl. 239 f d.A) wird Bezug genommen.
B.
5
I. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig.
6
Gegen einen Beschluss, durch den der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist, findet gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG eine Beschwerde dann statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. Dies ist hier der Fall, denn bereits die einfache Gebührendifferenz nach Anlage 2 zum RVG beläuft sich auf 294,- €. Die Beschwerde ist auch innerhalb von zwei Wochen nach Zuleitung des angegriffenen Beschlusses beim Erstgericht eingegangen, § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG. Der Antragsteller als erstattungspflichtiger Gegner (§ 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG) ist beschwerdeberechtigt, § 33 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 RVG.
7
Die Vertreter des Beteiligten zu 2 haben mit Schriftsatz vom 05.08.2022 klargestellt, selbst keine Beschwerde eingelegt zu haben. Sie wäre auch unzulässig, da sie nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG erhoben worden wäre.
8
II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert zu Recht auf 10.000,- € festgesetzt.
9
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 09.02.2018, NZA 2018, 498). Der Streitwertkatalog entfaltet zwar keine Bindungswirkung. Er stellt aber aus Sicht des erkennenden Gerichts eine ausgewogene mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
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2. Nach Ziffer II 2.2 des Streitwertkatalogs ist bei einstweiligen Verfügungen, die auf Abbruch der Wahl gerichtet sind, der halbe Wert der Wahlanfechtung anzusetzen. Nach Ziffer II 2.3 ist bei der Wahlanfechtung ausgehend vom doppelten Hilfswert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG eine Steigerung nach der Staffel gemäß § 9 BetrVG mit jeweils dem halben Hilfswert vorzunehmen. Bei einer Mitarbeiterzahl zwischen 100 und 200 erhöht sich der Wert dreimal (nicht viermal, wie das Arbeitsgericht meint). Legt man dies zugrunde, ergibt sich ein Gegenstandswert von 8.750,- €. Für eine Wahlanfechtung wäre ein Betrag in Höhe von 17.500,- € anzusetzen (10.000,- € + 3 x 2.500,- €), sodass der halbe Wert 8.750,- € beträgt. Eine solche grundsätzliche Bewertung nach der Betriebsgröße trägt der Bedeutung der Angelegenheit anhand der Anzahl der betroffenen Mitarbeiter in zulässiger Weise im Rahmen des in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG eingeräumten billigen Ermessens Rechnung. Besondere Anhaltspunkte, hiervon nach oben oder unten abzuweichen, liegen nicht vor.
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3. Im Hinblick auf die weiteren gestellten (Hilfs-)anträge, über die auch allesamt entschieden wurde, ergibt sich eine Werterhöhung von jedenfalls 1.250,- €. Zwar kommt den Anträgen zu 2 und 5 kein weiterer Wert zu, da sie letztlich nur den beantragten Wahlabbruch konkretisieren. Mit den Hilfsanträgen zu 7 bis 9 zielte die Antragstellerin aber im Rahmen der laufenden Wahl auf eine gesonderte Maßnahme ab, nämlich die „zweite Liste“ zur Wahl zuzulassen, die zuvor vom Wahlvorstand nicht zur Wahl zugelassen worden war. Dabei kann offenbleiben, ob die Hilfsanträge zu 7 bis 9 nicht höher zu bewerten wären. Die Vertreter des Beteiligten zu 2 haben keine (zulässige) Beschwerde eingelegt. Eine Korrektur des Gegenstandswerts zu Lasten des Beschwerdeführers von Amts wegen findet im Verfahren nach § 33 RVG nicht statt (vgl. LAG Nürnberg 18.01.2021 - 2 Ta 152/20 - Rn 16).
C.
12
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
13
Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 33 Abs. 9 RVG.