Titel:
Infektionsschutzrecht - Streitwertbeschwerde
Normenkette:
GKG § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 68 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Der Senat folgt der neueren Rechtsprechung anderer Senate des Verwaltungsgerichtshofs und anderer Oberverwaltungsgerichte, wonach die Befugnis des Rechtsmittelgerichts zur Änderung einer Streitwertfestsetzung von Amts wegen im Hinblick auf den Wortlaut des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG und die gesetzliche Systematik nicht auf den Fall eines zulässigen anhängigen Rechtsmittels beschränkt ist (vgl. VGH München BeckRS 2021, 16392 Rn. 6 mwN). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in den Fällen subjektiver Antragshäufung von einer Addition der einzelnen Streitwerte abzusehen, wenn die Antragsteller als Rechtsgemeinschaft auftreten (vgl. VGH München BeckRS 2021, 34486 Rn. 4; BeckRS 2921, 27776 Rn. 2; BeckRS 2021, 23011 Rn. 3). Das ist bei miteinander verheirateten Antragstellern der Fall, die beide gemeinschaftlich und in gleicher Weise von einer streitgegenständlichen Einreisequarantäne betroffen waren. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
unzulässige Streitwertbeschwerde, Beschwerdewert, Änderung des Streitwerts durch das Rechtsmittelgericht von Amts wegen, Bekämpfen einer Maßnahme als Rechtsgemeinschaft, Streitwertfestsetzung, Subjektive Antragshäufung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 30.12.2021 – AN 18 E 21.2316
Fundstellen:
BayVBl 2022, 322
LSK 2022, 355
BeckRS 2022, 355
Tenor
I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Unter Abänderung von Ziff. 3. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Dezember 2021 wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Festsetzung des Streitwerts (§ 68 Abs. 1 GKG) ist bereits unzulässig und daher in entsprechender Anwendung des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu verwerfen.
2
Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ist eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nur statthaft, wenn der Beschwerdewert (die Beschwer) 200 Euro übersteigt. Das ist hier aber nicht der Fall: Die Antragsteller beantragen mit ihrer Beschwerde die Ermäßigung des Streitwerts von 10.000,00 Euro auf 5.000,00 Euro. Ihre Beschwerde errechnet sich somit aus dem Differenzbetrag zwischen den bei dem festgesetzten Streitwert von 10.000,00 Euro fälligen Gerichtsgebühren (nach §§ 3, 34 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 5210 der Anl. 1 zum GKG der 1,5fache Satz aus 266,00 Euro, d.h. 399,00 Euro) und den Gerichtsgebühren, die bei einem Streitwert von 5.000,00 Euro anfielen (der 1,5fache Satz aus 161,00 Euro, d.h. 241,50 Euro). Da zusätzliche Rechtsanwaltsgebühren weder auf Seiten der unterlegenen Antragsteller - der Antragsteller zu 1. hat sich und seine Ehefrau selbst vertreten - noch auf Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen sind, beträgt der maßgebliche Differenzbetrag hier 157,50 Euro und liegt damit deutlich unter dem mindestens erforderlichen Wert von 200,01 Euro.
3
2. Trotz Unzulässigkeit der Beschwerde sieht sich der Senat jedoch veranlasst, die Festsetzung nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern. Der Senat folgt insofern der neueren Rechtsprechung anderer Senate des Verwaltungsgerichtshofs und anderer Oberverwaltungsgerichte, die im Hinblick auf den Wortlaut des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG und die gesetzliche Systematik eine Beschränkung der Änderungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts auf den Fall eines zulässigen anhängigen Rechtsmittels abgelehnt haben (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2021 - 11 C 21.1420 - juris Rn. 6 m.w.N.; B.v. 30.4.2020 - 22 C 20.376 - juris Rn. 6; SächsOVG, B.v. 16.8.2019 - 2 E 63/18 - juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 20.8.2018 - 2 OA 504/18 - juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 3.7.2014 - 13 E 689/14 - juris Rn. 2 f.; VGH BW, B.v. 23.4.2013 - 4 S 439/13 - juris Rn. 3; ablehnend dagegen wohl die überwiegende Literatur, vgl. etwa Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, § 63 Rn. 10 m.w.N.; Toussaint, Kostenrecht, 51. Aufl. 2021, § 63 GKG Rn. 77, jew. m.w.N.).
4
Die Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts in einen Gesamtstreitwert von 5.000,00 Euro beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Ziff. 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in den Fällen subjektiver Antragshäufung von einer Addition der einzelnen Streitwerte abzusehen, wenn die Antragsteller als Rechtsgemeinschaft auftreten (vgl. B.v. 28.10.2021 - 25 CE 21.2628 - juris Rn. 4; B.v. 23.9.2021 - 20 N 21.1137 - juris Rn. 2; B.v. 20.7.2021 - 20 NE 21.1119 - juris Rn. 3). Das ist bei den miteinander verheirateten Antragstellern, die beide gemeinschaftlich und in gleicher Weise von der streitgegenständlichen Einreisequarantäne betroffen waren, der Fall.
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3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG); Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).