Titel:
Erfolgloser Eilantrag auf Genehmigung der Aufstellung von Heizstrahlern auf Freischankflächen
Normenketten:
BayVwVfG Art. 36
BayStrWG Art. 18
Leitsatz:
In Anbetracht der allgemeinen Bestrebungen, Energie einzusparen und dadurch den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid zu verringern, erscheint es entgegen der bisher herrschenden Meinung im Grundsatz durchaus gerechtfertigt, Klimaschutzgesichtspunkte auch bei der Sondernutzung auf öffentlichem Straßenland als Ermessensgesichtspunkt zu berücksichtigen. (Rn. 33 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Straßenrecht, einstweiliger Rechtsschutz, Notwendigkeit einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis für die Verwendung von Heizstrahlern auf öffentlichem Verkehrsgrund, fehlende Regelungswirkung eines reinen Hinweises, Sondernutzungserlaubnis, Heizstrahler, Antragserfordernis, Nebenbestimmung, Sachbezug, Klimaschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 16.05.2023 – 8 CS 22.2615
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35340
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine von der Antragsgegnerin (vermeintlich) angeordnete Untersagung, auf den öffentlichen Freischrankflächen seines Gaststättenbetriebs ökostrombetriebene Heizstrahler zu verwenden.
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Die Beteiligten gehen - unbeschadet der Tatsache, dass im Impressum der Homepage der Gaststätte die „… G. Verwaltungs GmbH“ als im Handelsregister eingetragene verantwortliche Person genannt wird - übereinstimmend davon aus, dass der Antragsteller seit 1998 die Gaststätte „Café … … …“ in der … in München betreibt. Von Anfang an wurden dem Antragsteller auf dessen Anträge hin immer wieder Sondernutzungserlaubnisse erteilt, die ihm erlaubten, bestimmte öffentliche Freischankflächen vor seiner Gaststätte zu bewirtschaften. Zuletzt wurde dem Antragsteller mit Bescheid vom 28. Februar 2018 eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis für eine Gesamtfläche von 74,94 qm erteilt. Im Rahmen der Inhaltsund Nebenbestimmungen des Bescheids wurde dem Antragsteller auf diesem Wege auch ausdrücklich erlaubt, während der Geltungsdauer der Mitteleuropäischen Sommerzeit auf seinen Freischankflächen maximal sechs Heizstrahler zu benutzen (vgl. Nr. 2.1 des Bescheids vom 28.2.2018).
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Am 5. Mai 2021 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München (Sondernutzungsrichtlinien - SoNuRL) und legte darin insbesondere fest, dass auf den öffentlichen Freischankflächen der Landeshauptstadt München die Verwendung von Heizstrahlern nicht mehr gestattet sei. Für 2021 sei ausschließlich für die Dauer der Mitteleuropäischen Sommerzeit die Genehmigung von Heizstrahlern zulässig, wenn diese elektrisch und mit Öko-Strom betrieben werden.
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Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass ökostrombetriebene Heizstrahler letztmalig bis zum 31. März 2022 geduldet würden.
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Am 29. März 2022 beantragte der Antragsteller unter Vorlage eines Lageplans für seine Gaststätte die Genehmigung einer weiteren Freischankfläche mit einer Gesamtfläche von 39 qm. Zugleich beantragte er für dieses Vorhaben eine Baugenehmigung.
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Am 27. April 2022 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin, dass aufgrund umwelt- und energiepolitischer Erwägungen an der aktuell geltenden Regelung des ganzjährigen Verbots von Heizstrahlern aller Art auf Freischankflächen festgehalten werde.
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Am 3. Juni 2022 erließ die Antragsgegnerin neue Sondernutzungsrichtlinien, die die vorherigen Regelungen vom 5. Mai 2021 mit Wirkung vom 1. Juli 2022 ersetzten und in denen unter anderem - insoweit identisch mit den Regelungen der Vorgängerrichtlinie - Folgendes geregelt ist:
I. Teil: Allgemeine Regelungen
(1) Der öffentliche Raum dient dem Gebrauch aller in der Landeshauptstadt München wohnenden und sich aufhaltenden Menschen. Dabei wird berücksichtigt, dass der Gemeingebrauch als vorrangige Zweckbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist und ihnen damit genügend Möglichkeiten zur Nutzung für Zwecke der Erholung, der Bewegung, des Verweilens und der Begegnung bleiben sowie der öffentliche Raum barrierefrei zugänglich und nutzbar ist.
(2) Gestaltung und Nutzung des öffentlichen Straßenraums werden mit den folgenden Richtlinien gesteuert. Auf diese Weise soll Nutzungskonflikten begegnet und das bestehende Stadtbild als Ausdruck und Zeichen einer gewachsenen urbanen Kultur erhalten werden.
(3) Bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen sollen deshalb neben den Belangen der Sicherheit, Leichtigkeit und Ordnung des Verkehrs und der Barrierefreiheit auch städtebauliche und gestalterische Belange Berücksichtigung finden. Zudem werden die Grundsätze der Abfallvermeidung beachtet.
(4) Diese Richtlinien lenken das Ermessen der Verwaltung und tragen somit zur Gleichbehandlung und Rechtssicherheit bei. Zudem dienen die Richtlinien der Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
(1) Diese Richtlinien gelten für alle in der Baulast der Landeshauptstadt München stehenden Straßen, Wege und Plätze mit ihren Bestandteilen im Sinne von Art. 2 BayStrWG, § 1 Abs. 4 FStrG, sofern keine Sondernutzung nach bürgerlichem Recht vorliegt (vgl. § 12 dieser Richtlinien).
(4) Eine Sondernutzung liegt vor, wenn die öffentlichen Straßen im Sinne des § 2 Abs. 1 dieser Richtlinien über den Gemeingebrauch bzw. kommunikativen Gemeingebrauch und den Anliegergebrauch hinaus benutzt werden.
II. Teil Verfahrensregelungen für Sondernutzungen
(1) Soweit im Bayerischen Straßen- und Wegegesetz nichts anderes bestimmt ist und sofern diese Richtlinien nicht ausdrücklich die Erlaubnisfreiheit normieren, bedarf die Benutzung der in § 2 Abs. 1 dieser Richtlinien bezeichneten Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Landeshauptstadt München auch dann, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt werden kann (vgl. § 1 der Sondernutzungsgebührensatzung in Verbindung mit Art. 22 und 22 a BayStrWG). § 12 dieser Richtlinien bleibt unberührt.
III. Teil Besondere Regelungen für die Nutzung des öffentlichen Straßenraums
(12) Die Verwendung von Heizstrahlern ist nicht gestattet. Für 2021 ist ausschließlich für die Dauer der Mitteleuropäischen Sommerzeit die Genehmigung von Heizstrahlern zulässig, wenn diese elektrisch und mit Öko-Strom betrieben werden.
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Mit Bescheid vom 17. Juni 2022, dem Antragsteller am 24. Juni 2022 persönlich zugestellt, erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Gaststätte „Café … … …“ in der … in München in stets widerruflicher Weise eine straßenverkehrs- und wegerechtliche Sondernutzungserlaubnis für die erweiterte Aufstellung von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund der Landeshauptstadt München in den Monaten April bis einschließlich Oktober gemäß dem vorgelegten Lageplan (Nr. 1 des Bescheids). In Nummer 2.1 des Bescheids heißt es, dass die Erlaubnis „unter den als Anlage beigefügten, vorformulierten Inhalts- und Nebenbestimmungen“ erteilt werde. Die Nummern 2.2 bis 2.9 des Bescheids enthalten weitere Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Sondernutzungserlaubnis; Nummer 3 des Bescheids regelt die Kosten des Bescheids. Dem Bescheid waren als Anlage ein Lageplan sowie die „Freischankflächen - Inhalts- und Nebenbestimmungen (Inhalts- und Nebenbestimmungen sowie Hinweise zur Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund der Landeshauptstadt München)“ beigefügt.
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Am 25. Juli 2022 erhob die … G. Verwaltungs GmbH gegen den Bescheid, soweit ihr darin die Verwendung von ökostrombetriebenen Heizstrahlern untersagt worden sei, Klage zum Verwaltungsgericht München (M 28 K 22.3646). Zugleich hat die … G. Verwaltungs GmbH um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht, den sie im Wesentlichen damit begründet, dass es ihr im Hinblick auf die desaströsen Umsatzeinbußen nicht zumutbar sei, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Im angegriffenen Verbot läge kein messbarer Nutzen, der Antragstellerin drohten hingegen weitere existentielle finanzielle Schäden, die auch im Nachgang nicht mehr reversibel seien. Die Interessenabwägung gehe daher zu ihren Lasten aus.
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Mit Schreiben vom 24. August 2022 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass er versehentlich Klage und Eilrechtschutz im Namen der … G. Verwaltungs GmbH erhoben habe und um Rubrumsberichtigung bitte. Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, dass der Antragsteller Klage- bzw. Antragspartei sei.
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Der Antragsteller beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Vollzug der Nummer II.3. der „Freischankflächen - Inhalts- und Nebenbestimmungen“ bis zur Entscheidung über die Klage insoweit vorläufig auszusetzen, als diese die Verwendung von ökostrombetriebenen Heizstrahlern untersagt.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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und begründet dies vor allem damit, dass der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch habe, da die Benutzung der Straße, mithin auch das Aufstellen von Heizstrahlern, der Erlaubnis bedürfe. Eine solche sei jedoch weder beantragt noch erteilt worden. Eine Erteilung wäre auch nicht möglich, da der Stadtrat mit Beschluss vom 5. Mai 2021 erstmals festgelegt habe, dass auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München Heizstrahler nicht mehr zulässig seien. Hierauf sei der Antragsteller in dem Bescheid vom 17. Juni 2022 hingewiesen worden; bei dem Hinweis handle es sich jedoch um keine Auflage. Da der Antragsteller selbst dann, wenn der Hinweis wegfiele über keine Genehmigung zum Betrieb der Heizstrahler verfüge, könne er sein verfolgtes Ziel mit dem von ihm gestellten Antrag, den Vollzug der Nummer II.3. der „Freischankflächen - Inhalts- und Nebenbestimmungen“ vorläufig auszusetzen, nicht erreichen. Soweit es dessen Ausführungen zum Bestehen eines Anordnungsgrundes betrifft, tritt die Antragsgegnerin dem Vorbringen des Antragstellers entgegen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten des Eil- und Klageverfahrens sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
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Der auslegungsbedürftige (nachfolgend 1.) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO dürfte zwar zulässig sein (nachfolgend 2.). Einen Anordnungsanspruch hat der Antragsteller allerdings nicht hinreichend glaubhaft gemacht (nachfolgend 3.).
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1. Der Eilantrag des Antragstellers ist als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung mit dem Ziel, die Verwendung von Heizstrahlern auf den öffentlichen Freischrankflächen seiner Gaststätte vorläufig zu erlauben, auszulegen.
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Soweit der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, den Vollzug der Nummer II.3 der „Freischankflächen - Inhalts- und Nebenbestimmungen“ bis zur Entscheidung über die Klage insoweit vorläufig auszusetzen, als diese die Verwendung von ökostrom-betriebenen Heizstrahlern untersagt, kann der Antragsteller sein erkennbares Rechtschutzziel auf diesem Wege nicht erreichen. Dies folgt schon daraus, dass die Bestimmung in Nummer II.3 der „Freischankflächen - Inhalts- und Nebenbestimmungen“ aufgrund der systematischen Differenzierung zwischen Inhalt- und Nebenbestimmungen einerseits und Hinweisen andererseits offenkundig keine verbindliche Rechtsfolge (gegenüber dem Antragsteller) setzen soll, mithin nicht anfechtbar ist und dementsprechend auch eine „Außervollzugsetzung“ des Hinweises wirkungslos wäre. Unschädlich ist demgegenüber, dass der Antragsteller in der Hauptsache bisher keine auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gerichtete (vgl. hierzu nachfolgend 2.) Verpflichtungsklage erhoben hat, da der Antrag nach § 123 VwGO auch bereits vor Klageerhebung zulässig sein kann (Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 42. EL Februar 2022, § 123 Rn. 106).
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2. Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsteller für die begehrte Verwendung von Heizstrahlern im Grundsatz einer gesonderten (Sondernutzungs-)Erlaubnis bedarf, die er bis dato lediglich für bestimmte Teile seiner Freischankflächen besitzt; im Übrigen hat er eine Sondernutzungserlaubnis schon nicht beantragt (nachfolgend a)). Trotz dieser Umstände dürfte der Eilantrag dennoch (insgesamt) zulässig sein, da der Antragsteller auf Grund des Verhaltens der Antragsgegnerin davon ausgehen musste, dass er Heizstrahler insgesamt auf seinen Freischankflächen nicht verwenden darf und im Übrigen auch ein Genehmigungsantrag nicht erfolgversprechend wäre (nachfolgend b)).
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a) Nach Art. 18 BayStrWG bedarf die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn die tatsächliche Benutzung des öffentlichen Straßenraums durch andere ausgeschlossen ist (BayVGH, B.v. 5.12.2011 - 8 ZB 11.1748 - BeckRS 2012, 52600 Rn. 23). Da der Antragsteller die Straße in einem über den Gemeingebrauch hinausgehenden Maß benutzt, wenn er Heizstrahler auf öffentlichem Straßengrund verwendet, stellt diese Benutzung im Grundsatz eine erlaubnispflichtige Sondernutzung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG dar.
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aa) Mit Bescheid vom 28. Februar 2018 ist dem Antragsteller im Rahmen der straßenverkehrs- und wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund der Landeshauptstadt München für eine Freischankfläche von insgesamt 74,94 qm erlaubt worden, während der Geltungsdauer der Mitteleuropäischen Sommerzeit maximal sechs Heizstrahler zu benutzen (vgl. Nr. 2.1 des Bescheids). Mangels anderslautender Erkenntnisse geht das Gericht davon aus, dass die Antragsgegnerin diese dem Antragsteller erteilte Erlaubnis bis dato nicht (formell) widerrufen hat und der Antragsteller jedenfalls auf dieser Fläche daher tatsächlich (nach wie vor) Heizstrahler verwenden dürfte.
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Insbesondere kann in den diversen Hinweisschreiben der Antragsgegnerin, mit denen diese den Antragsteller auf die Unzulässigkeit der Nutzung von Heizstrahlern hingewiesen hat, nach vorläufiger Einschätzung wohl eher kein ausreichender Widerruf gesehen werden, da sich diese Schreiben nicht mit dem Umstand auseinandersetzen, dass dem Antragsteller in der Vergangenheit - wenngleich in stets widerruflicher Weise - konkret und ausdrücklich die Verwendung von Heizstrahlern unbefristet genehmigt wurde. Weiterhin sei angemerkt, dass auch die Sondernutzungsrichtlinien der Antragsgegnerin selbst dem Antragsteller die Verwendung von Heizstrahlern nicht mit rechtsverbindlicher Wirkung untersagen. Denn bei diesen handelt es sich lediglich um verwaltungsinterne Regelungen ohne Außenwirkung (sog. „ermessenlenkende Verwaltungsvorschriften“, vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 − 8 ZB 10.2931 - NJOZ 2012, 1374).
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bb) Hinsichtlich der mit Bescheid vom 17. Juni 2022 genehmigten Erweiterungsfläche hat der Antragsteller eine Verwendung von Heizstrahlern hingegen schon nicht beantragt, weshalb ihm hierfür auch keine Genehmigung erteilt worden ist. Mit Bescheid vom 17. Juni 2022 genehmigte die Antragsgegnerin insofern lediglich die Aufstellung von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund. Im Gegensatz zu dem Bescheid vom 28. Februar 2018 enthält der Bescheid vom 17. Juni 2022 in seinen Inhalts- und Nebenbestimmungen auch gerade keine gesonderte Erlaubnis für die Verwendung von Heizstrahlern. Vielmehr lässt sich den Hinweisen der vorformulierten „Freischankflächen - Inhalts- und Nebenbestimmungen“ der Antragsgegnerin entnehmen, dass die Verwendung von Heizstrahlern unzulässig sei. Abgesehen davon wird in Nummer 2.4 der vorformulierten Inhalts- und Nebenbestimmungen der Antragsgegnerin, die aufgrund des Verweises in Nummer 2.1 des Bescheids gegenüber dem Antragsteller unmittelbare Regelungswirkung entfalten, geregelt, dass „sonstiges Mobiliar“ (mit Ausnahme der dort explizit von dem Verbot ausgenommenen Einrichtungen wie beispielsweise Serviertische) grundsätzlich nicht zugelassen ist. Aufgrund des Auffangcharakters dieser Norm dürften hiervon auch Heizstrahler erfasst sein, selbst wenn diese - was im Hinblick auf das Gebot der Normklarheit unglücklich sein mag - in der Aufzählung nicht ausdrücklich erwähnt werden.
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b) Obwohl der Antragsteller auf Teilen seiner Freischankflächen nach wie vor Heizstrahler verwenden dürfte (oben aa)) und er für seine übrigen Freischankflächen eine solche Verwendung schon nicht - wie an sich erforderlich - beantragt hat (oben bb), besitzt er dennoch ausnahmsweise ein Rechtschutzbedürfnis für seinen Eilantrag.
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Denn die Antragsgegnerin hat durch ihr Verhalten gegenüber dem Antragsteller mehrfach unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass aus ihrer Sicht die Verwendung von Heizstrahlern auf allen Freischankflächen im gesamten Stadtgebiet (ausnahmslos) unzulässig ist und auch ein entsprechender Genehmigungsantrag nicht erfolgversprechend wäre. Dies fängt schon damit an, dass die Antragsgegnerin am 5. Mai 2021 die Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München (Sondernutzungsrichtlinien - SoNuRL) beschlossen und darin insbesondere festgelegt hat, dass auf den öffentlichen Freischankflächen der Landeshauptstadt München die Verwendung von Heizstrahlern - vorbehaltlich einer vorübergehenden Ausnahme für ökostrombetriebene Heizstrahler - nicht mehr gestattet sei. Hierdurch hat sich die Antragsgegnerin im Hinblick auf eine etwaige Ermessensentscheidung bei der Sondernutzungserlaubnis selbst gebunden, sodass das Ergebnis eines entsprechenden Genehmigungsantrags bereits im Vorhinein feststeht. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller sodann mit, dass ökostrombetriebene Heizstrahler letztmalig bis zum 31. März 2022 geduldet würden. Bei ihrer Stadtratssitzung am 27. April 2022 hat die Antragsgegnerin daraufhin beschlossen, dass aufgrund umwelt- und energiepolitischer Erwägungen an der aktuell geltenden Regelung des ganzjährigen Verbots von Heizstrahlern aller Art auf Freischankflächen festgehalten werde. Entsprechend teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Juni 2022 - ohne dabei zwischen den einzelnen Freischankflächen und den diesen zugrundliegenden Rechtsgrundlagen zu unterscheiden - in der Folge mit, dass Heizstrahler auf öffentlichem Verkehrsgrund verboten seien und er aufgefordert werde, die auf seinen Freischankflächen installierten Heizstrahler sofort zu entfernen; andernfalls werde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.
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All dies musste beim Antragsteller zweifellos den Anschein erwecken, dass ihm die Verwendung von Heizstrahlern seitens der Antragsgegnerin auf all seinen Freischankflächen untersagt worden ist und dass im Übrigen auch ein entsprechender Genehmigungsantrag bei der Behörde sinnlos wäre. Auch aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes kann vom Antragsteller daher nicht verlangt werden, dass er sich zunächst an die Antragsgegnerin wendet, um dort einen offensichtlich aussichtslosen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Verwendung von Heizstrahlern zu stellen.
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2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nicht begründet.
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Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
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Dabei hat die Antragspartei sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
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Das erkennbare Rechtsschutzziel des Antragstellers geht dahin, dass er auf den öffentlichen Freischrankflächen seiner Gaststätte vorläufig ökostrombetriebene Heizstrahler verwenden darf. Für diesen vorläufig zu sichernden materiellen Anspruch hat er jedenfalls die für einen Anordnungsanspruch maßgeblichen Tatsachen i.S.d. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
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Denn das Gericht kann auf Grund der im Eilverfahren erkennbar gewordenen tatsächlichen Umstände und rechtlichen Standpunkte nicht erkennen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich als Ergebnis einer ermessensfehlerfreien Entscheidung der Antragsgegnerin nur eine den Betrieb von Heizstrahlern mit Ökostrom zulassende Sondernutzungsgenehmigung ergeben kann.
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Grundsätzlich steht die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin. Es besteht also kein Rechtsanspruch auf ihre Erteilung, sondern nur ein solcher auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (vgl. BayVGH, U.v. 1.3.2021 - 8 B 21.646 - juris Rn. 21 m.w.N.). Die Ermessensausübung hat dem Normenzweck des Art. 18 BayStrWG entsprechend sachbezogen nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu erfolgen. Die Straßenbaubehörde kann somit Sondernutzungen in stets widerruflicher Weise ganz oder teilweise zulassen (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG), sie kann die Erlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen aber auch mit Nebenbestimmungen im Sinne von Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG versehen. Insbesondere kann sie dem Begünstigten durch Auflagen nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorschreiben. Auch bei der Ausübung des Ermessens nach Art. 36 Abs. 2, Art. 40 BayVwVfG muss sich die Behörde am Zweck der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage orientieren (BayVGH B.v. 5.12.2011 - 8 ZB 11.1748 - BeckRS 2012, 52600 Rn. 26). Auflagen und Bedingungen werden dabei in erster Linie zur Vermeidung oder Kompensierung von Gemeingebrauchsbeeinträchtigungen in die Erlaubnis aufgenommen, um - entsprechend auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - eine Versagung zu vermeiden (vgl. Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Werkstand: 31. EL September 2021, Art. 18 Rn. 22).
33
Es entspricht bisher ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass Bedingungen und Auflagen nach Maßgabe des Art. 36 BayVwVfG grundsätzlich (nur) in die Erlaubnis aufgenommen werden können, wenn dies für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder zum Schutz der Straße erforderlich ist. Ebenso wie bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis selbst können darüber hinaus auch im Rahmen des Ermessens zur Aufnahme von Nebenbestimmungen Belange des Umfelds der Straße, z.B. bauplanerische, baupflegerische oder städtebauliche Belange, mit in die Entscheidung einbezogen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass ein sachlicher Bezug zur jeweiligen Straße gegeben ist und ein konkretes Gestaltungskonzept der Gemeinde vorliegt (VG München, U.v. 28.9.2010 - M 2 K 10.1880 - juris Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Werkstand: 31. EL September 2021, Art. 18 Rn. 22, 26). Nebenbestimmungen dürfen daher beispielsweise nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes (BayVGH, U.v. 22.6.2010 - 8 BV 10.182 - NVwZ-RR 2010, 830), aus sicherheits- und ordnungsbehördlichen Gründen (OVG Münster, B.v. 2.8.2006 - 11 A 2642/04 - BeckRS 20016, 24874) oder zum Zwecke der Abfallvermeidung (BVerwG, U.v. 23.4.1997 - 11 C 4.96 - BeckRS 1997, 22858) in die Sondernutzungserlaubnis aufgenommen werden (vgl. auch Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Werkstand: 31. EL September 2021, Art. 18 Rn. 22, 26 m.w.N.). Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen (vgl. BVerwG, U.v. 19. Mai 1981 - 1 C 169.79 - BVerwGE 62, 215, 222 m. w. N.).
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Gemessen an dieser bislang wohl herrschenden Meinung könnten alleine klima- bzw. energiepolitische Erwägungen, wie sie die Antragsgegnerin ausweislich ihrer Antragserwiderung im Rahmen der Aufstellung ihrer Sondernutzungsrichtlinien angestellt hat, keine maßgebliche Rolle im Rahmen der Ermessensentscheidung spielen. Die Versagung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis dürfte mithin nicht auf Erwägungen ohne Straßenbezug gestützt werden. Darüber hinaus wäre auch ein straßenrechtliches Verbot von Heizstrahlern, dass maßgeblich auf solche Erwägungen gestützt wird und das von keinem anderen berücksichtigungsfähigen Grund mit Straßenbezug getragen wird, in Bayern derzeit rechtswidrig. Demnach obläge es vielmehr dem (Landes-)Gesetzgeber, eine straßenrechtliche Befugnis im Bayerischen Straßen- und Wegegesetz zu schaffen, die es den Straßenbaubehörden gestatten würde, bei ihren Ermessenserwägungen auch klima- bzw. energiepolitische Aspekte (maßgeblich) berücksichtigen zu dürfen (vgl. zu dieser Möglichkeit § 11 des Berliner Straßengesetzes, nach dem einer Sondernutzung auch überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden dürfen und hierzu die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 3.11.2011 - OVG 1 B 65/10 - NVwZ-RR 2012, 217).
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Dem kann jedoch mit guten Gründen entgegengehalten werden, dass der Staat gemäß Art. 20a GG auch heute schon zum Klimaschutz verpflichtet ist und der Gesetzgeber daher zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen muss, um die Folgen des Klimawandels abzumildern (BVerfG, B.v. 24.3.2021 - BvR 2656/18 u.a. - BVerfGE 157, 30-177 „Klimaschutzbeschluss“). Nach Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Als an den Staat gerichtete Zielbestimmung verpflichtet die Regelung den Staat in allen seinen Erscheinungsformen, allerdings in unterschiedlicher Intensität. In erster Linie trifft die Verpflichtung den Gesetzgeber, den in dieser Norm enthaltenen Gestaltungsauftrag umzusetzen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in der verfassungsgesetzlichen Ausformulierung des Art. 20a GG verfügt allerdings über keinen einseitigen Prioritätsanspruch; er steht nicht für sich und allein, sondern im Gesamtkontext bzw. Gesamtbezug der Verfassungsordnung und ihren Schutzgütern im Übrigen (BT-Drs. 12/6633 S. 6; BT-Drs. 12/6000, S. 67). Durch die ausdrückliche Einordnung der Staatszielbestimmung in die verfassungsmäßige Ordnung wird insoweit klargestellt, dass der Umweltschutz keinen absoluten Vorrang genießt, sondern lediglich in Ausgleich mit anderen Verfassungsprinzipien und Rechtsgütern zu bringen ist (BayVGH, U.v. 21.6.2022 - 8 A 20.40019 - juris Rn. 66 f. m.w.N.).
36
Die Antragsgegnerin führte hierzu in ihrer Antragserwiderung ergänzend aus, dass der (bayerische) Gesetzgeber durch die Einführung des Art. 18a BayStrWG bereits zum Ausdruck gebracht habe, dass die Einbeziehung von klimapolitischen Überlegungen bei der Ermessensausübung im Rahmen der Sondernutzungserlaubnis dem Grunde nach möglich und notwendig sein soll. Insofern habe das Straßen- und Wegerecht eine wesentliche Neuerung erfahren, als seither umweltrechtliche Belange im Rahmen der Erlaubniserteilung (zunächst für Carsharing) herangezogen werden können. Aufgrund der mittlerweile gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Klimaschutz und Energieeinsparung müsse dies auch im Rahmen weiterer Genehmigungsverfahren im Sondernutzungsrecht möglich sein.
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Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Klimakrise sowie der aktuell hinzutretenden Energiekrise gewinnt auch das Gebot zum Energiesparen zunehmend an Bedeutung. In Anbetracht der allgemeinen Bestrebungen, Energie einzusparen und dadurch den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid zu verringern, erscheint es im Grundsatz durchaus gerechtfertigt, Klimaschutzgesichtspunkte auch bei der Sondernutzung auf öffentlichem Straßenland als Ermessensgesichtspunkt zu berücksichtigen. Dabei bedarf es jedenfalls an dieser Stelle keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob und welche negativen Auswirkungen die vom Antragsteller benutzten Heizstrahler tatsächlich auf die Umwelt oder die Energieversorgung haben. Denn insoweit scheint es jedenfalls naheliegend, der Antragsgegnerin zugunsten eines effektiven Verwaltungsvollzugs und unter Berücksichtigung einer von einem generalisierenden Verbot ausgehenden „Vorbildwirkung“ den Verzicht auf eine Differenzierung unterschiedlicher Bau- und Betriebsweisen einzelner Heizstrahlmodelle zuzugestehen.
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Ob in Anbetracht der neuen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 20a GG und der aktuellen Klima- bzw. Energiekrisen nach wie vor davon auszugehen ist, dass zulässige Ermessenserwägungen stets einen sachlichen Bezug zur jeweiligen Straße aufweisen müssen oder ob der Antragsgegnerin insoweit nicht jedenfalls im Hinblick auf klima- und energiepolitische Erwägungen ein demgegenüber erweiterter Ermessens- und Entscheidungsspielraum zugebilligt werden kann oder sogar muss, ist nach alldem zumindest bei summarischer Prüfung im Eilverfahren als offen anzusehen. Mithin kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich als Ergebnis einer ermessensfehlerfreien Entscheidung der Antragsgegnerin nur eine den Betrieb von Heizstrahlern mit Ökostrom zulassende Sondernutzungsgenehmigung ergeben kann.
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3. Der Antrag war nach alledem abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Nummer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai bzw. 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.