Titel:
Begründeter Unterlassungsanspruch und Erstattung von außergerichtlichen Abmahnkosten im Zusammenhang mit Zahlungsdienstverträgen
Normenketten:
UKlaG § 4
UWG § 13 Abs. 3
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 657f Abs. 5 S. 1
ZAG § 1 Abs. 5
Leitsätze:
1. Der im Bürgerlichen Recht geltende Grundsatz der Privatautonomie stellt es den Vertragsparteien grundsätzlich frei, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen, weshalb es insoweit regelmäßig auch an gesetzlichen Vorgaben und damit an einem Kontrollmaßstab fehlt. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 5 ZAG jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister für die Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen. Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument in diesem Sinne ist das Online-Banking, auch unter Verwendung von PIN und TAN. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. AGB sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, geht die Unklarheit nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verbraucherzentrale, lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche, außergerichtliche Abmahnkosten, allgemeine Geschäftsbedingungen, Zahlungsauthentifizierungsinstrument, TAN, PIN, sm@rt-TAN photo, sm@rt-TAN plus
Fundstellen:
BeckRS 2022, 35308
MMR 2023, 394
LSK 2022, 35308
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen im Zusammenhang mit Zahlungsdiensteverträgen nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Authentifizierungsverfahren im Rahmen des Online-Banking in Verträge mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Bestimmungen zu berufen:
„Nutzung mobile TAN je SMS € 0,09"
„Nutzung sm@rt TAN plus oder sm@rt TAN photo pro Monat € 2,50"
wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 210,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 12.06.2021 zu zahlen
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 Euro und in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte mit Haupt- und Hilfsantrag lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend und fordert zudem die Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten.
2
Die Klägerin ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 26 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland (Anlage K1), sie gehört zu den qualifizierten Einrichtungen gem. § 4 UKIaG (Anlage K1 und K2).
3
Die Beklagte ist eine Privatbank mit Sitz in … die u.a. im Privatkundengeschäft tätig ist (Anlage K3 und K4).
4
Die Beklagte bietet ihren Kunden, zu denen auch Verbraucher gehören, verschiedene Authentifizierungsverfahren für die Durchführung des Online-Banking an. Beim kostenlosen SecureGo-Verfahren wird eine Transaktionsnummer (TAN) über eine App generiert. Für die Benutzung der App benötigt der Nutzer ein Smartphone oder eine Tablet (Anlage K5). Weiter bietet die Beklagte die Verfahren sm@rt-TAN plus und sm@rt-TAN photo sowie das mobile TAN Verfahren als kostenpflichtige Verfahren für die Authentifizierung für die Durchführung des Online-Banking an.
5
Zur Nutzung des Verfahrens sm@rt-TAN plus und sm@rt-TAN photo heißt es im Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten, dass die Kosten der „Nutzung sm@rt-TAN oder sm@rt-TAN photo pro Monat €2,50“ betragen (Anlagen K13/K14, inhaltlich ebenso Anlagen K5-K7)
6
In Bezug auf die Nutzung einer mobilen TAN heißt es ebendort, dass die Kosten für die „Nutzung mobileTAN je SMS € 0,09“ betragen (vgl. Anlagen K13/K14, inhaltlich ebenso Anlagen K5-K7).
7
Im Preisverzeichnis findet sich zu diesen Verfahren jeweils eine Fußnote 3 mit dem Hinweis:
„Diese werden nur berechnet, wenn der Grund hierfür in den vom Kunden zu vertretenden Verantwortungsbereich fällt und/oder durch diesen erforderlich gemacht wurden“ (Anlagen K13/K14).
8
Die Klägerin hat die Beklagte am 17.12.2020 wegen der Bepreisung betreffend das sm@rt-TAN plus Verfahren (Anlage K8) und am 11.02.2021 wegen der Bepreisung betreffend das sm@rt-TAN photo Verfahren abgemahnt (Anlage K10). Die Beklagte wies die Ansprüche zurück (Anlage K11, K13).
9
Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr ein Unterlassungsanspruch aus §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 675 f Abs. 5 Satz 1 BGB i.V.m. § 1 UKIaG zustehe. Hilfsweise stützt sie den Unterlassungsanspruch auf § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3 a UWG i.V.m. § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB.
10
Die Klägerin meint, wenn eine an den Kunden übermittelte TAN nicht zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet werde, liege kein entgeltpflichtiger Zahlungsdienst vor.
11
Die von der Beklagten genutzten Klauseln zu Bepreisung könnten aber nur so verstanden werden, dass die Bepreisung unabhängig von der Nutzung der jeweils übermittelten TAN für einen konkreten Zahlungsvorgang erfolge. Dies habe auch die Beklagte im Schreiben vom 11.01.2021 (Anlage K9) so gesehen, als sie selbst die Leistung als „nutzungsunabhängiges Bereitstellungsentgelt“ beschrieben habe.
12
Jedenfalls handele es sich bei der Festsetzung der Entgelte um Preisnebenabreden und nicht um Preisabreden über die Hauptleistung. Die Regelungen dieser Preisnebenabreden unterlägen der Inhaltskontrolle. Sie verstießen vorliegend gegen § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB, da sie den Kunden unangemessen benachteiligten, und seien daher gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
13
Nach der „kundenfeindlichsten Auslegung“ seien die Klauseln nicht so zu verstehen, dass sie auf die Nutzung einer (per SMS) übermittelten TAN zur Erteilung eines Zahlungsauftrags bezogen seien, vielmehr seien sie so zu verstehen, dass schon die Übermittlung der TAN an den Kunden kostenpflichtig sei, ohne dass es zwingend sei, dass die TAN auch für den Zahlungsauftrag genutzt werde. Die Fußnote schließe Fälle der Nichtnutzung der TAN nicht aus, so dass die Klausel auch Fälle, in denen kein entgeltpflichtiger Zahlungsdienst vorliege, erfasse.
14
Nach der Transparenzkontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sei die Fußnote als intransparent anzusehen. Der Bedeutungsgehalt der Klausel sei unklar, es sei sprachlich nicht klar, worauf sich der „Verantwortungsbereich“ beziehe. Auch bleibe unklar, ob die Kosten bei einer Nutzung im Monat auch bei allen darauffolgenden Monaten anfalle.
15
Der Kostenerstattungsanspruch folge aus § 13 Abs. 3 UWG sowie aus § 5 UKIaG i.V.m. § 13 Abs. 3 UWG.
Die Beklagte wird verurteilt,
(a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen im Zusammenhang mit Zahlungsdiensteverträgen nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Authentifizierungsverfahren im Rahmen des Online-Banking in Verträge mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Bestimmungen zu berufen:
„Nutzung mobile TAN je SMS € 0,09"
„Nutzung sm@rt TAN plus oder sm@rt TAN photo pro Monat € 2,50"
wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben
- Im Rahmen geschäftlicher Handlungen im Zusammenhang mit Zahlungsdienstverträgen Verbrauchern in Bezug auf Authentifizierungsverfahren im Rahmen des Online-Banking auf ihrer Internetseite mitzuteilen,
- ••
-
dass für die Nutzung des sog. Sm@rt-TAN plus und/oder des sog. „Sm@rt-TAN photo Verfahrens monatliche Kosten in Höhe von 2,50 € anfallen
und/oder
- ••
-
dass für die Nutzung des mobileTAN Verfahrens je SMS 0,09 € anfallen
wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben
(b) an die Klägerin EUR 210,00 nebst 5 Prozentpunkten jährlich Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
16
Die Beklagte beantragt,
17
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da die beanstandeten Bestimmungen nicht lesbar seien, § 8 UKIaG sei nicht erfüllt. Die Klage sei auch unbegründet. Der Klägerin stünde ein Unterlassungsanspruch nicht zu.
18
Die sm@rt-TAN plus und sm@rt-TAN photo Verfahren beträfen zusätzliche Sonderleistungen beim Onlinebanking, die auch gesondert bepreist werden dürften. Denn auch ohne diese Sonderleistung könne der Kunde seinen Zahlungsverkehr abwickeln. Es handele sich damit bei den angegriffenen Klauseln um nicht kontrollfähige Preishauptabreden, die nicht der AGB-Kontrolle unterlägen, sondern um Abreden über den Gegenstand des Vertrages, die der verfassungsrechtlich geschützten Vertragsfreiheit unterfielen.
19
Die Klausel sei zudem so auszulegen, dass die Kosten nur anfielen, wenn der Kunde das Verfahren auch tatsächlich zur Erteilung eines Zahlungsauftrags nutze.
20
Auch in Bezug auf das mobile TAN-Verfahren ergebe die Auslegung, die einer Inhaltskontrolle vorgehe, dass eine Bepreisung nicht ausnahmslos erfolge. Im Preis-Leistungsverzeichnis sei eindeutig formuliert, dass eine Bepreisung nur erfolge, wenn der Grund für die Nutzung der mobilen TAN in den vom Kunden zu vertretenden Verantwortungsbereich falle und/oder durch diesen erforderlich gemacht werde.
21
Der Inhalt ergebe sich durch Auslegung, die streitgegenständliche Klausel sei eindeutig, denn nur wenn der Einsatz der TAN dem Kunden nutze, weil der Vorgang erfolgreich gewesen sei, solle eine Bepreisung erfolgen. Dies sei eindeutig, da von „Nutzung“ und „vom Kunden zu vertretenden Verantwortungsbereich“ gesprochen werde. Die Nutzung sei von der Verwendung abzugrenzen. Demgemäß sei auch kein unlauteres Handeln gegeben und die Abmahnung unberechtigt.
22
Am 15.03.2022 ist ein nachgelassener Schriftsatz der Beklagten vom 15.03.2022 bei Gericht eingegangen.
23
Im Übrigen wird in Bezug auf den Vortrag der Parteien auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2022 (Bl. 62/64 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
25
Der Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt gem. § 8 UKIaG. Die im Klageantrag enthaltenen Abbildungen liegen jedenfalls mit Anlagen K14 und K15-K17 in lesbarer Form vor.
26
Die 33. Zivilkammer des Landgerichts München I ist gem. B. Ziffer 8 a, Nr. 5 des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts München I für die maßgeblichen Jahre 2021 und 2022 der für die lauterkeitsrechtliche Streitigkeit zuständige Spruchkörper.
27
Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung (I.) und die Erstattung von außergerichtlichen Abmahnkosten verlangen (II.).
28
I. Der Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung gem. §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 307 Abs. 1 Satz 2, 675 f Abs. 5 Satz 1 BGB i.V.m. § 1 UKIaG verlangen, da die Beklagte im Rahmen geschäftlicher Handlungen im Zusammenhang mit Zahlungsdiensteverträgen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind. Einer Entscheidung über den insoweit gestellten Hilfsantrag bedurfte es nicht mehr.
29
1. Die Klagebefugnis der in die Liste nach § 4 UKIaG eingetragenen Klägerin beruht auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKIaG, was von der Beklagten zu Recht nicht in Zweifel gezogen wurde.
30
2. Bei den streitgegenständlichen Klauseln, welche die Beklagte zur Bepreisung der drei TAN-Verfahren, namentlich mobileTAN, sm@rt-TAN plus und sm@rt-TAN photo, verwendet, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (a), die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (b) und gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (c) unwirksam sind.
31
a. Die Vereinbarung der Entgelte erfolgte durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in Form des in Bezug genommenen Preis- und Leistungsverzeichnisses (Anlage K14). Es handelt sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Beklagte als Vertragspartei der anderen Vertragspartei stellt.
32
b. Die streitgegenständlichen Klauseln der Beklagten verstoßen gegen § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB und sind, da diese Norm eine wesentliche gesetzliche Bestimmung ist, die eine gesetzlich festgeschriebene Kostenverteilung beinhaltet, von der nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB abgewichen wird, eine echte Preisnebenabrede und gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
33
aa. Ob Bestimmungen, mit welchen Entgelte vereinbart werden, einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen, richtet sich nach § 307 Abs. 3 BGB.
34
Die Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ist nach § 307 Abs. 3 BGB auf Klauseln beschränkt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine bloß deklaratorischen Klauseln oder solche, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (ständige Rechtsprechung, z.B. BGH NJW 2018, 534 Rn. 15; NJW-RR 2016, 1387 Rn. 12; NJW 2015, 328 [331] Rn. 37; NJW 2011, 1726 Rn. 15; NJW 2002, 2386; NJW 2013, 995 Rn. 13). Denn der im Bürgerlichen Recht geltende Grundsatz der Privatautonomie stellt es den Vertragsparteien im Allgemeinen frei, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen, weshalb es insoweit regelmäßig auch an gesetzlichen Vorgaben und damit an einem Kontrollmaßstab fehlt (BGH NJW 2018, 534 [535]; NJW 2015, 328 [331]; NJW 2011, 1726; NJW 2002, 2386; NJW 2010, 2789 [2790] Rn. 19).
35
Preisnebenabreden dagegen treten als lediglich ergänzende Regelungen, die die Art und Weise der Erbringung der Vergütung und/oder etwaige Modifikationen des Preises zum Inhalt haben, „neben“ eine bereits bestehende Preis(haupt-)abrede (BGH NJW 2010, 2789; NJW 2001, 2399) und gestalten auf diese Weise zwar indirekt die vertragliche Vergütung; sie bestimmen aber nicht unmittelbar das Ob und den Umfang von Entgelten für Leistungen, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht werden (BGH NJW 2019, 47). Als Preisnebenabrede kontrollfähig sind damit auch Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen (BGH NJW 2016, 560; BGH NJW 2017, 3222 Rn. 20 – Unzulässiges Entgelt für SMS-TAN). Auch kontrollfähig sind Klauseln, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht werden, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt (BGH NJW 2011, 1726 Rn. 18; NJW 2013, 995 Rn. 13, BGH NJW 2016, 560 Rn. 16). Dies gilt auch dann, wenn die Entgeltklausel in einem Regelwerk enthalten ist, das Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt (BGH NJW 2016, 560 Rn. 16, BGH NJW 2017, 3222, Rn. 20 – Unzulässiges Entgelt für SMS-TAN).
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bb. Die von der Klägerin angegriffenen Klauseln enthalten von Rechtsvorschriften abweichende Bestimmungen im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil sie in der Art und Weise der Bepreisung der TANs gegen die Vorgaben des § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB verstoßen. Sie unterliegen daher der Inhaltskontrolle.
(1) § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB stellt klar, dass es sich beim Zahlungsdienstevertrag um einen gegenseitigen, entgeltlichen Vertrag handelt. Dabei knüpft die Vorschrift die Entgeltpflicht an die „Erbringung eines Zahlungsdienstes“ an.
37
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW 2017, 3222 Rn. 27 – Unzulässiges Entgelt für SMS-TAN) gehört zu Zahlungsdiensten gem. § 657 c Abs. 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 4 ZAG die Ausgabe von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten.
38
(aa) Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 5 ZAG jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister für die Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen. Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument in diesem Sinne ist somit auch das von der Beklagten angebotene Online-Banking, auch unter Verwendung von PIN und TAN (vgl. BT-Drs. 16/11613, 36; BGH NJW 2017, 3222 Rn. 28 – Unzulässiges Entgelt für SMS-TAN, m.w.N.).
39
(bb) Eine TAN (oder PIN) stellt dabei ihrerseits kein Zahlungsauthentifizierungsinstrument dar, sondern vielmehr ein personalisiertes Sicherheitsmerkmal, das einem vereinbarten Zahlungsauthentifizierungsinstrument nur zugeordnet ist (vgl. BT-Drs. 16/11643, 106; BGH NJW 2017, 3222 Rn. 28 – Unzulässiges Entgelt für SMS-TAN, m.w.N.). Als solche sind sie Bestandteil des Zahlungsauthentifizierungsinstruments „Online-Banking“, sei es mittels PIN, TAN oder Photo.
40
(2) Im Rahmen der Ausgabe des Zahlungsauthentifizierungsinstruments „Online-Banking“ mittels PIN, TAN oder TAN-Photo als Zahlungsdienst (§ 675 c Abs. 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 4 ZAG) kann die Ausgabe der persönlichen Sicherheitsmerkmale somit nur dann als Bestandteil der Hauptleistung mit einem Entgelt nach § 675 f Abs. 5 Satz 1 BGB bepreist werden, wenn sie auch tatsächlich der Erteilung eines Zahlungsvorgangs dient und insoweit als Teil des Zahlungsauthentifizierungsinstruments (§ 1 Abs. 5 ZAG) fungiert. Geschieht dies nicht, ist die Ausgabe einer TAN, einer PIN oder eines Photos nicht Teil der vertraglichen Hauptleistung und kann daher nicht Gegenstand einer Entgeltvereinbarung nach § 675 f Abs. 5 Satz 1 BGB sein, weil kein Zahlungsdienst erbracht wird, sondern nur eine Zahlungsauthentifizierung zur Sicherung des Vorgangs erfolgt.
41
Dies bedeutet, dass eine TAN (sei es als mobile TAN, sm@rt-TAN photo oder sm@rt-TAN plus) nur dann mit einem Entgelt nach § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB bepreist werden darf, wenn sie auch tatsächlich der Erteilung eines Zahlungsvorgangs dient, nicht hingegen dann, wenn sie nur versandt, aber nicht genutzt wird (vgl. BGH NJW 2017, 3222 Rn. 30 – Unzulässiges Entgelt für SMS-TAN).
42
(3) Nach diesen Vorgaben kann für die Ausgabe der TAN in den von der Beklagten benannten Fällen eine Bepreisung nicht uneingeschränkt erfolgen.
43
Indem die von der Klägerin beanstandeten Klauseln nach dem Wortlaut immer dann ein Entgelt für eine TAN vorsehen, wenn ausweislich der Fußnote 3 „der Grund hierfür in den vom Kunden zu vertretenden Verantwortungsbereich fällt und/oder durch diesen erforderlich gemacht wurde“, was auch Fälle betreffen kann, in denen sie tatsächlich nicht für einen Zahlungsdienst genutzt werden, d.h. das betreffende Entgelt also nicht (nur) für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbart wurde, weichen diese von § 675 f Abs. 5 Satz 1 BGB ab.
44
Zwar liegt – ausweislich der Fußnote – vorliegend keine pauschale Bepreisung vor. Die insoweit vorgegebenen Ausnahmen stehen gleichwohl nicht im Einklang mit den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung, da diese gerade nicht an eine konkrete Nutzung anknüpfen, sondern an – ähnlich dem § 657 I BGB – eine „Verantwortung“ für die Entstehung von Kosten, wie z.B. bei einem Verlust. Es sind somit gerade nicht, jedenfalls nicht regelhaft, die Fälle ausgenommen, in denen der Kunde die TAN nicht nutzt, sondern nur solche, in denen er für die Auslösung der TAN nicht „verantwortlich“ war.
45
Dass Kunden eine ihnen bereits übermittelte TAN letztlich nicht für die Erteilung eines Zahlungsauftrags einsetzen – etwa, weil eine TAN wegen Überschreitung der zeitlichen Geltungsdauer nicht mehr eingesetzt werden kann, oder weil die TAN der Beklagten wegen einer technischen Fehlfunktion nicht zugeht und deshalb in der Folge auch nicht zur Ausführung gelangt, oder weil beim abschließenden Datenabgleich ein sog. „Phishing“-Verdacht entsteht, stellt keine atypische Regelungssituation dar, die einer AGB-Kontrolle entgegenstünde (vgl. BGH NJW 2017, 3222 Rn. 25 – Unzulässiges Entgelt für SIMS-TAN).
46
(4) Nicht zuletzt läge auch bei einer in der Literatur vertretenen Einordnung der TAN auch in Kombination mit dem Online-Banking allein als personalisiertes Sicherheitsmerkmal (und nicht als „Zahlungsdienst für den Fall der Nutzung“ wie in BGH NJW 2017, 3222, so etwa MüKo/Linardatos, HGB, 4. Auflage, K. Online-Banking Rdnr. 93 ff.) ein Verstoß gegen § 657 I Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. § 657 e BGB vor.
47
§ 657 I Abs. 1 Satz 3 BGB enthält eine Regelung zur Bepreisung in Bezug auf personalisierte Sicherheitsmerkmale, und zwar dergestalt, dass im Falle des Risikos des unbefugten Zugriffs auf personalisierte Sicherheitsmerkmale aufgrund von Verlust, Diebstahl oder missbräuchlicher Verwendung des Zahlungsinstruments ein Entgelt vereinbart werden kann, wobei diese Regelung gem. § 657 e BGB abschließend ist, so dass eine darüber hinausgehende Bepreisung von personalisierten Sicherheitsmerkmalen unzulässig wäre.
48
c. Die von der Beklagten verwendeten Klausen verstoßen darüber hinaus gegen das Transparenzgebot, und dies auch im Falle der Einordung der Bestimmungen über die Kosten für die mobileTAN, sm@rt-TAN plus und sm@rt-TAN photo als Vereinbarung über eine Hauptleistungspflicht, vgl. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Entgeltklauseln in Verbindung mit der Fußnote 3, die für alle drei streitgegenständlichen TAN-Verfahren verwendet wird, die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen, da sie intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind.
49
aa. Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Letzteres legt dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Verpflichtung auf, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen, damit diese sich bei Vertragsschluss hinreichend über die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen klar werden können. Dazu gehört auch, dass AGB Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Der Verwender muss somit die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein (vgl. BGH NJW 2014, 2940 Tz. 27; NJW-RR 2011, 1618 Tz. 27; MüKoBGB/Wurmnest, 8. Auflage, BGB § 307 Rdn. 61 m.w.N.). Das Gebot der Transparenz betrifft ferner die äußere Gestaltung der AGB. Unübersichtlichkeit, Verstecken nachteiliger Klauseln oder Aufspaltung des Regelungsgehalts auf mehrere Klauseln können zur Intransparenz führen (vgl. OLG Hamm MMR 2007, 54, 55; MüKoBGB/Wurmnest, 8. Auflage, BGB § 307 Rdn. 60).
50
bb. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, geht die Unklarheit nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (vgl. BGH GRUR 2017, 397 Tz. 65 – World of Warcraft II).
51
cc. Die streitgegenständliche Klausel, Fußnote 3, wird dem Transparenzgebot danach nicht gerecht. Die Klausel ist bereits aufgrund ihres Wortlautes nicht geeignet, den Durchschnittskunden hinreichend über die konkrete Ausgestaltung der Preisgestaltung zu informieren.
52
Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte selbst die Klausel in der außergerichtlichen (Anlage K9) und der gerichtlichen Korrespondenz unterschiedlich (vgl. etwa Bl. 4-10 der Klageerwiderung vom 14.09.2021, Bl. 37-43 d.A.; interpretiert, nämlich außergerichtlich als „nutzungsunabhängiges Zahlungsentgelt“ (vgl. Anlage K9), später aber als ein von der Frage, ob die TAN dem Verbraucher „nutzt“, abhängiges Entgelt.
53
Darüber hinaus ist der Begriff des Verantwortungsbereichs in Bezug auf die Auslösung der Bereitstellung einer TAN/PIN oder eines Photos unbestimmt, gleiches gilt für die Frage, wann diese „durch diesen erforderlich gemacht wurde“. Dass dies für die Fälle gelten soll, in denen die Bereitstellung dem Kunden „nutzt“, wie die Beklagte ausführt, erschließt sich nach dem Wortlaut jedenfalls nicht. Auch bleibt bei der monatlichen Bepreisung unklar, ob diese allein für den einen Monat der Nutzung oder für weitere Monate gilt. Nicht zuletzt wurde eine für die Bepreisung relevante Information in einer Fußnote vorgehalten, was die ohnehin unzureichende Transparenz noch weiter einschränkt.
54
d. Mithin verstoßen die Preisabreden zur Nutzung der mobileTAN, der sm@rt-TAN plus und der sm@rt-TAN photo in Verbindung mit der Fußnote 3 gegen §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB.
55
3. Durch diese Verletzungshandlung ist die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben.
56
a. Die Wiederholungsgefahr ist, auch wenn im UKIaG (anders als z.B. in § 8 Abs. 1 UWG) nicht ausdrücklich gefordert, ungeschriebene Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch (BGH WRP 2013, 347 – Wiederholungsgefahr bei Unternehmensverschmelzung). Für ihr Vorliegen gelten die gleichen Grundsätze wie im UWG, da eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt wäre (BGH WRP 2013, 347 – Wiederholungsgefahr bei Unternehmensverschmelzung).
57
b. Die Verwendung oder Empfehlung unwirksamer AGB begründet eine tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr (Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Auflage, § 1 UKIaG, Rn. 10).
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Die Vermutung ist widerleglich. Dies gelingt im Allgemeinen nur dadurch, dass der Verletzer eine bedingungslose und unwiderrufliche Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung abgibt (BGH GRUR 1984, 214 – Copy-Charge; BGH GRUR 1985, 155 – Vertragsstrafe bis zu …/). Eine die Wiederholungsgefahr ausräumende strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte hinsichtlich des streitgegenständlichen Verstoßes nicht abgegeben.
59
4. Somit ist der im Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte gem. § 1 UKIaG i.V.m. 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 657 f Abs. 5 Satz 1 BGB begründet, so dass es einer Entscheidung über den Hilfsantrag nicht mehr bedurfte.
60
II. Die Klägerin kann von der Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe der geforderten Pauschale, die der Höhe nach von der Beklagten zu Recht nicht beanstandet wird, aus §§ 5 UKIaG, 13 Abs. 3 UWG verlangen, denn die Abmahnungen der Klägerin vom 17.12.2020 (Anlage K8) und vom 11.02.2021 (Anlage K10) waren nach dem oben Gesagten berechtigt und begründet. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.
61
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.