Inhalt

LG Amberg, Beschluss v. 18.11.2022 – 12 Qs 64/22
Titel:

Bestellung eines Pflichtverteidigers auch für Mitbeschuldigte

Normenkette:
StPO § 140 Abs. 2
Leitsatz:
Im Falle mehrerer Mitbeschuldigter kann, wenn ein Mitbeschuldigter einen Verteidiger hat, die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die anderen Mitbeschuldigten in Betracht kommen, insbesondere wenn sich die Beschuldigten gegenseitig belasten. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
mehrere Beschuldigte, Waffengleichheit, Beiordnung eines Pflichtverteidigers
Vorinstanz:
AG Amberg, Beschluss vom 26.08.2022 – 11 Ds 148 Js 7309/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35160

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Angeschuldigten P. A2. Ja. Ma. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 26.08.2022 wird dieser aufgehoben.
2. Der Angeschuldigten A2. J1. Ma. Pa. wird gemäß § 140 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 142 StPO Rechtsanwalt J. J2., G. straße 59, ... A1., als Pflichtverteidiger bestellt.
3. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.
1
Mit dem Beschluss vom 26.08.2022, der Betroffenen zugestellt am 30.08.2022, hat das Amtsgericht Amberg einen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers für die Angeschuldigte P. abgelehnt. Hinsichtlich der Gründe der vorgenannten Entscheidung wird auf diese vollumfänglich Bezug genommen.
2
Gegen den Beschluss wendet sich die Betroffene mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 06.09.2022, eingegangen beim Amtsgericht am 06.09.2022. Mit weiterem Schriftsatz vom 13.09.2022 wurde das Rechtsmittel begründet.
3
Das Amtsgericht Amberg hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II.
4
Die sofortige Beschwerde der Betroffenen ist statthaft und auch sonst zulässig.
5
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
6
Im Falle mehrerer Mitbeschuldigter kann, wenn ein Mitbeschuldigter einen Verteidiger hat, die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die anderen Mitbeschuldigten in Betracht kommen, insbesondere wenn sich die Beschuldigten gegenseitig belasten (vergleiche Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Auflage, § 140 Rn. 31 mit weiteren Nachweisen).
7
Vorliegend sind jedenfalls bezüglich Ziffer 2. der Anklage vom 28.07.2022 gegenseitige Schuldzuweisungen bzw. Rollenzuweisungen der Angeschuldigten im Einzelfall zu erwarten, da insoweit hinsichtlich der beiden Angeschuldigten unterschiedliche Begehungsweisen, insbesondere Täterschaft bei der Angeschuldigten P. und Teilnahme bei der Angeschuldigten S. in Betracht kommen.
8
Da der Angeschuldigten S. bereits ein Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, ist der Angeschuldigten P. aus Sicht der Kammer daher - im Einzelfall - nicht zuletzt wegen des Gesichtspunktes der Waffengleichheit ebenfalls ein Pflichtverteidiger zu bestellen.
III.
9
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 StPO analog.