Titel:
Untersuchungshaft, Zeugnisverweigerungsrecht, Einlassung des Angeklagten, Vorwegvollzug, festgestellter Sachverhalt, Strafzumessungserwägungen, Personalakten, Chemisch-toxikologische Untersuchung, Kurze Freiheitsstrafe, Ergebnis der Beweisaufnahme, Beweiswürdigung, Symptomatischer Zusammenhang, Strafzumessungsgesichtspunkte, AU-Bescheinigung, Gesamtfreiheitsstrafe, Minder schwerer Fall, Gefährliche Körperverletzung, Beschuldigtenvernehmung, Bedingter Vorsatz, Blutalkoholkonzentration
Normenketten:
StGB § 212 Abs. 1, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4, 25 Abs. 2, 53, 21, 49, 64
StGB § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4, 25 Abs. 2, 21, 49
Schlagworte:
Totschlag, Zeugenaussagen, Manipulation, Eifersucht, Vernehmung, Verdächtigung, Belastungszeugen, Alkoholabhängigkeit, Körperverletzung, Gewaltanwendung, Obdachlosigkeit, Zusammenwirken, Einsichtsfähigkeit, Zeugenaussage, Beweiswürdigung, Tatort, Glaubhaftigkeit, Konstanz der Aussage, Alkoholkonsum, Tathergang, Therapiebereitschaft, Straftat, Freundschaftsverhältnis, Alkoholisierung, Vernehmungsfähigkeit, Schweigerecht, Tatbeteiligung, Erinnerungslücken, Einlassungserklärung, Mord, Tod eines Geschädigten, Rettungsdienst, Mitverantwortung, Vernehmungsprotokoll, Sturz des Geschädigten, Selbstbezichtigung, Belastungseifer, Beweisaufnahme, Tatmotiv, Verurteilung, Vorstrafenregister, gefährliche Körperverletzung, Glaubhaftigkeitsanalyse, Tatgeschehen, Aussagekonstanz, Gefährliche Körperverletzung, Alkoholintoxikation, Nachtatverhalten, Einlassung des Angeklagten, Angaben der Angeklagten, Zeugenbewertung, Zeugnisverweigerungsrecht, Strafbarkeit, Tatbegehung, Motive, Selbstbezichtigungen, Hinweise, Todesursache, Obduktionsergebnisse, Verletzungen, Auffindesituation, rechtsmedizinische Gutachten, alternative Todesursachen, Zeugenvernehmung, Aussage, Tatbestand, Festnahme, Beschuldigtenvernehmung, Sachverständiger, Sachverständigengutachten, Aufenthaltsort, Blutalkoholkonzentration, Spurensicherung, Schuldfähigkeit, Indizien, Tötungsdelikt, Wohnungszustand, Leichnam, Zeugenbefragung, Kampfgeschehen, krankhafte seelische Störung, Steuerungsfähigkeit, Laufbursche, Milzruptur, Stumpfe Gewalteinwirkung, Blutverlust, Vorerkrankungen, Gewalteinwirkung, Obdachlose, Überführung des Täters, Gerichtsurteil, Strafmaß, Gewalt in der Beziehung, Hausverbot, Polizeivernehmung, Bedrohung, Affekttat, forensisch-psychiatrische Expertise, psychotische Störung, Negativmerkmale, bedingter Vorsatz, gemeinschaftliche Tatausführung, psychiatrisches Gutachten, Glaubwürdigkeit von Zeugen, Motiv des Täters, Ausschluss des Mitangeklagten als Täter, Digital-forensische Beweismittel, Tathintergrund, Vorsatz, Mordmerkmale, Heimtücke, Arglosigkeit, Abwehrverletzungen, Bewegungsprofil, GPS-Daten, Chatverlauf, Uneingeschränkt glaubhafte Angaben, Tätlichkeiten, Wohnzimmer-Aufenthalt, Tatnachweis, Inszenierung, Freundschaftsdienst, Bezichtigungen, Vorfall am 13.01.2021, rechtsmedizinisches Gutachten, Verletzungsmuster, Würgevorgang, Sturzgeschehen, Befundkonstellation, Todeszeitpunkt, Feststellungen zur Person, Suchtmittelkonsum, Vorahndungen, Glaubhaftigkeit von Angaben, Minder schwerer Fall, Strafrahmenverschiebung, Strafzumessung, Deliktsspezifische Erwägungen, Provokationslage, Härteausgleich, Strafaussetzung zur Bewährung, Unterbringung in Entziehungsanstalt, Mittäterschaft, Freispruch, Kostenentscheidung, Aussage-gegen-Aussage-Konstellation, Beweisanzeichen, Schmerzensgeld, Obdachlosenmilieu, Wehrlosigkeit, Niedrige Beweggründe, Tatmehrheit, Strafrahmen, Haftempfindlichkeit, Alkoholabhängigkeitssyndrom, psychiatrische Diagnosen, Eingangsmerkmal, forensisch-psychiatrische Begutachtung, Therapiedauer, Vorwegvollzug, Verhältnismäßigkeit, Hang zum Alkoholkonsum, Gesamtstrafenbildung, Symptomatischer Zusammenhang, Gefährlichkeitsprognose
Rechtsmittelinstanzen:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.08.2022 – 1 StR 196/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2022 – 1 StR 196/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35138
Tenor
I. Der Angeklagte G. ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Totschlag.
II. Er wird hierwegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren 10 Monaten verurteilt.
III. Die Unterbringung des Angeklagten G. in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
IV. Vor dieser Maßregel sind insgesamt 2 Jahre 11 Monate der gegen den Angeklagten G. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zu vollstrecken.
V. Der Angeklagte Z. ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung.
VI. Er wird hierwegen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr 4 Monaten verurteilt.
VII. Im Übrigen wird der Angeklagte Z. freigesprochen.
VIII. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, soweit sie verurteilt wurden. Soweit der Angeklagte Z. freigesprochen wurde, fallen die Kosten des Verfahrens und seine insoweit ausscheidbaren notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
Entscheidungsgründe
(im Hinblick auf den Angeklagten Z. abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
1
Bei den beiden Angeklagten handelt es sich um polnische Staatsangehörige, die zu den jeweiligen Tatzeiten alkoholabhängig und obdachlos waren. Bei den Geschädigten B. und J. handelt (bzw. handelte) es sich ebenfalls um polnische Staatsangehörige, die wie auch die beiden Angeklagten und die ebenfalls polnischen bzw. polnischstämmigen Zeugen R., W., S. und M. an die gemeinnützige Vereinigung … (… Augsburg) angebunden waren, wo sie unter anderem Essen abholen, die Möglichkeit zur Körper- und Wäschepflege nutzen sowie Beratung in Behörden- bzw. Sozialangelegenheiten in Anspruch nehmen konnten.
2
An einem nicht näher bestimmbaren Vormittag Mitte Oktober 2020, etwa zwischen 11:00 Uhr und 11:30 Uhr, schlug der Angeklagte Z. den Geschädigten B. in der Grünanlage … in Au. zuerst unvermittelt so stark gegen das linke Ohr, dass dieser von der Parkbank, auf der er saß, zu Boden stürzte. Sodann traten die beiden Angeklagten den auf dem Boden Liegenden in bewussten und gewollten Zusammenwirken über einen Zeitraum von ca. 30 bis 60 Sekunden etwa 10 bis 12 Mal heftig mit den Füßen in den Rücken. Als Folge des Angriffs verschlimmerten sich insbesondere die bereits vorbestehenden Rückenbeschwerden des Zeugen B. so, dass dieser einen 1-Euro-Job nicht antreten konnte, sondern bis einschließlich 29.01.2021 krankgeschrieben war.
3
Der ebenfalls alkoholabhängige J., dessen Leichnam am Vormittag des 09.12.2020 in der Wohnung des Zeugen M. in … Augsburg, mit auffälligen Hämatomen aufgefunden wurde, hatte über keinen eigenen Leistungsanspruch gegenüber der öffentlichen Hand in Augsburg verfügt und sich deshalb den beiden Angeklagten angeschlossen, die ihn als Laufbursche zur Besorgung von Alkoholika einsetzten. Im Gegenzug wurde J. gestattet, die von ihm besorgten Alkoholika mitzukonsumieren. Dabei hatte der Geschädigte die ihm aufgetragenen Besorgungen schnellstmöglich zu erledigen, da ihm ansonsten Schläge drohten.
4
Am Abend und in der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 hielten sich die beiden Angeklagten, der Geschädigte J. sowie die Zeugen R. und M. in der Wohnung des Letzteren im Anwesen … in Augsburg auf, nachdem J. am 08.12.2020 zwischen 19:14 bis 19:46 Uhr in der etwa 500 m entfernten Lidl-Filiale in …, Augsburg, ein letztes Mal Alkoholika besorgt hatte.
5
Dort wirkte zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 08.12.2020 etwa um 23 Uhr und den frühen Morgenstunden des 09.12.2020 der damals 45-jährige, 64 kg schwere und 176 cm große Angeklagte G. zumindest auch aus Eifersucht, weil J. seiner Intimpartnerin P. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Blumen geschenkt hatte, mutmaßlich im Wohnzimmer oder im Flur der Wohnung des Zeugen M. im ersten Obergeschoss des Anwesens …, Augsburg, mit massiver, jedoch im Einzelnen nicht näher zu bestimmender stumpfer Gewalt – sei es durch einen oder mehrere massive Faustschläge oder durch einen oder mehrere massive Fußtritte – so gegen die linke seitliche Rumpfpartie des 162 cm großen, 60 kg schweren, 64-jährigen Geschädigten J. ein, dass dieser hierdurch u.a. einen Rippenserienbruch der Rippen 7 bis einschließlich 10 sowie mehrfache Rupturen der Milz, vor allem an der zum Körperinneren gelegenen Seite („stielseitig“) erlitt.
6
Im Verlauf seines Angriffs auf J. versetzte der Angeklagte G. dem Geschädigten weitere Schläge oder Tritte und würgte ihn zudem so heftig, dass es bei ihm neben einer Einblutung im mittleren bis unteren Drittel des vorderen Bauchs des linken großen Kopfnickermuskels zu einem vollständigen Bruch am linken großen Horn des Zungenbeins, einem vollständigen Bruch der rechten Schildknorpelplatte knapp rechts der Mittellinie mit Einblutung, kräftigen Einblutungen in die Weichgewebe auf den Innenseiten der rechten und der linken Schildknorpelplatte, einer Einblutung in die Weichgewebe im Bereich des Ringknorpel-Schildknorpelgelenks, Einblutungen in den rechten und linken Ringknorpel-Schildknorpelmuskel sowie unvollständigen Kompressionsbrüchen auf der Innenseite des rechten und des linken Ringknorpelbogens direkt am Ansatz, jeweils mit Einblutungen, kam.
7
Bei seinen massiven Verletzungshandlungen nahm der Angeklagte G. den Tod des Geschädigten J. durchgehend billigend in Kauf. Dieser verstarb im Laufe der nächsten ca. 10 bis maximal etwa 60 Minuten nach Zufügung des Traumas gegen seine linke seitliche Rumpfpartie, weil es aufgrund der mehrfachen Rupturen an der Milz zu einer massiven, ein Volumen von ca. 1,5 l umfassenden Blutung in seine freie Bauchhöhle kam, die zu einem tödlichen Herz-Kreislaufversagen führte.
8
Beide Angeklagte leiden an einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) und waren bei der Tat zum Nachteil des Geschädigten B. – der Angeklagte G. darüber hinaus auch bei der Tat zum Nachteil des Geschädigten J. – zudem alkoholintoxikiert (ICD-10: F10.0), sodass ihre Steuerungsfähigkeit jeweils nicht ausschließbar erheblich vermindert i. S. d. § 21 StGB war.
9
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 20.05.2021 legte den beiden Angeklagten unter Ziffer 1 den Vorfall von Mitte Oktober 2020 als gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung zur Last.
10
Unter Ziffer 2 der Anklageschrift vom 20.05.2021 wurde den beiden Angeklagten der Tod des J. als gemeinschaftlicher heimtückischer Mord zur Last gelegt, wobei dem Angeklagten G. zudem zur Last gelegt wurde, aus niedrigen Beweggründen gehandelt zu haben.
11
Beide Angeklagten haben sich zur Sache eingelassen und die ihnen zur Last gelegten Taten bestritten, der Angeklagte G. jeweils mit der Maßgabe, dass es ausschließlich der Angeklagten Z. gewesen sei, der die beiden Taten begangen habe.
12
Im Hinblick auf Ziffer 1 der Anklageschrift vom 20.05.2021 hat die Kammer die Angeklagten G. und Z. wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, wobei sie gegen den Angeklagten Z. nach Durchführung eines bezifferten Härteausgleichs wegen einer an sich gesamtstrafenfähigen polnischen Entscheidung eine Freiheitsstrafe in Höhe von 1 Jahr und 4 Monaten verhängt hat.
13
Im Hinblick auf Ziffer 2 der Anklageschrift vom 20.05.2021 hat die Kammer den Angeklagten Z. freigesprochen und nur den Angeklagten G. wegen Totschlags verurteilt, wobei sie gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren 11 Monaten verhängt hat. Daneben hat die Kammer die Unterbringung des Angeklagten G. in einer Entziehungsanstalt nach einem Vorwegvollzug von 2 Jahren 11 Monaten angeordnet.
B.) Persönliche Verhältnisse des Angeklagten G.
C.) Persönliche Verhältnisse des Angeklagten Z.
D.) Festgestellter Sachverhalt
I.) Gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des B.
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Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt an einem Vormittag Mitte Oktober 2020, etwa zwischen 11:00 Uhr und 11:30 Uhr, schlug der damals 38-jährige, 67 kg schwere und 176 cm große Angeklagte Z. den 10 Jahre älteren, etwas kleineren B., der mit ihm zusammen auf einer Parkbank in der Grünanlage … in Au. saß, ohne rechtfertigenden Grund mit der Hand unvermittelt so stark gegen das linke Ohr, dass B. von der Parkbank stürzte. Sodann traten der Angeklagte Z. und der damals 45-jährige, 64 kg schwere und 176 cm große Angeklagte G. den Geschädigten, der auf seiner linken Körperseite auf dem Boden lag, in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken über einen Zeitraum von ca. 30 bis 60 Sekunden etwa 10 bis 12 Mal heftig mit den Füßen in den Rücken.
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Wie von den Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen, erlitt der Geschädigte B. hierdurch Schmerzen, Abschürfungen im Nasen- und Stirnbereich sowie Blutungen aus dem linken Ohr und der Nase. Durch die heftigen Fußtritte in den Rücken verschlimmerten sich die bereits vorbestehenden Rückenbeschwerden des Zeugen B. zudem so, dass dieser seinen 1-Euro-Job, wegen dessen Erlangung er die beiden Angeklagten aus einer von ihm mitgebrachten 0,7 l – Wodkaflasche mitkonsumieren hatte lassen, nicht antreten konnte, sondern bis einschließlich 29.01.2021 krankgeschrieben war.
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Beide Angeklagte leiden an einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) und waren bei der Tat zudem alkoholintoxikiert (ICD-10: F10.0) – der Angeklagte G. mit einer Blutalkoholkonzentration zwischen mindestens 2 und etwa 4 ‰, der Angeklagte Z. mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens etwa 1,6 ‰ zzgl. einer Erhöhung von 0,51 ‰ –, sodass bei vollständig erhaltener Einsichtsfähigkeit ihre Steuerungsfähigkeit nicht ausschließbar erheblich vermindert i. S. d. § 21 StGB war.
II.) Totschlag zum Nachteil des J.
1.) Verhältnis des J. zu den beiden Angeklagten
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Der zum Zeitpunkt seines Todes 54-jährige Geschädigte J. war ebenso wie die beiden Angeklagten polnischer Staatsangehöriger, alkoholabhängig und obdachlos. Da J. über keinen eigenen Leistungsanspruch gegenüber der öffentlichen Hand in Augsburg verfügte, war er zur Finanzierung seines Alkoholkonsums auf Zuwendungen Dritter angewiesen. Aus diesem Grund hatte sich J. den Angeklagten G. und Z. angeschlossen, die ihn als Laufburschen für die Besorgung von Alkoholika einsetzten, wobei die hierfür erforderlichen Mittel im Regelfall vom Angeklagten Z. stammten. Seinen Dienst hatte der Geschädigte schnellstmöglich zu erledigen, da ihm ansonsten Schläge drohten, dafür wurde ihm gestattet, die von ihm besorgten Alkoholika mitzukonsumieren.
2.) Aufenthalt des J., der beiden Angeklagten und der Zeugen M. und R. am Abend des 08.12.2020 und in der Nacht auf den 09.12.2020
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Der ebenfalls alkoholabhängige, in Polen gebürtige und zur Tatzeit 64-jährige Zeuge M. bewohnte damals die Wohnung im ersten Obergeschoss links im Anwesen … in Augsburg.
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Wegen der niedrigen Außentemperaturen hatte der Zeuge M. den beiden Angeklagten, dem Geschädigten J. sowie dem Zeugen R. bereits in den Wochen vor der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 trotz der damals geltenden Kontaktbeschränkungen nach § 3 der 8. bzw. 9. BayIfSMV erlaubt, sich insbesondere in den Abend- und Nachtstunden bei ihm in der Wohnung aufzuhalten und dort auch zu nächtigen.
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Dies war auch am Abend des 08.12.2020 bzw. in der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 der Fall, wobei sich der Geschädigte J. nach einem knapp 20-minütigen Aufenthalt (von 17:51 bis 18:08 Uhr) im Bereich der ca. 400 m vom Anwesen …, Augsburg entfernten Trambahnhaltestelle … lediglich am 08.12.2020 im Zeitraum von 19:14 bis 19:46 Uhr nicht in der Wohnung des M. aufhielt, weil er in der ca. 500 m entfernten Lidlfiliale in …, Augsburg, ein weiteres – letztes – Mal Alkohol für die Angeklagten, die Zeugen R., M. und sich kaufte.
21
Im weiteren Verlauf des Abends hielten sich J., die beiden Angeklagten sowie die Zeugen R. und M. vorwiegend im Wohnzimmer von dessen Wohnung auf, wo sie mit Ausnahme des Geschädigten K. spielten und hauptsächlich Wodka tranken. Schließlich zogen sich die Zeugen R. und M. in das Schlafzimmer zurück, wo der Zeuge R. wie schon die Tage und Wochen zuvor auf einer Matratze auf dem Fußboden und der Zeuge M. in seinem Bett nächtigte. Bis dahin war es weder zu Streitigkeiten mit dem Geschädigten noch zu irgendwelchen gegen ihn gerichteten Tätlichkeiten gekommen.
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Insgesamt konsumierten J., die beiden Angeklagten sowie die Zeugen R. und M. seit dem Nachmittag des 08.12.2020 bis zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt in der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 zusammen etwa 5 Flaschen Wodka à 0,7 l, wobei jeder etwa die gleiche Menge zu sich nahm. Der Angeklagte G. trank in diesem Zeitraum außerdem zusätzlich noch etwa 2 bis 3 Halbe Bier.
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Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 08.12.2020 etwa um 23 Uhr und den frühen Morgenstunden des 09.12.2020 wirkte der damals 45-jährige, 64 kg schwere und 176 cm große Angeklagte G. zumindest auch aus Eifersucht, weil J. der Intimpartnerin des Angeklagten G., der Zeugin P., zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Blumen geschenkt hatte, mutmaßlich im Wohnzimmer oder im Flur der Wohnung des Zeugen M. im ersten Obergeschoss des Anwesens …, Augsburg, mit massiver, jedoch im Einzelnen nicht näher zu bestimmender stumpfer Gewalt – mindestens jedoch einem massiven Faustschlag oder einem massiven Fußtritt – so gegen die linke seitliche Rumpfpartie des 162 cm großen, 60 kg schweren, 64-jährigen Geschädigten J. ein, dass dieser hierdurch u.a. einen Rippenserienbruch der Rippen 7 bis einschließlich 10 sowie mehrfache Rupturen der Milz, vor allem an der zum Körperinneren gelegenen Seite („stielseitig“) erlitt.
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Im Verlauf seines Angriffs auf J. versetzte der Angeklagte G. dem Geschädigten weitere Schläge oder Tritte und würgte ihn zudem so heftig, dass es bei ihm neben einer Einblutung im mittleren bis unteren Drittel des vorderen Bauchs des linken großen Kopfnickermuskels zu einem vollständigen Bruch am linken großen Horn des Zungenbeins, einem vollständigen Bruch der rechten Schildknorpelplatte knapp rechts der Mittellinie mit Einblutung, kräftigen Einblutungen in die Weichgewebe auf den Innenseiten der rechten und der linken Schildknorpelplatte, einer Einblutung in die Weichgewebe im Bereich des Ringknorpel-Schildknorpelgelenks, Einblutungen in den rechten und linken Ringknorpel-Schildknorpelmuskel sowie unvollständigen Kompressionsbrüchen auf der Innenseite des rechten und des linken Ringknorpelbogens direkt am Ansatz, jeweils mit Einblutungen, kam.
25
Bei seinen massiven Verletzungshandlungen nahm der Angeklagte G. den Tod des Geschädigten J. durchgehend billigend in Kauf. Tatsächlich verstarb dieser im Laufe der nächsten ca. 10 bis maximal ca. 60 Minuten nach Zufügung des Traumas gegen seine linke seitliche Rumpfpartie, weil es aufgrund der mehrfachen Rupturen an der Milz zu einer massiven, ein Volumen von ca. 1,5 l umfassenden Blutung in seine freie Bauchhöhle kam, die zu einem tödlichen Herz-Kreislaufversagen führte.
26
Bei der Tat war der weiterhin an seiner Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) leidende Angeklagte G. wiederum mit einer Blutalkoholkonzentration zwischen mindestens 2 und etwa 4 ‰ alkoholintoxikiert (ICD-10: F10.0), sodass bei vollständig erhaltener Einsichtsfähigkeit seine Steuerungsfähigkeit nicht ausschließbar erheblich vermindert i. S. d. § 21 StGB war.
27
In den Morgenstunden des 09.12.2020 wies der Angeklagte Z. den Angeklagten G. darauf hin, dass der Geschädigte „kalt“ sei. Daraufhin wollten die beiden Angeklagten den Leichnam, nachdem dieser mit seinem Anorak bekleidet worden war, zunächst aus der Wohnung des Zeugen M. nach draußen verbringen und auf eine Parkbank setzen, zogen den Körper des Geschädigten jedoch dann stattdessen auf die Matratze im Schlafzimmer der Wohnung, auf der der Zeuge R. genächtigt, sich mittlerweile aber aus der Wohnung entfernt hatte, wo der Leichnam unter einer Bettdecke verborgen wurde.
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Danach verließen beide Angeklagte die Wohnung des Zeugen M., wobei der Angeklagte Z. aus einer nahe gelegenen Telefonzelle unter dem Namen des Zeugen M. um 09:41 Uhr die Integrierte Leitstelle verständigte.
E.) Angaben der Angeklagten und weitere Beweiswürdigung
29
Dem Urteil liegt keine Verständigung i. S. d. § 257 c StPO zugrunde.
30
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und aufgrund aller sonstigen aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung stammenden Umstände steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Angeklagten die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des B. (lit. D. Ziff. I.) und der Angeklagte G. zudem den Totschlag zum Nachteil des J. (lit. D. Ziff. II. 3.) so begangen haben, wie es in den vorstehenden Feststellungen im Einzelnen dargelegt ist.
I.) Einlassungen des Angeklagten G.
1.) Angaben in der Hauptverhandlung
31
In der Hauptverhandlung hat der Verteidiger des Angeklagten für diesen eine Erklärung abgegeben, die sich der Angeklagte G. ausdrücklich zu eigen gemacht hat; Nachfragen hierzu wurden gestattet.
a.) Inhalt der Einlassungserklärung
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Im Hinblick auf die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten B. ist in der Erklärung ausgeführt, dass er B. seit 3 bis 4 Jahren kenne, ein paar Monate mit ihm zusammengewohnt und fast jeden Tag mit ihm zusammen verbracht habe.
33
An den Schlägen auf B. im Park am … habe er sich nicht beteiligt, sondern sei nur anwesend gewesen wie auch mehrere weitere Personen aus dem sog. Obdachlosenmilieu – insgesamt seien es etwa 8 Personen gewesen, wobei er sich an deren Namen leider nicht erinnern könne.
34
Die einzige Person, die B. geschlagen habe, sei der Angeklagte Z. gewesen. B. habe auf einer Parkbank neben Z. gesessen. Den ersten Schlag habe er (der Angeklagte G.) nicht gesehen, sondern er sei erst aufmerksam geworden als B. neben der Bank auf dem Boden gelegen habe. Er (der Angeklagte G.) habe dem B. hoch und zurück auf die Bank geholfen, als Z. ihn ein weiteres Mal geschlagen habe. Dieser Schlag habe B. im Gesicht getroffen, woraufhin er nochmals zu Boden gestürzt sei und er (der Angeklagte G.) ihm wieder aufgeholfen habe.
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B. sei aber sicher nicht getreten worden. Es sei auch nicht richtig, dass J. versucht habe, Z. von den Schlägen abzuhalten. Er habe viel zu viel Angst vor Z. gehabt, um sich einzumischen.
36
Bis heute könne er nicht sagen, warum Z. den B. geschlagen habe. Er habe ihn jedenfalls nie geschlagen; sie hätten immer guten Kontakt gehabt.
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Den Mord an J. habe er nicht begangen. Was er in seinen Vernehmungen bei der Polizei am 09.12.2020 und am 16.12.2020 gesagt habe, sei größtenteils richtig. Er werde nun erzählen, wie der Tag und die Nacht verlaufen sei und welche Widersprüche er in den Aussagen der Zeugen sehe.
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Richtig sei, dass M., R., Z. und er selbst am 08.12.2020 Karten gespielt und Alkohol getrunken hätten. J. sei ebenfalls in der Wohnung (erg.: des M.) anwesend gewesen, habe aber nicht mitgespielt. Zwischen 19 Uhr und 19:15 Uhr sei J. zum Lidl gegangen, um Alkohol zu kaufen, das Geld hierfür habe ihm Z. gegeben. Er (der Angeklagte G.) wisse nicht, wie spät es gewesen sei, als sie aufgehört hätten zu trinken und Karten zu spielen. M. und R. seien ins Schlafzimmer gegangen und hätten sich schlafen gelegt; er selbst, Z. und J. seien im Wohnzimmer geblieben.
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Plötzlich sei Z. auf den auf dem Stuhl sitzenden J. zugegangen und habe begonnen, ihn zu schlagen. Während der polizeilichen Vernehmung habe er auf einem Zettel skizziert, wo J. gesessen habe. Z. habe ihn mit einer Hand am Hals festgehalten und mit der anderen Hand, die er zur Faust ballte, ins Gesicht und auf die Rippen geschlagen. Er (der Angeklagte G.) wisse nicht, wie lange es gedauert habe, aber nachdem Z. aufgehört habe, J. zu schlagen, habe sich dieser auf den Boden gesetzt und mit dem Rücken an das Sofa gelehnt, auf dem er (der Angeklagte G.) gesessen habe.
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Es tue ihm sehr leid und er schäme sich auch dafür, dass er J. in diesem Moment nicht geholfen habe. Alle, einschließlich ihm selbst, hätten Angst vor Z. gehabt, weil er immer sehr aggressiv gewesen sei. Er (der Angeklagte G.) sei auch sehr alkoholisiert gewesen an diesem Abend und habe weder gesehen noch verstanden, dass J. so schwer verletzt gewesen sei.
41
Er wisse nicht, wieviel Zeit vergangen sei, bis er eingeschlafen sei. Am Morgen, dem 09.12.2020, sei er von jemanden aus der Wohnung geweckt worden und jemand habe gesagt: „Er ist kalt.“ Er wisse nicht, wer das gesagt habe, aber zu diesem Zeitpunkt seien Z. und R. im Zimmer gewesen; M. sei kurz darauf hinzugekommen.
42
J. sei noch immer in der gleichen Position vor der Couch gesessen. Nach einer Weile habe einer gesagt, man solle ihn in den Park neben der Wohnung von M. hinausbringen und ihn auf eine Parkbank setzen. Er (der Angeklagte G.) und Z. hätten J. an den Armen und Beinen genommen und ihn ins Schlafzimmer gebracht, wo sie ihn auf die Matratze gelegt hätten. Da seien M. und R. auch in der Wohnung gewesen. Er selbst (der Angeklagte G.) habe nicht überprüft, ob J. noch gelebt habe als sie ihn ins Schlafzimmer getragen hätten; reagiert habe er jedenfalls nicht mehr. Einer der Anwesenden – wer wisse er nicht, er selbst sei es nicht gewesen – habe ihm dann die Jacke angezogen.
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Er (der Angeklagte G.) habe sich dann angezogen und sei zum SKM gegangen. Eine Stunde später sei er mit R. zurück zur Wohnung des M. gekommen. Nachdem R. den Notarzt- und den Polizeiwagen gesehen habe, sei er am Eisstadion stehen geblieben. Er selbst sei allein in die Wohnung gegangen, wo ihn die Polizei festgenommen habe. Dabei habe er von einem Polizisten gehört, dass J. tatsächlich tot sei.
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Er könne nicht sagen, was der Grund für Z. gewesen sei, den J. zu schlagen. Z. habe den J. nicht leiden können, weil J. ihm gegenüber damit angegeben habe, dass er aufgrund seiner Arbeit … Zugang zu den Akten der Gefangenen gehabt und die Personalakten der Gefangenen gelesen habe. Das habe Z. wütend gemacht, weil er gemeint habe, J. wolle sich damit wichtigmachen.
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Der zweite Grund für die Schläge gegen J. sei vermutlich gewesen, dass dieser mit seiner Zeugenaussage dazu beigetragen habe, einen gewissen „P.“ ins Gefängnis zu bringen – er (der Angeklagte G.) wisse aber nicht, ob dies der Name oder das Pseudonym dieser Person sei.
46
Alle in der Wohnung des M. hätten gewusst, dass J. von Z. geschlagen worden sei. Es habe eine Zeit gegeben, in der M. den Z. aus der Wohnung geworfen und ihm ein Hausverbot erteilt habe. Er habe ihm die Unterkunft verweigert, da er nach Alkoholkonsum immer wieder Streitigkeiten provoziert habe. R. sei immer Zeuge all dieser Schläge auf J. durch Z. in der Wohnung des M. gewesen. Er selbst sei auch von Z. geschlagen worden und habe einmal ein blaues Auge und einen gebrochenen Finger nach dessen Schlägen erlitten.
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Die Aussagen von R. seien falsch, denn er habe genau gewusst, was sich in der Nacht vom 08.12.2020 auf den 09.12.2020 und in den früheren Tagen abgespielt habe. Es sei auch nicht richtig, dass er R. gegenüber gesagt habe, er (der Angeklagte G.) wolle bei der Polizei aussagen, für das, was J. passiert sei, verantwortlich zu sein wie es R. in seiner Aussage bei der Polizei am 25.01.2021 behauptet habe. Ein solches Gespräch habe nie stattgefunden.
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Es habe daher auch keinen Grund gegeben draußen darüber zu reden, was vom 08.12.2020 auf den 09.12.2020 passiert sei, also über die Schläge und den Tod von J.. Sie hätten das Thema gemieden und wenn, hätten sie nur in der Wohnung des M. darüber gesprochen. Genauso sei es gewesen, als sie von den polizeilichen Vernehmungen zurückgekommen seien. Sie hätten sich immer gegenseitig erzählt, wer was bei den Vernehmungen gesagt habe.
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R. beschuldige ihn (erg.: in der Vernehmung) am 25.01.2021 der Tat, weil er gewusst habe, dass er in Haft sei und wegen der Tat beschuldigt werde. Er habe Angst vor Z.. Er (der Angeklagte G.) vermute, dass dieser auf R. eingewirkt und ihn beeinflusst habe, was er im Falle einer Anhörung sagen soll. R. wisse aber ganz genau, was passiert sei, weil er bei dem Vorfall in der Wohnung gewesen sei.
50
Der Zeuge W. sage in seiner Aussage nur da die Wahrheit, wenn er über den Vorfall an der Tankstelle in der Nähe des … zwischen ihm (dem Angeklagten G.) und Z. spreche. Aber auch da sage er nicht alles, sondern nur teilweise und nur das, was ihn (den Angeklagten G.) belaste. Der ganze Vorfall an der Tankstelle sei von W. inszeniert gewesen, um ihn aus dem Umfeld von P. loszuwerden. W. habe ihm P. ausspannen und selbst mit ihr eine Beziehung führen wollen. Schon vor dem 13.01.2021 habe er P. manipuliert, damit sie ihn verlasse und er versuche es bis heute.
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W. habe er praktisch nicht gekannt und zu ihm keine Kontakte gehabt. Sie hätten sich sporadisch getroffen, insgesamt ein paar Mal, beim … oder in der … . Am Tag vor dem Vorfall an der Tankstelle, also am 12.01.2021, habe W. ihn abends provoziert und ihn auf der Treppe in Höhe der „Pforte“ mit der Hand ins Gesicht geschlagen. Seine einzige Erklärung in diesem Moment sei – sinngemäß zitiert – gewesen: „Du bist erledigt. Mit mir bekommst Du noch Ärger.“, was er an diesem Tag als dessen Reaktion auf P.s Zurückweisung seiner Annäherungsversuche verstanden habe.
52
Am 13.01.2021 habe er W. am … zusammen mit P. getroffen, die auf ihn (den Angeklagten G.) gewartet habe. Er (der Angeklagte G.) habe mit ihm nicht gesprochen, sondern sei mit P. in Richtung Stadtmitte gelaufen, da sie ihn gebeten habe, ihr bei zwei Terminen in der Stadt zu helfen. Gegen 10 Uhr seien sie in die Nähe des … zurückgekommen; dort seien W., Z. und S. gewesen, die zusammen Alkohol getrunken hätten. Z. habe sich am Vormittag ganz normal mit ihm (dem Angeklagten G.) unterhalten, wie an jedem anderen Tag auch. W. sei von Anfang an negativ eingestellt gewesen, so dass P. und er (der Angeklagte G.) nicht mit ihnen (W., Z., S.) zusammengestanden seien. W. sei dann immer wieder auf sie zugekommen und habe immer wieder das wiederholt, was er einen Tag zuvor zu ihm gesagt habe. Die ganze Situation habe sich geändert, als er mit P. vom zweiten Termin zurückgekommen sei; es sei etwa 13 Uhr gewesen. Als er die Stelle erreicht habe, an der Z. und W. gestanden hätten, habe Z. zu ihm gesagt „Lass deinen Rucksack stehen und komm kurz her.“ Er habe nicht gewusst, worum es gehe. Sie seien in Richtung Tankstelle gegangen, als ihn Z. plötzlich am Hals gepackt und ihn gegen ein Auto gedrückt habe, wobei er die andere Hand mit geballter Faust erhoben habe. Er habe ihn (den Angeklagten G.) gewürgt und ihm gedroht, dass er ihn verprügeln werde.
53
Er habe versucht, Z. zu beruhigen und ihn gebeten, aufzuhören ihn zu würgen und ihm zu sagen, worum es eigentlich gehe. Aber Z. habe nicht lockergelassen und eine Aussage verlangt, dass er (der Angeklagte G.) den J. verprügelt habe. Z. habe so laut geschrien, dass ein Angestellter aus dem … gekommen sei, um zu sehen, was los sei. Er (der Angeklagte G.) habe Angst und große Schmerzen gehabt und deshalb Z. geantwortet: „Ja, ich habe ihn geschlagen“, damit dieser endlich von ihm ablasse. Das habe ihm aber nicht genügt und er habe ihn gezwungen, diese Worte noch einmal und sehr laut zu wiederholen, was er auch gemacht habe. Er habe noch einmal und laut gesagt, dass er (der Angeklagte G.) J. geschlagen habe. Dann habe Z. von ihm abgelassen.
54
Nach allem sei W. auf ihn zugekommen und habe gesagt, dass ihm jemand, den er vor einiger Zeit getroffen habe, erzählt habe, er (der Angeklagte G.) laufe in der Stadt herum und rede „einen Scheiß“, dass Z. am Tod von J. schuld sei.
55
Er habe später an dem Tag noch kurz mit Z. gesprochen und versucht, in Erfahrung zu bringen, wen W. gemeint habe, jedoch keine Antwort bekommen.
56
Z. selbst sage in seiner Aussage aus, dass er kämpfen könne und Boxen und andere Sportarten trainiert habe. Er sage auch selbst, dass er von W. erfahren habe, dass er (der Angeklagte G.) in der Stadt herumlaufe und verbreite, dass es Z. gewesen sei, der J. verprügelt habe. Dies entspreche nicht der Wahrheit. Z. und W. würden sich schon lange kennen und seien gute Freunde.
57
W. habe ihn an diesem Tag immer wieder derart verbal provoziert, dass er (der Angeklagte G.) zu dem Schluss gekommen sei, es sei besser, den … zu verlassen. Die ganze Zeit habe W. die Worte wiederholt: „Du bist erledigt. Mit mir bekommst Du noch Ärger.“ Als er (der Angeklagte G.) mit P. gegangen sei, habe er versucht sie aufzuhalten, indem er zu ihr gesagt habe: „Lass ihn fallen, er soll sich verpissen.“ P. habe ihre Tasche genommen und sei mit ihm zusammen weggegangen.
58
W. betone in seiner Aussage vom 14.01.2021 ständig seine (des Angeklagten G.) Eifersucht in Bezug auf Blumen. Er (der Angeklagte G.) habe von dieser Geschichte von den Blumen erst nach dem Tod des J. erfahren. Das Thema mit den Blumen sei von P. nach dem Tod von J. bei den Treffen am … angesprochen worden. In Anwesenheit der Polen habe sie sich an dieses Ereignis erinnert und W. habe hören können, dass ein solcher Vorfall stattgefunden habe, bei dem es um die Blumen gegangen sei, die sie als Dank für ihre Hilfe bekommen habe.
59
Seine (des Angeklagten G.) Vermutung sei, dass der Zeuge S. von W. manipuliert werde. Die Aussage des S. decke sich zum Teil mit der des Z. und des W.. Seiner Meinung nach hätten sie sich am 13.01.2021 beim … abgesprochen. Ein Gespräch zwischen ihm (dem Angeklagten G.) und W., bei dem angeblich S. anwesend gewesen sein soll, habe es nie gegeben. Als die drei am 14.01.2021 zur Polizei gegangen und dasselbe ausgesagt hätten, hätten sie genau gewusst, dass er (der Angeklagte G.) keine Chance haben würde, ihre Aussage zu widerlegen. W. behaupte, dass er (der Angeklagte G.) ihm um den 10.01.2021 herum von dem ganzen Vorfall in der Wohnung des M. erzählt habe, zur Polizei sei er jedoch nicht gegangen.
60
Was P. betreffe, sei es so, dass er einmal, als sie allein gewesen seien, zu ihr gesagt habe, „dass er sich wegen J.´s Tod schlecht fühle, weil er ihm nicht geholfen habe.“ P. bestätige auch, dass er (der Angeklagte G.) J., den er „T.“, nach der Märchenfigur eines netten, freundlichen kleinen Hasen, genannt habe, sonst immer, wo es möglich gewesen sei, geholfen habe.
61
P. habe oft Zeit mit ihm und J. verbracht und wisse sehr gut um seine Einstellung zu J.. Den Grund für ihre ihn belastende Aussage kenne er nicht, aber er habe den Eindruck, dass sie unter Stress/Angst vor einer Inhaftierung und Druck seitens der Polizei das gesagt habe, was die Polizei habe hören wollen.
62
Keiner der Zeugen könne Einzelheiten nennen, jeder berichte nur von fiktiven Ereignissen, in die er (der Angeklagte G.) verwickelt sein solle und welch große Rolle die Blumen spielten, die J. der P. überreicht habe. Von diesen habe er erst nach dem Tod des J. erfahren.
63
Es stehe ihm nicht zu, über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft zu urteilen, aber nach den Aussagen der Zeugen Z. und W. am 14.01.2021 seien diese als glaubwürdige Zeugen angesehen worden. Z. habe bei der Polizei von Anfang an gelogen, angefangen bei der Tatsache, dass nicht er es gewesen sei, der die Polizei gerufen habe, bis zu der Frage, wie und wann J. in das andere Zimmer (Schlafzimmer) gebracht worden sei.
64
Warum er (der Angeklagte G.) das nicht schon früher bei der Polizei erzählt habe, wisse er nicht, er habe keine spezielle Erklärung dafür. Vielleicht habe er Z. schützen wollen, vielleicht habe er sich vor der Verantwortung gefürchtet, J. nicht geholfen zu haben. Sie hätten auch alle vereinbart, die Gespräche über den Tod von J. ausschließlich innerhalb der Wohnung des M. zu führen.
65
Er habe J. nicht geschlagen und sei auch nicht derjenige gewesen, der zu seinem Tod beigetragen habe. Er habe nie einen Streit oder eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihm gehabt.
b.) Weitere Angaben in der Hauptverhandlung
66
Auf Nachfrage, ob der Geschädigte ihr Laufbursche gewesen sei, erklärte der Angeklagte G., dass J. gefragt worden sei, ob er Wodka holen gehe. Wenn er zugestimmt habe, habe er seinen Rucksack geholt und sei gegangen, manchmal 2 bis 3 Mal täglich. Am Wochenende sei der Geschädigte an die Tankstelle gelaufen. Zurückgekehrt sei J. jeweils nach 30 bis 60 Minuten, weil er ein Handy gehabt habe, aber kein Guthaben. Er habe daher das kostenlose WLAN in der Stadt genutzt. Das alles sei ohne Zwang gegangen und ohne dass man auf eine möglichst frühe Rückkehr gedrängt habe.
67
Zu seinem Verhältnis zu P. gab der Angeklagte G. an, dass er sie zum Zeitpunkt des Todes J.s gekannt habe, „zusammengekommen“ seien sie jedoch erst am 15.12.2020 und etwa Mitte April 2021 hätten sie sich in den Briefen, die sie miteinander ausgetauscht hätten, die Ehe versprochen. Eine Hochzeit im Gefängnis habe er nicht gewollt, diese solle stattfinden, sobald er entlassen werde.
68
Zu seinem Verhältnis zum Angeklagten Z. gab der Angeklagte G. an, aus seiner Sicht seien sie gute Freunde gewesen.
69
Im Hinblick auf den Vorfall am 13.01.2021 beim … erklärte der Angeklagte G., er habe niemanden erzählt, dass Z. den Geschädigten geschlagen habe.
70
Zu seinem durchschnittlichen Alkoholkonsum pro Tag erklärte der Angeklagte, der nach seinen Angaben 176 cm groß ist und zu den Tatzeiten ca. 64 kg wog, dass er seit seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt täglich regelmäßig 2 Flaschen Wodka à 0,7 l getrunken habe und zusätzlich noch 4 bis 5 Bier pro Tag. Aufgrund des Alkoholkonsums habe er manchmal das Bewusstsein verloren und gelegentlich habe er sich nicht erinnern können, wie er eingeschlafen sei. Gearbeitet habe er in dieser Zeit nicht.
71
Alkohol habe er am 08.12.2020 „bestimmt sehr viel“ konsumiert. So habe er bereits ab 9 oder 10 Uhr vormittags eine 0,7 l Flasche Wodka getrunken, allerdings in anderer Gesellschaft. In der Wohnung des M. hätten sie nachmittags mit dem Wodkatrinken angefangen. Insgesamt hätten sie dort zu fünft 5 oder 6 Flaschen Wodka à 0,7 l getrunken, der Geschädigte J. vielleicht etwas weniger, weil er nicht jede Runde mitgetrunken habe. Er selbst habe zwischendurch zusätzlich noch 2 bis 3 Bier zu sich genommen. Getrunken habe er bis spät abends, wobei er mit Sicherheit vor Mitternacht auf der Couch im Wohnzimmer eingeschlafen sei.
72
Infolge des Alkoholkonsums habe er Schwierigkeiten beim Stehen und Gehen, insbesondere beim Geradeauslaufen gehabt. Er habe den geraden Weg zur Toilette nicht gehen können, sondern sich an den Türzargen festhalten müssen. Hingefallen sei er jedoch nicht. Auch das Aufstehen von der Couch sei schwierig gewesen. Jedoch habe er zu jeder Zeit gewusst, wo er sich befunden habe. Auch habe er die Regeln des Kartenspiels noch beherrscht und gewusst, mit wem er spiele.
73
Befragt zu einer möglichen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erklärte sich der Angeklagte G. therapiebereit.
2.) Angaben im Ermittlungsverfahren
74
Im Ermittlungsverfahren hat sich der Angeklagte G. explizit lediglich zur Tat zum Nachteil des J. geäußert.
a.) Angaben bei seinen Einvernahmen als Zeuge am 09.12.2020, ab 15:55 Uhr und am 16.12.2020 ab 09:43 Uhr jeweils durch KHM Z.
75
Die Angaben des Angeklagten G. bei den vorgenannten Vernehmungen wurden über den Zeugen KHM Z. eingeführt. Wie dieser glaubhaft erklärte, habe der Angeklagte G. angegeben, dass sich am Abend des 08.12.2020 bzw. in der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 außer ihm noch der Angeklagte Z., der Geschädigte J. sowie die Zeugen R. und M. in der Wohnung des Letzteren befunden hätten. Er, der Angeklagte Z. sowie die Zeugen R. und M. seien dort zusammen im Wohnzimmer gesessen und hätten dort getrunken, gegessen, geredet und Karten gespielt. Der Geschädigte habe nicht mitgespielt, weil er das Kartenspiel nicht beherrscht habe, sondern sei immer zwischen Wohnzimmer und der Küche hin- und hergelaufen, habe jedoch auch mitgetrunken. Gemeinsam habe man etwa 5 Flaschen Wodka getrunken, wobei er selbst (der Angeklagte G.) zusätzlich noch ca. 5 Halbe Bier zu sich genommen habe. Bestätigt habe der Angeklagte G. auch, dass der Geschädigte ihr Laufbursche gewesen sei. So habe J. am 08.12.2020 die Wohnung des M. wenigstens 2 Mal verlassen, um beim Lidl Wodka einzukaufen. Das Geld hierfür – 10,- EUR für 2 Flaschen Wodka – habe er vom Angeklagten Z. erhalten, der immer gezahlt habe. Für diese Einkäufe sei J. jeweils mindestens 1 bis 2 Stunden weg gewesen.
76
Sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Vernehmung habe der Angeklagte G. geschildert, dass er dann noch in der Nacht bzw. zwischen ca. 3 und 4 Uhr morgens die Wohnung verlassen habe, um Pfandflaschen zu sammeln und abzugeben. Bei der ersten Vernehmung habe er noch angegeben, dass bei seiner Rückkehr am Morgen J. mit geschlossenen Augen im Wohnzimmer auf dem Boden, gegen die Couch gelehnt, gesessen habe und er den Geschädigten, den er für schlafend gehalten habe, angesprochen habe, weil er ihn zu einem Termin beim … habe begleiten sollen, ihn jedoch nicht berührt. Dieser habe jedoch nicht reagiert, so dass er (der Angeklagte G.) die Wohnung schließlich allein verlassen habe.
77
Abweichend hiervon habe nach den Angaben des Angeklagten G. bei seiner zweiten Vernehmung der Abend damit geendet, dass er (der Angeklagte G.) und der Angeklagte Z. den Geschädigten unter den Achseln gepackt und vom Wohnins Schlafzimmer gezogen hätten. Dies habe einige Minuten gedauert, weil sie (die beiden Angeklagten) so betrunken gewesen wären; hingefallen seien sie dabei aber nicht. Hierbei habe J. noch Töne von sich gegeben und sei etwas mitgetrippelt. Im Schlafzimmer habe man ihn sanft auf der Matratze am Boden abgelegt, auf der bereits der Zeuge R. gelegen und geschlafen habe. Auch der Zeuge M. habe zu dieser Zeit bereits in seinem Bett im Schlafzimmer geschlafen. Danach hätten er und der Angeklagte Z. sich ebenfalls schlafen gelegt, und zwar, wie üblich, im Wohnzimmer.
78
Weiter berichtete der Zeuge KHM Z., dass er bei der zweiten Vernehmung wiederholt nachgefragt habe, ob es vielleicht zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sei, etwa weil J. an diesem Abend mehr getrunken habe als die anderen Anwesenden. Dies habe der Angeklagte G. dezidiert verneint und erklärt, dass es im Verlauf des Abends lediglich zu einem kurzen, verbalen Streit zwischen dem Zeugen M. und dem Geschädigten über Zigaretten gekommen sei.
79
Der Zeuge KHK Z. hatte eine sehr gute Erinnerung an die beiden Vernehmungen des Angeklagten G. und konnte ergänzend zu deren Inhalt insbesondere auch seinen jeweiligen Eindruck von ihm genau schildern. So sei der Angeklagte G. bei beiden Vernehmungen erheblich alkoholisiert gewesen, wie man jeweils vor deren Beginn durch Überprüfung der AAK festgestellt habe, was ihm deshalb noch so präsent sei, weil der Angeklagte G. am 09.12.2020 um 15:40 Uhr (d.h. vor der ersten Vernehmung) eine AAK von 1,81 mg/l und am 16.12.2020 um 09:22 Uhr (d.h. vor der zweiten Vernehmung) sogar eine AAK von 1,98 mg/l aufgewiesen habe. Gleichwohl habe der Angeklagte G. weder motorische Ausfallerscheinungen gezeigt – dieser habe, ohne sich am Geländer festzuhalten ohne weiteres die Treppen zum im 2. Stock gelegenen Vernehmungszimmer hochlaufen können – noch habe er irgendwelche Zweifel daran gehabt, dass der Angeklagte G. vernehmungsfähig sei. Denn auf Fragen habe er durchgehend adäquat geantwortet und bei beiden Vernehmungen sei ein strukturiertes Gespräch mit ihm ohne weiteres möglich gewesen. Lediglich bei der zweiten Vernehmung, als er wiederholt nachgefragt habe, ob es nicht doch eine körperliche Auseinandersetzung gegeben habe, sei der Angeklagte G. aufbrausend geworden, sowohl ihm als auch seinem ebenfalls anwesenden Kollegen KHK S. und der damaligen Dolmetscherin gegenüber. Er sei aufgestanden und habe sich zunächst vor ihnen, dann vor der Dolmetscherin aggressiv aufgebaut, sich in der Folge aber auch wieder beruhigen lassen.
80
Die im Lauf seiner zweiten Einvernahme zunehmende Aggressivität des Angeklagten G., als er sich im Laufe der Vernehmung in die Ecke gedrängt fühlte, bestätigte der Zeuge KHK S.. Dieser gab zudem ergänzend an, dass der Angeklagte eine verschwommene Aussprache gehabt und sich zwar etwas langsam, aber stets kontrolliert bewegt habe. Gleichwohl habe auch er an der Vernehmungsfähigkeit des Angeklagten G. keinerlei Zweifel gehabt.
b.) Am 15.03.2021 über seinen Verteidiger gegenüber KHK K.
81
Wie der Zeuge KHK K. glaubhaft berichtete, habe sich der Angeklagte G. bei seiner Festnahme am 22.01.2020 nicht zur Sache geäußert. Im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens habe er dann Herrn Rechtsanwalt S., den Verteidiger des Angeklagten G., gebeten, ihm mitzuteilen, ob sich dieser zum Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten B. sowie zu einer Tatbeteiligung des Angeklagten Z. bei der Tat zum Nachteil des J. äußern wolle. Daraufhin habe der Angeklagte G. am 15.03.2021 durch Herrn Rechtsanwalt S. telefonisch mitteilen lassen, dass er sich zu keinem der Punkte äußern werde bzw. könne, da er sich an nichts erinnern könne.
c.) Angaben gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L.
82
Die Angaben des Angeklagten G. zu den verfahrensgegenständlichen Taten im Rahmen seiner Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. wurden über diesen eingeführt. Auch ihm gegenüber hat der Angeklagte G. sowohl die Tat zum Nachteil des Zeugen B. als auch die Tat zum Nachteil des J. bestritten, jedoch angegeben, dass er am 08.12.2020 genauso alkoholisiert gewesen sei wie sonst auch, wobei seine tägliche Trinkmenge bei einem Liter Wodka gelegen habe.
II.) Einlassungen des Angeklagten Z.
1.) Angaben in der Hauptverhandlung
83
Für den Angeklagten Z. hat sein Verteidiger in der Hauptverhandlung ebenfalls eine Erklärung abgegeben, die sich der Angeklagte ausdrücklich zu eigen gemacht hat. Auch der Angeklagte Z. hat Nachfragen zu dieser Erklärung gestattet.
a.) Inhalt der Einlassungserklärung
84
Im Hinblick auf die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten B. wird in der Erklärung ausgeführt, dass es schon einen Vorfall mit B. gegeben habe, bei dem er und der Angeklagte G. „da gewesen“ seien. Ob auch der J. dabei gewesen sei, wisse er (der Angeklagte Z.) nicht mehr, weil sie alle die meiste Zeit total besoffen gewesen seien und die Erinnerung verschwommen sei. Er glaube aber, es sei nicht der Ort gewesen, den das Foto aus der Akte zeige, da sei er glaublich nicht gewesen. Bei dem Vorfall, an den er sich erinnere, sei der B. „genau wie wir“ total besoffen gewesen. Er habe nicht mehr richtig laufen können und sei auch ein paar Mal selbst bei dem Versuch aufzustehen und zu laufen auf den Boden gefallen. Er (der Angeklagte Z.) glaube ziemlich sicher, dass er ihn nicht geschlagen und getreten habe. Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass er geblutet habe. Sie hätten nicht auf der gleichen Bank gesessen, sie hätten nicht miteinander getrunken und sie seien auch nur flüchtig miteinander bekannt. Wann dies gewesen sei, wisse er auch nicht mehr; erinnerlich sei er von August bis September oder Oktober im Gefängnis in Polen gewesen. Er habe eine schlechte Erinnerung „wegen der Zeit“.
85
Im Hinblick auf den Mord zum Nachteil des Geschädigten J. wird in der Erklärung angegeben, dass er (der Angeklagte Z.) J. weder am 08.12.2020 noch am 09.12.2020 geschlagen oder getreten habe. Sie seien abends in der Wohnung des M. gewesen. Sie hätten viel getrunken und er sei damals eigentlich täglich ziemlich besoffen gewesen. Auch an diesem Abend sei er sehr betrunken gewesen und er habe nicht mitbekommen, dass irgendjemand anderes den J. geschlagen oder getreten habe. Er (der Angeklagte Z.) sei dann irgendwann in seinem Schlafsack schlafen gegangen und dort in der Frühe auch wieder aufgewacht.
86
Als er aufgewacht sei, seien alle im Wohnzimmer gewesen, J., der Angeklagte G., M. und R.. J. sei am Boden gesessen, wie er meine, angelehnt an das Sofa, als ob er besoffen schlafen würde. Die anderen seien wach gewesen und hätten sich normal verhalten. Da J. einen Termin beim … gehabt habe, habe er ihn wecken wollen und ihn angesprochen. Er habe nicht reagiert, so dass er ihn angetippt habe – auch hierauf habe er nicht reagiert. Er habe ihn dann noch einmal angesprochen und ihn etwas geschubst, worauf er auch nicht reagiert habe. Beim genaueren Hinsehen habe er bemerkt, dass J. nicht normal ausgesehen habe. Er habe den Angeklagten G. gefragt, was er gemacht bzw. ob er mit J. irgendetwas gemacht habe, weil er auf ihn eifersüchtig sei. Der Angeklagte G. habe dann nur „geschlagen“ gesagt, was R. und M., die mit im Zimmer waren, auch gehört haben müssten.
87
Er (der Angeklagte Z.) habe dann nochmals versucht, J. zu wecken, was wieder nicht gelungen sei. Er habe gedacht, J. sei vielleicht ohnmächtig und vergeblich versucht, seinen Puls zu finden. Der Angeklagte G. und er hätten dann J. ins Schlafzimmer auf die Matratze gebracht. Sie hätten ihn dort nicht so am Boden sitzen lassen wollen. Das sei alles in der Früh gewesen.
88
Er habe den Eindruck gehabt, dass der Angeklagte G. sehr erschrocken gewesen sei, als er (der Angeklagte Z.) keinen Puls habe finden können. Nachdem sie J. auf die Matratze gelegt hätten, hätten die anderen einfach nichts getan. Ihn habe die Sache ziemlich fertig gemacht.
89
Er habe dann den Notruf gewählt, weil kein anderer das gemacht habe. Er habe die Daten des M. angegeben, weil es seine Wohnung gewesen sei, zu der der Rettungsdienst habe kommen sollen. Er sei dann nicht mehr in die Wohnung gegangen, er habe mit dem Notruf draußen in der Telefonzelle telefoniert. Er sei sich ziemlich sicher, dass J. keine Jacke getragen habe, als er (der Angeklagte Z.) die Wohnung verlassen habe.
90
Später habe er erfahren, dass der Angeklagte G. herumerzählt habe, dass er (der Angeklagte Z.) am Tod des J. schuld sein solle, obwohl dies nicht stimme. Er habe den Angeklagten G. dann im … auch zur Rede gestellt, dabei seien außer ihnen beiden noch der W., der S. und die P. anwesend gewesen. Der Angeklagte G. habe dann zugegeben, den J. geschlagen und getreten zu haben, deshalb habe er (der Angeklagte Z.) die Polizei angerufen.
91
Wenn er (der Angeklagte Z.) dem J. etwas angetan habe, hätte er nicht die Polizei gerufen.
92
Er sei bestürzt, dass der J. gestorben sei.
b.) Weitere Angaben in der Hauptverhandlung
93
Auf Nachfragen hat der Angeklagte Z. erklärt, soweit in der (erg.: vorstehend geschilderten)
94
Erklärung von „M. G.“ die Rede sei, sei damit der Angeklagte T. G. gemeint. Er habe den Angeklagten G., den er erst seit 2 oder 3 Monaten kenne und zu dem keine Freundschaft bestehe, schützen wollen. Aus diesem Grund habe er bislang. nicht davon berichtet, dass der Angeklagte G. eingeräumt habe, J. geschlagen zu haben.
95
Den Geschädigten J. habe er genauso lange gekannt wie den Angeklagten G.. Wenn dieser als ihr Laufbursche bezeichnet worden sei, sei dies missverstanden worden bzw. nicht negativ gemeint gewesen. Sie hätten ihn geschickt, um Alkohol zu bringen, dafür habe er mittrinken dürfen. Das Geld, das J. am 08.12.2020 für den Einkauf von Alkohol erhalten habe, stamme von ihm bzw. M., die anderen hätten kein Geld gehabt. Auf keinen Fall sei es so gewesen, dass sie den Geschädigten ausgenutzt hätten.
96
Richtig sei, dass er früher Judo trainiert habe. Er sei aber kein Profi gewesen. Boxen habe ihm „die Straße beigebracht“.
97
Wenn er bei den Zeugenvernehmungen wiederholt erzählt habe, dass man den Geschädigten J. in der Nacht zwischen 0 und 1 Uhr ins Schlafzimmer getragen habe, so sei das falsch.
98
Dies sei am Morgen gewesen.
99
Im Übrigen hätten bei den Vernehmungen alle von Anfang an gelogen, tatsächlich sei es so abgelaufen, wie es in der Einlassungserklärung dargestellt sei.
100
Wann er sich an diesem Abend bzw. in dieser Nacht schlafen gelegt habe, könne er nicht sagen, er meine, zur selben Zeit wie alle anderen auch. Den Verstorbenen habe er am nächsten Tag um ca. 9 Uhr das erste Mal gesehen.
101
Was seinen Alkoholkonsum am 08.12.2020 betreffe, habe auch er bis zu dem Zusammensein zu fünft in der Wohnung des M. bereits eine Flasche Wodka à 0,7 l getrunken. Im Übrigen seien die Angaben des Angeklagten G., wonach sie dort nachmittags mit dem Wodkatrinken angefangen und insgesamt zu fünft 5 oder 6 Flaschen Wodka getrunken hätten, richtig. Im Gegensatz zu diesem habe er jedoch kein Bier zum Wodka getrunken. Sie hätten an diesem Abend alle ungefähr gleich viel getrunken und seien alle „stockbesoffen“ gewesen. Sie seien deshalb alle lauter geworden, weil jeder versucht habe, den anderen zu übertönen.
102
Seinen durchschnittlichen Alkoholkonsum seit seiner Entlassung aus der JVA im September oder Oktober 2020 beschrieb der Angeklagte Z. dahingehend, dass er in dieser Zeit mit dem Trinken begonnen habe, sobald er um etwa 9 Uhr aufgewacht sei und bis zu seiner Verhaftung am 02.02.2021 täglich alleine 2 Flaschen Wodka à 0,7 l getrunken habe. Bier habe er dagegen nur sporadisch bzw. sehr selten konsumiert. Wenn er dann betrunken gewesen sei, habe er sich schlafen gelegt. Gegessen habe er in dieser Zeit nur einmal am Tag, weil man keinen Appetit habe, wenn man soviel trinke.
103
2.) Angaben im Ermittlungsverfahren a.) Bei seiner Einvernahme als Zeuge durch KKin H. am 10.12.2020, 21:44 bis 22:55 Uhr Die Angaben des Angeklagten Z. bei seiner ersten Vernehmung als Zeuge wurden über die Vernehmungsbeamtin, die Zeugin KKin H., eingeführt.
104
Diese erklärte glaubhaft, der Angeklagte Z. habe sich nicht dazu geäußert, wie es zum Tod des Geschädigten gekommen sei bzw. was in der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 passiert sei – er wisse ja nicht einmal, was er am heutigen Tage gegessen habe.
105
Es sei ihm jedoch erinnerlich gewesen, dass er am Abend des 08.12.2020 – wie auch die Abende zuvor – mit dem Angeklagten G., dem Geschädigten sowie den Zeugen R. und M. in der Wohnung des Letzteren gewesen sei, wo sie Karten gespielt, ferngesehen, Quatsch gemacht und natürlich gesoffen hätten, wobei es schon sein könne, dass einer einmal für 2 oder 3 Stunden weggegangen sei.
106
Zum Alkoholkonsum an diesem Abend habe der Angeklagte Z. angegeben, dass sie in der Wohnung des M. zu fünft immer 4 Flaschen Wodka gehabt hätten.
107
Am Morgen des 09.12.2020 habe er den Geschädigten wecken wollen und festgestellt, dass er schon kalt gewesen sei, daher habe er aus eigenem Antrieb die Rettung verständigt. Den Namen und die Anschrift des M. habe er genannt, um der Rettung die Auffindung der Wohnung zu ermöglichen.
108
Zum Geschädigten J. habe der Angeklagte Z. angegeben, dass dieser kein Geld vom Jobcenter bekommen habe und auch kein Geld für seine Familie gehabt habe. Dennoch habe er immer Wein, Wodka und Zigaretten gehabt. Woher das Geld stamme und was der Geschädigte immer 3 Stunden L. beim Lidl gemacht habe, wisse er nicht. Weiter habe der Angeklagte Z. berichtet, in der Woche vor seinem Tod sei der Geschädigte aufgrund seiner Alkoholisierung bereits zweimal in der Wohnung des M. zu Sturz gekommen, einmal in der Küche und einmal bei der Badewanne.
109
Zu seinem eigenen Alkoholkonsum habe der Angeklagte Z. sich nicht besonders umfangreich geäußert, sondern nur angegeben, dass er eine Flasche Wodka brauche, um sich warmzuhalten und eine weitere, um die Nacht zu überstehen.
b.) Bei seiner Einvernahme als Zeuge durch KHK S. am 11.12.2020, 10:38 bis 12:08 Uhr
110
Wie der Vernehmungsbeamte, der Zeuge KHK S., glaubhaft erklärte, habe ihm der Angeklagte Z. am Tag nach seiner Vernehmung durch die Zeugin KKin H. zunächst – für ihn nachvollziehbar – bestätigt, dass er den Notruf am 09.12.2020 unter dem Namen des M. getätigt habe und dass sie in der Nacht vom 08. auf den 09.12.2020 zu fünft in der Wohnung des M. gewesen seien. Dazu befragt, wie der Verstorbene vom Wohnins Schlafzimmer gekommen sei, habe der Angeklagte Z. zunächst behauptet, dass der Geschädigte selbst ins Schlafzimmer gegangen sei. Im weiteren Verlauf der Vernehmung habe er dann jedoch angegeben, dass er (der Angeklagte Z.) zusammen mit dem Angeklagten G. noch in der Nacht, bevor sie sich selbst im Wohnzimmer schlafen gelegt hätten, J., der an die Couch im Wohnzimmer gelehnt auf dem Boden gesessen habe und zu betrunken gewesen sei, um selbst noch gehen zu können, vom Wohnzimmer auf die Matratze ins Schlafzimmer geschleift hätten. Auch danach sei für ihn jedoch offengeblieben, so der Zeuge KHK S., warum der Geschädigte dann bei der Auffindung seine Winterjacke angehabt habe.
111
Auf seine weitere Nachfrage, wie es zum Tod des J. gekommen sei, habe ihm der Angeklagte Z. außerdem erklärt, dass wisse er nicht, weil er geschlafen habe.
112
Schließlich habe er, so der Zeuge KHK S., dem Angeklagten Z. vorgehalten, dass der Geschädigte immer wieder mit „blauen Augen“ gesehen worden sei. Der Angeklagte Z. habe jedoch beteuert, J. habe ihm nie verraten, wer ihm das angetan habe und er selbst könne nicht wissen, wen der Geschädigte, der immer wieder stundenlang weg gewesen sei, getroffen und ihn bei dieser Gelegenheit eventuell geschlagen habe. Er selbst und der Angeklagte G. hätten J. jedenfalls nie verprügelt.
c.) Bei seinen Einvernahmen als Zeuge am 16.12.2020, ab 09:30 Uhr, und am 14.01.2021, ab 10:17 Uhr, sowie bei seiner Festnahme am Morgen des 03.02.21 und in seiner Beschuldigtenvernehmung am 03.02.2021, ab 08:14 Uhr, jeweils durch KHK K.
113
Die Angaben des Angeklagten Z. bei seiner dritten bzw. vierten Einvernahme als Zeuge sowie die Äußerungen bei seiner Festnahme und seiner Beschuldigtenvernehmung am 03.02.2021 wurden über den Vernehmungsbeamten und polizeilichen Sachbearbeiter, den Zeugen KHK K., eingeführt.
114
Danach habe der Angeklagte Z. bei seiner dritten Einvernahme als Zeuge am 16.12.2020, ab 09:30 Uhr, die Angaben aus seinen bisherigen Vernehmungen bestätigt, wonach der Geschädigte als Laufbursche benutzt worden sei, weil er kein Geld gehabt habe. Weiter habe er bestätigt, dass J. gegen Mitternacht so betrunken gewesen sei, dass er und der Angeklagte G. ihn zusammen ins Schlafzimmer gezogen hätten. Zu dieser Zeit habe J. noch gelebt. Der Zeuge R. habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf der Matratze gelegen, sondern sei noch mit allen anderen im Wohnzimmer gewesen.
115
Zur Vernehmung am 14.01.2021 ab 10:17 Uhr sei es schließlich auf Initiative des Angeklagten Z. gekommen, der ihn am 13.01.2021 ganz aufgelöst angerufen und ihm mitgeteilt habe, er sei beim … und der Angeklagte G. erzähle überall herum, dass er (der Angeklagte Z.) für den Tod des J. verantwortlich sei. Daraufhin habe er, so der Zeuge KHK K., mit ihm eine weitere Zeugenvernehmung für den nächsten Tag vereinbart.
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Bei dieser habe der Angeklagte Z. erklärt, dass er am 13.01.2021 die Zeugen W. und S. beim … getroffen habe und ihm der Zeuge W. erklärt habe, der Angeklagte G. streue das Gerücht, er (der Angeklagte Z.) sei für den Tod des Geschädigten verantwortlich. Etwa eine halbe Stunde später sei der Angeklagte G. zusammen mit P. zum … gekommen, wo ihn der Angeklagte Z. zur Rede gestellt habe. Dabei habe er den Angeklagten G. gegen einen VW- Bus gedrückt und ihn gefragt, wer J. geschlagen habe; dieser habe daraufhin geantwortet „ja, ich habe ihn geschlagen.“
117
Weiter berichtete der Zeuge KHK K., dass der Angeklagte, nachdem er ihm am Morgen des 03.02.2021 die Festnahme erklärt habe, nach Belehrung mehrfach seine Unschuld beteuert und auch bei seiner Beschuldigtenvernehmung sowohl die Tat zum Nachteil des J. abgestritten als auch verneint habe, dass darüber mit dem Angeklagten G. oder anderen „Polen beim …“ gesprochen worden sei. Besonders Letzteres sei ihm, so der Zeuge KHK K., unglaubwürdig vorgekommen.
118
Der Zeuge KHK K. hatte eine sehr gute Erinnerung an die vorstehenden Vernehmungen, bei denen der Angeklagte Z., wie er betonte, uneingeschränkt vernehmungsfähig gewesen sei, obwohl die bei ihm gemessene Atemalkoholkonzentration vor der Zeugenvernehmung am 16.12.2020 0,96 mg/l (um 09:26 Uhr), vor der Zeugenvernehmung am 14.01.2021 0,81 mg/l (um 10:31 Uhr) und vor der Beschuldigtenvernehmung am 03.02.2021 1,04 mg/l (um 07:47 Uhr) betragen habe.
d.) Angaben des Angeklagten Z. gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. S.
119
Wie der psychiatrische Sachverständigen Dr. med. S. glaubhaft erklärte, habe der Angeklagte Z. auch ihm gegenüber zur Tat zum Nachteil des J. angegeben, dass er das Geschehen nicht gesehen habe. Der Angeklagte G. habe den Geschädigten geschlagen und am Morgen sei dieser tot gewesen. Auf seine Nachfrage, woher er das wisse, wenn er doch geschlafen habe, habe der Angeklagte Z. entgegnet, dass er auf diese Frage nicht antworten könne und ihm sein Anwalt sagen müsste, ob er auf diese Frage antworten dürfe oder nicht. In der Akte stehe, dass er den Angeklagten G. gegen eine VW-Bus gedrückt und dieser dann die Tat zugegeben habe, hierfür gebe es 2 Zeugen, die das gehört hätten. Weiter habe der Angeklagte Z. erklärt, der ganze Streit mit dem Geschädigten J. sei wegen P. entstanden, die mit dem Angeklagten G. zusammen sei und mit der auch er (der Angeklagte Z.) befreundet sei. Diese habe J. eine Jacke geschenkt, woraufhin er sich mit Blumen bedankt habe. Darauf sei der Angeklagte G. eifersüchtig geworden und habe den Geschädigten zu Tode geprügelt.
III.) Beweiswürdigung – Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten G.
120
Die Feststellungen zur Person des Angeklagten G. beruhen in erster Linie auf seinen insoweit glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung, die sich mit den Angaben zu seiner Biografie gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. decken und ergänzt wurden durch die uneingeschränkt glaubhaften Angaben der Zeugin P., der langjährigen Lebensgefährtin des Angeklagten G..
121
Seine Angaben, wonach er und P. sich etwa Mitte April 2021 mittels der Briefe, die er mit ihr ausgetauscht habe, die Ehe versprochen habe, wurden von der Zeugin P. spontan und uneingeschränkt glaubhaft bestätigt, bevor sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte.
122
Die Feststellungen zum täglichen Alkoholkonsum des Angeklagten G. jedenfalls ab Beginn des Jahres 2020 beruhen auf der Expertise des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. P., der erläutert hat, dass der Angeklagte G. bei Angabe eines täglichen Alkoholkonsum von angeblich 2 Flaschen Wodka à 0,7 l täglich zuzüglich bis zu 5 Halben Bier auch unter Berücksichtigung seiner Alkoholgewöhnung übertrieben habe.
123
Denn danach hätte der damals 64 kg schwere Angeklagte G. täglich eine Alkoholmenge von ca. 442 g (2 x 700 ml x 0,4 Vol.-% x 0,7894 g/cm³) für den Wodka zuzüglich einer Alkoholmenge von weiteren ca. 100 g (5 x 500 ml x 0,05 Vol.-% x 0,7894 g/cm³) für die 5 Halbe Bier, insgesamt somit ca. 542 g Alkohol, zu sich genommen. Verteilt auf sein reduziertes Körpergewicht von 44,8 kg (64 kg x 0,7), ergebe sich hieraus eine Blutalkoholkonzentration von ca. 12,1 ‰ (542 g/44,8 kg), von der wiederum das Resorptionsdefizit, das hier zwischen 10% und 30% anzusetzen sei, in Abzug zu bringen sei. Abhängig hiervon ergebe sich eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 8,47 ‰ (bei Annahme eines Resorptionsdefizits von 30%), maximal 10,89 ‰ (bei Annahme eines Resorptionsdefizits von 10%) und wahrscheinlich 10,44 ‰ (bei Annahme eines Resorptionsdefizits von 10% für den Alkohol aus dem Wodka und 30% für den Alkohol aus dem Bier). Berücksichtige man weiter die üblichen Abbauraten von maximal 0,2 ‰/h, wahrscheinlich 0,15 ‰/h und mindestens 0,1 ‰/h über einen Zeitraum von 24 Stunden habe der Angeklagte G. nach seiner Einlassung durchgehend eine Mindest-BAK von 3,66 ‰ (8,47 ‰ – 4,8 ‰), eine maximale BAK von 8,49 ‰ (10,89 ‰ – 2,4 ‰) bzw. eine wahrscheinliche BAK von 6,84 ‰ (10,44 ‰ – 3,6 ‰) aufgewiesen.
124
Nach alldem sei aus rechtsmedizinischer Sicht festzustellen, dass die vom Angeklagten G. angegebenen täglichen Trinkmengen nicht der Wahrheit entsprechen könnten. Denn die sich hierbei ergebenden Werte von 8,49 ‰ bzw. 6,84 ‰ seien nicht zu überleben, sondern allenfalls die sich aus dieser Trinkmenge ergebende Mindest-BAK von 3,74 ‰. Aus diesem Grund sei nicht auszuschließen, dass der Angeklagte G. die von ihm angegebenen Trinkmengen an einzelnen Tagen zu sich genommen habe, über 2 oder mehrere Tage hintereinander sei jedoch ein derartiger Alkoholkonsum, wie ihn der Angeklagte G. geschildert habe, keinesfalls zu überleben.
125
Andererseits sei festzustellen, dass die für den Angeklagten G. bekannten Blut- bzw. Atemalkoholkonzentrationen, die zu verschiedensten Tageszeiten ermittelt worden seien, sich bis auf den bei seiner Festnahme gemessenen Wert von 1,13 mg/l um 08:25 Uhr morgens, bei dem er sich nach den Angaben des Zeugen KHK K. bereits „ganz schön zittrig“, d.h. entzügig, gezeigt habe, sämtlich im Bereich einer Blutalkoholkonzentration von knapp unter 4 ‰ befänden. So habe … eine dem Angeklagten am 14.01.2020 um 23:04 entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 3,69 ‰ ergeben, womit für die um 21:50 Uhr desselben Tages begangene Tat die Mindest-BAK 3,82 ‰, die wahrscheinliche BAK 3,88 ‰ und die maximale BAK 4,14 ‰ betragen habe. Auch die vor den Vernehmungen des Angeklagten G. gemessenen AAK-Werte von 1,81 mg/l um 15:40 Uhr bzw. 1,98 mg/l um 09:22 Uhr bewegten sich in diesem Bereich, was belege, dass das Erreichen einer Blutalkoholkonzentration von etwa 4 ‰ für ihn keine Seltenheit sei.
126
Insgesamt sei es daher realistisch anzunehmen, so der Sachverständige Prof. Dr. med. P., dass der Angeklagte G. zu keiner Zeit nüchtern gewesen sei, sondern durchgehend einen Grundpegel von mindestens 2 bis 3 ‰ aufgewiesen habe, auf den er immer wieder „draufgeschüttet“ habe, so dass bei ihm im Ergebnis von einer sinuswellenartig schwankenden Blutalkoholkonzentration zwischen mindestens 2 und etwa 4 ‰ auszugehen sei, wobei ein weiterer Abgleich, auch mit den Angaben, die der Angeklagte G. gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. getätigt habe, nicht zielführend sei.
127
Der Sachverständige Prof. Dr. med. P. … ist der Kammer bereits über viele Jahre und aus einer Vielzahl von Verfahren als außerordentlich erfahrener und sorgfältiger Sachverständiger bekannt, der sich nicht nur stets neuester wissenschaftlicher Methoden bedient, sondern auch von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgeht. Letzteres gilt insbesondere auch soweit der Sachverständige seiner Expertise die glaubhaften Angaben des Zeugen KHK K. zugrunde gelegt hat, wonach der Angeklagte G., der bei seiner Festnahme am Morgen des 22.01.2021 um 8:25 Uhr eine Atemalkoholkonzentration von 1,13 mg/l aufgewiesen, sich aber bereits zittrig gezeigt und nach etwas Alkohol verlangt habe.
128
Insgesamt hat sich die Kammer daher den sehr gut nachvollziehbaren Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen uneingeschränkt angeschlossen und sich diese uneingeschränkt zu eigen gemacht.
129
Die Feststellungen zum Alkoholkonsum des Angeklagten G. vor 2020 sowie zu seinem sonstigen Suchtverhalten, …, beruhen auf seinen insoweit glaubhaften Angaben, die für den Zeitraum von 2008 bis Ende 2018 von der Zeugin P. bestätigt wurden.
130
Die Feststellungen zu den Vorahndungen des Angeklagten G. beruhen auf dem Bundeszentralregisterauszug vom 03.12.2021, welcher verlesen wurde und sich mit den Eintragungen decken, welche sich aus dem polnischen Registerauszug vom 16.06.2021 ergeben, der ebenfalls verlesen wurde. Die daraus ersichtlichen weiteren Eintragungen waren im Bundeszentralregisterauszug vom 03.12.2021 bereits getilgt und wurden nicht verwertet.
131
Der Strafbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom 24.04.2020, …, wegen vorsätzlicher Körperverletzung wurde verlesen.
IV.) Beweiswürdigung – Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten Z.
132
Die Feststellungen zur Person des Angeklagten Z. beruhen auf seinen insoweit glaubhaften Angaben, die sich mit den Angaben zu seiner Biografie, wie er sie gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. S. getätigt hat, decken.
133
Die Feststellungen zu seinem Suchtmittel-, insbesondere Alkoholkonsum, beruhen erneut auf der Expertise des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. P., der erklärt hat, das vom Angeklagten Z. geschilderte Trinkverhalten (2 Flaschen Wodka à 0,7 l täglich) sei ebenso wenig realistisch wie das des Angeklagten G.. Im Ergebnis sei bei ihm jedoch ebenfalls von einer sinuswellenartig schwankenden Blutalkoholkonzentration auszugehen, auch wenn diese niedriger anzusetzen sei als beim Angeklagten G., nämlich im Bereich ab etwa 1,6 ‰ aufwärts, wie die vor den Vernehmungen des Angeklagten Z. gemessenen Atemalkoholkonzentrationen von 0,96 mg/l um 09:26 Uhr, 0,81 mg/l um 10:21 Uhr bzw. 1,04 mg/l um 07:47 Uhr belegten.
134
Der Expertise des rechtsmedizinischen Sachverständigen hat sich die Kammer, auch soweit er sich zum regelmäßigen Alkoholkonsum des Angeklagten Z. geäußert hat, vollumfänglich angeschlossen.
135
Die Feststellungen zu den Vorahndungen des Angeklagten Z. beruhen auf der Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 03.12.2021. Die Eintragungen dort sind auch im polnischen Registerauszug vom 07.07.2021 eingetragen, welcher ebenfalls verlesen wurde. Aus dem polnischen Registerauszug vom 07.07.2021 ergibt sich zudem, dass der Angeklagte am 15.12.2020 vom Gericht SAD REJONOWY WNOWEJ SOLI (Polen) – … zu … Freiheitsstrafe von 1 Jahr auf Bewährung verurteilt wurde, welche noch nicht vollstreckt ist. Diese Entscheidung wurde beigezogen und deren beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache verlesen.
V.) Beweiswürdigung – Feststellungen zur gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil des B.
1.) Feststellungen zum Tatgeschehen
136
Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen, da der Angeklagte Z. die Tat bestritten und der Angeklagte G. – wie auch bei der Tat zum Nachteil des J. – lediglich den Angeklagten Z. belastet hat, selbst daran aber nicht beteiligt gewesen sein will, ausschließlich auf den Angaben des Geschädigten B., die die Kammer nach einer umfassenden Analyse seiner Aussagen und einer Gesamtschau aller weiteren Beweisanzeichen als vollumfänglich glaubhaft eingestuft hat.
a.) Angaben des Zeugen B. in der Hauptverhandlung
137
In der Hauptverhandlung schilderte der Zeuge B., dass er damals noch vor Mittag die Grünanlage … betreten habe. Dort seien auf der ersten Parkbank bereits die beiden Angeklagten, die ihm bereits seit etwa einem Jahr vom … bekannt gewesen seien, gesessen. Er habe sich zu ihnen dazugesetzt, wobei er (aus seiner Sicht) ganz rechts gesessen sei, links unmittelbar neben ihm der Angeklagte Z. und wiederum links neben diesem der Angeklagte G.. Er habe eine fast volle 0,7 l Flasche Wodka bei sich gehabt, aus der er zuvor nur ganz wenig selbst getrunken habe. Ansonsten habe er an diesem Tag noch keinen Alkohol zu sich genommen. Von dieser Flasche habe er die beiden Angeklagten, die auf ihn nicht alkoholisiert gewirkt hätten, mittrinken lassen, aus Freude darüber, dass er einen 1-EURO-Job erhalten habe. Zusammen habe man die Flasche etwa bis zur Hälfte geleert, als ihm der Angeklagte Z., weil er (der Zeuge B.) angeblich irgendetwas Falsches gesagt habe, plötzlich so stark gegen das linke Ohr geschlagen habe, dass er das Gleichgewicht verloren und von der Parkbank auf den Boden gestürzt sei. Hierbei habe er Abschürfungen an Stirn und Nase erlitten, weil der Boden an dieser Stelle geteert sei und er sich nicht mehr habe abstützen können. Er sei auf seiner linken Körperseite zu liegen gekommen und gleich darauf hätten die beiden Angeklagten begonnen, ihn etwa 10, vielleicht aber auch 12 Mal wirklich heftig mit den Füßen in den Rücken zu treten – etwa so, wie wenn man gegen einen Fußball trete, wobei er Arme und Hände schützend vor Gesicht und Oberkörper gehalten habe. Nach ca. 30 bis 60 Sekunden hätten die Angeklagten, die ihm bis dahin etwa 10 bis 12 Tritte versetzt hätten, von ihm abgelassen. Er habe aus dem Ohr sowie aus der Nase geblutet, aber aufstehen und sich wieder auf die Bank setzen können. Mittlerweile sei der ihm ebenfalls bekannte J. hinzugekommen. Dieser habe sich zu ihm gesetzt und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er blute, was er selbst bis dahin nicht einmal bemerkt habe. J. habe ihm außerdem den Rat erteilt, er solle jetzt besser gehen, was er dann auch getan habe.
138
In den Tagen und Wochen danach hätten sich seine Rückenschmerzen, die er auch vorher schon gehabt habe, deutlich verschlimmert und er habe deshalb seinen 1-EURO-Job nicht antreten können. Aus diesem Grund und weil er zur Vorlage beim Jobcenter eine AU-Bescheinigung benötigt habe, habe er etwa 2 Wochen nach dem Vorfall seinen Arzt Dr. R. aufgesucht, der ihm 600 mg Ibuprofen verschrieben habe.
b.) Glaubhaftigkeitsanalyse der Angaben des Zeugen B.
139
Die Angaben des Zeugen B., an dessen Aussagetüchtigkeit keinerlei Zweifel bestanden, waren nicht nur in sich schlüssig, sondern auch ungemein detailreich, wobei der Zeuge auch Details des Randgeschehens schilderte, was für ein erlebnisbasiertes Geschehen spricht, bspw. zum Anlass des Beisammenseins (gemeinsames Trinken, weil er einen 1-EURO-Job gefunden hatte) oder dass er nicht einmal gemerkt habe, dass er blute, bis ihn J. darauf aufmerksam gemacht habe. Gestellte Fragen konnte der Zeuge B. ohne Zögern beantworten, wobei er auch Erinnerungsunschärfen einräumte (etwa bei der Frage, wie lange nach dem Vorfall er seinen Arzt Dr. R. erstmals aufsuchte).
140
Vor allem aber konnte die Kammer beim Zeugen B. keinerlei Belastungseifer erkennen. So wurde ihm vorgehalten, dass er im Rahmen seiner Vernehmung durch KHK K. am 05.02.2021 auch von Tritten gegen die Beine gesprochen habe, die dort zu blauen Flecken geführt hätten. Hierauf entgegnete der Zeuge, er sei von den Angeklagten nur in den Rücken getreten worden und an den Beinen habe er damals zwar blaue Flecken gehabt, die aber nicht von diesem Vorfall stammten. Auch gegen den Kopf sei er, als er auf dem Boden gelegen sei, nicht mehr getreten worden.
141
Weiter wurde dem Zeugen B. vorgehalten, dass er gegenüber dem Zeugen KHM Z. am 10.12.2021 angegeben habe, beide Angeklagten seien sehr aggressiv, wenn sie getrunken hätten. Diesen Vorhalt relativierte der Zeuge B. dahingehend, dass er sich da wohl falsch ausgedrückt haben müsse oder dies falsch übersetzt worden sein müsse. Gemeint habe er, dass sie sich dann schneller bewegt hätten und „aufgekratzt“ gewesen seien.
142
Insgesamt sind die Reaktionen des Zeugen B. auf die vorgenannten Vorhalte aus Sicht der Kammer ein deutliches Zeichen, dass er die Angeklagten keinesfalls zu Unrecht belasten wollte.
aa.) Weitere Glaubhaftigkeitsanalyse – Aussagekonstanz
143
Zur weiteren Überprüfung hat die Kammer die Angaben des Zeugen B. zudem inhaltlich mit denen in seinen bisherigen Vernehmungen abgeglichen, die über die damaligen Vernehmungsbeamten, die Zeugen KHM Z. und KHK K., eingeführt wurden.
(1.) Angaben im Rahmen seiner Einvernahme durch den Zeugen KHM Z. am 11.12.2020
144
Wie der Zeuge KHM Z. glaubhaft erklärte, habe er den Zeugen B., am 10.12.2020 zur Tat zum Nachteil des J. vernommen, wobei er an dessen Aussagetüchtigkeit trotz des Umstands, dass dieser ebenso wie die beiden Angeklagten dem Obdachlosenmilieu angehört habe, keinen Zweifel gehabt habe. Im Rahmen dieser Vernehmung habe der Zeuge nicht nur Angaben zum Verhältnis des J. zu den beiden Angeklagten getätigt (s. nachfolgend lit. E. Ziff. VI. 1.), sondern auch angegeben, dass er selbst ebenfalls vor ca. 2 Monaten (Anm.: also etwa Mitte Oktober 2020) in der Grünanlage beim … von den beiden Angeklagten verprügelt worden sei. Dabei seien sie zusammen auf einer Bank gesessen, die Angeklagten Z. und G. direkt neben ihm, als er vom Angeklagten Z. unvermittelt einen Schlag gegen den Kopf erhalten habe und dadurch zu Boden gegangen sei. Als er dort auf seiner linken Seite zu liegen gekommen sei, hätten ihm die beiden Angeklagten mit den Füßen in den Rücken getreten. J. sei dann hinzugekommen. Dieser habe sich zwischen ihn und die beiden Angeklagten auf die Parkbank gesetzt und ihn aufgefordert zu gehen.
(2.) Angaben im Rahmen seiner Einvernahme durch den Zeugen KHK K. am 05.02.2021
145
Der Zeuge KHK K. erklärte glaubhaft, dass der Zeuge B., als er ihn am 05.02.2021 nachvernommen habe, ihm gegenüber ergänzend zu seinen Angaben bei KHM Z. angegeben habe, dass sich der Vorfall etwa zwischen 11 Uhr und 11:30 Uhr auf der Parkbank in der Grünanlage … abgespielt habe, von der man direkt zum … blicken könne. Auch ihm gegenüber habe der Zeuge B. geschildert, dass er (wiederum aus seiner Sicht) rechts neben dem Angeklagten Z. auf der Parkbank gesessen sei, als dieser ihn völlig unerwartet gegen das linke Ohr geschlagen und er zu Boden gestürzt sei. Anschließend hätten die beiden Angeklagten begonnen ihn zu treten.
146
Zur weiteren Verdeutlichung, so der Zeuge KHK K., habe er sich mit dem Zeugen B. in die Grünanlage am … begeben, ihn die Situation an der betreffenden Parkbank zusammen mit einem weiteren Kollegen nachstellen lassen und hiervon Lichtbilder gefertigt (welche mit dem Zeugen und den weiteren Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen wurden). Schließlich bestätigte der Zeuge KHK K. auch die weiteren Angaben des Geschädigten, wonach der Vorfall ca. 1 ½ bis 2 Wochen vor Ausstellung der ersten AU-Bescheinigung stattgefunden habe, die insgesamt etwa 10 Tritte nicht von oben nach unten, sondern „wie beim Abstoßen im Fußball“ erfolgt seien, wobei der Vorfall insgesamt 30 – 60 Sekunden gedauert und der Geschädigte sofort starke Schmerzen gehabt habe.
(3.) Bewertung der Kammer
147
Insgesamt konnte die Kammer feststellen, dass der Zeuge B. das Kerngeschehen bis auf die bereits dargestellte Ausnahme („Tritte auch gegen die Beine“ in der Vernehmung durch KHK K.) stets gleich geschildert hat. So hat der Zeuge B. durchgehend angegeben, dass er aus seiner Sicht ganz rechts außen auf der Bank gesessen sei und unmittelbar neben ihm der Angeklagte Z., der den ersten Schlag geführt habe, welcher zur Folge gehabt habe, dass der Zeuge B. zu Boden gestürzt sei. Genau dieser Ablauf ist auch aus den von KHK K. gefertigten Lichtbildern ersichtlich, ebenso wie die Tatsache, dass der Boden vor der Parkbank tatsächlich geteert ist, wie es der Zeuge B. in der Hauptverhandlung angegeben hat. Im Übrigen hat KHK K. darauf hingewiesen, dass es sich um einen Fehler beim Erstellen der Lichtbildtafel handle, soweit dort in den Bemerkungen unter den Lichtbildern vom Angeklagten G. statt vom Angeklagten Z. als demjenigen, der unmittelbar neben dem Zeugen B. gesessen habe, die Rede sei. Weiter hat der Zeuge B. sowohl in der Hauptverhandlung als auch bei seiner Vernehmung durch KHM Z. erklärt, dass er nach dem Sturz auf seiner linken Seite zu liegen gekommen sei und bei den 12 Tritten in den Rücken, von denen er in der Hauptverhandlung gesprochen hat, handelt es sich auch um dieselbe Größenordnung wie bei den 10 Tritten, von denen er bei der Vernehmung durch KHK K. gesprochen hat. Schließlich hat der Zeuge B. die Tatörtlichkeit zwar mit verschiedenen Worten, inhaltlich aber durchgehend gleich bezeichnet, da mit „der ersten Parkbank, wenn man vom … in die Grünanlage kommt“ und „der Parkbank, von der man direkt zum … blicken kann“ zweifelsfrei dieselbe Parkbank gemeint ist. Entsprechendes gilt, soweit der Zeuge B. gegenüber dem Zeugen KHM Z. erklärt hat, der Vorfall habe sich „ca. 2 Monate“ vor seiner damaligen Vernehmung am 11.12.2020 abgespielt während er dem Zeugen KHK K. gegenüber angegeben hat, der Vorfall habe sich „1 ½ bis 2 Wochen vor Ausstellung seiner ersten AUBescheinigung“ ereignet. Da die erste AU-Bescheinigung, wie der Zeuge Dr. R. bestätigte, von ihm am 30.10.2020 ausgestellt wurde, kommt man über beide Zeitangaben des Geschädigten zu einem Tag etwa Mitte Oktober 2020, an dem sich die Tat ereignet hat. Soweit der Zeuge B. schließlich bei der Vernehmung durch KHK K. auch von Tritten gegen seine Beine gesprochen hat, was er in der Hauptverhandlung dezidiert verneint hat, hat der Geschädigte aus Sicht der Kammer damals nicht etwa falsch ausgesagt, sondern die Nennung dieses Details ist auf ein singuläres Missverständnis im Rahmen der damaligen Vernehmung zurückzuführen, welches nicht näher aufgeklärt werden konnte – singulär deshalb, weil der Zeuge B. das damalige Vorhandensein von blauen Flecken auf seinen Beinen wiederum bestätigt hat ebenso wie alle sonstigen Angaben aus seinen früheren Vernehmungen.
148
Insgesamt ergaben sich für die Kammer bereits bei Bewertung der Aussage des Zeugen B. in der Hauptverhandlung sowie angesichts der Konstanz seiner bisherigen Angaben in immerhin 2 Vernehmungen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Zeuge B. die beiden Angeklagten insgesamt falsch oder übermäßig hätte belastet haben können.
149
In diesem Zusammenhang hat sich die Kammer insbesondere auch mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass sich der Zeuge B. sicher war von beiden Angeklagten getreten worden zu sein, obwohl er auf seiner linken Seite lag, Arme und Hände schützend vors Gesicht und Oberkörper hielt und in den Rücken getreten wurde. Jedoch war beim Geschädigten, wie vorstehend dargestellt, keinerlei Belastungseifer festzustellen und es ist aus Sicht der Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, dass der zur Tatzeit (entgegen der Einlassung des Angeklagten Z.) alkoholbedingt nicht beeinträchtigte Zeuge B. anhand der Frequenz der Tritte bzw. anhand des Umstands, dass die Tritte zeitgleich an verschiedenen Stellen seines Rückens „landeten“, zuverlässig beurteilen konnte, ob er von einer oder zwei Personen getreten wurde. J., der hierzu keine Angaben mehr machen kann, wurde vom Zeugen B. als Täter kategorisch ausgeschlossen, weil dieser erst später hinzugekommen sei.
bb.) Weitere Glaubhaftigkeitsanalyse – Aussageentstehung
150
Ganz entscheidend für den Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen B. spricht aus Sicht der Kammer auch die Entstehung seiner Aussage.
151
So haben die Zeugen KHM Z. und KHK K. angegeben, dass man sich im Rahmen der Ermittlungen wegen des Todes des J. am 10.12.2020 mit mehreren Kollegen zum … begeben habe, weil man gewusst habe, dass dort Leute aus dem Obdachlosenmilieu anzutreffen seien und sich durch deren Befragung Erkenntnisse zu den Hintergründen der Tat zum Nachteil des J. erhofft habe. Im Rahmen dieser Ermittlungen sei es zur ersten Vernehmung des Zeugen B. gekommen, aufgrund derer die ermittelnden Beamten erstmals von der Tat zu seinem Nachteil Kenntnis erlängt hätten. Wie der Zeuge KHK K. betonte, handle es sich beim Zeugen B. um eine sehr schüchterne, zurückhaltende Person, der niemals Anzeige gegen die beiden Angeklagten erstattet hätte, wenn nicht diese Befragung beim … durchgeführt worden wäre.
cc.) Weitere Glaubhaftigkeitsanalyse – Motivation
152
Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Zeuge B. die beiden Angeklagten fälschlich hätte belasten sollen, da ihm bekannt ist, dass sie ebenso wie er selbst dem Obdachlosenmilieu angehören und er daher weder auf Zahlung von Schadensersatz noch von Schmerzensgeld hoffen kann.
c.) Weitere Beweisanzeichen
153
Abgerundet und ergänzt wurden die Schilderungen des Zeugen B. durch die glaubhaften Angaben seines Hausarztes, des Zeugen Dr. R., und des Zeugen R., der ebenso wie der Geschädigte B. dem Augsburger Milieu polnischstämmiger alkoholkranker Obdachloser angehört und beim … verkehrt.
aa.) Angaben des Zeugen Dr. R.
154
So berichtete der Zeuge Dr. R., dass der Geschädigte ihn erstmals am 30.10.2020 wegen Rückenschmerzen in seiner Praxis aufgesucht habe. Dieser habe ihm, ohne nähere Details zu nennen, von einer körperlichen Auseinandersetzung ca. 14 Tage vorher berichtet, seit der sich seine vorbestehenden Rückenschmerzen deutlich verschlechtert hätten. Bei der Untersuchung habe er zwar keine Prellmarken oder Hinweise auf eine Fraktur feststellen können, jedoch einen deutlichen Klopfschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule, weshalb er den Zeugen B. an einen Orthopäden überwiesen und diesem eine AU-Bescheinigung ausgestellt habe. Weitere AU-Bescheinigungen seien für den Geschädigten, so der Zeuge Dr. R., bis einschließlich 29.01.2021 ausgestellt worden.
bb.) Angaben des Zeugen R.
155
Der Zeuge R. bestätigte ebenfalls glaubhaft, dass der Geschädigte B., der ihm lose vom … bekannt sei, ihm erzählt habe, dass er von den beiden Angeklagten verprügelt worden sei, obwohl er ihnen eine Flasche Wodka spendiert habe. Warum er von ihnen geschlagen worden sei, habe ihm der Geschädigte nicht erzählt, nur, dass dies in der Nähe des … gewesen sei.
156
d.) Gesamtwürdigung Bei der nach der Rechtsprechung in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen vorzunehmenden Gesamtwürdigung ergaben sich bei der Kammer keine Zweifel, dass sich die Tat zum Nachteil des Zeugen B. genauso abgespielt hat wie dieser es in der Hauptverhandlung geschildert hat und er hierdurch nicht nur Schmerzen, Abschürfungen im Nasen- und Stirnbereich sowie Blutungen aus dem linken Ohr und der Nase erlitten hat, sondern sich vor allem seine bereits vorbestehenden Rückenbeschwerden verschlimmert haben. Denn der Zeuge B., der die Tat aus eigenem Antrieb niemals zur Anzeige gebracht hätte, hat Tatörtlichkeit, Tatzeit, den Geschehensablauf sowie die Folgen der Tat durchgehend gleich geschildert (soweit er sich in den früheren Vernehmungen hierzu geäußert hat), wobei das oben dargestellte Missverständnis im Rahmen der Vernehmung durch KHK K. außer Acht zu lassen ist. Darüber hinaus hat der Zeuge B. auch dem Zeugen R. den Anlass der gemeinsamen Zusammenkunft und die Tat in Kurzfassung letztlich identisch wie in der Hauptverhandlung geschildert (obwohl er den Angeklagten W. spendiert habe, sei er von ihnen verprügelt worden). Nicht zuletzt spricht aus Sicht der Kammer nicht gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben des Geschädigten, dass der Zeuge Dr. R. bei der Untersuchung des Zeugen B. am 31.10.2020 keine Prellmarken mehr vorfand, weil der Vorfall zu dieser Zeit bereits ca. 14 Tage zurücklag. Auch dass die Zeugin D. (geb. P.), welche den Geschädigten nach seiner Entlassung aus der JVA betreute, die weiteren Angaben des Geschädigten gegenüber KHK K., wonach er auch ihr erzählt habe, dass er von den beiden Angeklagten zusammengeschlagen worden sei, weder bestätigen noch verneinen konnte, ändert nichts an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben in der Hauptverhandlung bzw. bei seinen polizeilichen Vernehmungen. Denn die Zeugin D. hat auch erklärt, dass sie entsprechende Äußerungen des Zeugen B. entweder überhört oder aufgrund der Sprachbarriere schlicht nicht verstanden haben könne. Dagegen bestätigte die Zeugin D. die Angaben des Geschädigten insoweit, als sie erklärte, dass dieser tatsächlich für einen 1-EURO-Job angemeldet gewesen sei, diesen aber, wie sie bei einem Telefonat mit dem Jobcenter vom 18.11.2020 erfahren habe, nicht angetreten habe.
2.) Feststellungen zur Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten
157
B1. den Feststellungen zur Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten ließ sich die Kammer vom rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. P. sowie von den psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. (der den Angeklagten G. begutachtete) und Dr. med. S. (der den Angeklagten Z. begutachtete) beraten.
a.) Feststellungen zu den Blutalkoholkonzentrationen der beiden Angeklagten zur Tatzeit
158
Da zeitnah nach der Tat zum Nachteil des Zeugen B. bei beiden Angeklagten weder eine Blutentnahme veranlasst noch deren Atemalkoholkonzentration gemessen wurde und sich diese über die Angaben zu ihrem allgemeinen Trinkverhalten hinaus, die zudem übertrieben sind, auch nicht detaillierter zu ihren Trinkmengen an diesem Tag geäußert haben, konnte die Kammer zur Bestimmung der Blutalkoholintoxikation der beiden Angeklagten zunächst nur auf die glaubhaften Angaben des Geschädigten B. zurückgreifen, wonach er zusammen mit den beiden etwas weniger als eine halbe 0,7 l-Flasche Wodka geleert habe, bevor ihn der Angeklagte Z. auf das Ohr geschlagen habe.
159
Im Ergebnis hat die Kammer, die sich hierzu zunächst in rechtsmedizinischer Hinsicht durch den Sachverständigen Prof. Dr. med. P. beraten ließ, den hierzu getroffenen Feststellungen wiederum eine Schätzung zugrunde gelegt, die neben den Angaben des Zeugen B. vor allem auf den weiteren Ergebnissen der Beweisaufnahme zu den weiteren bei den beiden Angeklagten festgestellten Blut- bzw. Atemalkoholkonzentrationen beruht.
aa.) Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. med. P.
160
Wie Prof. Dr. med. P. erläuterte, sei aufgrund der Schilderungen des Zeugen B. („er habe eine fast volle 0,7 l-Flasche Wodka bei sich gehabt, von der man zusammen etwa die Hälfte geleert habe“) davon auszugehen, dass vor der Tat jeder der beiden Angeklagten ca. 100 ml Wodka mit einem Volumenalkoholgehalt von ca. 40% zu sich genommen habe, was einer Menge von ca. 32 g Alkohol entspreche.
161
Eine Trinkzeit von einer Stunde unterstellt, verteilten sich diese ca. 32 g Alkohol beim Angeklagten G., der damals 64 kg gewogen habe, bei einem Resorptionsfaktor von 0,7 auf ein reduziertes Körpergewicht von 44,8 kg, was einer Blutalkoholkonzentration von 0,71 ‰ entspreche. Unter weiterer Berücksichtigung des Resorptionsdefizits, das bei Wodka ca. 10% betrage, und eines Abbaus von mindestens 0,1 ‰ pro Stunde habe damit der vom Zeugen B. spendierte Wodka die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten G. um maximal 0,54 ‰ (32 g/44,8 kg x 0,90 – 0,1 ‰) erhöht.
162
Entsprechend habe sich die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten Z., der damals 67 kg gewogen und dessen reduziertes Körpergewicht demnach 46,9 kg betragen habe, aufgrund des vom Zeugen B. spendierten Wodkas um maximal 0,51 ‰ erhöht (32 g/46,9 kg x 0,9 – 0,1 ‰).
163
Zu diesen Werten sei jedoch die bereits vorhandene Alkoholisierung, sei es aufgrund des noch nicht abgebauten Restalkohols vom Vortag oder sei es aufgrund des Alkohols, den die beiden Angeklagten vor der Begegnung mit dem Zeugen B. zu sich genommen hätten, hinzuzuaddieren, die aber wiederum (wie bereits unter lit. E. Ziff. III. 2. und IV. dargelegt) nicht genau zu bestimmen sei.
164
Im Ergebnis verbleibe es damit dabei, dass beim Angeklagten G. von einer sinuswellenartig schwankenden Blutalkoholkonzentration zwischen mindestens 2 und 4 ‰ auszugehen sei, auch wenn sich dieser Grundpegel bei der Tat zum Nachteil des Zeugen B. noch um maximal 0,54 ‰ erhöht habe.
165
Entsprechendes gelte für den Angeklagten Z., bei dem ebenfalls von einer sinuswellenartig schwankenden Blutalkoholkonzentration ab mindestens etwa 1,6 ‰ zzgl. der errechneten Erhöhung von maximal 0,51 ‰ auszugehen sei.
166
Im Hinblick auf die sich aus rechtsmedizinischer Sicht hieraus ergebenden Auswirkungen der Alkoholintoxikation auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten G. führte Prof. Dr. med. P. ergänzend aus, dass ausweislich der Bildsequenz von der Tat am 14.01.2020 (welche mit den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen wurde) keinerlei Instabilität beim Angeklagten G. zu erkennen gewesen sei, als dieser mit einer Blutalkoholkonzentration von 3,82 ‰ einen Frontkick mit dem Fuß gegen die Brust des damaligen Geschädigten ausgeführt habe. Angesichts seiner Daueralkoholisierung, seines täglichen Konsums und der damit einhergehenden erheblichen Alkoholgewöhnung müssten die vom Angeklagten erreichten Werte auch keinesfalls zu wesentlichen Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit geführt haben. Dennoch sei aufgrund seiner mindestens 2,54 und 3,54 ‰ schwankenden Alkoholisierung und der damit einhergehenden Enthemmung aus rechtsmedizinischer Sicht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit i. S. d. § 21 StGB nicht auszuschließen und Gleiches gelte, trotz seiner geringeren BAK-Werte, auch für den Angeklagten Z..
bb.) Bewertung der Kammer
167
Auch soweit sich der äußerst erfahrene Sachverständige Prof. Dr. med. P. aus rechtsmedizinischer Sicht zur Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten geäußert hat, ist er von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Dies gilt nicht nur für die Angaben des Zeugen B. zu den Trinkmengen vor der Tat zu seinem Nachteil sowie im Hinblick auf die bei den beiden Angeklagten ermittelten Blut- und Atemalkoholkonzentrationen, sondern insbesondere auch bezüglich des Fehlens jeglicher motorischer Ausfallerscheinungen beim Angeklagten G. bei der Tat vom 14.01.2020 (Ziffer 4 des BZR).
168
So ist aus der diesem Verfahren beigefügten, von der am … installierten Videoüberwachungsanlage stammenden Bildsequenz ersichtlich, wie sich der Angeklagte G. mit großen Schritten auf den damaligen Geschädigten zubewegt, im „optimalen“ Abstand von ihm zunächst ein Knie hochzieht und sodann das angewinkelte Bein in einem Winkel von mindestens 90 Grad ausstreckt. Weiter ist zu erkennen, dass der Geschädigte von dem Fuß des Angeklagten G. an der Brust getroffen wird und zu Boden geht, während der Angeklagte G. sich noch während des Falls des Geschädigten umdreht und den Tatort mit großen Schritten verlässt.
169
Insgesamt hat sich die Kammer daher auch der Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. med. P. zu den Blutalkoholkonzentrationen der beiden Angeklagten bei der Tat zum Nachteil des Geschädigten B. sowie dessen Einschätzung zu einer möglichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit der beiden Angeklagten vollumfänglich angeschlossen und sich diese zu Eigen gemacht.
b.) Expertise des psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. (Angeklagter G.)
aa.) Anknüpfungstatsachen
170
Der Sachverständige Dr. med. L., der den Angeklagten G. begutachtete, stützte seine Expertise neben dem Akteninhalt einschließlich der Beiakten, auf die von ihm beigezogenen ärztlichen Unterlagen (namentlich die Gesundheitsakte der JVA Augsburg sowie Unterlagen des … Augsburg und seines Hausarztes), die ambulanten Explorationen vom 04.05.2021 und vom 08.06.2021 sowie den Inhalt der Hauptverhandlung, namentlich die Expertise des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. P..
171
Zu möglichen Diagnosen führte Dr. med. L. vorab zusammenfassend aus, dass er beim Angeklagten G. im Rahmen der beiden Explorationen psychopathologisch keine Auffälligkeiten festgestellt habe. …
172
Jedoch leide der Angeklagte G. an einem Alkoholabhängigkeitssyndrom (ICD-10: F10.2), … Daneben habe der Angeklagte G. – wie bereits vom Sachverständigen Prof. Dr. med. P. dargelegt – bei der Tat zum Nachteil des Zeugen B. an einer akuten Alkoholintoxikation, ICD-10: F10.0, gelitten.
173
Zu dem Vorliegen eines Eingangsmerkmals erläuterte der Sachverständige Dr. med. L., er gehe aufgrund des extrem hohen BAK-Werts von bis zu 4 ‰ des Angeklagten G. „unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH“ davon aus, dass aufgrund seiner akuter Alkoholintoxikation das Eingangsmerkmal der „krankhaften seelischen Störung“ i. S. d. § 20 StGB zu bejahen sei.
174
Ansonsten sei mangels einer psychiatrischen Diagnose aus forensisch-psychiatrischer Sicht keines der weiteren Eingangsmerkmale des § 20 StGB erfüllt. …
dd.) Auswirkungen auf die Tat
175
Zu den Auswirkungen der Alkoholintoxikation (ICD-10: F10.0) auf die Tat erklärte Dr. med. L., dass sich nach den Schilderungen des Zeugen B. insbesondere in motorischer Hinsicht keine Hinweise auf psychopathologische Ausfallerscheinungen ergeben hätten. Jedoch sei aufgrund des extrem hohen BAK-Werts von bis zu 4,00 ‰ eine erhebliche Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit noch nicht deshalb auszuschließen, weil motorische Ausfallerscheinungen nicht zu Tage getreten sein, da alkoholgewohnte Menschen in der Lage seien, diese weitestgehend zu kompensieren. Insgesamt sei aufgrund der mit einer derart hohen Alkoholisierung einhergehenden Enthemmung, die einerseits affektverstärkend wirke und andererseits gleichgültig werden lasse gegenüber Folgen der Tat, eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit i. S. d. § 21 StGB daher nicht auszuschließen.
176
Dagegen ergäben sich aus forensisch-psychiatrischer Sicht keine Hinweise, dass die Steuerungsfähigkeit oder gar die Einsichtsfähigkeit infolge dessen vollständig aufgehoben gewesen sein könnten.
c.) Expertise des psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. S. (Angeklagter Z.)
177
Für den Angeklagten Z. erklärte der Sachverständige Dr. med. S., dass auch bei ihm zweifelsfrei von einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) auszugehen sei, … Daneben habe der Angeklagte Z. bei der Tat zum Nachteil des Zeugen B. – wie der Angeklagte G., wenn auch nicht in diesem Ausmaß – an einer akuten Alkoholintoxikation (ICD-10: F10.0) gelitten. Sonstige Diagnosen seien für den Angeklagten Z. nicht zu stellen.
178
Weiter führte der Sachverständige Dr. med. S. aus, dass … . Zusammen mit der akuten Alkoholintoxikation – auch wenn diese in niedrigerem Bereich liege als beim Angeklagten G. – bejahe er daher aus forensisch-psychiatrischer Sicht das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung i. S. d. § 20 StGB und könne im Ergebnis aus forensisch-psychiatrischer Sicht auch für den Angeklagten Z. eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit i. S. d. § 21 StGB bei der Tatbegehung zum Nachteil des Geschädigten B. nicht ausschließen.
179
Sowohl bei Dr. med. L. als auch bei Dr. med. S. handelt es sich um außerordentlich erfahrene und kompetente Sachverständige, die der Kammer bereits aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt sind und ihren Ausführungen zutreffende Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt haben.
180
Im Hinblick auf den Angeklagten G. schließt sich die Kammer daher den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. uneingeschränkt an. Denn was die Auswirkungen der akuten Alkoholintoxikation auf die Tat anbelangt, zeigt insbesondere die Situation bei der Vernehmung des Angeklagten G. durch die Zeugen KHK S. und KHK Z. aus Sicht der Kammer sehr wohl, dass bei einer auch für ihn hohen Alkoholisierung im Bereich von knapp 4 ‰ sein Affekt stark beeinträchtigt ist. Denn anders ist nicht zu erklären, warum der Angeklagte G. im Rahmen einer Vernehmung … sich kaum zurückhalten konnte, nicht auf die beiden Beamten KHK Z. und KHK S. loszugehen (die zudem beide alles andere als klein und zierlich gebaut sind).
181
Insgesamt geht die Kammer daher auch bei normativ-rechtlicher Bewertung davon aus, dass - … aufgrund der „Grunderkrankung“ (seiner Alkoholabhängigkeit) – bereits die akute Alkoholintoxikation (ICD-10: F10.0) des Angeklagten G. dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung unterfällt und aufgrund deren enthemmender Wirkung bei der Tat zum Nachteil des Zeugen B. eine erhebliche Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit zumindest nicht ausgeschlossen werden kann.
182
Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. S. haben die Kammer ebenfalls überzeugt, … . Aus diesem Grund kann die Kammer bei normativ-rechtlicher Bewertung auch beim Angeklagten Z. eine erhebliche Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit zumindest nicht ausschließen.
VI.) Beweiswürdigung – Feststellungen zum Totschlag zum Nachteil des J.
1.) Feststellungen zum Verhältnis des J. zu den beiden Angeklagten
183
Die F., dass J. für die beiden Angeklagten als Laufbursche für Alkoholeinkäufe diente und dieser dafür den von ihm besorgten Alkohol mitkonsumieren durfte, beruhen in erster Linie auf den insoweit glaubhaften Einlassungen der Angeklagten selbst, die dies übereinstimmend so angegeben haben.
184
Bestätigt wurden diese wiederum durch die auch insoweit vollumfänglich glaubhaften Angaben des Zeugen B., der berichtete, dass er J., der einen Rucksack dabei gehabt habe, am Sonntag vor seinem Tod (d.h. am 06.12.2020) an der von ihm und dem Geschädigten regelmäßig frequentierten Tankstelle getroffen habe (wobei sich der Zeuge mit dem Wochentag deshalb so sicher war, weil das Bier an diesem Tag dort billiger sei). J. habe zwei „blaue Augen“ gehabt und erzählt, dass „die“ ihn mit 4,50 EUR zur Tankstelle geschickt hätten, um 10 Flaschen Bier zu holen und dass er mit dem Bier schnell wieder in die Wohnung des M. zurückkommen müsse. Weiter habe J. zu ihm gesagt, er dürfe sich nicht mehr mit ihm (dem Zeugen B.) treffen, das hätten „die“ ihm verboten. Ergänzend berichtete der Zeuge B. zudem, dass er J. auch schon am Sonntag ein oder zwei Wochen vorher bei derselben Tankstelle beim Bierkaufen getroffen habe und dieser bereits damals verletzt gewesen sei – allerdings habe er zu dieser Zeit nur ein „blaues Auge“ gehabt. Schließlich gab der Zeuge B. auch an, dass er beim … von vielen Leuten gehört habe, J. bekomme Schläge, wenn er nicht schnell genug zurückkomme.
185
Auch soweit der Zeuge B. von seinen Begegnungen mit J. an der Tankstelle berichtet hat, war seinen Angaben keinerlei Belastungseifer zulasten der Angeklagten zu entnehmen.
186
Vielmehr vermied der Zeuge – wie bereits in seiner Vernehmung durch KHM Z., aus der ihm Passagen vorgehalten wurden – soweit er von Äußerungen des J. berichtete, jegliche namentliche Benennung der Angeklagten („die“ hätten ihn geschickt, um Bier zu kaufen, „die“ hätten ihm verboten, sich mit ihm zu treffen). Namentlich benannt hat der Zeuge B. die Angeklagten lediglich im Rahmen seiner Vernehmung durch KHM Z. als diejenigen, die J. zum Einkaufen von Alkoholika schickten, wobei der Zeuge B. sogar diese Aussage (deren Richtigkeit die Angeklagten selbst eingeräumt haben) auf Vorhalt dahingehend relativiert hat, dass er nur glaube, es seien die Angeklagten gewesen, die J. zum Einkaufen geschickt hätten, weil er gewusst habe, dass sich diese mit ihm in der Wohnung des M. aufgehalten hätten und M. selbst, den er schon lange Zeit kenne, nur über wenig Geld verfügt habe.
187
Der Zeuge R. bestätigte ebenfalls sinngemäß und ohne jeglichen Belastungseifer, dass J. den beiden Angeklagten als Laufbursche gedient habe, indem er auf Vorhalt aus seiner Vernehmung vom 25.01.2021, wonach J. meistens mit den beiden Angeklagten zusammen gewesen sei, die ihn beide nicht gut behandelt hätten, angab, damit habe er nur gemeint, dass J. in Geschäfte habe gehen müssen. Dabei betonte der Zeuge R., dass der Geschädigte dabei immer auch selbst profitiert habe.
188
Abgerundet wurden die Feststellungen schließlich durch die glaubhaften Angaben des Zeugen KHK S., der berichtete, dass nach seinen Ermittlungen J. mangels eigenen Leistungsanspruchs gegenüber der öffentlichen Hand in Augsburg über kein bzw. nur sehr wenig Geld verfügt habe und aus diesem Grund für die Angeklagten als Laufbursche habe tätig werden müssen sowie durch die Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. med. P.. Letzterer bestätigte, dass er bei der Sektion des Geschädigten J. etliche ältere Hämatome vorgefunden habe, die sich aber – bis auf Hämatome an beiden Knievorderseiten – nicht an sturztypischen bzw. sturzexponierten Stellen befunden hätten.
189
In einer Gesamtschau der vorstehend dargestellten Angaben besteht für die Kammer daher kein Zweifel, dass J. mangels (ausreichender) finanzieller Mittel den beiden Angeklagten nicht nur als Laufbursche dienen musste, um so von dem von ihm besorgten Alkohol mitkonsumieren zu dürfen, sondern auch von seinen „Dienstherren“, sei es dem Angeklagten G., dem Angeklagten Z. oder beiden zusammen, geschlagen wurde, wenn er nicht schnell genug mit den Einkäufen zurückkam. Denn es ist nicht ersichtlich, warum die Zeugen M. oder R. – die einzigen, die außer den beiden Angeklagten regelmäßig in der Wohnung des M. anwesend waren und Kontakt zu J. hatten – den Geschädigten, der den Alkohol auch nicht auf ihr Geheiß, sondern auf das der beiden Angeklagten einkaufte, für seine Verspätung bestrafen und ihm außerdem dem Kontakt zum Zeugen B. verbieten sollten.
2.) Feststellungen zum Aufenthalt des J., der beiden Angeklagten und der Zeugen R. und M. am Abend des 08.12.2020 und in der Nacht auf den 09.12.2020
190
Die Feststellung, wonach sich der Geschädigte, die beiden Angeklagten sowie die Zeugen R. und M. am Abend des 08.12.2020 sowie in der Nacht auf den 09.12.2020 in der Wohnung des Letzteren im Anwesen … in Augsburg aufhielten, beruht wiederum in erster Linie auf den insoweit glaubhaften Angaben der Angeklagten selbst, die dies beide übereinstimmend so angegeben haben. Bestätigt hat dies auch der Zeuge R., der glaubhaft angegeben hat, dass der Geschädigte (den er erst seit einem halben Jahr gekannt habe) ebenso wie die beiden Angeklagten (die er damals seit ca. 2 Jahren gekannt habe) und er selbst zu dieser Zeit beim Zeugen M. gewohnt hätten. Aus diesem Grund sei er dort jeden Abend und auch am Abend des 08.12.2020 bzw. in der Nacht auf den 09.12.2020, bis er sich schlafen gelegt habe, mit ihnen zusammen gewesen.
191
Ergänzt wurden die Feststellungen zum Aufenthalt des Geschädigten, der beiden Angeklagten sowie der Zeugen M. und R. am Abend des 08.12.2020 und in der Nacht auf den 09.12.2020 darüber hinaus durch die Angaben des Zeugen KHK S., der berichtete, dass in der Zeit vor dem 08.12.2020 bei der PI … etliche Vorgänge wegen Verstößen gegen die BayIfSMV in der Wohnung des Zeugen M. vorgelegen hätten, aus denen ersichtlich gewesen sei, dass sich dort stets dieselben 5 Personen aufgehalten hätten, nämlich der Wohnungsinhaber selbst sowie die beiden Angeklagten, der Geschädigte J. und der Zeuge R.. Ab und zu habe sich dort auch noch eine Frau aufgehalten, nämlich P.. Diese habe sich jedoch, wie seine Ermittlungen zweifelsfrei ergeben hätten, am Abend des 08.12.2020 bzw. in der Nacht auf den 09.12.2020 definitiv nicht in der Wohnung des Zeugen M. aufgehalten, sondern zusammen mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten R. im Hotel „H.“ in Augsburg übernachtet.
192
Dagegen trugen die Angaben des Zeugen M., der sich am Abend des 08.12.2020 und in der Nacht auf den 09.12.2020 ebenfalls in seiner Wohnung aufhielt, weder im Rahmen der damaligen Ermittlungen noch im Rahmen der Hauptverhandlung zur Aufklärung des Tatgeschehens bei.
193
Denn wie der Zeuge KHK K., der den Zeugen M. am 09.12.2020 vernahm, glaubhaft erklärte, sei dieser weder bei der Vernehmung durch ihn noch bei seiner Vernehmung durch den Zeugen KOK E. etwa 1 ½ Stunden zuvor in der Lage gewesen, einen schlüssigen Geschehensablauf vom Abend des 08.12.2020 bzw. der Nacht auf den 09.12.2020 zu schildern. Weiter schilderte der Zeuge KHK K., dass der Zeuge M. bereits damals – vermutlich aufgrund alkoholbedingter Demenz, da dessen Atemalkoholkonzentration vor der Vernehmung durch KOK E. nur 0,35 mg/l (um 10:22 Uhr) bzw. vor der Vernehmung durch ihn nur 0,18 mg/l (um 13:28 Uhr) betragen habe – weder zeitlich noch örtlich orientiert gewesen sei. Vor allem aber sei der Zeuge M. bei einmal getätigten Angaben nicht geblieben, sondern habe letztlich beliebig alles bestätigt, was man ihm als mögliche Alternative vorgehalten habe. Trotzdem er die Möglichkeit in Betracht gezogen habe, dass der Zeuge M. seine Defizite vielleicht nur vortäusche, habe er, wie der Zeuge KHK K. betonte, keinen Zweifel daran gehabt, dass der Zeuge M. zu einer besseren Aussage nicht in der Lage gewesen sei, wie er es auch in seinem damaligen Aktenvermerk zu dessen Vernehmung niedergelegt habe.
194
Ebenso wie der Zeuge KHK K. musste auch die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung feststellen, dass der Zeuge M., der mittlerweile unter Betreuung steht und dessen psychopathologischer Zustand sich seit seiner Vernehmung durch KHK K. vor mehr als einem Jahr ausweislich seines Antwortverhaltens auf Fragen der Kammer sicher nicht verbessert hat, beliebig alles bestätigte, von dem er glaubte, dass man es von ihm hören wolle. Aus diesem Grund konnten irgendwelche Rückschlüsse aus seinen Angaben – weder dazu, wer am Abend des 08.12.2020 und in der Nacht auf den 09.12.2020 bei ihm in der Wohnung anwesend war, noch zu irgendwelchen Geschehensabläufen in diesem Zeitraum – nicht gezogen werden.
3.) Weitere Feststellungen zum Aufenthalt des J. am Abend des 08.12.2020
195
Speziell den Aufenthalt des Geschädigten J. am Abend des 08.12.2020 konnte die Kammer zudem aufgrund der Auswertung der Geodaten seines Mobiltelefons, eines iPhone 6 (sichergestellt als Asservat Nr. 0.3), genau nachvollziehen, das sich nach den glaubhaften Angaben der Zeugin KOMin M. in ausgeschaltetem Zustand in einer Tasche des Anoraks befand, mit dem der Leichnam des Geschädigten bekleidet war, als er im Schlafzimmer der Wohnung des Zeugen M. aufgefunden wurde.
a.) Angaben des Zeugen KHK Su.
196
Diese Auswertung wurde vom Zeugen KHK Su., Angehöriger der Abteilung „digitale Forensik“ …, vorgenommen, der der Kammer erläuterte, dass er sich bei der Auswertung der Geodaten auf die GPS-Daten beschränkt habe, die das Mobiltelefon des Geschädigten bei der Einwahl in verschiedene Mobilfunkmasten zu bestimmten Uhrzeiten selbst erzeuge.
197
Mittels der ausgelesenen Daten und des forensischen Programms „pace finder“ habe er ein Bewegungsprofil des Geschädigten vom 08.12.2020 erstellt, dessen Genauigkeit lediglich dadurch etwas eingeschränkt sei, dass sich aus technischen Gründen in bebauten Gebieten der Standort eines Mobiltelefons nicht bis auf den letzten Meter genau bestimmen lasse – etwa dann, wenn man das Gerät in einer Wohnung mit sich führe.
198
Speziell zu den Aufenthalten des Geschädigten ab etwa der Mittagszeit des 08.12.2020 befragt, gab der Zeuge KHK Su. an, dass sich der Geschädigte von 11:02:22 bis 13:37:39 Uhr im Bereich des Anwesens … aufgehalten habe, um sich dann von 13:37:39 bis 13:47:43 Uhr auf der … in nördlicher Richtung in die … zu begeben. Dort habe er sich von 13:47:43 bis 14:06:38 Uhr in der Lidl-Filiale in der … aufgehalten, um dann von 14:06:38 bis 14:20:02 Uhr wieder zurück in den Bereich des Anwesens … zu gehen, wo er sich bis 17:44:13 Uhr durchgehend aufgehalten habe. Um 17:44:13 bis 17:51:17 Uhr habe sich der Geschädigte erneut auf der … in nördlicher Richtung bewegt, jedoch nur bis in den Bereich der Straßenbahnhaltestelle …, wo er sich von 17:51:17 bis 18:08:30 Uhr aufgehalten habe, um sich dann von 18:08:30 bis 18:16:08 Uhr wieder zurück in den Bereich des Anwesens … zu begeben, wo er bis 19:14:08 Uhr gewesen sei. Ein weiteres Mal sei der Geschädigte von 19:14:08 bis 19:21:39 Uhr zur Lidl-Filiale in der … gegangen, wo er sich bis 19:26:00 Uhr aufgehalten habe. Dabei habe er sich auf dem Rückweg in der Zeit von 19:26:00 bis 19:40:26 Uhr im Bereich der Straßenbahnhaltestelle … aufgehalten, um sich dann von 19:40:00 bis 19:46:40 Uhr wieder zurück in den Bereich des Anwesens … zu begeben. Nach diesem Zeitpunkt (19:46:40 Uhr) bis 00:24:00 Uhr – zu diesem Zeitpunkt ende die Aufzeichnung der Daten – seien keine GPS-Daten mehr vom Handy des Geschädigten außerhalb des Bereichs des Anwesens … festzustellen gewesen.
199
Bei der Bewertung der glaubhaften Angaben des Zeugen KHK Su., der das Bewegungsprofil des Geschädigten am 08.12.2020 zusätzlich visuell auf Kartenausschnitten des Programms „pace finder“ dargestellt hat, welche mit den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen wurden, hat die Kammer zu keiner Zeit außer Acht gelassen, dass die vom Zeugen vorgenommene Auswertung unmittelbar nur die Aufenthalte bzw. Ortsveränderungen des Mobiltelefons des Geschädigten abbildet. Jedoch haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme keinerlei Hinweise ergeben, dass eine andere Person als J. dessen Mobiltelefon mit sich geführt haben könnte – im Gegenteil, wie sich aus einem vom Zeugen T. auf dem Mobiltelefon des Geschädigten gesicherten Chat des J. mit M. ergibt, bei der es sich nach den glaubhaften Angaben der Zeugin PHMin H., die neben dem Zeugen KHK Su. die weitere inhaltliche Auswertung der auf dem Handy des Geschädigten gesicherten Daten vorgenommen hat, um die Schwester J.s handelt. Mit dieser habe der Geschädigte, so berichtete die Zeugin PHMin H. weiter, täglich und auch noch am 08.12.2020 kommuniziert.
200
In diesem Chat vom letzten Tag seines Lebens (zu den dort gespeicherten Uhrzeiten mit dem Zusatz UTC (+0) ist eine Stunde hinzuzuaddieren, um auf mitteleuropäische Winterzeit zu kommen) antwortete der Geschädigte auf die Frage seiner Schwester vom 08.12.2020 um 19:35:52 Uhr „was machst Du so spät in der Stadt“ um 19:36:32 Uhr „ich war beim Lidl“. Das bestätigt in Zusammenschau mit den weiteren Angaben des Zeugen T., wonach auf dem Mobiltelefon des Geschädigten die automatische Zeitsynchronisation eingestellt gewesen sei, die Richtigkeit des vom Zeugen KHK Su. erstellten Bewegungsprofils des Geschädigten, wonach sich J. im Zeitraum von 19:21:39 bis 19:26:00 Uhr in der von der Wohnung des Zeugen M. etwa 500 m entfernten Lidl-Filiale in der … aufgehalten hat.
201
Weiter ist die Kammer überzeugt, dass sich der Geschädigte in den Zeiten, in denen sich sein Mobiltelefon nach dem vom Zeugen KHK Su. erstellten Bewegungsprofil im Bereich des Anwesens … eingewählt hat, tatsächlich in der Wohnung des Zeugen M. im ersten Obergeschoss des Anwesens … aufgehalten hat und diese Ungenauigkeit im Bewegungsprofil auf die vom Zeugen KHK Su. erläuterten technischen Gründe zurückzuführen ist. Denn nach den weiteren Ergebnissen der Beweisaufnahme ist nicht ersichtlich, wo sonst außer dort sich der Geschädigte an diesem Tag stundenlang aufgehalten haben sollte (bspw. von 11:02:22 bis 13:37:39 Uhr, von 18:16:08 Uhr bis 19:14:08 Uhr sowie ab 19:46:40 Uhr bis zum Ende der Datenaufzeichnung um 00:24:00 Uhr) und es passt außerdem zur Auffindesituation des Mobiltelefons (in einer Tasche des Anoraks, mit dem der Leichnam des Geschädigten bekleidet war, als er im Schlafzimmer der Wohnung des Zeugen M. aufgefunden wurde).
4.) Feststellungen zum weiteren Verlauf des Abends des 08.12.2020
202
Die Feststellungen zum weiteren Verlauf des Abends (wonach sich J., die beiden Angeklagten sowie die Zeugen R. und M. vorwiegend im Wohnzimmer dessen Wohnung aufhielten, wo sie mit Ausnahme des Geschädigten K. spielten und Wodka tranken, bis sich die Zeugen M. und R. ins Schlafzimmer zurückzogen und dass es bis zu diesem Zeitpunkt weder zu Streitigkeiten mit dem Geschädigten noch zu irgendwelchen gegen ihn gerichteten Tätlichkeiten gekommen war) beruhen auf der insoweit glaubhaften Einlassung des Angeklagten G. in der Hauptverhandlung, welche so durch die insgesamt uneingeschränkt glaubhaften Angaben des Zeugen R. bestätigt wurden.
203
Nicht aufklären konnte die Kammer, zu welcher Uhrzeit sich die Zeugen M. und R. ins Schlafzimmer zurückzogen bzw. ab wann sich die beiden Angeklagten zusammen mit dem Geschädigten allein im Wohnzimmer aufhielten, weil sich der Angeklagte Z. hierzu nicht eingelassen hat, der Zeuge R. diesbezüglich keine Erinnerung mehr hatte und die Kammer den Angaben des Angeklagte G. in seiner Einlassung, wonach er mit Sicherheit vor Mitternacht auf der Couch im Wohnzimmer des Zeugen M. eingeschlafen sei, angesichts der weiter darin enthaltenen Unwahrheiten keinen Glauben geschenkt hat.
5.) Feststellungen zum Tatgeschehen
a.) Verhältnisse in der Wohnung des Zeugen M. bei Auffindung des Leichnams des Geschädigten
204
Die V1. in der Wohnung des Zeugen M., in der der Leichnam des Geschädigten aufgefunden wurde, einschließlich deren Zustands wurden der Kammer zunächst von der Zeugin KHKin F. dargestellt, die am 09.12.2020 ab etwa 13 Uhr die Spurensicherung am Tatort (und auch am Leichnam des Geschädigten) vornahm und mit der die von ihr gefertigten Lichtbilder in Augenschein genommen wurden. Ergänzend hat die Kammer zum Zustand der Wohnung auch die Zeugin S., eine Mitarbeiterin des …, und den Zeugen KHK K. gehört.
205
Im Ergebnis ergaben sich aufgrund des aufgeräumten Zustands der Wohnung für die Kammer weder Hinweise auf ein dem Tod des Geschädigten vorausgehendes Kampfgeschehen noch sonstige Umstände, die zur Aufklärung eines genaueren Ablaufs des Tatgeschehens hätten beitragen können.
206
Nach den Erläuterungen der Zeugin KHKin F. handelt es sich bei der Wohnung des Zeugen M. um eine 2-Zimmer-Wohnung mit Küche, Bad und einem Waschraum im ersten Stock des Anwesens … in Augsburg. Betritt man die Wohnung, gelangt man zuerst in den Flur, durch den man über die erste Türe rechts in das damalige Wohnzimmer und durch die zweite Türe rechts in den damals vom Zeugen M. als Schlafzimmer genutzten Raum. In Letzterem befanden sich (von der Türe aus gesehen) u.a. an der rechten Wand ein Bett und mitten im Raum auf dem Boden die Matratze, auf der der Leichnam des Geschädigten gefunden wurde. Auf der linken Seite des Flurs gelangt man durch die erste Tür (von der Wohnungseingangstüre aus gesehen) zum Badezimmer, an das sich rückwärtig noch ein Waschraum mit einer Waschmaschine und einem Waschbecken anschließt, und durch die zweite Tür in die Küche.
207
Ergänzend wies die Zeugin F. die Kammer bei Inaugenscheinnahme der Lichtbilder darauf hin, dass im Waschraum das Waschbecken von der Wand gerissen gewesen sei und am Boden gelegen habe, sowie dass sie im Wohnzimmer ein zersplittertes Glasterrarium mit Blutanhaftungen, im Schlafzimmer auf dem Bett ein Kopfkissen mit augenscheinlichen Blutflecken sowie Blutantragungen an verschiedenen Türstöcken der Wohnung vorgefunden habe. Irgendwelche anderen Spuren, die auf ein Kampfgeschehen hindeuteten, etwa umgeworfene Möbel o.ä., habe sie in der Wohnung des Zeugen M., die zwar stark verschmutzt („verdreckt“), insgesamt aber noch relativ aufgeräumt gewesen sei, jedoch nicht gefunden.
208
Zur Aufklärung eines möglichen Kampfgeschehens hat die Kammer ergänzend die Zeugin S., eine Mitarbeiterin beim … Augsburg, die auch den Zeugen M. in seiner Wohnung betreute und unterstützte, befragt. Diese gab glaubhaft an, dass J. bereits am 03.12.2020 zum … gekommen sei und dort erklärt habe, er sei bei M. betrunken „gegen Klo gefallen“. Den Vorhalt aus der für den Geschädigten beim … Augsburg geführten Dokumentation, wonach J. außerdem geäußert habe, dass „jetzt alles kaputt“ sei, konnte die Zeugin S. zwar nicht bestätigen. Jedoch hat die Kammer keinen Zweifel, dass J. dies dort so angegeben hat, weil nicht ersichtlich ist, auf welche Weise sonst der Vermerk „jetzt alles kaputt“ unmittelbar nach dem Vermerk „sei gegen Klo gefallen bei M.“ Eingang in die für den Geschädigten geführte Dokumentation gefunden haben sollte.
209
Insgesamt ist die Kammer daher überzeugt, dass sich J., der nach dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme allenfalls gebrochen Deutsch sprach, bei seiner Vorsprache am 03.12.2020 auf das heruntergerissene Waschbecken im Waschraum und nicht auf ein „kaputtes Klo“ bezogen hat, da eine kaputte Toilettenschüssel in der Wohnung des Zeugen M. nicht vorgefunden wurde.
210
Zu den weiteren von der Zeugin F. dargestellten Auffälligkeiten erklärte der Zeuge KHK K. für die Kammer uneingeschränkt nachvollziehbar, dass er selbst am 09.12.2020 schon Staub an den Glasbruchteilen des Terrariums im Wohnzimmer festgestellt habe und dieses daher schon seit längerer Zeit defekt gewesen sein müsse. Im Hinblick auf die augenscheinlichen Blutantragungen am Kopfkissen auf dem Bett des Schlafzimmers hätten sämtliche Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass in diesem Bett ausschließlich der Zeuge M. genächtigt habe. Der Zeuge M. wiederum – wiewohl bei seinen Vernehmungen zeitlich und örtlich nicht orientiert – habe angegeben, sämtliche Blutantragungen in der Wohnung stammten von ihm, als er sich „vor zwei oder drei Tagen“ den Kopf angeschlagen habe und deshalb mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden sei. Tatsächlich habe sich, so der Zeuge KHK K., im Rahmen seiner Ermittlungen bestätigt, dass der Zeuge M. wegen einer 6 cm langen Kopfplatzwunde im … behandelt worden sei, auch wenn die Behandlung ausweislich der ihm von dort übermittelten Unterlagen bereits am 26.10.2020 stattgefunden habe.
211
Angesichts des insgesamt stark verschmutzten Zustands der Wohnung und weil der Zeuge M. schließlich von seiner eigenen Verletzung berichtet habe, habe er daher trotz dessen geistigen Zustands keinen Zweifel, dass die in seiner Wohnung vorgefundenen Blutantragungen noch von diesem Vorfall stammten.
212
Im Übrigen bestätigte der Zeuge KHK K. in etwa die Einschätzung der Zeugin KHKin F. insoweit, als er angab, dass die Wohnung des Zeugen M. auf ihn aufgeräumt gewirkt habe. Weiter erklärte der Zeuge KHK K., er und seine Kollegen seien davon ausgegangen, dass sich die Tat entweder im Wohnzimmer oder im Flur abgespielt habe, während das Schlafzimmer als Tatort aus ihrer Sicht nicht in Betracht gekommen sei, weil sich dort die Zeugen M. und R. aufgehalten hätten.
b.) Auffindesituation des Leichnams
213
Die Auffindesituation des Leichnams des J. wurde der Kammer aufgrund der glaubhaften Angaben der Rettungssanitäter (der Zeugen H. und Dö.) sowie des Notarztes (des Zeugen Dr. Do.) vermittelt.
214
Diese berichteten übereinstimmend, dass sie nach Alarmierung mit dem Einsatzgrund „leblose oder tote Person in der Wohnung“ am 09.12.2020 zeitgleich um 09:52 Uhr am Anwesen … in Augsburg eingetroffen seien, wo ihnen der Zeuge M. – andere Personen seien nicht in der Wohnung gewesen – geöffnet habe. Im Schlafzimmer hätten sie rücklings auf der Matratze am Boden liegend den Leichnam des Geschädigten vorgefunden, der zu diesem Zeitpunkt vollständig, d.h. bis über den Kopf, mit Bettzeug abgedeckt gewesen sei. Dieses sei, wie der Zeuge Dr. Do. erklärte, von ihm entfernt worden.
215
Übereinstimmend erklärten die Zeugen Dr. Do. und H. sodann weiter spontan, dass ihnen die Auffindesituation, wie sie sie nach dem Aufdecken des Leichnams vorgefunden hätten, ausgesprochen verdächtig vorgekommen sei. So hätten sich Kopf und der etwas nach rechts verdrehte Oberkörper des Leichnams vollständig, der Unterkörper aber nur bis etwa zu den Knien auf der Matratze befunden. Weiter sei die Oberbekleidung einschließlich des Anoraks, mit dem der Leichnam neben Jeanshose, Socken und Schuhen bekleidet gewesen sei, über die Brust fast bis zu den Achselhöhlen hochgeschoben gewesen. Auch seien die Arme des Leichnams nicht neben dem Körper gelegen, so dass ihnen sofort ein großes Hämatom an der linken Seite des zu einem großen Teil entblößten Rumpfes ins Auge gefallen sei.
216
Insgesamt habe sich ihnen aufgrund der Auffindungssituation sofort der Eindruck aufgedrängt, dass der Körper des Geschädigten, der auch Hämatome im Gesicht und Blutanhaftungen unter der Nase aufgewiesen habe, von Dritten auf die Matratze gezogen und dort verborgen worden sei.
217
Weiter gaben die Zeugen Dr. Do. und H. an, dass der Tod des Geschädigten augenscheinlich schon Stunden vor ihrem Eintreffen eingetreten sei. Ersichtlich gewesen sei dies anhand der Totenflecken, die man auf dem Rücken erkannt habe, nachdem man den Oberkörper des Toten minimal weiter nach rechts und dann auch wieder zurückgedreht habe. Bei dieser Drehbewegung, bei der die linke Seite des Oberkörpers höchstens um 2 cm angehoben worden sei, habe man auch festgestellt, dass der Geschädigte in den Armen bereits etwas steif gewesen sei, d.h. die Totenstarre schon eingesetzt habe.
218
Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Zeugen Dr. Do. und H., die (anders als der weitere Rettungssanitäter, der Zeuge D.) noch eine sehr gute Erinnerung an den über ein Jahr zurückliegenden Einsatz hatten, die Auffindesituation zutreffend beschrieben haben. Denn im Anschluss an ihre Schilderungen hat die Kammer mit den Zeugen Dr. Do., H. und Dö. die von einem Mitglied der KDD-Streife, der Zeugin KOMin M., am Auffindetag ab ca. 10:30 Uhr – und damit nur wenig später nach dem Eintreffen der Rettungskräfte – gefertigten Lichtbilder in Augenschein genommen. Auf diesen ist die Auffindesituation des Leichnams genauso dargestellt, wie es die Zeugen Dr. Do. und H. beschrieben haben und wie es dann auch dem Zeugen Dö. wieder erinnerlich war.
c.) Zu den Obduktionsergebnissen und den Ergebnissen der weiter erholten rechtsmedizinischen Gutachten
219
Den Feststellungen zu den Obduktionsergebnissen und den Ergebnissen der weiter erholten rechtsmedizinischen Gutachten hat die Kammer erneut die Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. med. P. zugrunde gelegt, der den Leichnam des Geschädigten am 09.12.2020 ab 17:30 Uhr obduzierte (wobei zuvor ein postmortales CT angefertigt wurde) sowie dessen Zungenbein, Kehlkopf- und Luftröhrenknorpel nach Durchführung einer Feinpräparation untersuchte.
220
Im Rahmen seiner Gutachtenserstattung erläuterte Prof. Dr. med. P. zunächst Art und Ausmaß der beim Geschädigten J. festgestellten Verletzungen, dessen Todesursache sowie mögliche Entstehungsmechanismen so, wie es vorstehend unter lit. D. Ziff. II. 3. dargestellt ist, wobei er auch auf die Alkoholisierung (3,17 ‰ in der Oberschenkelvene und 4,38 ‰ im Urin), Größe (162 cm) und Gewicht (60 kg) sowie den Todeszeitpunkt des kleinen und zierlich gebauten Geschädigten einging.
aa.) Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. med. P.
221
Zunächst führte Prof. Dr. med. P. aus, dass er am Körper des Geschädigten im Wesentlichen Folgen massiver stumpfer Gewalt gegen den Hals sowie gegen die linke seitliche Rumpfpartie, mithin zwei verschiedene Areale mit ausgeprägten Befunden, vorgefunden habe.
(1.) Zu den Verletzungen an der linken seitlichen Rumpfpartie
222
So habe er an dessen linker seitlicher Rumpfpartie in der Achselfalte ein ca. 20 cm breites und ca. 13 cm hohes Hämatom festgestellt, das über den seitlichen Bereich des linken Rippenbogens bis zur Brustwarzenlinie gereicht und punktförmige Akzentuierungen im oberen Anteil aufgewiesen habe. Bei der weiteren Präparation habe er unter diesem großen Hämatom fleckförmige Einblutungen im Unterhautfettgewebe vorgefunden und unter diesen Einblutungen wiederum Frakturen an den Rippen 7 bis einschließlich 10. Schließlich sei es auch noch zu mehrfachen, bis zu 1 cm ins Gewebe hineinreichenden Rupturen an der unter den 4 frakturierten Rippen liegenden Milz gekommen und zwar nicht nur an dem zur Körperaußenseite gelegenen sowie vor allem auch an dem zur Körperinnenseite gelegenen Teil, wobei sämtlich vorstehend aufgeführten Verletzungen durch eine Einwirkung bzw. mehrere Einwirkungen gegen dieses Verletzungsareal entstanden seien.
223
Zur Todesursache erläuterte Prof. Dr. med. P. sodann, dass die Milz sehr gut durchblutet sei und es daher infolge dieser mehrfachen Milzrupturen zu einer massiven Blutung von insgesamt ca. 1,5 l Blut in die freie Bauchhöhle gekommen sei, die schließlich zu einem Herz-Kreislaufversagen geführt habe und damit todesursächlich gewesen sei. Hierzu passten auch die weiteren Ergebnisse der Sektion, nämlich die nur spärlich ausgeprägten Totenflecken, die blass, d.h. blutarm erscheinenden inneren Organe sowie die vorgefundenen subendokardialen Einblutungen in der linksventrikulären Ausflussbahn des Herzens, welche als unspezifisches Phänomen bei starkem Blutverlust zu beobachten seien.
224
Dagegen habe er, wie Prof. Dr. med. P. weiter ausführte, keine Hinweise, dass die erhebliche Alkoholisierung des Geschädigten von 3,17 ‰ im Blut der Oberschenkelvene zu seinem Tod beigetragen haben könnte, selbst wenn dieser Wert bei einer nicht alkoholgewohnten Person als alternative Todesursache in Betracht zu ziehen sei (wobei die noch höhere Alkoholkonzentration von 4,38 ‰ im Urin belege, dass sich der Geschädigte bereits in der Eliminationsphase, d.h. schon in einer Phase, in der er keinen weiteren Alkohol mehr zu sich genommen habe, befunden habe). Denn die weiteren Ergebnisse der Sektion und der chemisch-toxikologischen Untersuchungen belegten, dass der Geschädigte einen langjährigen, massiven Alkoholmissbrauch betrieben habe. Mit diesem einher gehe eine entsprechende Toleranzentwicklung, die das Erreichen einer derart hohen Alkoholisierung überhaupt erst möglich mache. So habe er beim Geschädigten außerdem eine ausgeprägte feinknotige Leberzirrhose als typische Folge übermäßigen Alkoholkonsums festgestellt und der in seinem Blut festgestellte Methanolwert von 39 mgl/l – fast 4 mal so hoch wie der Cutoff-Wert von 10 mg/l – belege, dass der Geschädigte vor Eintritt seines Todes viele, viele Stunden lang alkoholisiert gewesen sei.
225
Abschließend erklärte Prof. Dr. med. P. im Hinblick auf mögliche alternative Todesursachen, dass sich aufgrund der chemisch-toxikologischen Untersuchungen, bei denen neben dem Blut aus der Oberschenkelvene auch Mageninhalt und Urin des Geschädigten auf eine Vielzahl psychotroper Substanzen, Medikamente und sog. flüchtige Substanzen untersucht worden seien, keinerlei Hinweise auf eine Aufnahme sonstiger Stoffe, die zum Todeseintritt des Geschädigten beigetragen haben könnten, vorgefunden worden seien.
(3.) Zur Zeitspanne zwischen dem traumatischen Ereignis (bzw. den traumatischen Ereignissen) und dem Eintritt des Todes des Geschädigten
(a.) Keine zweizeitige Milzruptur
226
Im Hinblick auf die Zeitspanne zwischen dem traumatischen Ereignis (bzw. den traumatischen Ereignissen) und dem Eintritt des Todes des Geschädigten wies der Sachverständige die Kammer zunächst darauf hin, dass, bedingt durch den Organaufbau der Milz, zwischen deren Verletzung und dem hieraus resultierendem Verbluten ein längerer Zeitraum liegen könne. So sei vorstellbar, dass nur das Milzgewebe, nicht aber die Kapsel, in der das Organ eingebettet sei, verletzt werde. Es komme dann zwar zu einer Blutung, die aber nicht durch die Milzkapsel hindurch in die freie Bauchhöhle gelange, sondern es bilde sich ein sog. subkapsuläres Hämatom. In solchen Fällen könne die Blutung im Milzgewebe von allein zum Stillstand kommen, aber auch erst nach Stunden oder sogar Tagen zu einem Kapselriss und somit zu einer sog. zweizeitigen Milzruptur führen.
227
Ein solche zweizeitige Milzruptur habe aber, wie der Sachverständige weiter ausführte, beim Geschädigten sicher nicht vorgelegen, weil der Befund hierzu überhaupt nicht passe. So hätten sich die Verletzungen vor allem auf der zum Körperinneren gelegen Stielseite der Milz befunden, insbesondere sei aber bei einer zweizeitigen Milzruptur im Rahmen der Sektion auch das ursprüngliche im Milzgewebe befindliche Hämatom sowie der Kapseldefekt zu erkennen. Ein solches Hämatom bzw. einen solchen Kapseldefekt habe er jedoch, wie der Sachverständige Prof. Dr. med. P. betonte, beim Geschädigten nicht vorgefunden. Stattdessen sei dessen Milz aufgrund der mehrfachen Milzrupturen regelrecht zertrümmert gewesen.
228
Mithin lägen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass die Verletzungen an der linken seitlichen Rumpfpartie des Geschädigten auf ein traumatisches Geschehen zurückzuführen seien, welches sich mehrere Stunden vor Todeseintritt oder gar am Vortag ereignet haben könnte.
(b.) Dauer des Verblutens
229
Die Dauer des Verblutens bei einer Milzruptur veranschlagte Prof. Dr. med. P. grundsätzlich von etwa 10 Minuten bis zu maximal etwa 2 Stunden, führte aber weiter aus, dass er hier angesichts der ausgeprägten Verletzungen von einem Zeitraum von unter 1 Stunde zwischen der Verletzungshandlung bzw. den Verletzungshandlungen und dem Eintritt des Todes ausgehe, zumal die Vorerkrankungen des Geschädigten zu dem Verbluten nach innen ebenfalls wesentlich beigetragen hätten.
230
So habe die ausgeprägte feinknotige Leberzirrhose, an der der Geschädigte gelitten habe, zu einer Reduzierung seiner Blutgerinnungsfähigkeit geführt. Die Blutung aus seiner verletzten Milz habe damit im Vergleich zu einem Menschen mit einer gesunden Leber beim Geschädigten zu einem höheren Blutverlust geführt und so das Verbluten nach innen begünstigt.
231
Zum anderen habe J., wie Prof. Dr. med. P. weiter erklärte, neben einer erheblichen allgemeinen Arteriosklerose (einer Verdickung der Arterienwände) sowie einer Koronarsklerose bereits vor Monaten oder auch Jahren einen Herzinfarkt erlitten, was auf eine verminderte Kompensationsfähigkeit gegen jedwede Art der Beeinträchtigung der HerzKreislauffunktion schließen lasse. Da ein erheblicher Blutverlust, gleich ob nach innen oder außen, stets zu einer Belastung des Herz-Kreislaufsystems führe, habe die vorbestehende eingeschränkte kardiale Kompensationsfähigkeit des Geschädigten den Todeseintritt ebenfalls begünstigt bzw. beschleunigt.
232
Jedoch hätte, wie der Sachverständige insoweit abschließend betonte, auch ein Mensch mit einem gesunden Herz und einer gesunden Leber solche Milzrupturen, wie er sie beim Geschädigten festgestellt habe, und den daraus folgenden Verlust von ca. 1,5 l Blut keinesfalls überlebt.
(4.) Zur möglichen Entstehung der Verletzungen an der linken seitlichen Rumpfpartie
233
Weiter führte der Sachverständige aus, dass die Verletzungen am linken seitlichen Rumpfbereich als Folgen massiver gegen diesen Bereich gerichteter, nicht umschriebener, stumpfer Gewalteinwirkung entstanden seien, wobei zur konkreten Art der Entstehung, zur genauen Anzahl der Verletzungshandlungen oder gar zu den Positionen, in denen sich Geschädigter und Täter befunden hätten, keine genaueren Angaben möglich seien. So könnten die vorgenannten Verletzungen, welche ohne weiteres auch durch einen einzigen Täter verursacht worden sein könnten, Folge eines ganz massiven Fußtritts oder Faustschlags oder aber auch mehrerer massiver Fußtritte oder Faustschläge gegen diesen Bereich sein und der Geschädigte könnte hierbei sowohl gestanden, gesessen oder auch gelegen haben.
234
Ein Sturzgeschehen des Geschädigten als möglichen Entstehungsmechanismus schloss der Sachverständige dagegen aus. Die Verletzungen an der linken seitlichen Rumpfpartie seien so lokalisiert und auch so massiv, dass ein Sturz auf ebener Erde hierfür nicht in Betracht komme. Vielmehr müsste der Geschädigte dann mindestens aus dem freien Stand, eher aber aus einer erhöhten Position auf eine entsprechende Kontur, bspw. ein in die Höhe ragendes Bein eines umgedreht liegenden Tisches, gefallen sein. In diesem Fall seien dann aber zusätzlich weitere Verletzungen an sturztypischen bzw. sturzexponierten Stellen zu erwarten, wie er sie – mit Ausnahme von auch schon älteren Hämatomen an beiden Knievorderseiten – beim Geschädigten nicht habe feststellen können, auch wenn er bei ihm über die beiden Areale mit ausgeprägten Befunden hinaus noch eine Vielzahl weiterer Verletzungen infolge stumpfer Gewalteinwirkung vorgefunden habe.
235
So habe er bei J. Einblutungen in die vorderen Kopfschwartenpartien – auch oberhalb der sog. Hutkrempenebene und somit durch einen Sturz zu ebener Erde ohnehin nicht ohne weiteres zu erklären – vorgefunden, nicht aber damit korrespondierende äußere markenartige Befunde. Dies spreche gegen eine Sturzgenese, sondern für eine Entstehung durch stumpfe Gewalt in Form von Schlägen oder Tritten. Gleiches gelte für eine Einblutung in den linken Schläfenmuskel, von der er erwarte, dass sie bei Entstehung durch einen Sturz deutlich ausgeprägter sei. Auch bei den fleckförmigen Einblutungen über einen ca. 4 cm hohen und maximal ca. 3 cm breiten Bereich auf der Rückseite der linken Ohrmuschel sei nicht erkennbar, wie diese im Rahmen eines Sturzgeschehens verursacht worden sein könnten, ohne dass es zugleich auch zu Verletzungen an der gegenüberliegenden Außenseite der Ohrmuschel gekommen sei. Solche habe er aber gerade nicht vorgefunden.
236
Das ca. 7 cm hohe und bis zu ca. 3 cm breite Hämatom an der Innenseite des linken Oberarms, etwa handbreit unter der Achselhöhle, sei ebenfalls nicht durch einen Sturz entstanden, weil man auf diese Stelle nicht falle. Hierbei handele es sich vielmehr um eine typische Festhalteverletzung, während die etwa fingerkuppengroßen Hämatome am Handrücken links sowie an den Ellenkanten des linken und des rechten Unterarms aufgrund ihrer Lokalisation am ehesten als passive Abwehrverletzungen zu qualifizieren seien. Auch die Einblutungen an der Muskulatur der Schulterblätter beidseits sowie an den Dornfortsätzen und seitlich der Dornfortsätze der oberen Brustwirbelsäule seien aufgrund ihrer Lokalisation nicht als Folgen eines Sturzgeschehens, sondern am ehesten als sog. Widerlagerverletzungen zu interpretieren, wie sie entstünden, wenn der Rumpf auf Höhe dieses Bereichs von vorne gegen den Boden oder eine Wand gedrückt würde.
237
Schließlich lägen auch die weiteren kleinfleckigen Hämatome im Bereich der vorderen Brustkorbwandregion rechts und unterhalb der linken Brustregion – abgesehen davon, dass sie wie aus den grünlichen Randsäumen ersichtlich, schon älteren Datums seien –, nicht an sturztypischen Stellen, was auch für die Hämatome gelte, die er an den beiden Augen des Geschädigten festgestellt habe.
238
Zusammenfassend erklärte Prof. Dr. med. P., dass, auch wenn für einzelne der vorgenannten Verletzungen eine Entstehung im Rahmen eines Sturzgeschehens nicht vollständig ausgeschlossen werden könne bzw. im Hinblick auf die Hämatome an den Knievorderseiten sogar naheliege, insgesamt beim Geschädigten kein Befundmuster vorliege, das als Folge mehrerer Stürze einzuordnen sei.
(5.) Zur stumpfen Gewalt gegen den Hals
239
Denn zudem habe er, wie der Sachverständige weiter ausführte, neben den tödlichen Verletzungen an der linken seitlichen Rumpfpartie beim Geschädigten außerdem Folgen einer massiven, umschriebenen, flächenhaften stumpfen Gewalteinwirkung gegen den Hals festgestellt. So seien bei J. im Rahmen der Feinpräparation von Zungenbein, Kehlkopfknorpel und Luftröhre ein vollständiger Bruch am linken großen Horn des Zungenbeins, ein vollständiger Bruch der rechten Schildknorpelplatte knapp rechts der Mittellinie mit Einblutung, kräftige Einblutungen in die Weichgewebe auf den Innenseiten der rechten und der linken Schildknorpelplatte, eine Einblutung in die Weichgewebe im Bereich des RingknorpelSchildknorpelgelenks, Einblutungen in den rechten und linken Ringknorpel-Schildknorpelmuskel sowie unvollständige Kompressionsbrüche auf der Innenseite des rechten und des linken Ringknorpelbogens direkt am Ansatz, jeweils mit Einblutungen, vorgefunden worden. Ebenso wie die weiter festgestellte Einblutung im mittleren bis unteren Drittel des vorderen Bauchs des linken großen Kopfnickermuskels ließen die vorgenannten Verletzungen zusammen mit den im Rahmen der vorgenannten Feinpräparation weiter vorgefundenen Kompressions- und Dehnungszonen darauf schließen, dass die Halsweichteile des Geschädigten von vorne links nach rechts hinten mit massiver Gewalt gegen die Wirbelsäule gepresst worden seien. Dabei belegten die vorgefundenen Einblutungen, dass die Verletzungen dem Geschädigten bei noch intaktem Kreislauf, sprich zu Lebzeiten, zugefügt worden seien.
240
Zur Entstehung dieses Verletzungsmusters führte Prof. Dr. med. P. weiter aus, dass er einen massiven Schlag als Ursache hierfür aus naturwissenschaftlicher Sicht zwar nicht vollständig ausschließen könne. Hiergegen spreche jedoch, dass sich die Befunde an den Halsweichteilen und dem Bauch des linken großen Kopfnickermuskels über eine Höhe von insgesamt 6,5 cm erstreckten, was für die Entstehung durch einen Schlag, weil zu ausgedehnt, als sehr ungewöhnlich anzusehen wäre.
241
Insgesamt handele es sich bei den am Hals des J. vorgefundenen Verletzungen vielmehr um eine Befundkonstellation, wie sie für einen massiven Würgevorgang typisch sei, auf den auch die beim Geschädigten weiter vorgefundenen Blutantragungen im Bereich der Nasenöffnungen hindeuteten.
242
Dabei sei die Annahme eines Würgevorgangs nicht deshalb ausgeschlossen, weil im Rahmen der Sektion Punktblutungen in den Augenlid- und Augenbindehäuten sowie in der Hinterohrregion des Geschädigten als die mit einer Gewalteinwirkung gegen den Hals klassischerweise einhergehenden Befunde nicht vorgefunden worden seien. Hierfür gäbe es, wie der Sachverständige ausführte, im konkreten Fall zwei Erklärungen:
243
Punktblutungen entstünden letztlich infolge von Blutdruckspitzen, mit denen der Körper auf den mit einem massiven Würgen einhergehenden Verschluss der das Gehirn mit Sauerstoff versorgenden Blutgefäße reagiere. Insbesondere wenn die Halskompression nach den Milzrupturen erfolgt sei, sei das Fehlen von Punktblutungen bei J. daher auch damit zu erklären, dass sein vorgeschädigtes Herz zu diesem Zeitpunkt zwar noch geschlagen habe, aber nicht mit der Intensität, die erforderlich sei, um trotz der mit dem Blutverlust in die freie Bauchhöhle einhergehenden Belastung des Herz-Kreislaufsystems und trotz der für die Versorgung des Gehirns fehlenden Blutmenge zur Ausprägung von Punktblutungen zu führen.
244
Zudem hätten die Hämatome, die der Geschädigte an beiden Augen gehabt habe, eine Befunderhebung deutlich erschwert, was zusätzlich dazu beigetragen haben könne, dass Punktblutungen an den hierfür prädisponierten Stellen nicht hätten vorgefunden werden können.
245
Zum Todeszeitpunkt erklärte Prof. Dr. med. P., dass der Geschädigte am 09.12.2020 etwa zwischen 0:00 Uhr und den frühen Morgenstunden desselben Tages verstorben sei, wobei eine genauere Eingrenzung vorliegend nicht möglich sei. Insbesondere stelle die Temperaturmessung im Ohr des Leichnams mit einem nicht geeichten Thermometer, von der das Rettungspersonal berichtet habe, keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für eine grundsätzlich mögliche Rückrechnung zur Bestimmung der Todeszeit dar. Nachdem einerseits ausweislich der Angaben des Rettungspersonals am 09.12.2020 um ca. 09:52 Uhr am Leichnam des Geschädigten erste sichere Todeszeichen, nämlich Totenstarre und Totenflecken, hätten festgestellt werden können, andererseits auch keine Hinweise bestünden, dass die Totenstarre zu diesem Zeitpunkt bereits voll ausgeprägt gewesen sei und die Totenflecken auch noch bei der Obduktion ab 17:30 Uhr desselben Tages zum Abblassen zu bringen gewesen seien, gehe er davon aus, dass der Tod J.s etliche Stunden vor der Auffindung durch das Rettungspersonal, mithin etwa im vorgenannten Zeitraum, eingetreten sei.
bb.) Bewertung der Kammer
246
Auch soweit der Sachverständige Prof. Dr. med. P. der Kammer die Ergebnisse der Sektion und der weiteren im Zusammenhang mit dem Ableben des J. erhobenen Untersuchungsbefunde sowie die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen dargelegt hat, ist er stets von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Seine Ausführungen waren für die Kammer nicht nur stets gut verständlich und uneingeschränkt nachvollziehbar, sondern decken sich, insbesondere soweit sich Prof. Dr. med. P. zur Entstehung von Punktblutungen sowie dem Todesmechanismus und dem Verletzungsmuster bei Würgevorgängen geäußert hat, auch vollumfänglich mit dem Kenntnisstand der Kammer aus einer Vielzahl weiterer Schwurgerichtsverfahren. Aus diesem Grund hat sich die Kammer den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen daher vollumfänglich angeschlossen und sich diese zu eigen gemacht.
247
Im Einzelnen ist die Kammer insbesondere überzeugt, dass sich der Geschädigte die tödlichen Verletzungen an seiner linken seitlichen Rumpfpartie keinesfalls im Rahmen eines Sturzgeschehens zugezogen hat. Denn es ist nicht ersichtlich, wie J. auf eine Kontur (im Sinne eines in die Höhe ragenden Gegenstandes wie das vom Sachverständigen beispielhaft genannte Tischbein) gefallen sein sollte, und sich dabei gleichzeitig Hämatome an den Vorderseiten der Knie, nicht aber Verletzungen an anderen sturzexponierten Körperteilen zugezogen haben sollte.
248
Vielmehr rühren diese Verletzungen – u.a. eine Serienfraktur von 4 Rippen und mehrfache Milzrupturen – zur Überzeugung der Kammer von einem ganz massiven Fußtritt oder Faustschlag oder aber auch mehreren massiven Fußtritten oder Faustschlägen gegen die linke seitliche Rumpfpartie her, infolge derer es bei J. zu einem Verlust von ca. 1 ½ Litern Blut in die freie Bauchhöhle kam, aufgrund dessen er innerhalb der folgenden 10 bis maximal etwa … Minuten etwa in den frühen Morgenstunden des 09.12.2020 (ab etwa 0 Uhr) an HerzKreislaufversagen verstorben ist.
249
Ebenso ist die Kammer überzeugt, dass der Geschädigte massiv gewürgt wurde, weil der Sachverständige Prof. Dr. med. P. ein hierfür typisches, für eine Schlagverletzung dagegen untypisches Befundmuster an den Halsweichteilen J.s sowie dessen linken großen Kopfnickermuskel festgestellt hat. Denn solche Verletzungen sind der Kammer aus anderen Verfahren als Ergebnis eines zum Tod des Opfers führenden Würgevorgangs ebenso bekannt wie die Tatsache, dass Erstickungshandlungen nicht notwendig zu Punktblutungen führen müssen.
250
Die Kammer hat schließlich auch keinen Zweifel, dass der Geschädigte innerhalb desselben Angriffs gewürgt wurde, in dessen Rahmen ihm auch die tödlichen Verletzungen an seiner linken seitlichen Rumpfpartie zugefügt wurden. Denn die Folgen in beiden Verletzungsarealen sind jeweils auf massivste körperliche Gewalt zurückzuführen und nach den Erläuterungen des Sachverständigen kann das Fehlen von Punktblutungen infolge des Würgevorgangs an den hierfür prädisponierten Stellen darauf zurückzuführen sein, dass dem Geschädigten die tödlichen Verletzungen zugefügt wurden, bevor er gewürgt wurde.
251
Insgesamt hält es die Kammer daher für fernliegend, dass es mit zeitlichem Versatz in der Wohnung des Zeugen M. zu derart massiven Verletzungshandlungen gegen den Geschädigten gekommen sein könnte.
252
Da der Geschädigte etwa in den frühen Morgenstunden des 09.12.2020 (ab etwa 0 Uhr) verstorben ist und sich das Verbluten aus den mehrfachen Milzrupturen über einen Zeitraum zwischen 10 und maximal 60 Minuten erstreckte, müssen ihm die tödlichen Verletzungen an der linken seitlichen Rumpfpartie, die nicht Folge eines Sturzgeschehens sind, ebenso wie die massiven, von einem Würgevorgang herrührenden Verletzungen an den Halsweichteilen, etwa im Zeitraum von 08.12.2020, ca. 23 Uhr, bis zu den frühen Morgenstunden (maximal 60 Minuten vor seinem Tod) von dritter Hand zugefügt worden sein. Dies muss in der Wohnung des Zeugen M. geschehen sein, da sich J., wie vorstehend unter lit. E. Ziff. VI. 3. b. dargelegt, dort ab dem 08.12.2020, 19:46:40 Uhr, durchgehend aufgehalten hat, wobei in der Wohnung außer ihm nur die Zeugen M. und R. sowie die beiden Angeklagten anwesend waren.
e.) Überführung des Angeklagten G. als Täter
253
Von diesen 4 Personen kamen nach der Einlassung des Angeklagten G., die insoweit durch die uneingeschränkt glaubhaften Angaben des Zeugen R. bestätigt wurde, als potentielle Täter lediglich die beiden Angeklagten in Betracht, weil diese mit dem Geschädigten, der zu diesem Zeitpunkt noch keine bzw. allenfalls Bagatellverletzungen in Form kleinerer, älterer Hämatome aufwies, im Wohnzimmer zurückblieben, nachdem sich die Zeugen M. und R. ins Schlafzimmer zurückgezogen hatten. Von den beiden Angeklagten wiederum konnte der Angeklagte G. der Tat überführt werden, weil er sie in Gegenwart Dritter bzw. Dritten gegenüber eingeräumt hat.
aa.) Angaben des Zeugen R.
254
So hat der Zeuge R. angegeben, dass er sich an einem Vormittag zwischen 10 und 11 Uhr etwa eine Woche nach dem Ableben des Geschädigten mit dem Angeklagten G. unterhalten habe. Bereits damals habe ihm der Angeklagte G. erzählt, dass er sich nicht zu 100 Prozent sicher sei, aber denke, dass er „das“ gemacht habe. Damit habe er, wie der Zeuge R. auf Nachfrage der Kammer bestätigte, den Tod J.s gemeint, um den es in diesem Gespräch gegangen sei.
255
Weiter berichtete der Zeuge R., dass er nur wenige Tage später, wiederum vormittags beim … bei einem Gespräch mitanwesend gewesen sei, dass der Angeklagte G. mit P., mit der er (der Angeklagte G.) damals zusammen gewesen sei, geführt habe. Bei diesem Gespräch, in dem es ebenfalls um den Tod J.s gegangen sei, habe der Angeklagte G., der stark betrunken gewesen sei, mehrfach zu P. gesagt, dass er es nicht mehr länger aushalten könne, er müsse zur Polizei gehen und ein Geständnis ablegen. P. habe ihm daraufhin geantwortet, ob er blöd sei, was er (der Zeuge R.) so aufgefasst habe, dass der Angeklagte G. die Tat nicht zugeben sollte. Er selbst sei, so der Zeuge R., bei diesem Gespräch etwa 2 m vom Angeklagten G. entfernt gestanden. Dieser habe aber so laut gesprochen bzw. geschrien, dass er keine Probleme gehabt habe, dessen Äußerungen zu verstehen.
bb.) Bewertung der Angaben des Zeugen R.
256
Insgesamt hat die Kammer die auch vorstehend dargestellten Angaben des Zeugen R. als vollumfänglich glaubhaft bewertet, auch unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten G. in der Hauptverhandlung hierzu („…die Aussagen von R. seien falsch, weil er genau gewusst habe, was sich in der Nacht vom 08.12.2020 auf den 09.12.2020 und in den früheren Tagen abgespielt habe und es sei auch nicht richtig, dass er R. gegenüber gesagt habe, er (der Angeklagte G.) wolle bei der Polizei aussagen, für das, was J. passiert sei, verantwortlich zu sein, wie es R. in seiner Aussage bei der Polizei am 25.01.2021 behauptet habe. Ein solches Gespräch habe nie stattgefunden… R. beschuldige ihn (erg.: in der Vernehmung am 25.01.2021) der Tat, weil er gewusst habe, dass er in Haft sei und wegen der Tat beschuldigt werde. Er (R.) habe Angst vor Z.. Er (der Angeklagte G.) vermute, dass dieser auf R. eingewirkt und ihn beeinflusst habe, was er im Falle einer Anhörung sagen soll. R. wisse aber ganz genau, was passiert sei, weil er bei dem Vorfall in der Wohnung gewesen sei…“).
257
Bei der Bewertung sämtlicher Angaben des Zeugen R. hat die Kammer zu keiner Zeit außer Acht gelassen, dass dieser ebenso wie die beiden Angeklagten und der Geschädigte J. dem Augsburger Milieu alkoholkranker polnischer Obdachloser angehört. Jedoch hatte die Kammer zu keiner Zeit Zweifel an seiner Aussagetüchtigkeit, da der Zeuge R. sämtliche bereits dargestellten Angaben sowie die vorgenannten Äußerungen, die der Angeklagte G. ihm sowie seiner damaligen Intimpartnerin und jetzigen Verlobten, der Zeugin P., gegenüber getätigt hat, ebenso wie die Umstände, unter denen diese beiden Gespräche stattgefunden haben, detailliert, schlüssig und vollständig nachvollziehbar schildern konnte.
258
Seine Angaben hierzu stimmen zudem mit seinen Äußerungen im Rahmen seiner fast ein Jahr zurückliegenden Vernehmung am 25.01.2021 durch den Zeugen KHK K. vollständig überein (was ebenfalls die Aussagetüchtigkeit des Zeugen R. belegt).
259
Insoweit bestätigte der Zeuge K. glaubhaft, dass er den Zeugen R., den er bereits am 09.12. und 10.12.2020 vernommen habe, am 25.01.2021 ein weiteres Mal zu sich bestellt habe, um nachzufragen, ob die polnischstämmigen Obdachlosen, welche regelmäßig den … aufsuchten, sich über den Tod des J. unterhalten hätten. Daraufhin habe ihm der Zeuge R. von einem Gespräch mit dem Angeklagten G. beim … etwa eine Woche nach der Tat erzählt, in dem er (der Angeklagte G.) ihm gegenüber eingeräumt habe, für den Tod J.s verantwortlich zu sein. Der Zeuge R. habe dann auch noch ein weiteres Gespräch geschildert, das wenige Tage später ebenfalls beim … stattgefunden habe und bei dem P. dem Angeklagten G. entgegnet habe „bist Du blöd“, nachdem der Angeklagte ihr angekündigt habe, bei der Polizei ein Geständnis ablegen zu wollen.
260
Die Kammer konnte den Angaben des Zeugen R. auch keinerlei Belastungseifer entnehmen. So ist der Zeuge nicht selbst mit seinem Wissen an die ermittelnden Beamten herangetreten, sondern hat von den vorstehend geschilderten Gespräche nur berichtet, nachdem er durch den Zeugen KHK K. zu einer weiteren Vernehmung geladen wurde. Auch hat sich der Zeuge R. in der Hauptverhandlung nicht von sich aus zu einem möglichen Tatmotiv des Angeklagten G. geäußert, sondern erst auf Frage der Kammer hierzu erklärt, dass er in der Unterkunft in der … von verschiedenen Leuten Anspielungen gehört habe, wonach der Angeklagte G. die Tat angeblich aus Eifersucht auf den Geschädigten begangen habe. Auf die weitere Nachfrage der Kammer, ob ein Blumenstrauß eine Rolle gespielt haben könnte, hat der Zeuge R. wiederum glaubhaft erklärt, P. habe den Geschädigten einmal geküsst, von einem Blumenstrauß wisse er jedoch nichts.
261
Anhaltspunkte, dass der Zeuge R. den Angeklagten G. mit seinen Angaben zu Unrecht belastet haben könnte, bestehen somit nicht – im Gegenteil: Hätte der Zeuge R. dies gewollt, wäre es für ihn viel einfacher und naheliegender gewesen, den Angeklagten G. direkt der Tat zu bezichtigen, was er, entgegen der Einlassung des Angeklagten G. in der Hauptverhandlung („…R. beschuldige ihn am 25.01.2021 der Tat, weil er gewusst habe, dass er in Haft sei und wegen der Tat beschuldigt werde…“) gerade nicht getan hat. Stattdessen hat der Zeuge R. lediglich Selbstbezichtigungen des Angeklagten G. geschildert und hierbei auch dessen Einschränkung, er sei sich nicht zu 100 Prozent sicher, nicht verschwiegen.
262
Nicht ersichtlich ist auch, warum der Zeuge R. diese Gespräche, welche den Angeklagten G. nur indirekt belasten, aus Angst vor dem Angeklagten Z. getätigt haben sollte. Abgesehen davon, dass sich im Rahmen der Beweisaufnahme hierfür ebenso wenig Anhaltspunkte ergeben haben wie für die Mutmaßung des Angeklagten G., der Angeklagte Z. habe auf R. eingewirkt und ihn beeinflusst, was er im Falle einer Anhörung sagen solle, könnte der Sinn einer etwaigen Falschbelastung des Angeklagten G. nur in der gleichzeitigen Entlastung des Angeklagten Z. liegen. Auch in diesem Fall läge es jedoch für den Zeugen R. viel näher, den Angeklagten G. der Tat direkt zu bezichtigen (wobei die Kammer bei ihren Erwägungen nicht außer Acht gelassen hat, dass sich der Angeklagte Z. zum Zeitpunkt der Vernehmung des Zeugen R. am 25.01.2021 noch nicht in Untersuchungshaft befand und ihm somit die vermutete Beeinflussung grundsätzlich noch möglich gewesen wäre).
263
Im Übrigen ist auch die weitere Behauptung des Angeklagten G., der Zeuge R. habe genau gewusst, was sich in der Nacht vom 08.12.2020 auf den 09.12.2020 abgespielt habe, mit den weiteren Angaben in seiner Einlassung („M. und R. seien ins Schlafzimmer gegangen und hätten sich schlafen gelegt; er selbst, Z. und J. seien im Wohnzimmer geblieben“) nicht in Einklang zu bringen.
264
Letztlich stellt sich daher die Einlassung des Angeklagten G. zu den Angaben des Zeugen R. daher schlicht als Versuch dar, dessen Angaben als unglaubwürdig darzustellen und so seine Verurteilung zu verhindern. Denn inhaltlich ergibt sich aus den vom Zeugen R. geschilderten Gesprächen eben nicht, dass sich der Angeklagte vorwirft, bei der Tatbegehung durch den Angeklagten Z. nicht zugunsten des Geschädigten eingeschritten zu sein, wie er es in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung dargestellt hat („…Es tue ihm sehr leid und er schäme sich auch dafür, dass er J. in diesem Moment nicht geholfen habe…“), sondern dass er, der Angeklagte G. selbst, als Täter für dessen Tod verantwortlich ist.
265
Dabei hat die Kammer der Einschränkung des Angeklagten G. bei seinem ersten Gespräch mit dem Zeugen R., wonach er sich nicht zu 100 Prozent sicher sei, keine tiefere Bedeutung beigemessen als die, dass er damit dem Zeugen R. gegenüber sagen wollte, sich nicht sicher zu sein, dass tatsächlich seine Schläge bzw. Tritte letztlich zum Tod des Geschädigten führten.
cc.) Angaben des Zeugen W.
266
Von einer Selbstbezichtigung des Angeklagten G. ihm gegenüber berichtete auch der Zeuge W., ein langjähriger Freund des Angeklagten Z. und ebenfalls dem Milieu polnischstämmiger alkoholkranker Obdachloser in Augsburg angehörig.
267
Dieser gab in der Hauptverhandlung an, er sei nach dem Tod J.s mit P. zusammengesessen, wobei sie auch gemeinsam Alkohol getrunken hätten. Dabei habe sie ihm erzählt, dass der Angeklagte G. den Geschädigten geschlagen habe, weil J. ihr Blumen geschenkt habe. Das habe er, so der Zeuge W., anfänglich nicht geglaubt. Weil ihm aber das Thema keine Ruhe gelassen habe, habe er den Angeklagten G., der damals seit kurzem ebenso wie er in der Obdachlosenunterkunft in der … gewohnt habe, im Januar 2021, kurz nach Neujahr, dort selbst auf den Tod J.s angesprochen. Dieser habe daraufhin ihm gegenüber eingeräumt, den Geschädigten geschlagen und, als er bereits auf dem Boden gelegen habe, auch noch mit den Füßen auf ihn eingetreten zu haben. Sodann habe der Angeklagte G. ihm gegenüber noch geäußert „niemand wird meiner Frau B. schenken“.
dd.) Bewertung der Angaben des Zeugen W.
268
Auch die vorstehend dargestellten Angaben des uneingeschränkt aussagetüchtigen Zeugen W. hat die Kammer entgegen der Behauptung des Angeklagten G. in seiner Einlassung, wonach der Zeuge W. in seiner Aussage nur die Wahrheit sage, soweit er über den (nachstehend geschilderten) Vorfall an der Tankstelle in der Nähe des … zwischen ihm, dem Angeklagten G., und den Angeklagten Z. spreche (und auch da nicht vollständig), als vollumfänglich glaubhaft bewertet.
269
So hat der Zeuge W. das Gespräch mit dem Angeklagten G. detailliert und nachvollziehbar geschildert, wobei er auch Nachfragen zu den weiteren Umständen des Gesprächs sofort beantworten konnte. Danach habe dieses im Zimmer eines Russen, der Gitarre gespielt habe und mittlerweile verstorben sei, im Erdgeschoss der Unterkunft in der … stattgefunden. Mit dabei gewesen seien neben weiteren Russen auch der Zeuge S., der im Zimmer gegenüber gewohnt habe und auch bei dem Vorfall am 13.01.2021, als der Angeklagte Z. den Angeklagten G. zur Rede gestellt habe, anwesend gewesen sei. Dieser habe jedoch das Zimmer immer wieder verlassen, so dass er nicht sagen könne, ob er das Gespräch zwischen ihm (dem Zeugen W.) und dem Angeklagten G. mitbekommen habe.
270
Die Angaben des Zeugen W. zu seinen Gesprächen mit P. und dem Angeklagten G. stimmen zudem mit seinen Schilderungen im Rahmen der Vernehmung am 14.01.2021 gegenüber dem Zeugen KHK K. überein. Dieser berichtete, dass es zur Vernehmung des Zeugen W. gekommen sei, nachdem ihn der Angeklagte Z. am 13.01.2021 ganz aufgelöst angerufen habe, der Angeklagte G. erzähle überall herum, dass er (Z.) für den Tod J.s verantwortlich sei und er deshalb den Angeklagten G. zur Rede gestellt habe. Dieser habe daraufhin in Anwesenheit der Zeugen W. und S. eingeräumt, selbst für den Tod des J. verantwortlich zu sein.
271
Sodann schilderte der Zeuge KHK K., der Zeuge W. habe bei seiner Vernehmung angegeben, dass er den Geschädigten J. überhaupt nicht gekannt habe, während er den Angeklagten Z. bereits seit einigen Jahren kenne und den Angeklagten G. erst seit ca. 2 Wochen. Auch P. habe er (der Zeuge W.) erst vor kurzem im … kennengelernt. Diese habe ihm offenbart, dass der Angeklagte G. für den Tod J.s verantwortlich sei, wobei Hintergrund der Tat sei, dass der Geschädigte ihr Blumen geschenkt habe. Weiter habe der Zeuge W. geschildert, dass er wenig später den Angeklagten G. auf den Tod J.s angesprochen und dieser ihm gegenüber eingeräumt habe, den Geschädigten geschlagen und getreten zu haben.
272
Dabei habe er, so der Zeuge KHK K., den Zeugen W. nicht nur vor der Vernehmung ordnungsgemäß belehrt, sondern ihn auch währenddessen eindringlichst auf die strafrechtlichen Folgen falscher Angaben hingewiesen. Dennoch sei der Zeuge bei seiner Aussage geblieben.
273
Für den Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen W. zu diesem Gespräch spricht aus Sicht der Kammer außerdem, dass der Angeklagte G. sich in ähnlicher Weise gegenüber dem Zeugen R., den er ebenfalls letztlich nur flüchtig kennt, der Tat bezichtigt hat.
274
Auch die Erwähnung eines Blumengeschenks als Tatmotiv spricht aus Sicht der Kammer dafür, dass das Gespräch zwischen dem Angeklagten G. und dem Zeugen W. so stattgefunden hat, wie es der Zeuge W. geschildert hat. Denn ein solches Blumengeschenk des Geschädigten an P. gab es tatsächlich, wie der Einlassung des Angeklagten G. zu entnehmen ist. Soweit der Angeklagte in seiner Einlassung hierzu weiter vorbringt, „das Thema mit den Blumen“ sei von P. nach dem Tod des Geschädigten bei den Treffen beim … angesprochen worden, in Anwesenheit der Polen habe sie sich an dieses Ereignis erinnert und bei dieser Gelegenheit habe auch der Zeuge W. hören können, dass ein Vorfall stattgefunden habe, bei dem es um Blumen gegangen sei, die sie als Dankeschön für ihre Hilfe bekommen habe, hat dies die Kammer nicht überzeugt.
275
Denn der Zeuge R., der ebenfalls zu den Polen gehört, in deren Anwesenheit P. hiervon erzählt haben soll, wusste nichts von einem solchen Blumengeschenk und berichtete im Übrigen, dass er im Obdachlosenheim in der … lediglich Anspielungen gehört habe, wonach der Angeklagte G. die Tat aus Eifersucht begangen habe. Ebenso berichtete der Zeuge S., der die beiden Angeklagten nur vom Sehen und (jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt) auch P. und den Zeugen W. nur flüchtig kannte, dass ihm erst nach dem Vorfall am 13.01.2021, bei dem der Angeklagte Z. den Angeklagten G. zur Rede stellte, „irgendetwas von einer Blume“ erzählt worden sei. Das „Thema mit den Blumen“ war also keineswegs allgemein bekannt im Milieu der polnischstämmigen Obdachlosen, wie es der Angeklagte G. in seiner Einlassung behauptet hat.
276
Somit spricht alles dafür, dass der Zeuge W., wie er es berichtet hat, hiervon in seinem Gespräch mit P. erfahren hat und es ihm dann vom Angeklagten G. selbst mit der aus Sicht der Kammer sehr authentischen Äußerung „niemand schenkt meiner Freundin Blumen“ bestätigt wurde.
277
Bei der Bewertung der Angaben des Zeugen W. hat die Kammer nicht außer Acht gelassen, dass ihn mit dem Angeklagten G., wie dieser auch ausführlich in seiner Einlassung darstellt, kein ungetrübtes Verhältnis verbindet, was der Zeuge W. auch von sich aus freimütig eingeräumt hat.
278
Hierzu berichtete der Zeuge, dass er mit dem Angeklagten G. bereits einmal an der Endhaltestelle der Straßenbahn in … eine körperliche Auseinandersetzung gehabt habe, weil er (der Zeuge W.) ihm keinen Wodka mehr habe geben wollen. Da der Angeklagte G. in alkoholisiertem Zustand sehr aggressiv sei, habe ihn dieser geschlagen, worauf er (der Zeuge W.) ihn zurückgeschlagen habe mit der Folge, dass der Angeklagte G. danach mit dem Rettungswagen abgeholt worden sei.
279
Dagegen hat der Zeuge W. dezidiert bestritten, versucht zu haben, dem Angeklagten G. dessen Freundin P. abspenstig zu machen und sie für sich zu gewinnen, wie es Letzterer in der Hauptverhandlung hat vortragen lassen. Für diese Behauptung des Angeklagten G. haben sich im Übrigen auch weder im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen noch im Rahmen der Beweisaufnahme irgendwelche Anhaltspunkte ergeben, zumal die Zeugin P., die hierüber noch am ehesten Auskunft hätte geben können, als Verlobte des Angeklagten G. von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat.
ee.) Vorfall vom 13.01.2021 an der Esso-Tankstelle neben dem …
280
Keine Bedeutung im Hinblick auf die Überführung des Angeklagten G. hat die Kammer dagegen dem Umstand beigemessen, dass dieser am 13.01.2021 etwa um die Mittagszeit gegenüber dem Angeklagten Z. sowie in Anwesenheit der Zeugen W., S. und P. eingeräumt hat, J. geschlagen zu haben, weil diese Selbstbezichtigung unter der zumindest konkludenten Androhung von Gewalt durch den Angeklagten Z. erfolgte, so dass hierauf ein Tatnachweis gegen den Angeklagten G. nicht gestützt werden könnte. Andererseits kann daraus aber auch nicht der Schluss gezogen werden, der Angeklagte G. habe sich bei dieser Gelegenheit zu Unrecht bezichtigt, den Geschädigten J. geschlagen zu haben.
281
Dass dieser Vorfall stattgefunden hat, steht außer Frage, weil der Angeklagte G. die äußeren Umstände in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung genauso eingeräumt hat, wie sie auch die Zeugen W. und S. sowie der Angeklagte Z. letztlich übereinstimmend geschildert haben.
282
So hat der Zeuge S. detailliert und vollumfänglich glaubhaft geschildert, dass er erst am Vortag, dem 12.01.2021, vom Tod des J., den er als netten Mann flüchtig aus der JVA gekannt habe, erfahren habe. Entweder an diesem Tag oder am Morgen des 13.01.2021 habe er zudem erfahren, dass der Angeklagte Z. der Tat beschuldigt werde, wobei ihm nicht erinnerlich sei, ob er dies von ihm selbst oder vom Zeugen W. erfahren habe. Weiter berichtete der Zeuge S., dass er sich am 13.01.2021 zusammen mit dem Angeklagten Z. und dem Zeugen W. in der Grünanlage beim … (Anm.: wo sich auch die Tat zum Nachteil des Zeugen B. ereignete) getroffen habe, um gemeinsam beim … zum Essen zu gehen. Als sie an der Esso-Tankstelle neben dem … gewesen seien, sei der Angeklagte G. zusammen mit P. hinzugekommen. Der Angeklagte Z. habe daraufhin geäußert „ich frag ihn jetzt mal, was das soll“. Er sei zum Angeklagten G. gegangen, habe ihn an der Jacke gepackt, gegen den dort abgestellten VW-Bus des … gedrückt und ihn angeschrien, ob er etwas mit ihm gemacht habe. Der Angeklagte G. habe dann geantwortet „ja, ich habe ihn geschlagen“, woraufhin ihn der Angeklagte Z. losgelassen habe. Danach hätten der Angeklagte Z. und der Angeklagte G. zusammen noch ein paar Worte geredet, anschließend sei der Angeklagte G. zusammen mit P. weggegangen.
283
Auf Nachfrage hat der Zeuge S. schließlich noch erklärt, es sei ihm nicht mehr erinnerlich, ob sich der Zeuge W. in das Geschehen eingemischt habe und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt.
284
Wie genau es zu diesem Vorfall am 13.01.2021 kam, konnte die Kammer dagegen nicht aufklären.
285
Jedenfalls die Einlassung des Angeklagte G. in der Hauptverhandlung hierzu, wonach er niemanden erzählt habe, dass der Angeklagte Z. für den Tod J.s verantwortlich sei, hält die Kammer für eine Lüge, weil ansonsten nicht zu erklären wäre, warum der Angeklagte Z. den Angeklagten G. zur Rede stellen musste.
286
Auch die weitere Behauptung des Angeklagten G. hierzu in seiner Einlassungserklärung, wonach der Zeuge W. den Vorfall vom 13.01.2021 inszeniert habe, um ihn aus dem Umfeld von P. loszuwerden, sie ihm auszuspannen und selbst mit ihr eine Beziehung zu führen, hält die Kammer für abwegig. Denn abgesehen davon, dass sich für das angebliche Begehren des Zeugen W. in Bezug auf P. in keinem Stadium des Verfahrens irgendwelche Anhaltspunkte ergeben haben (s.o.), ist auch nicht ersichtlich, warum es dafür – zusätzlich zu dem vom Zeugen W. vorstehend geschilderten Gespräch in der Obdachlosenunterkunft in der … noch des Vorfalls vom 13.01.2021 bedurft hätte.
287
Es ergibt auch keinen Sinn, dass der Zeuge W., wenn er den Vorfall am 13.01.2020 inszeniert hätte, den Angeklagten G. (wie dieser es in seiner Einlassungserklärung weiter hat vortragen lassen) unmittelbar nachdem ihn der Angeklagte Z. gegen den VW-Bus des … gedrückt und ihm die vorstehende Äußerung abgenötigt habe, zu ihm gekommen sei und ihn angesprochen habe („er (G.) sei in der Stadt herumgelaufen und hätte einen Sch… geredet, dass Z. am Tod von J. schuld sei.“).
288
Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum sich der Zeuge W. gegenüber dem Angeklagten G. zu seiner angeblichen Inszenierung hätte erklären sollen.
289
Dagegen ist die vom Angeklagten G. zitierte Äußerung des Zeugen W. sehr viel besser damit in Einklang zu bringen, dass der Angeklagte G. den Angeklagten Z. eben doch Dritten gegenüber der Tat zum Nachteil des J. bezichtigt hat, der Zeuge W., der mit dem Angeklagten Z. befreundet ist, diesem hiervon berichtet hat und sich dann dem Angeklagten G. gegenüber so, wie es in seiner Einlassungserklärung angegeben ist, geäußert hat.
290
Die Kammer hat bei dem Versuch aufzuklären, wie genau es zu dem Vorfall am 13.01.2021 kam, nicht außer Acht gelassen, dass sich die Angaben des Zeugen W. dazu, wie er von den Bezichtigungen des Angeklagten G. zum Nachteil des Angeklagten Z. erfahren habe, nicht vollständig bestätigt haben.
291
Denn der Zeuge W. erklärte, dass er vom Zeugen S. erfahren habe, der Angeklagte G. erzähle überall herum, der Angeklagte Z. sei für den Tod J.s verantwortlich. Dies hat der Zeuge S. aber glaubhaft verneint, der wiederum angegeben hat, er habe hiervon entweder vom Zeugen W. oder vom Angeklagten Z. selbst erfahren.
292
Jedoch spricht aus Sicht der Kammer in Zusammenschau mit der vorstehend zitierten Äußerung des Zeugen W. gegenüber dem Angeklagten G. („…er (G.) sei in der Stadt herumgelaufen und hätte einen Sch… geredet, dass Z. am Tod von J. schuld sei…“) viel dafür, dass der Zeuge W. von einem Dritten, nur eben nicht vom Zeugen S., gehört hat, dass sein Freund Z. vom Angeklagten G. der Tat zum Nachteil J.s beschuldigt wurde. Zu dieser Annahme stehen auch die Angaben des Angeklagten Z. in seiner Zeugenvernehmung vom 14.01.2021 (wonach ihm der Zeuge W. erklärt habe, der Angeklagte G. streue das Gerücht, er (der Angeklagte Z.) sei für den Tod des Geschädigten verantwortlich), nicht in Widerspruch. Vielmehr sind seine damaligen Angaben sehr gut damit zu erklären, dass der Zeuge W. dies tatsächlich von einem Dritten gehört hat und dem Angeklagten Z. hiervon berichtet hat, um ihm einen Freundschaftsdienst zu erweisen.
293
Insgesamt war der Umstand, dass der Zeuge W. von den Bezichtigungen seines Freundes Z. durch den Angeklagten G. nicht vom Zeugen S., sondern einem Dritten, erfahren hat, aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Zeugen W. bezüglich seiner Angaben zu den Gesprächen mit P. sowie mit dem Angeklagten G. zu erschüttern.
f.) Zum Motiv bzw. Anlass des Angeklagten G. für die Tatbegehung
294
Im Hinblick auf das Motiv bzw. Anlass des Angeklagten G. für die Tatbegehung ist die Kammer im Rahmen einer Gesamtschau der Ergebnisse der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass ursächlich für die Tat des Angeklagten G. zumindest auch dessen Eifersucht auf J. war, weil dieser P. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Blumen geschenkt hatte, wie es diese dem Zeugen W. berichtete und der Angeklagte G. ihm gegenüber mit seiner Aussage „niemand schenkt meiner Freundin Blumen“ indirekt bestätigt hat.
295
Denn auch der Zeuge R. hat – wiederum vollumfänglich glaubhaft – erklärt, dass der Angeklagte G. – entgegen seinen Angaben in der Hauptverhandlung, wonach er erst am 15.12.2020 mit P. zusammengekommen sei – schon damals mit P. zusammen gewesen sei und dieser, wenn er viel getrunken habe, sehr eifersüchtig auf sie gewesen sei. In diesem Zusammenhang berichtete der Zeuge R. zudem, dass der Angeklagte G., als P. zusammen mit J. in der Küche des Zeugen M. Essen zubereitet habe, sie dort unter Beschimpfungen und Beleidigungen herausgeholt habe, weil er nicht gewollt habe, dass sie sich mit dem Geschädigten allein in einem Raum aufhielt.
296
Schließlich gab auch die Zeugin P., mit der der Angeklagte G. von 01.05.2008 bis Ende 2018 in einer Beziehung gelebt hat, an, dass dieser sie nach einer schönen gemeinsamen Zeit mit seiner krankhaften Eifersucht, die jeder Grundlage entbehrt habe und nicht auf bestimmte Männer bezogen gewesen sei, zunehmend terrorisiert habe, weil er in alkoholisiertem Zustand der Auffassung gewesen sei, sie gehöre nur ihm und keinem anderen. Nachdem er arbeitslos geworden sei, habe der Angeklagte G. im Laufe der Jahre immer mehr Alkohol konsumiert, womit sich auch seine Eifersucht stetig verschlimmert habe. Das habe schließlich dazu geführt, dass er ihr überall hin auf Schritt und Tritt gefolgt sei und sie ständig mit Schlampe, Hure und weiteren Ausdrücken betitelt habe. Die letzten beiden Jahre ihrer Beziehung – 2017 und 2018 – seien, so die Zeugin P., besonders schlimm gewesen. Der Angeklagte G. habe jeden Tag Wodka und Bier konsumiert, sei dann betrunken nach Hause gekommen und habe Streit gesucht.
297
Erst im März 2019, als ihre Tochter und deren Freund bei ihr zu Besuch gewesen seien, sei es ihnen schließlich zu dritt gelungen, den Angeklagten G. ihrer Wohnung zu verweisen und das Türschloss auszutauschen. In der Folge sei sie aber weiter von ihm terrorisiert und dabei auch noch ständig mit dem Tod bedroht worden, so dass sie es nicht mehr gewagt habe, sich ohne Begleitung zu dem von ihr geführten Lokal zu begeben. Sie sei psychisch schließlich so fertig gewesen, dass sie sich freiwillig von Ende September 2019 bis Ende Dezember 2019 in stationäre Behandlung ins … begeben habe.
298
Die Kammer hat die Angaben der Zeugin P. als uneingeschränkt glaubhaft beurteilt, da bei ihr trotz der furchtbaren Zeit, die sie gerade in den letzten 2 Jahren ihrer Beziehung mit dem Angeklagten G. erlebt hat, keinerlei Belastungseifer zu erkennen war. Vielmehr betonte die Zeugin, die ersten Jahre der Beziehung mit ihm seien sehr schön gewesen und sie hätten ein gutes Leben gehabt. Auch sei der Angeklagte G. in nüchternem Zustand nicht eifersüchtig gewesen, sondern nur, wenn er betrunken gewesen sei – was leider am Ende ihrer Beziehung täglich der Fall gewesen sei. Die Zeugin P. betonte auch, dass der Angeklagte G. sie zwar psychisch terrorisiert, aber nie geschlagen habe. Erst auf weitere Nachfrage enthüllte sie, dass es doch einmal zu einem körperlichen Übergriff gegen sie gekommen sei, nämlich im Jahr 2011 auf dem Plärrer (einem Volksfest in Augsburg). Dort habe sie der Angeklagte G. in alkoholisiertem Zustand aus Eifersucht gewürgt, nachdem sie mit einem anderen Mann getanzt habe.
299
Insgesamt bestätigte sich somit, dass der Angeklagte G., zumal in stark alkoholisiertem Zustand (einen nicht alkoholisierten Zustand gab es bis zum Zeitpunkt seiner Festnahme bei ihm schon längst nicht mehr), extrem eifersüchtig ist. Aus Sicht der Kammer ist deshalb sehr gut nachvollziehbar, dass er auf J. wegen seines Blumengeschenks an P. eifersüchtig war, wobei es aus Sicht der Kammer für den Angeklagten G. angesichts seiner durchgehend massiven bzw. extremen Alkoholintoxikation unerheblich war, dass diese Geste möglicherweise schon einige Zeit zurücklag. Dabei hat die Kammer nicht verkannt, dass der Angeklagte G. bislang seine Besitzansprüche ausschließlich gegenüber seinen Partnerinnen und bis auf die Ausnahme im Jahr 2011 auch nicht tätlich auslebte. Gleichwohl ist deshalb keinesfalls ausgeschlossen, dass er sich in der Tatnacht gegenüber dem Geschädigten, der „nur“ sein Laufbursche und im Gegensatz zu P. anwesend war, jedenfalls mitbedingt durch seine Eifersucht und enthemmt durch seine massive bzw. extreme Alkoholintoxikation abreagiert hat.
300
Ob es darüber hinaus noch einen weiteren Anlass gab, der den Angriff des Angeklagten G. gegen den Geschädigten J. auslöste, konnte die Kammer dagegen weder feststellen noch ausschließen.
g.) Ausschluss des Angeklagten Z. als Täter
301
Dagegen haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme keinerlei belastbaren Anhaltspunkte ergeben, dass der Angeklagte Z. die Tat zum Nachteil J.s begangen hat, wie es der Angeklagte G. in seiner Einlassung dargestellt hat. Auch für eine gemeinsame Tatbegehung, von der der Angeklagte G. seiner Verlobten P. nach ihren nicht verwertbaren und auch nicht verwerteten Angaben im Lauf des Ermittlungsverfahrens berichtet haben soll, hat die Kammer keine belastbaren Anhaltspunkte gefunden.
aa.) Chat des Angeklagten Z. mit P. vom 23.01.2021
302
Vielmehr spricht der Inhalt des auf dem Mobiltelefon des Angeklagten Z. von der Zeugin TB N. digital-forensisch gesicherten WhatsApp-Chats zwischen ihm und P. vom 23.01.2021, dem Tag nach der Festnahme des Angeklagten G., gegen eine Tatbegehung durch den Angeklagten Z.; u.a. deshalb, weil dieser darin eine Verantwortung für die Tat zum Nachteil J.s auch P. gegenüber entschieden abstreitet.
303
In diesem WhatsApp-Chat (der in polnischer Sprache in Augenschein genommen und von der Dolmetscherin übersetzt wurde) wendet sich P. zunächst um 10:08:14 Uhr an den Angeklagten Z. mit der Frage „Ich weiß nicht, an wen ich mich wegen des Sprechscheins wenden soll und ob es genehmigt wird“, worauf sie von ihm die Antwort erhält „Normal nicht, weil ihr nicht verheiratet wart“. Im weiteren Verlauf des Chats gibt der Angeklagte Z. dann P. den Rat, sich an den … zu wenden und bietet ihr an, sie am Mittwoch zu einer Beratungsstelle mitzunehmen, was P. ablehnt. Anschließend beklagt sie sich beim Angeklagten Z. darüber, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte R. im Krankenhaus sei und sie niemanden habe, der ihr helfe, woraufhin sich der Angeklagte Z. nach dem Zustand des R. erkundigt („Was? Steht es so schlecht um ihn?“) und ihr seine Hilfe anbietet („Ich helfe dir, ich muss aber wissen, wie“).
304
P. berichtet sodann zunächst vom Zustand des R., um dann zu erklären: „Mir geht es um T.“, womit der Angeklagte T. G. gemeint ist wie sich aus dem weiteren Verlauf des Chats zweifelsfrei ergibt.
305
Denn hierauf antwortet der Angeklagte Z. „Das ist normal und T. hat in letzter Zeit auch übertrieben“, woraufhin P. zu bedenken gibt „Vielleicht war der Alkohol schuld?“. Der Angeklagte Z. schreibt ihr daraufhin „So viel ich gehört habe, sucht Kripo nach ihm“. P. reagiert darauf mit „Nach wem? Ich komme nicht mehr mit.“ Der Angeklagte Z. entgegnet ihr „T.“, worauf P. ihm mitteilt „Er sitzt schon.“ und darauf von ihm die Antwort erhält „Ich weiß.
306
Er hat es verdient. Schade, aber so ist die Wahrheit.“ P. schreibt dem Angeklagten Z. darauf: „Ohne Kommentar, jeder war ihm scheißegal“, worauf dieser sie fragt, ob sie die Beziehung zu ihrem früheren Lebensgefährten R. wieder aufnehmen wolle („Willst du zu M. zurück?“), was P. verneint („Das Thema ist endgültig vom Tisch.“).
307
Der Angeklagte Z. erkundigt sich dann nach dem Angeklagten G. („Wo sitzt er?“) und P. antwortet „Er war in der …, er sollte nach Gablingen gebracht werden, wenn ein Platz frei wird“, worauf der Angeklagte Z. mit „ok“ reagiert. Weiter schreibt P. „Ich mache mir Sorgen um ihn“ und erhält vom Angeklagten Z. die Antwort „Ich nicht, ich wäre für ihn fast zu einer Haftstrafe verurteilt worden und das für einige Jahre. So ist die Wahrheit.“ P. erklärt daraufhin „Ich weiß nicht, was ich von dem Ganzen halten soll, er tut mir nur leid, weil er nicht dorthin wollte. Das sagte er mir.“ Der Angeklagte Z. entgegnet ihr „Es tut mir leid, aber er hat Gerüchte verbreitet, wenn er betrunken war, und das war nicht gut. Man zeigt Unschuldige nicht an“, woraufhin P. mit Nachricht vom 23.01.2021, 12:18:09 Uhr, bestätigt „Du hast recht.“.
308
Gerade diese letzte Äußerung P.s („Du hast recht.“), verbunden mit dem durchgehend freundschaftlich-vertrauten Ton der WhatsApp-Nachrichten, kann aus Sicht der Kammer über die bloße Bestätigung der vorhergehenden Nachricht des Angeklagten Z. hinaus („Es tut mir leid, aber er hat Gerüchte verbreitet, wenn er betrunken war, und das war nicht gut. Man zeigt Unschuldige nicht an“) auch dahingehend interpretiert werden kann, dass P. als Intimpartnerin des Angeklagten G. von dessen Falschbezichtigungen zum Nachteil des Angeklagten Z. wusste und sie missbilligte.
309
Im Übrigen kann ihre Reaktion „ohne Kommentar, jeder war ihm scheißegal“ auf die vorhergehende Nachricht des Angeklagten Z. „Ich weiß. Er hat es verdient. Schade, aber so ist die Wahrheit.“ als weiteres Indiz für eine Tatbegehung durch den Angeklagten G. und gegen eine Tatbegehung durch den Angeklagten Z. verstanden werden.
310
Damit erweisen sich aus Sicht der Kammer auch die Angaben des Angeklagten G. in seiner Einlassungserklärung, wonach er zu P. gesagt habe, „dass er sich wegen J.s Tod schlecht fühle, weil er ihm nicht geholfen habe“, als unwahr. Denn diese Behauptung lässt in Zusammenschau mit dem weiteren Inhalt seiner Einlassungserklärung den Schluss zu, dass der Angeklagte G. auch ihr gegenüber den Angeklagten Z. als den für den Tod des Geschädigten V2erantwortlichen bezeichnet hat. Den vorstehend dargestellten Reaktionen P.s auf die Nachrichten des Angeklagten Z. kann jedoch nicht einmal andeutungsweise entnommen werden, dass sie diesen für den Verantwortlichen für J.s Tod hält.
bb.) Keine Selbstbezichtigungen des Angeklagten Z.
311
Im Gegensatz zum Angeklagten G. hat sich der Angeklagte Z. zu keiner Zeit selbst Dritten gegenüber der Tat zum Nachteil des J. bezichtigt.
cc.) Eifersucht ist ausschließlich ein Motiv des Angeklagten G.
312
Weiter spricht gegen eine Täterschaft des Angeklagten Z., dass die Tat jedenfalls mitbedingt durch die Eifersucht des Angeklagten G. war. Diese begründet aber nur für ihn ein nachvollziehbares Motiv, nicht für den Angeklagten Z..
dd.) Keine weiteren Motive des Angeklagten Z. ersichtlich
313
Soweit der Angeklagte G. in seiner Einlassungserklärung als angebliches Motiv des Angeklagten Z. angegeben hat, dieser habe den Geschädigten nicht leiden können, weil J. sich ihm gegenüber damit gebrüstet habe, dass er aufgrund seiner Arbeit während seiner letzten Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt … Zugang zu den Akten der Gefangenen gehabt habe und die Personalakten der Gefangenen gelesen habe, haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme hierfür keine Anhaltspunkte ergeben. Vielmehr hat der Zeuge S., der den Geschädigten von dort kannte, glaubhaft erklärt, J. habe zu keiner Zeit behauptet oder sich gar damit gebrüstet, Einblick in die Personalakten der Gefangenen gehabt zu haben.
314
Für das in der Einlassungserklärung des Angeklagten G. weiter genannte angebliche Motiv des Angeklagten Z., nämlich J. aus Rache verprügelt zu haben, weil dieser mit einer früheren Zeugenaussage dazu beigetragen habe, einen Mann mit Spitznamen „P.“, bei dem es sich um einen Freund des Angeklagten Z. gehandelt haben soll, ins Gefängnis zu bringen, ergaben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte.
315
Ein „aktuelles“ Motiv des Angeklagten Z. war ebenfalls nicht ersichtlich, da der Geschädigte bereits Stunden zuvor von seinem letzten Einkauf vom Lidl in … zurückgekehrt war und somit eine mögliche „Bestrafung“ für dessen wirkliche oder vermeintliche Unpünktlichkeit Stunden später eher fernliegend erscheint.
ee.) Mögliche Hinweise auf eine Täterschaft des Angeklagten Z.
316
Die Kammer hat bei ihrer Entscheidungsfindung nicht verkannt, dass es durchaus Hinweise auf eine mögliche Täterschaft des Angeklagten Z. gibt:
- So haben beide Angeklagten in ihren ersten Vernehmungen überstimmend angegeben, dass sie den Geschädigten noch in der Nacht, bevor sie selbst schlafen gegangen seien, zusammen in das Schlafzimmer des M. gebracht und dort auf die Matratze gelegt hätten.
317
Dies spricht jedenfalls für eine Absprache zwischen den beiden Angeklagten (wie sie der Angeklagte G. in seiner Einlassungserklärung für alle in der Wohnung Anwesenden behauptet, was sich aber ebenfalls nicht bestätigt hat), weil es nicht der Wahrheit entspricht. So haben sich die beiden Angeklagten mittlerweile in der Hauptverhandlung übereinstimmend dahingehend eingelassen, den Leichnam des Geschädigten erst am Morgen des 09.12.2020 ins Schlafzimmer gebracht zu haben, was sich mit den vollumfänglich glaubhaften Angaben des Zeugen R. deckt. Denn Letzterer hat angegeben, er habe auf der Matratze im Schlafzimmer genächtigt, ohne dass der Geschädigte neben ihm gelegen habe und außerdem erklärt, dass er die Wohnung des M. nach seinem Erwachen am Morgen des 09.12.2020 gegen 8 Uhr morgens verlassen habe ohne die beiden Angeklagten bzw. den Geschädigten gesehen zu haben, weil zu dieser Zeit die Wohnzimmertüre noch geschlossen gewesen sei.
- Auch der Umstand, dass der Angeklagte Z. dem Angeklagten G. überhaupt behilflich war, den Leichnam des Geschädigten ins Schlafzimmer zu transportieren, könnte für seine Tatbeteiligung sprechen.
- Schließlich hat der Angeklagte Z. die Unwahrheit gesagt, indem er in seiner Vernehmung gegenüber KHK K. behauptet hat, man habe nicht über die Tat zum Nachteil J.s gesprochen. Tatsächlich ergab jedoch die von der Zeugin TA N. bzw. dem Zeugen TB T. in digitalforensischer Hinsicht und die vom Zeugen KHK K. inhaltlich getätigten Auswertungen der vom Angeklagten Z. und vom Angeklagten G. bei ihrer jeweiligen Festnahme genutzten Mobiltelefone, dass der Angeklagte Z. mit dem Angeklagten G. am Morgen des 13.01.2021, also nur Stunden vor dem Vorfall beim …, knapp 20 Minuten lang telefonierte, während die insgesamt nur 3 weiteren, im Anrufprotokoll des Mobiltelefons gespeicherten Anrufe des Angeklagten Z. beim Angeklagten G. im Zeitraum vom 12.01.2021 bis einschließlich 18.01.2021 nur eine Länge von wenigen Sekunden bzw. maximal 5:38 Minuten haben, wie der Zeuge KHK K. weiter berichtete.
318
Der Kammer erscheint nicht vorstellbar, dass es in diesem langen Gespräch, zu dem sich die beiden Angeklagten nicht geäußert haben, über etwas anderes als den Tod des J. oder die Tatsache, dass der Angeklagte G. Dritten gegenüber den Angeklagten Z. der Tat bezichtigte, gegangen sein könnte.
319
Soweit jedoch die vorgenannten Umstände eine Täterschaft des Angeklagten Z. als möglich erscheinen lassen, sprechen sie damit nicht gegen die Alleintäterschaft des Angeklagten G..
h.) Weitere Umstände, die die Kammer in ihre Urteilsfindung miteinbezogen hat
aa.) Keine DNA-Spuren, die zu einer Überführung des Angeklagten G. oder des Angeklagten Z. beitragen
320
Die Kammer hat bei ihrer Urteilsfindung nicht außer Acht gelassen, dass biologisches Spurenmaterial, das zu einer Überführung des Angeklagten G. – oder auch des Angeklagten Z. – hätte beitragen können, nicht gefunden werden konnte.
321
So hat die äußerst kompetente und der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren bekannte Sachverständige Prof. Dr. A. vom Institut für Rechtsmedizin der …, die die molekulargenetische Untersuchung der Mundhöhlenabstriche der beiden Angeklagten, der Zeugen M. und R. sowie der P. und ihres ehemaligen Lebensgefährten, des Zeugen R., ebenso wie die von der Zeugin KHKin F. an der Kleidung (Spurenkomplex 2.2.x) und dem Leichnam des Geschädigten (Spurenkomplex 2.3.x) gesicherten Spuren vorgenommen hat, erklärt, dass sie in Letzteren (Spurenkomplex 2.3.x) überwiegend nur höchst komplexe Mischspuren vorgefunden habe, die wenigstens auf 3, z. T. auf mindestens 5 Verursacher zurückzuführen und bei denen eine oder mehrere der Vergleichspersonen (mit Ausnahme des Zeugen R., dessen DNA-Merkmale sie in keiner der Spuren vorgefunden habe) als Verursacher nicht auszuschließen gewesen seien.
322
Soweit die Sachverständige Prof. Dr. A.
- in der auf mindestens 3 Verursacher zurückzuführenden Mischspur Nr. 2.3.7 (von der rechten Handinnenfläche des Geschädigten) als Hauptkomponente die DNA-Merkmale des Angeklagten Z. und als weitere reproduzierbare Merkmale zusätzlich die des Angeklagten G. vorgefunden hat,
- bei den auf mindestens 3 bzw. 4 Verursacher zurückzuführenden Mischspuren Nr. 2.3.8 (vom linken Handrücken des Geschädigten) und Nr. 2.3.20 (vom Mittelfinger seiner linken Hand) den Angeklagten Z. als Mitverursacher nicht ausschließen konnte,
- bei der auf mindestens 4 Verursacher zurückzuführenden Mischspur Nr. 2.3.9 (von der linken Handinnenfläche des Geschädigten) und der auf mindestens 3 Verursacher zurückzuführenden Mischspur Nr. 2.3.3 jeweils den Angeklagten Z. und den Zeugen R. als Mitverursacher nicht ausschließen konnte und
- bei der auf mindestens 4 Verursacher zurückzuführenden Mischspur Nr. 2.3.4 (vom Hämatom an der linken seitlichen Rumpfpartie) den Zeugen R. als Verursacher nicht ausschließen konnte, hat die Kammer dem keine Bedeutung beigemessen.
323
Denn sämtliche auf die beiden Angeklagten hinweisenden Spuren sind unschwer damit zu erklären, dass sie den Leichnam des Geschädigten am Morgen des 09.12.2020 vom Wohnzimmer auf die Matratze im Schlafzimmer des Zeugen M. gezogen haben. Die auf den Zeugen R. hinweisenden Spuren dagegen sind, wie die Sachverständige Prof. Dr. A. der Kammer bestätigte, ohne weiteres mit einer Spurübertragung zu erklären, weil der Leichnam des Geschädigten, dessen Rumpf zum großen Teil und auch im Bereich des Hämatoms entblößt war, auf die Matratze gezogen wurde, auf der die Tage und Wochen zuvor der Zeuge R. genächtigt hatte.
324
Soweit die Sachverständige Prof. Dr. A. darüber hinaus in den an der Kleidung des Geschädigten sichergestellten Spuren DNA-Merkmale aufgefunden hat, die auf die beiden Angeklagten, den Zeugen R. oder den Zeugen M. hinweisen, hat die Kammer dem ebenfalls keine Bedeutung beigemessen, weil der Geschädigte mit diesen zusammen in den Tagen und Wochen vor seinem Tod einen nicht unerheblichen Teil seiner Zeit in der Wohnung des Zeugen M. verbrachte und somit diese Spuren sämtlich auch berechtigt gesetzt worden sein können.
325
Andererseits schließt die Tatsache, dass aussagekräftiges biologisches Spurenmaterial des Angeklagten G. am Leichnam des Geschädigten nicht aufgefunden wurde, seine Täterschaft auch keinesfalls aus.
bb.) Ergebnisse des Untersuchungsberichts aus dem Bereich Schuhspuren
326
Eine Untersuchung des Anoraks (Spur Nr. 2.2.1), des Strick-Pullovers (Spur Nr. 2.2.3) und des T-Shirts (Spur Nr. 2.2.4), mit denen der Leichnam des Geschädigten bei seiner Auffindung bekleidet war, auf Schuhlaufflächen-Abdruckspuren ergab, wie die Zeugin KHKin F. der Kammer vermittelte, ebenfalls keine auf die Täterschaft des Angeklagten G. – oder auch des Angeklagten Z. – hinweisenden Spuren.
327
Festzuhalten ist jedoch, dass ein Fehlen solcher Spuren nicht bedeutet, dass der Geschädigte nicht vom Angeklagten G. getreten wurde.
cc.) Spurensicherung an den Angeklagten
328
Schließlich konnte auch die Zeugin KHKin M., wie sie glaubhaft berichtete, bei der Spurensicherung am Angeklagten G. am 09.12.2020 ab 19:18 Uhr außer eines kleinen kratzerartigen Hautdefekts am rechten Handrücken keine Auffälligkeiten feststellen, wovon sich die Kammer zusätzlich anhand der von ihr gefertigten Lichtbilder, welche mit den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen wurden, überzeugte.
329
Die Hände des Angeklagten Z., an dem die Zeugin KHKin M. die Spurensicherung am 11.12.2020 durchführte, wiesen dagegen überhaupt keine frischen Verletzungen auf.
330
Aufgrund des kleinen Kratzers am Handrücken des Angeklagten G. hat die Kammer keine für ihn nachteiligen Schlüsse gezogen. Andererseits bedeutet das Nichtvorhandensein weiterer, massiverer Verletzungen an seinen Händen auch nicht, dass der Angeklagte G. als Täter ausgeschlossen wäre.
331
Insgesamt ist die Kammer überzeugt, dass dem Geschädigten die tödlichen Verletzungen an seiner linken seitlichen Rumpfpartie, die nicht Folge eines Sturzgeschehens sind, ebenso wie die massiven, von einem Würgevorgang herrührenden Verletzungen an den Halsweichteilen, etwa im Zeitraum vom 08.12.2020, ca. 23 Uhr, bis zu den frühen Morgenstunden (maximal 60 Minuten vor seinem Tod) in der Wohnung des Zeugen M. von dritter Hand zugefügt wurden. Nach seinen Selbstbezichtigungen gegenüber den Zeugen R. und W. bzw. gegenüber P. (in Anwesenheit des Zeugen R.) war es der Angeklagte G., der für den Tod des Geschädigten allein verantwortlich war. Dabei ist aus Sicht der Kammer unerheblich, dass der Angeklagte G. Dritten gegenüber quasi beschönigend nur davon gesprochen hat, dass er den Geschädigten geschlagen bzw. getreten, nicht aber davon, dass er ihn gewürgt habe. Denn mit der Angabe der letztgenannten Tathandlung hätte er diesen gegenüber seine Verantwortlichkeit für dessen Tod unumstößlich eingeräumt, was er aber nicht wollte, wie seine Einschränkung im Gespräch mit dem Zeugen R. belegt („Er sei sich nicht zu 100 Prozent sicher, denke aber, dass er „das“ gemacht habe.“)
332
Die Kammer hat bei ihrer Urteilsfindung nicht verkannt, dass es außer den Selbstbezichtigungen des Angeklagten G. und den weiter vorstehend genannten Indizien keine objektiven Beweismittel gibt, die zu einer Überführung des Angeklagten G. hätten beitragen können. Es ist aber weder ein Grund ersichtlich noch wurde ein solcher vorgetragen, warum sich der Angeklagte G. zu Unrecht selbst der Tat bezichtigen sollte.
7.) Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten G.
333
Bei den Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten G. ließ sich die Kammer erneut vom rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. P. sowie vom psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. beraten.
a.) Feststellungen zur Blutalkoholkonzentration
aa.) Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. med. P.
334
Prof. Dr. med. P. erläuterte, dass unter Zugrundelegung seiner Einlassung in der Hauptverhandlung und der Angaben des Zeugen R. der Angeklagte G. am Nachmittag und Abend des 08.12.2020 ca. 700 ml, d.h. 1 Flasche Wodka mit einem Volumenalkoholgehalt von ca. 40% sowie 2 bis 3 Halbe Bier zu sich genommen habe, was einer Menge von ca. 281 g Alkohol (221 g + 60 g) entspreche.
335
Diese ca. 281 g Alkohol, verteilt auf sein reduziertes Körpergewicht von 44,8 kg, entsprächen bei einem Resorptionsfaktor von 0,7 einer Blutalkoholkonzentration von 6,27 ‰, von der wiederum das Resorptionsdefizit, das zwischen 10% und 30% anzusetzen sei, in Abzug zu bringen sei. Abhängig hiervon ergebe sich eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 4,39 ‰ (bei Annahme eines Resorptionsdefizits von 30%), maximal 5,64 ‰ (bei Annahme eines Resorptionsdefizits von 10%) und wahrscheinlich 5,37 ‰ (bei Annahme eines Resorptionsdefizits von 10% für den Alkohol aus dem Wodka und 30% für den Alkohol aus dem Bier). Berücksichtige man wiederum die üblichen Abbauraten von maximal 0,2 ‰/h, wahrscheinlich 0,15 ‰/h und mindestens 0,1 ‰/h über einen Zeitraum von 12 Stunden, nämlich von 12 Uhr mittags bis zu einer angenommenen Tatzeit um 24 Uhr, habe sich die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten G. durch den in der Wohnung des Zeugen M. konsumierten Alkohol mindestens um 1,99 ‰ (4,39 ‰ – 2,4 ‰), wahrscheinlich um 3,57 ‰ (5,37 ‰ -1,8 ‰) und maximal um 4,44 ‰ (5,64 ‰ – 1,2 ‰) erhöht.
336
Dabei handele es sich jedoch, wie der Sachverständige betonte, um eine Beispielrechnung zur Ermittlung der Größenordnung der beim Angeklagten G. in etwa anzunehmenden Blutalkoholkonzentration, da weder das Ausmaß seiner Alkoholisierung vom Vortag bzw. vom Vormittag des 08.12.2020 noch die genaue Tatzeit bekannt seien. Insgesamt sehe er daher keinen Anlass, von seiner Einschätzung, dass der Angeklagte G. durchgehend und auch bei der Tat zum Nachteil des J. eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 2 bis zu etwa 4 ‰ aufgewiesen habe, Abstand zu nehmen.
bb.) Bewertung der Kammer
337
Die Kammer hat sich den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. med. P. auch vollumfänglich angeschlossen, soweit er sich zur Alkoholisierung des Angeklagten G. bei der Tat zum Nachteil des J. geäußert hat, wobei der Sachverständige erneut von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist.
338
Denn der Zeuge R. hat zu den in der Wohnung des Zeugen M. ab dem Nachmittag konsumierten Trinkmengen wiederum vollumfänglich glaubhaft angegeben, dass sie zu fünft zusammen 5 Flaschen Wodka à 0,7 l konsumiert hätten, von denen jeder etwa gleich viel getrunken habe; außerdem sei auch Bier konsumiert worden. Deshalb hat die Kammer im Hinblick auf den gemeinsamen Wodkakonsum in der Wohnung des M. den Feststellungen diese Angaben zugrunde gelegt und nicht die vom Angeklagten G. geschilderten Trinkmengen (ab dem Nachmittag zusammen mit den anderen 5 bis 6 Flaschen Wodka à 0,7 l und er selbst noch 2 bis 3 Halbe Bier dazu, wobei er auch schon um 9 oder 10 Uhr vormittags eine 0,7 l Flasche Wodka getrunken, allerdings in anderer Gesellschaft). Denn der Angeklagte G. hat – wie bei den Angaben seiner gewöhnlichen täglichen Trinkmenge – auch seinen Alkoholkonsum am Tattag übertrieben dargestellt. Im Hinblick auf den von ihm geschilderten zusätzlichen Konsum von 2 bis 3 Halben Bier, den der Zeuge R. grundsätzlich bestätigt hat, ist die Kammer dagegen der Einlassung des Angeklagten gefolgt.
339
Im Einklang mit dem rechtsmedizinischen Sachverständigen sieht jedoch auch die Kammer keinen Anlass, von seiner Einschätzung zur sinuswellenarten schwankenden Blutalkoholkonzentration abzuweichen, weil eine genaue Tatzeit nicht bekannt ist und der Angeklagte G. gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. angegeben hat, an diesem Tag sei er nicht mehr und nicht weniger alkoholisiert gewesen als sonst auch.
b.) Expertise des Sachverständigen Dr. med. L.
340
Basierend auf den vorstehend unter lit. E. Ziff. V. 2. b. aa. dargestellten Anknüpfungstatsachen einschließlich der vorstehend dargestellten Expertise des Sachverständigen Prof. Dr. med. P. bestätigte der Sachverständige für den Angeklagten G. seine Diagnose einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) sowie einer akuten Alkoholintoxikation (ICD-10: F10.0) auch bei der Tat zum Nachteil des J.. Im Hinblick auf die Eifersucht des Angeklagten G. als mitbestimmendes Tatmotiv diskutierte Dr. med. L. zudem die Diagnose eines „alkoholbedingten Eifersuchtswahns“, einer psychotischen Störung infolge übermäßigen Alkoholkonsums, verwarf diese aber mit der Begründung, dass nach den Angaben der Zeugin P., die 10 Jahre mit dem Angeklagten G. in einer Beziehung gelebt habe, dieser in nüchternem Zustand nicht eifersüchtig gewesen und seine Eifersucht in alkoholisiertem Zustand nicht auf bestimmte Personen bezogen gewesen sei.
341
Erneut bejahte Dr. med. L. aufgrund der extrem hohen BAK-Werts bis etwa 4 ‰ aus forensisch-psychiatrischer Sicht das Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung i. S. d. § 20 StGB, verneinte aber eine „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ infolge eines Affekts.
342
Insoweit führte er zu den hierzu entwickelten Positivkriterien (d.h. Kriterien, die für die Annahme einer Affekttat sprechen) aus, dass zwischen dem Angeklagten G. und dem Geschädigten nach den Schilderungen des Zeugen B. durchaus ein chronischer Konflikt vorgelegen habe. Zudem sei die erhebliche Alkoholisierung des Angeklagten G. als konstellativer, die Auslösung der Tat begünstigender Faktor anzusehen. Dagegen könne er keinen Auslöser für die Tatbegehung erkennen, weil der Angeklagte G. diesbezüglich an der Exploration nicht mitgewirkt habe. Soweit der Zeuge W. diesbezüglich angegeben habe, dass der Geschädigte P. einmal Blumen geschenkt habe, sei der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auslöser und der Tatbegehung nicht herzustellen. Eine asthenische oder labile Persönlichkeit als prädisponierendes Merkmal könne er beim Angeklagten G. ebenfalls nicht feststellen. Auch könne er den für eine Affekttat typischen Ablauf, wonach einem rechtwinkligen, d.h. raptusartigen Affektaufbau ein zeitlich sehr kurzes Plateau von unter einer Minute folge, während dessen die Tathandlung stattfinde, und dieses wiederum gefolgt sei von einem raschen Affektabbau, in der vorliegenden Tat nicht feststellen. Denn von einem impulsiven Bild des Tatgeschehens bzw. einer abrupten Tathandlung sei nicht auszugehen, weil nach der Expertise des rechtsmedizinischen Sachverständigen auf mindestens zwei verschiedene Körperbereiche eingewirkt worden sei.
343
Ebenso wenig habe er Hinweise auf eine Erschütterung oder ein Zusammenbrechen des Angeklagten G. nach der Tat als typisches Folgeverhalten. Betrachte man weiter das Verhältnis zwischen dem Tatanlass und der Reaktion, sei festzustellen, dass ein unter Umständen schon länger zurückliegendes Blumengeschenk schon keinen adäquaten Stimulus für die Auslösung einer Affekttat darstelle. Ob als weitere in Literatur und Lehre als Positivmerkmale diskutierte Umstände die Persönlichkeitsfremdheit der Tat sowie eine Störung der Sinn- und Erlebniskontinuität zu prüfen sei, sei umstritten. Er sehe davon ab, weil gerade Tötungsdelikte regelmäßig als persönlichkeitsfremd und das Merkmal damit als obsolet anzusehen sei.
344
Damit sei festzustellen, so Dr. med. L., dass trotz der verbleibenden, auf die mangelnde Explorationsbereitschaft des Angeklagten G. zurückzuführenden Unschärfen, wesentliche positive Aspekte impulsiven Handelns nicht erfüllt seien.
345
Im Hinblick auf die sogenannten Negativmerkmale (d.h. Faktoren, die eher gegen die Annahme einer Affekttat sprechen) führte Dr. med. L. sodann aus, dass zwar eine Vorbereitung der Tat nicht ersichtlich sei, jedoch die Tatsituation jedenfalls eher vom Angeklagten G. als vom Geschädigten konstelliert worden sei, da dieser von den beiden Angeklagten als Laufbursche verwendet worden sei und sich damit nicht nur zufällig in der Wohnung des M. befunden habe. Auch lasse das Verletzungsmuster an den Halsweichteilen einerseits und der linken seitlichen Rumpfpartie andererseits den Schluss auf einen zielgerichteten Ablauf zu, weil dessen Herbeiführung aus neurologischer Sicht mindestens einen weiteren Zwischenschritt erfordere und somit nicht mehr als nur „affektgesteuert“ anzusehen sei. Gegen die Annahme einer Affekttat spreche zuletzt die vom Zeugen W. berichtete Äußerung des Angeklagten G. „niemand wird meiner Frau B2. schenken“, mit der er seine Tat positiv kommentiert habe.
346
Insgesamt, so der Sachverständige, sei damit aus forensisch-psychiatrischer Sicht eine Affekttat nicht anzunehmen und damit auch das Eingangsmerkmal einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung zu verneinen.
cc.) Auswirkungen auf die Tat
347
Sodann führte Dr. med. L. aus, dass die Auswirkungen der Alkoholintoxikation bis etwa 4 ‰ des Angeklagten G. auf seine Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat zum Nachteil des J. anhand der Achsensyndrome nach Kröber auf Auffälligkeiten in den Bereichen Neurologie, Kognition, Verhalten und Affekt zu untersuchen sei.
348
Insoweit wies der Sachverständige darauf hin, dass der Angeklagte G. in der Hauptverhandlung zu seinen alkoholbedingten Beeinträchtigungen am Abend des 08.12.2020 angegeben habe, Schwierigkeiten beim Stehen und Gehen, insbesondere beim Geradeauslaufen gehabt zu haben und sich auf dem geraden Weg vom Wohnzimmer zur Toilette gegenüber an den Türzargen habe festhalten müssen. Auch das Aufstehen von der Couch sei schwierig gewesen. Hingefallen sei er nach seinen Angaben jedoch nicht; auch habe er zu jeder Zeit gewusst, wo er sich befunden habe und sei noch in der Lage gewesen, die Regeln des gemeinsamen Kartenspiels zu befolgten und habe gewusst, mit wem er gespielt habe.
349
Die Zeugen R. und W. hätten lediglich Auffälligkeiten im Affekt des Angeklagten G. geschildert. So habe der Zeuge R. berichtet, dass ihm Schwierigkeiten des Angeklagten G. beim Laufen an diesem Abend nicht aufgefallen seien, weil dieser die meiste Zeit gesessen sei, jedoch erklärt, dass der Angeklagte G., wenn er viel getrunken habe, sehr eifersüchtig auf P. sei, während der Zeuge W. angegeben habe, dass der Angeklagte G. sehr aggressiv sei, wenn er getrunken habe.
350
Auch die Zeugen KHK Z. und KHK S. hätten im Wesentlichen lediglich von Auffälligkeiten im Affekt bei der Vernehmung des Angeklagten G. vom 16.12.2020, berichtet, vor der er immerhin eine AAK von 1,98 mg/l aufgewiesen habe.
351
Insgesamt könne er, so der Sachverständige Dr. med. L., weder den Angaben des Angeklagten G. selbst noch den Angaben der Zeugen besondere psychopathologische Ausfallerscheinungen in den Bereichen Neurologie, Verhalten und Kognition entnehmen, sondern lediglich Auffälligkeiten im Bereich des Affekts. Jedoch könne er in Zusammenschau dieser Auffälligkeiten mit der sehr hohen Alkoholisierung des Angeklagten und des Umstands, dass im Verlauf des Abends auch noch ein weiterer Auslöser zum Aufschießen seiner Eifersucht beigetragen haben könnte, im Ergebnis nicht ausschließen, dass seine Steuerungsfähigkeit – wie auch schon bei der Tat zum Nachteil des B. – bei Begehung der Tat erheblich vermindert i. S. d. § 21 StGB gewesen sei.
352
Anhaltspunkte, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten oder gar seine Einsichtsfähigkeit vollständig aufgehoben gewesen wäre, habe er dagegen nicht.
353
Im Hinblick auf die für den Angeklagten G. zur Tatzeit gestellten Diagnosen bzw. der Verneinung eines „alkoholbedingten Eifersuchtswahns“ hat sich die Kammer den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen erneut angeschlossen und sich diese uneingeschränkt zu eigen gemacht.
354
Ebenso bejaht die Kammer bei der vorzunehmenden normativ-rechtlicher Bewertung auch bei der Tat zum Nachteil des J. das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung aufgrund seiner akuter Alkoholintoxikation mit einer BAK bis etwa 4 ‰.
355
Eine „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ infolge eines Affekts hat die Kammer dagegen ebenso verneint wie der Sachverständige Dr. med. L., dessen überzeugenden und ausführlichen Ausführungen insoweit nichts hinzuzufügen ist.
356
Im Hinblick auf die Auswirkungen der akuten Alkoholintoxikation auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten G. ist festzustellen, dass die Tat zum Nachteil des J. neben seiner „allgemeinen“ Aggressivität unter der auch für ihn hohen Alkoholisierung bis etwa 4 ‰, von der die Zeugen KHK Z., KHK S. und W. berichtet haben, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zusätzlich durch seine Eifersucht mitbedingt war, die sich nach den Schilderungen der Zeugen R. und P. beim Angeklagten G. ausschließlich in alkoholisiertem Zustand (P.) bzw. stark alkoholisiertem Zustand (R.) zeigt.
357
Zusammen mit der enthemmenden, die Steuerungsfähigkeit tangierenden Wirkung des Alkohols kann damit bei normativ-rechtlicher Bewertung eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten G. aufgrund seiner akuten Alkoholintoxikation (ICD-10: F10.0) – erneut unabhängig von einer etwa noch zusätzlich zu berücksichtigenden … – noch weniger ausgeschlossen werden als bei der Tat zum Nachteil des Zeugen B..
358
Dagegen ergaben sich auch für die Kammer keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten (oder gar seine Einsichtsfähigkeit) bei der Tat zum Nachteil des J. vollständig aufgehoben gewesen sein könnte.
8.) Feststellungen zum Nachtatverhalten
359
Der Feststellung, wonach der Körper des Verstorbenen von den beiden Angeklagten am Morgen des 09.12.2020 auf die Matratze im Schlafzimmer gezogen wurde, nachdem der Angeklagte Z. dessen Tod festgestellt hatte, liegen in erster Linie ihre insoweit glaubhaften Einlassungen zugrunde, die sich mit dem Eindruck der Zeugen Dr. Do. und H. decken, wonach der Körper des Geschädigten von D. auf die Matratze gezogen worden sei (wobei die beiden Angeklagten keine Angaben dazu gemacht haben, warum der Leichnam zusätzlich noch unter Bettzeug versteckt wurde). Die weitere Feststellung, wonach der Körper des Geschädigten nach draußen verbracht werden sollte, um ihn dort auf eine Parkbank zu setzen und er deshalb mit seinem Anorak bekleidet wurde, beruht ebenfalls auf den Angaben des Angeklagten G.. Diese hat die Kammer insoweit für glaubhaft gehalten, weil damit schlüssig erklärt ist, warum der Leichnam J.s, obwohl sich dieser in den Stunden vor seinem Tod in der Wohnung des Zeugen M. aufgehalten hatte, mit seinem Anorak bekleidet war.
360
Entgegen der Einlassung des Angeklagten G. erfolgten die vorgenannten Handlungen jedoch nicht in Anwesenheit des Zeugen R., da dieser nach seinen vollumfänglich glaubhaften Angaben zu diesem Zeitpunkt die Wohnung des Zeugen M. bereits verlassen hatte.
361
Die Feststellung, wonach es der Angeklagte Z. war, der die Integrierte Leitstelle von einer nahe gelegenen Telefonzelle aus verständigte, beruhen auf seinen Angaben, die so vom Zeugen KHK K., der die aufgezeichnete Audiodatei des Notrufs im Rahmen seiner Ermittlungen abhörte, bestätigt wurden.
I.) Gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des B.
362
Durch die Tat zum Nachteil des B. haben sich die Angeklagten G. und Z. der gefährlichen Körperverletzung strafbar gemacht, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 25 Abs. 2 StGB, weil sie diesen gemeinschaftlich sowohl körperlich misshandelt als auch an seiner Gesundheit geschädigt haben.
363
Dabei ergibt sich der gemeinschaftliche Tatentschluss (der zur Verwirklichung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB noch nicht einmal zwingend erforderlich ist) daraus, dass der Angeklagte G. unmittelbar nachdem der Angeklagte Z. den Geschädigten B. zu Boden geschlagen hat, sich an dessen Fußtritten gegen den Rücken des Geschädigten beteiligt hat bzw. der Angeklagte Z. seine Fußtritte fortsetzte (Fall der sukzessiven Mittäterschaft), weil die beiden Angeklagten dabei in Kenntnis der jeweiligen Tatbeiträge des anderen handelten und diese als Teil der nunmehr gemeinschaftlichen Tatausführung gebilligt haben.
II.) Totschlag zum Nachteil des J.
364
Indem der Angeklagte G. auf die seitliche linke Rumpfpartie des Geschädigten J. mit massiver, jedoch im Einzelnen nicht näher zu bestimmender stumpfer Gewalt – sei es durch einen oder mehrere massive Faustschläge oder durch einen oder mehrere massive Fußtritte – einwirkte und hierdurch u.a. mehrfache Rupturen an dessen Milz verursachte, so dass der Geschädigte aufgrund der dadurch verursachten massiven Blutung in seine freie Bauchhöhle ein tödliches Herz-Kreislauf-Versagen erlitt, hat er den objektiven Tatbestand des Totschlags verwirklicht.
365
Dabei hat der Angeklagte G. zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt, d.h. die tödlichen Folgen seiner gegen den Geschädigten gerichteten Verletzungshandlungen zumindest billigend in Kauf genommen. Ohnehin liegt nach der Rechtsprechung bei derart extrem gefährlichen Gewalthandlungen, wie sie der Angeklagte G. hier verwirklicht hat, nämlich die massive, nicht näher zu bestimmende stumpfe Gewalt gegen dessen linke seitliche Rumpfpartie, die auch zu einer Rippenserienfraktur von immerhin 4 Rippen führte, und zudem mit einer massiven, umschriebenen, flächenhaften stumpfen Gewalteinwirkung gegen den Hals im Sinne eines Würgens einherging, das zu den vorstehend unter lit. D. Ziff. II. 3. dargestellten Verletzungen an den Halsweichteilen sowie der Einblutung am linken großen Kopfnickermuskel des Geschädigten führte, die Annahme bedingten Vorsatzes nahe. Im Hinblick auf das Wissenselement des bedingten Vorsatzes hat die Kammer zudem geprüft, ob dem Angeklagten G. nach seinem Vorstellungsbild bewusst war, dass seine gegen den Geschädigten gerichteten Gewalthandlungen geeignet waren, dessen Tod herbeizuführen. Diesbezüglich hat die Kammer vorsatzkritisch die erhebliche Alkoholisierung des Angeklagten G. bedacht, ist aber zu dem Schluss gekommen, dass diese ohne Auswirkungen auf das Wissenselement des bedingten Vorsatzes geblieben ist. Denn nach der Expertise des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. P., der sich die Kammer vollumfänglich angeschlossen hat, muss es angesichts der mit der ausgeprägten Alkoholgewöhnung des Angeklagten G. einhergehenden Toleranzentwicklung, wie sie durch die von ihm erreichten Intoxikationsspitzen von etwa 4 ‰, ggf. auch darüber (bei der Tat vom 14.01.2020, Ziffer 4 des BZR) belegt ist, keinesfalls zu wesentlichen Störungen seiner kognitiven Leistungsfähigkeit gekommen sein. Dass dies tatsächlich auch nicht der Fall war, belegen die Angaben der Zeugen KHK Z. und KHK S., aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte G. in seiner Vernehmung vom 16.12.2020 Fragen durchgehend adäquat beantwortete und mit ihm ein strukturiertes Gespräch ohne weiteres möglich war (KHK Z.) bzw. an seiner Vernehmungsfähigkeit keinerlei Zweifel bestand (KHK S.), und das, obwohl der Angeklagte bei dieser Vernehmung mit 1,98 mg/l, also ebenfalls etwa 4 ‰, alkoholintoxikiert war. Die Kammer hat somit keinen Anlass anzunehmen, dass der Angeklagte, der im Rahmen seiner Explorationen gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. med. L. zudem angegeben hat, er sei am 08.12.2020 genauso alkoholisiert gewesen wie sonst auch, bei Begehung der Tat zum Nachteil des J. trotz erhaltener Einsichtsfähigkeit kognitiv so beeinträchtigt gewesen sein könnte, dass er insbesondere die Lebensgefährlichkeit seines massiven Würgevorgangs nicht erkannt haben könnte.
366
Weiter war im Hinblick auf das Wissenselement des bedingten Vorsatzes zu sehen, dass der Angeklagte G. beim Geschädigten nicht nur eines, sondern 2 Verletzungsareale geschaffen hat und J., wie seine minimalen Abwehrverletzungen belegen, seinen massiven Gewalteinwirkungen nichts entgegenzusetzen hatte, wobei Letzteres wiederum dem Angeklagten G., weil er kognitiv nicht eingeschränkt war, zur Überzeugung der Kammer auch nicht verborgen geblieben ist.
367
Angesichts der vorgenannten Umstände sprach damit auch nicht gegen die Annahme des Wissenselements des bedingten Vorsatzes, dass der Geschädigte auch bisher schon von seinen „Dienstherrn“, nicht ausschließbar auch dem Angeklagten G., geschlagen worden war, ohne dass dies zu seinem Tod geführt hätte, was die Kammer ebenfalls vorsatzkritisch bedacht hat.
368
Insgesamt besteht daher aus Sicht der Kammer keinerlei Zweifel, dass dem Angeklagten G. bewusst war, dass seine massiven Gewalthandlungen geeignet waren, den Tod des Geschädigten herbeizuführen.
369
Im Hinblick auf das voluntative Element des Vorsatzes hat die Kammer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorsatzkritisch geprüft, ob der Angeklagte, der sein gefährliches Handeln durchführte, obwohl er mit der Möglichkeit tödlicher Verletzungen rechnete, hierbei den Tod des Geschädigten billigend in Kauf genommen oder sich zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abgefunden hat bzw. ihm diese gleichgültig war. Dabei erfolgte die Bewertung auf Basis einer umfassenden Würdigung der objektiven und subjektiven Tatumstände, nämlich der konkreten Tatsituation und Angriffsweise, Lage und Abwehrmöglichkeit des Opfers, der psychischen Verfassung des Täters und seiner Motivation (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, 2 StR 531/10).
370
In diesem Zusammenhang hat die Kammer insbesondere vorsatzkritisch bedacht, dass dem kognitiv nicht eingeschränkten Angeklagten G. klar gewesen sein muss, zukünftig ohne seinen Laufburschen auskommen zu müssen, wenn er diesen erschlagen bzw. erwürgen werde und dass der Geschädigte auch bislang schon geschlagen wurde ohne hieran zu versterben. Angesichts der massiven Gewalteinwirkungen gegen den Geschädigten, für die die Eifersucht des Angeklagten G. jedenfalls mitursächlich war, und seiner erheblichen Alkoholisierung, aufgrund derer seine Steuerungsfähigkeit bei erhaltender Einsichtsfähigkeit nicht ausschließbar erheblich vermindert war und die jedenfalls im Sinne einer Enthemmung affektverstärkend wirkte bzw. ihn indifferent gegenüber Folgen der Tat werden ließ, ist die Kammer überzeugt, dass es dem Angeklagten G. zumindest gleichgültig war, ob der Geschädigte zu Tode kommen würde oder nicht.
371
Im Ergebnis hat sich der Angeklagte G. damit des Totschlags zum Nachteil des J. strafbar gemacht, § 212 Abs. 1 StGB.
372
Das Vorliegen von Mordmerkmalen konnte die Kammer dagegen nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen.
373
1.) Keine Heimtücke So konnte sich die Kammer nicht mit der für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit von einem heimtückischen Handeln des Angeklagten G. i. S. d. 211 Abs. 2 Var. 5 StGB überzeugen, weil dies vorausgesetzt hätte, dass der Angeklagte G. eine im Zeitpunkt des Beginns seines mit Tötungsvorsatz ausgeführten Angriffs bestehende Arg- und Wehrlosigkeit J.s bewusst zur Tatbegehung ausgenutzt hätte.
374
Dabei hätte J. zunächst zum Zeitpunkt des Beginns des gegen ihn vom Angeklagten G. mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem schweren oder doch erheblichen gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten Angriff gerechnet haben müssen.
375
Insoweit konnte die Kammer zwar feststellen, dass der Geschädigte nur unerhebliche Abwehrverletzungen aufwies, hatte aber dennoch Zweifel an seiner Arglosigkeit, weil er von den Angeklagten und möglicherweise auch vom Angeklagten G. jedenfalls nicht das erste Mal geschlagen wurde.
376
Vor allem aber konnte die Kammer keine konkreten Feststellungen dazu treffen, auf welche Weise der Angeklagte G., der nicht anders „bewaffnet“ war als der Geschädigte auch, nämlich mit Händen und Füßen, den Angriff auf diesen begonnen hat. Ebenso wenig konnte die Kammer mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit jede Möglichkeit ausschließen, bei der der Geschädigte nicht arglos gewesen wäre.
377
Auch der Umstand, dass in der Wohnung des Zeugen M. keine Spuren eines Kampfgeschehens festzustellen waren, trug nicht dazu bei, dass sich die Kammer von der Arglosigkeit des J. bei Beginn des gegen ihn vom Angeklagten G. mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs hätte überzeugen können. Denn feststeht, dass zum Zeitpunkt der Auffindung des Leichnams durch das Rettungspersonal (den Zeugen H., Dö. und Dr. Do.) als unbeteiligte Zeugen bereits eine „Manipulation“ des Tatortes durch die beiden Angeklagten stattgefunden hat, weil der Leichnam vom Versterbensort, sei es im Flur oder im Wohnzimmer der Wohnung des Zeugen M., ins Schlafzimmer und dort auf die am Boden liegende Matratze gezogen wurde. Weiter lag das Tatgeschehen zum Zeitpunkt der Entdeckung des Leichnams durch das Rettungspersonal (und damit auch bei der nachfolgenden Spurensicherung bzw. Tatortbefundaufnahme durch die Zeugin KHKin F.) bereits mehrere Stunden zurück, womit jedenfalls dem Angeklagten G. genug Zeit für weitere „Aufräumarbeiten“ verblieb. Dass solche stattgefunden haben, liegt aus Sicht der Kammer anhand des nach den Zeugen KHKin F. und KHK K. aufgeräumt wirkenden Zustands der im Übrigen schmutzig erscheinenden Wohnung des Zeugen M. nicht fern.
378
Selbst wenn die Kammer von der Arglosigkeit des Geschädigten ausgegangen wäre, hätte sie sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon überzeugen können, dass die Wehrlosigkeit des Geschädigten, der nur unerhebliche Abwehrverletzungen aufwies, auf seine Arglosigkeit zurückzuführen war. Vielmehr erscheint es der Kammer als nicht fernliegend, dass sich der Geschädigte schon deshalb nicht gewehrt und die massiven Gewalthandlungen des Angeklagten G. hingenommen hat, weil er als sein Laufbursche sozial noch unter ihm stand und sich zudem erhoffte, weiterhin an den für die beiden Angeklagten besorgten Alkoholika teilhaben zu dürfen.
2.) Keine niedrigen Beweggründe
379
Obwohl die Kammer zu der Überzeugung gelangt ist, dass mitursächlich für die Tat auch die Eifersucht des Angeklagten G. auf den Geschädigten war, konnte sie sich dennoch nicht davon überzeugen, dass er aus niedrigen Beweggründen i. S. d. § 211 Abs. 2, Var. 4 StGB gehandelt hat.
380
Dabei hat die Kammer die Frage, ob die Beweggründe des Angeklagten „niedrig“ waren, d.h. in deutlich weitreichenderem Maße als bei einem Totschlag verachtenswert erscheinen, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren bewertet, und dabei nicht außer Acht gelassen, dass es bei einer Tötung aus Wut, Ärger, Hass oder Rache usw. darauf ankommt, ob diese Antriebsregungen ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen (vgl. bspw. BGH, Beschluss vom 31.07.2018, 1 StR 260/18) und dass das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe auch bei spontanem Tatentschluss erfüllt sein kann.
381
Insoweit war jedoch zu beachten, dass bei mehreren Motiven dasjenige, das die Annahme eines niedrigen Beweggrundes begründen soll, das Bewusstseinsdominierende sein muss, wovon sich die Kammer bereits keine hinreichende Überzeugung bilden konnte. Ebenso wenig, wie die Kammer konkrete Feststellungen dazu treffen konnte, auf welche Weise der Angeklagte G. den Angriff auf den Geschädigten begonnen hat, konnte sie nämlich feststellen, was genau ihn ausgelöst hat bzw. auch nicht ausschließen, dass nicht noch zusätzlich ein weiterer, im Verlauf des Abends gesetzter Auslöser zum Aufschießen seiner Eifersucht beigetragen haben könnte. Hinweise darauf, dass der Angeklagte erst am Tatabend bzw. in der Tatnacht von dem Blumengeschenk des Geschädigten an P. erfahren hat, ergaben sich im Lauf der Beweisaufnahme jedenfalls nicht.
382
Doch selbst wenn Eifersucht des Angeklagten G., weil vollkommen unbegründet, objektiv als niedriger Beweggrund einzustufen wäre, müsste er, um das Mordmerkmal zu bejahen, zusätzlich auch noch die Umstände, welche die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachten, bei der Tatausführung in sein Bewusstsein aufgenommen haben und imstande gewesen sein, diese gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern, vgl. BGH, Beschluss vom 31.07.2018 – 1 StR 260/18 („subjektive Seite“ der niedrigen Beweggründe).
383
Insoweit mag der kognitiv trotz seiner erheblichen Alkoholisierung nicht beeinträchtigte Angeklagte G. bei der Tatausführung noch imstande gewesen sein zu erkennen, dass seine Eifersucht vollkommen unbegründet war und damit die Umstände, welche deren Einstufung als niedriger Beweggrund ausmachten, bei der Tatausführung in sein Bewusstsein aufgenommen haben. Aus Sicht der Kammer ist jedoch, auch wenn die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten G. „nur“ nicht ausschließbar erheblich vermindert, nicht aber aufgehoben war, davon auszugehen, dass der Angeklagte G. nicht imstande war, seine ausschließlich unter Alkohol auftretende Eifersucht trotz seiner erheblichen Alkoholisierung von etwa 4 ‰ und der damit einhergehenden Enthemmung gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern.
384
Die vom Angeklagten G. im Abstand von mehreren Wochen verwirklichten Tatbestände der gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB und des Totschlags gemäß § 212 Abs. 1 StGB stehen zueinander in Tatmehrheit, § 53 StGB.
G.) Strafzumessung betreffend den Angeklagten G.
I.) Gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des B.
385
Die Strafe für die gefährliche Körperverletzung hat die Kammer dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB entnommen.
1.) Kein minder schwerer Fall gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB
386
Denn auch wenn der Geschädigte B. selbst davon ausging, dass er wohl etwas gesagt habe, was dem Angeklagten Z. nicht gepasst habe – was, wusste er nicht –, bestehen damit noch keine Anhaltspunkte, dass eine Provokationslage i. S. d. § 213 StGB vorgelegen haben könnte.
387
Im Übrigen war bei Gesamtwürdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für einen minder schweren Fall nicht geboten, weil die strafmildernden Gesichtspunkte die strafschärfenden Umstände nicht überwogen haben.
a.) Ohne Berücksichtigung vertypter Strafmilderungsgründe
388
Dabei hat die Kammer in einem ersten Schritt geprüft, ob nicht bereits ohne Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB ein minder schwerer Fall gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB anzunehmen war, weil die allgemeinen zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte die strafschärfenden Umstände überwiegen.
389
Hier war zugunsten des Angeklagten G. insbesondere zu sehen, dass er aufgrund der aktuellen, durch die Corona-Pandemie bedingten Umstände in der Justizvollzugsanstalt und seiner noch unzureichenden Deutschkenntnisse besonders haftempfindlich war. Darüber hinaus war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass ihm im Verfahren … des Amtsgerichts Augsburg … ein Bewährungswiderruf droht.
390
Zu seinen Lasten war dagegen insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G. in einschlägiger, offener Bewährung gehandelt hat, wobei die zugrundeliegende Verurteilung zur Zeit der Tatbegehung erst etwa ein ¾-Jahr zurücklag, weniger dagegen die 3 weiteren Vorahndungen, weil es sich bei diesen um nur geringfügige, gegen das Eigentum bzw. die Ehre gerichtete Delikte handelt, die nur mit Geldstrafen geahndet wurden.
391
Gegen den Angeklagten G. sprach weiter die konkrete Art der Tatbegehung, da der Geschädigte B. während des größten Teil des Tatgeschehens wehrlos auf dem Boden lag.
392
Schließlich waren zulasten des Angeklagten G. insbesondere auch die nicht unerheblichen Folgen in Form der Rückenschmerzen zu berücksichtigen, die der Geschädigte B. durch die Tat erlitten hat, wobei die Kammer zu seinen Gunsten berücksichtigt hat, dass der Geschädigte B. vorher schon Rückenschmerzen hatte.
393
Nach Gesamtwürdigung und Abwägung hat die Kammer die Annahme eines minder schweren Falls verneint, weil bei wertender Betrachtungsweise die zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Umstände die strafschärfenden Aspekte in ihrer Gewichtung nicht überwogen haben.
b.) Unter Berücksichtigung des § 21 StGB als vertypten Strafmilderungsgrund
394
Sodann hat die Kammer geprüft, ob unter Berücksichtigung der nicht ausschließbar erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit von einem minder schweren Fall i. S. d. § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB auszugehen ist, dies aber unter erneuter Einbeziehung und Abwägungen der vorstehend unter lit. G. Ziff. II. 2. a. aufgeführten Erwägungen verneint.
395
Denn auch hier überwogen bei wertender Betrachtungsweise die zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Umstände die zu seinen Lasten sprechenden in ihrer Gewichtung nicht, so dass die Kammer insbesondere aufgrund Tatbegehung in einschlägiger, offener Bewährung aufgrund einer erst etwa ein ¾-Jahr zurückliegenden Verurteilung und der konkreten Art der Tatausführung (das mehrfache Eintreten auf einen wehrlos am Boden Liegenden), die Annahme eines minder schweren Falles auch unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB abgelehnt hat.
c.) Deliktsspezifische Erwägungen
396
Sodann hat die Kammer in einem letzten Schritt geprüft, ob nicht etwaige tatbestandsspezifische Besonderheiten mit in die Abwägung einzustellen sind. Jedoch weichen weder Tat noch die Täterpersönlichkeit des Angeklagten G. vom Durchschnitt erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommender Fälle der mit einem anderen gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung in einem so erheblichen Maße ab, dass deswegen die Annahme eines minder schweren Falls geboten wäre, zumal die Tat nach Ansicht der Kammer nicht von dem seitens des Gesetzgebers normierten Regelfall des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB derart abweicht, dass schon allein deswegen der hierfür vorgesehene Strafrahmen nicht angemessen wäre.
397
Somit haben weder die zugunsten des Angeklagten sprechenden Umstände noch deliktsspezifische Besonderheiten eine Gewichtung, die die Anwendung dieses Strafrahmens als unangemessen und die Annahme eines minder schweren Falles als angezeigt erscheinen ließe.
398
Der Kammer war bei der Entscheidung, welchem Strafrahmen die Strafe zu entnehmen ist, bewusst, dass sich für den Angeklagten G. der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB unter Umständen insoweit als ungünstiger erweisen könnte, als er hinsichtlich der Obergrenze ungünstiger ist als der Strafrahmen des minder schweren Falls gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB, der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB andererseits eine geringere Mindeststrafe enthält.
399
Gleichwohl konnte die Kammer nach sorgfältiger Gesamtwürdigung und -abwägung aller Umstände unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Tat und der Täterpersönlichkeit des Angeklagten G. keine hinreichend gewichtigen Gründe feststellen, aufgrund derer die vorliegende Tat vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle der mit einem anderen gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung derart abweicht, dass die Annahme eines minder schweren Falls gerechtfertigt wäre, nur weil Erwägungen der Günstigkeitsprüfung dies unter Umständen gebieten würden.
2.) Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB
400
Die Kammer hat aufgrund der (nicht ausschließbar) erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten G. von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Strafzumessungserwägungen erschien es der Kammer nach Abwägung der Gesamtumstände geboten, die Strafe dem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB zu entnehmen.
3.) Strafzumessung im engeren Sinn
401
Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten G. sprechenden Umstände, insbesondere der bei der Strafrahmenwahl genannten, insbesondere seiner nicht ausschließbar erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit sowie seiner besonderen Haftempfindlichkeit einerseits und der Tatbegehung in einschlägiger, offener Bewährung infolge einer zur Zeit der Tatbegehung erst etwa ein ¾-Jahr zurückliegenden Verurteilung andererseits, hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren 2 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.
II.) Totschlag zum Nachteil des J.
402
Die Strafe für den Totschlag hat die Kammer dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen.
1. Kein minder schwerer Fall gemäß § 213 StGB
403
Auch wenn sich im Rahmen der Beweisaufnahme keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben haben, dass eine Provokationslage i. S. d. § 213 StGB vorgelegen haben könnte, hat die Kammer dennoch geprüft, ob nicht nach den Gesamtumständen zunächst ohne Berücksichtigung vertypter Strafmilderungsgründe und dann unter deren Einbeziehung ein sonstiger minder schwerer Fall anzunehmen war.
a.) Ohne Berücksichtigung vertypter Strafmilderungsgründe
404
Dabei hat die Kammer in einem ersten Schritt geprüft, ob nicht bereits ohne Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB ein sonstiger minder schwerer Fall gemäß § 213 StGB anzunehmen war, weil die allgemeinen zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte die strafschärfenden Umstände überwiegen.
405
Hier war erneut zugunsten des Angeklagten G. insbesondere zu sehen, dass er aufgrund der aktuellen, durch die Corona-Pandemie bedingten Umstände in der Justizvollzugsanstalt und seiner noch unzureichenden Deutschkenntnisse besonders haftempfindlich war, ihm im Verfahren … des Amtsgerichts Augsburg … ein Bewährungswiderruf droht und er zumindest Dritten gegenüber seine Reue über die Tat kundgetan hat.
406
Zu seinen Lasten war dagegen wiederum zu berücksichtigen, dass der Angeklagte G. bei Begehung der Tat wegen eines gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteten und damit quasi einschlägigen Delikts unter offener Bewährung stand, wobei die zugrundeliegende Verurteilung zur Zeit der Tatbegehung erst etwa ein ¾-Jahr zurücklag, weniger dagegen wiederum die 3 weiteren Vorahndungen, weil es sich bei diesen um nur geringfügige, gegen das Eigentum bzw. die Ehre gerichtete Delikte handelt, die nur mit Geldstrafen geahndet wurden.
407
Nach Gesamtwürdigung und Abwägung hat die Kammer die Annahme eines minder schweren Falls verneint, weil bei wertender Betrachtungsweise die zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Umstände die strafschärfenden Aspekte in ihrer Gewichtung nicht überwogen haben. Insoweit hat die Kammer dem Umstand, dass der Angeklagte G. in offener, „quasi-einschlägiger“ Bewährung aufgrund einer erst etwa ein ¾-Jahr zurückliegenden Verurteilung gehandelt hat, besonderes Gewicht beigemessen.
b.) Unter Berücksichtigung vertypter Strafmilderungsgründe
408
Sodann hat die Kammer in einem zweiten Schritt geprüft, ob nicht ein sonstiger minder schwerer Fall i. S. d. § 213 StGB unter zusätzlicher Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB anzunehmen ist, wenn zusätzlich zu den vorgenannten, zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Umstände seine zur Tatzeit (nicht ausschließbar) erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit in die Bewertung miteingestellt wird.
409
Jedoch hat die Kammer auch unter dieser Prämisse die Annahme eines sonstigen minder schweren Falls verneint, weil auch hier bei wertender Betrachtungsweise die zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Umstände die zu seinen Lasten sprechenden nicht überwogen. Dabei hat die Kammer erneut dem Umstand, dass der Angeklagte G. in offener, „quasieinschlägiger“ Bewährung aufgrund einer erst etwa ein ¾-Jahr zurückliegenden Verurteilung gehandelt hat, besonderes Gewicht beigemessen.
c.) Deliktsspezifische Erwägungen
410
Sodann hat die Kammer in einem letzten Schritt tatbestandsspezifische Besonderheiten mit in die Abwägung eingestellt, jedoch weichen weder Tat noch Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommender Fälle des Totschlags in einem so erheblichen Maße ab, dass deswegen die Annahme eines sonstigen minder schweren Falls geboten wäre, zumal die Tat nach Ansicht der Kammer nicht von dem seitens des Gesetzgebers normierten Regelfall des § 212 Abs. 1 StGB dergestalt abweicht, dass schon allein deswegen der hierfür vorgesehene Strafrahmen nicht angemessen wäre.
411
Somit haben weder die zugunsten des Angeklagten G. sprechenden Umstände noch deliktsspezifische Besonderheiten eine Gewichtung, die die Anwendung dieses Strafrahmens als unangemessen und die Annahme eines minderschweren Falles als angezeigt erscheinen ließe.
412
Der Kammer war bei der Entscheidung, welchem Strafrahmen die Strafe zu entnehmen ist, bewusst, dass für den Angeklagten G. der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB ungünstiger ist als der Strafrahmen des § 213 StGB, der sowohl eine geringere Mindeststrafe als auch eine geringere Höchststrafe hat.
413
Gleichwohl konnte die Kammer nach sorgfältiger Gesamtwürdigung und -abwägung aller Umstände unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Tat und der Täterpersönlichkeit keine hinreichend gewichtigen Gründe feststellen, aufgrund derer die vorliegende Tat vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle des Totschlags derart abweicht, dass die Annahme eines minderschweren Falls gerechtfertigt wäre, nur weil Erwägungen der Günstigkeitsprüfung dies unter Umständen gebieten würden.
2. Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB
414
Die Kammer hat aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten G. von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Unter Berücksichtigung der oben genannten Strafzumessungserwägungen erschien es der Kammer nach Abwägung der Gesamtumstände geboten, die Strafe dem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB zu entnehmen.
3. Strafzumessung im engeren Sinn
415
Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten G. sprechenden Umstände, insbesondere der bei der Strafrahmenwahl genannten, seiner nicht ausschließbar erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit sowie seiner besonderen Haftempfindlichkeit einerseits und der Tatbegehung in „quasi-einschlägiger“, offener Bewährung aufgrund einer erst etwa ein ¾-Jahr zurückliegenden Verurteilung andererseits, hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von 9 Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet.
III.) Gesamtstrafenbildung
416
Aus den vorstehend genannten Einzelstrafen hat die Kammer nach nochmaliger Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten G. sprechenden Umstände unter Berücksichtigung des noch relativ engen zeitlichen Zusammenhangs der beiden Taten und des Umstands, dass beiden Taten letztlich die Alkoholabhängigkeit des Angeklagten G. zugrundeliegt, ausgehend von der Einsatzstrafe von 9 Jahren, eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren 10 Monaten gebildet.
H.) Unterbringung des Angeklagten G. in einer Entziehungsanstalt
417
Daneben hat die Kammer, wiederum beraten durch den Sachverständigen Dr. med. L., die Unterbringung des Angeklagten G. in einer Entziehungsanstalt angeordnet, § 64 StGB.
I.) Hang des Angeklagten G., alkoholische Getränke im Übermaß zu konsumieren
418
Zur Überzeugung der Kammer leidet der Angeklagte G. auch aktuell noch an einem Hang, das Rauschmittel Alkohol im Übermaß zu konsumieren.
419
Hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung für einen Hang schon eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, ausreichend, die noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist nach ständiger Rechtsprechung bereits jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. u.a. BGH, B. v. 07.11.2018, BGH B. vom 12.01.2017, 1 StR 587/16).
420
Wie Dr. med. L. darlegte, sei beim Angeklagten G. zweifellos von einem Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, auszugehen, weil seine Diagnose einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) auf sämtlichen von der ICD-10 genannten Kriterien beruhe, insbesondere bei ihm auch körperliche Entzugserscheinungen bereits bei einer Atemalkoholkonzentration von 1,13 mg/l festzustellen gewesen seien. … Die Kammer teilt aufgrund eigener Beurteilung und Bewertung die Einschätzung des Sachverständigen Dr. med. L., wonach beim Angeklagten G. ein Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, i. S. d. § 64 StGB vorliegt, wobei nach ihrer Auffassung schon deshalb von einem solchen Hang auszugehen ist, weil der Angeklagte G. unter einer Alkoholabhängigkeit leidet, die bislang nicht suffizient behandelt wurde.
II.) Symptomatischer Zusammenhang
421
Weiter führte Dr. med. L. aus, dass zwischen dem Hang des Angeklagten G., alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen und den verfahrensgegenständlichen Taten zweifellos auch ein symptomatischer Zusammenhang bestehe. Der Angeklagte habe sowohl bei der Tat zum Nachteil des B. als auch bei der Tat zum Nachteil des J. jeweils Blutalkoholkonzentrationen von mindestens 2 bis etwa 4 ‰ aufgewiesen, wobei die enthemmende und angstlösende Wirkung des Alkohols u. a. dazu geführt habe, dass die Furcht des Angeklagten vor den Folgen des Auslebens seines aggressiven Verhaltens gemindert worden sei. Zudem wirke Alkohol als psychomotorisches Stimulans generell emotionsverstärkend und damit auch im Hinblick auf die in der Grundpersönlichkeit des Angeklagten G. angelegte Bereitschaft zu aggressivem Verhalten.
422
Den uneingeschränkt nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zum Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs schließt sich die Kammer aufgrund eigener Beurteilung und Bewertung vollumfänglich an.
III.) Gefährlichkeitsprognose
423
Schließlich bestehe, so Dr. med. L., aus forensischer Sicht auch die Gefahr, dass der Angeklagte infolge seines Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde, weil er schon vor den verfahrensgegenständlichen Taten mit Gewaltdelikten unter Alkohol aufgefallen sei.
424
Diese vom psychiatrischen Sachverständigen gestellte Gefährlichkeitsprognose bejaht auch die Kammer aufgrund eigener Beurteilung.
IV.) Erfolgsaussichten, Therapiedauer
425
Zu den Erfolgsaussichten der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erklärte Dr. med. L., dass sich der Angeklagte G. sowohl im Rahmen der Exploration als auch im Rahmen der Hauptverhandlung therapiemotiviert gezeigt habe. …, er leide auch nicht unter kognitiven Beeinträchtigen, weshalb auch die noch bestehende Sprachbarriere kein Hindernis darstelle.
426
Die Therapiedauer veranschlage er, wie Dr. med. L. abschließend ausführte, angesichts der langjährigen Alkoholabhängigkeit des Angeklagten G., mit 2 Jahren.
427
Im Einklang mit dem psychiatrischen Sachverständigen sieht auch die Kammer hinreichend konkrete Erfolgsaussichten i. S. d. § 64 StGB, dass der Angeklagte G. durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt geheilt werden kann, weil er krankheitseinsichtig und motiviert ist sowie über die kognitiven Fähigkeiten verfügt, um eine Therapie erfolgreich zu absolvieren.
428
Die Therapiedauer hat die Kammer ebenso wie Dr. med. L. auf 2 Jahre veranschlagt.
429
Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist verhältnismäßig i. S. d. § 62 StGB, da weniger einschneidende Maßnahmen, mit denen der vom Angeklagten infolge seines Hangs ausgehenden Gefahr für Leib und Leben Dritter begegnet werden könnte, nicht ersichtlich sind.
430
Hinsichtlich der von der Kammer verhängten Gesamtfreiheitsstrafe war gemäß §§ 67 Abs. 2 S. 2 und 3 StGB ein Vorwegvollzug von 2 Jahren 11 Monaten anzuordnen, weil die Hälfte der gegen den Angeklagten G. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren 10 Monaten nach 4 Jahren 11 Monaten erreicht ist. Zieht man von diesen 4 Jahren 11 Monaten die veranschlagte Therapiedauer von 2 Jahren ab, ergibt sich ein Vorwegvollzug von 2 Jahren 11 Monaten, der anzuordnen war, weil er länger ist als die bis zur Urteilsverkündung erlittene Untersuchungshaft des Angeklagten G..
I.) Strafzumessung betreffend den Angeklagten Z. für die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des B.
431
Die Strafe für die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des B. hat die Kammer auch beim Angeklagten Z. dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB entnommen.
I.) Kein minder schwerer Fall gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB
432
Denn auch wenn der Geschädigte B. selbst davon ausging, dass er wohl etwas gesagt habe, was dem Angeklagten Z. nicht gepasst habe – was, wusste er nicht –, bestehen damit noch keine Anhaltspunkte, dass eine Provokationslage i. S. d. § 213 StGB vorgelegen haben könnte.
433
Im Übrigen war bei Gesamtwürdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für einen minder schweren Fall nicht geboten, weil die strafmildernden Gesichtspunkte die strafschärfenden Umstände nicht überwogen haben.
1. Ohne Berücksichtigung vertypter Strafmilderungsgründe
434
Dabei hat die Kammer in einem ersten Schritt geprüft, ob nicht bereits ohne Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB ein minder schwerer Fall gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB anzunehmen war, weil die allgemeinen zugunsten des Angeklagten Z. sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte die strafschärfenden Umstände überwiegen.
435
Hier war zugunsten des Angeklagten Z. insbesondere zu sehen, dass er aufgrund der aktuellen, durch die Corona-Pandemie bedingten Umstände in der Justizvollzugsanstalt und seiner unzureichenden Deutschkenntnisse besonders haftempfindlich war.
436
Zu seinen Lasten war dagegen insbesondere zu berücksichtigen, dass es der Angeklagte Z. war, der mit der Misshandlung des Geschädigten B. begonnen hat. Weiter sprach gegen ihn die konkrete Art der Tatbegehung, da der Geschädigte B. während des größten Teil des Tatgeschehens wehrlos auf dem Boden lag, während wiederholt auf ihn eingetreten wurde. Schließlich waren zulasten des Angeklagten Z. auch die nicht unerheblichen Folgen in Form der Rückenschmerzen zu berücksichtigen, die der Geschädigte B. durch die Tat erlitten hat (wobei auch hier zu seinen Gunsten berücksichtigt wurde, dass der Geschädigte B. vorher schon Rückenschmerzen hatte). Weniger berücksichtigt hat die Kammer dagegen seine 3 nicht einschlägigen Vorahndungen wegen geringfügiger Delikte, die zudem nur mit Geldstrafen geahndet wurden.
437
Nach Gesamtwürdigung und Abwägung hat die Kammer die Annahme eines minder schweren Falls verneint, weil bei wertender Betrachtungsweise die zugunsten des Angeklagten Z. sprechenden Umstände die strafschärfenden Aspekte in ihrer Gewichtung nicht überwogen haben.
2. Unter Berücksichtigung des § 21 StGB als vertypten Strafmilderungsgrund
438
Sodann hat die Kammer geprüft, ob unter Berücksichtigung der nicht ausschließbar erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit von einem minder schweren Fall i. S. d. § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB auszugehen ist, dies aber unter erneuter Einbeziehung und Abwägung der vorstehend unter lit. I. Ziff. I. 1. aufgeführten Erwägungen verneint.
439
Denn auch hier überwogen bei wertender Betrachtungsweise die zugunsten des Angeklagten Z. sprechenden Umstände die zu seinen Lasten sprechenden in ihrer Gewichtung nicht, so dass die Kammer insbesondere aufgrund der Tatsache, dass er es war, der mit der Misshandlung des Geschädigten B. begonnen hat und aufgrund der konkreten Art der Tatausführung (das mehrfache Eintreten auf einen wehrlos am Boden Liegenden), die Annahme eines minder schweren Falles auch unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB abgelehnt hat.
3. Deliktsspezifische Erwägungen
440
Sodann hat die Kammer in einem letzten Schritt geprüft, ob nicht etwaige tatbestandsspezifische Besonderheiten mit in die Abwägung einzustellen sind. Jedoch weichen weder Tat noch die Täterpersönlichkeit des Angeklagten Z. vom Durchschnitt erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommender Fälle der mit einem anderen gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung in einem so erheblichen Maße ab, dass deswegen die Annahme eines minder schweren Falls geboten wäre, zumal die Tat nach Ansicht der Kammer nicht von dem seitens des Gesetzgebers normierten Regelfall des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB derart abweicht, dass schon allein deswegen der hierfür vorgesehene Strafrahmen nicht angemessen wäre.
441
Somit haben weder die zugunsten des Angeklagten Z. sprechenden Umstände noch deliktsspezifische Besonderheiten eine Gewichtung, die die Anwendung dieses Strafrahmens als unangemessen und die Annahme eines minder schweren Falles als angezeigt erscheinen ließe.
442
Der Kammer war bei der Entscheidung, welchem Strafrahmen die Strafe zu entnehmen ist, bewusst, dass sich für den Angeklagten Z. der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB unter Umständen insoweit als ungünstiger erweisen könnte, als er hinsichtlich der Obergrenze ungünstiger ist als der Strafrahmen des minder schweren Falls gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB, der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB andererseits eine geringere Mindeststrafe enthält.
443
Gleichwohl konnte die Kammer nach sorgfältiger Gesamtwürdigung und -abwägung aller Umstände unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Tat und der Täterpersönlichkeit des Angeklagten Z. keine hinreichend gewichtigen Gründe feststellen, aufgrund derer die vorliegende Tat vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle der mit einem anderen gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung derart abweicht, dass die Annahme eines minder schweren Falls gerechtfertigt wäre, nur weil Erwägungen der Günstigkeitsprüfung dies unter Umständen gebieten würden.
II.) Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB
444
Die Kammer hat aufgrund der nicht ausschließbar erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten Z. von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Strafzumessungserwägungen erschien es der Kammer nach Abwägung der Gesamtumstände geboten, die Strafe dem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Hs. 1 StGB zu entnehmen.
III.) Strafzumessung im engeren Sinn
445
Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten Z. sprechenden Umstände, insbesondere der bei der Strafrahmenwahl genannten, seiner besonderen Haftempfindlichkeit einerseits und des Umstands, dass er es war, der mit der Misshandlung des Geschädigten B. begonnen hat, andererseits, hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.
IV.) Bezifferter Härteausgleich
446
Im Hinblick auf das seit 23.12.2020 rechtskräftige Urteil des polnischen Gerichts „SAD REJONOWY W NOWEJ SOLI“, …, mit dem der Angeklagte Z. … zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, hat die Kammer einen bezifferten Härteausgleich in Höhe von 6 Monaten gewährt, der von der tat- und schuldangemessenen Strafe von 1 Jahr 10 Monaten im hiesigen Verfahren in Abzug gebracht wurde.
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Denn wenn es sich hierbei um die Entscheidung eines deutschen Gerichts handeln würde, wäre die verhängte Strafe mit der im vorliegenden Verfahren gegen den Angeklagten Z. verhängten Freiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten gesamtstrafenfähig. Eine Gesamtstrafenbildung ist jedoch aus völkerrechtlichen Gründen unzulässig, sodass die Kammer von der in BGH, B. v. 23.04.2020, 1 StR 15/20, aufgezeigten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den nach dieser Entscheidung gebotenen bezifferten Härteausgleich von 6 Monaten wegen der polnischen Verurteilung unmittelbar von der tat- und schuldangemessenen Strafe von 1 Jahr 10 Monaten in Abzug zu bringen, weswegen im Ergebnis gegen den Angeklagten Z. lediglich eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr 4 Monaten zu verhängen war.
V.) Keine Strafaussetzung zur Bewährung
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Die gegen den Angeklagten Z. verhängte Freiheitsstrafe konnte nach Auffassung der Kammer nicht gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
449
Insoweit hat die Kammer nicht verkannt, dass vorliegend – neben der an sich gesamtstrafenfähigen Verurteilung des polnischen Gerichts „SAD REJONOWY W NOWEJ SOLI“, … – erstmals eine Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten Z. verhängt wurde und dieser bislang nur mit 3 geringfügigen, nicht einschlägigen Delikten strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Vor dem Hintergrund seiner bislang nicht suffizient behandelten Alkoholabhängigkeit konnte die Kammer jedoch nicht davon ausgehen, dass sich der Angeklagte Z. schon allein die Verurteilung zur Warnung dienen lassen wird, künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr zu begehen. Es fehlt somit bereits an einer positiven Kriminalprognose i. S. d. § 56 Abs. 1 StGB.
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Im Übrigen sind auch besondere Umstände i. S. d. § 56 Abs. 2 StGB, welche angesichts der verhängten Freiheitsstrafe von über einem Jahr zusätzlich zu einer positiven Kriminalprognose erforderlich wären, um eine Strafaussetzung zur Bewährung zu ermöglichen, nicht ersichtlich.
451
J.) Absehen von der Unterbringung des Angeklagten Z. in einer Entziehungsanstalt Anders als beim Angeklagten G. hat die Kammer, wiederum sachverständig beraten durch Dr. med. S., von der Unterbringung des Angeklagten Z. in einer Entziehungsanstalt trotz der Diagnose einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F10.2) abgesehen.
452
Dabei läge, wie Dr. med. S. ausführte, beim Angeklagten Z. ein Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen i. S. d. § 64 StGB durchaus vor, jedoch sei schon der symptomatische Zusammenhang zwischen seinem Hang und der Tat zum Nachteil des Zeugen B. sowie die Gefährlichkeitsprognose nicht eindeutig zu beurteilen. Jedenfalls fehle es aber an den Erfolgsaussichten, wenn gegen ihn nur eine relativ kurze Freiheitsstrafe verhängt werde. Denn in diesem Fall werde sich der Angeklagte Z., um frei zu kommen, in der Unterbringung rasch den Abbruch wünschen. In diesem Fall sehe er auch beim besten Willen nicht, so Dr. med. S., wie man beim Angeklagten Z. eine Therapiebereitschaft etablieren könne.
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Die Kammer teilt die Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen, insbesondere auch soweit dieser die Erfolgsaussichten einer Unterbringung nach § 64 StGB wegen der fehlenden Therapiebereitschaft des Angeklagten Z., die dieser so auch in der Hauptverhandlung bekundet hat, verneint hat. Es ist nicht zu sehen, auf welche Weise der Angeklagte Z., gegen den erstmals eine Freiheitsstrafe verhängt wurde und der von der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe von 1 Jahr 4 Monaten bereits ein knappes Jahr in Untersuchungshaft verbüßt hat, dazu bewegt werden könnte, sich darüber hinaus noch einer 1 ½ bis 2-jährigen Therapie in einer Entziehungsanstalt zu unterziehen.
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Aus diesem Grund hat die Kammer von der Unterbringung des Angeklagten Z. in einer Entziehungsanstalt abgesehen.
455
Dem Angeklagten Z. war mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg außerdem zur Last gelegt worden, an der unter lit. D. Ziff. II. 3. geschilderten Tat zum Nachteil des J. mittäterschaftlich beteiligt gewesen zu sein. Dabei wurde er im Wesentlichen durch die Angaben der P. belastet, die jedoch als Verlobte des Angeklagten G. in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und auch die Verwertung ihrer früheren Vernehmungen nicht gestattet hat.
456
Trotz der vorstehend unter lit. E. Ziff. VI. 5. g. ee. geschilderten Umstände konnte sich die Kammer insgesamt eine sichere Erkenntnis dahingehend bilden, dass der Angeklagte Z. die Tat zum Nachteil des J. weder allein noch zusammen (mittäterschaftlich) mit dem Angeklagten G. begangen hat. Hieran konnte auch die Einlassung des Angeklagten G., der den Angeklagten Z. als alleinigen Täter benennt, nachdem er sich noch im Ermittlungsverfahren auf umfassende Erinnerungslücken berufen hat (gegenüber dem Zeugen KHK K. über seinen Verteidiger, Herrn Rechtsanwalt S.), nichts ändern. Denn der Angeklagte G. hat, wie sich aus seinem Einlassungsverhalten bezüglich der Tat zum Nachteil des Zeugen B. sowie dem Umstand, dass er den Angeklagten Z. anderen gegenüber der Tat zum Nachteil des J. beschuldigte, ergibt, keine Hemmungen eigenes strafbares Verhalten vollumfänglich auf den Angeklagten Z. abzuwälzen.
457
Der Angeklagte Z. war daher von der Tat zum Nachteil des J., wie sie ihm mit Ziffer 2 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 20.05.2021 zur Last gelegt wurde und nun unter lit. D. Ziff. II. 3. festgestellt ist, aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
458
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1 und 2, 465 Abs. 1 S. 1, 467 Abs. 1 StPO.