Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 17.10.2022 – Au 9 K 21.1549
Titel:

Erfolglose Klage gegen die Anordnung einer Ersatzzahlung für einen nicht genehmigten Eingriff in Natur und Landschaft (Fällung von sechs Ulmen)

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 1, § 113 Abs. 1 S. 1
BNatSchG § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, Abs. 6, § 17 Abs. 8 S. 1 und S. 2
BayNatSchG Art. 6 Abs. 4 S. 1, Art. 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 2
BayKompV § 10, § 19, § 22 Abs. 1 und Abs. 4
Leitsätze:
1. Die Gestalt von Grundflächen iSd § 14 Abs. 1 BNatSchG umfasst das äußere Erscheinungsbild der Erdoberfläche, also den Pflanzenbestand und das gesamte geomorphologische Erscheinungsbild (Landschaftsrelief). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Tatbestand des Eingriffs iSd § 14 BNatSchG ist ausschließlich objektiv zu beurteilen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die zuständige Behörde ist auch im Falle eines nicht zugelassenen und nicht nachträglich legalisierbaren Eingriffs in Natur und Landschaft dazu berechtigt, anstelle von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder der Wiederherstellung des früheren Zustands eine Ersatzzahlung anzuordnen. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Verpflichtung zu einer Ersatzzahlung, unzulässiger Eingriff in Natur und Landschaft, Kompensation, Höhe der Ersatzzahlung, Eingriff in Natur und Lanschaft, Baumfällung, ohne Genehmigung, Bergulme, Kausalität, Ausgleich, Ersatzzahlung, Landschaftsbild
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35136

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen eine ihm vom Beklagten auferlegte Verpflichtung zur Leistung einer Ersatzzahlung in Höhe von 13.500,00 EUR für die Fällung von Bäumen.
2
Der Kläger ist seit dem Jahr 2019 Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (Nähe Bahnhof ...).
3
Nach den Feststellungen der unteren Naturschutzbehörde des Beklagten wurden Ende des Jahres 2020 auf dem vorbezeichneten Grundstück sechs Ulmen gefällt. Die Bäume sind Teil des seit 1992 kartierten Biotops mit der Objekt-Nr.: ... „Gehölze um den ... Bahnhof“. Die Biotopkartierung enthält die Beschreibung „Hohe Baumhecke mit lockerer Strauchschicht“.
4
Mit Schreiben des Landratsamts ... vom 30. November 2020 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass aufgrund der Tatsache, dass die Heckenstruktur bei den Fällarbeiten massiv beeinträchtigt worden sei, die Untere Naturschutzbehörde den Sachverhalt naturschutzrechtlich überprüfe. Bei den gefällten Bäumen handle es sich um alte Ulmen mit einem Stammdurchmesser von rund 1,00 - 1,50 m.
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Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 15. Juni 2021 wurde gegenüber dem Kläger wegen der Fällung von sechs Ulmen anstelle von vorrangig durchzuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine Ersatzzahlung in Höhe von 13.500,00 EUR festgesetzt (Nr. 1. des Bescheids). Nr. 2. des Bescheids bestimmt, dass die Zahlung an den Bayerischen Naturschutzfonds innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft des Bescheides zu leisten ist. Nr. 3. des Bescheids betrifft die Kostenentscheidung.
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Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Landratsamt aus, dass die Fällung der Bäume im rechtlichen Sinne einen Eingriff und eine erhebliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft darstelle. Dieser Eingriff müsse durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden (§ 13 ff. Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG). Nach der Stellungnahme der naturschutzfachlichen Fachkraft hätten die gefällten sechs Ulmen in einer Hecke am nördlichen Ende des streitgegenständlichen Grundstücks gestanden. Durch die Fällung sei die Hecke erheblich beeinträchtigt geworden. Von einer ordnungsgemäßen Nutzung gem. Art. 16 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) könne nicht gesprochen werden. In der Hecke dominierten die Gehölzarten Weißdorn und Holunder. Im Nordosten des Grundstücks schließe sich eine Photovoltaikanlage an. Die Ulmen mit einem Stammdurchmesser von ca. 1,00 m bis 1,50 m seien auf der fast ebenen Hochterrasse in besonderem Maße landschaftsbildprägend und weithin sichtbar gewesen. Zwar sei ein großer Totholzanteil vorhanden gewesen, jedoch sei dieser kein Grund, einen Baum zu beseitigen. Dies lasse sich an den Schnittstellen der gefällten Bäume ohne weiteres nachvollziehen. Ulmen in dieser Ausprägung seien aufgrund des Ulmensterbens zu einer ausgesprochenen Rarität in der Landschaft geworden. Das sogenannte „Ulmensterben“ sei allgemein bekannt. Deshalb hätte der Eigentümer die im Raum stehende Fällung ernsthaft und gewissenhaft prüfen müssen. Aus naturschutzfachlicher Sicht stelle die Beseitigung der Ulmen gem. § 14 i.V.m. § 15 BNatSchG eine erhebliche Beeinträchtigung (Eingriff) dar, die nach § 15 Abs. 6 BNatSchG nicht in angemessener Frist ausgeglichen oder ersetzt werden könne. Eine Ersatzpflanzung anstelle der gefällten Ulmen sei aufgrund der Zeitdauer des Wiederaufwuchses, der Unsicherheiten, wie das Grundstück zukünftig genutzt werde, der intensiven Nutzung des angrenzenden Ackers, der Unwägbarkeiten durch Schädlingsbefall, Klimawandel, usw. kein gleichwertiger Ersatz. Angemessen sei eine Ersatzzahlung, die sich an den Kosten orientiere, die aufgebracht werden müssten, um eine Baumreihe in ähnlicher Form und Qualität wiederherzustellen (§ 19 Bayerische Kompensationsverordnung - BayKompV). Die Kompensation habe die Pflanzung von sechs Ulmen an einem Standort und auch auf einem Grundstück, auf dem sich Bäume langfristig entwickeln könnten, einschließlich der Unterhaltungs- und Pflegekosten für einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren zu berücksichtigen. Ersatzzahlungen seien nach Art. 7 BayNatSchG an den Bayerischen Naturschutzfonds zu entrichten.
7
Zur Berechnung der Ersatzzahlung (Kostenaufstellung) ist im Bescheid ausgeführt:
8
- 100 m² pro Baum x 6 Ulmen = 600 m² bei 5,00 EUR / m² = 3.000,00 EUR
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- 6 Ulmen, Hochstamm 4 x verpflanzt, Stammumfang 18 / 20 = 2.400,00 EUR
10
- 6 Ulmen, Pflanzkosten pro Baum je 250,00 EUR = 1.500,00 EUR
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- Pflege 6 Ulmen in der Anfangsphase 3 Jahre lang = 2.400,00 EUR
12
- Folgepflege 3 Bäume, 30 Jahre, je 1.400,00 EUR = 4.200,00 EUR
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Gesamtkosten 13.500,00 EUR
14
Die vom Kläger ausgeführten Argumente seien von der Unteren Naturschutzbehörde geprüft worden. Die Überprüfung habe ergeben, dass eine Ersatzzahlung in der veranschlagten Höhe erforderlich sei. Die Ersatzzahlung sei nach der BayKompV ermittelt worden. Die Ermittlung der Ersatzzahlung sei auch nachvollziehbar dargestellt. Die Kostenansätze bewegten sich eher an der unteren Grenze der Erfahrungswerte.
15
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamts ... vom 15. Juni 2021 wird ergänzend verwiesen.
16
Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 20. Juli 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,
17
Der Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2021 zu Az.: ... wird aufgehoben.
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger sich gegen die ihm auferlegte Ersatzzahlung wende. Die vom Kläger gefällten sechs Ulmen stünden im Außenbereich der Gemeinde .... Es gebe in der Gemeinde keine Baumschutzverordnung, auch ein Biotop kenne die Gemeinde an dieser Stelle nicht. Die Ulmen stellten auch kein Naturdenkmal dar, so dass für das Fällen dieser Bäume eine Genehmigung nicht erforderlich gewesen sei. Es sei auch nicht dargestellt, um welche Ulmen-Art es sich gehandelt habe. Es gebe über 45 Ulmen-Arten, in unseren Breiten mindestens 3 Ulmenarten. Es könne nicht pro Baum ein Raum von 100 m2 angenommen werden, ohne die Ulmen-Art zu benennen. Der Kläger habe das Grundstück erst im Jahr 2019 erworben; es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass die sechs Ulmen Teil des kartierten Biotops gewesen seien. Dass die sechs Ulmen zu einem Biotop gehört hätten, bestreite der Kläger. Außerdem beziehe sich das Biotop auf eine Hecke, in die der Kläger nicht eingegriffen habe. Die Hecke sei nach wie vor vorhanden und nicht beeinträchtigt. Als der Kläger das Grundstück 2019 erworben habe, sei ihm sofort der große Anteil von Totholz aufgefallen, der sich unter den sechs Ulmen gezeigt habe. Auch habe der Kläger Kenntnis davon erlangt, dass eine weitere Ulme bereits vor dem Erwerb des Grundstücks umgestürzt sei, woraus sich dem Kläger die Erkenntnis aufgedrängt habe, dass die Bäume krank gewesen seien und es an der nötigen Stabilität gefehlt habe. Die Bäume seien eine Gefahr gewesen. Auf der gesamten Länge des streitgegenständlichen Grundstücks führe die Bahnlinie ...-... vorbei. Die sechs gefällten Ulmen seien in geringer Entfernung von der Bahnlinie gestanden. Die Höhe der Bäume habe nach den Feststellungen des Beklagten zwischen 15 m und 20 m betragen. Wäre eine dieser Ulmen in dieser Höhe auf die Bahnlinie gefallen, wäre das Gleis hiervon betroffen gewesen. Es treffe nicht zu, dass es bei den Bäumen lediglich einer Baumpflege bedurft hätte, um die Bruchsicherheit wiederherzustellen. Der Kläger sei vom Beklagten auch nicht gefragt worden, ob er auf seinem Grundstück erneut Ulmen anzupflanzen bereit wäre. Daraus sei zu schließen, dass der Beklagte der Auffassung sei, diese sechs Ulmen hätten am bisherigen Standort keine optimale Bepflanzung dargestellt. Auch könne der Kläger nicht nachvollziehen, wie der Bayerische Naturschutzfonds die verlangte Ersatzzahlung verwende. Der Kläger sei der Auffassung, dass das Geld in den Verwaltungshaushalt des Bayerischen Naturschutzfonds fließe und dort für Personalangelegenheiten ausgegeben werde. Der Kläger empfinde die Ersatzzahlung auch in der Höhe nach nicht für gerechtfertigt. Die vom Beklagten genannten hohen Aufwendungen für die Baumpflege würden als unverhältnismäßig bestritten und als unzumutbar bezeichnet. In der Regel sei es deshalb sinnvoll und geboten, beim Verlust eines älteren Baumes einen jüngeren nachzupflanzen. Nach Meinung des Klägers orientiere sich die Kostenaufstellung nicht unmittelbar an der Matrix durch Ermittlung und Bewertung des Kompensationsumfangs. Die in den hiesigen Breiten beheimatete Flatterulme sei im Stammumfang 18/20 jedenfalls schon für einen Betrag von etwa 150,00 EUR zu bekommen. Die Ausführungen zur Höhe der Kosten würden nur vorsorglich gemacht, da der Bescheid bereits aus materiellen Gründen aufzuheben sei.
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Auf den weiteren Inhalt des Klageschriftsatzes vom 20. Juli 2021 wird ergänzend verwiesen.
20
Das Landratsamt ... ist für den Beklagten der Klage entgegengetreten und beantragt Klageabweisung.
21
Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2021 hat das Landratsamt zur Klagebegründung Stellung genommen. Es verweist auf die naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 14. Oktober 2021 und führt ergänzend aus, dass im Flächennutzungsplan der Gemeinde ... die Hecke östlich des Bahnhofes ... dargestellt sei. Die Beschreibung laute „Bäume und Sträucher, Bestand zu erhalten“, d.h. der Standortgemeinde sei der hohe Wert des Gehölzes und seine Bedeutung für das Landschaftsbild nicht unbekannt gewesen. Die Forstbetriebsgemeinschaft ... (FBG) habe nach Kenntnis des Landratsamtes die Vermarktung der gefällten Ulmen für den Kläger übernommen und diese ganz oder teilweise in der Versteigerung oder im Nachverkauf veräußert. Es entziehe sich aber der Kenntnis des Landratsamts, welchen Preis der Kläger für die gefällten Ulmen erzielt habe.
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In der naturschutzfachlichen Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 14. Oktober 2021 wird ausgeführt, dass die gefällten Ulmen in der Biotopkartierung erfasst seien. Es sei unverständlich, dass dies der Gemeinde ... nicht bekannt sei, nachdem die Biotopkartierung bereits seit etwa 20 Jahren vorliege. Bei den gefällten Bäumen handle es sich jeweils um eine Bergulme. Entscheidend für die Beurteilung des Eingriffs sei jedoch nicht die Unterart, sondern die Größe (Höhe und Stammdurchmesser) des Baumes sowie seine Wirkung im Landschaftsbild. Die sechs Ulmen seien auch in der Biotopkartierung erfasst und seien Teil der dort geschützten Hecke. Die Hecke sei bei der Fällung der Ulmen weitgehend beseitigt worden. Da der Wurzelraum der Hecke nicht wesentlich beeinträchtigt worden sei, gehe die Untere Naturschutzbehörde davon aus, dass die Hecke erneut austreiben werde und sich über einen Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren hinweg regenerieren könne. Aus der Tatsache, dass ein einzelner Baum krank gewesen sei, könne nicht darauf geschlossen werden, dass die anderen Bäume im Umfeld ebenfalls erkrankt seien. Die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht habe die Fällung der Bäume nicht gerechtfertigt. Der Abstand von den gefällten Ulmen zum Gleiskörper betrage vom Stammfuß aus etwa 35 m. Die Deutsche Bahn wäre bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf den bisherigen Eigentümer zugegangen, wenn die Bäume ein Problem dargestellt hätten. Die Bahn kontrolliere den Bewuchs an ihren Schienenstrecken regelmäßig. Auch wäre es für den Kläger möglich und naheliegend gewesen, sich mit der Deutschen Bahn in Verbindung zu setzen und abzuklären, ob die Bäume ein relevantes Problem darstellten. Auch sei es nicht so, dass alle Ulmen vom „Ulmensterben“ in gleicher Weise betroffen seien. Ein hoher Totholzanteil in einem Baum sei nicht zwangsläufig ein Anzeichen dafür, dass der Baum absterbe. Jeder älter werdende Baum werfe Äste ab, die durch das Größerwerden nicht mehr optimal belichtet würden. Die Verwendung von Ersatzgeldern sei im Gesetz eindeutig geregelt. Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt müsse Ersatzgelder beim Bayerischen Naturschutzfonds beantragen, wenn sie Maßnahmen über Ersatzgelder finanzieren wolle. Der Bayerische Naturschutzfonds gebe Ersatzgelder lediglich frei, wenn die Verwendung schlüssig und nachvollziehbar begründet werde. Außerdem unterliege die Verwendung von Ersatzgeldern der staatlichen Rechnungsprüfung. Die Kostenaufstellung basiere auf Erfahrungswerten der Unteren Naturschutzbehörde. Die Kostenansätze orientierten sich eher an der unteren Grenze.
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Auf den weiteren Inhalt der naturschutzfachlichen Stellungnahme vom 14. Oktober 2021 wird ergänzend verwiesen.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 sein Vorbringen ergänzt und vertieft. Er führt aus, dass die Bergulme durch den Klimawandel und durch die Globalisierung erheblich gefährdet sei. Dies seien die Triebkräfte des Massensterbens der Ulmen. Es sei ein Schlauchpilz eingeschleppt worden, der sich in die Blätter und Rinden des Baumes bohre. Der Abfall von Totholz sei das markanteste Zeichen eines beginnenden Baumsterbens. Nach dem vom Landratsamt übergebenen Plan betrage der Abstand zwischen Ulmen und Gleisen 30,42 m. Darauf, ob und wann die Deutsche Bahn den Gleiskörper kontrolliere, habe sich der Kläger bei der Abwägung und Überprüfung seiner Verkehrssicherungspflicht nicht verlassen können. Der Kläger bestreite, dass die auf einer Auktion in ... verkauften Ulmen die von ihm gefällten Bäume gewesen seien. Der Hinweis, dass der Kläger sich wegen der Modalitäten der Gefahrenabwehr mit der Deutschen Bahn in Verbindung zu setzen habe, sei rein theoretischer Natur.
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Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 24. Januar 2022 wird ergänzend verwiesen.
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Am 11. Oktober 2022 hat das Gericht durch den Berichterstatter einen nicht öffentlichen Augenscheinstermin am streitgegenständlichen Grundstück und dessen näherer Umgebung durchgeführt. Auf das Protokoll und die hierbei gefertigten Lichtbilder wird verwiesen.
27
Am 17. Oktober 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll Bezug genommen.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Beklagten vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

29
Die Klage ist als Anfechtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage war daher nach dem Maßstab des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO als unbegründet abzuweisen.
30
Der formell rechtmäßige Bescheid ist inhaltlich nicht zu beanstanden.
31
1. Die dem Kläger auferlegte Verpflichtung zur Leistung einer Ersatzzahlung findet ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 8 Satz 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) i.V.m. § 15 Abs. 6 BNatSchG. Nach § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG soll die zuständige Behörde die weitere Durchführung eines Eingriffs in Natur und Landschaft vorrangig untersagen. Soweit jedoch nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, soll sie nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen. § 15 Abs. 6 Satz 1 BNatSchG bestimmt weitergehend, dass soweit ein Eingriff nach § 15 Abs. 5 BNatSchG zugelassen oder durchgeführt worden ist, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten hat. Die Ersatzzahlung bestimmt sich nach § 15 Abs. 6 Satz 2 BNatSchG nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten.
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§ 17 Abs. 8 BNatSchG betrifft dabei Eingriffe, die begonnen oder - wie hier - durchgeführt werden, ohne dass eine erforderliche Zulassung oder Anzeige vorliegt. In Betracht kommen entweder die fachgesetzliche Zulassung und Anzeige nach § 17 Abs. 1 BNatSchG oder das subsidiäre Genehmigungserfordernis nach § 17 Abs. 3 BNatSchG. Dass § 17 Abs. 8 BNatSchG als einschlägige Rechtsgrundlage im angegriffenen Bescheid nicht ausdrücklich genannt wird, führt nicht zu dessen Rechtswidrigkeit, da allein ausschlaggebend ist, dass sich die im Bescheid angeordnete Rechtsfolge auf eine tragfähige Rechtsgrundlage stützen lässt.
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a) Vorliegend hat der Kläger ohne der zuständigen Naturschutzbehörde vor der Beseitigung der Bäume die Möglichkeit zu eröffnen, diese behördlich zuzulassen (§ 17 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BNatSchG) bzw. eine Unterlassungsverfügung gestützt auf § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BNatSchG zu erlassen, einen unzulässigen Eingriff in Natur und Landschaft i.S.d. § 14 BNatSchG vorgenommen.
34
aa) Nach § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Mit der von ihm vorgenommenen Fällung der sechs Ulmen hat der Kläger sowohl eine erhebliche Veränderung von Grundflächen als auch eine Beeinträchtigung des Landschaftsbilds ohne vorherige behördliche Zulassung vorgenommen. Die Gestalt von Grundflächen i.S.d. § 14 Abs. 1 BNatSchG umfasst dabei das äußere Erscheinungsbild der Erdoberfläche, also den Pflanzenbestand und das gesamte geomorphologische Erscheinungsbild (Landschaftsrelief) (Lütkes in Lütkes/ Ewer Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2018, § 14 Rn. 6). Falls wie hier der Anknüpfungstatbestand in Form der Veränderung der Gestalt oder Nutzung einer Grundfläche vorliegt, kann auch der Folgetatbestand, eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, ausgelöst werden. Für eine negative Veränderung des Landschaftsbildes kommt es auf sämtliche prägenden Bestandteile der Landschaftsoberfläche, wie den Reliefverlauf und die Vegetationsbestände zum Zeitpunkt des Eingriffs unter Berücksichtigung des Ist-Zustandes an. Abzustellen ist dabei auf einen aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter, der das Landschaftsbild bei großflächiger Betrachtungsweise für das Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung als gestört empfinden muss (BVerwG, U.v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 - NuR 2004, 366 ff.). Im vorliegenden Fall waren die sechs beseitigten Ulmen mit einer Höhe bis zu 20 m aufgrund der wenig ausgeprägten Topographie der umgebenden Landschaft in jedem Falle landschaftsbildprägend. Dies insbesondere auch aufgrund ihrer alleeartigen Aneinanderreihung entlang des vorhandenen Weges auf dem Flurgrundstück Nr. ... der Gemarkung ....
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bb) Ebenfalls liegt die für das Vorliegen eines Eingriffs nach § 14 Abs. 1 BNatSchG erforderliche Kausalität zwischen Eingriffshandlung (Ursache) und Eingriffswirkung vor (vgl. Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 14 Rn. 10). Erforderlich ist hierbei eine doppelte Kausalität. Die Maßnahme der handelnden Person muss kausal für den Eingriff sein (eingriffsbegründende Kausalität). Der Eingriff muss weiter kausal für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sein (beeinträchtigende Kausalität). Die eingriffsbegründende Kausalität bezieht sich dabei auf die durch die Maßnahme hervorgerufene Veränderung von Natur und Landschaft entsprechend einem Vorher-Nachher-Vergleich (Mühlbauer in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 14 BNatSchG Rn. 18). Vorliegend ist unzweifelhaft, dass das Tun des Klägers ursächlich für die hiermit einhergehende Veränderung der Gestalt von Natur und Landschaft und des von den ehemals vorhandenen Bäumen (Ulmen) geprägten Landschaftsbilds ist.
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cc) Der vom Kläger vorgenommene Eingriff in Natur und Landschaft ist auch erheblich. Ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes vorliegt, ist eine im Einzelfall fachlich zu beurteilende Frage. Verlangt ist hierbei eine Abschätzung, ob mit einer erheblichen Beeinträchtigung unter Anlegung fachwissenschaftlicher Maßstäbe gerechnet werden kann.
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Eine Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn durch ein Vorhaben eine negative Veränderung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einhergehen kann. Ausreichend ist hierfür eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung. Die Erheblichkeitsschwelle ist dabei je eher überschritten, desto empfindlicher das jeweilige Ökosystem und desto schutzwürdiger die betroffenen Bestandteile des Naturhaushalts sind (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.9.2011 - W 4 K 10.561 - juris Rn. 46; Lütkes in Lütkes/Ewer, a.a.O., § 14 Rn. 13). Das Kriterium der Erheblichkeit erfordert insoweit lediglich, dass die Beeinträchtigung nach Art, Dauer und Schwere jedenfalls nicht völlig unbedeutend ist. Ausgehend von Größe und Alter der vom Kläger beseitigten Bäume (Ulmen) und der Tatsache, dass deren Bestand nach dem Flächennutzungsplan der Gemeinde ... vom 18. März 2010 (Behördenakte Bl. 29) zu erhalten war und die Ulmen Bestandteil eines bereits im Jahr 1992 unter Schutz gestellten Biotops waren, ist eine Erheblichkeit des Eingriffs zweifelsfrei gegeben.
38
dd) Ob der Kläger von der Schutzwürdigkeit der von ihm beseitigten Bäume Kenntnis besaß, ist für das Vorliegen eines Eingriffs i.S.d. § 14 BNatSchG unerheblich. Der Tatbestand des Eingriffs ist ausschließlich objektiv zu beurteilen. Dies folgt aus dem Unterschied der Schutzrichtung zu straf- oder bußgeldrechtlichen Normen. Die Schutzrichtung der Eingriffsregelung ist bezogen auf den Schutz von Natur und Landschaft und enthält eine normative Aussage über die Zulässigkeit von Handlungen. Ein Unwerturteil über die handelnde Person wird hingegen nicht gesprochen. Daher kommt es auch auf die Willensrichtung der handelnden Person nicht an. Ausschließlich maßgeblich ist die objektive (tatsächliche) Veränderung von Natur und Landschaft (Mühlbauer in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, a.a.O., § 14 BNatSchG Rn. 13).
39
ee) Der Kläger kann sich auch nicht auf die Privilegierung in Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayNatSchG berufen, wonach die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung ordnungsgemäß und nicht als Eingriff anzusehen ist, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden (vgl. insoweit auch § 14 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Eine irgendwie geartete land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung der gefällten Bäume ist vorliegend nicht zu erkennen. Die gefällten Bäume wurden vom Kläger ausschließlich zu privaten Zwecken veräußert.
40
b) Daneben hat der Kläger mit der von ihm vorgenommenen Beseitigung der Bäume auch gegen die gesetzliche Bestimmung in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG verstoßen, wonach es verboten ist, in der freien Natur, Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche einschließlich Ufergehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise erheblich zu beeinträchtigen. Auch Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG verweist bezüglich der möglichen Folgen eines Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG ins Bundesnaturschutzgesetz, insbesondere auf die Bestimmungen zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in § 17 Abs. 8 BNatSchG.
41
aa) Die vom Kläger beseitigten Ulmen waren Teil des Biotops (Objekt Nr. ...) mit der Bezeichnung „Gehölze um den ... Bahnhof“ vom 17. Juni 1992. Eine Hecke i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG ist dabei eine zusammenhängende, linienförmige Struktur aus Büschen und Bäumen von regelmäßiger und unregelmäßiger Breite, wobei kleinere Unterbrechungen nicht schaden, wenn der Gesamteindruck gewahrt bleibt. Teil dieser Hecke war bereits bei Unterschutzstellung im Jahr 1992 eine stufige Baumschicht mit Esche, Linde, Ulme, Silberweide, Eiche, Zitterpappel und Ahorn. Hieraus hat sich im Laufe der Jahre eine hohe Baumhecke mit Strauchschicht entwickelt, deren wesentlicher Bestandteil die vom Kläger beseitigten Ulmen waren.
42
bb) Der Kläger kann sich für die von ihm vorgenommene Fällung auch nicht auf die Ausnahmeregelung in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG stützen, da es sich nicht um bestandserhaltende Pflegemaßnahmen (Nr. 1 und 2) gehandelt hat, und auch nicht erkennbar ist, dass es sich um eine Maßnahme zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit öffentlicher Verkehrswege gehandelt hat (Nr. 3). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Beseitigung sämtlicher Bäume zur Wahrung der Verkehrssicherheit der in mehr als 30 m nördlicher Entfernung der vormaligen Baumstandorte verlaufenden Bahnlinie erforderlich gewesen wäre. Hierfür fehlen jegliche sachlichen Anhaltspunkte. Überdies hat der Kläger mit der naturschutzrechtlich im Vorfeld nicht abgestimmten Beseitigung der Bäume eine Prüfung von deren Standsicherheit im Hinblick auf eine etwaige Verkehrssicherungspflicht des Klägers als Grundstückseigentümer unmöglich gemacht. Dieser Umstand geht zu Lasten des Klägers.
43
Der Kläger hat somit durch die Fällung der Bäume sowohl den Tatbestand eines Eingriffs in Natur und Landschaft im Sinn von § 14 BNatSchG erfüllt als auch gegen das in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG normierte Verbot verstoßen, so dass die Voraussetzungen für Anordnungen nach § 17 Abs. 8 BNatSchG vorliegen.
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2. Da der Kläger die Bäume bereits gefällt hat, ist der Erlass einer Untersagungsverfügung im Sinn von § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG bereits begrifflich ausgeschlossen. Der vom Kläger vorgenommene Eingriff in Natur und Landschaft ist daher nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG zu beurteilen. Diese Norm bestimmt, dass, soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, die zuständige Behörde entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen soll.
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a) Eine nachträgliche Genehmigung der vom Kläger eigenmächtig vorgenommenen Fällung kommt nicht in Betracht. Der Hinweis des Klägers auf eine eventuell fehlende Standfestigkeit der gefällten Bäume vermag keine nachträgliche Legalisierung des Eingriffs zu ermöglichen. Der vom Kläger hierfür angeführte erhebliche Anteil von Totholz ist nach fachlicher Einschätzung des Beklagten kein ausreichendes Indiz für die fehlende Standsicherheit der beseitigten Bäume. Mit seinem behördlich nicht abgestimmten Vorgehen hat der Kläger der zuständigen Naturschutzbehörde im Übrigen eine Prüfung der tatsächlichen Standfestigkeit der Bäume unmöglich gemacht. Die Beseitigung war auch nicht aus Gründen einer etwaigen Verkehrssicherungspflicht des Klägers geboten (s. Ausführungen oben unter Rn. 42). Da somit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann (§ 17 Abs. 8 Satz 2 HS 1 BNatSchG), hatte die Behörde entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder eine Anordnung zur Wiederherstellung des früheren Zustands zu treffen (§ 17 Abs. 8 Satz 2 HS 1 BNatSchG).
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b) Das Gesetz verlangt bei nachträglich nicht zu gestattenden Eingriffen, dass die Behörde nach § 15 BNatSchG vorgehen soll. Mit der Verwendung des Wortes „soll“ gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass im Regelfall nach § 15 BNatSchG vorgegangen werden muss, nur in Ausnahmefällen wird der Behörde hier ein Ermessensspielraum eröffnet (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.3.2013 - AN 11 K 12.00109 - juris Rn. 25). § 15 Abs. 6 BNatSchG regelt, dass wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden, auszugleichen oder zu ersetzen sind, eine Ersatzzahlung zu leisten ist. Die Ersatzzahlung ist in diesen Fällen verpflichtende Folge der Nichtvermeidbarkeit, Nichtausgleichbarkeit oder Nichtersetzbarkeit.
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aa) Da die Bäume schon gefällt wurden und somit der Eingriff bereits durchgeführt wurde, scheidet eine Vermeidbarkeit i.S.d. § 13 BNatSchG, wonach erhebliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft vom Verursacher vorrangig zu vermeiden sind, aus. In diesen Fällen bestimmt § 13 Satz 2 BNatSchG, dass nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren sind.
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bb) In Übereinstimmung mit der fachlichen Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde ist die Kammer der Auffassung, dass der vom Kläger vorgenommene Eingriff in Natur und Landschaft weder ausgleichbar noch ersetzbar ist, so dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Ersatzzahlung vorliegen.
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Die Möglichkeit des Ausgleichs bzw. des nachrangigen Ersatzes i.S.d. § 15 Abs. 2 BNatSchG scheidet insbesondere aufgrund des mit der Beseitigung der Bäume verbundenen erheblichen Eingriffs in das Landschaftsbild, welches die vorhandenen Ulmen nachhaltig geprägt haben, aus. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG ist eine Beeinträchtigung ausgeglichen, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Dem Begriff des „Ausgleichs“ wohnt dabei sowohl ein räumliches als auch ein qualitatives Element bei (vgl. BVerwG, B.v. 7.7.2010 - 7 VR 2.10 - NuR 2010, 646 f.; BVerwG, U.v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 - NVwZ 2001, 673 ff.). Der Verursacher soll die mit seinem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft „wieder gutmachen“, weshalb der Regelung eine Tendenz zum Vollausgleich innewohnt (Guckelberger in Frenz/Müggenborg, a.a.O., § 15 Rn. 42). Ausgleichsmaßnahmen zeichnen sich demnach dadurch aus, dass sie in dem betroffenen Landschaftsraum einen Zustand herbeiführen, der den früheren Zustand in der gleichen Art und mit der gleichen Wirkung fortführt (vgl. NdsOVG, U.v. 16.12.2009 - 4 LC 730/07 - NuR 2010, 133 ff.). Weiter muss zwischen den Ausgleichsmaßnahmen und dem Eingriffsort ein funktionaler Zusammenhang bestehen (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10.40041 - NuR 2013, 357 ff). Darüber hinaus geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein Ausgleich von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, wie er hier vorliegt, in der Regel nicht möglich ist, da die Landschaft eingriffsbedingt ein anderes Aussehen erlangt hat.
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Vorliegend ist die Kammer aufgrund der Wirkungen der beseitigten Bäume für das Landschaftsbild der Auffassung, dass der vom Kläger vorgenommene Eingriff nicht ausgleich- bzw. ersetzbar ist. Maßnahmen in Bezug auf ein durch ein Eingriff gestörtes Landschaftsbild stellen nur dann einen Ausgleich im Rechtsinne dar, wenn durch sie in dem betroffenen Landschaftsraum ein Zustand geschaffen wird, der in gleicher Art mit gleichen Funktionen und ohne Preisgabe wesentlicher Faktoren des optischen Beziehungsgefüges den vor dem Eingriff vorhandenen Zustand in weitest möglicher Annäherung fortführt (VGH BW U.v. 20.4.2000 - 8 S 318/00 - NVwZ 2000, 1063 f.; Guckelberger in Frenz/Müggenborg a.a.O., § 15 Rn. 48). Entscheidend ist hierbei, dass unvermeidbare Eingriffe in das Landschaftsbild in landschaftsgerechter Weise aufgefangen werden. Im streitgegenständlichen Fall hat der Kläger einen vermeidbaren Eingriff in Natur und Landschaft vorgenommen. Angesichts der Bedeutung der beseitigten Bäume als prägendes Element des Naturraums und angesichts der Dauer der benötigten Zeit, bis eine Ersatzpflanzung innerhalb der geschützten Heckenstruktur (Ausgleich) bzw. im großräumigeren Naturraum (Ersatz) eine gleichwertige Kompensation für die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts darstellt, erachtet die zuständige Kammer mit dem Beklagten den vorgenommenen Eingriff für weder ausgleich- bzw. ersetzbar i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 2 bzw. Satz 3 BNatSchG. Mit einer Ersatzpflanzung, insbesondere von Jungbäumen, würde in beiden Varianten des § 15 Abs. 2 BNatSchG die erforderliche vollständige Kompensation nicht erreicht werden und daher eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbilds fortbestehen. Dies schließt aus Sicht des erkennenden Gerichts die Forderung einer vorrangigen Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme nach § 15 Abs. 2 BNatSchG aus und eröffnet die Möglichkeit des Verlangens einer Ersatzzahlung i.S.d. § 15 Abs. 6 BNatSchG. Hinzukommt, dass der zuständigen Behörde bei der Bewertung der Eingriffswirkung eines Vorhabens ebenso wie bei der Bewertung bei einer Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugestanden wird (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.2012 - 9 A 17.11 - NuR 2014, 344 ff.)
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c) Dies zugrunde gelegt kann das Verlangen einer Ersatzzahlung i.S.d. § 15 Abs. 6 BNatSchG vorliegend nicht beanstandet werden. Entgegen einer vereinzelt gebliebenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (OVG RhPf, U.v. 28.8.2019 - 8 A 11472/18 - juris Rn. 42 und Leitzsatz Nr. 2; P. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, 3. Aufl. 2021, § 17 Rn. 55) ist die Kammer ausgehend vom Wortlaut des § 15 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG der Auffassung, dass die zuständige Behörde auch im Falle eines nicht zugelassenen und nicht nachträglich legalisierbaren Eingriffs in Natur und Landschaft dazu berechtigt ist, anstelle von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder der Wiederherstellung des früheren Zustands eine Ersatzzahlung anzuordnen. Auch bei einer Ersatzzahlung handelt es sich um eine „Maßnahme“ i.S.v. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG. Zudem stellt eine Ersatzzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG eine Kompensationsmaßnahme i.S.d. § 15 BNatSchG dar, die insbesondere dann in Betracht zu ziehen ist, wenn ein vorrangiger Ausgleich oder Ersatz i.S.d. § 15 Abs. 2 BNatSchG - wie hier - ausgeschlossen ist. § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nimmt darüber hinaus die gesamte Vorschrift des § 15 BNatSchG in Bezug und erfasst damit auch Ersatzzahlungen i.S.d. § 15 Abs. 6 BNatSchG. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift mit seiner vollständigen Bezugnahme auf den Katalog von Kompensationsmaßnahmen nach § 15 BNatSchG stellt hierbei die natürliche Grenze der gebotenen Auslegung dar. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/12274 S. 60) enthält keine Hinweise auf eine gebotene Beschränkung auf Maßnahmen nach § 15 Abs. 2 BNatSchG (Ausgleich und Ersatz). In der Gesetzesbegründung ist lediglich ausgeführt, dass, soweit eine Legalisierung des Vorhabens nicht auf andere Weise möglich ist, die zuständige Behörde Kompensationsmaßnahmen entsprechend § 15 (§ 17 Abs. 8 Satz 2 Alt. 1) oder wenn sich ein Eingriff nach Abwägung als unzulässig erweist (§ 15 Abs. 5 BNatSchG) die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen soll (§ 17 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2). Eine Beschränkung auf das Kompensationsinstrument aus § 15 Abs. 2 BNatSchG mit der Folge des Ausschlusses einer Ersatzzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG würde darüber hinaus zu dem befremdlichen Ergebnis führen, dass derjenige, der einen illegalen Eingriff (§ 14 BNatSchG) in Natur und Landschaft vornimmt, welcher weder ausgleich- noch ersetzbar ist, im Ergebnis abgesehen von der Bußgeldvorschrift in § 69 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG sanktionslos gestellt bliebe. Eine mit der Beschränkung auf die Maßnahmen in § 15 Abs. 2 BNatSchG verbundene Privilegierung desjenigen, der einen Eingriff in Natur und Landschaft nicht legalisiert durchführt, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt.
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Die Kammer ist daher der Auffassung, dass gegen den Kläger, dessen Eingriff in das Landschaftsbild weder ausgleich- noch ersetzbar ist und bei dem auch eine Wiederherstellung des früheren Zustands aufgrund der Schwere des Eingriffs ausscheidet, eine Ersatzzahlung auf der Grundlage des § 17 Abs. 8 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 6 BNatSchG angeordnet werden konnte.
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3. Auch die Höhe der Ersatzzahlung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist vom Beklagten nachvollziehbar begründet worden. Eine Unverhältnismäßigkeit zu Ungunsten des Klägers ist nicht zu erkennen. Zum einen hat sich der Beklagte bei der Festsetzung der Ersatzzahlung am (fiktiven) Erlös des Klägers für den Verkauf des geschlagenen Holzes orientiert und diesen mit 3.000,00 EUR angesetzt. Ausweislich den Feststellungen des Beklagten dürfte der vom Kläger erzielte Erlös aus dem Holzverkauf deutlich höher gelegen haben. Im Übrigen hat sich der Beklagte bei der Festsetzung der Ersatzzahlung an den in § 19 BayKompV geregelten Bemessungsgrundsätzen orientiert. Nach dessen Abs. 1 bemisst sich die Ersatzzahlung nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme, in die insbesondere folgende Komponenten einzurechnen sind: Herstellungs-, Pflege-, Unterhaltungskosten im Bemessungszeitraum für regelmäßig anfallende Maßnahmen gem. § 10 BayKompV (Nr. 1), Kosten für Planung, die sonstige Verwaltung und das Personal, für die 20 v.H. der Herstellungs-, Pflege- und Unterhaltungskosten anzusetzen sind (Nr. 2), Kosten des Flächenerwerbs entsprechend den Bodenrichtwerten gemäß den Ermittlungen des Gutachterausschusses nach dem Baugesetzbuch zuzüglich Nebenkosten (Nr. 3). Weiter ist nicht erkennbar, dass der Beklagte bei der Festsetzung der hier streitgegenständlichen Ersatzzahlung von seinem in diesen Fällen üblichen Vorgehen zum Nachteil des Klägers abgewichen wäre. Hierzu fehlt überdies jeglicher Sachvortrag des Klägers. Die Verwendung der Ersatzzahlung erfolgt zweckgebunden. Art. 7 BayNatSchG bestimmt in Satz 1, dass Ersatzzahlungen an den Bayerischen Naturschutzfonds zu entrichten und von diesem im Bereich der vom Eingriff betroffenen unteren Naturschutzbehörde nach deren näherer Bestimmung für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden ist. Das Weitere hierzu bestimmt insbesondere § 22 Abs. 1 und 4 BayKompV. Der Hinweis des Klägers auf eine zweckfremde Verwendung der Ersatzzahlung geht daher fehl. Überdies handelt es sich um eine bloße Spekulation des Klägers, ohne das hierfür sachliche Anhaltspunkte vorliegen.
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4. Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).