Titel:
Streit um bescheinigungsfähige Aufwendungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen
Normenketten:
EStG § 7h Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 (idF bis zum 17.12.2019)
EStG § 52 Abs. 16a S. 5
BauGB § 177
BGB § 133, § 157
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1, Art. 54
Leitsätze:
1. Bei der Verpflichtungsklage beurteilt sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage grds. nach dem Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung, außer wenn nach Maßgabe des materiellen Rechts auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen ist. (Rn. 18 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach § 7h Abs. 2 S. 1 EStG aF konnte die zuständige Gemeinde nicht verpflichtet werden, die Höhe der Aufwendungen in der Bescheinigung auszuweisen. Anderes gilt gem. § 52 Abs. 16a S. 5 EStG erst für Bescheinigungen, die nach dem 31.12.2018 erteilt worden sind. (Rn. 23 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Gemeinde kann im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages keine Vereinbarungen treffen, die Verpflichtungen enthalten, Verwaltungsakte außerhalb ihrer Zuständigkeit und Befugnis zu lassen. (Rn. 31 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine rechtmäßige Zusicherung gem. Art. 38 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG setzt voraus, dass die Zusage von der zuständigen Behörde erteilt wird. (Rn. 40 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erhöhte Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen, Maßgebliche Sach- und Rechtslage bei Verpflichtungsklage, Auslegung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, Keine Zusicherung bei sachlicher Unzuständigkeit der handelnden Behörde, maßgebliche Sach- und Rechtslage, Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag, bescheinigungsfähiger Aufwand, öffentlich-rechtlicher Vertrag, Zusicherung, zuständige Behörde
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35012
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Anerkennung weiterer Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Rahmen einer steuerrechtlichen Bescheinigung für erhöhte Absetzung bei Gebäuden in Sanierungsgebieten.
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Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. 178, Gemarkung … (...).
3
Mit Bescheid der Beklagten vom 17.1.2013 wurde den Klägern eine Baugenehmigung für den altersgerechten Umbau des Anwesens auf dem Grundstück Fl.Nr. 178, Gemarkung … erteilt.
4
Das Grundstück lag in einem durch Sanierungssatzung vom 8.2.1977 förmlich festgelegten „Sanierungsgebiet I“ im Bereich der Altstadt von … Die Sanierungssatzung wurde zum 30.12.2015 aufgehoben.
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Am 21.4.2013 schlossen die Beteiligten einen Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag, der auszugsweise folgende Regelungen enthält:
Das auf dem Grundstück Fl.Nr. 178, Gemarkung … befindliche Gebäude soll im Rahmen der Durchführung der Sanierung und nach den Festsetzungen des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes modernisiert und instandgesetzt werden. Das Gebäude weist Mängel und Missstände i.S.d. § 177 BauGB auf und soll deshalb durch bauliche Maßnahmen der neuzeitlichen Entwicklung und entsprechend den Zielen der Stadterneuerung modernisiert und instandgesetzt werden.
§ 1 Gesamtkosten der Maßnahme
(1) Die Eigentümer tragen die Kosten der Maßnahme. Die vorläufigen Gesamtkosten der Maßnahme belaufen sich nach der Kostenschätzung der … GmbH vom 11.04.2013 auf 839.200,00 € inkl. Mehrwertsteuer. Die Kosten der Maßnahme sind ohne Finanzmittel aus dem Städtebauförderungsprogramm (keine Zuschüsse aus staatlichen und kommunalen Mitteln) zu finanzieren.
§ 2 Bescheinigung gem. § 7h EStG
(1) Die Bescheinigung gem. § 7h EStG muss mit Formblatt beantragt werden. […]
§ 4 Baumaßnahmen (Modernisierung und Instandsetzung)
Das „Merkblatt zum Verfahren zur Ausstellung einer Bescheinigung gem. § 7h Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Stadt …“ ist Bestandteil des Vertrages.
Nicht alles, was als Auflage in der Sanierungs-, Entwicklungs- oder Baugenehmigung geregelt wurde, ist nach den genannten Rechtsgrundlagen bescheinigungsfähig. Die Sanierungs-, Entwicklungs- oder Baugenehmigung einerseits und die steuerrechtliche Abstimmung andererseits sind eigenständige Rechtsinstrumente.
Das Merkblatt enthält auszugsweise folgende Angaben:
Nicht alles, was als Auflage in der Sanierungs-, Entwicklungs- oder Baugenehmigung geregelt wurde, ist nach den genannten Rechtsgrundlagen bescheinigungsfähig. Die Sanierungs-, Entwicklungs- oder Baugenehmigung einerseits und die steuerrechtliche Abstimmung andererseits sind eigenständige Rechtsinstrumente.“
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Mit unterschriebenem Formblatt vom 22.4.2017, bei der Beklagten eingegangen am 25.4.2017, beantragten die Kläger die Ausstellung einer Bescheinigung gem. § 7h EStG. Dem Antrag war eine chronologische Kostenaufstellung beigefügt, welche Kosten in Höhe von insgesamt 905.685,73 EUR ausweist.
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Die Beklagte teilte den Klägern mehrfach mit, dass die Gesamtkosten der Maßnahme nicht bescheinigt werden könnten. Den Klägern wurde Gelegenheit geboten, weitere bescheinigungsfähige Kosten nachzuweisen. Daraufhin reichten die Kläger weitere Kostenaufstellungen ein, die zuletzt Kosten in Höhe von 924.702,99 EUR ausweisen.
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Unter dem 5.11.2018 erteilte die Beklagte den Klägern eine Bescheinigung, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:
„Die Stadt … bestätigt, dass das Gebäude …, in einem durch Sanierungssatzung vom 8.2.1977 förmlich festgelegten Sanierungsgebiet lag. Die Satzung wurde am 30.12.2015 aufgehoben. An dem Gebäude sind durchgeführt worden:
- Modernisierungsmaßnahmen im Sinn des § 177 BauGB
- Instandsetzungsmaßnahmen im Sinn des § 177 BauGB
Der Durchführung der Maßnahme lag eine Vereinbarung zwischen den Bauherren und der Stadt … vom 21.04.2013 zugrunde.
Die durchgeführten Maßnahmen haben zu bescheinigungsfähigen Aufwendungen geführt von 112.602,45 € einschl. Mehrwertsteuer.
Die Aufwendungen sind in dem anliegenden Verzeichnis der Kosten, das Bestandteil dieser Bescheinigung ist, gekennzeichnet. Die dargestellten Kosten sind nachgewiesen worden. Die Baumaßnahmen sind vor Beginn mit der Beklagten nur baurechtlich abgestimmt worden (Baugenehmigung). Der Bescheinigung liegen Fotos des fast vollständig entkernten Gebäudes bei. Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung.
Für die durchgeführte Baumaßnahme wurden aus öffentlichen Mitteln Zuschüsse von insgesamt 0,00 € gewährt und ausbezahlt.“
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Zur Begründung wird vorgetragen, dass die vertraglich vereinbarte Aufteilung der bescheinigungsfähigen und nicht bescheinigungsfähigen Kosten durch die Kläger nicht erfolgt sei. Sie hätten die Bescheinigung der angefallenen Gesamtkosten verlangt. Um einen steuerlichen Nachteil für die Bauherren zu vermeiden, habe die Stadt … entgegen der vertraglichen Vereinbarung die bescheinigungsfähigen Kosten in Höhe von 112.602,45 EUR selbst ermittelt. Den Bauherren sei mehrmals die Gelegenheit gegeben worden, weitere bescheinigungsfähige Kosten nachzuweisen. Entsprechende Nachweise seien nicht erbracht worden. Aufgrund des § 4 Abs. 2 des Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrages hätten daher nur Kosten in Höhe von 112.602,45 EUR bescheinigt werden können. Obwohl das Gebäude fast vollständig entkernt worden sei, seien im Rahmen des Ermessens die Kosten, die für die Außenhülle angefallen seien, bescheinigt worden. Die Erhaltung des Gesamtbildes der Altstadt, die unter Ensembleschutz stehe und zu der auch die …gasse zähle, liege im Interesse der Stadt … Die Außenansicht der …gasse sei nicht verändert worden und füge sich hervorragend in das Erscheinungsbild der …gasse ein.
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Mit Schreiben vom 2.12.2018, beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangen am 4.12.2018, ließen die Kläger Klage gegen die Bescheinigung der Beklagten erheben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Klage gegen die Höhe der bescheinigten Aufwendungen für die durchgeführte Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in Höhe von 112.602,45 EUR richte anstatt den beantragten bescheinigungsfähigen Kosten in Höhe von 924.702,99 EUR. Es werde auf den mit der Stadt … abgeschlossen Sanierungsvertrag vom 20.4.2013 verwiesen, in dem eine vorläufige Kostenschätzung in Höhe von 839.200,00 EUR geregelt sei. Vor Abschluss des Modernisierungsvertrages sei eine Baubeschreibung mit den dazugehörigen Kosten des Umbaus in Höhe von 839.200,00 EUR vorgelegt worden. Diese seien im Sanierungsvertrag ohne Einschränkung aufgenommen worden. Der im Sanierungsvertrag in § 4 Abs. 2 angebrachte Hinweis auf das Merkblatt zum Bescheinigungsverfahren rechtfertige nicht, dass ein Großteil der später angefallenen Sanierungskosten nur in Höhe von 112.602,45 EUR als bescheinigungsfähig anerkannt werde. Eine vollständige Entkernung des Gebäudes sei nicht erfolgt. Tatsächlich sei der altersgerechte Umbau des Anwesens wie in der Genehmigungsplanung durchgeführt worden. Zudem seien die Kläger ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen. Die Beklagte habe eine detaillierte Aufstellung inklusive der Belege erhalten. In dieser Aufstellung seien auch nicht bescheinigungsfähige Kosten in Höhe von 59.737,78 EUR ausgewiesen worden.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung der Bescheinigung vom 5.11.2018 zu bestätigen, dass die durchgeführten Maßnahmen zu bescheinigungsfähigen Aufwendungen in Höhe von 924.702,99 EUR geführt haben.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Kläger hätten keinen Anspruch auf einen steuerrechtlichen Grundlagenbescheid mit dem von ihnen begehrten Inhalt von bescheinigungsfähigen Aufwendungen in Höhe von 924.702,99 EUR. Die von den Klägern weiter geltend gemachten Kosten seien kein bescheinigungsfähiger Aufwand. Wegen der Erheblichkeit der durchgeführten Maßnahme handle es sich weder um eine Instandsetzung noch um eine Modernisierung im Sinne des § 177 BauGB. Soweit sich die Kläger darauf berufen würden, dass sich ein Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung bereits aus dem Sanierungsvertrag vom 31.4.2013 ergebe, sei dem nicht zu folgen. Zum einen weise die Vereinbarung lediglich auf die formellen und materiellen Voraussetzungen der steuervergünstigenden Bescheinigung nach § 7h EStG hin. Zum anderen seien die Kläger bereits vor Abschluss der Sanierungsvereinbarung darauf hingewiesen worden, dass die veranschlagten Kosten der Baumaßnahme nicht in ihrer Gesamtheit bescheinigungsfähig seien. Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich unmittelbar aus dem Vertrag entgegen der tatsächlichen Rechtslage ein Anspruch auf die Bescheinigung ergeben sollte. Dies würde voraussetzen, dass eine Gemeinde mittels öffentlich-rechtlichen Vertrag Steuervergünstigung ermöglichen könne, die nicht der Sach- und Rechtslage entsprechen würden, die für die Finanzverwaltung aber gleichwohl bindend wären.
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Mit Schreiben vom 25.11.2020 und 30.12.2020 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, führt nicht zum Erfolg.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Kläger sind durch die erteilte Bescheinigung im Sinne des § 7h EStG, die bescheinigungsfähige Aufwendungen in Höhe von 112.602,45 EUR bestätigt, nicht in ihren Rechten gem. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO verletzt. Die Kläger haben keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf eine Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 EStG, mit der bescheinigungsfähige Aufwendungen in Höhe von 924.702,99 EUR bestätigt werden.
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1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), im Folgenden § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F.
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Nach dieser Vorschrift kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nur in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG für das Gebäude und die Maßnahmen nachweist.
20
Die weitergehende Regelung in der derzeit geltenden Fassung des § 7h Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz EStG, in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451), zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 geändert (BGBl. I S. 2770, 3096), nach der die Bescheinigung auch die Höhe der Aufwendungen für die Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 zu enthalten hat, ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden.
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Bei der Verpflichtungsklage beurteilt sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach Maßgabe des materiellen Rechts auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen ist (st. Rspr., vgl. BVerwGE 51, 15 [24] = NJW 1976, 1760; BVerwGE 78, 243 [244] = NVwZ 1988, 260; BVerwG, NVwZ 1990, 654). So liegt der Fall hier. Gemäß § 52 Abs. 16a Satz 5 EStG ist § 7h Absatz 2 Satz 1 letzter Halbsatz EStG in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde, die nach dem 31. Dezember 2018 erteilt werden.
22
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Klägern die Bescheinigung unter dem 5.11.2018 erteilt und somit vor dem 31.12.2018 gem. § 52 Abs. 16a EStG.
23
2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung einer steuerrechtlichen Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 EStG a.F., die die Höhe der Aufwendungen ausweist.
24
Nach § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland gelegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren nach näherer Maßgabe Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuchs absetzen. Der Steuerpflichtige kann die erhöhten Absetzungen nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. nur in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeinde die Voraussetzungen des Absatzes 1 für das Gebäude und die Maßnahmen nachweist. Daraus folgt ein Anspruch auf Erteilung der entsprechenden Bescheinigung gegenüber der zuständigen Behörde, wenn die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 EStG vorliegen. Die Bescheinigung der Gemeinde gem. § 7h Abs. 2 EStG ist ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO und materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen (vgl. Blümich/Erhard, 141. EL März 2018, EStG § 7h Rn. 41). Erteilt die zuständige Gemeinde eine Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 EStG, sind die Finanzbehörden an den Inhalt der Bescheinigung gebunden (vgl. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Die Bindungswirkung der Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 EStG a.F. erstreckt sich lediglich auf die in § 7h Abs. 1 EStG genannten Tatbestandsmerkmale. Bindend für die Finanzbehörden sind demnach die Feststellungen, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. des § 177 BauGB bzw. Maßnahmen i. S. des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind. Keine Bindungswirkung besteht im Hinblick auf die Höhe der bescheinigten Aufwendungen (BFH, U.v. 22.10.2014 - X R 15/13 - juris Rn. 21 m.w.N.). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. in der für die Beurteilung maßgeblichen Fassung, nach der die Höhe der Herstellungskosten gerade nicht genannt wird. Demzufolge hat das zuständige Finanzamt über die Bemessungsgrundlage in eigener Zuständigkeit zu entscheiden (vgl. Blümich/Erhard, 141. EL März 2018, EStG § 7h Rn. 42).
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Zwar sehen die Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung der §§ 7h, 10f und 11a des Einkommensteuergesetzes (EStGBeschR §§ 7h, 10f und 11a) vom 22. Februar 2017 (FMBl. S. 261) vor, dass die zuständige Gemeinde nicht nur die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG zu bescheinigen hat, sondern auch die Höhe der Aufwendungen. Nach höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung ist jedoch entgegen den Bescheinigungsrichtlinien die Höhe der Aufwendungen durch die Finanzbehörde festzustellen bzw. die seitens der Gemeindebehörde bescheinigte Höhe der Aufwendungen durch die Finanzbehörden zu überprüfen (BFH, U.v. 22.10.2014 - X R 15/13 - juris Rn. 21 ff.).
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Dieses Ergebnis kann insbesondere dann zu praktischen Problemen führen, wenn ein Bauherr an einem sanierungsbedürftigen Gebäude nicht ausschließlich Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach § 177 BauGB bzw. Maßnahmen zur Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung des Gebäudes durchführt. Anders als die Finanzbehörde verfügt die zuständige Gemeinde über die baufachlichen Kenntnisse und kann demnach beurteilen, ob es sich um Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB handelt und die festgestellten Mängel durch die Maßnahmen an der baulichen Anlage behoben wurden. Auch im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten darüber, ob die durchgeführten Maßnahmen bescheinigungsfähig i.S.d. § 7h Abs. 1 EStG i.V.m. § 177 BauGB sind.
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Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 22.10.2014 reagiert und die Prüfkompetenzen für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Absetzung nach § 7h EStG entsprechend der Fachkompetenzen auf die zuständigen Gemeinde- und Finanzbehörden aufgeteilt. Der Gesetzgeber ergänzte § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG aus diesen Gründen um folgenden Halbsatz: „; die Bescheinigung hat die Höhe der Aufwendungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des Abs. 1 Satz 1 und für die Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 Satz 1 zu enthalten.“ Nunmehr sind in der Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde auch die Höhe der Aufwendungen auszuweisen (vgl. BT-Drucksache 18/9956, S. 8 f.).
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Wie bereits ausgeführt richtet sich die maßgebliche Rechtslage im konkreten Fall jedoch nach § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., nach der die zuständigen Gemeindebehörden die Höhe der Aufwendungen nicht bescheinigen müssen.
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Wenn die anzuwendende Rechtsnorm die zuständige Behörde nicht verpflichtet, die Höhe der Aufwendungen auszuweisen, so kann den Klägern auch kein materiell-rechtlicher Anspruch aus § 7h Abs. 2 EStG a.F. auf den begehrten Verwaltungsakt zustehen.
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Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, denn die Kläger können unter Vorlage der bereits ausgestellten Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 EStG vom 5.11.2018 und der Kostennachweise für die Aufwendungen die erhöhten Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen im Rahmen des Festsetzungsverfahrens für die Einkommensteuer geltend machen. Berücksichtigt das zuständige Finanzamt die Aufwendungen nicht oder der Höhe nach nur teilweise, so bleibt es den Klägern unbenommen, den Folgebescheid des Finanzamtes von den Finanzgerichten überprüfen zu lassen.
31
3. Ein Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung mit dem gewünschten Inhalt ergibt sich auch nicht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag vom 21.4.2013.
32
Der zwischen den Beteiligten geschlossene Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag ist ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB und damit ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nach Art. 54 BayVwVfG. Ergänzend zu den Vorschriften der Art. 54 ff. BayVwVfG und den übrigen Vorschriften des BayVwVfG gelten gem. Art. 62 Satz 2 BayVwVfG die Vorschriften des BGB entsprechend. Somit sind die allgemeinen Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen nach den §§ 133, 157 BGB entsprechend anwendbar, um den Willen der Vertragsparteien zu ermitteln.
33
Bei der Auslegung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gem. Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB sind sämtliche Begleitumstände, das Gesamtverhalten der Parteien einschließlich der Vorgeschichte des Rechtsgeschäfts, frühere Übungen und das Verhalten nach Vertragsschluss zu berücksichtigen (vgl. Bonk/Neumann/Siegel in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 54 Rn. 29 m.w.N.).
34
Gemessen hieran enthält der Vertragstext selbst keine Bestimmung, deren Wortlaut auch nur ansatzweise darauf hindeuten würde, dass die Beklagte eine Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. erteilen wird, die eine konkrete Höhe der Aufwendungen enthält.
35
Bereits aus der Systematik ergibt sich, dass die Vertragsparteien in § 1 (Gesamtkosten der Maßnahme) des Modernisierung- und Instandsetzungsvertrags lediglich die Kostentragungspflicht regeln wollten. Zudem ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung, dass die Vertragsparteien, was die Höhe der Gesamtkosten betrifft, lediglich auf voraussichtlich anfallende Kosten abgestellt haben („vorläufige Gesamtkosten“, „Kostenschätzung“). Regelungen zur Bescheinigung gem. § 7h EStG sind abschließend in § 2 des Vertrags enthalten. Unter dieser Regelung wird das Bescheinigungsverfahren beschrieben, insbesondere wird konkretisiert, welche Nachweise vorgelegt werden müssen. Eine Regelung, nach der die Beklagte eine Bescheinigung in konkreter Höhe ausstellt, fehlt ebenso wie ein Verweis auf § 1 zu den Gesamtkosten der Maßnahme.
36
Darüber hinaus haben die Beteiligten geregelt, dass keine Bescheinigung gem. § 7h EStG erfolgt, sofern die genannten Antragsunterlagen nicht oder nur unvollständig vorgelegt werden. Schließlich ist im Rahmen der Auslegung auch das „Merkblatt zum Verfahren zur Ausgestaltung einer Bescheinigung gem. § 7h bei der Stadt …“ zu berücksichtigen, welches gem. § 4 Abs. 2 des Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrags Vertragsbestandteil ist. Mit diesem Merkblatt werden die Kläger darüber in Kenntnis gesetzt, dass „nicht alles, was als Auflage in der Sanierungs-, Entwicklungs- oder Baugenehmigung geregelt wurde, […] nach den genannten Rechtsgrundlagen bescheinigungsfähig [ist]. Die Sanierungs-, Entwicklungs- oder Baugenehmigung einerseits und die steuerrechtliche Abstimmung andererseits sind eigenständige Rechtsinstrumente.“ Eine gleichlautende Formulierung wurde auch in § 4 Abs. 2 des Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag (S. 3 des Vertrags) eingefügt.
37
Den Vertragsparteien kam es demnach gerade darauf an, keine verbindliche Regelung hinsichtlich der Höhe der bescheinigungsfähigen Aufwendungen zu treffen. Von den Klägern wurde auch weder vorgetragen noch ergibt sich für das Gericht, aus welcher konkreten vertraglichen Regelung sich trotz der eindeutigen Formulierungen ein Anspruch auf Bestätigung von bescheinigungsfähigen Aufwendungen in Höhe von 924.702,99 EUR ergeben sollte.
38
Ungeachtet dessen besteht für die Kläger kein Anspruch auf die Bescheinigung mit dem begehrten Inhalt, da die der Beklagten zustehende Vertragsfreiheit ihre Grenzen durch die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gesetzesbindung der Verwaltung erfährt (SchochKoVwGO/Brosius-Gersdorf VwVfG § 59 Rn. 54 f.). Die Beklagte kann im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages keine Vereinbarungen treffen, die Verpflichtungen enthalten, Verwaltungsakte außerhalb ihrer Zuständigkeit und Befugnis zu lassen.
39
Wie bereits dargestellt, kann nach der im vorliegenden Verfahren geltenden Rechtslage die Beklagte keine Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. erteilen, die für die Finanzbehörden verbindlich die Höhe der Aufwendungen ausweist.
40
4. Schließlich haben die Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. aufgrund einer Zusicherung der Beklagten.
41
Die zuständige Behörde kann in schriftlicher Form eine Zusage erteilen, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Eine schriftliche Zusicherung gem. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG soll den Eigentümern frühzeitig Klarheit über den Inhalt der zu erwartenden Bescheinigung geben. Die schriftliche Zusicherung hat den Hinweis zu enthalten, dass allein die zuständige Finanzbehörde prüft, ob steuerlich begünstigte Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungskosten im Sinne der §§ 7h, 10f und 11a EStG oder hiernach nicht begünstigte andere Kosten vorliegen. Die Zusicherung ist jedoch keine Bescheinigung im Sinne des § 7h Abs. 2 EStG. Sie ist nicht zur Vorlage geeignet, um die erhöhten Absetzungen in Anspruch zu nehmen (vgl. Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung der §§ 7h, 10f und 11a des Einkommensteuergesetzes (EStGBeschR §§ 7h, 10f und 11a) vom 22. Februar 2017 (FMBl. S. 261), 1.2 S . 9 ff).
42
Ungeachtet dessen, dass sich aus den Behördenakten schon keine schriftliche Erklärung der Beklagten entnehmen lässt, eine Bescheinigung gem. § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. in der von den Klägern gewünschten Höhe auszustellen, scheidet ein Anspruch aufgrund einer Zusicherung mangels Zuständigkeit aus. Eine rechtmäßige Zusicherung setzt voraus, dass die Zusage von der zuständigen Behörde erteilt wird. Wie bereits dargelegt ist gem. § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. die Beklagte nicht die sachlich zuständige Behörde, um die Höhe der Aufwendungen für die Maßnahmen nach § 7h Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG verbindlich festzustellen. Dies ist allein die örtlich zuständige Finanzbehörde (BFH, U.v. 22.10.2014 - X R 15/13 - juris Rn. 21).
43
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
44
Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.