Titel:
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
Normenkette:
StGB § 86, § 86a
Leitsätze:
1. Die Verwendung eines Hakenkreuzes in einem öffentlich einsehbaren Facebook-Account wird vom Tatbestand des § 86a Abs. I StGB aufgrund der im Hinblick auf seinen Schutzzweck erforderlichen einschränkenden Auslegung nicht erfasst, wenn sich aus dem Gesamtbild der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zur NS-ldeologie ergibt. (Rn. 9 und 14)
2. Der Tatbestandsausschluss greift nur dann, wenn die Gegnerschaft auch für den flüchtigen Betrachter auf Anhieb erkennbar ist. Eine mehrdeutige Darstellung genügt diesen Anforderungen nicht. Fernliegende Deutungsmöglichkeiten, für die sich aus dem Gesamtbild der Darstellung und unter Berücksichtigung ihres sprachlichen Kontextes kein objektiver Anhalt ergibt, sind dabei auszuschließen. (Rn. 14)
3. Die Voraussetzungen der Sozialadäquanzklausel des § 86a Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 4 StGB sind bei Verwendung eines verfassungswidrigen Kennzeichens nicht schon dann erfüllt, wenn die subjektive Zielrichtung des Handelnden auf einen der genannten Zwecke gerichtet ist; es kommt vielmehr auf die Erkennbarkeit des Ziels und auf eine objektive Zweckförderung an. (Rn. 28 – 29)
4. Geht der Angeklagte irrig davon aus, der Gebrauch eines NS-Kennzeichens in einer von ihm öffentlich verwendeten Darstellung sei wegen ausreichender Distanzierung nicht tatbestandsmäßig oder erfülle die Voraussetzungen der Sozialadäquanzklausel, kommt ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum gemäß § 16 Abs. 1 StGB nur dann in Betracht, wenn sich der Irrtum auf tatsächliche Umstände bezieht. Bei einem Irrtum über die rechtliche Bewertung der bekannten Tatsachen kommt allenfalls ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB in Betracht. (Rn. 33 – 34)
1. Jedes Gebrauchmachen von nationalsozialistischen Kennzeichen erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Verwendens iSd § 86a Abs. 1 StGB, ohne dass es darauf ankommt, ob es nach den Umständen als Bekenntnis zu den Zielen der verbotenen Organisation aufgefasst werden kann. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 86a StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das Gefahren abwehrt, die schon allein mit dem äußeren Erscheinungsbild des Kennzeichens verbunden sind, ohne dass es auf einen Unterstützungswillen ankommt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Gebrauch eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation wird von § 86a StGB dann nicht erfasst, wenn der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt. Gerechtfertigt ist dies aber nur, wenn sich die Gegnerschaft eindeutig und offenkundig ergibt und ein Beobachter sie somit auf Anhieb zu erkennen vermag. Ist dagegen der Aussagegehalt einer Darstellung mehrdeutig oder die Gegnerschaft nur undeutlich erkennbar, so ist der Schutzzweck des § 86a StGB verletzt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
verbotenes Kennzeichen, verfassungswidrige Organisation, Hackenkreuz, Nationalsozialismus, Verwendung, Sozialadäquanzklausel, Gegnerschaft zur Organisation
Vorinstanz:
LG München II, Urteil vom 08.06.2022 – 8 Ns 17 Js 5831/20 (2)
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34697
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten werden das Urteil des Landgerichts München II vom 8. Juni 2022 sowie das Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 7. Dezember 2021 insoweit aufgehoben, als der Angeklagte wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgrund eines Facebook-Eintrags vom 30. September 2019 verurteilt worden ist. Insoweit wird der Angeklagte freigesprochen.
II. Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen.
Klargestellt wird, dass der Angeklagte wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Tat vom 1. November 2019) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt ist und die Höhe des einzelnen Tagessatzes 50 Euro beträgt.
III. Unter Abänderung der in den Urteilen des Landgerichts München II und des Amtsgerichts Starnberg jeweils enthaltenen Kostenausspruchs trägt der Angeklagte, soweit er verurteilt worden und die Revision erfolglos geblieben ist, die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen. Soweit der Angeklagte freigesprochen ist, fallen seine ausscheidbaren notwendigen Auslagen in allen Instanzen der Staatskasse zur Last.
Gründe
1
Mit Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 7. Dezember 2021 ist der Angeklagte wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt worden.
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Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht München II mit Urteil vom 8. Juni 2022 die Höhe des einzelnen Tagessatzes reduziert, die Berufung jedoch im Übrigen verworfen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Stellungnahme vom 27. September 2022, die Revision des Angeklagten kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
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Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Rüge materiellen Rechts einen Teilerfolg in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang.
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1. Die Verfahrensrüge, mit der vorgebracht wird, dass dem Angeklagten in der Hauptverhandlung verwehrt worden sei, neben seinem Verteidiger zu sitzen, er sei stattdessen, flankiert von Glasscheiben, vor diesen gesetzt worden, ist bereits unzulässig, denn sie entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; im Übrigen wäre sie unbegründet. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Vorlageschreiben vom 27. September 2022 (S. 1/2) wird Bezug genommen.
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2. Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen seines FacebookEintrags vom 30. September 2019, in welchem ein Bild von Adolf Hitler sowie ein Hakenkreuz zu sehen waren, einer Straftat nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gesprochen hat, hat es verkannt, dass die Verwendung dieser Kennzeichen im konkreten Kontext dem Schutzzweck der Norm offenkundig und eindeutig nicht zuwiderläuft und deshalb nicht als tatbestandsmäßig anzusehen ist.
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a) Das Landgericht hat zum Geschehen vom 30. September 2019, soweit revisionsrechtlich relevant, Folgendes festgestellt: Der Angeklagte ist unter seinem echten Vor- und Zunamen Inhaber eines Accounts bei dem sozialen Netzwerk „Facebook“. Am 30. September 2019 postete er unter Verwendung dieses Accounts auf seiner Profilseite für alle Facebook-Nutzer öffentlich einsehbar und ungesichert ein in 4 Längsspalten untergliedertes Bild, welches Josef Stalin, die Flagge der Sowjetunion und den Begriff „Communism“, Mao Zedong, die Flagge der Volksrepublik China und den Begriff „Communism“, den Propheten Mohammed und den Halbmond bzw. den fünfzackigen Stern sowie den Begriff „Islam“, und daneben auch ein Bild von Adolf Hitler, ein Hakenkreuz und den Begriff „Socialism“ zeigt. Darunter finden sich jeweils Totenköpfe und Zahlen, die die jeweiligen Todesopfer darstellen sollen, und zwar in der Spalte unter Stalin „62 Million Dead“, unter Hitler „21 Million Dead“, unter Mao Zedong „49 Million Dead“ und unter Mohammed „300+ Million Dead“. Zu dieser Darstellung erstellte der Angeklagte folgende Textpassage: „Sehr ähnliche Ideologien: Kollektivistisch, relativistisches bzw. utilitaristisches Menschenbild, autoritär. Mit sehr ähnlichen Konsequenzen.“
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b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 2, 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB deshalb nicht, weil sein Gebrauch nach dem Gesamtbild der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise seine Gegnerschaft zu der hinter dem Kennzeichen stehende Organisation zum Ausdruck bringt.
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a) Zunächst kann keinem Zweifel unterliegen und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass das in der beschriebenen Darstellung abgebildete Hakenkreuz als verbotenes Kennzeichen im Sinne der §§ 86 Abs. 1 Nr. 4, 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bewerten ist (vgl. BGH, Urt. v. 25. April 1979, 3 StR 89/79, NJW 1979, 1555 m.w.N.; BayObLG 202 StRR 90/22, Urt. v. 7. Oktober 2022, BeckRS 2022, 28616 Rn. 10). Ob ein weiteres derartiges Kennzeichen in der Abbildung von Adolf Hitler zu sehen ist, kann der Senat anhand der Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Zwar würde ein Kopfbild Hitlers als solches Kennzeichen einzuordnen sein (BGH, Urt. v. 9. August 1965, 1 StE 1/65, juris Rn. 22; OLG München, Beschluss vom 7. August 2006, 4 StRR 142/06, NStZ 2007, 97 Rn. 2), die Feststellungen teilen über die Gestaltung des Bildes jedoch nichts mit. Da das Landgericht von der Möglichkeit, gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf eine bei den Akten befindliche Abbildung zu verweisen, keinen Gebrauch gemacht hat, ist dem Senat deren Anschauung verwehrt.
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b) Die Feststellungen belegen auch, dass der Angeklagte das Kennzeichen einer unbestimmten Vielzahl von Personen zugänglich gemacht und damit öffentlich verwendet hat. Nach ständiger Rechtsprechung erfüllt jedes Gebrauchmachen von nationalsozialistischen Kennzeichen das Tatbestandsmerkmal des Verwendens, ohne dass es darauf ankommt, ob es nach den Umständen als Bekenntnis zu den Zielen der verbotenen Organisation aufgefasst werden kann (BGH, Urt. v. 18. Oktober 1972, 3 StR 1/71, NJW 1973, 106; OLG Braunschweig, Urt. v. 5. Oktober 2022, 1 Ss 34/22, BeckRS 2022, 27733 Rn. 14 m.w.N.).
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c) Der Straftatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB bedarf indessen, was die Berufungskammer im Ansatz auch zutreffend erkannt hat (UA S. 6), einer Einschränkung. Der Gebrauch eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation, der dem Schutzzweck der Norm ersichtlich nicht zuwiderläuft, wird vom Tatbestand nicht erfasst (BGH, Urt. v. 15. März 2007, 3 StR 486/06, NJW 2007, 1602 Rn. 12). Das Landgericht hat seiner Bewertung, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorlägen, einen zu engen Maßstab zugrunde gelegt, der dem Grundrecht der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung trägt.
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(1) § 86a StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das Gefahren abwehrt, die schon allein mit dem äußeren Erscheinungsbild des Kennzeichens verbunden sind, ohne dass es auf einen Unterstützungswillen ankommt (BVerfG, Kammerbeschl. v. 18. Mai 2009, 2 BvR 2202/08, NJW 2009, 2805 f.). Sein Schutzzweck ist die Abwehr einer Wiederbelebung der verbotenen Organisation oder der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symbolhaft hinweist. Zudem dient sie der Wahrung des politischen Friedens dadurch, dass jeglicher Anschein einer solchen Wiederbelebung vermieden werden soll, ebenso wie der Eindruck bei in- und ausländischen Beobachtern des politischen Geschehens in der Bundesrepublik Deutschland, es gebe in ihr eine rechtsstaatswidrige innenpolitische Entwicklung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen der durch das Kennzeichen angezeigten Richtung geduldet würden (BGH NJW 2007, 1602 Rn. 5). Darüber hinaus will § 86a StGB verhindern, dass die Verwendung von Kennzeichen verbotener verfassungsfeindlicher Organisationen - ungeachtet der damit verbundenen Absichten - sich wieder derart einbürgert, dass das Ziel, solche Kennzeichen aus dem Bild des politischen Lebens in der Bundesrepublik grundsätzlich zu verbannen, nicht erreicht wird, mit der Folge, dass sie schließlich auch wieder von den Verfechtern der politischen Ziele, für die das Kennzeichen steht, gefahrlos gebraucht werden können (BGH NJW 1973, 106, BGH NJW 2007, 1602 Rn. 5); insoweit kann von einem „kommunikativen Tabu“ gesprochen werden (BVerfG NJW 2009, 2805, 2806). Nach diesen Grundsätzen fällt die gegenständlich inkriminierte Verwendung des Hakenkreuzes zunächst unter die Strafnorm.
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(2) Bei wortgetreuer Auslegung des Tatbestands würde diese jedoch, abgesehen von Fällen der sog. Sozialadäquanzklausel des § 86a Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 4 (derzeit geltende Fassung vom 22.September 2021) StGB, jegliches Verwenden eines Kennzeichens und damit auch Handlungen als strafbar erachten, die dem Schutzzweck nicht zuwiderlaufen oder sogar in seinem Sinne wirken sollen. Der Tatbestand des § 86a StGB ist daher, um auch dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen, einschränkend auszulegen. Der Gebrauch eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation wird von ihm dann nicht erfasst, wenn der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zu Ausdruck bringt (BGH NJW 2007, 1602, Rn. 12; OLG Rostock, Beschluss vom 8. Februar 2022, 1 Ss 74/21, BeckRS 2022, Rn. 17 f.; BayObLG BeckRS 2022, 28616 Rn. 16 m.w.N.; vgl. auch BVerfG NJW 2009, 2805 Rn. 18). Gerechtfertigt ist dies aber nur, wenn sich die Gegnerschaft eindeutig und offenkundig ergibt und ein Beobachter sie somit auf Anhieb zu erkennen vermag; ist dagegen der Aussagegehalt einer Darstellung mehrdeutig oder die Gegnerschaft nur undeutlich erkennbar, so ist der Schutzzweck des § 86a StGB verletzt (BGH a.a.O.; OLG Rostock a.a.O. Rn. 18; BayObLG a.a.O.). Der Bundesgerichtshof hat unter Berücksichtigung dieser gebotenen Tatbestandseinschränkung beispielsweise die Verwendung des Symbols des sog. „Umweltmännchens“, einer stilisierten Figur, die einen Abfallgegenstand mit ausgestrecktem Arm in einen Abfallbehälter wirft und so zur Sauberhaltung etwa von Parkanlagen auffordert, welches der Angeklagte in abgeänderter Form dergestalt dargestellt hatte, dass der Abfallgegenstand durch ein Hakenkreuz ersetzt worden war, als nicht für strafbar erachtet. Es werde durch das auf diese Weise abgeänderte Symbol ersichtlich zum Ausdruck gebracht, dass dies nichts wert und daher wegzuwerfen sei (BGH NJW 2007, 1602 Rn. 17).
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(3) Nach diesen Maßstäben handelt es sich unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände des konkreten Falles, die das Landgericht festgestellt hat, bei der vom Angeklagten in seinen Facebook-Account eingestellten Darstellung nicht um eine strafbare Verwendung von Kennzeichen; ob neben dem Hakenkreuz dabei auch ein Kopfbild von Hitler Verwendung gefunden hat, kann dahingestellt bleiben.
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(i) Um dem Grundrecht der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG angemessen Rechnung zu tragen, ist bei der Prüfung der Strafbarkeit einer Äußerung zunächst deren objektiver Sinn zu ermitteln, wobei nicht die subjektive Absicht des sich Äußernden und nicht das subjektive Verständnis eines von einer Äußerung Betroffenen maßgeblich ist, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat. Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, zudem sind der sprachliche Kontext, in dem die Äußerung steht und die Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, zu berücksichtigen; fernliegende Deutungen sind auszuschließen (BVerfG, Kammerbeschl. v. 19. Dezember 2021, 1 BvR 1073/20, NJW 2022, 680 Rn. 28; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995, 1 BvR 1476/91, BvR 1980/91, BvR 103/92 und BvR 221/92, NJW 1995, 3303, 3305). Diese für Fälle beleidigender Äußerungen vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Auslegungsgrundsätze sind im Ausgangspunkt auch auf die Auslegung von Äußerungen bzw. die Verwendung von Kennzeichen entsprechend anzuwenden, deren Strafbarkeit nach § 86a Abs. 1 StGB zu prüfen ist. Davon abweichend gilt jedoch folgende Einschränkung: Während im Rahmen des § 185 StGB im Falle von mehrdeutigen Äußerungen maßgeblich ist, ob eine der nicht auszuschließenden Bedeutungsvarianten straffrei wäre (BVerfG NJW 1995, 3303, 3305), verhält es sich, wie bereits ausgeführt, bei 86a StGB umgekehrt so, dass der Tatbestand lediglich dann entfällt, wenn eine seinem Gesetzeszweck nicht zuwiderlaufende eindeutige Distanzierung von den Zielen der betreffenden Organisation und ihrer Ideologie erfolgt. Ist der ermittelte Aussagegehalt hingegen insoweit mehrdeutig oder die Gegnerschaft nur undeutlich erkennbar, ist der Schutzzweck des § 86a StGB verletzt (BGH NJW 2007, 1602 Rn. 12). Eine Auslegungsvariante, die zur Straffreiheit führen könnte, steht im Fall der Mehrdeutigkeit einer Strafbarkeit folglich nicht entgegen.
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(ii) Diesen Vorgaben wird die Deutung der Verwendung, die das Berufungsgericht vorgenommen hat, nicht gerecht.
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Zunächst vermittelt die vom Angeklagten verwendete Darstellung bereits aus sich heraus eine Distanzierung vom Nationalsozialismus und der nationalsozialistischen Ideologie, indem sie auf 21 Millionen Todesopfer des Regimes verweist. Dies geschieht zwar in englischer Sprache („21 Million Dead“); der Sinngehalt der Aussage erschließt sich aber auch für den flüchtigen Leser bzw. Betrachter eindeutig durch Beifügung des allgemein, universell verständlichen Symbols eines Totenkopfes. Weitere Aussagen über das nationalsozialistische Regime, die von einem unvoreingenommenen, den Facebook-Eintrag zur Kenntnis nehmenden Publikum in anderer als lediglich ablehnender Weise gedeutet werden könnten, sind nicht getroffen und ergeben sich auch nicht implizit aus der Art der Darstellung. Die bereits durch die Art der Darstellung deutlich erkennbare Gegnerschaft zum Nationalsozialismus wird verstärkt durch die beigefügte textliche Anmerkung. Zwar mag die schlagwortartige Aneinanderreihung mehrerer Fremdwörter („Kollektivistisch, relativistisches bzw. utilitaristisches Menschenbild, autoritär“) für einen flüchtigen Betrachter, nicht auf Anhieb eindeutig verständlich sein; dies gilt um so mehr dann, wenn er aus vom Angeklagten so bezeichneten „bildungsferneren Schichten“ stammt, die er mit seiner Handlung habe ansprechen wollen. Der weiter beigefügte Hinweis darauf, dass es sich um „Ideologien“ mit jeweils „sehr ähnlichen Konsequenzen“ handle, was erkennbar auf die mitgeteilten Zahlen mehrerer Millionen Todesopfer bezogen ist, macht gleichwohl für den unvoreingenommenen Betrachter deutlich, dass (jedenfalls auch) die mit dem verwendeten Hakenkreuz gekennzeichnete Ideologie abzulehnen und zu bekämpfen ist.
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Soweit das Landgericht zu dem Auslegungsergebnis gelangt, dass sich der Vergleich der nationalsozialistischen Ideologie „mit dem Kommunismus sowjetischer und chinesischer Prägung wie auch mit dem Islam“ relativierend auswirke und der Eindruck entstehe, die nationalsozialistische Ideologie sei von ihrer zerstörerischen Wirkung „auch nicht wesentlich schlimmer“ als Kommunismus und Islam, kann der Senat hierfür weder im Wortlaut noch in der Darstellung und den sonstigen Begleitumständen, wie sie in den Feststellungen beschrieben sind, einen Anhalt finden, insbesondere auch nicht in der vom Landgericht angenommenen Deutung, die in ihrem verbrecherischen Ausmaß einzigartige industrialisiert millionenfach durchgeführte nationalsozialistische Vernichtung jüdischen Lebens“ werde verharmlost (UA S. 7). Darauf, ob es sich bei dem vom Angeklagten gewählten Vergleich um eine wertvolle oder wertlose, richtige oder falsche, emotionale oder rational begründete Meinung handelt, kommt es nicht an; diese Unterscheidungen sind im Übrigen für den grundrechtlichen Schutz der freien Meinungsäußerung unerheblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1982, 1 BvR 1376/79, NJW 1983, 1415). Die Ablehnung aller dargestellten Personen und der staatlichen bzw. ideologischen oder religiösen Organsiationen, für die sie aus Sicht des Verfasser stehen, ist jedenfalls evident. Im Rahmen des § 86a StGB ist allein die erkennbare Gegnerschaft zur nationalsozialistischen Ideologie von strafrechtlicher Relevanz.
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b) Der Senat kann ausschließen, dass bezüglich der Handlung vom 30. September 2019 weitere Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten.
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Das Revisionsgericht hebt daher in diesem Umfang die Urteile des Landgerichts Traunstein vom 8. Juni 2022 sowie das Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 7. Dezember 2021 auf spricht den Angeklagten insoweit gemäß § 354 Abs. 1 StPO aus rechtlichen Gründen frei.
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2. Als offensichtlich unbegründet erweist sich die Revision, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen des Facebook-Eintrags vom 1. November 2019 richtet. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur Begründung kann auf die insoweit im Ergebnis zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft im Vorlageschreiben vom 27. September 2022 Bezug genommen werden. Ergänzend führt der Senat in rechtlicher Hinsicht aus:
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Der Schuldspruch wird von den Feststellungen des Berufungsgerichts getragen.
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b) Gemäß diesen Feststellungen hat der Angeklagte zum genannten Zeitpunkt wiederum auf seiner für alle Facebook-Nutzer öffentlich einsehbaren Profilseite ein Bild eingestellt, welches eine Art Denkmal auf einem Sockel mit einem Zitat von Adolf Hitler zeigt, und auf dem ein mit einem Zahnkranz umrahmten Hakenkreuz angebracht ist. Die Inschrift lautet: „Ich bin Sozialist, weil es mir unverständlich erscheint, eine Maschine mit Sorgfalt zu pflegen und zu behandeln, aber den edelsten Vertreter der Arbeit, den Menschen selbst, verkommen zu lassen. Adolf Hitler“. Die Abbildung hatte der Angeklagte aus „Wikimedia.org.“ hochgeladen. Darüber hatte er folgende Textpassage angebracht: „Lesen und mit Aussagen heutiger Politiker vergleichen …“.
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b) Bei dem Hakenkreuz handelt es sich um ein Kennzeichen im Sinne des § 86a Abs. 1 StGB i. V.m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Der Tatbestandsmäßigkeit seiner Verwendung stehen in diesem Fall keine nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen erheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründe entgegen.
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a) Insbesondere handelt es sich, wie das Landgericht zutreffend beurteilt hat, im Gegensatz zur Auffassung der Revision nicht um eine Darstellung, welche in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zur NSDAP und ihrer Ideologie und zum nationalsozialistischen Regime zum Ausdruck bringt.
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Die vom Angeklagten angebrachte Textpassage (es sollten Aussagen heutiger Politiker verglichen werden), ist dazu ersichtlich von vornherein nicht im Ansatz geeignet. Der Text ist kryptisch und seine Zielrichtung objektiv unverständlich. Selbst wenn der Angeklagte damit auf ähnliche Aussagen heutiger Politiker hätte hinweisen wollen, spricht das eher für deren Schmähung als für eine deutliche Ablehnung des Nationalsozialismus. Auf die, wie das Landgericht festgestellt hat, subjektive ablehnende Haltung des Angeklagten zum Nationalsozialismus, kommt es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht an, denn diese hat in der Darstellung objektiv keinen Niederschlag gefunden. Auch der Umstand, dass das verwendete Bild aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen worden ist, lässt die Tatbestandsverwirklichung nicht entfallen. Diese hängt allein von der konkreten Tathandlung, also der Art der Verwendung durch den Angeklagten selbst ab. Wie das Landgericht richtig gesehen hat, ist für die Auslegung der bildlichen und textlichen Äußerung insbesondere nicht der Kontext verschiedener Facebook-Eintragungen des Angeklagten maßgeblich, aus denen möglicherweise seine subjektive Zielrichtung, die nationalsozialistische Ideologie zu bekämpfen, objektiv erkennbar werden könnte. Muss der Leser nach Betrachtung eines verfassungswidrigen Symbols erst „weiterklicken“ und weitere Einträge zur Kenntnis nehmen und diese reflektieren, um ein solches Verständnis zu gewinnen, handelt es sich nicht mehr um einen eindeutige und auch für den flüchtigen Leser bzw. Facebook-Nutzer auf Anhieb zu erkennende Gegnerschaft.
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b) Die strafbarkeitsausschließenden Voraussetzungen der sog. Sozialadäquanzklausel des § 86a Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 4 StGB (zur Tatzeit gleichlautend § 86 Abs. 3 StGB i.d.F. vom 1. Januar 2000) liegen ebenfalls nicht vor. Mit ihrer gegenteiligen Auffassung (S. 4 ff. der Begründungsschrift) kann die Revision nicht durchdringen.
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(1) Die Norm beinhaltet ebenfalls einen Tatbestandsausschluss (BGH, Urt. v. 10. April 2002, 5 StR 485/01, NJW 2002, 2115, 2116). Entscheidend ist, ob der Umgang mit dem Kennzeichen den in Abs. 3 genannten Zwecken dient. Der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen zu seiner Handlungsmotivation angegeben, „im Rahmen staatsbürgerlicher Aufklärung zur Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen“ gehandelt zu haben (UA S. 6). Das Merkmal des „Dienens“ ist indessen nur dann erfüllt, wenn der betreffende Zweck überwiegend gefördert wird, wobei zudem nicht allein auf die subjektive Zielsetzung des Handelnden, sondern auch auf die objektive Zweckförderung abzustellen ist (vgl. Anstötz in MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2021, § 86 Rn. 36 m.w.N.). Soweit die Revision dies in Zweifel zieht, sei erneut auf den bereits dargestellten Gesetzeszweck des § 86a StGB verwiesen (vorstehend sub 2.). Eine Auslegung der Sozialadäquanzklausel, die allein auf eine (behauptete) subjektive Zielrichtung, einen der in § 86 Abs. 4 genannten Zwecke verfolgen zu wollen, abstellen würde, würde es ermöglichen, ohne objektive Distanzierung Kennzeichen zu verwenden, deren Verfassungswidrigkeit auf der Hand liegt und deren Verwendung von Gesetzes wegen mit einem kommunikativen Tabu belegt ist. Dass eine solche rein subjektive Auslegung der Sozialadäquanzklausel dem Gesetzeszweck nicht gerecht würde, liegt auf der Hand.
30
(2) Die vom Angeklagten verwendete Darstellung verfehlt, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend beurteilt hat, die aufgezeigten objektiven Anforderungen. Die Einlassung des Angeklagten, er habe zum Zwecke der Aufklärung insbesondere bildungsfernere Bildungsschichten erreichen wollen, findet in der veröffentlichen Darstellung nicht einmal andeutungsweise einen objektiven Niederschlag. Der auf einem denkmalähnlichen Sockel angebrachte Text, der als von Hitler stammend gekennzeichnet ist, ist gekrönt von einem Hakenkreuz im Zahnkranz. Eine kritische, distanzierende Erläuterung ist nicht beigefügt. Es findet sich lediglich eine inhaltlich rätselhafte und ihrerseits mit keinerlei Erläuterungen oder weiterführenden Hinweisen versehene Aufforderung, Aussagen heutiger Politiker vergleichend heranzuziehen. Gegenwärtige verfassungswidrige Bestrebungen, die es aus Sicht des Angeklagten zu bekämpfen gelte, sind weder ausdrücklich noch sonst aus dem Kontext feststellbar bezeichnet. Bei objektiver Betrachtung der Darstellung mitsamt dem zitierten Text drängt sich ganz im Gegenteil für einen unvoreingenommenen Durchschnittsleser bzw. Facebook-Nutzer die Deutung auf, dass es sich dabei um einen werbenden Eintrag für die Ansichten der zitierten Person und die durch das verwendete Hakenkreuz gekennzeichnete Organisation bzw. Ideologie handelt. Von einer „überwiegenden Förderung“ des behaupteten Ziels, aufklärend zu wirken, kann bei diesem Gesamtbild der Verwendung keine Rede sein.
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c) Das Landgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsfehler Tatvorsatz des Angeklagten bejaht. Die Angriffe der Revision gegen diese Annahme (S. 7 f. des Begründungsschriftsatzes) gehen fehl.
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(1) Es unterliegt nach den Feststellungen zunächst keinem Zweifel, dass der Angeklagte die Tatbestandsmerkmale des § 86a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB wissentlich und willentlich verwirklicht hat. Er hat, was keiner weiteren Erörterung bedarf, gewusst, dass es sich bei dem Hakenkreuz um das Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation handelt, und dass er dieses öffentlich verwendet hat.
33
(2) Der Revision ist einzuräumen, dass das Landgericht nicht ausdrücklich erörtert, dass auch ein Irrtum über das Fehlen der tatsächlichen Merkmale des § 86 Abs. 4 StGB einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum begründen würde (vgl. BGH, NJW 2007, 1602 Rn. 30; Steinsiek in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. 2021, § 86a Rn. 37 und § 86 Rn. 42; Anstötz in MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2021, § 86 Rn. 45; Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 86 Rn. 16), was in gleicher Weise für einen etwaigen Irrtum über die von der Rechtsprechung entwickelten tatbestandseinschränkenden Voraussetzungen § 86a Abs. 1 StGB gelten muss. Der Senat kann nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe jedoch einen Irrtum des Angeklagten über das Vorliegen bzw. Fehlen tatsächlicher Strafbarkeitsvoraussetzungen ausschließen. Dem Angeklagten waren das Erscheinungsbild der verwendeten Darstellung, der Inhalt der von ihm beigefügten Textpassage sowie das Fehlen jeglicher distanzierender Erläuterungen oder sonstiger tatsächlicher Umstände, die auf eine Gegnerschaft zum dargestellten Kennzeichen hingewiesen hätten, bekannt; er handelte mithin auch insoweit in Bezug auf alle Merkmale der tatbestandsausschließenden Voraussetzungen wissentlich und willentlich. Die Revision, die hervorhebt, dass der Angeklagte - wie sich aus der im Urteil wiedergegebenen Einlassung des Angeklagten ergibt - geglaubt habe, eine ausreichende Distanzierung sei ihm gelungen, verkennt, dass selbst bei unterstellter Richtigkeit dieser Einlassung eine derartige Fehlvorstellung keinen Tatbestands- bzw. Erlaubnistatbestandsirrtum begründen würde. Ein Irrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 StGB liegt nur dann vor, wenn sich dieser auf tatsächliche Umstände eines Straftatbestandes oder einer Erlaubnisnorm bezieht, nicht aber dann, wenn dem Täter bekannte Tatsachen von diesem rechtlich unzutreffend bewertet werden. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang aus der Entscheidung des BGH vom 15. März 2007 (NJW 2007, 1602) etwas Gegenteiliges herleiten will, geht dies fehl. Zwar hat der BGH - worauf sich die Revision beruft - ausgeführt, dass der Vorsatz bei einem Verstoß nach § 86a StGB auch die Kenntnis davon voraussetze, dass bei dem in Frage stehenden Artikel die beabsichtigte Distanzierung nicht ausreichend gelungen sei (BGH a.a.O. Rn. 30). Die Revision verkennt jedoch, dass sich diese Ausführungen des BGH auf einen Irrtum des Angeklagten im rein tatsächlichen Bereich bezogen. Der Angeklagte hatte verschiedene Artikel vertrieben, die u.a. mit Hakenkreuzen gekennzeichnet waren, mit welchen jedoch die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht werden sollten, so z.B. das sog. „Umweltmännchen“, das statt eines Abfallgegenstandes ein Hakenkreuz in den Abfallbehälter wirft. Bei einem der Artikel hatte der Angeklagte „übersehen“, dass die Distanzierung nicht ausreichend gelungen war; dieses Übersehen „bei dessen Einordnung in sein Sortiment“ stellte sich aber ausweislich dieses Kontextes erkennbar als rein tatsächliches „Nicht-Wahrnehmen“ der (unzureichenden) Gestaltung und deshalb als Tatbestandsirrtum dar. Daraus kann für die Auffassung der Revision, auch eine im Hinblick auf die beabsichtigte Distanzierung misslungene Einschätzung ihres Gelingens - in Kenntnis aller Fakten - lasse den Tatvorsatz entfallen, nichts hergeleitet werden.
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2. Die Ausführungen des Landgerichts zur Strafbemessung hinsichtlich der Tat vom 1. November 2019 begegnen zwar rechtlichen Bedenken insoweit, als sich das Gericht nicht ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob der Angeklagte einem Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB unterlegen ist. Zum anderen ist nicht festgestellt, über welchen Zeitraum das betreffende Bild im Facebook-Account des Angeklagten einsehbar war. Die Bedenken erweisen sich im Ergebnis jedoch nicht als durchgreifend. Der Senat kann ausschließen, dass sich dies im Ergebnis zum Nachteil des Klägers ausgewirkt hat.
35
b) Das Landgericht hat das Vorliegen eines Verbotsirrtums beim Angeklagten ausgeschlossen (UA S. 9). Der hierfür angeführten Gründe erweisen sich indessen als lückenhaft und teilweise widersprüchlich.
36
e) Ein die Schuld ausschließender bzw. diese mindernder Verbotsirrtum liegt gemäß § 17 StGB vor, wenn dem Täter die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun. Ein etwaiger Irrtum über die Reichweite der Sozialadäquanzklausel kann einen Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB begründen (Steinsiek in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. 2021, § 86a Rn. 37 und § 86 Rn. 42; Anstötz in MünchKomm StGB, 4. Aufl. 2021, § 86 Rn. 45; Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 86 Rn. 16); dies gilt gleichermaßen für einen Irrtum über die Reichweite sonstiger tatbestandsausschließender Merkmale.
37
e) Das Landgericht hat ausgeführt, der Angeklagte habe selbst einen Irrtum über die konkrete Tragweite tatbestandslosen bzw. sozialadäquaten Verhaltens ausgeschlossen (UA S. 9). Diese Begründung greift zu kurz, weil das Gericht insoweit lediglich auf abstrakte Rechtsbegriffe rekurriert und nicht auf das genaue Vorstellungsbild des Angeklagten vom Unrecht seines Tuns unter Berücksichtigung der konkreten Tatumstände eingeht. Zum anderen sind die Gründe auch widersprüchlich, denn ihnen zufolge hat sich der Angeklagten dahin eingelassen, er habe geglaubt, ihm sei eine ausreichende Distanzierung durch die Art der Darstellung und durch seine sonstigen Facebook-Einträge gelungen (UA S. 6). Das Gericht hat noch erkannt, dass auf dieser Grundlage das Vorliegen eines Verbotsirrtums jedenfalls der Erörterung bedurft hätte, denn es weist selbst darauf hin, ein etwaiger Irrtum sei jedenfalls vermeidbar gewesen (UA S. 9), ohne dies jedoch zum Anlass zu nehmen, die Möglichkeit einer Strafrahmenmilderung nach §§ 17 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB zu erörtern.
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e) Die aufgezeigten Begründungsdefizite zwingen jedoch nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht, hätte es einen Verbotsirrtum bejaht, eine noch mildere als die verhängte Geldstrafe festgesetzt hätte.
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(1) Es liegt nach den festgestellten Umständen bereits nicht nahe, dass der Angeklagte überhaupt einem Verbotsirrtum unterlegen ist. Unrechtseinsicht liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011, NJW 2011, 1236 Rn. 34). Angesichts dessen, dass das Fehlen einer auch nur angedeuteten Distanzierung von dem vom Angeklagten verwendeten Kennzeichen eklatant ist, hat der Senat jedenfalls im Hinblick auf den im Urteil festgestellten Bildungsgrad des Angeklagten und der von ihm angegebenen wissenschaftlichen Befassung u.a. mit den Ursachen von Gewalt durch politische Ideologien (UA S. 5) erhebliche Zweifel daran, dass ihm dieses Defizit verborgen geblieben sein könnte.
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(2) Die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums hat das Landgericht zutreffend ausgeschlossen (UA S. 9), wobei der Senat ergänzend anzumerken hat, dass die gebotene Einholung eines seriösen Rechtsrats durch den Angeklagten mit Sicherheit zur Behebung des Irrtums geführt hätte (zu diesem Erfordernis vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 17 Rn. 15 m.v.w.N.). Im Hinblick auf das offensichtliche Fehlen von Umständen, die eine sozialadäquaten Kennzeichenverwendung hätten begründen können, kann daran kein Zweifel bestehen.
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(3) Soweit das Landgericht - wenn auch nicht tragend, sondern lediglich hilfsweise - angenommen hat, ein etwaiger Verbotsirrtum sei vermeidbar gewesen, hat es zwar versäumt, sich konsequenterweise mit einer etwaigen Verschiebung der Strafrahmenobergrenze gemäß §§ 17 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB (ggf. hilfsweise) zu befassen. Der Senat kann jedoch ausschließen, dass die Bestimmung der Strafe zum Nachteil des Angeklagten hierauf beruht, § 337 Abs. 1 StPO.
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Zum einen liegt es angesichts der dargelegten objektiven und subjektiven Gesamtumstände bereits fern, das Landgericht von der fakultativen Milderung des Strafrahmens Gebrauch gemacht hätte. Zum anderen kann selbst für diesen Fall ausgeschlossen werden, dass das verhängte Strafmaß von 50 Tagessätzen noch geringer ausgefallen wäre. Es orientiert sich erkennbar nicht an der Obergrenze des Strafrahmens des § 86a StGB, sondern an dessen unterem Rand. Dieser hätte sich durch eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 17 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB nicht verändert. Bereits im Hinblick auf die Art der Darstellung des Hakenkreuzes - einem Denkmal gleich auf einem Sockel stehend - als auch auf die nicht nur unzureichend zum Ausdruck gebrachte, sondern objektiv nicht einmal angedeutete Gegnerschaft zu der dadurch gekennzeichneten Ideologie, sowie im Hinblick auf die auf die Art seiner Verbreitung in einem sozialen Netzwerk, bewegt sich die moderate Strafe ohnehin am untersten Rand einer dem verwirklichten Unrecht noch gerecht werdenden Sanktion.
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b) Das Landgericht hat, obgleich dies in Fällen wie dem gegenständlichen regelmäßig ein bestimmender Strafzumessungsfaktor sein kann, nicht festgestellt, über welchen Zeitraum die Darstellung auf dem Facebook-Account des Angeklagten einsehbar war. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist es ersichtlich lediglich von einer öffentlichen Einsehbarkeit am Tattag selbst ausgegangen und hat dies, auch ohne es ausdrücklich in die Abwägung einzustellen, auch seiner Strafbemessung zugrunde gelegt. Damit ist auszuschließen, dass sich das Fehlen weiterer Feststellungen zum Nachteil des Angeklagten auf die Strafhöhe ausgewirkt haben kann.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1 Satz 1, 467 Abs. 1 StPO.