Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 29.11.2022 – Vf. 5-VI-22
Titel:

Landesverfassungsbeschwerde gegen eine nach Bundesrecht ergangene Gerichtsentscheidung

Normenketten:
BV Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 86 Abs. 1 S. 2, Art. 91 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1, Abs. 2, Art. 124 Abs. 1, Art. 125, Art. 126 Abs. 1 S. 1
VfGHG Art. 51 Abs. 1
FamFG § 37 Abs. 2, § 68 Abs. 4 S. 1
Leitsätze:
Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 29. November 2022 über die Verfassungsbeschwerde des Herrn M. T. in O. gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 30. November 2021 Az. 26 UF 903/20, berichtigt durch Beschluss vom 28. Dezember 2021
1. Ist die mit einer Verfassungsbeschwerde angefochtene Entscheidung eines Gerichts unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, beschränkt sich die Prüfung des Landesverfassungsgerichts darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. (Rn. 38) (red. LS Axel Burghart)
2. Gerichtsentscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, überprüft das Landesverfassungsgericht bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Landesverfassung verletzt wurde, das mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist. (Rn. 38) (red. LS Axel Burghart)
3. Die Erhebung einer Anhörungsrüge ist zur Erschöpfung des Rechtswegs auch in Ansehung der Rüge einer Verletzung anderer Grundrechte erforderlich, wenn der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör zwar nicht ausdrücklich rügt, seine auf andere Grundrechte bezogenen Rügen aber der Sache nach den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffen. (Rn. 49) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Teilweise unzulässige, im Übrigen unbegründete Verfassungsbeschwerde gegen eine in einer Kindschaftssache ergangene Beschwerdeentscheidung, Verfassungsbeschwerde, Willkür, rechtliches Gehör, Anhörungsrüge, Rechtswegerschöpfung, Landesverfassungsgericht, Bundesrecht, gesetzlicher Richter
Vorinstanzen:
OLG München, Berichtigungsbeschluss vom 28.12.2021 – 26 UF 903/20
OLG München, Beschluss vom 30.11.2021 – 26 UF 903/20
AG München, Beschluss vom 02.07.2020 – 535 F 4745/20
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34518

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 1.000 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine in einer Kindschaftssache ergangene Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts München vom 30. November 2021 Az. 26 UF 903/20, durch die ein vorausgegangener Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - München vom 2. Juli 2020 Az. 535 F 4745/20 teilweise abgeändert und das vom Beschwerdeführer eingelegte Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen wurde. Des Weiteren begehrt der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
2
1. Der Beschwerdeführer ist Vater von drei Kindern, des derzeit zwölfjährigen H., der zehnjährigen R. und des siebenjährigen L. Im Jahr 2018 trennte sich der Beschwerdeführer von der Mutter der Kinder, mit der er nicht verheiratet war. Nachdem die Eltern zunächst noch weiter im gemeinsamen Haus gewohnt und die Betreuung der Kinder unter sich aufgeteilt hatten, zog der Beschwerdeführer am 1. August 2019 in eine eigene Wohnung. In einem ersten familiengerichtlichen Verfahren Az. 535 F 7131/18 trafen die Eltern, die das gemeinsame elterliche Sorgerecht haben, am 15. Mai 2019 eine Vereinbarung über die Betreuung der Kinder. Eine gerichtliche Billigung der Umgangsregelung nach § 159 Abs. 2 FamFG erfolgte nicht. Von dieser Regelung wichen die Eltern ab März 2020 ab, weil die Kinder aufgrund der Corona-Pandemie die Schule nicht mehr besuchen konnten. Zuletzt wurde nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts im angegriffenen Beschluss ein Betreuungsmodell praktiziert, bei dem der Beschwerdeführer sein Umgangsrecht in einer Woche von Donnerstagmorgen bzw. (nur betreffend R.) Mittwochmorgen bis Freitagmorgen bzw. (nur betreffend H.) Freitagabend und in der Folgewoche von Donnerstagmorgen bzw. (nur betreffend H.) Mittwochmorgen bis Sonntagabend ausübte und die Kinder in den übrigen Zeiten von der Mutter betreut wurden.
3
2. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2020 beantragte die damalige Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers beim Amtsgericht München die Anordnung eines sogenannten paritätischen Wechselmodells mit wochenweisem Wechsel.
4
Die Aufteilung der Kinderpflege und -erziehung müsse zu exakt gleichen Teilen zwischen den Elternteilen erfolgen, um deren grundrechtlich gesicherte Positionen nicht zu beeinträchtigen oder notwendige Beeinträchtigungen zumindest gleichmäßig auf die gleichberechtigten und in gleichem Maß kompetenten Elternteile zu verteilen. Das Wohl der Tochter R. sei durch den Aufenthalt bei ihrer Mutter gefährdet; R. sei krankhaft übergewichtig.
5
Die Mutter der Kinder beantragte die Zurückweisung des Antrags. Für eine Abänderung der Betreuungsregelung fehlten die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen.
6
Das Amtsgericht bestellte den Kindern eine Rechtsanwältin als Verfahrensbeiständin, hörte in mündlicher Verhandlung die Kinder, die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt an und wies den Antrag des Beschwerdeführers durch Beschluss vom 2. Juli 2020 als unbegründet zurück. Eine Abänderung der derzeitigen Betreuungsregelung entspreche nicht dem Kindeswohl. Die Kinder hätten sich bei ihrer gerichtlichen Anhörung mit dem jetzigen Modell einverstanden erklärt; H. lehne das vom Vater gewünschte Modell ausdrücklich ab. Die Verfahrensbeiständin habe berichtet, dass R.´s Kinderärztin geäußert habe, das Mädchen sei zwar übergewichtig, jedoch nicht im adipösen Bereich. Auch die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt hätten sich für eine Beibehaltung des aktuellen Betreuungsmodells ausgesprochen. Eine auf das Wohl der Kinder ausgerichtete Kommunikation zwischen den Beteiligten sei nicht oder nur sehr schwer möglich. Die Kinder würden vom Beschwerdeführer in die Streitigkeiten der Eltern über das Betreuungsmodell hineingezogen. Der Beschwerdeführer versuche, seinen Willen ungeachtet der Angaben der Kinder bei ihrer Anhörung durchzusetzen. Nach Auffassung des Gerichts liege es auch nicht im wohlverstandenen Interesse der Kinder, wenn der Beschwerdeführer seine Tochter jedes Mal zu Beginn und zu Ende des Umgangs wiege und auf ihr Gewicht kontrolliere. Die Beibehaltung des derzeit praktizierten Betreuungsmodells entspreche dem Kontinuitätsprinzip und dem Willen der Kinder.
7
3. Mit der Beschwerde zum Oberlandesgericht verfolgte der Beschwerdeführer weiterhin die Anordnung einer von ihm nun als „paritätisches Doppelresidenzmodell“ bezeichneten Betreuung der Kinder, wonach der Lebensmittelpunkt der Kinder im wöchentlichen Wechsel an jedem Freitag um 18 Uhr auf den jeweils anderen Elternteil übergehen sollte. Außerdem sollte jedes Kind die Möglichkeit haben, auf eigenen Wunsch während der Betreuungswoche eines Elternteils einen Tag beim anderen Elternteil zu verbringen („Exklusivtag“). Für Ferienzeiten strebte er eine modifizierte Regelung an.
8
Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, das Amtsgericht habe den Sachverhalt im angefochtenen Beschluss teilweise unrichtig dargestellt, sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen und habe sich nicht unvoreingenommen mit dem Kindeswillen und -wohl auseinandergesetzt. Zwischen den Parteien finde laufend eine zielorientierte, wirksame und völlig reibungslos verlaufende Kommunikation statt. Der einzige streitige Punkt sei R.´s Übergewicht. Eine paritätische Betreuung sei bisher mit unhaltbaren Begründungen verwehrt worden. Nur sie hebe aber die Gleichberechtigung der Eltern in der Erziehung hervor.
9
4. Der Familiensenat des Oberlandesgerichts übertrug durch Beschluss vom 1. Dezember 2020 gemäß § 68 Abs. 4 Satz 1 FamFG das Beschwerdeverfahren der Richterin am Oberlandesgericht M. als Einzelrichterin zur Entscheidung.
10
Diese erließ am 22. März 2021 einen Hinweisbeschluss, demzufolge beabsichtigt sei, unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen die Entscheidung des Familiengerichts dahin abzuändern, dass eine gerichtliche Fixierung der bisher praktizierten Umgangsregelung einschließlich der vom Beschwerdeführer beantragten Ferienregelung unter teilweiser Abänderung der von den Eltern ursprünglich getroffenen Vereinbarung erfolge. Eine erneute Anhörung der Beteiligten, insbesondere der Kinder, erscheine nicht erforderlich.
11
Mit Schriftsatz vom 27. April 2021 nahm der neue Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers zum Hinweisbeschluss Stellung und beantragte die Rückübertragung des Beschwerdeverfahrens auf den Senat sowie die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Eine persönliche Anhörung der Kinder sei geboten.
12
5. Eine Rückübertragung der Sache auf den Senat erfolgte nicht. Am 22. Juli 2021 hörte die Einzelrichterin die Kinder im Beisein der Verfahrensbeiständin an. Mit Schreiben vom 27. Juli 2021 übermittelte das Gericht den Beteiligten den Vermerk über die Kindesanhörung und wies unter anderem darauf hin, dass mit Blick auf die von den Kindern in der Anhörung geäußerten Wünsche zumindest bei H. und R. die Anordnung eines Wechselmodells möglich erscheine. Ein entsprechender Vorschlag der Verfahrensbeiständin erscheine erwägenswert. Die Verfahrensbevollmächtigten der Eltern sowie die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt nahmen hierzu jeweils erneut schriftlich Stellung.
13
Mit Schriftsatz vom 23. September 2021 stellte der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers weitere Anträge, deren Ziel unter anderem die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts und der alleinigen Gesundheitssorge für R. auf ihn war. Das Gericht wies mit Verfügung vom 28. September 2021 darauf hin, dass diese Anträge unzulässig seien. Sie beträfen die elterliche (Teil-)Sorge, die aber nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei. Die Anträge müssten beim Familiengericht gestellt werden. Zudem seien die Anträge geeignet, zumindest hinsichtlich R. erneute Zweifel am Gelingen eines Wechselmodells aufkommen zu lassen.
14
In der Sitzung des Oberlandesgerichts vom 7. Oktober 2021 wurde die Sach- und Rechtslage in Anwesenheit der Beteiligten und zweier Vertreterinnen des Jugendamts erörtert. Gegenstand der Erörterung waren insbesondere die neu gestellten Anträge des Beschwerdeführers. Die Vertreterinnen des Jugendamts wurden ausweislich des Sitzungsvermerks „erneut angehört, auch im Hinblick auf die neu gestellten Anträge“. Hinsichtlich des Ferienumgangs wurde von den Beteiligten auf Vorschlag der Einzelrichterin eine Vereinbarung protokolliert. Der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers erklärte daraufhin die Rücknahme der mit Schriftsatz vom 23. September 2021 gestellten weiteren Anträge. Das Gericht kündigte durch Beschluss eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach einer ergänzenden Stellungnahme der krankheitsbedingt nicht im Termin anwesenden Verfahrensbeiständin an.
15
Die Verfahrensbeiständin nahm mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2021 ergänzend Stellung und teilte unter Verweis auf frühere Stellungnahmen mit, dass eine eventuelle erneute Erweiterung des zunächst beantragten Umgangsmodells im Rahmen eines erneuten Verfahrens geklärt werden müsste, wobei dann eine familienpsychologische sachverständige Prüfung unumgänglich erscheine. Die Eltern stritten seit 2018 über einen Umgangsmodus, wobei punktuelle Aussagen der Kinder jeweils für jeden Elternteil als ausschlaggebend angesehen würden und die Eltern sich gegenseitiges Erziehungsversagen vorwürfen. Vor dem Hintergrund, dass dann eine weitere Geschwistertrennung entstünde, müsste dies erneut intensiver geprüft werden. Es sei offenbar, dass eine Befriedung der familiären Situation zeitnah nicht zu erreichen sei.
16
6. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 30. November 2021 änderte das Oberlandesgericht die angefochtene Entscheidung des Familiengerichts hinsichtlich der Umgangszeiten außerhalb der bereits in der Vereinbarung vom 7. Oktober 2021 geregelten Ferienzeiten so, wie im Hinweisbeschluss angekündigt, ab und wies die Beschwerde im Übrigen zurück. Ein Schreibfehler in der Kostenentscheidung wurde mit Beschluss vom 28. Dezember 2021 berichtigt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Oberlandesgericht an, dass das Familiengericht zu Recht die Installierung eines paritätischen Wechselmodells im wöchentlichen Wechsel abgelehnt habe, und nahm insoweit zunächst auf die Ausführungen in Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts vom 2. Juli 2020 Bezug. Ergänzend führte es im Wesentlichen Folgendes aus:
17
Entscheidungsmaßstab sei § 1684 Abs. 1 BGB, da eine gerichtlich genehmigte Vereinbarung zum Umgangsrecht bisher nicht vorliege. Danach habe das Familiengericht grundsätzlich die Regelung zu treffen, die unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern dem Kindeswohl nach § 1697 a BGB am besten entspreche. Bei Zugrundelegung der von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze erscheine die Anordnung eines echten Wechselmodells nicht kindeswohltauglich. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei das Wechselmodell nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als Regelfall anzuordnen, sondern bedürfe einer intensiven Prüfung des Kindeswohls. Ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sei zumindest in der vorliegenden Entscheidung nicht zu sehen, da der Beschwerdeführer ein äußerst umfangreiches Umgangsrecht habe, das nach seiner eigenen Schilderung sogar zum Teil mehr als den hälftigen Umfang einnehme, sodass sein Recht auf Übernahme elterlicher Verantwortung, Kontakt und Einflussnahme auch durch die bereits bestehende Umgangsregelung hinreichend gewahrt sei.
18
Die ursprünglich von den Eltern einvernehmlich getroffene Regelung zum Umgangsrecht habe ein Residenzmodell zum Inhalt und ein Wechselmodell zum Ziel gehabt. Nachdem die vereinbarte Teilnahme an einer Erziehungsberatung gescheitert sei, sei das Residenzmodell fortgesetzt und in gewissem Umfang erweitert, ein paritätisches Wechselmodell jedoch nie gelebt worden. Dieses sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass annähernd gleiche zeitliche Betreuungsanteile übernommen würden, sondern auch die Hauptverantwortung für die Erziehung geteilt werde. Dass eine derartige paritätische Mitbetreuung bisher gerade nicht vorgelegen habe, ergebe sich bereits aus dem Antrag des Beschwerdeführers, diese nunmehr zu installieren. Die im elterlichen Konsens getroffene Entscheidung spreche dafür, dass sie dem Kindeswohl entsprochen habe und auch weiterhin entspreche. Zutreffend habe das Familiengericht festgestellt, dass die Installation eines echten Wechselmodells an der fehlenden Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern scheitere. Zwar belegten zwischen den Beteiligten gewechselte Nachrichten, dass die Eltern in regem Austausch miteinander stünden. Nicht zuletzt ihre Aussagen im Verfahren sprächen aber eine andere Sprache. Insbesondere der Vater habe zum Teil massive Vorwürfe gegen die Mutter erhoben und ihr sogar Kindeswohlgefährdung vorgeworfen. Von einem von Vertrauen und Respekt geprägten Verhalten zwischen den Eltern könne nicht annähernd die Rede sein. Audioaufnahmen der Angaben der Kinder und nicht zuletzt die Tatsache, dass R. in ihrer Anhörung ein vom Vater entworfenes Umgangsmodell vorgestellt habe, zeigten, dass die Kinder in die Auseinandersetzung der Eltern einbezogen und unter Druck gesetzt würden. Auch aus dem Bericht der Verfahrensbeiständin gehe hervor, dass sowohl die Lehrer der Kinder als auch die Kinderärztin auf erhebliche Kommunikations- und Kooperationsdefizite hingewiesen hätten. Zwar sei auch für die Einzelrichterin am Rande der Kindesanhörung der Eindruck entstanden, die Eltern hätten sich angenähert und seien zum Wohl der Kinder bereit, ihre bestehenden Differenzen zurückzustellen. Dieser Eindruck sei aber nachfolgend durch die zusätzlich gestellten Anträge des Vaters sowie die Interaktion beider Eltern in der mündlichen Verhandlung erheblich in Frage gestellt worden. Eine konstruktive Kommunikation der Eltern im Termin sei, sobald die Frage des Ferienumgangs nach einer Diskussion von ca. zwei Stunden geregelt gewesen sei, nicht möglich gewesen. Jeder Vorschlag des Gerichts habe in wechselseitigen Vorwürfen und Anschuldigungen der Eltern geendet. Nicht zuletzt die Anträge des Vaters auf Teilsorgerechtsübertragung bezüglich R. und ein neuer, auf einen Obhutswechsel gerichteter Umgangsantrag begründeten erhebliche Zweifel am Funktionieren eines Wechselmodells. Diese Anträge seien zwar auf Hinweis des Gerichts zu formellen Bedenken zwischenzeitlich zurückgenommen worden; der Vater habe aber auf Nachfrage alle erhobenen Vorwürfe wiederholt und der Mutter Versagen im Bereich der Gesundheitsfürsorge für R. vorgeworfen. Das zeige, dass er selbst offensichtlich nicht hinter dem von ihm beantragten Wechselmodell stehe, zumindest was R. betreffe. Wie ein einwöchiger Wechsel der Kinder mit unterschiedlichen Vorstellungen über Ernährung, Gesundheitserziehung und Erziehungsstilen kindeswohltauglich funktionieren solle, entziehe sich der Vorstellungskraft des Gerichts. Während bei einem Residenzmodell die alltägliche Erziehung bei einem Elternteil liege, werde diese beim Wechselmodell gleichberechtigt von beiden Elternteilen ausgeübt und erfordere in weitaus höherem Maß eine kontinuierliche Abstimmung in allen persönlichen, aber auch finanziellen Belangen.
19
Das Oberlandesgericht führte weiter aus, dass die Ablehnung eines paritätischen Wechselmodells auch durch die Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts gestützt werde. Die Verfahrensbeiständin habe, wie bereits in früheren Berichten, in dem vom Oberlandesgericht erholten Bericht noch einmal darauf hingewiesen, dass das aktuelle Modell den unterschiedlichen Wünschen der Kinder am besten gerecht werde und aufgrund der eingeschränkten Kooperation der Eltern ein paritätisches Wechselmodell derzeit nicht installierbar sei. Auch das Jugendamt habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass ein Wechselmodell nur möglich sei, wenn es hinreichend kommuniziert und von den Eltern unterstützt würde. Zudem habe die Vertreterin des Jugendamts im letzten Anhörungstermin darauf hingewiesen, dass die nunmehr zusätzlich bezüglich R. gestellten Anträge Anlass dazu gäben, diese bisherige Einschätzung zu überdenken.
20
Auch die vorgelegten Schreiben der Großeltern und der Lebensgefährtin ließen nicht erkennen, inwieweit die formelle Installierung eines echten Wechselmodells eine Verbesserung der geschilderten negativen Situation bringen könnte. Die Kinder hätten sich bei der letzten Anhörung dafür ausgesprochen, ein Wechselmodell zu versuchen, weil dies gerechter sei, sodass Gericht und Verfahrensbeiständin ein Wechselmodell für erwägenswert gehalten hätten, weil die Gerechtigkeitserwägungen mittlerweile die Wünsche der Kinder überlagern könnten. Angesichts der zutage getretenen Differenzen der Eltern scheine ein Wechselmodell dem Wohl der Kinder aber zu widersprechen. Die Kinder erschienen angesichts ihres Alters nicht in der Lage zu überblicken, dass sie zwischen den unterschiedlichen Erziehungsvorstellungen zerrieben werden könnten.
21
Weil das Verfahren gezeigt habe, dass die Beteiligten auch die generell vereinbarte Umgangsregelung infrage stellten, erscheine zumindest eine gerichtliche Fixierung der bisher praktizierten Umgangsregelung kindeswohltauglich.
II.
22
1. Die am 21. Januar 2022 eingegangene Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 30. November 2021, berichtigt durch Beschluss vom 28. Dezember 2021.
23
Der Beschwerdeführer rügt Verstöße gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV), den Anspruch auf Gleichbehandlung bzw. Gleichberechtigung der Eltern (Art. 118 Abs. 1 und 2 BV), gegen das Rechtsstaatsprinzip in Gestalt des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 3 Abs. 1 BV), gegen den verfassungsrechtlichen Schutz von Familie und Kindern (Art. 124, 125 BV), das Erziehungsrecht der Eltern (Art. 126 Abs. 1 BV) und das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV).
24
a) Das Oberlandesgericht habe seine Entscheidung unter offenkundig gezielt und einseitig verfälschter Darstellung maßgeblicher Tatsachen und damit willkürlich getroffen. Der Prozess der Entscheidungsfindung habe in der Gesamtschau nicht den Grundsätzen einer fairen Verfahrensführung entsprochen, was erst durch die Inhalte des Beschlusses deutlich geworden sei.
25
Insbesondere gebe das Gericht die Aussage des Berichts des Jugendamts vom 5. März 2021 absichtlich und willkürlich verfälscht wieder und verschweige neuere Stellungnahmen des Jugendamts z. B. vom 16. April 2021, die sich für das vom Beschwerdeführer angestrebte Umgangsmodell aussprächen. Zudem behaupte das Gericht, die Vertreterin des Jugendamts habe im Anhörungstermin geäußert, ihre Einschätzung zu überdenken. Das sei frei erfunden. Als Beweismittel hierfür benennt der Beschwerdeführer die beiden mit dem Verfahren befassten Mitarbeiterinnen des Jugendamts.
26
Soweit das Gericht ausführe, die Verfahrensbeiständin habe sich ablehnend gegenüber dem vom Beschwerdeführer erstrebten Betreuungsmodell geäußert, liege dem ein Bericht vom 27. Februar 2021 zugrunde. Neuere, für den Beschwerdeführer positivere Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin vom 23. Juli und 8. September 2021 unterschlage das Gericht.
27
Aus den schriftlichen Angaben der Großeltern und seiner Lebensgefährtin, die als Anlagenkonvolut 6 zur Verfassungsbeschwerdeschrift vorlegt wurden, ergebe sich unmissverständlich, dass die Situation nach Ansicht der Zeugen verbessert würde, wenn die Kinder mehr Zeit beim Beschwerdeführer verbringen und nur einmal pro Woche zum anderen Elternteil wechseln würden. Auch hier nehme das Gericht die Tatsachen nur scheinbar zur Kenntnis, um sie anschließend zu verwerfen. Es könne nahezu ausgeschlossen werden, dass ein unbeabsichtigtes Missverständnis des Gerichts vorliege. Es scheine sich um eine vorsätzliche Falschdarstellung zu handeln.
28
Die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers mit den vom Gericht genutzten Argumenten sei absurd, sachfremd und dadurch willkürlich. Die maßgeblichen Anhaltspunkte habe das Gericht ohne Einzelfallbezug aus anderen familiengerichtlichen Beschlüssen herauskopiert. Im Wesentlichen beziehe das Gericht sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2017 (BGH FamRZ 2017, 532). Der dort entschiedene Fall betreffe einen anders gelagerten Sachverhalt, nämlich einen einzigen Wochenendumgang innerhalb von 14 Tagen. Vorliegend hingegen hätten die Kinder zwei vollwertige Wohnsitze, zwischen denen sie ständig hin und her pendelten, und es gebe einen ständigen Austausch zwischen beiden Haushalten. Diese Situation sei nicht ansatzweise mit einem rudimentären Wochenendumgang vergleichbar.
29
Das Gericht habe auf Seite 13 des angegriffenen Beschlusses unverändert einen Passus aus dem Hinweisbeschluss vom 23. (richtig: 22.) März 2021 zu den angeblich fehlenden Voraussetzungen für ein echtes paritätisches Wechselmodell übernommen und gezielt unerwähnt gelassen, dass es in dem neueren Hinweis vom 27. Juli 2021 die Anordnung eines Wechselmodells für möglich erklärt habe.
30
b) Nicht nur der Prozess der Entscheidungsfindung, sondern auch die einseitige Beweiswürdigung sei willkürlich.
31
Die Einzelrichterin habe zwar die Argumente des Beschwerdeführers mehr oder weniger aufgenommen, doch keinem dieser Argumente ausschlaggebendes Gewicht beigemessen. Unbelegten Argumenten der Beschwerdegegnerin hingegen habe sie unumstößliche Geltung zugestanden. In Bezug auf die angeblich fehlende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern und die zwischen diesen gewechselten Nachrichten habe das Gericht wiederum einen Satz zur Gänze aus dem Hinweisbeschluss kopiert, ohne sich ein eigenes Bild zu machen. Das Gericht orientiere sich offensichtlich allein an der entsprechenden Behauptung der Mutter. Ein faires Verfahren sei nicht gewährleistet worden.
32
Dies gelte auch, soweit das Gericht auf Seite 12 des angegriffenen Beschlusses behaupte, die Vertreterinnen des Jugendamts hätten im Termin bestätigt, dass eine Adipositas-Erkrankung der R. nicht vorliege. Das sei frei erfunden.
33
Letzteres treffe auch auf die Ausführungen zum Ablauf des Verhandlungstermins vom 7. Oktober 2021 zu, wonach eine konstruktive Kommunikation der Eltern nach einer etwa zweistündigen Diskussion zur Ferienregelung nicht möglich gewesen sei und jeder Vorschlag des Gerichts in wechselseitigen Vorwürfen und Anschuldigungen der Eltern geendet habe.
34
c) Der Beschluss verletze den Schutz der Familie und in diesem Zusammenhang auch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Eltern, weil danach beiden Elternteilen identische Anteile an der Betreuungszeit zuzubilligen seien. Das Gericht räume willkürlich der Mutter Vorrang vor dem Vater ein. Die Entscheidung des Gerichts werte die Familie des Beschwerdeführers und ihren Schutz gegenüber derjenigen der Mutter ab.
35
d) Die Übertragung des Beschwerdeverfahrens auf die Einzelrichterin verletze das Recht auf den gesetzlichen Richter. Der Fall sei komplex und von besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art geprägt. Das ergebe sich aus den umfangreichen Schriftsätzen und schriftlichen Beweismaterialien sowie aus den mehrfach wechselnden Ansichten des Gerichts. Es habe gegolten, zahlreiche Abwägungen zu treffen und sämtliche Aspekte rechtlich zu würdigen. Die Einzelrichterin sei mit der tatsächlichen Komplexität überfordert gewesen. Wegen der Komplexität und grundsätzlichen Klärungsbedarfs habe der Beschwerdeführer auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.
36
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgesehen.
III.
37
Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zulässig.
38
Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Ist die angefochtene Entscheidung - wie hier - unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. vgl. VerfGH vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/96 ff.; vom 24.8.2022 - Vf. 9-VI-21 - juris Rn. 49 m. w. N.).
39
1. Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist die Rüge einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) als solchem unzulässig, weil es keine subjektiven verfassungsmäßigen Rechte verbürgt, sondern objektives Verfassungsrecht beinhaltet (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 18.3.2020 BayVBl 2020, 372 Rn. 37; vom 24.8.2022 - Vf. 9-VI-21 - juris Rn. 50 m. w. N.).
40
2. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde auch, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 125 BV geltend macht. Diese Bestimmung enthält kein Grundrecht, sondern einen Programmsatz, auf dessen Verletzung die Verfassungsbeschwerde nicht in zulässiger Weise gestützt werden kann (vgl. VerfGH vom 18.3.1997 VerfGHE 50, 67/75; vom 21.10.2008 BayVBl 2009, 395/397; vom 12.1.2015 VerfGHE 68, 1 Rn. 17).
41
3. Auch die Rügen einer Verletzung der Vorschriften der Bayerischen Verfassung zum Schutz der Familie (Art. 124 Abs. 1 BV) und des Erziehungsrechts der Eltern (Art. 126 Abs. 1 Satz 1 BV), zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV) und zur Gleichberechtigung der Geschlechter (Art. 118 Abs. 2 BV) können für sich genommen von vornherein nicht durchgreifen. Diese materiellen Grundrechte stellen im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren keinen geeigneten Prüfungsmaßstab dar, weil die angegriffene Entscheidung in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen ist und ausschließlich auf der Auslegung und Anwendung von Bundesrecht beruht. Wie oben ausgeführt, beschränkt sich in einem solchen Fall die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. Ohne erfolgreiche Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) - woran es hier fehlt (siehe unter IV.) - kann eine Verletzung weiterer materieller Grundrechte der Bayerischen Verfassung nicht geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.3.2004 VerfGHE 57, 16/20; vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 16; vom 21.12.2020 - Vf. 20-VI-18 - juris Rn. 23).
42
4. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren rügt, hat der Verfassungsgerichtshof bisher offengelassen, ob sich ein solches Recht, wie es in Art. 6 EMRK positivrechtlich normiert ist und wie es das Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG herleitet (BVerfG vom 26.5.1981 BVerfGE 57, 250/274 f.; vom 12.11.2020 NJW 2021, 451 Rn. 31 ff.), als ein verfassungsbeschwerdefähiger Grundrechtsanspruch auch aus Art. 101 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ergibt (vgl. VerfGH vom 17.11.2014 VerfGHE 67, 291 Rn. 51; vom 13.1.2022 - Vf. 61-VI-19 - juris Rn. 38, jeweils m. w. N.).
43
Die Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn die Verfassungsbeschwerde ist insoweit nicht in einer den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Weise begründet worden. Danach hat der Beschwerdeführer nicht nur das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung er geltend macht, sondern auch die konkrete Handlung oder Unterlassung, gegen die er sich wendet, zu bezeichnen. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt hiernach nicht nur die genaue Bezeichnung des als verletzt gerügten verfassungsmäßigen Rechts voraus, sondern auch die vollständige und nachvollziehbare Darlegung des Vorgangs, der die behauptete Grundrechtsverletzung enthält. Der Beschwerdeführer hat den wesentlichen Sachverhalt so vorzutragen, dass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß zumindest möglich erscheint (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 18.3.1983 VerfGHE 36, 44/45; vom 9.8.1991 VerfGHE 44, 96/98; vom 12.1.2022 - Vf. 19-VI-21 - juris Rn. 16; vom 15.7.2022 - Vf. 96-VI-20 - juris Rn. 32).
44
Selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers das Bestehen eines über die speziellen Verfahrensgrundrechte der Bayerischen Verfassung hinausgehenden rügefähigen allgemeinen Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren unterstellt, fehlt es auf dieser Grundlage an einer nachvollziehbaren Darlegung eines solchen Verfahrensverstoßes.
45
a) Der Beschwerdeführer stützt die Rüge einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren im Kern auf die gleichen sachlichen und inhaltlichen Erwägungen, die zugleich die Willkür der angegriffenen Entscheidung belegen sollen und damit auf dieselben Aspekte, aus denen er eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) als materieller Grundrechtsrüge herleitet. Diese Erwägungen betreffen die ausweislich der Begründung des angegriffenen Beschlusses vorgenommene Beweiswürdigung, die in verschiedenen Teilbereichen (vgl. im Einzelnen unter IV.: Übernahme von Ausführungen aus dem Hinweisbeschluss in die Entscheidungsbegründung, Verwertung der erholten Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts, Heranziehen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2017, Beurteilung der schriftlich erholten Stellungnahmen der Großeltern der Kinder sowie der neuen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, Beurteilung des Kommunikationsverhaltens des Beschwerdeführers und der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung) sowie insgesamt als willkürlich und „unfair“ beanstandet wird. Die einzelnen Rügen zielen jedoch entgegen der Zuordnung durch den Beschwerdeführer nicht auf Beanstandungen des „Prozesses der Entscheidungsfindung“ und damit das Verfahren ab - wie dies etwa bei Rügen zur Ablehnung etwaiger Beweisanträge oder -anregungen der Fall wäre -, sondern auf die materielle Richtigkeit der Entscheidung selbst. Darin liegt weder eine substanziierte Darlegung von Verfahrensfehlern als Voraussetzung einer etwaigen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren noch kann sie dadurch ersetzt werden.
46
b) Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, es werde erstmals in dem angegriffenen Beschluss deutlich, dass die Verfahrensführung des Gerichts insgesamt unfair gewesen sei, und mit diesen Ausführungen anklingt, dass er eine sog. Überraschungsentscheidung bzw. einen Verstoß gegen § 37 Abs. 2 FamFG rügen könnte, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.
Eine solche Rüge wäre der Sache nach dem Schutzbereich des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) zuzuordnen. Nach § 37 Abs. 2 FamFG darf das Gericht eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte. Dieses Äußerungsrecht ist ein Teil des vom Gericht zu gewährenden rechtlichen Gehörs (vgl. nur Burschel/Perleberg-Kölbel in Hahne/Schlögel/Schlünder, BeckOK FamFG, § 37 Rn. 27). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde aber jedenfalls nicht ausdrücklich; es fehlte im Übrigen auch insoweit an der erforderlichen Substanziierung und die Rüge wäre mangels Rechtswegerschöpfung unzulässig.
47
aa) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 91 Abs. 1 BV ist unter anderem dann verletzt, wenn das Fachgericht einen vor seiner Entscheidung nicht erörterten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und dadurch dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Parteien nach dem bisherigen Verlauf des Rechtsstreits nicht rechnen konnten. In einem solchen Fall legt das Gericht seiner Entscheidung letztlich einen Sachverhalt zugrunde, zu dem die Parteien sich nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung, vgl. VerfGH vom 21.2.1997 VerfGHE 50, 9/13 f.; vom 28.11.2005 VerfGHE 58, 266/269 f.; vom 17.2.2012 - Vf. 97-VI-11 - juris Rn. 39; vom 5.10.2017 - Vf. 55-VI-16 - juris Rn. 31).
48
Einen Gehörsverstoß in diesem Sinn legt der Beschwerdeführer schon deshalb nicht hinreichend substanziiert dar, weil es an ausreichendem Sachvortrag dazu fehlt, was er bei früherer Information über die beabsichtigte Einschätzung einzelner Beweisergebnisse konkret vorgetragen hätte, um eine ihm günstigere Entscheidung zu erreichen, und wie dies die Entscheidung hätte beeinflussen können (vgl. VerfGH vom 15.3.2007 VerfGHE 60, 58/64; vom 19.9.2018 - Vf. 1-VI-18 - juris Rn. 34).
49
bb) Darüber hinaus hätte der Beschwerdeführer, einen substanziierten Sachvortrag zu einem möglichen Gehörsverstoß unterstellt, jedenfalls dem Gebot der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) nicht genügt. Macht ein Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde geltend, das zuletzt angerufene Fachgericht habe sein Recht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) verletzt, so gehört zum Rechtsweg auch die Anhörungsrüge (VerfGH vom 19.12.2005 VerfGHE 58, 289/291; vom 27.2.2017 BayVBl 2018, 34 Rn. 24), hier nach § 44 FamFG. Die Erhebung einer Anhörungsrüge ist zur Erschöpfung des Rechtswegs auch in Ansehung der Rüge einer Verletzung anderer Grundrechte erforderlich, wenn der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör zwar nicht ausdrücklich rügt, seine auf andere Grundrechte bezogenen Rügen aber der Sache nach den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffen. Es steht nicht zur Disposition des Beschwerdeführers, den Umfang des zu erschöpfenden Rechtswegs dadurch zu beeinflussen, dass er seine den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör betreffenden Rügen anderen Grundrechten zuordnet (VerfGH vom 22.8.2016 BayVBl 2017, 282 Rn. 29; vom 4.2.2019 - Vf. 39-VI-18 - juris Rn. 21; vom 11.11.2021 - Vf. 71-VI-20 - juris Rn. 44). Vorliegend wurde vom Beschwerdeführer gegen den angegriffenen Beschluss keine Anhörungsrüge eingelegt.
50
5. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde des Weiteren, soweit ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) geltend gemacht wird. Auch insoweit genügt das Beschwerdevorbringen nicht dem Substanziierungserfordernis des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG.
51
Der Beschwerdeführer trägt vor, der gesetzliche Richter sei ihm entzogen worden, weil die wegen der Komplexität der Sache beantragte Rückübertragung des Verfahrens von der Einzelrichterin auf den Senat unterblieben sei. Der Fall sei komplex und von besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art geprägt. Das ergebe sich aus den umfangreichen Schriftsätzen und schriftlichen Beweismaterialien sowie aus den mehrfach wechselnden Ansichten des Gerichts. Es habe gegolten, zahlreiche Abwägungen zu treffen und sämtliche Aspekte rechtlich zu würdigen.
52
Eine konkrete Auseinandersetzung mit der insoweit angesprochenen Regelung des § 68 Abs. 4 Satz 1 FamFG i. V. m. § 526 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO fehlt. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer sich zum „Beweis“ auf sein diesbezügliches Vorbringen auf „Seiten 1 f.“ des als Anlage vorgelegten Schriftsatzes vom 27. April 2021 bezieht. Dort war der Antrag auf Rückübertragung der Sache lediglich damit begründet worden, dass der Verfahrensstoff „viel zu komplex“ sei, ohne dass in der Folge ein konkreter Bezug zwischen dem Prozessstoff und den oben genannten Verfahrensvorschriften hergestellt worden wäre. Damit wird schon im Hinblick auf das einfache Verfahrensrecht nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Behandlung des Beschwerdeverfahrens durch die Einzelrichterin fehlerhaft gewesen sei und eine Übernahme durch den Senat rechtlich überhaupt zulässig und auch geboten gewesen wäre (vgl. dazu Sternal in Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 68 Rn. 99; A. Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 68 Rn. 78; Obermann in Hahne/Schlögel/Schlünder, BeckOK FamFG, § 68 Rn. 58 f., 62; Ball in Musielak/Veit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 526 Rn. 8).
Auf das Erfordernis einer willkürlichen, offensichtlich unhaltbaren Entscheidung für die Annahme eines nicht nur einfachrechtlichen Verstoßes, sondern einer Verletzung des Grundrechts aus Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.2.2011 BayVBl 2011, 530/531; vom 23.9.2015 - Vf. 38-VI-14 - juris Rn. 51; vom 7.7.2020 - Vf. 68-VI-19 - juris Rn. 43; in Bezug auf § 526 ZPO Rimmelspacher in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 526 Rn. 32) geht das Rügevorbringen überhaupt nicht ein. Es ist insoweit verfassungsrechtlich gehaltlos.
IV.
53
Hinsichtlich der erhobenen Willkürrüge (Art. 118 Abs. 1 BV) kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen den Darlegungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügt. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet.
54
Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung darf unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen; sie muss schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.8.2006 VerfGHE 59, 200/203 f.; vom 22.12.2020 - Vf. 15-VI-19 - juris Rn. 16; vom 17.5.2022 - Vf. 63-VI-19 - juris Rn. 38). Dies ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Auf ein Verschulden des Gerichts kommt es hierbei nicht an (VerfGH vom 18.5.2015 - Vf. 101-VI-13 - juris Rn. 16).
55
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
56
1. Es liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot darin, dass das Oberlandesgericht in den angegriffenen Beschluss Ausführungen aus dem Hinweisbeschluss vom 22. März 2021 zum Fehlen der Voraussetzungen für ein paritätisches Wechselmodell übernahm, obgleich es zwischenzeitlich einen - dem Beschwerdeführer günstigeren - schriftlichen Hinweis vom 27. Juli 2021 erteilt hatte. Der Hinweis beruhte auf Eindrücken aus der Kindesanhörung vom 22. Juli 2021. Diese Eindrücke wurden jedoch durch die Erkenntnisse aus dem Termin vom 7. Oktober 2021 überholt. Dort hatte das Gericht die Sache über mehr als zwei Stunden hinweg mit den Beteiligten erörtert. Es war dabei zu der Ansicht gelangt, die im Zuge der Kindesanhörung gewonnene Einschätzung, wonach die Eltern sich angenähert hätten, sei durch die neu gestellten Anträge des Beschwerdeführers und die Interaktion der Eltern im Termin erheblich in Frage gestellt worden. Damit konnte das Gericht ohne Verfassungsverstoß auf Ausführungen des Hinweisbeschlusses vom 22. März 2021 zurückgreifen, die seiner Ansicht nach weiter Gültigkeit besaßen.
57
2. Ebenso wenig ist eine Verletzung des Willkürverbots darin zu sehen, dass das Oberlandesgericht seine Entscheidung nicht auf die Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin vom 23. Juli und 8. September 2021, sondern auf den Inhalt vorheriger Stellungnahmen gestützt hat.
58
Die Stellungnahmen vom 23. Juli und 8. September 2021 waren auf Grundlage der Kindesanhörung vom 22. Juli 2021 verfasst worden. Nach Erhalt des Vermerks über den weiteren Termin vom 7. Oktober 2021 hatte die Verfahrensbeiständin mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2021 mitgeteilt, eine Befriedung der familiären Situation sei offenbar zeitnah nicht zu erreichen. Eine mögliche Erweiterung des zunächst beantragten Umgangsmodells wäre im Rahmen eines neuen Verfahrens zu klären. Die Eltern stritten seit 2018 über einen Umgangsmodus und würfen sich gegenseitiges Erziehungsversagen vor.
59
Dass das Gericht aufgrund dieser aktuelleren Einschätzung der Verfahrensbeiständin die beiden früheren Stellungnahmen nicht mehr für maßgeblich hielt, ist ohne Weiteres nachvollziehbar und keineswegs willkürlich.
60
3. Dies gilt auch für die gerichtliche Bewertung der Stellungnahmen des Jugendamts. Ausweislich der Ausführungen auf Seite 13 des angegriffenen Beschlusses hätten die vom Beschwerdeführer gestellten neuen Anträge betreffend R. für das Jugendamt Anlass gegeben, im Anhörungstermin vom 7. Oktober 2021 die bisherige Einschätzung zu überdenken. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei, wie der Beschwerdeführer meint, um „frei erfundene“ Ausführungen des Oberlandesgerichts handeln würde, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie bereits oben unter III. ausgeführt, ist der Verfassungsgerichtshof kein Rechtsmittelgericht. Es ist nicht seine Aufgabe, Entscheidungen von Behörden und Fachgerichten allgemein auf die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen und der Subsumtionsvorgänge zu kontrollieren (vgl. VerfGH vom 19.4.1989 VerfGHE 42, 54/58; vom 25.11.1998 VerfGHE 51, 165/168). Im Übrigen wurde vom Oberlandesgericht im Vermerk über den Termin vom 7. Oktober 2021 ausdrücklich protokolliert, dass die Vertreterinnen des Jugendamts „auch im Hinblick auf die neu gestellten Anträge“ erneut angehört wurden.
61
4. Eine Verletzung des Willkürverbotes kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass sich das Oberlandesgericht zur Begründung des angegriffenen Beschlusses unter anderem auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2017 (BGH FamRZ 2017, 532) bezogen hat. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Beschluss allgemeingültige Anforderungen an eine auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung formuliert. Dabei hat er die besondere Bedeutung einer bestehenden Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern und des Kindeswohls hervorgehoben. In dem Beschluss (BGH a. a. O. Rn. 24) wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2015, 1585 Rn. 21) betont, dass über die Anordnung des Wechselmodells nach Lage des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden sei.
62
Dass die Anwendung der vorgenannten Grundsätze damit nicht auf Sachverhalte beschränkt ist, die dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall vollständig gleichen, liegt auf der Hand. Konkrete Gründe dafür, warum die Kooperationsfähigkeit der Eltern und das Kindeswohl bei einem 14-tägigen Wochenendumgang entscheidungserheblich seien, nicht jedoch in Fällen häufigeren Wechsels und intensiverer Kontakte der Kinder zu beiden Elternteilen, lassen sich weder der Verfassungsbeschwerde entnehmen noch sind solche sonst ersichtlich.
63
5. Auch soweit beanstandet wird, dass das Oberlandesgericht die Angaben der Großeltern der Kinder und der neuen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nur scheinbar zur Kenntnis genommen habe, um sie anschließend sofort zu verwerfen, und es sich um eine vorsätzliche Falschdarstellung von Tatsachen durch das Gericht zu handeln scheine, ist ein Willkürverstoß nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer führt lediglich aus, aus den Angaben der Großeltern und der Lebensgefährtin ergebe sich, dass die Situation nach Ansicht der Zeugen verbessert würde, wenn die Kinder mehr Zeit beim Beschwerdeführer verbringen würden. Welche konkreten Angaben welcher Person welche Aspekte der „Situation“ betreffen und welchen Bezug die Angaben zu den konkreten Anforderungen an das vom Gericht in diesem Zusammenhang angesprochene echte Wechselmodell aufweisen, wird nicht aufgezeigt. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, in den diesbezüglich als Anlagenkonvolut 6 zur Verfassungsbeschwerde vorgelegten schriftlichen Zeugenaussagen nach derartigen Anhaltspunkten zu forschen.
64
6. Soweit der Beschwerdeführer meint, der angefochtene Beschluss leide insgesamt an einer einseitigen Beweiswürdigung und verstoße gegen das Willkürverbot, weil die Richterin nicht seinem Vortrag sowie den Ausführungen seiner Lebensgefährtin und seiner Eltern gefolgt sei, trifft dies nicht zu.
65
Der Beschwerdeführer berücksichtigt insoweit nicht den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 37 Abs. 1 FamFG, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Hierzu zählt neben der etwaigen formellen Entscheidungsgrundlage auch ein im Verfahren gewonnener persönlicher Eindruck des Gerichts, der sich insbesondere in Bezug auf die Glaubwürdigkeit von Beteiligten und Zeugen auf der Grundlage durchgeführter Termine ergibt; auch das Verhalten der Beteiligten im Verfahren ist Erkenntnisquelle und hinsichtlich seiner entscheidungsrelevanten Bedeutung zu würdigen (vgl. Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 37 Rn. 9). Die freie Würdigung bezieht sich sowohl auf den Vorgang der Überzeugungsbildung als auch auf das Maß der Überzeugung. Danach hat das Gericht den Wahrheitsgehalt von Tatsachenbehauptungen und Ermittlungsergebnissen grundsätzlich ohne Bindung an Beweisregeln zu beurteilen und sich auf diese Weise seine subjektive Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts zu verschaffen. Der Tatrichter darf grundsätzlich allein aufgrund des Vortrags der Beteiligten feststellen, was für wahr oder nicht wahr zu erachten ist, und den Angaben eines Beteiligten unter Umständen auch dann glauben, wenn deren Richtigkeit sonst nicht bewiesen werden kann (Meyer-Holz, a. a. O., § 37 Rn. 10). Soweit nicht spezifische Beweisregeln greifen, wählt der Tatrichter im Rahmen der Amtsermittlung aus, welche Beweismittel er heranziehen will, wägt sodann den Gehalt der einzelnen erhobenen Beweise ab und entscheidet, welches Gewicht er ihnen beimessen will (vgl. Burschel/Perleberg-Kölbel in Hahne/Schlögel/Schlünder, BeckOK FamFG, § 37 Rn. 13).
66
Schon in der Rechtsbeschwerdeinstanz kann diese Tatsachenfeststellung nur auf Rechtsfehler überprüft werden, und zwar im Hinblick darauf, ob das Gericht den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat, nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, gegen Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat und ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (vgl. Gomille in Haußleiter, FamFG, 2. Aufl. 2017, § 37 Rn. 2 m. w. N.). Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen in noch engeren Grenzen. Er ist, wie bereits dargelegt (vgl. oben unter III. und IV.3.), kein Rechtsmittelgericht. Bei Anwendung von Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung auch im Bereich der Tatsachenfeststellung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. Selbst wenn ein Verstoß gegen Grundsätze der Beweiswürdigung vorläge, der die einfachrechtliche Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Beschlusses begründete, würde dies nicht für die Annahme von Willkür ausreichen. Denn selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet für sich allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.1.2005 VerfGHE 58, 37/41; vom 9.8.2021 - Vf. 111-VI-20 - juris Rn. 32).
67
Nach diesen Maßstäben ist vorliegend kein Verstoß gegen das Willkürverbot erkennbar. Warum die auf breiter Grundlage vorgenommene freie richterliche Beweiswürdigung durch die Einzelrichterin zu deren Überzeugung hätte führen müssen, es sei zwingend den Äußerungen des Beschwerdeführers, seiner Lebensgefährtin und seiner Eltern zu folgen und diesen gegenüber anderen von ihr herangezogenen Ermittlungsergebnissen das ausschlaggebende Gewicht beizulegen, legt der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dar. Dass nach Erinnerung des Beschwerdeführers einzelne Angaben beispielsweise von Vertreterinnen des Jugendamts nicht so gefallen sein sollen, wie von der Einzelrichterin ausweislich der Entscheidungsgründe wahrgenommen, oder etwa die subjektive Einschätzung des Beschwerdeführers über seine Interaktion mit der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 7. Oktober 2021 von dem maßgeblichen persönlichen Eindruck der Richterin abweicht, reicht weder für sich genommen noch in der Zusammenschau mit den weiteren vorgetragenen Umständen für die Annahme eines Verstoßes gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung und erst recht nicht für die von Willkür aus. Die von der Einzelrichterin in der Beschlussbegründung vorgenommene Würdigung und Abwägung der Ermittlungsergebnisse ist grundsätzlich nachvollziehbar; der Beschwerdeführer zeigt mit seinen Rügen nicht ansatzweise auf, dass sie willkürlich im Sinn von schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen wäre. Im Ergebnis setzt er vielmehr ohne verfassungsrechtliche Relevanz der Beweiswürdigung der Einzelrichterin lediglich seine eigene, vermeintlich bessere und zwingende Würdigung und Abwägung entgegen.
V.
Durch die Entscheidung in der Hauptsache hat sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.
VI.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).