Inhalt

VG München, Beschluss v. 08.11.2022 – M 31 S 22.5152
Titel:

Befreiung von einem Verbot einer Wasserschutzgebietsverordnung

Normenketten:
WHG § 47 Abs. 1, § 50, § 51, § 52 Abs. 1 S. 2
WSG-VO § 4
GG Art. 19 Abs. 4
Leitsätze:
1. Drittschutz besteht im Wasserrecht grundsätzlich nur, soweit ihn der Gesetzgeber gesetzlich normiert hat. Dies ist bei § 52 Abs. 1 S. 2 WHG in Bezug auf die Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung iSd § 50 WHG nicht der Fall. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 4 WSG-VO ist ebenfalls kein drittschützender Charakter für den begünstigten Träger der öffentlichen Wasserversorgung zu entnehmen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Errichtung einer abflusslosen Grube, Wochenendhaus in einem Wasserschutzgebiet, Befreiung von einem Verbot in einer Wasserschutzgebietsverordnung, (Dritt-)Anfechtung der Befreiung durch eine Wasserversorgungsgemeinschaft, Drittschutz der Vorschriften einer Wasserschutzgebietsverordnung, Verbot, Wasserschutzgebietsverordnung, Befreiung, örtlicher Wasserversorger, Träger, fehlender Drittschutz, abflusslose Grube, Errichtung, Wochenendhaus, Wasserschutzgebiet
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 03.02.2023 – 8 CS 22.2481
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34341

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin ist örtlicher Wasserversorger und wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Befreiung von einem Verbot einer Wasserschutzgebietsverordnung.
2
Die Antragstellerin nutzt zur öffentlichen Wasserversorgung zwei Quellen, die im Geltungsbereich des Wasserschutzgebiets T.-, R.- und F.quelle liegen (Verordnung des Landratsamts M. über das Wasserschutzgebiet in der Stadt Tegernsee und in der Gemeinde R.-E. (Landkreis M.) für die öffentlichen Wasserversorgungen der Stadt T. (T.quelle), des Wasserversorgungsvereins H.-R. (R.quelle) und der Wasserversorgungsgemeinschaft R. (R.- und F.quelle) vom 8. Dezember 1982 - WSG-VO). Der Beigeladene ist Eigentümer einer von ihm zu Aufenthaltszwecken an Wochenenden genutzten Hütte. Das Hüttengrundstück (Fl.-Nr. …, Gem. Tegernsee) liegt in der engeren Schutzzone des Wasserschutzgebiets (vgl. § 2 Abs. 3 WSG-VO). Die Verordnung verbietet insbesondere Veränderung und Aufschlüsse der Erdoberfläche, selbst wenn Grundwasser nicht aufgedeckt wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 2.1 WSG-VO).
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Die Abwasserentsorgung der Hütte erfolgte in der Vergangenheit durch eine Kleinkläranlage, die aber wegen einer vom Antragsgegner im Jahr 2016 ausgesprochenen Nutzungsuntersagung nicht mehr betrieben wird. Der Beigeladene beabsichtigt mit Blick auf eine geplante Nutzung der Hütte an etwa 32 Wochenenden im Jahr nunmehr den Umbau der Kleinkläranlage zu einer abflusslosen Grube, die regelmäßig geleert werden soll. Hierzu soll in die bisherige Klärgrube ein doppelwandiger Behälter eingesetzt und dieser in rund 0,25 m Tiefe an die bereits bestehende etwa 15 m lange Anschlussleitung mittels zugfester Rohrkupplung angeschlossen werden. Die für diesen Anschluss erforderlichen Grabarbeiten sollen mittels Handschachtung ausgeführt werden.
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Mit Bescheid vom 15. September 2022 wurde dem Beigeladenen nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG zur Ermöglichung der Leitungsverlegung eine Befreiung vom Verbot der Veränderung und des Aufschlusses der Erdoberfläche (§ 3 Abs. 1 Nr. 2.1 WSG-VO) erteilt (Nr. 1.1) und Nebenbestimmung zur Bauausführung getroffen (Nr. 2). Die Regelung unter Nr. 1.1 wurde für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 3.3). Ferner wurden nach § 100 Abs. 1 WHG Anordnungen hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs der abflusslosen Grube getroffen (Nr. 3.1/3.2). Zur Begründung der Befreiung wurde ausgeführt, dass durch den kurzen Eingriff in den Erdboden per Handschachtung zum Anschluss der vorhandenen Leitung an den neuen Behälter der Schutzzweck des Wasserschutzgebiets nicht gefährdet werde und zudem die Ablehnung einer Befreiung zu einer unzumutbaren Beschränkung des Eigentums führen würde. Einwände der Antragstellerin seien bei den Nebenbestimmungen berücksichtigt worden; angesichts der Auflagen seien mit der Vornahme der Handschachtung keine Risiken für das Grundwasser verbunden. Die Errichtung und der Betrieb der Grube sei durch die Schutzgebietsverordnung nicht verboten, gleichwohl seien Auflagen geboten.
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Die Antragstellerin erhob gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2022 Klage (...). Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 beantragte sie,
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die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
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Sie trug vor, dass zum einen der Sofortvollzug nicht ordnungsgemäß begründet worden und zum anderen die erteilte Befreiung rechtswidrig sei. Die Hütte des Beigeladenen sei nicht genehmigt und im Außenbereich auch nicht genehmigungsfähig. Die Genehmigungsfähigkeit scheitere angesichts der Lage in einem Landschaftsschutzgebiet bereits an § 26 Abs. 2 BNatSchG, im Übrigen an § 35 Abs. 2 BauGB. Ungeachtet dessen komme allenfalls eine Ableitung des Abwassers in den rund 300 bis 400 m entfernt liegenden öffentlichen Abwasserkanal in Betracht. Es sei davon auszugehen, dass die Hütte nicht nur an 32 Wochenenden, sondern als ganzjährige Wohnung genutzt werden solle. Außerdem verstoße die Durchführung umfangreicher Ausgrabungsarbeiten sowie die künftigen unzähligen Abholungen des Abwassers gegen die Bestimmungen der Richtlinie für bau-technische Baumaßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag). Der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 WHG lägen nicht vor. Der Schutzzweck des Wasserschutzgebiets sei gefährdet und die Befreiung nicht zur Vermeidung unzumutbarer Beschränkungen erforderlich.
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Die Antragsgegnerin äußerte sich mit Schreiben u.a. vom 20. Oktober 2022 zum Fortschritt der Umsetzung der Befreiung durch den Beigeladenen, stellte aber keinen Antrag.
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Die Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 27. Oktober 2022,
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den Antrag abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten des Eil- und Hauptsacheverfahrens verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, aber unbegründet.
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A. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Bescheid nicht bestandskräftig und die Antragstellerin antragsbefug nach § 42 Abs. 2 VwGO, der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 80, 80a VwGO analog anzuwenden ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2010 - 8 CS 10.1527 - juris Rn. 5). Die Antragstellerin befürchtet - das lässt sich dem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten zumindest mittelbar entnehmen (vgl. den im Verwaltungsverfahren abgegebenen Schriftsatz v. 16.11.2018, S.12, hier vorgelegt als AS 12) - von den Handlungen, die dem Beigeladenen durch die Befreiung gestattet werden, nachteilig betroffen zu sein; sie scheint insbesondere eine Verschlechterung der Wasserqualität und damit eine Gefährdung ihres Versorgungsauftrags zu befürchten. In der Sache beruft sich die Antragstellerin daher offenbar auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot aus § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG, dessen Verletzung sie nach der neueren Rechtsprechung als legitime Gewässernutzerin rügen kann (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 26 m.w.N.).
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B. Der Antrag ist unbegründet. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt (II.), die zulässige Anfechtungsklage hat in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg (III.), so dass ihre aufschiebende Wirkung nicht wiederherzustellen ist (§ 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO).
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I. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf den Antrag eines Dritten die aufschiebende Wirkung seiner Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene originäre Abwägungsentscheidung. Es hat hierbei zwischen dem von der Behörde auf Antrag der begünstigten Beigeladenen geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids sowie dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens maßgeblich zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2021 - 8 CS 21.2166 - juris Rn. 27). Dem Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage treffen. Ergibt diese, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragstellerin regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Kann hingegen wegen der Komplexität der Sach- und Rechtslage keine solche Abschätzung der Erfolgsaussichten der Hauptsache getroffen werden, sind die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten.
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II. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Diese Vorschrift verpflichtet die Behörde, mit einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht lediglich „formelhaften“ schriftlichen Begründung das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung darzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2018 - 10 CS 18.98 - juris Rn. 6).
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Die von der Antragsgegnerin im Bescheid niedergelegten Gründe (S. 9 f.) lassen in nachvollziehbarer Weise die konkreten Erwägungen erkennen, die sie dazu veranlasst haben, von der Anordnungsmöglichkeit auf Antrag der Beigeladenen Gebrauch zu machen.
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Ob die gegebene Begründung inhaltlich richtig und sachlich geeignet ist, ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen, ist hingegen für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht maßgeblich (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2022 - 20 CS 22.1069 - juris Rn. 3).
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III. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. September 2022 verletzt nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 29) voraussichtlich nicht die Rechte der Antragstellerin (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die Erteilung der angegriffenen Befreiung von dem Verbot in § 3 Abs. 1 Nr. 2.1 WSG-VO erging auf Grundlage des § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG ohne Verletzung drittschützender Normen. Auf die objektive Rechtmäßigkeit des Bescheids kommt es nicht an (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 28); die hierzu vorgetragenen Argumente des Bevollmächtigten der Antragstellerin und deren Privatgutachters sind insoweit von vornherein nicht relevant.
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1. a) Drittschutz besteht im Wasserrecht grundsätzlich nur, soweit ihn der Gesetzgeber gesetzlich normiert hat. Dies ist bei § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG in Bezug auf die Antragstellerin als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung im Sinne des § 50 WHG nicht der Fall. § 4 WSG-VO ist ebenfalls kein drittschützender Charakter für den begünstigten Träger der öffentlichen Wasserversorgung zu entnehmen (vgl. ausführlich zum fehlenden Drittschutz BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 30 ff.). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass ausweislich der Verordnung das Wasserschutzgebiet ausdrücklich u.a. für die Antragstellerin festgesetzt wurde (implizit BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 30 ff.; in dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt war die Verordnung vergleichbar formuliert, vgl. insoweit VG Würzburg, U.v. 14.11.2017 - W 4 K 17.825 - juris Rn. 21). Drittschutz besteht folgerichtig auch insoweit nicht, sofern die Antragstellerin womöglich rügen möchte (vgl. Schriftsatz v. 19.10.2022, S. 40), dass der Antragsgegner zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass einer Realisierung des Vorhabens in seiner Gesamtheit auch andere Vorschriften der Verordnung, von denen im streitgegenständlichen Bescheid nicht befreit wurde (etwa § 3 Abs. 1 Nr. 5.2 WSG-VO), nicht entgegenstünden.
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b) Im Übrigen verlangt auch die verfassungsrechtliche Rechtschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG keine Annahme einer drittschützenden Wirkung der genannten Vorschriften. Zwar kann vorliegend die Antragstellerin keinen Rechtsschutz gegen die Errichtung und den Betrieb der abflusslosen Grube durch Erhebung einer Anfechtungsklage gegen eine wasserrechtiche Gestattung für eine Gewässerbenutzung (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, 2 WHG) erlangen (so im Fall von BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 34), da eine solche - neben der (isolierten) Befreiung vom Verbot nach § 3 Abs. 1 Nr. 2.1 WSG-VO - gerade nicht erteilt wurde. Denn die die Antragsgegnerin beschränkte sich darauf, „betriebsbegleitende“ Anordnungen nach § 100 Abs. 1 WHG im Bescheid vom 15. September 2022 zu treffen. Jedoch stünde es der Antragstellerin frei - sollte sie davon ausgehen, dass der Antragsgegner zu Unrecht das Vorliegen eines erlaubnispflichtigen Benutzungstatbestands, und sei es der Auffangtatbestand nach Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG, verneint habe oder seine Anordnungen nach § 100 WHG nicht ausreichend seien -, Rechtsschutz auf gewässeraufsichtliches Einschreiten nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG und Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG zu ergreifen (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 41). Insoweit könnte das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot grundsätzlich eine ebenso drittschützende wie maßstabsbildende Rechtsposition begründen. Der vorliegend erhobene Rechtsbehelf nach § 80a VwGO ist indes hierfür nicht statthaft.
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2. Eine Verletzung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots aus § 47 Abs. 1 WHG kann vorliegend von der Antragstellerin nicht erfolgreich geltend gemacht werden. Bezugspunkt ist auch insoweit im vorliegenden Rechtsschutzverfahren gegen den Bescheid vom 15. September 2022 bzw. dessen sofortige Vollziehbarkeit nicht der Betrieb der abflusslosen Grube als solcher, sondern ausschließlich das im Wege der Befreiung beseitigte Verbot der (einmaligen) Vornahme von Veränderungen der Erdoberfläche zwecks Montage der Rohrkupplung.
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Versteht man die Erteilung der Befreiung auch als Bewirtschaftungsmaßnahme des Antragsgegners nach § 47 Abs. 1 WHG (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 38 u. 41; dort nahm eine Befreiung jedoch Bezug auf die Beachtung einer erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis zu Gewässerbenutzung, an der es im vorliegenden Fall jedoch gerade fehlt), ist eine vorhabenbedingte Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers nicht hinreichend wahrscheinlich (zu diesem Maßstab vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 40). Eine Verschlechterung setzt voraus, dass entweder (mindestens) eine der Qualitätsnormen oder einer der Schwellenwerte im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der RL 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372 S. 19 - Grundwasser-Richtlinie) überschritten wird, oder, dass sich die Konzentration eines Schadstoffs, dessen Schwellenwert bereits überschritten ist, voraussichtlich erhöht, wobei die an jeder Überwachungsstelle gemessenen Werte individuell zu berücksichtigen wären (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1590 - juris Rn. 37 m.w.N.). Eine solche Überschreitung eines Qualitäts- oder Schwellenwerts ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Das Wasserwirtschaftsamt, dessen amtlichen Auskünften eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. aktuell VG München, B.v. 28.10.2022 - M 31 SN 22.4592 - Rn. 36 m.w.N., zur Veröffentlichung vorgesehen), gelangte im Zusammenhang mit dem klägerischen Vorhaben in einer älteren Stellungnahme zum Ergebnis, dass unter Einhaltung von Nebenbestimmungen - die im streitgegenständlichen Bescheid im Wesentlichen aufgegriffen wurden - aus fachlicher Sicht dem Vorhaben zugestimmt werden kann (vgl. Stellungnahme des WWA vom 22.4.2017, unvollständig vorgelegt als AS. 17). Obwohl die Stellungnahme nicht vollständig vorliegt, lässt sich erkennen, dass keine Bedenken für die hier allein streitgegenständlichen Arbeiten („Handschachtungen“) hinsichtlich des Anschluss der vorhandenen Leitung an den neuen Behälter erhoben hat. Das von der Antragstellerin vorgelegte Privatgutachten vom 17. Oktober 2022 erschöpft sich insoweit in der Skizze eines nur theoretischen Risikoszenarios, das nicht geeignet ist, die Annahme des Wasserwirtschaftsamts zu entkräften (S. 7, Nr. 4.3).
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3. Vor dem Hintergrund der voraussichtlichen Erfolglosigkeit der erhobenen Anfechtungsklage besteht für das Gericht vorliegend keine Notwendigkeit, hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs eine hiervon unabhängige Interessenabwägung vorzunehmen.
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D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich somit auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nr. 9.7.1 i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.