Titel:
Erfolgreicher Eilantrag gegen Haltungsuntersagung und Abgabepflicht für einen Rottweiler
Normenketten:
BayLStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Art. 37 Abs. 1
BayKampfhundeVO § 1 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Wer einen Kampfhund ohne die erforderliche Erlaubnis (formelle Illegalität) hält, begeht (fortwährend) eine, auch die Prognose einer konkreten Gefahr gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 BayLStVG stützende, Ordnungswidrigkeit gemäß Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 BayLStVG. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Bereich der Gefahrenabwehr existiert das Rechtsinstitut der Duldung nicht (Anschluss an BayVGH BeckRS 2009, 40746). (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Von einer Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung samt Abgabeverpflichtung etc. ist abzusehen, wenn sich sicher absehen lässt, dass sich der rechtswidrige Zustand in Kürze ändern wird, d.h. eine Haltung offensichtlich erlaubnisfähig wäre bzw. ein Negativzeugnis beantragt ist und die Voraussetzungen für eine Erteilung offensichtlich vorliegen würden. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Kampfhund Kategorie II (Rottweiler), Haltungsuntersagung, Abgabe- und Nachweisverpflichtung, Anordnungsvorbehalt, Haltung ohne erforderliche Erlaubnis: nicht offensichtlich erlaubnisfähig, Negativzeugnis: kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung;, Verhältnismäßigkeit;, intendiertes Ermessen, Kampfhund, Rottweiler, Abgabepflicht, Wesenstest, Negativzeugnis
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 06.03.2023 – 10 CS 22.2343
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34255
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Eilverfahren wird abgelehnt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes u.a. gegen die ihm gegenüber verfügte Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung seines Hundes samt Abgabeverpflichtung und Verpflichtung eines Nachweises darüber.
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Der Antragsteller ist seinen eigenen Angaben nach seit dem 2. Juni 2017 Halter des Hundes „R.“, Wurfdatum, Rasse Rottweiler, Fellfarbe braun-schwarz, Geschlecht männlich, mit der Chipnummer ... .
3
Der Antragsteller beantragte am 7. Dezember 2017 bei der Antragsgegnerin die Ausstellung einer Bescheinigung, dass für seinen Hund keine Erlaubnispflicht nach Art. 37 LStVG als Kampfhund besteht (Negativzeugnis).
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Mit Bescheid vom 9. Januar 2018 erteilte ihm die Antragsgegnerin ein vorläufiges bis 31. Dezember 2018 befristetes Negativzeugnis für seinen Hund, wobei der Antragsteller darauf hingewiesen wurde, dass er rechtzeitig vor Ablauf dieser vorläufigen Bescheinigung ein Gutachten eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für das Hundewesen über die Ungefährlichkeit des Hundes vorzulegen habe. Ein entsprechendes Gutachten legte der Antragsteller bis zum 31. Dezember 2018 nicht vor, woraufhin die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 17. Januar 2019 und vom 28. Februar 2019 an die Antragstellung auf ein endgültiges Negativzeugnis sowie die Gutachtenvorlage erinnerte.
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Nachdem der Antragsteller dem nicht nachgekommen war, erging am 24. April 2019 eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige respektive am 17. Mai 2019 ein Bußgeldbescheid wegen der Haltung des Hundes „R.“ ohne die erforderliche Erlaubnis.
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Mit Schreiben vom 24. April 2019 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu beabsichtigten Anordnungen zur Unterbindung der unerlaubten Kampfhundehaltung an.
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Mit Bescheid vom 21. Mai 2019 untersagte die Antragsgegnerin unter Zwangsgeldandrohungen dem Antragsteller erstmalig die Haltung des Hundes und ordnete die Abgabe des Hundes bei entsprechenden Nachweispflichten an.
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Am 28. Mai 2019 beantragte der Antragsteller sodann die Ausstellung eines (endgültigen) Negativzeugnisses und legte hierzu der Antragsgegnerin am 18. Juni 2019 ein Gutachten des öffentlich bestellen und beeidigten Sachverständigen für das Hundewesen S. vom 12. bzw. 18. Juni 2019 vor, in welchem dieser u.a. zu dem Ergebnis kam, dass „R.“ als kein Hund mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit beurteilt werde sowie ein unbefristetes Negativzeugnis unter Berücksichtigung der dezidierten Sicherheitsempfehlungen ausgestellt werden könne.
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Die Veterinärbehörde der Antragsgegnerin kam nach einer Prüfung zu dem Ergebnis, dass das vorgelegte Gutachten nicht die Mindestanforderungen an ein Sachverständigengutachten gemäß der Vollzugsbekanntmachung des Innenministeriums erfülle. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass es mangels situativer Beschreibungen nicht nachvollziehbar und beurteilbar sei, wie sich der Hund gezeigt habe bzw. ob die gutachterlichen Wertungen und Beurteilungen fachlich schlüssig seien. Nur vereinzelt seien Beschreibungen des Hundes in den zu prüfenden Situationen enthalten. Im Hinblick darauf, dass der Hund ein aggressives Verhalten (Knurren) gezeigt habe und der Sachverständige S. u.a. auf „unnatürliches dominantes Verhalten“ verweise, müsse klar hervorgehen, wie der Sachverständige zu seiner gutachterlichen Einschätzung gekommen sei. Soweit u.a. ein dominantes Territorialverhalten, ein hohes Temperament, eine niedrige Reizschwelle sowie Selbstbewusstsein attestiert werde, stehe dies in Widerspruch zur Bewertung, dass eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit des Hundes verneint werde.
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Auf entsprechende Aufforderung hin legte der Antragsteller Ergänzungen des Sachverständigen S. vom 27. Januar 2020 bzw. vom 4. Februar 2020 vor, wozu die Veterinärbehörde der Antragsgegnerin ablehnend Stellung nahm.
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Das beteiligte Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nahm ebenfalls ablehnend Stellung. Es merkte u.a. an, dass der unter Mimik/Gestik immer wieder eingepflegte Passus „Rute mal hängend, mal waagrecht, mal seitwärts, mal aufrecht (nicht verspannt, typisch laut Rassestandard) getragen“ keine sinnvolle Schlussfolgerung für einzelne Situationen zulasse und als ungeeignet zu bezeichnen sei. Die Überprüfungssituationen seien nicht ausreichend nachvollziehbar beschrieben. Es würden auch entscheidende Bestandteile fehlen, wie z.B. die Beurteilung des Bewegungsablaufs.
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Die erneuten Ergänzungen des Sachverständigen S. vom 5. November 2020 lehnte die Veterinärbehörde der Antragsgegnerin ab, da die „Mängelrügen“ lediglich negiert würden.
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Der Antragsteller legte daher erneut ein Gutachten des Sachverständigen S. vom 19. bzw. 23. Januar 2021 vor, das von der Veterinärbehörde der Antragsgegnerin nochmals geprüft wurde. Das Sachverständigengutachten weise dieselbe Problematik wie die übrigen Gutachten auf.
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Eine Verhaltensevaluierung des Hundes durch die Veterinärbehörde der Antragsgegnerin gemeinsam mit einem Polizeidiensthundeführer lehnte der Antragsteller ab.
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Nach Anhörung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28. Juni 2022 den Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Negativzeugnisses vom 28. Mai 2019 für den Hund „R.“ ab (Ziffer 1) und untersagte ihm nach Ablauf von einem Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides unbefristet die Haltung sowie die Betreuung des Hundes; das Verbot schließe auch den Wiedererwerb des Hundes mit ein (Ziffer 2.1). Dem Antragsteller wurde ferner aufgegeben, den Hund bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides an einen oder mehrere zuverlässige(n) und geeignete(n) Halter abzugeben (Ziffer 2.2) sowie dem Bürgeramt - Ordnungsbehörde der Antragsgegnerin bis spätestens sechs Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides einen Nachweis - was näher ausgeführt wurde - hierüber vorzulegen (Ziffer 2.3). Der Erlass weiterer Anordnungen bleibe ausdrücklich vorbehalten (Ziffer 2.4). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 2 dieses Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2.1 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR (Ziffer 4.1), für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2.2 ein solches in Höhe von 1.000,00 EUR (Ziffer 4.2) sowie für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2.3 ein solches in Höhe von 200,00 EUR (Ziffer 4.3) angedroht. Ferner enthielt der Bescheid eine Kostenfestsetzung (Ziffer 5).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Ablehnung des Antrags in Ziffer 1 des Bescheids auf Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit stütze. Der Antragsteller habe mit den vorgelegten Sachverständigengutachten bzw. Ergänzungen vor dem Hintergrund der Äußerungen der Veterinärbehörde und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nicht den Nachweis der Ungefährlichkeit des Hundes erbracht, weswegen keine Bescheinigung ausgestellt werden könne, die den Hund von der Erlaubnispflicht des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG befreie.
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Die Anordnungen unter Ziffer 2 des Bescheids würden sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG stützen. Der Antragsteller besitze die erforderliche Erlaubnis zur Haltung des Kampfhundes nach Art. 37 Abs. 1 LStVG nicht und erfülle somit den Tatbestand des Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG. Die Anordnungen unter Ziffer 2 seien getroffen worden, da sich der ursprüngliche Bescheid vom 21. Mai 2019 erledigt habe. Es bestehe bei der vom Antragsteller erfolgten Kampfhundehaltung auch eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheine, i.S.d. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG; die Vermutung des § 1 Abs. 2 Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit sei nicht widerlegt.
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Die Untersagung und die Anordnungen in Ziffer 2 entsprächen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung. Der Antragsteller sei richtiger Adressat der Anordnungen. Diese seien geeignet, erforderlich und auch angemessen.
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Die sofortige Vollziehung der Ziffer 2 sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Die Allgemeinheit, insbesondere auf öffentlichen Straßen, Plätzen und Wegen, habe ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Rechtsordnung, dem Schaffen der Voraussetzungen, um Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheine, abzuwehren. Hierbei sei insbesondere das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) von Menschen gefährdet. Bei Abwägung der Interessen würden die Interessen des Antragstellers zurückstehen müssen. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung hätte zur Folge, dass der Antragsteller weiterhin den Hund „R.“, dessen Kampfhundeeigenschaft aufgrund der Rasse Rottweiler grundsätzlich vermutet werde, halten dürfe. Die damit verbundenen erheblichen Gefahren für benannte Schutzgüter würden ein sofortiges Einschreiten erfordern. Die Maßnahmen würden nicht so schwerwiegend in die Rechte des Antragstellers eingreifen, dass das o.g. öffentliche Interesse zurückstehen müsste. Der Antragsteller habe weiterhin die Möglichkeit, andere Hunde zu halten.
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Die Zwangsgeldandrohungen unter Ziffer 4 des Bescheids seien in ihrer Bemessung angemessen und würden sich auf Art. 18, 19, 29, 31 und 36 VwZVG stützen.
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Die Kostenfestsetzung beruhe auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 5, 6, 10, 11, 15 KG i.V.m Tarif-Nummer 2.II.1/1 des KVz zum Kostengesetz.
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Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
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Hiergegen erhob der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 28. Juli 2022 Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 28. Juni 2022 sowie der Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm für seinen Hund ein Negativzeugnis zu erteilen (Au 8 K 22.1561). Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht ergangen. Gleichzeitig begehrt er vorläufigen Rechtsschutz in der Form des Erlasses einer einstweiligen Anordnung und beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2022 - ... über den Vollzug des LStVG hinsichtlich der in Ziffer 2 mit den Unterziffern 2.1 bis 2.4 und in Ziffer 5 ergangenen Anordnungen bis zur Rechtskraft der im gleichzeitig anhängig gemachten Hauptsacheverfahren ergehenden Entscheidung auszusetzen,
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ihm Verfahrenskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren zu gewähren und Rechtsanwalt Dr. F. M., F-straße, A., beizuordnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass mit der Durchsetzung der angegriffenen Anordnungen in Ziffer 2 die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers nicht nur erschwert, sondern vereitelt werden würde. Angesichts der Armut des Antragstellers würde dessen finanzielle Lage durch eine etwaige Zwangsvollstreckung aufgrund der Ziffer 5 wesentlich erschwert werden. Der Bescheid sei rechtswidrig zustande gekommen. Dem Antragsteller werde damit gedroht, dass er seinen 5 ½ Jahre alten Hund, den er seit dem Welpenalter habe, weggeben müsse. Aus den Gutachten des Sachverständigen S. ergebe sich für den objektiven Leser eindeutig, dass „R.“ nicht gesteigert aggressiv oder gefährlich sei. Vielmehr sei er insbesondere in den Ergänzungsgutachten bei allen geschilderten Situationen als brav, unauffällig und folgsam beschrieben worden. Die Antragsgegnerin verkenne in diesem Zusammenhang, was unter „Dominanz“ zu verstehen sei. Wenn die Vereinsamungsproben, unter denen der Hund gelitten habe, zu Ende gewesen wären und der Hund den Antragsteller wiedergesehen habe, habe er jeweils große Freude gezeigt. Inniger könne ein Mensch-Hunde-Verhältnis nicht offenbar werden. Dieses Verhältnis zwischen zwei Lebewesen solle durch nicht objektive, aus nicht schützenswerten sachfremden Motiven herrührenden, höchst einseitigen und fachlich fehlerhaften Beurteilungen des Veterinäramtes zerstört werden. Der Hund würde bei einem auch nur vorübergehenden Halterwechsel ein Trauma erleiden. Dabei gehöre es zur medizinischen Pflicht einer Veterinärärztin zum Wohl des Tieres zu handeln. Dass diese willkürlichen Beurteilungen auch großen Schmerz beim Antragsteller verursachen und die Zwangsmaßnahmen zu einem seelischen Knacks des Antragstellers führen könnten, sei naheliegend.
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Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antrag unbegründet sei. Der Bescheid sei formell rechtmäßig. Die Anordnung des Sofortvollzugs beruhe auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts sei schriftlich begründet worden, § 80 Abs. 3 VwGO. Der Bescheid sei materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Antrags auf Erteilung des Negativzeugnisses sei Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit. Die Antragsgegnerin sei in begründeter Weise nicht davon überzeugt, dass der Hund „R.“ keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit aufweise. Der Antragsteller habe den Nachweis nicht erbringen können. Die unter Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen würden auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG beruhen. Aufgrund der nicht widerlegten Kampfhundeeigenschaft handele es sich bei „R.“ um einen erlaubnispflichtigen Hund. Die erforderliche Erlaubnis besitze der Antragsteller nicht. Es werde der Tatbestand des Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG erfüllt. Um die weitere Begehung zu unterbinden, habe eine auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützte Anordnung, insbesondere die Untersagung der weiteren Haltung und die Abgabe des Hundes, getroffen werden können. Ebenso könnten Anordnungen getroffen werden, um Gefahren für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheinen, abzuwehren. Das zustehende Ermessen sei pflichtgemäß ausgeübt worden. Weniger belastende Maßnahmen kämen nicht in Betracht. Die Kostenfestsetzung in Ziffer 5 des Bescheids beruhe auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG sowie Art. 5, 6, 10 KG i.V.m. Tarif-Nr. 2.II.1/1 des KVz zum Kostengesetz.
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Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch in dem Verfahren Au 8 K 22.1561, und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
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Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg.
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1. Abgestellt auf die nähere Antragsbegründung geht das Gericht nach Maßgabe der §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO in Auslegung des Rechtsschutzbegehrens davon aus, dass der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO, und nicht in Form des Erlasses einer - unzulässigen (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO) - einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erstrebt. Das Begehren des Antragstellers erstreckt sich nicht auf eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen Ziffer 4 des Bescheides vom 28. Juni 2022 (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG), da sich der vom anwaltlichen Bevollmächtigten des Antragstellers - bei sachgerechter Auslegung - begehrte vorläufige Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ausdrücklich nur gegen Ziffern 2 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids wendet. Eine über das so ausdrücklich formulierte Antragsbegehren hinausgehende Auslegung ist dem Gericht verwehrt, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO, zumal der Antragsteller in der Hauptsache (Au 8 K 22.1561) ohne eine solche Beschränkung auf bestimmte Ziffern den Bescheid vom 28. Juni 2022 angreift, so dass die durch den anwaltlich vertretenen Antragsteller vorgenommene ausdrückliche Beschränkung des Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend zu beachten ist.
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2. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, ist zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürften sich die Ziffern 2 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids als rechtmäßig erweisen und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.
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In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Es hat zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (bzw. seines Widerspruchs) überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen - dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits - nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 - 7 VR 5.20 u.a. - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO, § 80 Rn. 65 ff. m.w.N.).
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Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erweist, insbesondere ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als nicht ausreichend erweist; ist dies der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (vgl. Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff., 98).
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3. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen ist zulässig, insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft. Dem Antrag kann auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Ein solches fehlt nur, wenn die gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dem Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. etwa VGH BW, B.v. 19.11.2015 - 10 S 2004/15 - juris Rn. 6; vgl. zum Ganzen auch Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 41. EL Juli 2021, § 80 Rn. 493). Dies ist hier nicht der Fall, weil sich der (ursprüngliche) Bescheid vom 21. Mai 2019 anderweitig erledigt hat, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG (vgl. dazu auch Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: 2. EL April 2022, § 43 Rn. 110 ff. m.w.N.).
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4. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die sich aus § 80 Abs. 3 VwGO ergebenden Begründungserfordernisse gewahrt. An die Begründung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43 ff.). Die vorliegende Begründung genügt den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie setzt sich hinreichend mit den Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der typischen Interessen bei einer sicherheitsrechtlichen Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung bei Kampfhunden und der damit verbundenen Abgabeverpflichtung und Nachweisverpflichtung etc. auseinander. Sie berücksichtigt insbesondere die Gesamtumstände des Einzelfalls und verfolgt das Ziel einer effektiven Gefahrenabwehr unter Abwägung der fortwährenden Beeinträchtigung des reibungslosen und effektiven Vollzugs von Art. 37 LStVG sowie schutzwürdiger Belange von Personen, namentlich von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Antragsgegnerin hat zutreffend die widerstreitenden Interessen erkannt und ihrer konkreten Abwägung und Prüfung zugrunde gelegt hat. Sie hat auch zu erkennen gegeben, weswegen sie eine Anordnung des Sofortvollzugs des Verwaltungsakts für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs unerheblich. Sonstige Gründe, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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5. Die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die Klage gegen Ziffern 2 und 5 des Bescheides vom 28. Juni 2022 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Die in Ziffer 2 des Bescheides verfügten Anordnungen (Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung, Abgabeverpflichtung und Nachweisverpflichtung, Anordnungsvorbehalt) sind voraussichtlich rechtmäßig. Es wird insoweit auf den streitgegenständlichen Bescheid, einschließlich seiner detaillierten Ausführungen zur Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Negativzeugnisses entsprechend Bezug genommen (§§ 122 Abs. 2, 117 Abs. 5 (analog) VwGO), sowie lediglich ergänzend ausgeführt:
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aa) Es kann zunächst offen bleiben, ob die Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung, die Abgabeverpflichtung (sowie als Annex hierzu die Nachweisungsverpflichtung und der Anordnungsvorbehalt) auf von der Hundehaltung ausgehende, konkrete Gefahren im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG für Leben und Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, gestützt zu werden vermögen. Ob von der „abstrakten“, widerlegbaren Gefährlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (KampfhundeVO) auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr, ohne ein Hinzutreten von weiteren Umständen, geschlossen werden kann, erscheint fraglich. Das Halten ohne eine Erlaubnis genügt (im Rahmen von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG) nicht (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2005 - 24 CS 05.2080 - juris Rn. 20). Darauf kommt es aber vorliegend nicht an, weil die von der Antragsgegnerin (der Sache nach) gegebene Begründung trägt, die ungenehmigte Haltung des als Kampfhund einzustufenden „R.“ verwirkliche die Ordnungswidrigkeit des Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG und sei deshalb nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG zu unterbinden. Für den Hund liegt kein wirksames Negativzeugnis vor mit der Folge, dass das Tier nach Art. 37 Abs. 1 LStVG, § 1 Abs. 2 KampfhundeVO als Kampfhund zu betrachten ist. Die Antragsgegnerin war nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG befugt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die weitere Begehung dieser Ordnungswidrigkeit zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 - juris Rn. 17). Sie hat ihre Anordnungen in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids ausweislich der dortigen Begründung - ungeachtet weiterer Ausführungen zur („allgemeinen“) Gefährlichkeit des Hundes (als Kampfhund) etc. - auch auf diese Vorschrift gestützt (VG Regensburg, U.v. 15.10.2019 - RO 4 K 18.1997 - juris Rn. 23).
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bb) Der Tatbestand des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ist erfüllt. Zu Recht hebt die Antragsgegnerin darauf ab, dass beim Antragsteller die konkrete Gefahr der Verwirklichung eines Bußgeldtatbestandes besteht. Auf ein etwaiges Verschulden kommt es nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 u.a. - juris Rn. 17). Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG deckt sämtliche streitgegenständlichen Anordnungen (vgl. VG Ansbach, B.v. 19.5.2014 - AN 5 S 14.00765 u.a. - juris Rn. 20). Dies gilt auch für den formulierten Anordnungsvorbehalt, der der Sache nach auf u.U. (erforderliche) Haltungsauflagen (gemäß Art. 18 LStVG) für eine Übergangszeit hinweist. Gesonderte Bedenken sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
44
Ausweislich Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG bedarf einer Erlaubnis, wer einen Kampfhund halten will. Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der KampfhundeVO wird bei Rottweilern die Eigenschaft als Kampfhund vermutet, solange nicht der zuständigen Behörde für den einzelnen Hund nachgewiesen ist, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren aufweist. Dieser Nachweis kann durch die Vorlage eines Gutachtens einer für das Hundewesen sachverständigen und nicht befangenen Person erfolgen. Das Negativzeugnis ist als feststellender Verwaltungsakt zu qualifizieren, welcher die Vermutung, der Hund sei ein Kampfhund, entfallen lässt mit der Rechtsfolge, dass die Haltung des jeweiligen Hundes keiner Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 LStVG bedarf (vgl. auch BayVGH, B.v. 6.7.2012 - 10 CS 12.1367 - juris Rn. 25). Liegt - wie hier - kein Negativzeugnis vor, so bedarf der Halter des Hundes nach Art. 37 Abs. 1 und 2 LStVG einer Erlaubnis für die Hundehaltung. Hält er folglich einen Kampfhund ohne die erforderliche Erlaubnis (formelle Illegalität), begeht er (fortwährend) eine, auch die Prognose einer konkreten Gefahr gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG stützende, Ordnungswidrigkeit gemäß Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG (vgl. auch BayVGH, B.v. 6.7.2012 - 10 CS 12.1367 - juris Rn. 26), ohne dass es (insoweit) darauf ankommt, ob der Halter zwischenzeitlich die erforderliche Erlaubnis beantragt hat oder aber ob die Voraussetzungen für deren Erteilung vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2020 - 10 ZB 19.459 - juris Rn. 28; B.v. 12.1.2016 - 10 CS 15.2239 - juris Rn. 17). Die Gefahrenprognose stützt ferner auch, dass gegenüber dem Antragsteller wegen der unerlaubten Haltung seines Hundes „R.“ ein Bußgeldbescheid ergangen ist und auch künftig die konkrete Gefahr der erneuten Verwirklichung droht (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2021 - 10 CS 21.2097 - juris Rn. 15).
45
cc) Gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind ebenso nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Anordnungen in Ziffer 2 des Bescheids vom 28. Juni 2022 verhältnismäßig (1). Die Antragsgegnerin hat auch nicht verkannt, dass die verfügten Anordnungen - grundsätzlich - in ihrem Ermessen stehen und dieses in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt sowie alle relevanten Belange mit dem ihnen zustehenden Gewicht eingestellt (2). Zu beachten ist insoweit jedoch, dass hinsichtlich der gesetzlichen Wertung der Gefahrenlage in Art. 37 Abs. 1 LStVG grundsätzlich kein Ermessensspielraum verbleibt (intendiertes Ermessen), die Haltung eines Kampfhundes ohne die erforderliche Erlaubnis also regelmäßig zu unterbinden und die Abgabe anzuordnen ist (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 10 CS 19.180 - juris Rn. 19; B.v. 19.3.2020 - 10 ZB 19.459 - juris Rn. 28; VG Regensburg, U.v. 15.10.2019 - RO 4 K 18.1997 - juris Rn. 37).
46
(1) An der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) der Anordnungen in Ziffer 2 des Bescheids vom 28. Juni 2022 bestehen keine Zweifel. Insbesondere setzen die Betreuungsuntersagung sowie das Verbot des Wiedererwerbs eine „umfassende“ Haltungsuntersagung angemessen um und beugen Umgehungsgefahren vor.
47
Der Antragsteller vermag den Anordnungen mit Blick darauf, dass er seinen Hund bereits seit dem Jahre 2017 hält, zudem keinen Duldungsanspruch entgegenzuhalten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die unerlaubte Hundehaltung bisweilen unbeanstandet hingenommen hätte. Im Übrigen existiert in dem Bereich der Gefahrabwehr eine solche Duldung nicht (vgl. etwa BayVGH, B.v. 20.3.2006 - 24 CS 06.437 - juris Rn. 21). Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Der nicht unerhebliche, jedoch nicht irreversible (vgl. Art. 8 Abs. 3 LStVG), Eingriff in die von Art. 14 GG geschützte Eigentumsfreiheit wiegt nicht so schwer, dass dieser das bereits dargelegte (vgl. oben Rn. 39) der Regelung des Art. 37 LStVG zugrundeliegende öffentliche Interesse, namentlich einem nicht widerlegten Gefahrenpotential eines Kampfhundes für höchstrangige Rechtsgüter wie Leben sowie körperliche Unversehrtheit von Menschen im Vorfeld effektiv zu begegnen, vorliegend überwiegen könnte (vgl. auch, wenn auch mit etwas anderer Akzentsetzung, BayVGH, B.v. 12.1.2016 - 10 CS 15.2239 - juris Rn. 18; U.v. 19.3.2019 - 10 BV 18.1917 - juris Rn. 28 und Rn. 31). Hinzukommt, dass der Antragsteller eine ihm angebotene Begutachtung seines Hundes durch die Veterinärbehörde der Antragsgegnerin abgelehnt hat.
48
Auch im Hinblick auf tierschutzrechtliche Belange erweisen sich die Anordnungen nicht als unverhältnismäßig. Es ist weder substantiiert dargetan noch erkennbar, welchen schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Interessen nicht auch durch einen neuen berechtigten Halter hinreichend Rechnung getragen werden könnte. Der Abbruch der Halter-Tier-Beziehung ist, auch wenn dies für den Antragsteller und seinen Hund „R.“ belastend sein mögen, typische Folge einer nach o.g. Maßgaben (vgl. oben Rn. 43 f.) Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung mit Abgabeverpflichtung und kann als solches keinen hiervon, gegebenenfalls abweichend zu beurteilenden, extremen Ausnahmefall begründen (vgl. auch BayVGH, B.v. 19.3.2020 - 10 ZB 19.459 - juris Rn. 28 f.)
49
(2) Die angegriffenen Anordnungen sind ferner nicht deshalb ermessensfehlerhaft bzw. unverhältnismäßig, weil die Kampfhundehaltung lediglich formell illegal wäre und der bestehende rechtswidrige Zustand in Kürze rechtmäßig werden würde (vgl. dazu BayVGH, B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 u.a. - juris Rn. 18; B.v. 27.2.2019 - 10 CS 19.180 - juris Rn. 19; VG Regensburg, U.v. 15.10.2019 - RO 4 K 18.1997 - juris Rn. 29). Zwar ist von einer Haltungs- bzw. Betreuungsuntersagung samt Abgabeverpflichtung etc. abzusehen, wenn sich sicher absehen lässt, dass sich der rechtswidrige Zustand in Kürze ändern wird, d.h. eine Haltung offensichtlich erlaubnisfähig wäre bzw. ein Negativzeugnis beantragt ist und die Voraussetzungen für eine Erteilung offensichtlich vorliegen würden (vgl. etwa BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, 19. Edition, Stand: 1. Juli 2022, Art. 18 LStVG Rn. 207; vgl. auch BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 10 CS 19.180 - juris Rn. 19; VG Regensburg, U.v. 15.10.2019 - RO 4 K 18.1997 - juris Rn. 29). Ein solcher Fall ist im Hinblick auf den Hund „R.“ indes nicht gegeben.
50
(a) Der Antragsteller besitzt weder die erforderliche Erlaubnis noch hat er ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 37 Abs. 2 LStVG nachgewiesen. Der Antragsteller hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Haltung seines Kampfhundes nach Art. 37 Abs. 1 und 2 LStVG. Die Haltung ist nach den insoweit existierenden restriktiven Maßgaben, insbesondere zur Frage eines berechtigten Interesses (vgl. näher BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, Art. 37 LStVG Rn. 66 ff.; vgl. zudem BayVGH, B.v. 15.10.2018 - 10 CS 18.102 - juris Rn. 26 ff.), nicht offensichtlich erlaubnisfähig. Etwas Anderes ist weder substantiiert dargetan noch, zumal bei summarischer Prüfung, ersichtlich. Insbesondere kann allein die Tatsache, dass bereits mit der Haltung begonnen wurde, für sich genommen nicht dazu führen, dass ein berechtigtes Interesse an der Hundehaltung entsteht, weil andernfalls das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in Art. 37 Abs. 1 LStVG vielfach leerliefe (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2020 - 10 ZB 19.459 - juris Rn. 23).
51
(b) Zwar hat der Antragsteller ein Negativzeugnis (erfolglos) beantragt, nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand hat der Antragsteller indes keinen offensichtlichen Anspruch darauf, dass ihm ein solches zu erteilen wäre. Es lässt sich nicht sicher absehen, dass der Antragsteller den Nachweis erbracht hat, dass sein Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit aufweist.
52
Gemäß § 1 Abs. 2 KampfhundeVO wird bei Tieren der Rasse Rottweiler die Eigenschaft als Kampfhund vermutet, solange der zuständigen Behörde nicht nachgewiesen wird, dass der betreffende Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Ist der Nachweis erbracht, dann erteilt die Behörde ein Negativzeugnis und die Haltung des Tieres bedarf keiner Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 und 2 LStVG (vgl. oben Rn. 44).
53
Nr. 37.3.2 der Vollzugsbekanntmachung zum Landesstraf- und Verordnungsgesetz (VollzBekLStVG) bestimmt hierbei, dass der Halter die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass das konkrete Tier keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit aufweist. Der Nachweis kann nach der Vorschrift durch die Vorlage eines Gutachtens (Wesenstest) einer für das Hundewesen sachverständigen Person erfolgen. Ob die Widerlegung der Vermutung durch den Wesenstest gelungen ist, hat die Gemeinde unter Beteiligung des Veterinäramtes zu beurteilen (Nr. 37.3.5 VollzBekLStVG). Die Befugnis darüber zu entscheiden, ob die Vermutung widerlegt ist, ob also der Gegenbeweis gelungen ist, gesteht der Verordnungsgeber der Gemeinde zu. Ist sie nach Vorlage des Gutachtens nicht davon überzeugt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist, geht dies zu Lasten des Hundehalters. Die Gemeinde hat bei ihrer Prüfung indes keinen Beurteilungsspielraum, ihre Entscheidung unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Art. 37 LStVG Rn. 38). Ihrem Zweck gemäß muss ein Gutachten für den Vollzug des Art. 37 LStVG brauchbar, d.h. insbesondere nachvollziehbar, nachprüfbar, verständlich und ergebnisorientiert sein (vgl. dazu BayVGH, B.v. 16.9.2013 - 22 AS 13.1672 - juris Rn. 35 und Rn. 40). Inhaltlich mangelt es einem Gutachten etwa dann an Plausibilität, wenn die Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 LStVG trotz einer bejahten (ausgeprägten) Dominanz eines Kampfhundes i.S.d. § 1 Abs. 2 KampfhundeVO gegenüber Personen oder anderen Hunden befürwortet wird (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.9.2013 - 22 AS 13.1672 - juris Rn. 1 ff. mit zahlreichen weiteren Beispielen). Die Vermutung der Eigenschaft als Kampfhund kann mittels eines in diesem Sinne „defizitären“ Gutachtens nicht widerlegt werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.11.2011 - 10 CS 11.1626; VG Ansbach, B.v. 29.6.2011 - AN 5 S 11.00984 - juris Rn. 24 f.). Dies gilt insbesondere, wenn ein Gutachter auf unzutreffender bzw. unvollständiger Tatsachengrundlage einen Sachverhalt beurteilt oder ein Gutachten eine substanzielle Lücke aufweist, welche die Plausibilität und Nachprüfbarkeit in Frage stellt und es für eine Widerlegung gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit ungeeignet macht (vgl. VG Regensburg, U.v. 15.10.2019 - RO 4 K 18.1997 - juris Rn. 33 m.w.N.).
54
Nach diesen Maßstäben ist dem Antragsteller der Nachweis fehlender gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit mit den vorgelegten Gutachten bzw. Ergänzungen bislang nicht offensichtlich gelungen. Die Einwände des Antragstellers der fehlerhaften Beurteilung durch die Antragsgegnerin, u.a. zu Mimik/Gestik, bzw. der rechtsfehlerhaft erfolgten Ablehnung der Erteilung eines Negativzeugnisses verfangen nach Aktenlage bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht.
55
(i) Die Zweifel der Antragsgegnerin am vorgelegten Sachverständigengutachten vom 12. bzw. 18. Juni 2019 sind nachvollziehbar. Der Sachverständige beurteilte einerseits den Hund „R.“ als kein(en) Hund mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit und befürwortete die Ausstellung eines unbefristeten Negativzeugnisses unter Berücksichtigung der dezidierten Sicherheitsempfehlungen. Andererseits findet sich in dem Gutachten die Sicherheitsempfehlung, den Besuch einer Hundeschule zur Reduzierung eines teils „unnatürlichen dominanten Verhaltens“ fortzuführen (Punkt II.7, a.a.O.). Des Weiteren attestierte der Sachverständige dem Hund ein „erkennbare[s] Dominanzverhalten“ im Halteranwesen (Punkt 3.1, a.a.O.) bzw. gab an, dass der Hund das Kommando „Platz“ verweigert sowie mit „Dominanzverhalten“ und „Knurren“ reagiert habe (Punkt 3.7, a.a.O.) und traf u.a. folgende Aussagen: „Temperament: hoch“, Reizschwelle: niedrig“, „Territorialverhalten: dominant“ und „Selbstbewusstsein: dominant“ (Punkt 4.2, a.a.O.). Zweifel an der Plausibilität des Gutachtens sind schon deshalb angebracht, weil trotz eines (mehrfach) bejahten (unnatürlichen) Dominanzverhaltens des Hundes „R.“ gegenüber Personen (oder anderen Hunden) die Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 LStVG befürwortet wurde. Der Einwand des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin den Begriff der Dominanz missverstehe, geht fehl. Es ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin voraussichtlich zu Recht von einem widersprüchlichen bzw. inhaltlich nicht plausiblen und demnach „defizitären“ Gutachten ausging. Hinzukommt überdies, dass die tatsächlich geprüften Situationen in dem Gutachten häufig nicht nachvollziehbar und schlüssig sind, weil die situativen Beschreibungen näher allenfalls exemplarische Aufzählungen enthalten (vgl. etwa Punkte 3.2, 3.3, 3.5 und 3.6, a.a.O.) bzw. eine geprüfte Situation ohne eine hinreichende Beschreibung des Verhaltens von „R.“ aller Voraussicht nach mit (zu) knappen Worten interpretiert und beurteilt wurde (vgl. Punkte 3.2, 3.4, 3.5, 3.6 und 3.7, a.a.O.) bzw. eine Beurteilung - an dieser Stelle - fehlt (vgl. Punkt 3.3, a.a.O.), sodass die gezogenen Schlüsse bei summarischer Prüfung nicht nachvollziehbar sind.
56
(ii) Auch kann die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 27. Januar bzw. 4. Februar 2020 die Zweifel nicht ausräumen. Zum gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Zweifel nachvollziehbar, da u.a. der mehrfach im Hinblick auf die Gestik/Mimik von „R.“ gebrauchte Passus „Rute mal hängend, mal waagrecht, [mal seitwärts,] mal aufrecht (nicht verspannt, typisch laut Rassestandard) getragen“ für die jeweils geprüften Situationen bei summarischer Prüfung insoweit ungeeignet erscheint, als diese Beschreibung einer sinnvollen Schlussfolgerung zugänglich wäre (vgl. Punkte 5.5 ff., a.a.O.). Daneben wurden Überprüfungssituationen bzw. die Reaktionen des Hundes voraussichtlich nicht hinreichend nachvollziehbar beschrieben, weil entscheidende Details fehlen. Nach Auffassung der Kammer stellt z.B. die Beschreibung, dass „R.“ bei der Begegnung mit anderen Hunden (teilweise) an der Leine in Richtung der Hunde gezogen habe (vgl. z.B. Punkt 2.4, a.a.O.), als von der Antragsgegnerin angeführtes Beispiel (vgl. dazu Bl. 165 der Behördenakte), die Ausführungen in Bezug auf ihre Plausibilität und Nachprüfbarkeit aller Voraussicht nach zutreffend substanziell in Frage, da hinreichende Angaben dazu fehlen, ob das Ziehen z.B. aus positiver oder negativer Erregung heraus erfolgte oder welchen Geschlechts die anderen Hunde in der Begegnungssituation waren etc. (vgl. allgemein auch VG Regensburg, U.v. 15.10.2019 - RO 4 K 18.1997 - juris Rn. 33).
57
(iii) Gleiches gilt für die ergänzende Stellungnahme vom 5. November 2020, welche der Sache nach die „Mängelrügen“ der Antragsgegnerin (lediglich) verneint. Jedenfalls führt diese nicht dazu, dass eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit des Hundes offenkundig widerlegt wäre.
58
(iv) Schließlich nachvollziehbar sind bei summarischer Prüfung auch die Zweifel der Antragsgegnerin am vorgelegten Sachverständigengutachten vom 19. bzw. 23. Januar 2021. Soweit die Antragsgegnerin annimmt, dass das Gutachten dieselbe Problematik wie die übrigen Gutachten aufweise, begegnet dies keinen durchgreifenden Bedenken. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden (vgl. oben Rn. 55 ff.). Ergänzend sei angemerkt, dass die in dem Gutachten tatsächlich geprüften Situationen (erneut) nicht nachvollziehbar und schlüssig erscheinen, weil die situativen Beschreibungen näher allenfalls beispielhaft gehalten sind (vgl. z.B. Punkte 5.b.05, 5.b.08 und 5.b.09, a.a.O.) bzw. eine teils nur rudimentär skizzierte Situation ohne eine ausreichende Beschreibung des Verhaltens des Hundes voraussichtlich (zu) knapp interpretiert und beurteilt wurde (vgl. z.B. Punkte 12 ff. nach Punkt 5.b.10, a.a.O., wie etwa die Begegnungssituation: „Auf dem Gehweg trafen wir auf Fußgänger (Erwachsene und Kinder), teilweise auf unserer Seite, teilweise auch auf der anderen Straßenseite. [„R.“] zeigte dabei keine negative Verhaltensänderung …“), demgemäß die Plausibilität bzw. Nachprüfbarkeit voraussichtlich zu Recht substanziell in Frage steht. Nach alledem lässt sich jedenfalls nicht sicher absehen, dass der Antragsteller bisweilen offenkundig nachweisen kann, dass sein Hund „R.“ keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren aufweist.
59
(c) Es sind schließlich keine außergewöhnlichen Umstände dargetan oder ersichtlich, die das Art. 37 LStVG zugrunde liegende Besorgnispotenzial - zum Beispiel alters- oder gesundheitsbedingt - für jedermann offensichtlich in Zweifel ziehen könnten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 19.3.2020 - 10 ZB 19.459 - juris Rn. 28; vgl. auch BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Art. 18 LStVG Rn. 206).
60
b) Auch die Kostenfestsetzung in Ziffer 5 des verfahrensgegenständlichen Bescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 5, 6, 10 KG i.V.m. Tarif-Nr. 2.II.1/1 der Anlage zu § 1 KVz. Als zu den verfügten sicherheitsrechtlichen Anordnungen ergangene Nebenentscheidung teilt die Kostenfestsetzung das rechtliche Schicksal der Sachentscheidung(en). Gesonderte Bedenken sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
61
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62
7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht hat bei der Höhe des Streitwertes die Ziffern 35.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt.
63
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ist abzulehnen, weil es an den hinreichenden Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung fehlt (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
64
Ausweislich § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. etwa BVerfG, B.v. 14.4.2003 - 1 BvR 1998/02 - NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (vgl. etwa Eyermann, VwGO, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (vgl. Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
65
Nach diesen Grundsätzen kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe im Eilverfahren nicht in Betracht, da nach den obigen Ausführungen (unter II.), auf die Bezug genommen wird, der Eilantrag nicht erfolgreich ist.