Titel:
Erstattung von Hochschulkosten durch ausbildenden Dienstherrn
Normenketten:
HföDG Art. 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Art. 3 Abs. 2 S. 1., S. 4, Abs. 5 S. 1
ErstVBayFHVR § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2, S. 3, § 3 Abs. 2
Leitsätze:
1. Der Regelung zur Minderung der pauschalen Studienkosten bei Verzicht auf Unterkunft ist weder dem Wortlaut nach noch durch Auslegung zu entnehmen, dass der Verzicht einzelfallbezogen vorgenommen werden muss. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Verzicht auf Unterkunft kann die Studienkosten nur mindern, wenn er für einen Teilabschnitt des Studiums, nicht nur für Zeiträume innerhalb eines Teilabschnitts, vorgenommen wird. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Verzicht durch Stillschweigen kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil vor Beginn eines Studienabschnitts nicht bekannt war, ob pandemiebedingt Präsenzstudium stattfindet (ebenso VG Regensburg BeckRS 2021, 39265). (Rn. 28 und 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Da die Erstattungsregelung nicht von einem strikten Gegenseitigkeitsprizip ausgeht, ist eine Verzichtserklärung auch für Zeiträume nicht entbehrlich, in denen eine Unterkunft pandemiebedingt tatsächlich nicht angeboten wird (ebenso VG Regensburg BeckRS 2021, 39265). (Rn. 34 und 39) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Leistungsstörungen finden auf den Erstattungsanspruch keine Anwendung, auch nicht im Wege der Analogie. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kosten der Ausbildung für abgeschlossene und begonnene Teilabschlüsse des Fachstudiums für den gehobenen nichttechnischen Dienst in der Sozialverwaltung für Nachwuchskräfte in der 3. Qualifikationsebene, Haushaltsjahr 2021, (teilweise) Herabsetzung des Erstattungsbetrags wegen fristgerechtem ausdrücklich erklärtem Verzicht auf die Unterkunft, auch für den gesamten Studienjahrgang, Fachhochschule, Bayern, Fachstudium, Kostenerstattung, Unterkunft, Verzicht, Präsenzstudium, Pandemie, Teilabschnitt, Stillschweigen, Leistungsstörung, Gegenseitigkeitsprinzip
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34252
Tenor
I. Der Bescheid der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern, Fachbereich Sozialverwaltung, vom 10. Dezember 2021 wird insoweit aufgehoben, als er den Betrag i.H.v. 439.978,00 EUR übersteigt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin drei Viertel und der Beklagte ein Viertel.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand:
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (HföD) - Fachbereich Sozialverwaltung, mit dem die Kosten der Ausbildung für abgeschlossene und begonnene Teilabschlüsse des Fachstudiums für den gehobenen nichttechnischen Dienst in der Sozialverwaltung für Nachwuchskräfte der Klägerin in der 3. Qualifikationsebene (Studierende) für das Haushaltsjahr 2021 abgerechnet wurden.
2
Wegen der Corona-Pandemie fanden im Haushaltsjahr 2021 überwiegend keine Präsenzveranstaltungen an der HföD statt, sondern es erfolgte in diesen Zeiträumen ein Online-Studium. Die Klägerin gab insoweit verschiedene Erklärungen ab, in denen sie für ihre Studierenden auf die Nutzung der Unterkünfte an der HföD verzichtete.
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Mit Bescheid vom 10. Dezember 2021 setzte die HföD den Erstattungsbetrag für das Haushaltsjahr 2021 gegenüber der Klägerin auf 458.304,00 EUR fest. Die Abschlagsregelung könne nur für etwaige, individuelle Einzelfälle zum Tragen kommen. Eine unerlässliche Voraussetzung hierfür sei, dass die HföD ihrerseits keinen Unterkunftsplatz bereitstellen bzw. für die HföD kostenpflichtig anmieten müsse. Die Verzichtserklärungen könnten daher nicht akzeptiert werden.
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Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,
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den Bescheid der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern, Fachbereich Sozialverwaltung, vom 10. Dezember 2021 insoweit aufzuheben, als er den Betrag von 385.154,00 EUR übersteigt.
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Die Klägerin sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und als Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung für die Versicherten des Regierungsbezirks Schwaben zuständig. Die Studierenden der Klägerin würden abwechselnd bei der Klägerin sowie an der HföD - Fachbereich Sozialverwaltung in ... ausgebildet. Streitig sei ein Anteil in Höhe von 308,00 € je Studierenden und Monat (insgesamt 73.150,00 EUR), da wegen der Corona-Pandemie (teilweise) keine Unterkünfte angeboten hätten werden können. Die Klägerin solle für eine Leistung bezahlen, die nicht erbracht worden sei bzw. nicht hätte erbracht werden können. Es sei unerheblich, dass die Hochschule nicht für die Schließung verantwortlich gewesen sei, denn auch die Klägerin hätte diese nicht zu vertreten. Die Schließung sei vom Freistaat angeordnet worden, weshalb der Ausfall der Unterbringung in der „Risikosphäre“ des Beklagten liegen würde. Ein Verzicht sei an keine Bedingung geknüpft. Die Verzichtsregelung sei nicht dafür gedacht, der HföD eine Vergütung für Unterkünfte zu sichern, wenn die Hochschule überhaupt keine Unterkünfte anbieten könne und dürfe. Die Erstattungsverordnung regele nur das Entgelt für Ausbildung und Unterkunft, würde aber nichts zu den Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen sagen. Vorliegend sei die Fallkonstellation dergestalt, dass als Regelfall nur ein Unterricht ohne Übernachtung angeboten worden sei. Dieser Fall sei in der Erstattungsverordnung nicht geregelt. Damit liege eine Regelungslücke vor. Das Verhältnis zwischen den Beteiligten sei vergleichbar einem Unternehmer des bürgerlichen Rechts zu seinen Kunden. Es bestehe ein Bedürfnis, zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen, wie es gerade die Vorschriften des vertraglichen Schuldrechts ermöglichen würden. Würde man nun das Leistungsstörungsrecht des BGB zu Rate ziehen, so würde sich bei analoger Anwendung ergeben, dass die Klägerin bei nachträglicher Unmöglichkeit von der Zahlung der Kosten für die Unterkunft frei werden würde. Aufgrund der corona-bedingten Anordnung der Schließung der Hochschule habe die Hochschule keine Unterkünfte mehr anbieten können und dürfen. Es würde damit ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 BGB analog im Hinblick auf die Gebrauchsüberlassung der Unterkünfte vorliegen. Wenn nun die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung unmöglich werden würde, müsste für die Klägerin die Rechtsfolge des § 326 Abs. 1 BGB analog eintreten. Das würde bedeuten, wenn die Hochschule nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB analog nichts leisten müsse, würde auch der Anspruch auf die Gegenleistung (also der Erstattungsbetrag für die Unterkunft) entfallen. Das Herausrechnen der Unterkunftskosten aus den pauschalen Ausbildungskosten sei ein Indiz dafür, dass diese nicht automatisch anfallen, sondern zur Disposition stehen würden, sodass in diesem Punkt das Gegenseitigkeitsprinzip gegeben sei. Aus Vereinfachungsgründen werde die Unterkunft pauschal berechnet und die Kosten alle drei Jahre überprüft. Diese Kosten seien dem Kostendeckungsprinzip unterworfen und könnten nur insoweit geltend gemacht werden, als sie auch tatsächlich entstanden seien. Die Klägerin habe die Beiträge der Versichertengemeinschaft zur gesetzlichen Rentenversicherung treuhänderisch zu verwalten und dürfe daher ohne Rechtsgrundlage keine Ausgaben tätigen. Selbst wenn ein Anspruch auf Entgelt bestehen würde, so seien die ersparten Aufwendungen hinsichtlich Strom, Heizung, Wasser und Reisekosten der Dozenten zu berücksichtigen. Ansonsten würde dies zu einer einseitigen Risikoverlagerung zu Lasten der Klägerin führen. Sofern keine Unterkünfte angemietet worden seien, seien zudem keine Aufwendungen des Beklagten ersichtlich. Die Zurverfügungstellung von Einzelzimmern sei keine höhere Qualifikation der Ausbildung. Primär werde die Ausbildung geschuldet. Mehrausgaben würden bestritten. Der vorliegende Fall sei zudem auch nicht mittels einer Kostenanpassung gemäß § 8 der Erstattungsverordnung zu entscheiden, da dieser nur die turnusmäßig alle drei Jahre stattfindende Überprüfung der Kostenansätze betreffen und keine Sonderprüfung vorsehen würde. Die Regelung sei damit für die Zukunft gedacht und nicht für eine zurückliegende Kompensation einer Unterdeckung. Im Gegensatz zum Haushaltsjahr 2020 sei für das Haushaltsjahr 2021 für jeden Studienteilabschnitt ausdrücklich ein Verzicht erklärt worden. Die Argumentation des Beklagten, dass ein Verzicht nur für etwaige, individuelle Einzelfälle zum Tragen komme und eine vorherige Abstimmung erforderlich sei, gehe fehl. Dies sei nicht vom Wortlaut der Erstattungsverordnung gedeckt. Die Verzichtsregelung sehe keinen Automatismus vor, dass für einen einmal angemeldeten Studierenden immer Unterbringungskosten anfallen würden. Sie regele den Fall, dass die Hochschule Unterkünfte zur Verfügung stelle und die Benutzer dieses Angebot aus Gründen nicht annehmen würden, die im Verantwortungsbereich dieser Benutzer liegen würden, beispielsweise, weil sie keinen Bedarf wegen einer eigenen Wohnung hätten. Dieser fehlende Bedarf könne auch in einem Online-Studium liegen. Die Verzichtserklärungen für das Jahr 2021 seien für den gesamten Studienteilabschnitt abgegeben worden. Die Unterrichtsplanung sei im Jahr 2021 teilweise nur wochenweise erfolgt. Nachdem das Öffnen der Hochschule zusätzlich an den Inzidenzwert gekoppelt gewesen sei, seien längerfristige Planungen noch schwieriger gewesen. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass eine wöchentliche Verlängerung des Verzichts nicht explizit vorgenommen hätte werden müsse. Die Erklärung des Verzichts sei im Einverständnis mit dem Fachbereich erfolgt. Es sei der Eindruck erweckt worden, dass bei einem Verzicht keine Kosten für die Übernachtung bei einem Online-Studium gefordert werden würden. Entgegen dem Wortlaut der Erstattungsverordnung sei nun der Verzicht auch noch an die Bedingung geknüpft worden, dass keine Unterkunft bereitgestellt bzw. angemietet werden müsste. Auch im Hinblick auf das abweisende, rechtskräftige Urteil des VG Regensburg (U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris) in einem Parallelverfahren für das Haushaltsjahr 2020 würde die Klage nicht zurückgenommen.
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Der Beklagte beantragt,
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Nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Gesamtdeckung (Art. 8 BayHO), der Wirtschaftlichkeit (Art. 7 BayHO) und dem Gebot der vollständigen Einnahmeerhebung (Art. 34 BayHO) könne ohne Rechtsgrundlage nicht auf Einnahmen von Seiten der Behörden verzichtet werden. Eine Rechtsgrundlage für einen Verzicht auf Unterkunftskosten würde nicht vorliegen. Die Erstattungsverordnung würde in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 4 HföDG für die Belegung eines Studienplatzes (welcher Unterricht, Unterkunft und Verpflegung umfasse) eine pauschale Kostenabrechnung vorsehen. Ein möglicher Abschlag sei nur für den Fall des aktiven Verzichts auf die Unterkunft geregelt. Weitere Abschlagsregelungen seien nicht vorgesehen. Da von Seiten der anderen öffentlichen Dienstherren bzw. der diesbezüglichen Anwärter beim Wechsel von Online- und Präsenzunterricht nicht aktiv auf eine Unterkunft verzichtet, sondern die Unterkunft dennoch während des Präsenzunterrichts tatsächlich in Anspruch genommen worden sei, würde nach der Erstattungsverordnung keine Möglichkeit zur Reduzierung von Erstattungsforderungen vorliegen. Die in der Erstattungsverordnung geregelten Abschlagsregelungen seien beim pandemiebedingten Wechsel von Online- und Präsenzunterricht und dadurch reduzierter Nutzung von Unterkünften nicht anwendbar. Vielmehr sei das angebotene Studium und die dadurch bedingte Kostenerstattung als Gesamtpaket anzusehen. Das Studium sei auch während der Pandemie nicht unterbrochen, sondern in anderer Form (online) fortgeführt worden. Die teilweise (Nicht-)Belegung einer Unterkunft sei in der Erstattungsverordnung nicht vorgesehen. Im Einklang mit diesen Vorgaben der Erstattungsverordnung sei es den Studierenden freigestellt worden, ihre Zimmerschlüssel zu behalten und ggf. Hausrat in den Zimmern zu belassen. Eine Räumung der Unterkünfte bzw. ein Entzug des Wohnrechts sei nicht erfolgt. Weiterhin sei davon auszugehen, dass bei der Unterbringung von einer höheren Qualität der Ausbildung durch die pandemiebedingte Unterbringung in Einzelzimmern auszugehen sei. Auf Seiten des Freistaates Bayern würden etwaigen marginalen Kostenersparnissen wie Minderausgaben bei Strom, Wasser, Heizung, Müll zusätzlicher Verwaltungsaufwand (abwechselnder Online- und Präsenzunterricht) gegenüberstehen. Die Anmietungen hätten zum Teil auch vertragsbedingt und vor dem Hintergrund einer möglichen Rückkehr zur Vollpräsenz weiterhin vorgehalten werden müssen, so dass sich hier keine Kostenersparnis ergeben hätte. Die Pandemiebedingungen hätten teilweise auch zu Mehrausgaben geführt (Vollzugsregelungen der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und deren Erfüllung, Entwicklung, Wartung und Betreuung der erforderlichen virtuellen Lehrangebote als Ersatz für den Präsenzbetrieb und zur Unterstützung der haupt- und nebenamtlichen Lehrpersonen). Die partiell angefallene pandemiebedingte Nichtbelegung von Unterkünften seitens der Studierenden hätte weder zu einer Minderung noch zu einem Erlass der vom Fachbereich Sozialverwaltung der den Grundbesitz verwaltenden Stelle, die Akademie der Sozialverwaltung, zu erstattenden Bewirtschaftungskosten geführt. Eine Anpassung der Kostensätze und demnach eine Reaktion bei Veränderungen sei über § 8 BayFHVRErstV abschließend geregelt. Die Vorschrift besagt, dass eine regelmäßige Überprüfung (alle drei Jahre) der festgesetzten Kostensätze erfolgt und eine Anpassung bei einer Abweichung von mehr als 10 v. H. von den tatsächlichen Ausgaben vorgenommen werde. Dieser Regelung folgend würde sich eine pandemiebedingte Kostenreduzierung des Freistaates Bayern, wenn sie vorläge, bei den tatsächlichen Ausgaben im Falle einer Abweichung von mehr als 10 v. H. auch im Rahmen der Überprüfung widerspiegeln. Die Rechtsgrundlagen der Verzichtsregelung einerseits und des § 8 BayFHVRErstV andererseits seien strikt zu trennen. Mangels eines öffentlich-rechtlichen Vertrags würde keine der denkbaren Grundlagen für eine Anwendung des zivilrechtlichen Leistungsstörungsrechts des BGB auf das öffentliche Recht vorliegen: Mangels vergleichbarer Sachverhalte würde sich der (analoge) Rückgriff auf das allgemeine Schuldrecht bei einseitigem hoheitlichem Handeln, wie es hier durch Verwaltungsakt erfolgt sei, verbieten. Die rechtliche und tatsächliche Unmöglichkeit bei Verwaltungsakten sei speziell und abschließend in Art. 44 BayVwVfG geregelt. Die ergänzende Geltung der Vorschriften des BGB sei über Art. 54, 62 Satz 2 BayVwVfG hingegen nur für den öffentlichen-rechtlichen Vertrag angeordnet. Die Zuteilung der Studienplätze an andere Dienstherren und die Abrechnung der Kosten gemäß der Erstattungsverordnung würden jedoch nicht durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, sondern ausschließlich durch Bescheid des Beklagten erfolgen. Die Vorschriften des zivilrechtlichen Leistungsstörungsrechts seien auch nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der sich - wie etwa §§ 133, 157 BGB - auf das öffentliche Recht übertragen lassen würde. Auch eine Argumentation hinsichtlich einer teleologischen Extension der Vorschriften über die Erstattung bzgl. der Unterkunft würde fehlgehen. Eine teleologische Extension würde einen planwidrig zu engen Wortlaut und eine vergleichbare Interessenlage voraussetzen. Eine planwidrige zu enge Fassung des Wortlauts würde nicht vorliegen, da der Verordnungsgeber mit dem Fall des Verzichts auf die Unterkunft nur die Fälle hätte regeln wollen, in denen für einzelne Studierende aufgrund der räumlichen Nähe kein Bedarf an einer Unterkunft an der Hochschule bestehe. Da die Analogie, die teleologische Reduktion und die teleologische Extension als Mittel der (zulässigen) Rechtsfortbildung insgesamt darauf abzielen würden, den Willen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers zu verwirklichen, sei dieser, wie dargestellt, in den Blick zu nehmen. Es würde eine unzulässige Rechtsfortbildung darstellen, gegen den ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers einen wie auch immer konstruierten „Verzicht“ auf die Unterkunft anzunehmen, obwohl sich für diesen keine Grundlage finden lassen würde. Vielmehr würde es dem gesetzgeberischen Willen näherkommen, bei derartigen Abweichungen eine außerplanmäßige Neuberechnung der zu erstattenden Kosten vorzunehmen, statt nur einen Posten aus dem Bescheid herauszunehmen. Eine pandemiebedingte Neuberechnung müsste dann tatsächlich alle Aufwendungen erfassen und auf die anderen öffentlichen Dienstherren umlegen, d.h. insbesondere Mehraufwendungen aufgrund infektionsschutzrechtlicher Vorgaben in Umsetzung des Hygienekonzepts, durch Einzelbelegung der Zimmer trotz verminderter Präsenz, außerdem Entwicklungskosten für Angebote der virtuellen oder hybriden Lehre, höhere Kosten aufgrund der Aufteilung der Studierenden in kleineren Gruppe, etc. Es habe keine Verhandlungen oder Zusagen von Seiten der HföD bzgl. eines möglichen Verzichts gegeben. In der Praxis habe es in der Vergangenheit wenige, individuelle Einzelfälle gegeben, bei denen im beiderseitigen Einvernehmen Verzichtserklärungen bzw. -annahme erfolgt seien. Ein monatlicher Abschlag in Höhe von 308,00 EUR könne nur im Falle eines aktiven Verzichts vor Beginn eines Teilabschnittes des Fachstudiums einzelfallbezogen, jedoch nicht paketweise vorgenommen werden. Die Verzichtsregelung würde für die HföD Planungssicherheit schaffen, insbesondere für den Fall kostenträchtig anzumietender Unterkünfte. Im Übrigen werde auf die Entscheidung des VG Regensburg (U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris) Bezug genommen. Die Möglichkeit eines generellen Unterkunftsverzichts durch einen nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn für einen gesamten Studienjahrgang habe das Verwaltungsgericht Regensburg mit überzeugender Begründung für mehr als fraglich gehalten.
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In dem Parallelverfahren für das Haushaltsjahr 2020 wurde die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Regensburg (U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris) und wegen Nichtvorliegens eines fristgerecht erklärten Verzichts insgesamt abgewiesen (U.v. 27.9.2022 - Au 8 K 20.2779).
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Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Behördenakte sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid vom 10. Dezember 2021 ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Abzug eines Anteils in Höhe von 308,00 EUR je Studierenden und Monat von den von ihr zu erstattenden Ausbildungskosten für den Studienjahrgang 2019/22 im Studienabschnitt II2 für den Zeitraum vom 5. April 2021 bis zum 16. Juli 2021. Im Übrigen besteht kein Anspruch auf Reduzierung des Erstattungsanspruchs.
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1. Nach Art. 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d) des Gesetztes über die Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (HföDG) obliegt der HföD nach Maßgabe der Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen und der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften auf der Bildungsebene der Fachhochschulen die Ausbildung für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene in der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen im fachlichen Schwerpunkt Sozialverwaltung. Soweit nichtstaatliche öffentliche Dienstherren ihren Nachwuchs für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene an der HföD ausbilden, tragen sie gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 HföDG die Kosten mit Ausnahme der Kosten für Grunderwerb, für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie für die Erstausstattung der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege anteilig nach der Zahl der Studierenden. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 4 HöfDG werden die Kosten pauschal abgerechnet.
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Die Einzelheiten der Abrechnung sind in der Verordnung über die Erstattung der Kosten für die Ausbildung und Fortbildung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern (Erstattungsverordnung - ErstVBayFHVR) geregelt (Art. 3 Abs. 5 Satz 1 HföDG). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 ErstVBayFHVR betragen die Gesamtkosten des Studiums im Studiengang gehobener nichttechnischer Dienst in der Sozialverwaltung bei normalem Studienverlauf pro Studierenden inklusive Unterkunft 25.916,00 EUR. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift werden für die Belegung eines Studienplatzes je Monat des Fachstudiums 1.364,00 EUR festgesetzt. Die weiteren Einzelheiten der Abrechnung ergeben sich aus § 3 Abs. 2 ErstVBayFHVR. Danach wird etwa die Dauer der Teilabschnitte des Fachstudiums auf volle oder halbe Monate festgesetzt. Nach § 3 Abs. 1 und Abs. 3 ErstVBayFHVR setzt die HföD die Erstattungsbeträge durch Bescheid fest.
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a) Der von der HföD festgesetzte Erstattungsbetrag für das Haushaltsjahr 2021 in Höhe von 458.304,00 EUR ergibt sich unter Zugrundelegung der in der Verordnung beschriebenen Abrechnungsmodalitäten ohne Abzug wegen Nichtinanspruchnahme der Unterkünfte. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
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b) Es besteht jedoch teilweise ein Anspruch auf Minderung des Erstattungsbetrags nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR. Danach wird je Monat des Fachstudiums ein Abschlag von 308,00 EUR vorgenommen, soweit einen Monat vor Beginn eines Teilabschnitts des Fachstudiums in Abstimmung mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege auf die Unterkunft verzichtet wird.
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aa) Ein ausdrücklicher, fristgerechter Verzicht auf Nutzung der Unterkünfte erfolgte (nur) für den Studienjahrgang 2019/22 im Studienabschnitt II2 für den Zeitraum vom 5. April 2021 bis zum 16. Juli 2021 mit Schreiben der Klägerin vom 2. März 2021 (Bl. 45 der Gerichtsakte). Das Schreiben ging mit Email am 3. März 2021 (Bl. 44 der Gerichtsakte) beim Fachbereichsleiter der HföD und somit einen Monat vor Beginn des Teilabschnitts am 5. April 2021 fristgerecht ein. Formerfordernisse sind nicht vorgeschrieben. Die Klägerin erklärte für den gesamten Prüfungsjahrgang 2022 für den vollständigen Zeitraum des Teilabschnitts, der vom 5. April 2021 bis zum 16. Juli 2021 dauerte, mit Einverständnis der Studierenden den Verzicht auf die Unterkunft ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR. Es ist auch davon auszugehen, dass dies in Abstimmung mit der HföD erfolgte, da der Verwaltungsleiter u.a. mit Email vom 25. November 2021 sogar ausdrücklich darauf hinwies, dass für bestimmte Zeiträume noch keine Verzichtserklärungen vorliegen und diese ggf. nachgereicht werden sollen. Des Weiteren erklärte er mit Email vom selben Tag, dass er davon ausgehe, dass die Verzichtserklärungen (für den Prüfungsjahrgang 2023) anerkannt werden könnten, wenn die bisherigen Verzichtserklärungen anerkannt würden. Aus diesem von der Klägerin vorgelegten Email-Verkehr ergibt sich, dass sich die Klägerin mit der HföD abgestimmt hat, auch vor dem Hintergrund, dass für das Haushaltsjahr 2020 bereits zu diesem Zeitpunkt ein Klageverfahren anhängig war und insoweit gerade strittig war, ob die Klägerin für Teilabschnitte im Jahr 2020 ausdrücklich auf die Unterkünfte verzichtet hat. Die Klägerin hat für 2021 darauf entsprechend reagiert und ausdrückliche Verzichtserklärungen abgegeben. Der Beklagte hat demgegenüber nicht dargelegt, dass er die Verzichtserklärungen für das Haushaltsjahr 2021 (ausdrücklich) abgelehnt hat. Im Übrigen bedeutet Abstimmung nicht Zustimmung (BayVGH, U.v. 6.4.2017- 2 B 17.142 - juris Rn. 37). Aus dem Wortlaut, der explizit nur die Abstimmung vorsieht, ergibt sich nicht, dass ein Einvernehmen mit der HföD herzustellen ist. Des Weiteren lag inhaltlich gerade ein Einverständnis vor, da die Beteiligten sich einig waren, dass während des Online-Unterrichts eine Nutzung der Unterkünfte nicht möglich war. Dem Schreiben der HföD, Fachbereich Sozialverwaltung, vom 3. April 2021 (Bl. 13 der Gerichtsakte) lässt sich insoweit nämlich entnehmen, dass der gesamte zweite Teil des 2. Studienabschnitts des Prüfungsjahrgangs 2022 vom 5. April bis zum 16. Juli 2021 online stattfand. Eine auch nur teilweise Nutzung mit Lagerung von Hausrat etc. war damit für diesen Jahrgang ebenfalls nicht möglich.
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bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Verzichtsregelung auch anwendbar. Anhaltspunkte dafür, dass die Regelung nur anwendbar ist, wenn der Verzicht einzelfallbezogen und nicht „paketweise“ vorgenommen wird, liegen nicht vor. Eine solche Auslegung ergibt sich bereits nicht aus dem reinen Wortlaut der Vorschrift, der insoweit keine Einschränkungen enthält. Auch aus dem Sinn und Zweck der Reglung ergibt sich nichts Anderes. Zwar führt, worauf der Beklagte hinweist, auch das Verwaltungsgericht Regensburg aus, dass es schon mehr als fraglich erscheine, ob ein nichtstaatlicher öffentlicher Dienstherr generell für einen gesamten Studienjahrgang auf die Unterkunft verzichten könne, wenn die Unterkünfte aufgrund von Umständen nicht genutzt werden könnten, die die Hochschule nicht zu vertreten habe. Dies würde im Ergebnis nämlich dazu führen, dass die von der ErstVBayFHVR angestrebte Kostendeckung im Wege der pauschalierten Abrechnung nicht mehr erreicht werden würde. In diesem Fall würden die Vorhaltekosten für die Unterkünfte nicht mehr vollständig abgedeckt (VG Regensburg, U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris Rn. 56). Zum einen hat das Verwaltungsgericht Regensburg in seiner Entscheidung diese Frage jedoch nicht endgültig („erscheint mehr als fraglich“) entschieden, da es insoweit nicht darauf ankam, nachdem bereits keine ausdrücklichen Verzichtserklärungen im dort maßgeblichen Haushaltsjahr 2020 vorlagen. Zum anderen ist das Argument auch nicht überzeugend, da die HföD die entfallenen Unterkunftskosten im Falle einer Unterdeckung unter den Voraussetzungen des § 8 ErstVBayFHVR in folgenden Abrechnungszeiträumen durch Anpassung der pauschalierten Kostensätze wieder ansetzen kann. Dass sich die Regelung nur auf Studierende beziehen soll, die in der Nähe der Hochschule ihren Wohnsitz haben und deshalb keine Unterkunft benötigen, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Soweit der Beklagte geltend macht, die Regelung diene der Planungssicherheit, wird dem gerade dadurch Rechnung getragen, dass der Verzicht einen Monat vor Beginn des Teilabschnitts erklärt werden muss.
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cc) Der Erstattungsbetrag war somit um 18.326,00 EUR zu reduzieren (3,5 Monate x 17 Studierende x 308,00 EUR).
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c) Für die weiteren Teilabschnitte des Haushaltsjahres 2021 kann eine Reduzierung jedoch nicht geltend gemacht werden, da insoweit keine fristgerechten Verzichtserklärungen vorliegen und auch eine anderweitige Reduzierung nicht in Betracht kommt.
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aa) Für die anderen Teilabschnitte liegen zwar ausdrückliche Verzichtserklärungen vor, jedoch erfolgten diese nicht fristgerecht bzw. nicht für den gesamten Teilabschnitt.
22
Für den Prüfungsjahrgang 2021 erfolgte für den Teilabschnitt III für die Studienzeit vom 2. Januar bis 2. Juli 2021 erst mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 (Bl. 41 der Gerichtsake) eine Verzichtserklärung und somit nicht mindestens einen Monat vor Beginn des Teilabschnitts.
23
Für den Prüfungsjahrgang 2023 erfolgte für den Teilabschnitt I2 für die Studienzeit vom 4. Januar bis zum 2. April 2021 der Verzicht ebenfalls mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 (Bl. 41 der Gerichtsake) und damit ebenfalls verfristet.
24
Für den Studienabschnitt II1 für die Studienzeit vom 20. September bis zum 31. Dezember 2021 erfolgte der Verzicht mit Schreiben vom 22. Juli 2021 (Bl. 47 der Gerichtsakte) und wäre somit zwar fristgerecht eingegangen. Der Verzicht wurde aber ausdrücklich nur für einen Teilzeitraum des Abschnitts, nämlich bis zum 8. Oktober 2021, erklärt und erfüllt deshalb nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR. Aus der Regelung, dass vor Beginn des Teilabschnitts auf die Unterkunft verzichtet werden muss, ergibt sich nämlich, dass sich dies auf den gesamten Teilabschnitt bezieht. Wenn es möglich wäre, nur für einzelne Monate auf eine Unterkunft zu verzichten, wäre dem Sinn und Zweck dieser Regelung, Planungssicherheit zu gewährleisten, nicht mehr Rechnung getragen. Gleiches gilt für die Erklärung der Klägerin in diesem Schreiben, dass bei Verlängerung des Online-Studiums über diesen Zeitraum hinaus (also über den 8.12.2021) für die gesamte Zeit des Online-Studiums auf die Unterkunft verzichtet werde.
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Für den Prüfungsjahrgang 2024 für den Studienabschnitt I1 im Studienzeitraum 15. September bis zum 31. Dezember 2021 erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 26. November 2021 (Bl. 37 der Gerichtsakte) den Verzicht und damit erst nach Beginn des Teilabschnitts.
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bb) Für die Zeiträume, für die nicht fristgerecht oder nur für anteilige Zeiträume ein Verzicht erklärt wurde, kann auch kein konkludenter Verzicht auf die Unterkunft angenommen werden.
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Eine Willenserklärung - wie vorliegend der Verzicht auf die Unterkunft - kann grundsätzlich auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, abgegeben werden. Nach der sogenannten objektiven Theorie ist das der Fall, wenn der rechtsgeschäftliche Wille unmittelbar aus der auf einen rechtlichen Erfolg gerichteten Sprache - die auch individuell oder verkehrsmäßig typisierte Zeichensprache, wie z.B. Handheben in einer Versammlung sein kann -, hervorgeht oder wenn er mittelbar aus anderen Indizien erschlossen werden kann. Maßgeblich ist die Sicht des Erklärungsempfängers. Ein spezieller Fall der konkludenten Willenserklärung ist die stillschweigende, bei der mittelbar aus dem Schweigen in einer bestimmten Situation ein Indizienschluss auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen gezogen wird (ausführlich zu konkludenten Willenserklärungen: Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2021, Vorb. §§ 116 ff Rn. 6; vgl. VG Regensburg, U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris Rn. 48).
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Ein fristgerechter, einen Monat vor Beginn eines Teilabschnitts erfolgter Verzicht konnte zwar aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht für alle Teilabschnitte erfolgen.
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Allein in dem Schweigen der Klägerin und der betroffenen Studierenden ist jedoch kein stillschweigender Verzicht auf die Unterkunft zu sehen. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des VG Regensburg in dem identischen Parallelverfahren (VG Regensburg, U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris Rn. 50 bis 52) an, das dazu Folgendes ausführt:
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„Einerseits ist insoweit zu bedenken, dass sich die Klägerin vor Beginn des Studienteilabschnitts nicht anders verhalten hat, als vor der Pandemie. In der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass die von der Klägerin an die Hochschule entsandten Studierenden nur einmal vor Beginn des Studiums von der Klägerin bei der HföD angemeldet werden. Die Hochschule lädt dann die Studierenden über deren jeweilige Dienststellen rechtzeitig vor Beginn eines neuen Studienabschnitts ein und die Studierenden werden dann von ihren Dienststellen der Hochschule zugewiesen. Ein irgendwie geartetes Zutun der Klägerin, um das Fortsetzen des Studiums zu gewährleisten - etwa eine Neuanmeldung der Studierenden für jeden Studienteilabschnitt - ist somit nicht erforderlich. Aus Sicht der Hochschule ist aus einem Schweigen der Klägerin somit zu folgern, dass alle einmal angemeldeten Studierenden das Studium fortsetzen wie bisher und dass allen Studierenden, für die bisher eine Unterkunft bereitgestellt worden ist, diese auch künftig benötigen. Ein Tätigwerden der Klägerin ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn ein Studierender das Studium abbricht. In diesem Fall meldet die Klägerin den Studierenden bei der Hochschule ab, was dann dazu führt, dass der Studienplatz nicht mehr belegt ist und für die Klägerin insoweit überhaupt keine Kosten mehr entstehen (vgl. § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2, § 3 Abs. 2 ErstVBayFHVR). Zudem ist es möglich, dass einzelne Studierende, die eine Unterkunft nicht (mehr) benötigen, den Verzicht nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR unmittelbar gegenüber der HföD erklären. Für alle anderen Studierenden durfte die HföD demzufolge davon ausgehen, dass diese noch angemeldet sind, ihr Studium fortführen und nicht auf die Unterkunft verzichten, sodass für diese ein Betrag von 1.364,00 EUR je Monat des Fachstudiums nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ErstVBayFHVR seitens der Klägerin zu erstatten ist.
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Warum das Schweigen der Klägerin in der Pandemie anders zu verstehen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Zwar wurde für die Studierenden des hier zu beurteilenden Studienteilabschnitts tatsächlich keine Unterkunft benötigt, da ausschließlich Digitalunterricht stattfand. Dass für den betreffenden Jahrgang voraussichtlich ausschließlich Digitalunterricht angeboten werden wird, war von den Beteiligten vorhersehbar, was sich aus dem Schreiben der Hochschule vom 5. August 2020 ergibt, welches der Klägerin offensichtlich bekannt war. Allerdings ist der fragliche Abschnitt des Schreibens mit „Planung des Studiums für Herbst 2020 (derzeitiger Stand)“ überschrieben. Hieraus ergibt sich, dass die HföD bemüht war, ein pandemiekonformes Studium anzubieten, was nur durch die Unterrichtung verschiedener Studienjahrgänge im Onlineverfahren möglich war. Aus dem Klammerzusatz „derzeitiger Stand“ ergibt sich jedoch, dass Änderungen der Planungen jederzeit infrage kamen. Hätte sich etwa die Corona-Situation während des fraglichen Studienabschnitts verbessert, so hätte auch der Fall eintreten können, dass wieder Präsenzunterricht stattfinden kann. In diesem Fall hätte dann die Hochschule wieder Unterkünfte zu Verfügung stellen müssen, weshalb die nicht belegten Unterkünfte auch tatsächlich vorgehalten wurden. Ein derartiger Fall ist nach Angabe des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Oktober 2021 auch tatsächlich eingetreten. Ein Studienjahrgang, der bislang digital unterrichtet worden sei, sei am 11. Oktober 2021 kurzfristig wieder einberufen worden, sodass die seitens der HföD vorgehaltenen Unterkünfte auch tatsächlich wieder benötigt worden seien. Würde das bloße Schweigen der Klägerin in einem derartigen Fall als Verzicht auf die Unterkunft anzusehen sein, so hätte dies zur Folge, dass die Studierenden wieder zum Unterricht einberufen werden können, aber vor Ort keine Unterkunft mehr haben, was sicherlich auch von der Klägerin nicht gewollt wäre. Zwar wird man davon ausgehen können, dass die meisten Unterkünfte auch im Fall der Nichtbelegung von der Hochschule vorgehalten werden müssen, da eine anderweitige Vergabe nicht möglich ist, sodass auch im Fall einer kurzfristigen Wiedereinberufung von Studierenden eine Unterkunft hätte zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings würde dies zu einer einseitigen Verlagerung des Risikos der Nichtbelegung von Unterkünften auf die HföD führen.
32
Nach alledem musste die Hochschule aufgrund des bloßen Schweigens der Klägerin auch nach Einführung des Digitalunterrichts weiterhin davon ausgehen, dass sie Unterkünfte für die Studierenden vorhalten muss, auch wenn diese voraussichtlich tatsächlich nicht genutzt werden. Aus maßgeblicher Sicht der Hochschule konnte das bloße Schweigen der Klägerin somit nicht als Verzicht auf die Unterkunft verstanden werden.“
33
Gleiches gilt insoweit, als der Verzicht nicht fristgerecht einen Monat vor Beginn des Teilabschnitts erfolgte, weil auch bei dieser Konstellation der Beklagte nach Fristablauf davon ausgehen konnte, dass die Klägerin für ihre Studierenden die Möglichkeit der Nutzung der Unterkunft offenhalten will.
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cc) Eine (fristgerechte) Verzichtserklärung war auch nicht entbehrlich.
35
Auch insoweit schließt sich die Kammer den Feststellungen des VG Regensburg (VG Regensburg, U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris Rn. 54 bis 60) an, mit Ausnahme der Ausführungen zu der Frage, ob überhaupt ein gesamter Studienjahrgang auf die Unterkunft verzichten kann (Rn. 56 a.E., vgl. Ausführungen oben unter 1, b, bb):
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„Soweit die Klägerin der Auffassung ist, eine ausdrückliche Erklärung eines Verzichts auf die Unterkunft sei entbehrlich gewesen, weil es keinen Sinn mache, auf etwas zu verzichten zu müssen, das von vorneherein nicht angeboten worden sei, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Argumentation der Klägerin orientiert sich an einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten einschränkenden Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR. Sie meint, die Bereitstellung einer Unterkunft durch die HföD und der von der Klägerin für die Unterkunft zu zahlende Betrag stünden in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Insgesamt dienen die Regelungen in der ErstVBayFHVR einer pauschalierten Umlegung der Ausbildungskosten auf die einzelnen Dienstherren, die Studierende an die Hochschule entsenden.
37
Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und 4 HföDG bestimmen, dass nichtstaatliche öffentliche Dienstherren die Kosten mit Ausnahme der Kosten für Grunderwerb, für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie für die Erstausstattung der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege anteilig nach der Zahl der Studierenden tragen, soweit sie ihren Nachwuchs für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene an der HföD ausbilden. Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 HföDG werden die Kosten pauschal abgerechnet. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn im Ergebnis die anteiligen Gesamtkosten der Ausbildung für ihre Studierenden tragen müssen, und zwar unabhängig davon, ob der einzelne Student bestimmte Angebote der Hochschule im Einzelfall auch wahrnimmt. Im Rahmen der Ausbildung ist dabei grundsätzlich davon auszugehen, dass während der verschiedenen Studienteilabschnitte Präsenzunterricht in Wasserburg stattfindet. Da die Studierenden aus ganz Bayern kommen, müssen diesen grundsätzlich auch Unterkünfte angeboten werden. Dementsprechend zählen auch die Kosten für die Unterkunft zu den Kosten, die die Hochschule auf die nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn entsprechend der Anzahl der entsandten Studenten umlegen kann. Im Regelbetrieb der Hochschule ist dabei davon auszugehen, dass die eigenen Unterkünfte der Hochschule sowie auch angemietete Unterkünfte auch tatsächlich genutzt werden, wobei sich aus § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR ergibt, dass die pauschalierten Unterkunftskosten für jeden Studierenden 308,00 EUR betragen. Grundsätzlich fallen diese Kosten unabhängig davon an, ob die Unterkünfte im Einzelfall tatsächlich belegt sind oder nicht. Insoweit mag es zwar zu geringeren Ausgaben der Hochschule kommen, weil etwa die Heizkosten niedriger ausfallen. Gleichwohl hat die Hochschule erhebliche Aufwendungen allein für das Vorhalten der Unterkünfte, weshalb diese Kosten grundsätzlich auch von den nichtstaatlichen Dienstherren getragen werden müssen. Es handelt sich insoweit um einen Teil der Kosten der Ausbildung im Sinne des § 1 ErstVBayFHVR.
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Auch wenn § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR bestimmt, dass die pauschalierten monatlichen Kosten für die Belegung eines Studienplatzes um 308,00 EUR reduziert werden, wenn für einen Studierenden auf die Unterkunft verzichtet wird, so bedeutet dies nicht, dass insoweit eine Reduzierung der „Gegenleistung“ vorgenommen wird, weil die entsprechende „Leistung“ - also die Unterkunft - nicht in Anspruch genommen wird. Letztendlich handelt es sich auch insoweit nur um einen pauschalierten Ansatz. Dies folgt letztendlich aus § 8 ErstVBayFHVR, der festlegt, dass die festgesetzten Kosten für die einzelnen Studiengänge regelmäßig alle drei Jahre überprüft und bei einer Abweichung von mehr als 10 v.H. von den tatsächlichen Ausgaben entsprechend angepasst werden. Dies bedeutet im Ergebnis, dass unter den soeben genannten Voraussetzungen beispielsweise dann eine Anpassung erfolgen muss, wenn sich die Unterkunftskosten erhöhen - etwa wegen gestiegener Heizkosten - oder wenn sich diese verringern - etwa weil die von der Hochschule vorgehaltenen Unterkünfte nicht genutzt werden und sich deshalb die Kosten für die Hochschule vermindern (…).
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Dass die ErstVBayFHVR nicht von einem strikten Gegenseitigkeitsprinzip ausgeht, zeigt sich auch an den Regelungen in § 3 Abs. 2 ErstVBayFHVR. Danach sind für jeden begonnenen Teilabschnitt des Fachstudiums die vollen darauf entfallenden Kosten zu begleichen, unabhängig davon, ob der Abschnitt vom Studierenden abgeschlossen wurde (Satz 1). Sollte das Studium innerhalb der ersten vier Wochen des ersten Teilabschnitts des Fachstudiums abgebrochen werden, fällt lediglich eine Pauschale von 1.000,00 EUR an (Satz 2). Die Dauer der Teilabschnitte des Fachstudiums wird jeweils auf volle oder halbe Monate festgesetzt (Satz 3). Die Hochschule ist berechtigt, bereits abgeschlossene und begonnene Teilabschnitte des Fachstudiums abzurechnen (Satz 4). Aus diesen Regelungen geht besonders deutlich hervor, dass bei der Kostenerstattung ein pauschalierter Ansatz verfolgt wird, um die Abrechnung zu erleichtern.
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Sinn und Zweck der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR ist somit nicht die konkrete Vergütung der einem einzelnen Studierenden zur Verfügung gestellten Unterkunft, sondern eine pauschalierte Abrechnung aller durch die Hochschule bereitgestellten Unterkünfte, mit dem Ziel, am Ende eines Abrechnungszeitraums eine Kostendeckung zu erreichen. Sollte durch den pauschalierten Ansatz eine Über- oder Unterdeckung entstehen, so sind die pauschalierten Kostensätze unter den Voraussetzungen des § 8 ErstVBayFHVR anzupassen.
41
Nach alledem ist § 2 Abs. 2 Satz 3 ErstVBayFHVR nicht Ausdruck eines Gegenseitigkeitsprinzips. Vielmehr bezwecken alle Regelungen der ErstVBayFHVR, dass die der Hochschule entstehenden Kosten des Hochschulstudiums für die Studierenden nichtstaatlicher öffentlicher Dienstherren abgedeckt werden. Die von der Hochschule zu erbringende Leistung ist somit die Ausbildung der Bediensteten der Klägerin. Diese Leistung hat sie auch erbracht, auch wenn kein Präsenzunterricht stattgefunden hat. Im Gegenzug hat die Klägerin der HföD alle der Hochschule entstehenden Kosten zu erstatten, die nach dem oben Gesagten pauschaliert abgerechnet werden. Dazu zählen grundsätzlich auch die Kosten der Bereithaltung der Unterkünfte, und zwar unabhängig davon, ob diese tatsächlich genutzt werden oder nicht.
42
Deshalb kann auch dahinstehen, ob es - wie die Klägerin meint - einen allgemeinen Grundsatz gibt, wonach einer Forderung immer eine Gegenleistung gegenüberstehen müsse. Aufgabe der Hochschule ist es nach Art. 1 Abs. 1 HföDG eine Ausbildung für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene bereitzustellen. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 HföDG vermittelt sie den Studierenden auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse eine auf die Aufgaben der Verwaltung und der rechtspflegebezogene Bildung, die zur Erfüllung der Dienstaufgaben befähigt. Hierin besteht im Ergebnis die „Leistung“ der Hochschule. Diese Leistung hat die Hochschule vollumfänglich - wenn auch zum Teil durch Zurverfügungstellung von Digitalunterricht - erbracht. Die hierfür von ihr aufgewendeten Kosten sind anteilig auf die nichtstaatlichen öffentlichen Dienstherrn umzulegen (Art. 3 Abs. 2 HföDG, § 1 ErstVBayFHVR).“
43
d) Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Leistungsstörungen - insbesondere die §§ 275, 326 BGB - finden ebenfalls keine Anwendung, da zwischen den Beteiligten kein öffentlich-rechtlicher Vertrag besteht und auch eine Analogie nicht in Betracht kommt.
44
aa) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.v. Art. 54 BayVwVfG zwischen den Beteiligten liegt unstreitig nicht vor. Nur dann könnten über den Art. 62 Satz 2 BayVwVfG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Leistungsstörungen entsprechend anwendbar sein (VG Regensburg, U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris Rn. 62, 63).
45
bb) Eine analoge Anwendung dieser Vorschriften kommt ebenfalls nicht in Betracht. Auch insoweit schließt sich die Kammer nochmals den Ausführungen des VG Regensburg (VG Regensburg, U.v. 11.10.2021 - RN 5 K 20.3131 - juris Rn. 65, 66) an:
46
„§ 326 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB enthält letztendlich eine Regelung der Gefahrtragung für die Gegenleistung. Der Grundsatz lautet, dass ein Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung verliert, wenn er selbst seine Leistung, zu deren Erbringung er aufgrund von im Gegenseitigkeitsverhältnis stehender Vereinbarungen verpflichtet ist, nicht mehr erbringen muss, weil nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB für ihn ein Fall subjektiver oder objektiver Unmöglichkeit eingetreten ist. Dem Untergang des Leistungsanspruchs gemäß § 275 BGB folgt somit der Untergang des Gegenleistungsanspruchs gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB (vgl. dazu Schwarze in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. B 6). Voraussetzung für die Anwendbarkeit der genannten Vorschrift ist jedoch, dass die betreffenden Leistungspflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies somit, dass die Nutzungsmöglichkeit im Hinblick auf die von der Hochschule angebotene Unterkunft im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Bezahlung für die Unterkunft stehen müsste. Bereits oben (vgl. 2.; (hier Rn. 36 ff.)) wurde jedoch dargestellt, dass die Klägerin nicht die konkrete Unterkunft für jeden einzelnen Studierenden zu bezahlen hat. Vielmehr handelt es sich bei dem Aufwand für die seitens der Hochschule zur Verfügung gestellten Unterkünfte um einen Teil der Kosten des gesamten Hochschulstudiums, die dann pauschaliert auf die von der Klägerin entsandten Studierenden umzulegen sind. „Hauptleistung“ der HföD ist damit allenfalls die vollumfängliche Durchführung des Hochschulstudiums einschließlich der Durchführung der entsprechenden Prüfungen. Als „Hauptleistung“ der Klägerin könnte man im Gegenzug dazu dann die pauschalierte Erstattung sämtlicher von der HföD aufgewendeten Kosten, die durch das Studium der seitens der Klägerin entsandten Studierenden entstanden sind, ansehen. Insoweit hat die Hochschule aber ihre „Hauptleistung“ erbracht, weshalb auch die Klägerin zu Erbringung der „Gegenleistung“ verpflichtet ist.
47
Nach alledem wird deutlich, dass zwischen der Zurverfügungstellung der Unterkünfte und deren „Bezahlung“ keine synallagmatische Verknüpfung besteht, weshalb eine analoge Anwendung der §§ 275, 326 BGB nicht in Betracht kommt.“
48
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO (nur) teilweise abzuweisen. Da der Klage i.H.v. 18.326,00 EUR (statt 73.150,00 EUR) stattgegeben worden ist, war sie insgesamt zu ungefähr einem Viertel erfolgreich. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.