Titel:
Abstützung einer Gemeindestraße auf Privatgrund
Normenketten:
BayStrWG Art. 6, Art. 29 Abs. 1, Abs. 3, Art. 47 Abs. 1
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3
GO Art. 61 Abs. 2 S. 1
BGB § 251 Abs. 1, § 275 Abs. 2, § 906, § 909
Leitsätze:
1. Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben und ist als hoheitliche Maßnahme zu qualifizieren; die Errichtung von Stützmauern zur Sicherstellung der Standfestigkeit fällt in den Bereich der schlicht-hoheitlichen Tätigkeit, auch wenn sie auf nicht gewidmetem Privatgrund erfolgt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Folgenbeseitigungsanspruch, der auf eine unteilbare Leistung gerichtet ist, entfällt selbst bei überwiegender Mitverantwortung des Anspruchsstellers nur dann, wenn sich seine Verwirklichung als unzulässige Rechtsausübung darstellt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Allerdings kann eine Mitverantwortung zu einer Kostenbeteiligung führen, die analog § 251 Abs. 1 BGB eine Umwandlung des Folgenbeseitigungsanspruchs in einen finanziellen Ausgleichsanspruch zur Folge hat. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassung (abgelehnt), allgemeine Leistungsklage, öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch, Abstützung einer Gemeindestraße auf Privatgrund, hoheitliche Maßnahme, keine Duldungspflicht, Mitverschulden der Betroffenen, unzumutbarer Aufwand (verneint), Straßenbaulast, Mitverschulden
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 11.04.2022 – AN 10 K 19.00643
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34101
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger begehren die Beseitigung auf ihrem Grundstück gelegener Steinstützgräben, die im Auftrag der Beklagten im Zusammenhang mit der Sicherung einer Gemeindestraße errichtet wurden.
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Die Kläger sind Eigentümer der Grundstücke FlNrn. …6 und …7 Gemarkung P. …, die mit einem Einfamilienhaus nebst Garage bebaut sind. Die Grundstücke liegen an einem Hang, der in südwestlicher Richtung abfällt. Hangaufwärts entlang der nordöstlichen Grundstücksgrenzen verläuft die als Gemeindestraße gewidmete „H..straße“ (FlNr. …14). Oberhalb der Straße befindet sich eine Quelle, für die u.a. zugunsten der Eigentümer der klägerischen Grundstücke ein Wasserbezugsrecht im Grundbuch eingetragen ist.
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Während der Bauarbeiten der Kläger zur Errichtung des Einfamilienhauses mit Garage kam es im Jahr 2016 zu einer talseitigen Absenkung der „H..straße“. Daraufhin errichtete die Beigeladene im Auftrag der Beklagten auf den Grundstücken der Kläger sog. Steinstützgräben, um die Straße und den darunterliegenden Hang zu stabilisieren.
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Die Beklagte beauftragte die G. GmbH, die zuvor für die Kläger bereits ein Baugrundgutachten erstellt hatte, mit der Begutachtung der Ursachen der Abrisse. Das Gutachten vom 27. September 2016, ergänzt mit Stellungnahme vom 28. April 2017, kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der „H..straße“ schon früher Bewegungen in erheblichem Umfang stattgefunden hätten, die auf eine nicht sachgerechte talseitige Straßenverbreiterung zurückgingen. Zum anderen sei es durch eine Quellfassung, die Wasser durch die Straße zu einem Sammelbehälter leite und nicht einwandfrei gefasst gewesen sei, zu einer ständigen Durchfeuchtung im Straßenbereich und unterhalb im Bereich der Böschung gekommen. Zudem sei beim Herstellen der Baustellenzufahrt zum Bauvorhaben der Kläger das Geländeniveau um bis zu 0,5 m abgesenkt und entsprechend in den Böschungsfuß eingeschnitten worden. Der Hangfuß sei somit entlastet und die im oberen Teil des Hangs befindlichen, bereits vorher aufgelockerten und geschwächten Partien zusätzlich weiter aufgelockert worden. Genaue Angaben zu einer Quotelung der Verantwortlichkeiten seien nicht möglich; am sinnvollsten erscheine es, jeden Beteiligten zu gleichen Teilen heranzuziehen, also zu dritteln. Das von der Beklagten ergänzend beauftragte ortsansässige Bauunternehmen S. GmbH hält in seiner Stellungnahme vom 6. September 2017 eine Kostenaufteilung von 50% (Bauherrn), 25% (Inhaber des Wasserrechts) und 25% (Beklagte) für angemessen.
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Gespräche zwischen den Klägern und der Beklagten zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung blieben erfolglos. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass ein Rückbau der Stützgräben Zug um Zug gegen Errichtung der im Bauplan der Kläger vorgesehenen Stützmauer „sinnvoll und am sichersten“ sei. Die durch die Baumaßnahme verursachten Kosten seien von den Klägern zu tragen; im Übrigen sei es angemessen, die Kosten für die Beseitigung der Straßenschäden hälftig aufzuteilen.
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Am 25. März 2019 erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach und beantragten sinngemäß, die Beklagte zu verurteilen, die Stützgräben zu beseitigen mit der Maßgabe, dass der wiederherzustellende Zustand ein Abrutschen der Straße verhindert, hilfsweise an sie für die Duldung der Stützgräben eine angemessene Ausgleichszahlung nach Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch 35.000 EUR, zu bezahlen. Zudem beantragten die Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihnen infolge der Anlage der mangelhaft verbauten Stützgräben bereits entstanden sind oder entstehen werden.
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Das Verwaltungsgericht hat das Feststellungsbegehren der Kläger mit Beschluss vom 8. April 2022 an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen. Mit Urteil vom 11. April 2022 verurteilte es die Beklagte mit der Maßgabe, dass der wiederherzustellende Zustand ein Abrutschen der Straße verhindert, die auf den klägerischen Grundstücken errichteten Stützkanäle zu beseitigen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. An der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel. Zweifelhaft sei bereits, ob es sich bei der Errichtung der Steinstützgräben um eine hoheitliche Maßnahme gehandelt habe; die Baumaßnahme sei vor allem im Interesse der Kläger erfolgt, um ein Abrutschen des Hangs zu verhindern und Schaden von ihrem Grundstück abzuwenden. Die Beklagte hätte eine sicherheitsrechtliche Anordnung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG erlassen können; zur Beschleunigung habe sie im Wege der Ersatzvornahme im Interesse und im Einvernehmen der Kläger gehandelt. Das klägerische Grundstück werde durch die Steinstützgräben nur unwesentlich beeinträchtigt; diese seien kaum zu sehen und ermöglichten eine landschaftlich-gärtnerische Gestaltung. Ein Folgenbeseitigungsanspruch entfalle wegen überwiegenden Mitverschuldens. Die Kläger hätten entgegen der baurechtlichen Genehmigung weit mehr Hangmaterial abgetragen als genehmigt, ohne Maßnahmen zur Standsicherheit zu treffen. Die Beseitigung sei der Beklagten auch unzumutbar. Die Kosten für die Beseitigung der Straßenschäden beliefen sich auf ca. 30.000 EUR. Die Übernahme weiterer erheblicher Kosten widerspreche dem Grundsatz wirtschaftlicher Haushaltsführung.
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Die Kläger und die Beigeladene treten dem Antrag auf Zulassung der Berufung der Beklagten entgegen und beantragen dessen Zurückweisung.
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A. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
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Der von der Beklagten allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist nicht hinreichend dargelegt und liegt nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Die Zulassungsbegründung genügt in weiten Teilen bereits nicht den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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Ernstliche Richtigkeitszweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 18.3.2022 - 2 BvR 1232/20 - NVwZ 2022, 789 = juris Rn. 23; B.v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 - BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 32). Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum das angegriffene Urteil aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit dessen entscheidungstragenden Annahmen auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 - 8 ZB 21.23 - juris Rn. 8; OVG NW, B.v. 15.4.2020 - 1 A 2501/18 - juris Rn. 8; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 206).
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Mit ihrem Zulassungsvorbringen wiederholt die Beklagte im Wesentlichen ihre eigene Auffassung, die im Ergebnis von derjenigen des Ausgangsgerichts abweicht. Damit wird der Streitstoff weder durchdrungen noch aufbereitet. Der Zulassungsantrag wird den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen, die von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand erfüllt werden können (vgl. BVerfG, B.v. 16.4.2020 - 1 BvR 2705/16 - NVwZ-RR 2020, 905 = juris Rn. 18), weitestgehend nicht gerecht.
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2. Aus dem Zulassungsvorbringen der Beklagten ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs von der Beklagten die Beseitigung der auf ihrem Grundstück errichteten Stützgräben verlangen können, wird durch den Zulassungsantrag nicht ernstlich infrage gestellt.
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a) Bei der Errichtung der Steinstützgräben, die insbesondere ein weiteres Abrutschen der Straße verhindern sollten, handelt es sich um eine hoheitliche Maßnahme.
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Die Beklagte ist nach Art. 47 Abs. 1 BayStrWG Trägerin der Straßenbaulast an der „H..straße“, die als Gemeindestraße gewidmet ist. Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG). Zu den Bestandteilen der Straße gehören auch der Straßenunterbau, Böschungen und Stützmauern (vgl. Art. 2 Nr. 1a BayStrWG). Die Straßenbaulast ist eine öffentlich-rechtliche gesetzliche Verpflichtung (vgl. Bayer. Landtag, 3. Legislaturperiode, Beilage 2832 S. 24). Der Bau und die Unterhaltung gewidmeter Straßen sind als hoheitliche Maßnahmen zu qualifizieren; die diesbezüglichen Straßenbauarbeiten - hier zur Sicherstellung der Standfestigkeit - fallen in den Bereich der schlicht-hoheitlichen Tätigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2022 - 8 C 21.1411 - juris Rn. 25 m.w.N.; Häußler in Zeitler, BayStrWG, Stand September 2021, Art. 9 Rn. 4). Dass die Bauarbeiten im Böschungsbereich der Straße auf nicht gewidmetem Privatgrund erfolgt sind, führt nicht dazu, dass diese privatrechtlich zu beurteilen wären; sie dienten dazu, die Standfestigkeit der gewidmeten Straße wiederherzustellen.
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Die Behauptung der Beklagten, sie habe die Steinstützgräben nicht in erster Linie zur Erfüllung ihrer Straßenbaulast, sondern im Interesse der Kläger zur Abwehr der Gefahr einer Beschädigung ihrer Grundstücke sowie von Leib und Leben dort befindlicher Personen errichtet, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Der Bericht des Gutachters über die Ortsbesichtigung am 30. Mai 2016 belegt eindeutig, dass mit der Baumaßnahme die Standsicherheit der Straße wiederhergestellt werden sollte (vgl. gutachterliche Stellungnahme G. GmbH vom 3.6.2016). Auch die Beklagte selbst kommt in ihrer eigenen Sachverhaltsdarstellung zu dem Schluss, dass die Steinstützkanäle ein Abrutschen der Straße verhindern sollten (vgl. Behördenakte [BA] S. 58).
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Aber selbst wenn man mit dem Zulassungsantrag annimmt, dass die Beklagte als Sicherheitsbehörde nach Art. 6 und 7 LStVG zur Gefahrenabwehr tätig geworden ist, wäre die Maßnahme hoheitlicher Natur, auch wenn diese im Interesse und Einvernehmen der Kläger erfolgt ist. Handelt die Behörde hoheitlich unter Inanspruchnahme der ihr aus öffentlichem Sonderrecht zukommenden Befugnisse, so bleibt dieses Handeln hoheitlich, auch wenn es den individuellen Interessen von Privatpersonen dient (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 415; Sodan/Ziekow, VwGO, § 40 VwGO Rn. 450). Der Vorhalt der Beklagten, es handle sich um eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, die ein Schuldverhältnis darstelle, greift deshalb nicht durch (zum Vorrang der sicherheitsrechtlichen Vorschriften über die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme und die Ersatzvornahme, die den Anspruch eines Hoheitsträgers aus Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen, vgl. auch BVerfG, B.v. 30.6.2011 - 1 BvR 367/11 - NJW 2011, 3217 = juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 25.7.2017 - 10 ZB 17.807 - NVwZ-RR 2017, 991 = juris Rn. 6).
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b) Das Verwaltungsgericht hat eine Duldungspflicht der Kläger betreffend eine nicht nur vorläufige Sicherung der „H..straße“ mit Steinstützgräben zu Recht verneint.
22
aa) Die verwaltungsgerichtliche Feststellung (vgl. UA S. 16 f.), dass der auf den Grundstücken der Kläger befindliche Böschungsbereich der „H..straße“ nicht nach Art. 6 BayStrWG gewidmet ist (vgl. auch BayVGH, U.v. 3.12.1996 - 8 B 96.1086 - BayVBl 1997, 372 = juris Rn. 19) bzw. nicht nach Art. 6 Abs. 8 BayStrWG als gewidmet gilt (vgl. dazu BayVGH, U.v. 26.4.2022 - 8 B 20.1655 - NVwZ-RR 2022, 657 = juris Rn. 57 ff.), zieht der Zulassungsantrag nicht in Zweifel.
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bb) Auch das Zulassungsvorbringen, die Beklagte hätte die Duldung ggf. sicherheitsrechtlich aufgrund Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG anordnen können, greift nicht durch. Da die Beklagte den Klägern keine Duldungspflicht nach der speziellen straßenrechtlichen Vorschrift des Art. 29 Abs. 1 und 3 BayStrWG (vgl. dazu BayVGH, U.v. 15.12.2004 - 8 B 04.1524 - NJW 2005, 2569 = juris Rn. 38; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Art. 29 Rn. 33 f.) oder nach der sicherheitsrechtlichen Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG auferlegt hat, kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen hierfür vorlägen.
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cc) Die Kläger sind auch nicht nach § 906 BGB verpflichtet, die Steinstützgräben zu dulden, weil sie ihre Grundstücke nur unwesentlich beeinträchtigen.
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Eine Duldungspflicht nach § 906 BGB, der im öffentlichen Recht grundsätzlich entsprechend anwendbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 8 CE 20.1374 - NJW 2020, 3189 = juris Rn. 28), kommt nicht in Betracht. Bei den Steinstützgräben handelt es sich nicht um einen unwägbaren Stoff und damit nicht um eine Einwirkung mit Imponderabilien im Sinn des § 906 BGB (vgl. BGH, U.v. 20.4.1990 - V ZR 282/88 - BGHZ 111, 158 = juris Rn. 11; Berger in Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 906 Rn. 2).
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Die Frage, ob die hiervon ausgehenden Einwirkungen wesentlich oder unwesentlich sind, stellt sich daher nicht. Abgesehen davon ergäbe sich die Wesentlichkeit der Einwirkung aus der nicht unerheblichen Störung der tatsächlichen Zweckbestimmung des Grundstücks (vgl. BGH, U.v. 2.3.1984 - V ZR 54/83 - BGHZ 90, 255 = juris Rn. 14), die das Verwaltungsgericht auf den Umfang (ca. 50 m2), die äußere Gestaltung und die Lage der Steinstützgräben im Einfahrtsbereich des Anwesens gestützt hat (vgl. UA S. 18 oben). Ob die Steinstützgräben „kaum zu sehen“ sind und einer „landschaftlich-gärtnerisch ansprechenden Gestaltung des Hangs“ nicht entgegenstehen, wäre irrelevant. Die Kläger dürfen mit ihrem Eigentum grundsätzlich (vgl. aber § 909 BGB [Vertiefung]) nach eigenem Belieben verfahren (§ 903 BGB) und brauchen sich nicht auf eine Art der Nutzung beschränken, die den Verbleib der Steinstützgräben ermöglicht (vgl. BGH, U.v. 2.3.1984 - V ZR 54/83 - BGHZ 90, 255 = juris Rn. 14).
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c) Das Zulassungsvorbringen, der Folgenbeseitigungsanspruch entfalle wegen überwiegenden Mitverschuldens der Kläger, bleibt ebenfalls erfolglos.
28
Ein Folgenbeseitigungsanspruch, der - wie hier - auf eine unteilbare Leistung gerichtet ist, entfällt selbst bei überwiegender Mitverantwortung des Anspruchsstellers nur dann, wenn sich seine Verwirklichung als unzulässige Rechtsausübung darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 - 4 C 34.88 - BVerwGE 82, 24 = juris Rn. 21; OVG LSA, B.v. 13.5.2019 - 2 L 10/17 - W+B 2019, 189 = juris Rn. 41). Dies hat das Verwaltungsgericht verneint (vgl. UA S. 21 f.). Der Zulassungsantrag zeigt nicht auf, weshalb die Geltendmachung durch die Kläger gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen sollte. Soweit sich die Beklagte auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 1971 beruft, verkennt sie, dass diese frühere Rechtsprechung, die bei einer „ins Gewicht fallenden Mitverantwortlichkeit“ des Betroffenen Ansprüche aus Folgenbeseitigung gänzlich entfallen ließ (vgl. BVerwG, U.v. 25.8.1971 - IV C 23.69 - DÖV 1971, 857 = juris Rn. 22), aufgegeben wurde (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 - 4 C 34.88 - BVerwGE 82, 24 = juris Rn. 16 ff.; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 390).
29
Dass die Kläger, deren beauftragte Baufirma beim Herstellen ihrer Baustellenzufahrt in den Hangfuß eingeschnitten hat (§ 909 BGB), ausweislich der gutachterlichen Feststellungen (vgl. Gutachten der G. GmbH vom 3.6.2016 S. 2, vom 27.9.2016 S. 2 und vom 28.4.2017 S. 3) eine Mitverantwortung für den Verlust der Standfestigkeit der Gemeindestraße trifft (vgl. auch BGH, U.v. 15.2.2008 - V ZR 17/07 - NJW-RR 2008, 969 = juris Rn. 10), hat das Verwaltungsgericht erkannt (vgl. UA S. 21 unten). Es ist gleichwohl zur Auffassung gelangt, dass diese Mitverantwortung nicht zu einer Kostenbeteiligung der Kläger führt, die analog § 251 Abs. 1 BGB eine Umwandlung des Folgenbeseitigungsanspruchs (hier: Hauptantrag) in einen finanziellen Ausgleichsanspruch (hier: Hilfsantrag) zur Folge hätte (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 - 4 C 34.88 - BVerwGE 82, 24 = juris Rn. 21; vgl. auch Voßkuhle/Kaiser, JuS 2012, 1079/1081). Den Mitverursachungsanteil der Kläger hat es als abgegolten angesehen, weil die Kläger bereit seien, andere (Bau-)Maßnahmen zur Abstützung der Straße im erforderlichen Maß und unter Berücksichtigung ihrer Interessen - insbesondere bezüglich der Gestaltung - hinzunehmen und dauerhaft auf ihrem Grundstück zu dulden (vgl. UA S. 22). Diese Wertung greift der Zulassungsantrag nicht an; sie ist auch nicht offenkundig unzutreffend (vgl. auch BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 = juris Rn. 22; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, § 124a Rn. 204 m.w.N.).
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Hinsichtlich der (Mit-)Inhaberschaft eines Wasserbezugsrechts an der oberhalb der Straße liegenden Quelle hat das Erstgericht eine Mitverantwortung der Kläger mangels Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit des Schadens verneint (UA S. 21 f.; vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 - 4 C 34.88 - BVerwGE 82, 24 = juris Rn. 28). Dem tritt der Zulassungsantrag, der insoweit lediglich bekräftigt, dass die Beklagte für die Quellleitungen mangels öffentlicher Gewässereigenschaft nicht unterhaltspflichtig sei, nicht entgegen.
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Der Vorhalt, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Amtsermittlung ein Sachverständigengutachten zu den Verursachungs- und Verschuldensanteilen einholen müssen, ist sinngemäß als Geltendmachung des Zulassungsgrunds eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu würdigen (vgl. unten Rn. 35 ff.).
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d) Der Zulassungsantrag zeigt auch nicht auf, dass der Beklagten die Beseitigung der Steinstützkanäle unzumutbar wäre.
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Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung entfällt, wenn die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes für den verpflichteten Rechtsträger unzumutbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn damit ein unverhältnismäßig hoher Aufwand verbunden ist, der zu dem erreichbaren Erfolg bei allem Respekt für das Verlangen nach rechtmäßigen Zuständen in keinem vernünftigen Verhältnis mehr steht. Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand kann insbesondere ein unverhältnismäßig hoher finanzieller Aufwand sein (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2004 - 7 B 86.04 - NVwZ 2004, 1511 = juris Rn. 7; U.v. 26.8.1993 - 4 C 24.91 - BVerwGE 94, 100 = juris Rn. 59). Dies setzt voraus, dass ein grobes Missverhältnis zwischen dem Leistungsinteresse des Anspruchsberechtigten und dem Erfüllungsaufwand beim Schuldner besteht (vgl. § 275 Abs. 2 BGB analog); daran sind hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerwG, U.v. 26.8.1993 - 4 C 24.91 - BVerwGE 94, 100 = juris Rn. 52; OVG RhPf, U.v. 4.4.2017 - 1 A 10865/16 - NVwZ-RR 2017, 605 = juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 15.2.2008 - 4 ZB 07.601 - juris Rn. 11).
34
Allein das Vorbringen der Beklagten, für die Beseitigung der bisher „in Vorleistung“ erbrachten Maßnahmen (6.700 EUR für die Hangsicherung; Gesamtaufwand einschließlich Straßensanierung ca. 30.000 EUR) fielen „weitere erhebliche Kosten“, um die Steinstützgräben auszubauen und den Hang anderweitig sicher zu gestalten, kann die Unzumutbarkeit des Beseitigungsverlangens der Kläger nicht begründen. Dass die bisherigen Aufwendungen zur Straßensanierung durch die Entfernung der Steinstützgräben nutzlos würden, ist weder dargelegt noch sonst erkennbar. Im Übrigen setzt sich der Zulassungsantrag mit der erstinstanzlichen Wertung, das Leistungsinteresse der Kläger sei als erheblich einzustufen (vgl. UA S. 19 f.), nicht auseinander. Der von der Beklagten angeführte allgemeine Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO) gilt für die Haushalts- und Finanzplanung der Gemeinde und kann Leistungsansprüchen Dritter, zu deren Erfüllung diese - wie hier - rechtlich verpflichtet ist, nicht entgegengehalten werden; es handelt sich dabei um keinen Fall des „Verschenkens“ kommunaler Vermögenswerte (vgl. dazu BayVGH, U.v. 28.1.2008 - 8 BV 05.2923 - BayVBl 2009, 563 = juris Rn. 40).
35
3. Auch die sinngemäß begehrte Berufungszulassung wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), scheidet aus.
36
Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte ein Sachverständigengutachten zu den Verursachungs- und Verschuldensanteilen der Straßenabsenkung einholen müssen, rügt der Zulassungsantrag in der Sache einen Verstoß gegen die Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Anforderungen an eine erfolgreiche Aufklärungsrüge werden damit nicht erfüllt. Diese erfordert bei anwaltlich vertretenen Beteiligten insbesondere auch die Darlegung, dass ein Beweisantrag erstinstanzlich gestellt wurde oder dass sich dem Ausgangsgericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.2016 - 2 B 57.15 - ZBR 2017, 41 = juris Rn. 13; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 75).
37
Daran fehlt es hier. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. VG-Akte S. 161 ff.) keinen förmlichen Beweisantrag gestellt (vgl. BVerwG, B.v. 26.4.2022 - 4 BN 28.21 - juris Rn. 8; B.v. 1.2.2017 - 10 B 24.16 - juris Rn. 4). Bei der Anregung in der erstinstanzlichen Klageerwiderung vom 31. Mai 2019 (vgl. VG-Akte S. 67), ein Sachverständigengutachten einzuholen, handelt es sich lediglich um eine Beweisanregung, die im Schriftsatz vom 13. August 2021 (VG-Akte S. 225) in das Ermessen des Erstgerichts gestellt wurde („wenn es überhaupt darauf ankommt“). Dem Zulassungsantrag ist auch nicht zu entnehmen, dass sich dem Erstgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens ohne Weiteres hätte aufdrängen müssen.
38
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO (zur Nichterstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen im Zulassungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2017 - 8 ZB 15.2664 - ZfB 2018, 33 = juris Rn. 24).
39
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Erstgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden. Der Hilfsantrag wirkt nicht streitwerterhöhend, da über diesen keine Entscheidung ergangen ist und er denselben Gegenstand betrifft (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG, Nr. 1.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).