Titel:
Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung bei Abhilfe der Behörde
Normenkette:
VwGO § 161 Abs. 2
Leitsatz:
Es widerspricht der Billigkeit, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn seine Behörde mit einer Abhilfeentscheidung auf eine später eingetretene Tatsachen- oder Rechtsänderung reagiert und die Antragstellerin bis dahin in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Übereinstimmende Erledigungserklärung, Kosten Antragstellerin, Kostenentscheidung, übereinstimmende Erledigungserklärung, Billigkeit, Abhilfe, Änderung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 05.10.2022 – AN 5 E 22.2124
Fundstelle:
BeckRS 2022, 34034
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Oktober 2022 wird in den Nr. I und II für unwirksam erklärt.
III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hat die Antragstellerin zu tragen.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten (nach Vorlage eines ärztlichen Attestes vom 20.10.2022 über den Gesundheitszustand der schwangeren Antragstellerin) ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und der Beschluss des Verwaltungsgerichts für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
2
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. In der Regel entspricht es billigem Ermessen, gemäß dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO dem Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Der in § 161 Abs. 2 VwGO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit jedoch nach Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache das Gericht von dem Gebot, anhand eingehender Erwägungen abschließend über den Streitstoff zu entscheiden (vgl. BVerwG, B.v. 24.6.2008 - 3 C 5/07 -, juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 24.6.2016 - 20 B 16.1178 - juris Rn. 2). Denn die zu treffende Kostenentscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist nicht dazu bestimmt, trotz eingetretener Erledigung Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung „durchzuentscheiden“ (vgl. BVerwG, B.v. 16.10.2012 - 2 B 7/12 - juris Rn. 5).
3
Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands ohne die durch die Vorlage des ärztlichen Attestes vom 20. Oktober 2022 hervorgerufene Erledigung in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 5. Oktober 2022 verwiesen. Es widerspräche der Billigkeit, der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn die Behörde mit einer Abhilfeentscheidung wie hier auf eine später eingetretene Tatsachen- oder Rechtsänderung reagiert.
4
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des Streitwerts im Hauptsacheverfahren anzusetzen ist (vgl. Nrn. 1.5, 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
5
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).