Inhalt

VGH München, Urteil v. 25.11.2022 – 15 N 21.2243
Titel:

Gliederung eines Industriegebiets durch die Festsetzung immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel 

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2
BauGB § § 1 Abs. 7, Abs. 8, § 9 Abs. 1 Nr. 24, Abs. 7
BauNVO § 1 Abs. 4 S.1 Nr. 2, S. 2, § 8, § 9
Leitsatz:
Allein der Umstand, dass ein Bebauungsplan für ein ausgewiesenes Industriegebiet keine von Lärmemissionskontingenten freie Fläche festsetzt, führt dazu, dass § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO entsprechende emissionsbeschränkende Festsetzungen nicht abdeckt. (Rn. 27)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan, Antragsbefugnis des Plannachbarn, Gliederung eines Industriegebiets durch die Festsetzung immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel (Emissionskontingentierung), Bestimmtheitsgebot (Gebot der Normenklarheit), Unklarheit der örtlichen Regelungsreichweite eines Bebauungsplans, Normenkontrollverfahren, Bebauungsplan, Industriegebiet, Gliederung, Emissionskontingierung, flächenbezogene Schallleistungspegel
Fundstellen:
DVBl 2023, 613
LSK 2022, 34022
BeckRS 2022, 34022
DÖV 2023, 486

Tenor

I. Der am 31. Mai 2021 als Satzung beschlossene und am 2. August 2021 öffentlich bekannt gemachte Bebauungsplan Deckblatt Nr. 3 zum Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „B.“ des Antragsgegners ist unwirksam.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Antragsteller wenden sich gegen einen Änderungsbebauungsplan (Deckblatt Nr. 3 zum Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „B.“).
2
Mit der ursprünglichen Fassung des am 18. Juni 1996 als Satzung beschlossen Bebauungsplans mit Grünordnung „B.“ (im Folgenden: Ursprungsbebauungsplan) sind innerhalb seines Geltungsbereichs, der etwa 18 ha Fläche umfasst, diverse Mischgebiets- („MI“), Gewerbegebiets- („GE 1“, „GE 2“, „GE 3“ und „GE 4“) sowie Industriegebietsbereiche („GI 1“, „GI 2“, „GI 3a“, „GI 3b“ und „GI 4“) ausgewiesen worden. Für die Gewerbe- und Industriegebiete wurden auf Basis einer vom Antragsgegner in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros vom 30. Oktober 1995 unter Nr. 7.1 der textlichen Festsetzungen sowie korrespondierend hierzu in den teilgebietsbezogenen Festsetzungsschablonen in der Planzeichnung immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel geregelt, die in den als Industriegebiet festgesetzten Bereichen zwischen 55 dB(A) bis 65 dB(A) tagsüber und 40 dB(A) bis 55 dB(A) nachts betragen.
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Mit den Bebauungsplänen Deckblatt Nr. 1 zum Bebauungsplan mit integrierter Grünordnung „B.“ (im Folgenden: „Deckblatt Nr. 1“) und „B. II“ ersetzte der Antragsgegner in der Sache den Ursprungsplan durch zwei sich inhaltlich ergänzende Bebauungspläne mit insgesamt neu gefassten zeichnerischen und textlichen Festsetzungen. Diese Bebauungspläne wurden nach in Kopie vorgelegten Planungsunterlagen (die Original-Planungsunterlagen konnten nach Mitteilung des Bevollmächtigten des Antragsgegners nicht aufgefunden werden) zusammen am 18. November 2013 vom Marktgemeinderat als Satzungen beschlossen und am 20. Mai 2014 durch Gemeindetafelanschlag ortüblich bekannt gemacht. Mit dem „Deckblatt Nr. 1“ und dem Bebauungsplan „B. II“ wurde die Aufgliederung des Plangebiets in diverse Mischgebiets- („MI“), Gewerbegebiets- („GE 1“, „GE 2“, „GE 3“ und „GE 4“) sowie Industriegebietsbereiche („GI 1“, „GI 2“, „GI 3a“, „GI 3b“ und „GI 4“) durch entsprechende Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung ebenso beibehalten wie die Festsetzungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln (vgl. die textlichen Festsetzungen unter der jeweiligen Nr. 7 zum „Deckblatt Nr. 1“ und zum Bebauungsplan „B. II“). Durch Änderungen von Festsetzungen zu den Baugrenzen wurden in der Zusammenschau der Festsetzungen beider Bebauungspläne im Bereich der Westgrenze des Plangebiets für die dort ausgewiesenen Teilgebiete „MI“, „GI 3a“, „GI 3b“ und „GI 4“ die Baufenster nach Westen hin erweitert und die dortige Ortsrandbegrünung nach Westen verschoben (Erweiterungsfläche des Gesamtplanbereichs nach Westen durch den Bebauungsplan „B. II“ insgesamt etwas mehr als 1 ha).
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Der am 9. Mai 2018 bekannt gemachte Änderungsbebauungsplan Deckblatt Nr. 2 zum Bebauungsplan „B.“ wurde auf Normenkontrollantrag der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens mit rechtskräftig gewordenem Urteil des Senats vom 16. Februar 2021 (Az. 15 N 19.923) für unwirksam erklärt.
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Im südwestlichen Geltungsbereich des Gesamtplangebiets des Bebauungsplans „B.“ befindet sich eine sowohl im ursprünglichen Bebauungsplan als auch in den Bebauungsplänen „Deckblatt Nr. 1“ und „B. II“ als Industriegebiet „GI 4“ ausgewiesene Fläche. Im nördlichen Bereich dieses Bereichs (heutige FlNrn. … … der Gemarkung P. - FlNr.-Angaben im Folgenden betreffen jeweils dieselbe Gemarkung) finden sich gewerbliche Gebäude, während der südliche Bereich auf der ca. 6.000 m² großen FlNr. … bislang unbebaut blieb. Der westliche Teil des „GI 4“ im Bereich der heutigen FlNrn. … … … und … hat sich insofern abweichend von den Festsetzungen sowohl des Ursprungsbebauungsplans als auch des „Deckblatt Nr. 1“ entwickelt, als eine Stichstraße als Teil der an der Nordgrenze des „GI 4“ verlaufenden öffentlichen Erschließungsstraße (B.*) (FlNr. …*) nach Süden abzweigt, in das nach Maßgabe des „Deckblatt Nr. 1“ und des Bebauungsplans „B. II“ durch Baugrenzen abgesteckte großflächige Baufenster des „GI 4“ hineinragt und - zentral innerhalb dieses Baufensters - nach ca. 60 m mit einem Wendehammer endet. Die großflächigen gewerblichen Gebäude auf den FlNrn. … und … erstrecken sich über die Westgrenze des „Deckblatt Nr. 1“ in den Geltungsbereich des Bebauungsplans „B. II“ hinein.
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Mit dem streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplan Deckblatt Nr. 3 zum Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „B.“ (im Folgenden „Deckblatt Nr. 3“), der am 31. Mai 2021 vom Marktgemeinderat des Antragsgegners als Satzung beschlossen wurde und dessen Satzungsbeschluss am 2. August 2021 durch Amtstafelaushang öffentlich bekannt gemacht wurde, soll das bisherige „GI 4“ (alt) bauplanungsrechtlich neu geregelt werden. Im nördlichen Teilbereich des „GI 4“ (alt) auf den FlNrn. … … soll es bei einer Ausweisung als Industriegebiet und der Benennung „GI 4“ bleiben, während der südliche Teil mit der bislang unbebauten FlNr. … als Gewerbegebiet „GE 5“ festgesetzt werden soll. Die bisherigen Lärmschutzfestsetzungen werden in Nr. 5 der textlichen Festsetzungen zum „Deckblatt Nr. 3“ übernommen, indem sowohl für das „GI 4“ (neu) als auch für das „GI 5“ (neu) an derselben Stelle wie die im „Deckblatt Nr. 1“ sowie im Bebauungsplan „B. II“ immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel betragsmäßig unverändert mit 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts reglementiert werden. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 4.1 zum „Deckblatt Nr. 3“ soll im neuen „GE 5“ nunmehr eine maximale Wandhöhe von „12,5 m ab 340,80 ü.N.N. (= bestehende Geländehöhe bei Grundstückszufahrt)“ gelten, während es im verbleibenden „GI 4“ (neu) bei der bisherigen Wandhöhenfestsetzung von maximal „9 m ab natürlichem Gelände“ bleiben soll (vgl. bereits die jeweiligen Nrn. 4.1 der textlichen Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans, des „Deckblatt Nr. 1“ und des Bebauungsplans „B. II“).
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Die Antragsteller sind Eigentümer bzw. Sondereigentümer des mit einem im Jahr 1981 baurechtlich genehmigten Wohngebäude bebauten Grundstücks FlNr. …, das westlich der G.-Straße, im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B.“ in der Fassung des „Deckblatt Nr. 1“ (dort im festgesetzten Gewerbegebiet „GE 4“) und etwa 80 m nördlich des Geltungsbereichs des streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplans liegt. Sie hatten bereits im Verfahren der Bauleitplanung Einwendungen gegen die Änderungsplanung erhoben.
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Mit ihrem am 26. August 2021 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag machen die Antragsteller die Unwirksamkeit des streitgegenständlichen „Deckblatt Nr. 3“ geltend. Sie tragen vor, ihre Antragsbefugnis ergebe sich aus ihrer Eigentümerstellung hinsichtlich eines Grundstücks im Plangebiet des Bebauungsplans „B.“, das sich in unmittelbarer Nähe zum Änderungsbereich befinde. Sie würden durch den Änderungsbebauungsplan in ihrem Eigentumsgrundrecht aufgrund der festgesetzten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel verletzt. Zudem folge ihre Antragsbefugnis aus der neuen Wandhöhenfestsetzung, die zu ihren Lasten gehe. Der Änderungsbebauungsplan fuße auf einem unwirksamen Bebauungsplan mit unzulässigen Festsetzungen zu immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln. Es sei sowohl vormals als auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Änderungsplanung versäumt worden, unbeschränkte Gebiete festzusetzen, die üblicherweise im Industriegebiet zulässige Betriebe aufnehmen könnten. Es bestehe daher keine zulässige Gliederung i.S. von § 1 Abs. 4 der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Der ursprüngliche Bebauungsplan leide zudem an einem Ausfertigungsfehler. Die Erhöhung der maximal zulässigen Wandhöhe sei abwägungsfehlerhaft. Schließlich verstoße das „Deckblatt Nr. 3“ gegen das Gebot der Normenklarheit; dies betreffe u.a. Festsetzungen zu Verkehrsflächen außerhalb des planlich festgesetzten Geltungsbereichs des Änderungsbebauungsplans. Auch die Planbegründung trage diesbezüglich nicht zur Klärung bei; einerseits werde der Wendehammer in der Planbegründung zwar erwähnt (Ziffer 2), dieser werde aber sodann unter Ziffer 3 nicht als „Inhalt der Änderungen“ thematisiert. Mit der Erwähnung des Wendehammers unter Nr. II.5 der planlichen Festsetzungen des Änderungsbebauungsplans bleibe unklar, ob dieser hiermit festgesetzt worden sei.
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Die Antragsteller beantragen,
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den am 2. August 2021 bekanntgemachten Änderungsbebauungsplan Deckblatt Nr. 3 zum Bebauungsplan „B.“ für unwirksam zu erklären.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Er bezweifelt die Antragsbefugnis der Antragsteller, weil deren Grundstück außerhalb des Änderungsbereichs liege, das „Deckblatt Nr. 3“ keine inhaltlichen Änderungen hinsichtlich der Festsetzungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln vorgenommen habe und sich die Erhöhung der maximalen Wandhöhe auf das weiter südlich gelegene „GE 5“ (neu) begrenze. Die Antragsteller seien daher in ihren Interessen nicht abwägungsrelevant nachteilig betroffen. Der Änderungsbebauungsplan verstoße nicht gegen das Gebot der Normenklarheit, da er offenkundig die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs festsetze.
14
Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht am Verfahren beteiligt. Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 7. Oktober 2022 (Antragsteller) und vom 13. Oktober 2022 (Antragsgegner) mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Planungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag, über den im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.
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1. Der rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Antrag ist zulässig.
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Die Antragsteller sind als Eigentümer bzw. Sondereigentümer des nördlich des Geltungsbereichs des streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplans gelegenen Grundstücks FlNr. … jedenfalls mit Blick auf die Festsetzungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
18
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Da das Grundstück der Antragsteller nicht im Geltungsbereich des streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplans liegt, kommt es darauf an, ob diese eine mögliche Verletzung des in § 1 Abs. 7 BauGB normierten Abwägungsgebots geltend machen können. Das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind. Es verleiht Privaten ein subjektives Recht darauf, dass ihre Belange in der Abwägung ihrem Gewicht entsprechend abgearbeitet werden. Macht ein Antragsteller im Normenkontrollverfahren die Verletzung des Abwägungsgebots geltend, muss er einen Belang als verletzt bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war. Das sind nur solche Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungserheblich sind geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren. Benennt ein Antragsteller einen privaten Belang, der für die Abwägung beachtlich war, kann er sich im Rahmen von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO darauf berufen, dass seine abwägungsrelevanten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. An die Geltendmachung einer - möglichen - Rechtsverletzung sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es genügt, dass ein Antragsteller substantiiert Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 = juris Rn. 8 ff.; U.v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 = juris Rn. 12 ff.; B.v. 28.5.2019 - 4 BN 44.18 - ZfBR 2019, 689 = juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 3.8.2022 - 15 N 21.1291 - juris Rn. 28 m.w.N.).
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Gemessen hieran ist die Antragsbefugnis zu bejahen. Die Festsetzung der immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel dient auch den Nachbarn in anderen Teilen des Plangebiets als Schutz gegen Immissionen (vgl. bereits die Normenkontrollentscheidung des Senats zum „Deckblatt Nr. 2“: BayVGH, U.v. 16.2.2021 - 15 N 19.923 - juris Rn. 18). Zu den bei der Aufstellung oder der Änderung eines Bebauungsplans für ein Gewerbe- bzw. Industriegebiet im Rahmen der Abwägung (§ 1 Abs. 7, Abs. 8 BauGB) zu berücksichtigenden Belangen gehört grundsätzlich auch das Interesse der Plannachbarn - d.h. der Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans bzw. im Falle einer Planänderung auch von Grundstücken in anderen, vom Änderungsbebauungsplan nicht betroffenen Teilen des Plangebiets - auf Schutz vor den aufgrund planerischer Ausweisung zu erwartenden Immissionen. Ein solches Interesse machen die Antragsteller hinreichend substantiiert geltend. Sie stellen die Rechtmäßigkeit und Gültigkeit der Festsetzungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln und damit das vom Antragsgegner für die Lärmproblematik gewählte zentrale Konfliktlösungsinstrument des Bebauungsplans substantiiert infrage (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 17.8.2020 - 2 D 25/18.NE - BauR 2021, 494 = juris Rn. 37) und tragen - als Plannachbarn der streitgegenständlichen Änderungsplanung - deshalb in der Sache hinreichend vor, dass ihre Belange in Bezug auf die Lärmbelastung auf ihrem Grundstück nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Lärmabwehrinteressen von Eigentümern benachbarter Grundstücke, die von dem vom Plangebiet ausgehenden Gewerbelärm betroffen sein können, sind nicht nur dann abwägungsrelevant, wenn das dem Plangebiet benachbarte Grundstück (wie hier) zulässigerweise allgemein wohnlich, sondern auch dann, wenn es selbst gewerblich genutzt wird, zumal die TA Lärm in Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b auch für Gewerbegebiete Immissionsrichtwerte vorsieht, die die Unzumutbarkeitsgrenze für Lärm konturieren. Da die Festsetzungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln sowohl in der Umgebung als auch im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B.“ für einen hinreichenden Lärmschutz sorgen sollen, erscheint es für den Fall, dass diese an einem zur Unwirksamkeit führenden Rechtsfehler leiden sollten (s.u. 2.), nicht von vornherein ausgeschlossen, dass Lärmabwehrinteressen der Antragsteller in der Abwägung zum „Deckblatt Nr. 3“ nicht hinreichend berücksichtigt worden sind (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2022 a.a.O.; ThürOVG, U.v. 27.4.2021 - 1 N 352/17 - BeckRS 2021, 47301 Rn. 27; OVG Saarl., U.v. 30.11.2021 - 2 C 355/20 - juris Rn. 14; OVG SH, B.v. 31.5.2022 - 1 MR 4/22 - juris Rn. 49; SächsOVG, U.v. 7.4.2022 - 1 C 1/20 - SächsVBl 2022, 228 = juris Rn. 22; OVG NW, U.v. 10.11.2021 - 7 D 28/19.NE - BauR 2022, 439 = juris Rn. 38). Der Antragsbefugnis steht insbesondere nicht entgegen, dass durch das „Deckblatt Nr. 3“ nicht erstmals bzw. dass keine vom „Deckblatt Nr. 1“ und vom Bebauungsplan „B. II“ abweichenden immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel festgesetzt werden. Denn der Antragsgegner hat die bisherige Lärmschutzregelung in die Neuregelung des Teilgebiets „GI 4“ (neu) und „GE 5“ erneut als Gegenstand der Abwägungsentscheidung - und insoweit als Bestandteil der Lärmkonfliktlösung für das gesamte Plangebiet - zum „Deckblatt Nr. 3“ aufgenommen. Insofern fehlt dem Normenkontrollantrag auch nicht das Rechtsschutzinteresse. Denn soweit sich die Regelung des „Deckblatt Nr. 3“ zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln als unwirksam erweisen sollte, erscheint es denkbar, dass sich der Antragsgegner zu einer Neuplanung entschließt, um den Immissionskonflikt insgesamt auf einer rechtmäßigen Basis zu lösen. Insofern kann eine die Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans feststellende Normenkontrollentscheidung die Rechtsstellung der Antragsteller verbessern (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2021 - 4 BN 36.21 - juris Rn. 14).
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2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
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Die Festsetzungen des streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplans zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln lassen sich jedenfalls hinsichtlich der Industriegebietsausweisung „GI 4“ (neu) - auch und gerade mit Blick auf die diesbezüglichen Gesamtregelungen zu den Industriegebietsausweisungen „GI 1“, „GI 2“, „GI 3a“, „GI 3b“, „GI 4“ (alt) in den Bebauungsplänen „B. II“ und „Deckblatt Nr. 1“ (bzw. im Ursprungsbebauungsplan) - nicht auf eine Regelungsermächtigung im Baugesetzbuch (BauGB) oder in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) stützen. Dieser Mangel, auf den die Planerhaltungsvorschriften gem. §§ 214, 215 BauGB keine Anwendung finden (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 29 m.w.N.; BayVGH, U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 18), begründet die Gesamtunwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans.
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a) Für bauplanungsrechtliche Festsetzungen besteht ein Typenzwang. Durch den Bebauungsplan bestimmt der Plangeber Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf er gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Solche finden sich in § 9 BauGB, in Art. 81 Abs. 2 BayBO (i. V. mit § 9 Abs. 4 BauGB) sowie in den Vorschriften der in Ergänzung zu § 9 BauGB und auf Basis von § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort sind die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan jeweils abschließend geregelt. Ein darüberhinausgehendes Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall des § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB - nicht zu. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB i.V. mit den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigt, sind der planenden Gemeinde daher verboten und mithin von vornherein unwirksam (allgemein vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 a.a.O. m.w.N.; speziell für die Festsetzung von Emissionskontingenten: BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 35; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - NuR 2022, 71 = juris Rn. 23; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 21; U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 19; OVG SH, B.v. 31.5.2022 - 1 MR 4/22 - juris Rn. 84; SächsOVG, U.v. 7.4.2022 - 1 C 1/20 - SächsVBl 2022, 228 = juris Rn. 24).
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Für die Festsetzung der immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel vermag sich der Antragsgegner - jedenfalls soweit diese das gem. § 9 BauNVO festgesetzte Industriegebiet „GI 4“ (neu) betreffen - auf keine Regelungsermächtigung zu stützen.
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b) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Festsetzung emissionsbegrenzender Regelungen in Form von (immissionswirksamen) flächenbezogenen Schallleistungspegeln bzw. Emissionskontingenten (vgl. DIN 45691:2006-12) - ihre Rechts- bzw. Ermächtigungsgrundlage in § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder in § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO finden können. Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO können Festsetzungen für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan getroffen werden, die diese nach der Art der Betriebe und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO können die Festsetzungen nach Satz 1 für mehrere Gewerbegebiete oder Industriegebiete einer Gemeinde auch im Verhältnis zueinander getroffen werden.
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Das durch flächenbezogene Schallleistungspegel bzw. Emissionskontingente gelenkte Emissionsverhalten eines Betriebes oder einer Anlage, ausgedrückt in einer Schallabstrahlung pro Fläche (m²), stellt eine Eigenschaft i.S. von § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO dar, nach der die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete gegliedert werden können (BVerwG, B.v. 18.12.1990 - 4 N 6.88 - NVwZ 1991, 881 = juris Rn.17; B.v. 27.1.1998 - 4 NB 3.97 - NVwZ 1998, 1067 = juris Rn. 7; B.v. 2.10.2013 - 4 BN 10.13 - ZfBR 2014, 148 = juris Rn. 5; U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 8; U.v. 7.3.2019 - 4 BN 45.18 - NVwZ 2019, 655 = juris Rn. 4; U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - NVwZ 2021, 1141 = juris Rn. 12; U.v. 29.6.2021 - 4 CN 8.19 - BVerwGE 173, 75 = juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 12.8.2019 - 9 N 17.1046 - juris Rn. 24; U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 36; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - NuR 2022, 71 = juris Rn. 26; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 24; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.1650 - juris Rn. 40; U.v. 3.5.2022 - 22 B 20.2178 - juris Rn. 27; U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 22; SächsOVG, U.v. 7.4.2022 - 1 C 1/20 - SächsVBl 2022, 228 = juris Rn. 25; OVG NW, U.v. 10.11.2021 - 7 D 28/19.NE - BauR 2022, 439 = juris Rn. 47; OVG SH, B.v. 31.5.2022 - 1 MR 4/22 - juris Rn. 85). Festgesetzte Emissionskontingente bzw. immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel können daher grundsätzlich als Differenzierungskriterium für eine gewerbe- oder industriegebietsinterne Gliederung dienen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, wird dem Tatbestandsmerkmal des Gliederns im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aber nur Rechnung getragen, wenn das Baugebiet zum einen in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt wird (BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 15, U.v. 7.3.2019 a.a.O.; B.v. 20.12.2021 - 4 BN 36.21 - juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 12.8.2019 a.a.O. Rn. 24; U.v. 25.10.2022 a.a.O. Rn. 23, 25; OVG NW, U.v. 10.11.2021 a.a.O. Rn. 47; ThürOVG, U.v. 27.4.2021 - 1 N 352/17 - BeckRS 2021, 47301 Rn. 46; Petz, jm 2019, 64/66; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 5. Aufl. 2022, § 1 Rn.59; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand April 2022, § 1 BauNVO Rn. 62b). Die Vorschrift ermöglicht eine räumliche Zuteilung von Emissionsrechten, nicht aber deren das gesamte Baugebiet erfassende Beschränkung. Weil den §§ 2 bis 9 BauNVO der Gedanke der anlagen- und betriebsbezogenen Typisierung zu Grunde liegt, dem auch § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO folgt (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.2015 - 4 BN 26.14 - ZfBR 2015, 490 - juris Rn. 5; U.v. 29.6.2021 a.a.O. Rn. 12), muss gewährleistet bleiben, dass auch bei der Gliederung eines Gebiets dessen normative Zweckbestimmung gewahrt bleiben (BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 15; U.v. 7.3.2019 a.a.O. Rn. 4 ff.; U.v. 18.2.2021 a.a.O. Rn. 13; U.v. 29.6.2021 a.a.O. Rn. 12; B.v. 23.8.2021 - 4 BN 11.21 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 29.6.2020 - 1 NE 20.493 u.a. - juris Rn. 20; Petz, jm 2019, 64/67; Söfker a.a.O. § 1 BauNVO Rn. 61). Will eine Gemeinde darüber hinaus eine oder mehrere Arten von Nutzungen aus dem gesamten Baugebiet ausschließen, steht ihr nur der Weg über § 1 Abs. 5 BauNVO zur Verfügung (BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 15; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - NuR 2022, 71 = juris Rn. 26).
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aa) Für die Gliederung von festgesetzten G e w e r b e g e b i e t e n (§ 8 BauNVO) nach (immissionswirksamen) flächenbezogenen Schallleistungspegeln bzw. Emissionskontingenten muss gewährleistet bleiben, dass vom Typ her nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art im konkreten Gewerbegebiet ihren Standort finden können. Eine Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO darf daher nicht dazu führen, dass - gemessen an dem Katalog zulässiger Nutzungen nach § 8 BauNVO - nur besonders leise Betriebe und Anlagen Aufnahme im Plangebiet finden, während beispielsweise das produzierende und verarbeitende Gewerbe oder Handwerksbetriebe ausgeschlossen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies dahingehend konkretisiert, dass es in einem nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO intern durch Lärmemissionskontingente gegliederten Gewerbegebiet ein Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkung oder zumindest mit solchen Emissionskontingenten geben muss, die bei typisierender Betrachtung ausreichend hoch sind, um die nach § 8 Abs. 2 BauNVO zulässigen und nicht nach § 1 Abs. 5 BauNVO wirksam ausgeschlossenen Nutzungen zu verwirklichen. Hiernach wird der zulässige Störgrad maßgeblich (typisierend) durch § 8 Abs. 1 BauNVO bestimmt, wonach das Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dient. Damit ist zugleich der Störgrad bestimmt, den die sonstigen nach § 8 Abs. 2 BauNVO zulässigen Nutzungen hinzunehmen haben und selbst nicht überschreiten dürfen. Besteht kein freies Gebiet und fehlen Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO, müssen daher auf einer hinreichend großen Fläche Lärmemissionskontingente festgesetzt sein, die auch für das im Gewerbegebiet typische produzierende und verarbeitende Gewerbe und das Handwerk ausreichend sind. Der Gemeinde ist es jedenfalls untersagt, mit Hilfe einer internen Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO die Zulässigkeit von Betrieben auf mischgebietstypische Gewerbebetriebe zu beschränken. Wegen der gebotenen typisierenden Betrachtung sind aber keine Emissionskontingente verlangt, die so hoch sind, dass sie für jeden denkbaren Gewerbebetrieb ausreichen, der „gerade noch“ in einem Gewerbegebiet zulässig erscheinen mag (BVerwG, U.v. 29.6.2021 - 4 CN 8.19 - BVerwGE 173, 75 = juris Rn. 12 f.; BayVGH, B.v. 29.3.2022 - 2 N 21.184 - juris Rn. 17; U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 24; OVG SH, B.v. 31.5.2022 - 1 MR 4/22 - juris Rn. 85; Kuchler, jurisPR-UmwR 5/2022 Anm. 2; Menke, NVwZ 2022, 444/446 f.).
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bb) Allgemeine Zweckbestimmung eines I n d u s t r i e g e b i e t s ist nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich die Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. In Abgrenzung zum Zweck des Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 1 BauNVO dient das Industriegebiet der Unterbringung von erheblich störenden Gewerbebetrieben. Dies ist sein Hauptzweck. Nach oben ist der zulässige Störgrad nicht begrenzt. Die Zweckbestimmung eines Industriegebiets ist daher nicht gewahrt, wenn mit den Emissionskontingenten Gewerbebetriebe ab einem gewissen Störgrad im gesamten Gebiet ausgeschlossen werden. Die Lärmemissionskontingentierung eines Industriegebiets ist also von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nur gedeckt, wenn ein Teilgebiet von einer Emissionsbeschränkung ausgenommen wird (BVerwG, U.v. 7.3.2019 - 4 BN 45.18 - NVwZ 2019, 655 = juris Rn. 6; U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - NVwZ 2021, 1141 = juris Rn. 13; B.v. 20.12.2021 - 4 BN 36.21 - juris Rn. 9; SächsOVG, U.v. 7.4.2022 - 1 C 1/20 - SächsVBl 2022, 228 = juris Rn. 25; ThürOVG, U.v. 27.4.2021 - 1 N 352/17 - BeckRS 2021, 47301 Rn. 48; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB / BauNVO, 10. Aufl. 2022, § 1 BauNVO Rn. 41; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand April 2022, § 1 BauNVO Rn. 62b; krit. Menke, NVwZ 2022, 444/448). Damit genügte eine Emissionskontingentierung für ein festgesetztes Industriegebiet oder eine Gebietsgliederung nach (immissionswirksamen) flächenbezogenen Schallleistungspegeln selbst dann den rechtlichen Anforderungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht, wenn für einzelne Teilflächen Emissionsbeschränkungen festgesetzt sind, die (immerhin) die Zulassung von Betrieben ermöglichten, die wegen ihres Störungspotenzials in einem Gewerbegebiet nicht mehr zulässig wären (Külpmann, jurisPR-BVerwG 17/2019 Anm. 4). Allein der Umstand, dass ein Bebauungsplan für ein Industriegebiet keine von Lärmemissionskontingenten (o.ä.) freie Fläche festsetzt, führt dazu, dass § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO entsprechende emissionsbeschränkende Festsetzungen nicht abdeckt (Külpmann, jurisPR-BVerwG 17/2021 Anm. 3).
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cc) Die vorgenannten Anforderungen verfehlt der streitgegenständliche Änderungsbebauungsplan. Es kann dabei offenbleiben, ob die emissionsbeschränkenden Festsetzungen für die als Gewerbegebietsflächen (§ 8 BauNVO) ausgewiesenen Bereiche nach dem streitgegenständlichen Bebauungsplan („GE 5“ neu) bzw. die gemäß den Bebauungsplänen „B. II“ und „Deckblatt Nr. 1“ (oder schon gemäß dem Ursprungsbebauungsplan) bisher ausgewiesenen Gewerbeflächen „GE 1“, „GE 2“, „GE 3“ und „GE 4“ den oben unter aa) beschriebenen Anforderungen an den Erhalt der normativen Zweckbestimmung einer Gewerbegebietsfestsetzung entsprechen. Jedenfalls widerspricht die Festsetzung der immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel für das „GI 4“ (neu) unter Nr. 5.1 der textlichen Festsetzungen zum „Deckblatt Nr. 3“ den Anforderungen an den Erhalt der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets [s.o. bb) ]. Weder der Änderungsbebauungsplan selbst noch für das gesamte Plangebiet die Bebauungspläne „B. II“ und „Deckblatt Nr. 1“, in deren Festsetzungskonzept das verfahrensgegenständliche „Deckblatt Nr. 3“ hinsichtlich der emissionsbeschränkenden Regelungen eingebettet ist, setzen Industriegebietsbereiche (§ 9 BauNVO) fest, die von emissionsbegrenzenden immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln / Lärmemissionskontingenten frei bleiben. Deswegen sind sowohl die emissionsbegrenzenden Ausgangsfestsetzungen für die ausgewiesenen Industriegebietsbereiche unter der jeweiligen Nr. 7.1 des „Deckblatt Nr. 1“, des Bebauungsplans „B. II“ und des Ursprungsbebauungsplans als auch die diesbezüglichen Änderungsfestsetzungen unter Nr. 5.1 des streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplans für das „GI 4“ (neu) nicht von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO als Festsetzungsermächtigung gedeckt. Der streitgegenständliche Änderungsbebauungsplan „Deckblatt Nr. 3“ bildet hinsichtlich der emissionsbezogenen Beschränkungen mit den für die übrigen Nutzungsteilgebiete unter Nrn. 7.1 der Bebauungspläne „B. II“ und „Deckblatt Nr. 1“ getroffenen Festsetzungen eine Regelungseinheit resp. ein Gesamtkonzept, mit dem über die Einzelregelungen für einen hinreichenden Lärmschutz innerhalb des gesamten Plangebiets und in dessen näherer Umgebung gesorgt werden soll. Wie schon im Ursprungsbebauungsplan sind im Bebauungsplan „B. II“ zusammen mit dem „Deckblatt Nr. 1“ für die fünf Teilgebiete mit „GI“-Festsetzung immissionswirksamen flächenbezogene Schallleistungspegel von 55 dB(A) tagsüber und 40 dB(A) nachts („GI 1“), 63 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts („GI 2“), 58 dB(A) tagsüber und 42 dB(A) nachts („GI 3a“), 65 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts („GI 3b“) sowie 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts („GI 4“) festgesetzt worden, ohne dass eine als Industriegebiet ausgewiesene Teilfläche von der emissionsbegrenzenden Regelung ausgenommen wurde. Damit sind schon die Festsetzungen der Schallleistungspegel im Bebauungsplan „B. II“ und im „Deckblatt Nr. 1“ (ebenso wie die diesbezüglichen Festsetzungen im Ursprungsbebauungsplan) nicht von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der damals maßgeblichen (inhaltlich mit der heutigen Regelung identischen) Fassung des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548; für den Ursprungsbebauungsplan vgl. den inhaltlich ebenso identischen § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der Fassung des Gesetzes vom 23. Januar 1990 - BGBl. I S. 127) als Regelungsermächtigung gedeckt und folglich unwirksam, weil im gesamten Plangebiet (Geltungsbereich der - als Einheit zu betrachtenden - Bebauungspläne „Deckblatt Nr. 1“ und „B. II“) kein als „GI“ ausgewiesenes Teilgebiet verbleibt, das von einer Emissionsbeschränkung ausgenommen ist. Aufgrund der immissionsschutzbezogenen Regelungseinheit (s.o.) ist der verfahrensgegenständliche Änderungsbebauungsplan „Deckblatt Nr. 3“ hinsichtlich der emissionsbeschränkenden Festsetzungen nicht gegenüber den Bebauungsplänen „Deckblatt Nr. 1“ und „B. II“ verselbständigt, sodass der diesbezügliche Unwirksamkeitsmangel auf das „Deckblatt Nr. 3“ fortwirkt (vgl. auch BVerwG, B.v. 30.9.1992 - 4 NB 22.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 70 = juris Rn. 18; B.v. 26.7.2011 - 4 B 23.11 - BauR 2012, 53 = juris Rn. 5). Hinzukommt, dass mit der textlichen Festsetzung Nr. 5.1 des „Deckblatt Nr. 3“ für das als „GI“ ausgewiesene Teilgebiet „GI 4“ (neu) die ausnahmslose Emissionsbeschränkung für Industriegebietsbereiche perpetuiert wird, als hier - wie bereits in den Bebauungsplänen „Deckblatt Nr. 1“ und „B. II“ (und ebenso bereits im Ursprungsbebauungsplan) - immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel von 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts reglementiert sind.
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dd) Über dieses Manko kann auch § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO, wonach die Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO auch für mehrere Gewerbegebiete oder Industriegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden können, vorliegend nicht hinweghelfen. Für eine gebietsübergreifende Gliederung, die sich auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO stützen lässt, reicht es nicht aus, wenn - was anhand der vorliegenden Aktenlage nicht abschließend beurteilt werden kann - der Antragsgegner im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses tatsächlich über wenigstens ein weiteres Gewerbegebiet oder Industriegebiet verfügt, das mit keiner Geräuschkontingentierung belegt ist. Die Wirksamkeit einer gebietsübergreifenden Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO hängt vielmehr zusätzlich davon ab, dass ihr auch ein darauf gerichteter planerischer Wille der Gemeinde zugrunde liegt. Es gehört zu einer geordneten Städtebaupolitik, dass sich die Gemeinde darüber klar wird, ob und welche geeigneten Baugebiete nicht nur im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses, sondern auch zukünftig die Funktion von Ergänzungsgebieten übernehmen sollen. Der Plangeber muss hierfür in geeigneter Weise im Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung dokumentieren, dass und wie er von der Ermächtigung des § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO Gebrauch gemacht hat (BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 17 f.; U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - NVwZ 2021, 658 = juris Rn. 26; BayVGH, U.v. 12.8.2019 - 9 N 17.1046 - juris Rn. 31; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - NuR 2022, 71 = juris Rn. 34; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 32; U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 27; OVG NW, U.v. 10.11.2021 - 7 D 28/19.NE - BauR 2022, 439 = juris Rn. 56; OVG MV, U.v. 21.5.2019 - 3 K 13/14 - NordÖR 2019, 476 = juris Rn. 54; U.v. 11.9.2019 - 3 K 149/15 - NordÖR 2020, 33 = juris Rn. 34; Menke, NVwZ 2022, 444/448; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB / BauNVO, 10. Aufl. 2022, § 1 BauNVO Rn. 43; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand April 2022, § 1 BauNVO Rn. 63). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Vielmehr werden im streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplan („Deckblatt Nr. 3“) unter Nr. 5.1 der textlichen Festsetzungen wie schon unter Nr. 7.1 der jeweiligen textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „B. II“, des „Deckblatt Nr. 1“ sowie des Ursprungsbebauungsplans die Regelungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln ausschließlich auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO als „Rechtsgrundlage“ gestützt. Auch im Übrigen finden sich weder in den Festsetzungen noch in den Planbegründungen oder sonstigen Planungsunterlagen des Ursprungsbebauungsplans, des „Deckblatt Nr. 1“, des (Ergänzungs-) Bebauungsplans „B. II“ sowie des streitgegenständlichen „Deckblatt Nr. 3“ Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner als Normgeber eine gebietsübergreifende Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO im Blick hatte.
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c) § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB scheidet ebenfalls als Rechtsgrundlage für die emissionsbegrenzenden Festsetzungen aus. Diesbezügliche Festsetzungen betreffen keine baulichen oder technischen Vorkehrungen im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1990 - 4 N 6.88 - NVwZ 1991, 881 = juris Rn. 15; U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - NuR 2022, 71 = juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 33; U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 28; Külpmann, jurisPR-BVerwG 8/2018 Anm. 6; Menke, NVwZ 2022, 444/445). Ebenso wenig kommt § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB als Festsetzungsgrundlage in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 39; U.v. 25.10.2022 a.a.O.).
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d) Die aufgezeigten dogmatischen Anforderungen an eine „Gliederung“ nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO mögen es erschweren, Immissionskonflikte durch Lärmemissionsbeschränkungen zu lösen. An ihnen kann das Erreichen des - nachvollziehbaren - Ziels scheitern, Kontingente so zu verteilen, dass „Windhundrennen“ von Investoren vermieden werden. Es ist aber Sache des Bundesgesetz- und -verordnungsgebers zu entscheiden, ob er praktische Schwierigkeiten zum Anlass nimmt, eine andere - für planende Gemeinden großzügigere - Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Lärmemissionsbeschränkungen zu schaffen (vgl. BVerwG, U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - NVwZ 2021, 658 = juris Rn. 16).
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e) Der Fehler begründet die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit bestimmter Festsetzungen hat unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können u n d wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2017 - 15 N 15.1713 - NVwZ-RR 2017, 953 = juris Rn. 40 m.w.N.; U.v. 11.5.2018 - 15 N 17.1175 - KommJur 2018, 268 = juris Rn. 40). Nach ihrem Sinn und Zweck bilden die von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht gedeckten Festsetzungen zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln in den ausgewiesenen Teilgebieten mit „GI“-Festsetzung mit den diesbezüglichen Festsetzungen für die Teilgebiete mit „GE-Festsetzung“ eine vom Ursprungsbebauungsplan, vom „Deckblatt Nr. 1“, vom (Ergänzungs-) Bebauungsplan „B. II“ sowie vom streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplan „Deckblatt Nr. 3“ gewollte Regelungseinheit bzw. ein Gesamtkonzept, weil gerade im Zusammenwirken aller diesbezüglichen emissionsbegrenzenden Festsetzungen eine verträgliche Lärmbelastung im Plangebiet und dessen näherer Umgebung gewährleistet werden soll (s.o.; vgl. hierzu auch S. 16 f. der Planbegründung zum Ursprungsbebauungsplan unter „11.2 Lärmimmission“). Aufgrund dieses einheitlichen Ordnungskonzepts sind von der Unwirksamkeit mithin auch die Festsetzungen des verfahrensgegenständlichen „Deckblatt Nr. 3“ zu den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegeln in dem ausgewiesenen „GE 5“ erfasst. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner den Bebauungsplan „Deckblatt Nr. 2“ - dasselbe gilt im Übrigen auch hinsichtlich des Ursprungsbebauungsplans, des „Deckblatt Nr. 1“ sowie des Bebauungsplans „B. II“ - mit demselben Inhalt auch ohne die fehlerhafte Emissionskontingentierung erlassen hätte. Denn soweit mit den emissionsbeschränkenden Regelungen einerseits die Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Plangebiet und in der Nachbarschaft gewährleistet und andererseits auch später hinzutretenden Betrieben zur Vermeidung eines „Windhundrennens“ ausreichende Reserven für lärmrelevante Aktivitäten belassen werden sollten (vgl. auch die bei der Ursprungsplanung zugrunde gelegte schalltechnische Untersuchung vom 30. Oktober 1995 unter „1. Situation und Aufgabe“, „5. Ermittlung flächenbezogener Schallleistungspegel“ sowie „11. Zusammenfassung“), stellen die diesbezüglichen Festsetzungen ein zentrales Element der planerischen Konfliktbewältigung dar, die für die Planung nicht von untergeordneter Bedeutung waren (vgl. auch BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - NuR 2022, 71 = juris Rn. 36; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 34; U.v. 25.10.2022 - 15 N 22.861 - juris Rn. 29; SächsOVG, U.v. 7.4.2022 - 1 C 1/20 - SächsVBl 2022, 228 = juris Rn. 26).
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3. Auf die weiteren erhobenen Einwendungen der Antragsteller - etwa zur mangelhaften Ausfertigung des Ursprungsbebauungsplans oder zur behaupteten Abwägungsfehlerhaftigkeit der Wandhöhenfestsetzungen für das „GE 5“ (neu) - kommt es damit nicht mehr an. Der Senat weist für den Fall einer Folgeplanung durch den Antragsgegner ohne abschließende rechtliche Bewertungen ergänzend auf Folgendes hin:
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- Es spricht Einiges dafür, dass das „Deckblatt Nr. 3“ wegen Unstimmigkeiten der Darstellungen bzw. Festsetzungen auf der Planzeichnung im westlichen Bereich des von der Änderung betroffenen Teilgebiets auch gegen das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit i.V. mit § 9 Abs. 7 BauGB verstößt (zur möglichen Unbestimmtheit eines Bebauungsplans hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs vgl. BVerwG, B.v. 4.1.1994 - 4 NB 30.93 - NVwZ 1994, 684 = juris Rn. 6 f.; U.v. 7.5.2014 - 4 CN 5.13 - NVwZ 2014, 1170 = juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 25.9.2003 - 15 N 98.3743 - juris Rn. 35 ff.; OVG NW, U.v. 30.8.2000 - 10a D 136/98.NE - juris Rn. 34 ff.; OVG SH, U.v. 26.5.2009 - 1 KN 22/08 - juris Rn. 30 ff.; allgemein zum Bestimmtheitsgebot bei Festsetzungen in Bebauungsplänen vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 26; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.1650 - juris Rn. 36; U.v. 23.6.2020 - 1 N 17.972 - RdL 2021, 69 = juris Rn. 17; U.v. 26.9.2022 - 15 N 21.2023 - juris Rn. 43). Denn die in der Planzeichnung zum verfahrensgegenständlichen Änderungsbebauungsplan als Umgrenzung des Geltungsbereichs des Änderungsbebauungsplans eingezeichneten Abgrenzungslinie gem. Nr. 4.1.2 der „Zeichenerklärung für die planlichen Festsetzungen“ (= Planzeichen Nr. 15.13 der Anlage zur PlanzV) umläuft die Außengrenzen der aus den FlNrn. … … und … gebildeten Fläche. Zeichnerische Darstellungen, die nach den „Zeichenerklärung für die planlichen Festsetzungen“ regelnde Festsetzungen sein sollen, finden sich aber auch außerhalb der durch diese Umgrenzungslinie abgesteckten Flächen, nämlich zu Verkehrsflächen und zur Grünordnung, die von den Festsetzungen auf der Planzeichnung zum „Deckblatt Nr. 1“ und zum Bebauungsplan „B. II“ abweichen. Dies betrifft die zeichnerische Darstellung einer Stichstraße mit Wendehammer als „Straßenverkehrsfläche (Bestand)“ mit begleitenden Regelungen für die Begrünung auf der westlichen Straßenseite. Die Festsetzungen in der Planzeichnung dürften insofern in sich widersprüchlich sein, als einerseits - worauf der Antragsgegner selbst schriftsätzlich hingewiesen hat - der Geltungsbereich des „Deckblatt Nr. 3“ mit der Umgrenzungslinie klar definiert zu werden scheint, andererseits aber sich die Darstellungen zur Stichstraße und dem Wendehammer einschließlich Straßenbegrünung gem. den Definitionen unter Nr. II. 3.1 und Nrn.V. 1. und 3. als „planliche Festsetzungen“ verstehen. Zudem bleibt unbestimmt, was nunmehr mit dem Teil des im „Deckblatt Nr. 1“ und dem Bebauungsplan „B. II“ festgesetzten Baufensters westlich der festgesetzten Geltungsbereichsgrenze des „Deckblatt Nr. 3“ bzw. westlich des in der Planzeichnung zum „Deckbklatt Nr. 3“ dargestellten Wendehammers gelten soll. Ob eine Auslegung des Änderungsbebauungsplans hier für eine Auflösung der Widersprüche bzw. eine Ausräumung der Unbestimmtheit sorgen könnte, erscheint zweifelhaft.
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- In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird für die Bestimmtheit von Festsetzungen immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel verlangt, dass hinreichende Vorgaben für deren Berechnung im Bebauungsplan mitgeregelt werden (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2000 - 26 N 99.490 - juris Rn. 32 m.w.N.; NdsOVG, U.v. 2.6.2022 - 1 LB 109/20 - NuR 2022, 654 = juris Rn. 34 ff.). In den jeweiligen Nrn. 7.3 der textlichen Festsetzungen zum Ursprungsbebauungsplan, zum „Deckblatt Nr. 1“ und zum Bebauungsplan „B. II“ wird auf die „Rechenregeln der VDI 2714“ Bezug genommen. In den Festsetzungen zum „Deckblatt Nr. 3“ finden sich keinerlei Bezugnahmen auf eine Berechnungsmethode, aufgrund der Eigenschaft als Änderungsbebauungsplan erscheint es aber kraft Auslegung denkbar, dass hierfür dasselbe wie für die vorangegangenen Ausgangsplanungen gelten soll. Insofern wäre ggf. zu hinterfragen, ob mit dem Verweis auf die VDI 2714 den Bestimmtheitsanforderungen genüge getan wurde. Soweit durch die Bezugnahme auf das technische Regelwerk der VDI 2741 deren Berechnungsregelungen zum Inhalt der Festsetzungen zu den Bebauungsplänen „B.“ (in den jeweiligen Fassungen) und „B. II“ gemacht werden sollte, steht zudem die ordnungsgemäße Bekanntgabe der „Alt“-Bebauungspläne (Ursprungsbebauungsplan, „Deckblatt Nr. 1“, Bebauungsplan „B. II“) infrage (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2020 - 4 CN 5.18 - BVerwGE 169, 29 = juris Rn. 38).
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Die vorgenannten Fragen können aufgrund des oben unter 2. dargestellten Fehlers, der zur Gesamtunwirksamkeit der verfahrensgegenständlichen Änderungsplanung führt, mangels Entscheidungserheblichkeit dahingestellt bleiben.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
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5. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss der Antragsgegner die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.